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Die Enthüllungen von Sarah McCall und die Ankunft des neuen Feindes verändern das Gleichgewicht der Kräfte in der Milchstraße endgültig. Auf der Nova-Station muss Isa Jansen alles tun, damit die Rebellen überleben können. Dazu gehört es, logistische Probleme zu bewältigen, Offizieren zur Seite zu stehen, die alles verloren haben und um die neue Verfassung der Solaren Republik zu kämpfen. Gleichzeitig erreicht die HYPERION das andere Ende des TRION-Tunnels und begibt sich auf die Suche nach Antworten. In einer feindlichen Zukunft kämpft Commander Noriko Ishida für das Wohl ihrer Crew. Dies ist der dreizehnte Roman aus der Serie "Heliosphere 2265" Am 01. November 2265 übernimmt Captain Jayden Cross das Kommando über die Hyperion. Ausgerüstet mit einem neuartigen Antrieb und dem Besten an Offensiv- und Defensivtechnik, wird die Hyperion an den Brennpunkten der Solaren Union eingesetzt.
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Seitenzahl: 146
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Impressum
Cover: Arndt Drechsler Lektorat: Daniela Höhne Layout: Andreas Suchanek Logodesign: Daniel Szentes Innenillustrationen: Anja Dyck
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2013 Andreas Suchanek Herausgeber: Andreas Suchanek Herstellung und Verlag: Greenlight Press Andreas Suchanek Leopoldstr. 5b 76133 Karlsruhe E-Mail-Kontakt: [email protected]:
978-3-944652-45-0 (E-Book Mobipocket)
978-3-944652-46-7 (E-Book Epub)
Was bisher geschah
Ende des Jahres 2266 hat Imperator Björn Sjöberg seine Macht als Diktator gefestigt. Die Solare Union existiert nicht mehr, stattdessen entsteht das Solare Imperium.
Captain Jayden Cross und die Crew der HYPERION haben sich den Rebellen angeschlossen, die das Alzir-System unter ihre Kontrolle bringen konnten. Seit Sjöberg und seine Unterstützer ihren Staatsstreich durchgeführt haben, fragen sich die Rebellen jedoch, wie ein solcher Plan geheim gehalten werden konnte?
Stück für Stück fügt die Crew des ersten Interlink-Kreuzers der Menschheit das Puzzle zusammen und erkennt schließlich die Wahrheit hinter dem perfiden Masterplan. Letztes Licht ins Dunkel bringt die Omega-Datei von Sarah McCall, in der die Verräterin ihren Lebensweg offenbart.
Sie stammt ursprünglich aus der Zukunft und kehrte zurück in die Vergangenheit, um die Pläne von Richard Meridian (Captain Stark) zu verhindern. Dieser steht in Wahrheit hinter Sjöberg und sorgte für das Gelingen des Umsturzes, das viele Jahrzehnte lang vorbereitet wurde; die Gründe bleiben ungeklärt.
Jahrhundertelang sprangen die Zeitreisenden von Körper zu Körper und manipulierten die Geschichte der Menschheit. Auf der einen Seite stand Captain Stark, auf der anderen das Quartett aus der Zukunft: Anika Magnus (Sarah McCall), Cassandra Bennett, die Brüder Kevin und Jacob Rosenbaum und Leroy Forrest. Doch nun scheint das Ende gekommen.
Aus dem Tachyonentunnel im Stillen Sektor erreichen Raumschiffe der Zukunftsrebellen die Gegenwart, um das Imperium zu stürzen. Es kommt zu einem Kampf zwischen den Parliden, den Zukunftsrebellen und den Raumschiffen des Imperiums, in dessen Verlauf Admiral Santana Pendergast von Yoshio Zhang - einem der Anführer der Zukunftsrebellen - gefangen genommen wird. Dieser bringt sie zur zweiten Anführerin, dem älteren Ich von Santana selbst. Das Schicksal der "echten" Santana bleibt ungewiss.
Gleichzeitig fliegt die HYPERION in die Zukunft, um mehr über die Erschaffer des TRION-Artefaktes zu erfahren. Doch auf dem Weg wird das Schiff von Captain Stark und der HYDRA angegriffen; die Kommandobrücke nahezu zerstört. Sarah McCall wird schwer verletzt und der Kommandochip von Captain Cross droht - nun wieder scharf geschaltet - zu explodieren.
Als das Raumschiff in den Tunnel einfliegt, verlieren alle an Bord das Bewusstsein. - Mit Ausnahme von Noriko Ishida. Dank der Nanomaterie in ihr hört sie die Stimmen all jener, die einst ihr Leben durch den Einsatz des Tachyonentunnels verloren ...
Prolog
Unter ihrem Stiefel zerbrach ein morscher Ast. Das Geräusch hallte über die staubige Ebene und scheuchte ein paar Geier auf, die sie von einem nahen Felsbrocken aus beobachtet hatten. In ihrem Rücken ragte eine Felswand von der Höhe eines Wolkenkratzers empor, während vor ihr nur Kakteen zu sehen waren; und hier und da ein Steppenläufer vom Wüstendwind vorbeigetrieben wurde. In der Luft lag der Geruch von verbranntem Holz und Erde - und Tod.
Commander Noriko Ishida schritt unbeirrt weiter aus, direkt auf die kleine Ansammlung von Häusern zu, die sich wie Schildkrötenpanzer aus Stein an den Boden schmiegten. Immer, wenn sie die Zähne zusammenbiss, knirschte der Sand dazwischen und ihr langes Haar wurde haltlos umher gewirbelt.
Obgleich sie der Sonne entgegenlief, stand diese bereits dicht über dem Horizont und versank immer schneller. Was dann? Sie besaß nichts, außer der Kleidung, die sie am Leib trug. In der Dunkelheit wäre sie endgültig verloren, würde zum Opfer irgendwelcher Wüstentiere werden.
Unweigerlich erklang die Stimme ihrer Mutter in ihrem Geist. Eine Ishida gibt nicht auf. Reiß dich zusammen, Kind. Wo auch immer du bist, wir sind in Gedanken stets bei dir.
Sie musste lächeln. Warum nur waren ihre Eltern jetzt nicht hier? Sie vermisste ihre aufbauenden Worte, ob sanft oder resolut.
Vor ihr fiel die Ebene leicht ab. Noriko ging vorsichtig weiter, machte kleine Schritte, um nicht hinzufallen. Immer wieder verloren ihre Stiefel den Halt und sie rutschte einige Zentimeter ab. Der trockene Staub der Savanne wurde bei jedem ihrer Schritte in die Luft gewirbelt. Sie musste husten.
Als sie endlich ebenerdig stand, waren sie schon ganz nah - die Häuser. Mittlerweile konnte Noriko Details erkennen, auch wenn sie gerne darauf verzichtet hätte. Die Umzäunung der kleinen Kolonie war von einem Vandalen zerstört worden. Er hatte das Holz der Streben zu einem Haufen aufgeschichtet und angezündet. Die Flammen knisterten und loderten, flackerten vor der untergehenden Sonne wie ein Abkömmling des feuerroten Sterns.
"Was ist hier passiert?", murmelte sie.
Die Gebäude waren zerstört, nicht mehr als Ruinen. Die fein gepflasterten Wege, die Gärten, die schönen kleinen Häuser, das Leben inmitten der Savanne war vernichtet worden.
Sie ging weiter. Aus der Nähe wirkten die Bauwerke gar nicht wie Schildkrötenpanzer. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie von völlig unterschiedlicher Architektur waren. Neben einem flachen, domartigen Domizil ragte die längliche Miniaturversion eines Wolkenkratzers hervor. Helle Glasbauten, wie es sie auf CORE I gab, standen neben baufälligen Holzhütten. Arm und reich, stabil und instabil, Groß und Klein hatten nebeneinander gestanden.
Urplötzlich entrang sich ein Schluchzen Norikos Kehle. All diese wunderschöne Vielfalt war nur noch eine Ruine; die Einheit zerbrochen.
Zu ihrer Rechten erklang ein Wimmern. Sie benötigte eine Sekunde, um die Gedanken zu verscheuchen und wieder in das Hier und Jetzt zu finden, rannte dann aber sofort auf die Quelle des Geräuschs zu. Irgendjemand war am Leben und konnte ihr möglicherweise erklären, was geschehen war. Als sie den Mann erreichte, sah sie jedoch auf den ersten Blick, dass jede Hilfe zu spät kam. Blut lief aus seiner Nase und seinen Ohren, was auf innere Verletzungen hindeutete.
Sie ging neben ihm in die Hocke. Er mochte Anfang dreißig sein, wobei das durch den ständigen Einsatz von Gen-Resequenzierung und Bio-Skulpturierung kaum wirklich abzuschätzen war. Sein dunkles Haar war blutverkrustet und die Gesichtszüge ... Noriko runzelte die Stirn. Irgendwo hatte sie diesen Mann schon einmal gesehen.
"Bleiben Sie ganz ruhig liegen, Hilfe ist unterwegs." Die Lüge kam ihr glatt über die Lippen.
"Hatten ... keine Chance", kam die Antwort. Der Unbekannte sprach so leise, dass sie ihr Ohr näher an seinen Mund heranbringen musste. "Es tut mir leid."
"Wer ist für all das verantwortlich?"
Er hustete, spuckte Blut. Ein paar Tropfen davon trafen Noriko im Gesicht. Sie wischte sie ab.
"Sagen ... ihm." Wieder ein Husten. "... mir leidtut."
"Wem? Und was tut Ihnen leid?"
"Jayden." Jetzt begann der Mann zu zittern. Tränen rannen über sein Gesicht. "Sagen Sie meinem Bruder, dass es mir leidtut."
Noriko fuhr in die Höhe. Der Mann war tot, seine Augen blickten ins Leere. Doch wo normalerweise die Pupillen sein sollten, waberte plötzlich rötliche Energie, die sie irgendwo schon einmal gesehen hatte.
"Es ist traurig, nicht wahr?", erklang eine Stimme hinter ihr.
Noriko hatte sie im Laufe ihres Lebens mindestens tausendmal gehört; in Ansprachen und Interviews. Langsam wandte sie sich um.
"Madame Präsident", sagte sie halb entsetzt, halb erfreut.
"Ein schöner Titel, wenn auch längst ohne Bedeutung. Nennen Sie mich Ione."
Noriko nickte. Warum nur konnte sie keinen klaren Gedanken fassen? Etwas stimmte hier ganz und gar nicht. Doch immer, wenn sie darüber nachdachte, wie sie hierher gekommen war, weigerte sich ihr Verstand zu funktionieren. "Aber Sie sind tot."
Ione Kartess lachte auf. Sie trug ein weißes Businesskostüm, dazu passende, hochhackige Schuhe und die Haare elegant hochgesteckt. "Jeder hier ist tot. Die schöne Solare Union", dabei deutete sie auf die Häuser, "besteht nur noch aus Ruinen. Gehen Sie ein Stück mit mir."
Widerstandslos ließ Noriko es zu, dass die ehemals mächtigste Frau der Solaren Union sich bei ihr einhakte. Gemeinsam schlenderten sie zwischen den Gebäuden hindurch. "Es freut mich sehr, dass Sie hier sind."
"Bilde ich mir das alles nur ein?"
Ein Kopfschütteln. "Mitnichten, meine Liebe. Ich bin so real, wie es eine Tote nur sein kann. Aufgrund Ihrer speziellen Kondition", sie deutete auf Norikos Schläfe, "Sie wissen, was ich meine, können Sie hier sein."
"Aber wo ist hier?"
"Die HYPERION ist auf dem Weg in die Zukunft. Oder das, was momentan noch die Zukunft ist. Die anderen Offiziere haben das Bewusstsein verloren, weil ihr Gehirn nicht dazu geschaffen ist, mit den Echos der Zeit zu kommunizieren."
Die Erinnerung kehrte abrupt zurück. Der Menger-Schwamm, der Kampf gegen die HYDRA und die Passage in die Zukunft. Sie taumelte, wäre gestürzt, wenn Kartess sie nicht gestützt hätte. "Keine Sorge, meine Liebe, Sie werden schon wieder."
"Aber dann sind Sie ... ein Geist?"
Ione kicherte völlig unpräsidentinnenhaft. "Ich würde es eher als 'Überbleibsel' bezeichnen. Oder als Schatten. Der Schatten meiner Zukunft, die Richard Meridian, den sie unter dem Namen James Stark kennen, und Björn Sjöberg mir genommen haben. Wie bezeichneten Sie es in Gedanken kürzlich so schön: Wir sind die Asche der Geschichte, das Echo von dem, was gewesen wäre.
Mein Leben war nicht dazu bestimmt zu enden, ebenso wenig das von Captain Ivo Coen. Wussten Sie, dass er eigentlich in einigen Jahren Präsident geworden wäre?"
Noriko schluckte und nickte. Durch die Erzählungen von Sarah McCall hatten sie ein wenig über die allererste Zeitlinie erfahren, die nun jedoch für immer ausgelöscht worden war. "Er sollte Präsident einer Solaren Allianz werden."
"So ist es. Doch diese Chance wurde ihm genommen. So wie vielen anderen."
Plötzlich hörte Noriko Schritte. Augenblicke später ging Captain Ivo Coen schweigend neben ihnen her. Kurz darauf folgte Jasper Cross, der eben noch in ihren Armen gestorben war. Der Vater von Captain Cross tauchte ebenfalls auf. Es wurden immer mehr und mehr.
Sie erkannte Minister der alten Regierung, aber auch Offiziere der Space Navy. Yoshio Zhang warf ihr einen traurigen Blick zu, neben ihm stapfte Juri Michalew mit verkniffener Miene daher, wobei er immer wieder kleine Steine davon kickte.
"Sie und Cross und Ihre Kommandobrückencrew waren schon immer etwas Besonderes", sagte Kartess völlig unbeeindruckt von der riesigen Menge, die sich mittlerweile gebildet hatte. "Anfangs hielt ich dieses Sammelsurium an Offizieren mit holprigem Werdegang für eine Gefahr. Doch heute sehe ich das anders. Ihre Individualität ist ihre Stärke. Wenn es jemanden gibt, der Meridian und Sjöberg aufhalten kann, dann sind das Sie. Und wäre es nicht poetische Gerechtigkeit, sollte jene Crew, die Björn selbst zusammengestellt hat, ihm den Todesstoß versetzen?"
Der Gedanke hatte in all der Hoffnungslosigkeit tatsächlich etwas Tröstliches, wie Noriko zugeben musste.
Sie wollte etwas sagen, nickte stattdessen aber nur.
Am Horizont versank die Sonne. Mit einem Mal verschwand der Himmel und an seiner statt, war das rötliche Wabern des Zeittunnels zu sehen. Wo staubiger Boden gewesen war, bildeten sich die Deckplatten der Kommandobrücke heraus.
"Unsere Zeit hier neigt sich dem Ende entgegen", sagte Ione Kartess. "Doch Sie stehen nicht alleine gegen Sjöberg, Meridian und die Zukunftsrebellen."
"Tun wir nicht?" Noriko lachte bitter auf. "Wer kann ihnen schon die Stirn bieten?"
"Sie und Cross und all Ihre Leute haben das über ein Jahr lang immer wieder getan. Der Sieg mag unerreichbar erscheinen, doch er ist es nicht. Sie werden es verstehen, wenn Sie den Dunklen Wanderer aufgesucht haben, dort warten Antworten, die das Rätsel endgültig lösen. Wir sollten uns danach weiter über Details unterhalten. Aber zuvor ... Es tut mir leid, dass Sie es von mir erfahren müssen."
"Wovon sprechen Sie?"
"Jemand ist hier, von dem Sie nicht wissen, dass er hier ist."
"Ich verstehe nicht."
Ione Kartess wirkte betreten. "Jemand ist tot, von dem Sie nicht wissen, dass er tot ist. Er ist hier. Und es ist wichtig für Ihre Mission, dass Sie es erfahren." Die ehemalige Präsidentin deutete auf einen Punkt hinter Noriko. "Wie gesagt: Es tut mir leid."
"Wer ...?" Sie wandte sich um. Aber noch in der Bewegung verschwanden die letzten Reste der Erde, verwandelten sich die Körper in Nebel. Aus Häusern wurden Konsolen, aus Steppenläufern liegende Crewmitglieder und der Horizont transformierte in eine Schneise, die quer durch das Schiff führte. Der oder die Unbekannte, auf die Kartess mit dem Finger gedeutet hatte, war nur noch als feines Nebelgespinst erkennbar, als Noriko ihren Blick auf ihn fixierte.
Eine Sekunde später kehrte sie endgültig zurück auf die HYPERION. Doch war sie jemals wirklich weg gewesen? Sie taumelte, stürzte.
Und als sie wieder auf die Beine kam, glitt das Raumschiff aus dem Tachyonentunnel.
Sie hatten die Zukunft erreicht.
*
Interlink-Kreuzer HYPERION, Irgendwann in der Zukunft
Für einen Moment hatte Noriko das Gefühl, in einem Albtraum gefangen zu sein. Überall um sie herum lagen Mannschaftskameraden bewusstlos am Boden. Glücklicherweise war außer dem Captain und Sarah McCall niemand ernsthaft verletzt. Umso schlimmer stand es dafür um die beiden.
Noriko hatte noch immer den Sensorhandschuh übergestreift, mit dem sie implantierte Nanotechnologie prüfen konnte. Sie ging neben dem Captain in die Hocke und legte ihm ihre Handfläche auf seinen Hinterkopf. Das Ergebnis wurde sofort angezeigt. Der Killchip befand sich im Reparaturprozess und die Sprengkapseln waren wieder scharf geschaltet. Sobald die Struktur des Chips erneut intakt war, würde der von Johnston gesendete Kill-Befehl den Nanosprengstoff zünden. Die Bewusstlosigkeit hatte den Regenerationsprozess verlangsamt, aber aufhalten würde es ihn nicht.
Sie überprüfte auch die Biowerte von Sarah McCall. Deren Implantate waren noch immer deaktiviert, was grundsätzlich eine gute Sache war, wie Noriko fand. So konnte die Frau aus der Zukunft keinen allzu großen Schaden anrichten und war wieder verletzbar. Auf der anderen Seite war sie schwer verletzt und drohte zu verbluten. Die Selbstheilung konnte nicht greifen.
Ein Stöhnen erklang.
Der Erste, der erwachte, war Lieutenant Commander Lukas Akoskin. Der ehemalige Assassine mochte ebenfalls nicht länger über seine Implantate verfügen, doch seine Konstitution war trotzdem die eines genetisch aufgewerteten Bullen. Sekunden später stand er bereits wieder aufrecht, wie eine unzerstörbare Statue. Abgesehen von einer leichten Schürfwunde an der Stirn zeugte nichts von seinem Sturz und der nachfolgenden Bewustlosigkeit.
"Wie ist unser Status?", fragte er, unterlegt von einem weiteren Stöhnen.
"Wir sind noch in einem Stück. Das ist aber alles, was ich bis jetzt sagen kann." Ein Surren erklang. Noriko schaute auf und entdeckte eine Drohne aus Bordbeständen, die durch den Spalt auf die Brücke geflogen kam.
Einen Schritt vor ihr blieb das Aufklärungsgerät in der Luft schweben, eine Klappe öffnete sich und ein Metallkasten fiel zu Boden.
Noriko öffnete ihn und fand ein Hand-Com, sowie einen Ohrstöpsel. Nach der Zerstörung der Kommandobrücke war jedes technische Gerät dort ausgefallen - mit Ausnahme von jenem, das speziell gegen EMPs gesichert war, wie der Scan-Handschuh aus dem medizinischen Notfallkit.
"Commander, können Sie mich hören?", erklang die Stimme von Alpha 365.
"Das kann ich. Und es tut verdammt gut. Wie ist der Status der HYPERION?" Während Noriko sprach, beobachtete sie Akoskin, der von Offizier zu Offizier und von Wissenschaftler zu Wissenschaftler eilte und jeden untersuchte, auf die Beine half oder Mut zusprach.
"Abgesehen von den bereits bekannten Gefechtsschäden sind wir einsatzbereit. Aktuell ist die Zweitcrew auf der Sekundärbrücke im Einsatz. Ein Team der Schadenskontrolle ist unterwegs zu Ihnen, um das Schott zu öffnen - das waren sie zumindest vor der allgemeinen Bewusstlosigkeit. Nun wird es wohl noch etwas dauern, bis sie die Brücke erreichen."
"Ausgezeichnet. Wir brauchen außerdem ein Team von der Krankenstation. Der Captain muss sofort in einen Injektionsraum."
"Was ist passiert?"
"Jede Technik, die ursprünglich vom Menger-Schwamm erzeugt wurde, ist bei der Passage ausgefallen. Dazu gehören auch die Implantate von McCall und Akoskin sowie die Veränderungen, die das Miststück am Killchip des Captains vornahm." Sie fügte alle notwendigen Details hinzu, die den Paramedics und Petrova später helfen konnten. Immerhin ging es um jede Sekunde. "Wie haben Sie die Drohne hier hereinbekommen?"
"Da die Brücke im Zentrum liegt, verläuft die Schneise, die der Torpedo gerissen hat, durch die ganze Bugsektion des Schiffes", erklärte der Sicherheitschef. "Ein Großteil davon wurde mit Siegelschaum abgedichtet. Glücklicherweise sind die Zuleitungsdüsen an einer Stelle defekt, weshalb nur ein Notkraftfeld eingesetzt wurde. Leider ist es nicht groß genug, dass eine Person hindurch steigen könnte; für eine Drohne hat es jedoch gereicht."
Damit zerstörte er ihre aufkeimende Hoffnung sofort. "Das wäre auch zu schön gewesen. Machen Sie der Schadenskontrolle klar, dass wir hier so schnell wie möglich ein offenes Schott benötigen."
"Das habe ich bereits. Ah. Commander, ich konnte mittlerweile eine Verbindung zur Sekundärbrücke herstellen. Ich stelle Sie durch."
Es knackte im Empfänger. Dann erklang chaotisches Stimmengewirr.
*
Sekundärbrücke
Jake Anderson wischte sich die schweißnassen Hände an der Uniformhose ab. Und Ryan hat mich noch gewarnt, dachte er panisch. Ich bin seit fünf Wochen auf diesem verdammten Schiff und dann so was. Die Sekundärbrücke war noch nie im Einsatz! Die Zuweisung als Kommandant der Zweitbrücke war in der Regel der letzte Schritt vor einer Beförderung zum Captain, weshalb niemand ein solches Kommando lange innehatte.
Jake hatte es für eine gute Idee gehalten, auf dem prestigeträchtigen Schiff HYPERION den Posten anzustreben. Immerhin war Cross nicht irgendwer und Noriko Ishida besaß längst ebenfalls einen legendären Ruf. Überhaupt galt die Kommandobrückencrew im NOVA-System als etwas ganz Besonderes, hatte sie doch zu zahlreichen Gelegenheiten bewiesen, was in ihr steckte. Aber muss sie das ausgerechnet jetzt wieder tun?!
Nach und nach erlangten seine Offiziere das Bewusstsein zurück.
Jake räusperte sich. "Also gut Leute, ich will so viele Aufklärungsdaten wie möglich. Wo sind wir und wann sind wir?"