Heaven's Rejects MC Teil 1: Heaven Sent - Avelyn Paige - E-Book
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Heaven's Rejects MC Teil 1: Heaven Sent E-Book

Avelyn Paige

4,0

Beschreibung

Ihr Albtraum dauert immer noch an. Seiner hat ihn gebrochen zurückgelassen. Dani Espinoza hat einen Stalker. Zuerst ermordete er ihre Eltern und nun ist er auf der Suche nach ihr. Um ihr eigenes Leben zu retten, steigt Dani in den nächsten Bus, der Ohio verlässt, und flieht. Aber als sie in Kalifornien ankommt, findet sie nur noch mehr Probleme vor, denn sie gerät mitten in einen Biker-Krieg. Dani wird vom Heaven's Rejects MC gefangen genommen, da sie Dani verdächtigen, dass sie mit den Todfeinden des Clubs, dem Twisted Tribe MC, zusammenarbeitet. In dieser ausweglosen Situation lernt sie Hero, den Vizepräsidenten des Clubs, kennen und fühlt sich mit ihm verbunden, auch wenn er derjenige ist, der sie gefangen hält. Tyler "Hero" Tobias ist der Vizepräsident des Heaven's Rejects MC und er nimmt seine Position dort sehr ernst. Als er Dani trifft, ist ihm sofort klar, dass er ihr nicht über den Weg trauen kann. In ihren braunen Augen verbergen sich Geheimnisse und Lügen liegen auf ihren süß lächelnden Lippen. Also warum kann er dann nicht aufhören, an sie zu denken, wenn er sich doch eigentlich darauf konzentrieren sollte, seinen Club am Leben zu halten? Als Danis Geheimnisse ans Licht kommen und ihre Lügen aufgedeckt werden, riskiert Hero sein Herz und auch seinen Club, um sie zu beschützen und sie zu der Seinen zu machen. Auftakt der fesselnden fünfbändigen MC Romance-Serie der Wall Street Journal- und USA Today-Bestsellerautorin Avelyn Paige.

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Avelyn Paige

Heaven’s Rejects MC Teil 1: Heaven Sent

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Jazz Winter

©2015 by Avelyn Paige unter dem Originaltitel „Heaven Sent (Heaven's Rejects MC Book 1)”

© 2024 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

ISBN Print: 978-3-86495-700-0

ISBN eBook: 978-3-86495-701-7

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Epilog

Playlist

Danksagung

Autorin

Für Glen

Danke, dass du mich auf meiner gesamten Autorenreise stets unterstützt.

Kapitel 1

Dani

Warmes, klebriges Blut bedeckt meine Hände …

Ich schreie auf, als ich wach werde und mich gegen das kalte Glas des Busfensters lehne. Instinktiv fällt mein Blick sofort auf meine Hände, nur um herauszufinden, dass sie sauber sind. Ein erleichtertes Seufzen verlässt meine Lippen, ehe ich aufsehe und feststelle, dass mich mehrere Augenpaare anstarren.

„Mir geht’s gut“, teile ich den anderen um mich herum im Bus mit. „Es war bloß ein Albtraum. Ich schlafe nicht besonders gut in Fahrzeugen.“

Die Lüge fällt mir leicht, denn ich habe schließlich geübt für den Fall, dass mir diese Albträume in der Öffentlichkeit passieren. Wenn auch nur einige der Leute um mich herum die Wahrheit wüssten, würde ich augenblicklich in Handschellen enden. Mir ist bewusst, dass mein simples Statement jeden beruhigt, allerdings hilft es nicht dabei, den Schmerz und die Angst in meinem Körper zu lindern. Jedes Mal, sobald ich meine Augen schließe, sehe ich sie. Ich erlebe die Nacht, die alles für mich verändert hat, wieder und wieder. Die Nacht, in der mein vermeintlich glückliches Leben in ein blutiges Chaos um mich herum explodierte.

Ich hatte eine Familie und Freunde, die mich geliebt haben, doch Liebe ist etwas, auf das ich mich nicht länger verlassen kann. Es kann mich nicht vor ihm schützen. Diese furchtbare Nacht hat mich auf diesen Pfad geführt. Ich habe die Frau, die ich war, und das Leben, das ich in Cleveland hatte, hinter mir gelassen. Das ist der einzige Weg, wie ich das überleben kann. Wie ich ihn überleben kann.

Eine heiße, nasse Träne rollt meine Wange hinunter. Ihre Gesichter und Stimmen hallen nach jedem dieser Albträume noch eine geraume Zeit in meinem Hinterkopf wider. Ihr dunkles Haar und ihre braunen, freundlichen Augen. Die Erinnerungen von Gelächter war stets ein Teil unseres Zuhauses gewesen, bevor er in unser Leben getreten war.

Ich kann die Dunkelheit nicht gewinnen lassen. Ich muss kämpfen, um zu überleben.

Ich wische mir die Tränen vom Gesicht und starre aus dem Busfenster. Es sind bereits drei Tage, in denen ich zusehe, wie Cleveland in der Distanz immer kleiner zusammenschrumpft. Ohio war schon mein gesamtes Leben mein Zuhause gewesen und als ich gegangen bin, habe ich es wie ein altes, staubiges und ungewolltes Foto zurückgelassen. Ich hatte keine andere Möglichkeit, als zu gehen. Er hat mir keine Wahl gelassen. Es konnte nicht länger mein Zuhause bleiben. Dieser Ort, an dem ich so viele glückliche Momente erlebt habe, die nun von dieser finstereren Dunkelheit in meiner letzten Nacht dort befleckt wurden. Wäre ich geblieben, wäre ich genauso geendet wie sie. Nein, dies war mein einziger Ausweg, in dem verzweifelten Versuch, es zu überleben. Ohne zu wissen, wohin, war ich in ein Taxi gestiegen, das mich mitten in der Nacht zum nächsten Busbahnhof gebracht hat, und ich habe nicht mehr zurückgeblickt.

Während der Zeit in diesem Bus überlege ich mir, wie mein Leben wohl nun verlaufen wird. Unter dem Radar zu bleiben und einen Job zu finden, werden die größten Hürden für mich. Selbst wenn ich an einen gefälschten Ausweis herankäme, würde ich niemals eine Anstellung bekommen können, bei dem ich nicht meine Sozialversicherungsnummer angeben müsste. Das würde wie ein Signalpfeil auf meinen Aufenthaltsort hinweisen. Unter dem Tisch bezahlt zu werden und ohne in der Buchhaltung aufzutauchen, wäre demnach meine einzige Option. Mir ist klar, dass die Arbeit kacke sein wird, doch ich bin nicht in der Lage, wählerisch sein zu können, nicht in meiner Situation. Kohle ist Kohle. Ganz egal, wie ich sie verdiene.

Ich schiebe meine Hand in meine Tasche und zähle die wenigen Geldscheine, die ich noch übrighabe. Siebenhundert Dollar. Nicht gerade ein Vermögen, doch damit muss ich klarkommen, bis ich einen Job gefunden habe. Das Leben in Kalifornien wird nicht so günstig werden, wie es das in Ohio war. Mein Bedürfnis, von dort fortzukommen, übertrumpfte mein eigentliches Ziel. Also hatte ich mir eine Fahrkarte besorgt und war in den nächsten Bus gestiegen, der die Stadt verlassen hatte.

Meine Reisezeit habe ich genutzt, um meinen Zielort ein wenig zu recherchieren. Upland, Kalifornien. Ich bin ehrlich, wenn ich behaupte, dass es auf dem Papier recht vielversprechend aussieht. Es handelt sich dabei um einen kleinen Vorort und hat dennoch alles. Es ist ebenso weit genug von der Stadt entfernt, dass es der letzte Ort sein wird, an dem jemand nach mir suchen würde. Und das ist genau das, was ich brauche.

Über das freie Wi-Fi im Bus suche ich mit meinem, erst kürzlich zurückgesetzten, iPad und einer neuen E-Mail-Adresse nach Wohnmöglichkeiten und reagierte auf einige Anzeigen, in denen nach Mitbewohnern gesucht wird. Eine Frau schrieb mir per Mail zurück und bot mir sogar an, mich an der Busstation abzuholen, um das Haus zu besichtigen. Die Miete ist erschwinglich, mit vierhundert Dollar durch zwei geteilt. Es handelt sich um ein voll möbliertes Zwei-Zimmer-Apartment, für das der Vermieter sogar die Nebenkosten übernimmt. Allein das macht es mehr als verlockend. Solange es sich dabei nicht um ein Lagerhaus oder eine Drogenhöhle handelt, werde ich es wohl in wenigen Stunden mein neues Zuhause nennen.

Der Bus raste förmlich durch die Wüste und bald darauf stieg ich aus und lande in dieser Affenhitze. Hier mag es vielleicht keine hohe Luftfeuchtigkeit geben, dennoch sind achtunddreißig Grad verflucht heiß. Auf dem Busbahnhof stehen überall blühende Bäume, was mich sehr überrascht. Ich war der Meinung gewesen, dass bei einer solchen Hitze wie hier bis auf Kakteen nichts anderes wächst. Nur mit dem Foto, das sie mir zugeschickt hatte, suche ich in der Menge nach meiner potenziellen Mitbewohnerin.

Endlich entdecke ich sie, an einen Pfahl angelehnt. Ihr blond gefärbtes Haar ist in einen Pferdeschwanz hochgebunden und ihr bauchfreies Top sowie ihr gesamtes Outfit schreien regelrecht die Worte: typisches California-Girl. Ich beobachte, wie sie ebenfalls mehrmals die Menge nach mir absucht, ehe ich mich ihr nähere. Sie bemerkt mich, winkt euphorisch und schlendert auf mich zu.

„Bist du Dani?“, fragt sie, während ihr Pferdeschwanz an ihrem Hinterkopf hin und her wippt.

„Erica?“

Ein enormes Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. „Das bin ich. Aber bitte, nenn mich Ricca. Ich hasse es, wenn man mich Erica ruft.“

Ihr begeisterter Tonfall beruhigt mich ein wenig. Eine kleine Welle von Eifersucht überkommt mich. Ich war auch einmal so unbeschwert. Würde ich es irgendwann wieder sein?

„Bist du bereit, dir deine neue Wohnung anzusehen?“

„Klar“, erwidere ich.

Wegen des Mangels an Euphorie, sie als meine potenziell neue Mitbewohnerin kennenzulernen, verliert sich ihr Lächeln ein wenig. Während ich meine Reisetasche schultere, schiebt sie sich neben mich und ich folge ihr.

„Das erste Mal in Kalifornien?“

„Ja“, sage ich und meine Antwort klingt etwas flach.

„Wo kommst du her?“, will sie wissen.

„Mittlerer Westen“, ist alles, was ich ihr anbiete.

Vorsichtig beäugt sie mich, fängt dann jedoch an zu lachen. „Dann bereite dich mal auf einen Kulturschock vor. Einen großen.“

Ihr Lachen klingt laut und ansteckend, und zum ersten Mal seit Tagen formt sich ein Lächeln auf meinem Gesicht.

Sie führt mich zu ihrem strahlend gelben Jeep. Ich rutsche auf den warmen Beifahrersitz und platziere meine Reisetasche zwischen meinen Füßen. Ricca klettert auf den Fahrersitz und startet den Motor. Ehe ich ein weiteres Wort sagen kann, schält sie rasant den Wagen aus der Parklücke und wendet, um sich in den Verkehr auf der Autobahn einzufädeln.

Ich versuche, die Autos zu zählen, die uns auf der verkehrsreichen Autobahn passieren, doch nach einigen Minuten gebe ich auf. Die Menge an Leuten, die auf der Straße unterwegs sind, haut mich wirklich um. Sicher, in Cleveland gibt es auch Hauptverkehrszeiten, aber so etwas habe ich an einem Mittwochnachmittag um dreizehn Uhr noch nicht erlebt. Ricca schlängelt sich wie ein erfahrener Profi durch den Verkehr und nimmt anschließend die nächste Ausfahrt. Sie lacht, als sie bemerkt, wie ich mich an dem Sicherheitsgurt auf meiner Brust festklammere. Diese Frau fährt, als wollte sie sich als Nachwuchs für NASCAR-Rennen bewerben. Nach etlichem Abbiegen hält sie schließlich vor einem kleinen Gebäudekomplex. Wie am Busbahnhof sind auch hier die Straßen von blühenden Bäumen gesäumt und vereinzelt wachsen ebenso riesige Palmen. Die Gegend wirkt jedenfalls nicht sehr gefährlich. In einem kleinen Park direkt neben dem Gebäude spielen einige Kids Basketball und jeder von ihnen scheint sich glücklich und sicher zu fühlen.

Mir fällt auf, dass eine der Palmen etwas seltsam aussieht. „Was ist mit diesem Baum los?“, frage ich. „Er wirkt anders als die anderen.“

Sie lacht laut und heftig auf, als sie bemerkt, worauf ich zeige. „Das ist kein Baum. Das ist ein Mobilfunkmast.“

Ich blickte noch einmal dorthin, dieses Mal genauer, und sehe, dass dort Kabel heraushängen. „Ha, so etwas sieht man auch nicht jeden Tag.“

„Das ist alles ein Teil des glamourösen Hollywoods“, erklärt sie mir. „Nichts hier ist so, wie es einem erscheint, Dani.“

Und mit diesen Worten springt sie aus ihrem Jeep und macht eine Geste in meine Richtung, ihr zu folgen. Wir durchqueren den Garten an der Seite des Gebäudes, bis wir eine Tür erreichen, auf der das Schild mit der Nummer drei ein wenig schief festgenagelt ist.

„Bevor wir reingehen, möchte ich dich noch vor etwas warnen. Die Vormieterin mochte farbenfrohe Anstriche. Ich bin mir zu neunundneunzig Prozent sicher, dass sie ein Hippie war, weil die Wohnung nach Gras gerochen hat, als ich eingezogen bin. Ich habe Wochen gebraucht, bis ich das Apartment vernünftig auslüften konnte und es nicht mehr wie in Woodstock roch.“

Fix öffnet sie die Tür und befördert mich in die Wohnung. Das Apartment ist genauso klein, wie ich es mir bei diesem Preis bereits vorgestellt habe. Ein Sofa und ein einzelner gemütlicher Sessel im Wohnzimmer, die in Richtung des Flachbildfernsehers stehen. Sie führt mich zur Küche. Es handelt sich dabei um eine kleine Küchenzeile mit Küchenofen, Mikrowelle und einem Untertischkühlschrank. Sie ist winziger als die Küche, die ich in meinem Haus in Cleveland hatte, aber ich befürchte, dass ich hier erst einmal nicht mehr als Mikrowellenfertigmenüs warm machen werde, bis ich in der Lage bin, ein wenig Geld anzusparen.

Das Nächste, was sie mir zeigt, ist das Schlafzimmer und jetzt verstehe ich, was sie eben mit den leuchtenden Farben gemeint hatte. Ein strahlendes Blau, das womöglich sogar aus dem Weltall zu sehen ist, ziert die Wände.

„Shit, das ist heftig. Es kommt mir vor, als würde die Sonne selbst von diesen Wänden strahlen. Man braucht eine Sonnenbrille, um hier vorbeizulaufen. Wie verkraftest du das nur?“, will ich wissen und blinzele wegen dieser krassen Pigmentierung.

„Ich hatte dich gewarnt, die alte Fledermaus war ein extremer Hippie. Mein Zimmer war neon-orange mit gelben Wirbeln, ehe ich es knallpink gestrichen habe.“

Wo ist da der Unterschied? Das ist ja, als würde man eine Monstrosität gegen eine andere ersetzen.

Wir beide lachen, während ich den Raum betrete. Er ist schlicht eingerichtet, mit einem Bett, einem schmalen Kleiderschrank, einem Nachtisch und einer Lampe. Das Bett ist sogar bezogen und es wirkt sauber. Wie kann es sein, dass es sich noch kein anderer geschnappt hat? Voll möbliert. Wo ist der Haken?

„Wie viele Leute sind bereits hier gewesen, um sich das Zimmer anzusehen?“

„Zu viele“, lacht sie. „Und alle haben bei mir eine Gänsehaut verursacht. Hier waren so viele Drecksäcke, die versucht haben, bei mir einzuziehen. Als wäre mein Apartment ein Auffanglager für die Verlorenen und Perversen, aber du scheinst recht normal zu sein. Keine Leichen im Keller, von denen ich wissen sollte?“

In dem Moment setzt mein Herzschlag aus, wegen ihrer Frage. Ihrer unschuldigen Frage. Sie hat keine Ahnung, welche Leichen ich in meinem Keller verstecke. Sie macht nur einen Witz. Reiß dich zusammen.

„Alles okay mit dir?“

„Mir geht’s gut.“ Die Lüge fällt mir immer leichter, je öfter ich sie ausspreche. „Nur etwas erschöpft von der Reise.“

„Nun, was denkst du? Würde das für dich funktionieren?“, fragt Ricca und ich kann die wachsende Hoffnung in ihren Augen erkennen.

Ist es das, was ich will? Es ist die einzige, bezahlbare, möblierte Wohnung, die ich online hatte finden können und sie scheint wirklich nett zu sein. Ich wiege meine Optionen ab, ehe ich meine Entscheidung verkünde.

„Ich nehme das Zimmer.“

Ricca springt in die Luft und kreischt wie ein Teenagermädchen bei einem Boy-Band-Konzert. „Ich freue mich so. Sobald du dich erst einmal eingerichtet hast, gehen wir uns etwas bei In N’ Out zum Abendessen besorgen. Jeder muss seine Ankunft mit einem Burger von dort einweihen. Und morgen treffen wir den Vermieter, damit du die Papiere unterschreiben kannst. Meine letzte Mitbewohnerin hat ihre Miete bis Ende des Monats beglichen, also musst du erst ab Ersten des nächsten Monats zahlen.“

Sie lässt mich allein, damit ich meine spärlich bestückte Reisetasche auspacken kann. Ich sortiere meine wenigen Outfits, die ich mitgebracht habe, in den schmalen Kleiderschrank und stelle ein Foto meine Eltern auf den Nachttisch neben der Lampe auf. Nur der Anblick des Fotos bringt schmerzhafte Erinnerungen und frische Tränen. Sie wollten, dass ich versuche, glücklich zu sein, und genau das ist es, was ich tun werde. Ich werde mir dafür den Hintern aufreißen müssen, doch das werde ich. Die Vergangenheit, die in Cleveland versteckt liegt, wird immer über mir schweben und damit drohen mir die Freiheit zu rauben, aber daran kann ich jetzt nicht denken. Ich habe diesen Horror überlebt.

Niemand wird mir jemals wieder die Entscheidungen nehmen. Lieber würde ich sterben, als in dieses Leben zurückzukehren.

Kapitel 2

Hero

Der Tag begann wie jeder andere ganz stinknormal. Ich wachte mit einem verfluchten Kater auf und fickte eine Frau, die ich letzte Nacht in der Bar aufgegabelt hatte. Nachdem ich mit ihr fertig war, machte ich mich auf den Weg zur Messe. Im Grunde ein typisch normaler Tag. Als ich jedoch den Besprechungsraum betrat, wusste ich sofort, dass der heutige Tag verfickt hart werden würde.

„Nett von dir, dass du dich zu uns gesellst, Hero“, ruft Raze, der Präsident unseres Clubs. Das Grinsen auf seinem Gesicht zeigt mir, dass er genau weiß, was ich getan habe. Die meisten der Jungs in diesem Raum haben heute Morgen ihre Schwänze irgendwo eingetunkt, also ist der Fakt, dass er ausgerechnet mich darauf anspricht, etwas seltsam. Zur Antwort zucke ich mit den Schultern und erwidere sein dreckiges Grinsen. Ich kann einfach nicht anders.

„Sorry, Prez. Musste mir meine tägliche Dosis Knackarsch zum Frühstück holen. Ich bin noch im Wachstum, weißt du“, feuere ich mit einem Lachen zurück, während ich meinen Platz am Tisch einnehme.

Raze schüttelt den Kopf und die anderen Männer am Besprechungstisch lachen. Tyson, unser Schatzmeister, nickt zustimmend und lehnt sich näher zu mir herüber. „War die Pussy es wert, zu spät zu kommen?“, flüstert er.

„Ist eine gute Pussy es nicht immer wert, Ty?“

Die Erinnerung an die nächtlichen Aktivitäten sind vielleicht ein wenig schwammig, aber die enge Pussy, die ich heute Morgen über eine Stunde lang bearbeitet habe, war mehr als befriedigend gewesen, ehe ich sie aus meinem Bett geschmissen habe. Auch wenn ihre Möse ziemlich gut war, zeigte sie zuvor bereits Anzeichen dafür, jemand zu sein, der gern klammert. Und das ist nicht die Art von Beziehung für mich. Sie musste gehen und tat das dann mit ein wenig Hilfe von einer der Clubmädels, die sie durch die Tür befördert hatte.

„Verfickt noch mal, na sicher, Bruder. Man lässt sich nie eine Erste-Klasse-Pussy entgehen, schon gar nicht so eine, wie die, die du gestern Nacht aufgerissen hast. Wünschte, es würden mehr davon hier rumlaufen“, erwidert er mit einem Lachen. „Denkst du, wir können sie zum Bleiben überreden?“

Ich grinse. Raze unterbricht unsere Unterhaltung, indem er sich räuspert. „Nachdem Hero seinen Spaß gehabt und seinen Arsch an den Tisch platziert hat, können wir endlich anfangen“, befiehlt er.

Das Treffen verläuft wie immer. Wir diskutieren über die bald anfallenden Wohltätigkeits-Fahrten, um Spendengelder für ein ortsansässiges Kind mit Krebserkrankung zu unterstützen. Er ist auf dem Weg sich zu erholen, doch die medizinischen Rechnungen haben seine Eltern fast in den Ruin getrieben. Der Heaven’s Rejects MC mag vielleicht aus einem Haufen tätowierter, dummer Biker bestehen, die selbst eine fromme Nonne in eine Ohnmacht treiben könnten, aber wir kümmern uns um unsere Freunde und Nachbarn.

Der Club war 1986 von Razes Vater und unserem damaligen Vize-Präsidenten Jagger gegründet worden. Zu der Zeit nutzen etliche Verbrecher Upland, um sich vor der Polizei zu verstecken. Kaum hatte Raze den Club übernommen, hatte sich alles geändert und die Gegend war gesäubert worden. Er hatte dafür gesorgt, dass sie die Ersten waren, die verschwanden, nachdem er alle Zwistigkeiten aus dem Weg geräumt hatte. Sie schadeten unserem Geschäft, und wir konnten uns diese Art von Scheiße nicht leisten, wenn wir uns mit Kunden trafen.

Unser Geschäft ist unsere Lebensader und nichts soll den Geldfluss bedrohen, der in unseren Club und unsere Taschen mündet. Und das Geschäft läuft verflucht gut.

Unsere Telefone stehen kaum still, weil mal wieder ein reicher Daddy besorgt darum ist, dass seine kleine Prinzessin in der Stadt ausgeht, oder ein lokaler Politiker muskelbepackte Präsenz benötigt, während er einen Hinterhofdeal mit Schmiergeld für seinen Wahlkampf erledigen muss. Man kann sagen, wir bedienen jeden Lebensbereich. Dass wir keine 1-Prozenter-Patches tragen, gereicht zu unserem Vorteil. Wir halten uns so weit an die Gesetze, um von der hiesigen Polizei in Ruhe gelassen zu werden, selbst wenn wir uns nicht an alle Regeln der Gesellschaft halten. Das macht uns jedoch perfekt für den Sicherheitsschutz und wir werden verdammt gut dafür bezahlt.

Unser Clubtreffen steht kurz davor beendet zu werden, als ich von draußen Geschrei wahrnehme. Ratchet, unser Sergeant-at-Arms, platzt durch die Türen in den Raum.

„Wo zur Hölle hast du gesteckt?“, fragt Raze.

Ratchet erwidert nichts, hebt jedoch seine Hand empor. Darin hält er eine blutige Kutte, darauf deutlich erkennbar unser Club-Patch auf der Rückseite.

Raze starrte die Kutte an, durchquert den Raum mit großen Schritten, ehe ich kapiert habe, was hier los ist. Raze reißt ihm die Lederweste aus der Hand, dreht sie um, um den Namens-Aufnäher auf der Vorderseite zu sehen. Sein Blick wird hart, als er den Namen lesen kann.

„Wo hast du sie gefunden?“

Ratchet lässt seinen Kopf hängen. „Prez, die Kutte ist nicht alles, was ich gefunden habe. Du musst mit raus zum Lagerschuppen kommen.“

Der gesamte Raum leert sich augenblicklich durch die Hintertür, um nicht die Old Ladys und Clubmädels im Hauptraum zu alarmieren. Wenn es so schlimm ist, wie ich denke, dann müssen sie davon nichts mitbekommen, bis wir das, was immer sich dort befindet, wegschaffen. Wir überqueren den Schotterparkplatz des Clubhauses in Richtung des kleinen Schuppens, in dem wir Ersatzteile für Harleys für unsere Reparaturwerkstatt in der Stadt aufbewahren.

Als ich um die Ecke des Gebäudes biege, kann ich Jagger bereits riechen, ehe ich ihn sehe. Ein extremer Geruch von altem Blut, Verfall und verwesendem Fleisch penetriert die Luft um uns herum. Die Hitze des Tages verliert keinerlei Zeit, seinen Körper zu kochen. Mein Magen rebelliert, als ich seinen leblosen Körper vom Dachbalken des Schuppens hängen sehe, als hätte man ihn gekreuzigt. Meinen Freund dort hängen zu sehen, lässt mir die Magensäure in der Speiseröhre emporsteigen, allerdings schaffe ich es, dass ich nicht kotzen muss.

Sein Gesicht ist kaum noch erkennbar unter all dem Blut und den Wunden, die ihn verunstalten. Doch es ist eher sein Bauch, auf dem die Visitenkarte der Mörder deutlich sichtbar ist. Zwei dicke T’s wurden tief in sein Fleisch knapp oberhalb des Nabels eingeritzt.

Verfickter Twisted Tribe. Unser langjähriger, verfeindeter MC.

Unsere Bruderschaft steht in Stille da, was sich fast wie eine Ewigkeit anfühlt.

„Prez, wir müssen deswegen etwas unternehmen“, knurrt Ratchet und sein gesamter Körper zittert voller Wut, die wir alle fühlen. „Sie haben Jagger gekillt, wir müssen zurückschlagen.“

Nach unserem letzten Zusammenprall vor einigen Jahren waren die Dinge mit dem Twisted Tribe recht ruhig geblieben. Raze und deren Präsident hatten eine mehr als dünne Übereinkunft getroffen, voneinander Abstand zu halten, sodass sich der Staub legen konnte. Jagger zu töten und ihre Signatur auf seiner Haut zu hinterlassen, wirft das Ganze verfickt noch mal komplett über den Haufen.

Raze dreht sich zu Ratchet um und rast auf ihn zu. Er bleibt nur wenige Millimeter vor seinem Gesicht stehen, eher er redet. „Wir alle haben heute einen Bruder verloren. Um den Twisted Tribe werden wir uns kümmern, wenn die Zeit dazu reif ist. Ich weiß, wie du dich fühlst, Ratchet, weil jeder Mann hier verflucht noch mal das Gleiche empfindet. Dafür werden sie bezahlen.“

„Raze hat recht“, erkläre ich, um zu zeigen, dass ich seine Entscheidung unterstütze. Sofort zu handeln, wäre leichtsinnig und genau das, was sie erwarten würden. „Heute werden wir trauern. Morgen werden wir den Twisted Tribe bis auf die Grundmauern abfackeln.“

Ich blicke mich um und sehe Zorn und Kummer in den Gesichtern der Männer um mich herum. Diese Jungs brauchen starke Anführer, die sie leiten. So sehr ich selbst meiner Wut mit ihnen gemeinsam freien Lauf lassen will, ich muss einen kühlen Kopf bewahren.

„Ratchet, schnappt dir Slider und holt Jagger dort runter. Macht ihn so gut es geht sauber und ruf bei Morton’s Leichenhalle an. Er schuldet uns noch einen Gefallen.“

„Was ist mit Darcy?“, fragt er trotzig. „Was willst du ihr und den Jungs sagen?“

„Darum kümmere ich mich. Es sollte von mir kommen“, murmelt Raze.

Er nickt zur Erwiderung und verschwindet, um unseren neuesten Prospect einzusammeln. Eine kurze Zeit später kehrt Ratchet mit Slider im Schlepptau zurück und ist mit ihm auf dem Weg zum Schuppen, während wir anderen uns wieder im Besprechungsraum einfinden.

Mit unserer Entdeckung ist die Stimmung nüchtern geworden. Raze lässt darüber abstimmen, ob der Club die Beerdigungskosten übernimmt und für die Söhne einen Fond einrichtet. Die Abstimmung ist einstimmig und wir begeben uns in den Hauptraum.

Maj, Razes Old Lady, steht hinter der Bar und machte eine Inventur über die Schäden, die wir bei der Party letzte Nacht angerichtet haben. Ihr Blick fixiert Raze und ich weiß, dass sie bemerkt, dass etwas passiert ist. Sie kommt hinter der Bar hervor und der König und die Königin machen sich auf den Weg in ihre Suite im Clubhaus. Er braucht Zeit, das zu verarbeiten, ehe er es Jaggers Frau mitteilt. Darcy und die Jungs werden am Boden zerstört sein. Ich beneide Raze nicht um diese Aufgabe.

Ich gehe in mein Zimmer und laufe auf und ab, versuche das alles zu begreifen. Mein Körper ist eine brodelnde, aufgewühlte Energiemasse, die jede Sekunde, in der ich an den Vorfall draußen denke, droht zu explodieren. Mein Verstand gerät außer Kontrolle, während ich mir vorstelle, dass das Letzte, was Jagger auf dieser Welt mitbekommen hat, war, wie ihm jemand vom Twisted Tribe etwas in sein Fleisch geritzt hat. Mein Magen dreht sich und fühlt sich an, als würde er sich verknoten.

Sie haben den einzigen guten Mann unter uns zu Tode gefoltert. Sie werden dafür bezahlen. Sie werden dafür büßen, dass sie seinen blutigen Körper wie ein verdammtes Weihnachtsgeschenk vor unserer Tür abgelegt haben.

Verflucht noch mal. Das hat er nicht verdient. Seine Frau und Kinder haben das nicht verdient.

Ich laufe weiterhin auf und ab, doch diese kochende Wut in mir steigt immer höher. Das letzte Mal habe ich mich im Irak so gefühlt. Zuhören zu müssen, wie meine Brüder vor Schmerz jammerten, nachdem eine Bombe an der Straße hochgegangen war, und ich nichts hatte unternehmen können wegen meiner eigenen Verletzungen. Mein Herzschlag nimmt zu und meine Haut fühlt sich zu eng an. Ich bin eine tickende Zeitbombe. Die Therapeutin, mit der ich mich hin und wieder getroffen habe, hat nicht geholfen, also habe ich meinen eigenen Weg gefunden, damit klarzukommen: Sex und Alkohol. Ob das ein guter Weg ist? Nicht wirklich, doch im Notfall funktioniert es. Und von beidem gehen mir hier die Reserven niemals aus.

Verflucht noch mal, natürlich ist es keine gute Idee, aber ich muss etwas unternehmen. Ich muss etwas von dieser wütenden Energie loswerden, bevor ich etwas Dummes tue. Ehe noch mehr Leute meinetwegen verletzt werden.

Ich öffne meine Zimmertür und kehre zurück in den Hauptraum. Ich bemerkte Ruby, eine unserer Clubhuren. Sie hat es sich mit einigen der anderen Clubmädchen auf dem Sofa gemütlich gemacht.

Sie wird reichen.

An ihrem Handgelenk gepackt, schleife ich sie in mein Zimmer. Sie sagt kein Wort, als ich sie auf die Knie zwinge, nachdem die Tür hinter uns ins Schloss gefallen ist. Ich öffne meine Jeans und zwänge meinen Schwanz in ihren hübsch geschminkten Mund. Mein Verstand braucht eine Ablenkung und Ruby ist genau das, was der Arzt verordnet hat. Sie stöhnt auf, als ich ihren Hinterkopf packe, um meine Stöße zu intensivieren, während ihre großen Titten meine Oberschenkel streifen. Ihre Zunge umkreist meine Eichel und ich pumpe mich weiter in ihren willigen Mund.

Während ich in sie stoße, erwidert sie meinen Blick. Ich habe keine Ahnung, warum mich dieser Scheiß so anturnt, aber es funktioniert. Sie sieht mit ihren grünen Augen zu, wie ich mein Tempo erhöhe. Eine ihrer Hände löst sich von meiner Hüfte und packt meine Eier. Sie rollt sie zwischen ihren Fingern wie ein Profi. Mit ihren Zähnen kratzt sie vorsichtig über die Spitze meines Schwanzes und das Sperma spritzt in ihre Kehle. Ein Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus, während sie mit ihren geschwollenen Lippen stillhält.

Eigentlich hatte ich geplant, auf ihre hübschen Titten zu kommen, allerdings war es um mich geschehen, sobald sie ihre Zähne eingesetzt hat. Ruby weiß, worauf ich stehe. Sie ist die einzige Clubhure, die mehr als einmal mein Bett gewärmt hat, und dabei wird es auch bleiben. Ich muss niemanden sonst in diese Shitshow, die mein Leben ausmacht, hineinziehen. Es hilft, dass Ruby ebenso nicht nach etwas Festem sucht, also ist sie die Einzige, der ich erlaubt habe nach dem ersten Fick zu bleiben. Nun ja, und wegen dieser herrlich himmlischen Lippen. Gute Blowjobs sind nicht leicht zu finden, dank der verschobenen Realität durch die Pornoindustrie.

Ich stopfe meinen Schwanz zurück in die Jeans, während Ruby aufsteht. Es braucht keinen Doktortitel, um herauszufinden, was der Blick zu bedeuten hat, den Ruby mir zuwirft. Sie weiß, dass mich irgendetwas beschäftigt. Für alle anderen mag sie nur eine Clubhure sein, doch für mich ist sie mehr eine gute Freundin mit Zugabe. Ich kann sie ficken, wann immer mir danach ist und sie kennt mich besser als irgendwer sonst.

„Wer war das im Schuppen?“, fragt sie und richtet ihren Blick zu Boden.

„Woher zum Teufel weißt du, dass jemand im Schuppen war?“

„Ich habe aus dem hinteren Fenster gesehen.“

Ihr Eingeständnis erschüttert mich. Sie kann mir nicht einmal in die Augen sehen, während sie mir gesteht, dass sie ihre Nase in Sachen gesteckt hat, die sie nichts angehen.

„Hättest du das zu irgendeinem anderen Mitglied gesagt, würde dein Arsch sofort auf der Straße landen oder du wärst tot. Ich werde die Clubregeln nicht für dich brechen, nur weil wir im Bett gut funktionieren.“

Sie weigert sich weiterhin, mich anzusehen. Mir ist klar, dass sie weiß, dass sie Scheiße gebaut hat, indem sie mir gegenüber diesen Mist gestanden hat, doch sie muss kapieren, wie ernst es mir ist. Ich hebe ihr Gesicht zu mir empor, in dem ich ihr Kinn packe und sie zwinge, mir in die Augen zu sehen.

„Ruby, du kannst dich nicht in Clubangelegenheiten einmischen. Irgendwann erwischt dich eines der anderen Mitglieder und ich werde nicht in der Lage sein, dich zu retten.“

Sie nickt und ohne ein weiteres Wort geht sie zur Tür. Mir ist klar, dass ich ihr von Jagger erzählen muss. Ich habe nur keine Ahnung, wie. Sie stand ihm sehr nahe und das nicht im üblichen Sinn. Ihr Beitritt zum Club war untypisch. Sie war nicht das übliche Bike-Häschen oder ein gutes Mädchen, dass nur ihren Daddy auf die Palme bringen wollte, in dem sie mit einem von uns rummachte. Dieser MC hat ihr Leben gerettet und sie war geblieben, um diese Schuld zu begleichen, obwohl man ihr erklärt hatte, dass dies längst erledigt war. Sie war geblieben, weil wir die einzige Familie sind, die sie hat. Insbesondere Jagger, der wie ein Vater für sie gewesen war, und sein Tod wird ihr wehtun.

Bevor sie die Zimmertür erreicht hat, stehe ich auf, schlendere auf sie zu und hindere sie daran, die Tür zu öffnen.

„Es ist Jagger, nicht wahr? Wäre es jemand anderer, hättest du es mir längst gesagt. Du hast gezögert.“

„Du wirst das mit keinem Wort erwähnen, bis Raze es dem Club mitteilt. Darcy hat noch keine Ahnung.“

„Wer hat das getan?“ Sie dreht sich zu mir um und Tränen steigen in ihre grünen Augen. Meine Antwort ist Schweigen. Sie seufzt, ehe sie meine Hand aus dem Weg schiebt und mein Zimmer verlässt.

Ich schließe die Tür hinter ihr ab und kehre zu meinem Bett zurück. Erneut rasen meine Gedanken in dem Versuch, einen Sinn in diesem Chaos zu erkennen. Ruby hat geholfen, mir etwas Linderung zu verschaffen, doch es hat nichts gegen den Sturm in meinem Innern gebracht.

Jagger war der Beste von uns. Er war mein Mentor während meiner Zeit als Prospect. Er hat mich zu dem Mann gemacht, der ich heute bin, hinter dem VP-Patch auf meiner Kutte. Er hat das wilde Biest gezähmt, das ich mit zweiundzwanzig gewesen war, als ich diesen Club zum ersten Mal betreten hatte, als gehörte er mir. Damals hatte ich keinen Schimmer, wie das Leben eines Mitgliedes eines Motorradclubs aussah, allerdings fühlte ich mich verloren, als ich die Armee verlassen hatte. Ein MC schien der adäquate Platz für mich zu sein, und nachdem mich Jagger aufgeklärt hatte, wusste ich, hier war ich richtig. Ich brauchte diese starke Bruderschaft und hin und wieder ein wenig Chaos, um meinen inneren Dämonen in Schach zu halten. Dieser Club war ein Ausweg und ein Zuhause für mich. Jagger hatte dafür gesorgt, dass ich beides bekam.

Sieben Jahre später, nachdem ich mich durch die Ränge gearbeitet hatte, war ich zum VP gewählt worden und war in Jaggers Fußstapfen getreten, nachdem seine Gesundheit angefangen hatte, schlechter zu werden. Er war gezwungen, von seinem Amt zurückzutreten. Raze war nicht glücklich darüber, doch er hatte Verständnis dafür, dass er den Rest seines Lebens mit weniger Stress erleben wollte. Er hatte gerade eine Familie gegründet und es verdient, mehr Zeit mit ihnen zu verbringen.

Wenn ich ehrlich bin, habe ich eher damit gerechnet, dass sein Herz schlapp machen würde, aber niemals, dass ein verficktes Messer von einem Mitglied des Twisted Tribe ihm das Licht ausknipsen würde. Der Gedanken, dass das Gesicht eines Tribe-Mitglieds die letzte Erinnerung von Jagger war, schickt erneut eine Welle von Wut durch mein Innerstes.

Komm wieder runter, Idiot. Dreh jetzt verflucht noch mal nicht durch. Das können sie jetzt nicht gebrauchen.

Ich muss meinen Scheiß in den nächsten Tagen zusammenhalten. Jagger würde nicht wollen, dass ich oder die anderen die Beerdigung für Darcy und die Jungs ruinieren. Nachdem wir ihn beerdigt haben, kann ich nicht mehr garantieren, dass ich die Welt des Twisted Tribe nicht in Schutt und Asche verwandeln werde. Scheiß auf mögliche Konsequenzen und Inhaftierung.

Diese Ficker müssen dafür bezahlen und ich werde derjenige sein, der sie alle zurück in die Hölle schickt.

Kapitel 3

Dani

Nachdem ich nun bereits seit zwei Wochen mit Ricca zusammenwohne, fangen wir an, uns aneinander zu gewöhnen. Mir war von Beginn an klar, dass das Zusammenleben mit einer absolut Fremden nicht leicht werden würde, doch ihre fröhliche Natur hat mir dabei geholfen, mich schneller an dieses neue Alltagsleben anzupassen, als ich vorher angenommen hatte. Bevor das alles passiert war, war ich sehr kontaktfreudig. Mit ihr zusammenzuwohnen, bringt diesen Teil von mir auf eine gewisse Weise zurück.

Sie ist mir ähnlicher, als ich es mir hätte jemals vorstellen können. Auch wenn sie nicht konkret wird, so ist der Schmerz auf ihrem Gesicht deutlich sichtbar, sobald sie über ihre Vergangenheit redet. Genau wie ich hütet sie dunkle Geheimnisse. Vielleicht werden wir irgendwann, wenn wir uns endlich wieder sicher in dieser Welt fühlen, unsere Erfahrungen miteinander teilen.

In meiner ersten Woche hier verbrachten wir viel Zeit in den örtlichen Second-Hand-Läden, um Klamotten für mich zu besorgen. Die wenigen Sachen, die ich in meiner Panik damals in die Tasche gestopft hatte, würden hier nicht reichen. Diese Gebrauchtwaren-Läden waren meine Rettung und fünfzig Dollar später besaß ich einige neue Outfits, Schuhe und einen Mantel. Diese Shoppingtour hatte uns zusammengebracht, doch es lag eher an den Unterhaltungen. Während wir durch die Läden streiften, näherten wir uns mit unseren Gesprächen wirklich einander an.

Die größte Überraschung für mich war jedoch, zu erfahren, wie alt sie ist. Ich hatte angenommen, dass sie wesentlich jünger sei als ich. Ich war regelrecht geschockt, nachdem ich herausgefunden habe, dass sie tatsächlich dreißig ist. Demnach ist sie sogar fünf Jahre älter als ich und sieht dabei keinen Tag älter als zweiundzwanzig aus. Doch wer weiß, vielleicht sind dafür ihre guten Gene oder ein guter Arzt verantwortlich.

Das einzige Problem, mit ihr zusammenzuleben, liegt darin, dass sie jede Nacht sturzbesoffen von ihrer Schicht in der nahegelegenen Bar nach Hause kommt und irgendwo in dem Apartment zusammenklappt. Ich habe wirklich keinen Schimmer, wie sie Nacht für Nacht so leben kann und dennoch jeden Morgen fit und tatkräftig in den Tag startet. In meinem Leben hatte ich so einige Zusammenstöße mit Jack Daniels und ganz ehrlich, meine chaotisch-heftigen Kater danach sind im Vergleich zu ihren wie Tag und Nacht.

Der Vorteil, dass sie nachts arbeitet, gibt mir die Möglichkeit, die Wohnung für mich zu haben und etwas anderes zu sehen als eine ihrer unzähligen Reality-Shows im Fernsehen. Ich kann es kaum mehr ertragen, zusehen zu müssen, wie sich ständig dieselbe Gruppe reicher Frauen in die Haare bekommt, über das, was sie sich gegenseitig verbal an den Kopf werfen. Zu meinem Bedauern hat sie heute ihren freien Tag und wie üblich drängt sie mich dazu, mich für einen Job als Bedienung in der Bar, in der sie arbeitet, zu bewerben.

„Komm schon, Dani“, bettelt Ricca. „Ich verspreche dir, das wird Spaß machen. Red kann es kaum erwarten, dich kennenzulernen. Ich wette, sobald er deinen sexy Hintern sieht, wird er vor dir auf die Knie fallen und dich anflehen, in der Bar zu arbeiten.“

Ich rolle mit den Augen, und sie kreuzt die Arme vor ihrer Brust und sieht mich mit diesem Hundeblick an.

Als wenn das funktionieren würde.

Es ist ja nicht so, dass ich nicht mit ihr zusammenarbeiten will. Aber es liegt an der Aufmerksamkeit, die ich durch die Arbeit in einer Bar bekommen werde. Eigentlich möchte ich nicht an einem solch öffentlichen Ort arbeiten, doch nachdem ich nun vierzehn Tage in Kalifornien gelebt und die Miete für den nächsten Monat im Voraus gezahlt habe, besitze ich nur noch zweihundert Dollar und ein bisschen Kleingeld. Nicht, dass ich nicht nach einem Job gesucht hätte, seit ich hier bin. Allerdings hatte ich bisher kein Glück gehabt, abgesehen von den Stellenanzeigen, die ich auf Craigslist als Oben-Ohne-Putzfrau entdeckt habe, und das ist ein eindeutiges Nein für mich. Mir war schon klar, dass es einige verkorkste Menschen auf dieser Welt gibt, doch der Lebensstil der Reichen und Berühmten ist noch viel seltsamer, als ich es mir vorgestellt habe.

Verdammtes Hollywood.

„Ricca, ich sagte bereits nein. Das klingt für mich wie ein Stripclub.“

Mir ist schon aufgefallen, dass sie stur sein kann und nicht aufgibt. Und ehrlich gesagt, trübt die Tatsache, dass mir das Geld langsam ausgeht, meine Entschiedenheit. Für einen kurzen Augenblick denke ich wirklich über ihren Vorschlag nach, ehe ich wieder zur Besinnung komme. Ich will nicht in einer Bar voller betrunkener Arschlöcher mit Grabschhänden sein.

„Dani, du brauchst einen Job, und Red bietet an, dir eine Chance zu geben und dich unter der Hand zu bezahlen. Was ist so schlimm daran, mit mir an meinem freien Tag dahinzugehen und dir die Bar mal anzusehen?“

Ricca steht stur in der Tür, während ich versuche, an ihr vorbeizukommen, um die Küche zu verlassen.

„Nein.“

Sie gibt einfach nicht nach, verdammt.

„Beweg dich, Ricca, bevor ich dafür sorge.“

Sie fixiert mich und stellt ihre Füße rechts und links in den Türrahmen. „Gib es zu, du bist neugierig. Es ist doch nur ein Abend. Komm einfach mit mir. Wir gehen zusammen aus und haben Spaß. Du weißt doch, wie man Spaß hat, richtig?“

Ich schiebe mich noch einmal kräftig gegen sie, aber sie rührt sich immer noch nicht. Sie hält mich von dem Sofa ab und von meinem Vorhaben, mir The Hunger Games zum x-ten Mal anzusehen. Ich will wirklich aufgeben, um aus der Sache rauszukommen, doch sie ist stur darin, mich von meinem Makkaroni-mit-Käse-Auflauf-Date mit Peeta und Gale abzuhalten.

„Oh verdammt noch mal, wenn du mich dann endlich aus der Küche lässt, von mir aus. Na gut, ich komme mit“, gebe ich nach.

Sie springt auf und ab und kreischt wie eine dieser reichen Hausfrauen, die sie so gerne im TV anschaut, ehe sie den Flur entlang in ihr Zimmer rennt. „Ich wette, einige meiner Party-Outfits werden dir passen“, schreit sie.

„Ich habe meine eigenen Klamotten“, rufe ich zur Erwiderung. Kaum habe ich mich hingesetzt, um einen Bissen von meinem Abendessen zu mir zu nehmen, kehrt sie aus ihrem Raum zurück und reißt mir die Gabel aus der Hand.

„Keine Zeit zum Essen. Wir müssen dich und deinen sexy Hintern in Szene setzen“, brüllt sie euphorisch.

Verfluchte Scheiße.

Drei Stunden später verlasse ich Riccas Zimmer in voller Kriegsbemalung und in ein dünnes, silberschwarzes Minikleid gestopft, das kaum meine Arschbacken bedeckt. Mein Level an Unbehaglichkeit, dass das Ding hochrutscht, sprengt die Skala, aber Ricca gibt auch hier nicht klein bei. Nachdem ich meinen Unmut zum Ausdruck gebracht hatte, wurde ich mit einem angepissten Blick und einer weiteren Schicht Lippenstift konfrontiert, ehe sie anfing, mein widerspenstiges Haar zu einem französischen Zopf zu flechten.

Warum zum Teufel habe ich hierzu Ja gesagt?

Sie schiebt mich vor den Ganzkörperspiegel in unserem gemeinsamen Badezimmer und ich erkenne mich kaum wieder. Meine schwarzen Augenringe, die von zu vielen Alpträumen herrühren, sind perfekt mit einer Schicht Concealer abgedeckt worden und nun mit dunklem Lidschatten betont, sodass ich den Vampiren in diesen Hollywood-Streifen Konkurrenz machen könnte. Das Kleid sitzt an meinen Kurven wie eine zweite Haut. Meine Möpse sind dermaßen hochgeschoben, dass ich mir wie Wilson vorkomme, der Nachbar von Tim Taylor aus der Sitcom Hör mal, wer da hämmert, wenn er über den Gartenzaun schaut. Diese Show habe ich mir in meiner Kindheit immer mit meinem Grandpa angesehen. Jedenfalls, eine falsche Bewegung und meine Brüste quellen über den Ausschnitt des Kleides ins Freie.

Ricca kommt mit einem Paar schwarzen, hochhackigen Stilettos zurück und wirbelt sie mit einer Hand umher.

„Die ziehe ich auf gar keinen Fall an“, protestiere ich, doch mein Widerspruch fällt auf taube Ohren, während sie sich bereits vor mich hinkniet und mir die Schuhe über die Füße streift. „Bei dem Versuch, auch nur darin zu laufen, werde ich mir den Hals brechen. Kann ich nicht einfach meine Flipflops anziehen?“

„Du schaffst das schon“, versichert sie mir mit einem Lächeln.

„Da bin ich mir nicht so sicher.“

Ich blicke erneut in den Spiegel. Dieser gesamte Look ist extrem übertrieben. Ich lehne mich vor und starre in die hohle Dunkelheit meiner eigenen Augen und spüre ein mir allzu vertrautes Kribbeln unter meiner Haut. Ehe ich den Gedanken zurückhalten kann, sehe ich die Vision meiner Mutter, die mich mit Missfallen anstarrt.

Nein. Das passiert jetzt nicht gerade.

Das Bild ihres verärgerten Gesichtsausdrucks geht mir durch den Kopf und mein Herz klopft so wild, während ich mich bemühe, die Dunkelheit tief in mein Inneres zurückzuschieben, die gerade versucht, die Oberhand zu gewinnen.

Es ist okay. Wie Ricca schon sagte, es ist nur ein Abend. Was ist das Schlimmste, was passieren könnte?

Ich nehme ein paar tiefe Atemzüge, und kaum, dass ich mich wieder geerdet habe, zerrt mich Ricca aus dem Badezimmer, durch die Eingangstür und schiebt mich in ihren Jeep. Sie springt auf den Fahrersitz und schon fliegen wir förmlich die Straße entlang.

Red Rockets liegt nicht weit von unserem Haus entfernt, also dauert es nicht lang, bis wir dort sind. Von außen wirkt die Bar wie eine Müllhalde. Das Gras davor ist braun und tot, doch mit der Wasserknappheit scheint das ein regelrechter Trend im Süden Kaliforniens zu sein. Der Parkplatz besitzt mehrere Schlaglöcher, dennoch ist er voll belegt. Ricca parkt den Jeep auf der Rückseite des Gebäudes, wo es Abstellplätze für die Fahrzeuge der Angestellten gibt. Direkt daneben steht eine ganze Reihe glänzender, schwarzer Harleys.

„Bist du bereit, Spaß zu haben, Dani?“, fragt sie mich mit einem freudigen Glitzern in ihren Augen.

Ich kann mir nicht helfen, mein Filter zwischen Mund und Gehirn versagt, bevor mein Sarkasmus zuschlägt. „Oh, Ricca, ich bin so überglücklich hier zu sein. Was kommt als Nächstes? Ein Trip zur Notaufnahme, wo man mir die Roofies aus dem Magen pumpt und als Nachtisch noch eine Tetanus-Spritze?“ Ihr Lächeln wird zu einem finsteren Blick. „Na schön, ja, ich bin begeistert“, lüge ich sarkastisch.

„Das ist schon besser. Jetzt schieb deine Titten hoch und lass uns essen, trinken und fröhlich sein. Ich wette, Red gibt dir den Job, bevor du ihm überhaupt deinen Namen verrätst.“

Sie umrundet den Wagen und zerrt mich vom Beifahrersitz. Ricca schleift mich zum Eingang und der Türsteher winkt uns durch, ohne meinen Ausweis zu kontrollieren. Nachdem ich die Bar betreten habe, erkenne ich sofort, dass dieser Ort hier ein Loch ist. Der Holzboden ist abgenutzt und schmutzig, und es stinkt hier förmlich nach Traurigkeit und zerbrochenen Träumen. Als wir tiefer in den Raum dringen, steigt mir der Geruch von fettigem Kneipenessen in die Nase. Das Essen würde vielleicht gut duften, wenn ich betrunken wäre, doch weil ich nüchtern bin, riecht es eher nach etwas, das vor Tagen auf der Straße überfahren worden ist.

 Die Gäste dieses feinen Lokals sitzen wahllos an der Bar oder in diversen Sitznischen. Ich bemerke eine Gruppe von Bikern, die sich eine abgelegene Ecke zurückgezogen haben und von spärlich bekleideten Frauen umgeben sind. Jenen Teil der Bar werde ich meiden. Diese Art von Aufmerksamkeit ist genau der Grund, warum ich nicht an einem solchen Ort arbeiten möchte.

Ricca parkt mich an einem Hochtisch neben der Bar und bestellt uns zwei Tequila Sunrise, ehe ich protestieren kann.

„Ist es hier nicht großartig?“, fragt sie mich und lehnt sich dabei zu mir. „Red hat die Bar auf den neusten Stand gebracht, nachdem er sie gekauft hat.“

Ich setze mir buchstäblich ein falsches Lächeln auf, während sie sich wieder ihrem Drink widmet.

Das soll auf dem neusten Stand sein? Diese Kaschemme wirkt eher so, als würde sie beim nächsten Windzug zusammenfallen. Wie hat das hier bloß vorher ausgesehen?

Bei dem Gedanken verdrehe ich meine Augen, nehme einen Schluck von meinem Getränk und lassen den Tequila seine Magie entfalten. Ricca winkt jemandem zu und ein untersetzter Mann mit Glatze steuert auf unseren Tisch zu. Ich kann das billige, überwältigende Rasierwasser schon riechen, ehe er auch nur in unsere Nähe kommt. Der stechende Geruch reicht bereits fast aus, dass ich mich übergeben muss.

„Red, das ist Dani, die Frau, von der ich dir wegen des Kellnerinnenjobs erzählt habe“, sagt sie und zeigt auf mich. Sie zerrt mich vom Stuhl und schiebt mich regelrecht zu ihm in ihrem halb betrunkenen Zustand.

Gott. Hat sie etwa schon angefangen, im Apartment zu trinken, bevor wir losgefahren sind? Wie konnte mir das nicht auffallen, dass sie bereits angeheitert war?

„Hier ist deine neue Bedienung, Red. Ist sie nicht perfekt?“

Reds Augen scannen mich von Kopf bis Fuß und ich habe echte Schwierigkeiten, den Tequila bei mir zu behalten.

„Das ist sie wirklich, Süße. Sie wird all die Jungs zum Jaulen bringen. Was sagst du dazu, Dani? Willst du zum Red-Rockets-Team dazustoßen?“

Er macht einen Scherz, oder? Er klingt, als ob das hier ein Fünf-Sterne-Restaurant sei. Das hier ist alles andere als eine Team-Atmosphäre. Das hier ist ein Zugunglück, das kurz davor steht, Realität zu werden.

„Ich habe dir ja gesagt, dass er dich mögen wird“, säuselt sie mir laut und betrunken ins Ohr.

Ich schiebe sie von mir und starre die beiden an.

„Komm schon, Dani. Du wirst scheiß viel Kohle allein nur durch die Trinkgelder verdienen, wenn man beobachtet, wie dich die Kerle jetzt schon ansehen. Du weißt, dass du das Geld gebrauchen kannst“, fährt sie fort und bewegt sich zu der Musik, die aus den Lautsprechern dröhnt.

Red kommt näher und lässt seine Finger über mein Gesicht gleiten. Ich erschaudere bei dieser Berührung.

„Komm schon, Kleine. Ich werde mich hier gut um dich kümmern. Wie Ricca erwähnt hat, bezahle ich dich unter der Hand. Du kannst mein kleines, schmutziges Geheimnis sein“, gibt er von sich und der Geruch von Alkohol in seinem Atem kriecht mir in die Nase. Ich versuche, Abstand zwischen uns zu schaffen, doch er packt mich am Arm und zieht mich näher zu seinem fauligen Gestank. „Ich weiß nicht, wovor du wegrennst, aber ich kann mich um dich kümmern, Süße. Eine andere Option wäre … nun ja, nicht so prickelnd, es sei denn, du stehst drauf.“

Er hat recht. Mir ist klar, dass es so ist, doch das erleichtert mir meine Entscheidung nicht. Ich brauche das Geld dringend. Wenn ich hier arbeite, habe ich wenigstens Ricca an meiner Seite, jedenfalls die meisten Nächte. Wie schlecht konnte das schon sein?

„Na schön“, erwidere ich und ziehe meinen Arm aus seinem Griff. „Aber es wird einige Grundregeln geben.“

„Du bist nicht gerade in der Lage, Bedingungen zu stellen, Dani.“

„Ich werde weder für dich noch für irgendwen deiner Gäste ein verficktes Spielzeug sein. Ich bin hier, um meinen Job zu erledigen und dafür bezahlt zu werden. Das ist alles.“

„Was immer du willst, Darlin’. Solange du deinen Hintern um acht morgen Abend hierher schaffst. Ricca wird dir alles zeigen.“ Erneut mustert er meinen Körper. Himmel, ich bereue meine Entscheidung jetzt schon. Er ist bereits im Begriff wegzugehen, hält inne und dreht sich noch einmal zu uns um. „Zieh was Freizügiges an und schieb ihnen deine Titten ins Gesicht. Du wirst dich hier schon gut machen.“ Er grinst, bevor er sich Ricca zuwendet.

„Du wirst dafür sorgen, dass sie morgen genauso gut aussieht, wie jetzt. Die einzige hässliche Frau, die in dieser Bar arbeitet, ist meine Ehefrau und dabei will ich es auch belassen. Die Getränke gehen heute auf mich. Sieh es als Willkommensgeschenk an.“ Er verschwindet und der mutige Gesichtsausdruck, den ich für ihn aufgesetzt hat, schmilzt umgehend dahin. Ricca scheint es nicht aufzufallen, während sie sofort zwei Finger in Richtung des Barkeepers hebt.

„Er ist gar nicht so übel, oder?“, fragt sie mich, als zwei weitere Drinks an unseren Tisch gebracht werden.

„Nicht so übel? Der Typ ist ein Schwein. Wie kannst du es ertragen, für ihn zu arbeiten?“

„Er ist wirklich nicht so schlimm, wenn du den Geruch und die grabschenden Hände ignorierst. Sorg dafür, dass seine Gäste zufrieden sind und du kommst klar.“

Sie leert ihr Getränk in zwei Zügen, bestellt gleich nach und drückt mir meinen Drink in die Hand. „Runter damit. Wir haben etwas zu feiern.“

Drei Buttery-Nipple-Shots und zwei weitere Tequila Sunrise später zerrt sie mich auf die Tanzfläche. Der Alkohol vernebelt meine Sicht und meine Hemmungen sind wie weggeblasen. Während ich mit mir selbst tanze, bemerke ich, wie Ricca sich an einem der Biker aus der Ecke reibt. Seine Hände wandern über ihre Kurven, vergraben sich in ihren Hüften und sie lässt ihren Hintern gegen seinen Schoß kreisen. Sie scheint auf den Typen zu stehen, der sie befummelt, denn sie lehnt sich zurück und küsst ihn. Ich frage mich, was ihr Freund davon hält, dass dieser Kerl ihr die Zunge in den Hals steckt. Sie beugt sich tiefer vor, reibt ihren Po noch energischer an ihm und seine Finger wandern unter ihr Kleid.

Ist er gerade dabei …? Ist sie wirklich im Begriff …? Oh, Gott.

Fest entschlossen, nicht zuzusehen, drehe ich mich schnell um und pralle gegen eine harte, breite Brust.

„Tanz mit mir“, fordert eine tiefe, schroffe Stimme.

Kapitel 4

Hero

Jaggers Tod sinkt erst heute so richtig ins Gemüt.

Die Nachricht darüber hatte sich wie ein Lauffeuer in den MC-Chartern verbreitet und innerhalb weniger Tage waren acht weitere MC-Clubs zum Clubhaus gekommen, um einem der Gründerväter von Heaven’s Rejects ihre Anteilnahme zu zeigen.