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Ein nerviger Bruder, eine Heizung die spricht und dann auch noch ganz viele Schmetterlinge im Bauch – das Leben der dreizehnjährigen Jo gerät urplötzlich ganz schön aus den Fugen. Und das sie sich ausgerechnet in denselben Jungen verliebt, wie ihre beste Freundin Meike, macht ihr Leben auch nicht gerade einfacher. Turbulente Tage im Leben eines Teenagers schildert Autorin Karin Hufnagel in diesem in diesem Jugendroman mit viel Verständnis und einem Augenzwinkern. Lesenswert für junge Leute, aber auch für schon etwas ältere Leser, die sich noch gut van ihr erstes Verliebtsein zurück erinnern.
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Veröffentlichungsjahr: 2014
Bookworm by vss – Band 6
Karin Hufnagel - Heizungsgeflüster
1. eBook-Auflage – März 2014
© vss-verlag Hermann Schladt
Titelbild: Armin Bappert
Lektorat: Hermann Schladt
Karin Hufnagel
<h1 class="western">Heizungsgeflüster oder Die Sache mit Finn…
Gestern Abend hörte ich es zum ersten Mal. Es kam aus der Heizung unter dem Fenster. Ein Gurgeln und Zischen und als ich mich darauf konzentrierte, wurde daraus ein Flüstern und Tuscheln. Ich lag da und lauschte gespannt…bis ein undeutliches „Hallo“ durch mein Zimmer wisperte. Elektrisiert schoss ich in die Höhe. Du meine Güte, wie psycho! Die Heizung sprach mit mir. Jetzt war ich völlig übergeschnappt. Die morgige Mathearbeit setzte mir wirklich zu. Den ganzen Nachmittag kämpfte ich mich durch ein Zahlenchaos. Versuchte, es zu meinem Verbündeten zu machen. Aber dann war es wie immer. Die „Unbekannte X“, die enttarnt werden sollte, verknotete meine Gehirnwindungen. Ich hatte mich überanstrengt. Ganz klar – sonst nichts. Die Zeiten vom „Schwarzen Mann“, der unterm Bett oder im Schrank wohnte, waren längst vorbei, beruhigte ich meine überreizten Nerven und ich ließ mich wieder in die Kissen fallen.
„Hallo“, blubberte es aus der Heizung.
„Ja, ja…selber hallo“, brummelte ich unter meiner Decke hervor und kniff die Augen fest zusammen. „Ich schlafe schon und kann dich nicht hören“. Ich unterhielt mich tatsächlich mit einem Heizkörper. Sicher träumte ich. Nein, zum Träumen war ich viel zu wach. Aber erzählen konnte ich das niemand. Oder doch? Wenn überhaupt, dann Meike. Meike war meine allerbeste Freundin. Meike musste unbedingt morgen bei mir übernachten. Und falls die Heizung dann wieder was zu sagen hatte, dann…ja, was dann? Beide konnten wir ja nicht verrückt sein. Und deshalb würde es so nicht kommen, denn Heizkörper reden nicht. Soviel war klar. Aber dann brauchte ich ja Meike gar nicht. Doch zur Sicherheit wäre es mir lieber, sie käme. Du meine Güte, ich war schon ziemlich verwirrt. Und dann fiel mir mein Bruder Konrad ein und ein ziemlich düsterer Gedanke setzte sich in meinem Kopf fest. Vielleicht hatte er einen Lautsprecher in meinem Zimmer versteckt. Zuzutrauen wäre es ihm. Natürlich, das war des Rätsels Lösung. Konrad hockte jetzt sicher in seinem Zimmer und amüsierte sich über seine blöde kleine Schwester, die angstschwitzend unter ihrer Decke lag. Na warte, ganz so leicht ließ ich mich nicht einschüchtern. Pah…eine sprechende Heizung. Konrad dachte wohl, ich bin bekloppt. Erleichtert über diese Erkenntnis, hüpfte ich aus dem Bett. Solch ein Lautsprecher musste doch zu finden sein. Aus meiner Unterwäsche-Schublade kramte ich meine Taschenlampe. Ein richtiges Superteil war das. Ein Geschenk von Opa Schmidt zu meinem zehnten Geburtstag. Damals fand ich es doof von ihm, mir eine Taschenlampe zu schenken. Ich war doch schließlich ein Mädchen – außerdem hatte ich ihm schon Tage zuvor ins Ohr geflüstert, dass ich mir sehnlichst ein Pferd wünschte. Ein Pferd und keine Taschenlampe. Ich war mächtig enttäuscht, aber dann hatte sie mir trotz allem richtig gute Dienste erwiesen. Zum Beispiel damals im Schullandheim mit der fünften Klasse war sie mir ein lebensrettendes Utensil gewesen. Ohne sie hätte ich die Nachtwanderung durch den Wald mit Sicherheit nicht heil überstanden. Oder beim spektakulären Stromausfall im letzten Jahr, als unsere gesamte Straße in totale Dunkelheit verfiel, da war sogar meine Familie über diesen Besitz sehr dankbar.
So tastete ich jeden Zentimeter der Heizung ab, leuchtete aus jeder erdenklichen Position. Ich lag total verdreht am Boden und verrenkte mir die Arme, um ja keine Stelle auszulassen. Nichts. Überhaupt nichts. So ein Mist! Wo war dieser verdammte Lautsprecher? Oder tat ich Konrad Unrecht? Im Schneidersitz hockte ich vor der Heizung und hypnotisierte sie mit meinen Blicken.
„Los, sprich mit mir!“ Stille. Das war ja klar. Wahrscheinlich wäre ich einfach umgekippt, hätte sie auch nur einen Laut von sich gegeben.
„Komm schon…sag was“, bettelte ich erneut den Heizkörper an und hoffte, dass er eben genau das nicht tat. Ja und wenn ich mich einfach verhört hatte? Wenn weder die Heizung sprach – noch Konrad mir einen seiner bescheuerten Streiche spielte? Übrig blieb dann nur ein überreiztes Hirn, das den ganzen Nachmittag hilflos einem Zahlenheer ausgesetzt war und sich jetzt rächte. Ich gähnte und schleppte mich zurück ins Bett. Müde kuschelte ich mich unter meine Decke.
„Schlaf gut“, wisperte es aus der Heizung. Genervt kroch ich mit dem Kopf unter das Federkissen. „Du auch“, nuschelte ich in meine Matratze. Ich hatte jetzt einfach keine Lust mehr - schließlich ließ ich mich nicht veräppeln…weder von Konrad noch von einem redseligen Heizkörper. Meike musste eingeweiht werden, da führte kein Weg dran vorbei.
Selbstvergessen rührte ich in meinem Müsli. Jedenfalls tat ich so. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich Konrad. Verhielt er sich verdächtig? Eigentlich tat er nichts Außergewöhnliches. Er schmierte sich fingerdick Schokocreme auf das Toastbrot. So wie jeden Morgen. Sonst passierte nichts. Konrad besuchte, genau wie ich, das Fanny-Leicht-Gymnasium. Zwei Klassen über mir… und er war der absolute Mädchenschwarm. Sehr verwunderlich – für mich. Ich hob den Kopf und betrachtete ihn genauer. Versuchte, ihn mit den Augen dieser albernen Gänse zu sehen, die auf dem Schulhof wie Kletten an ihm hingen, die ihm peinliche SMS schickten oder die wie zufällig vor unserer Haustür herumlungerten. Aber was ich sah, war einfach nur Konrad. Ja gut, ich musste zugeben, er hatte strahlend blaue Augen und dichte lange Wimpern. Die hätte ich auch gern gehabt. Ein Junge brauchte so etwas nicht – fand ich. Aber sonst war nichts Erwähnenswertes an ihm.
„Was glotzt du so?“ fuhr er mich an und die zerkaute Schokocreme-Toastbrotmasse spritzte bei seinen Worten quer über den Tisch… traf mich mitten im Gesicht. Und leider auch mein T-Shirt! Boah! Mein neues T-Shirt war ruiniert. Es hatte mich zwei volle Wochen gekostet, es Mama aus den Rippen zu leiern. Und jetzt das!
„Iiiiiiiiiihhhhh!!!!“ kreischte ich und stieß mich mit beiden Händen unkontrolliert von der Tischkante ab. Was natürlich erstens zu spät und zweitens ein Fehler war, denn die Stuhlbeine reagierten auf meine heftige Bewegung überhaupt nicht. Sie rutschten keinen Millimeter über den Küchenboden und so kippte ich samt Stuhl nach hinten und fand mich mit einem lauten Knall rücklings auf dem Boden wieder. Für einen Moment blieb mir einfach die Luft weg. Ich lag da wie ein Fisch auf dem Trockenen.