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Im Alzir-System herrscht noch immer Chaos. Präsidentin Jessica Shaw will die Solare Republik stabilisieren und muss gleichzeitig ihr neues Kabinett bilden. Während der neue Staat am Rande der Vernichtung steht, erreicht die mächtigste Frau der Republik ein überraschendes Angebot. Unterdessen verbringt die Besatzung der HYPERION ihre letzten Tage gemeinsam mit den Aaril auf deren Heimatwelt. In dieser friedlichen Umgebung erwarten sie die Vernichtung der Zeitlinie. Nur wenige stemmen sich gegen das Unvermeidliche, suchen verzweifelt nach einer Lösung. Ist das Ende des Weges für die HYPERION tatsächlich gekommen? Dies ist der einundzwanzigste Roman aus der Serie "Heliosphere 2265" Am 01. November 2265 übernimmt Captain Jayden Cross das Kommando über die Hyperion. Ausgerüstet mit einem neuartigen Antrieb und dem Besten an Offensiv- und Defensivtechnik, wird die Hyperion an den Brennpunkten der Solaren Union eingesetzt. Heliosphere 2265 erscheint seit November 2012 monatlich als E-Book sowie alle 2 Monate als Taschenbuch. Hinter der Serie stehen Autor Andreas Suchanek (Sternenfaust, Maddrax, Professor Zamorra), Arndt Drechsler (Cover) und Anja Dyck (Innenillustrationen).
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Seitenzahl: 144
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Heliosphere 2265
Band 21
„Ohne Ausweg“
von Andreas Suchanek
Ende des Jahres 2266 hat Imperator Björn Sjöberg seine Macht als Diktator gefestigt und die Solare Union in ein Schreckensregime verwandelt, das Solare Imperium.
Auf der NOVA-Station kommt es am 8. Mai 2267 endlich zur lang ersehnten Wahl eines Staatsoberhaupts für die neu gegründete Solare Republik.
Jessica Shaw geht als Siegerin aus der Wahl hervor, ihre Partei erringt eine solide Mehrheit. Bei der Vereidigung wird jedoch der Ketaria-Bund aktiv. Ein Assassine des Bunds versucht, die neue Präsidentin zu töten. Admiral Pendergast wirft sich in die Schussbahn und opfert ihr Leben für das Wohl der Republik.
Gleichzeitig zündet ein Schiff von Imperator Sjöberg die lange vorbereiteteDunkle Welle. Überall im Alzir-System reißen Gravitationsschlünde auf, Raumschiffe werden von den Gewalten zerstört, die Station steht kurz vor der Vernichtung.
Der Assassine flüchtet an Bord der TORCH II, während hinter ihm das Chaos regiert. Commander Kristen Belflair nimmt mit dem neuen Interlink-Kreuzer JAYDEN CROSS die Verfolgung auf, unterstützt lediglich von einer Crew aus Fähnrichen, die gerade die Akademie abgeschlossen haben. Sie kann den Assassinen aufhalten und die Speicherplatte mit den geraubten Daten bergen. Captain Jackson Brown wird dabei jedoch vom Killer des Ketaria-Bundes erschossen.
Die HYPERION erreicht in der Zukunft des Jahres 2317 nach einem langen Flug und etlichen Rückschlägen schließlich das Zielsystem mit demDunklen Wanderer, findet aber nicht den Planeten,sondern ein bewohntes Sonnensystem vor. Die dort lebenden Aaril öffnen dem Schiff den Zugang zu einer Gravitationssenke, wo sie den Planetoiden einst aus Sicherheitsgründen verbargen.
Ein Außenteam bestehend aus Captain Jayden Cross, Lieutenant Commander Tess Kensington, Doktor Janis Tauser und Sarah McCall transloziert auf die Oberfläche und trifft dort auf eine Vertreterin des Iilianischen Bundes - die erste Einheit verschiedener Milchstraßenvölker, die vor langer Zeit existierte. Sie berichtet ihnen vom Jahrhundertplan Meridians und seinem wahren Ziel. Er will eine feindliche Rasse aus einem Temporalgefängnis befreien.
Währenddessen kommt zu einem Kampf zwischen der HYPERION und jener gefährlichen Rasse, die kurz darauf als Ash’Gul’Kon erkannt wird. Die Ash’Gul’Kon stehen vor ihrer Rückkehr in den normalen Raum, da in der sterbenden Zeitlinie das Gewebe zwischen Normalraum und dem Tachyonengefängnis zerbricht.
Die HYPERION kann den Kampf für sich entscheiden und schließlich aus der Gravitationssenke entkommen. Die Aaril warten bereits und haben schlechte Nachrichten: Der Tachyonentunnel ist zusammengebrochen, die gesamte Zeitlinie wird ausgelöscht. Während eine unaufhaltsame Schwärze alles verschlingt, realisiert Captain Jayden Cross, dass das Ende der Reise gekommen ist.
Das Klacken seiner Stiefelsohlen auf dem Metall des Bodens hallte in den leeren Gängen wider, wie das Echo in einer ausgestorbenen Schlucht im Nirgendwo. Wo ihn sonst Offiziere gegrüßt hatten und Männer und Frauen in Gespräche vertieft vorbei geeilt waren, herrschte Leere. Nur der Laut der eigenen Schritte durchbrach die allgegenwärtige Stille.
Captain Jayden Cross konnte noch immer nicht wirklich begreifen, wie es so weit hatte kommen können. Jeder Kommandant machte sich im Verlauf seiner Karriere Gedanken über das Ende. Wann es kommen würde und in welcher Form. Irgendwie hatte er sich stets auf der Brücke der HYPERION in einem heroischen Kampf fallen sehen, nicht machtlos in einem fremden Sonnensystem.
In dem Augenblick, als sie durch den Tachyonentunnel in die Zukunft geflogen waren, hatten sie alles auf eine Karte gesetzt. Die Suche nach einer Antwort auf die Frage, was Richard Meridian plante, wie es möglich gewesen war, dass er mit Björn Sjöberg die Solare Union zu einer Diktatur umgeformt hatte und warum, hatte alles bestimmt.
Und wir haben eine Antwort erhalten. Doch sie kam zu spät.
Vor wenigen Stunden waren sie der Gravitationssenke entkommen, hatten den Kampf gegen ein Schiff der Ash’Gul’Kon für sich entschieden und waren vor dem Rest der feindlichen Flotte geflohen. Doch der Tachyonentunnel war zusammengebrochen, eine Rückkehr in die Gegenwart der eigenen Zeitlinie war damit unmöglich geworden. Diese Galaxis starb, wurde verschlungen von einer gigantischen Schwärze.
Und wir sind Teil des Untergangs.
In wenigen Tagen würden die HYPERION, die gesamte Besatzung und ihr gesamtes Wissen aufhören zu existieren. Der Kampf war verloren.
Jayden schüttelte die Schwere ab, die ihn bei diesem Gedanken befiel. Das Hochgefühl über das Erreichen des Ziels war längst verflogen. Seltsamerweise sah er dem nahenden Ende gelassen entgegen, was jedoch nicht auf die gesamte Besatzung zutraf. Die Crew ging völlig unterschiedlich damit um. Von Wut, über tiefe Depression bis hin zu einem Verdrängen des Unausweichlichen gab es alles.
Vor ihm tauchte das Schott zur Krankenstation auf. Wie er wusste, befanden sich nur noch zwei Personen dort. Auf nahezu jeder Station saßen ein paar Crewmitglieder, die die Stellung hielten. Fatalisten, die das Unausweichliche akzeptiert hatten, die letzten Stunden aber hier an Bord verbringen wollten oder sich an die Hoffnung klammerten, dass doch noch irgendwie ein Ausweg gefunden wurde.
Das Schott glitt mit einem Zischen zur Seite.
Jayden durchschritt den Hauptraum und betrat das angrenzende wissenschaftliche Labor. Auf dem Weg schaute er kurz am Stasetank von Alpha 365 vorbei. Der Zustand des Sicherheitschefs war unverändert, was grundsätzlich ein gutes Zeichen war, bedeutete es doch, dass das Virus der Ash’Gul’Kon nicht noch mehr Schaden angerichtet hatte. Möglicherweise war es nicht das Schlechteste, die letzten Tage im Stasisschlaf zu verbringen.
Jayden erreichte das Labor.
„Ah, Captain“, begrüßte ihn Doktor Irina Petrova. „Sie sind also auch noch hier. Wollen Sie sich unserer Gruppe anschließen?“
Die Chefärztin hatte in den vergangenen Monaten einige Pfunde verloren, schien mittlerweile jedoch ihr Wunschgewicht erreicht zu haben. Der ständige Aufenthalt auf der Krankenstation hatte dafür gesorgt, dass ihre Haut ein wenig bleicher war als gewöhnlich. Vermutlich hatte sie die eine oder andere Sitzung unter dem Lux-Generator verpasst, die für Offiziere an Bord eines Raumschiffes Pflicht waren.
„Captain.“ Giulia Lorencia nickte ihm grüßend zu. „Sieht so aus, als gehörten wir zu den wenigen, die die Stellung hier an Bord halten.“
Die olivfarbene Haut der Chefingenieurin stand im krassen Kontrast zur Blässe Petrovas. Lorencias langes braunes Haar lag zu einem Zopf geflochten über ihrer rechten Schulter, die Augen blitzten wach und ausgeruht.
Petrova saß in einem der zentralen Holosphäre zugewandten Konturensessel und beobachtete die Projektionen. Lorencia stand mit verschränkten Armen davor. An die Sphäre schlossen sich mehrere Scan-Podeste verschiedener Größe an. Auf dem Touch-Desk hinter der Chefärztin waren Dateien aufgerufen und wurden dreidimensional über die Fläche projiziert. Daneben lag zudem ein aktiviertes Pad, auf dem Reihen dicht beschriebener Zeilen leuchteten.
Jayden erwiderte die Grüße und bedachte die Holosphäre mit einem durchdringenden Blick. In ihr wurden DNA-Stränge, Textauszüge sowie Binärcodes dargestellt. „Wie läuft die Auswertung?“
Petrova deutete auf ein dickes, in Leder gebundenes Buch, das auf einer der Sensorplatten lag. Arme mit Scannelementen fuhren darüber hinweg. Die Platte selbst flimmerte. Das kostbare Artefakt wurde von allen Seiten durchleuchtet. „Es geht nur langsam voran. Wir konnten bisher neben dem DNA-Code von Michael Larik noch einen weiteren auswerten. In unserer Schiffsdatenbank findet sich jedoch keine Entsprechung.“
Das wunderte Jayden nicht. Wie sie mittlerweile wussten, befanden sich in dem Folianten die genetischen Muster von fünf Personen. Sie alle waren Nachfahren der Verlorenen Kinder des Mars, die Richard Meridian in einer seiner früheren Inkarnationen während der Freeman-Diktatur 2064 erschaffen hatte. Extrahierte man die in den Exons verborgenen Schlüsselgene - wie Petrova die Sequenzen mittlerweile nannte -, erhielt man eine Sequenz, die das Tachyonengefängnis der Ash’Gul’Kon öffnen konnte. „Ehrlich gesagt wäre es auch ein sehr großer Zufall, wenn noch ein weiterer Schlüsselgenträger vor unserer Nase sitzt.“
„Dem stimme ich zu“, sagte Petrova. „Für eine Auswertung benötigen wir eine der zentralen medizinischen Datenbanken, die jedoch unerreichbar sind. Soweit mir bekannt ist, gibt es einen solchen DNA-Katalog nur auf NOVA oder Terra. Auch CARA besitzt keine Informationen zu diesem Muster.“
Jayden trat näher an die Holosphäre. Er streckte den Arm aus und ließ die Finger durch die Projektion gleiten, die kurz flimmerte und sich dann wieder stabilisierte. „Was sind das für Textpassagen?“
„Interessant, nicht wahr?“ Lorencia kam zu ihm. Als Chefingenieurin hatte sie recht schnell eine Leidenschaft für alles entwickelt, was mit dem Folianten zu tun hatte. Janis, Petrova und sie bildeten ein gutes Team. „Wir konnten mittlerweile einige Passagen dem medizinischen Feld der Virologie zuordnen.“
Die Wächterin des Wissens im Sanktuarium des Dunklen Wanderers hatte sie darauf bereits vorbereitet. „Die Anleitung zur Entwicklung des Retrovirus auf der Basis von Attotechnologie?“
„So ist es“, sagte Petrova an Lorencias Stelle. „Damit wären alle Probleme auf einen Schlag gelöst. Wir könnten die Schlüsselträger ausfindig machen, ihnen das Virus injizieren und so die Exons in der DNA umschreiben. Am Ende sind sie für Meridian nutzlos. Die Zusammensetzung der Anleitung folgt noch, allerdings sind wir auf dem Gebiet der Attotechnologie so unbewandert, dass ich das Virus unmöglich mit den vorhandenen Mitteln erschaffen könnte.“
Jayden winkte ab. „In unserer jetzigen Situation spielt das kaum eine Rolle. Und immerhin, wenn wir hier in der Zukunft sterben, kann Meridian Michael Larik nicht benutzen, um das Gefängnis der Ash’Gul’Kon in unserer Zeitlinie zu öffnen.“
Petrovas Zeigefinger schnellte dozierend in die Höhe. „Das ist ein schöner Gedanke, Captain. Allerdings wissen wir nicht, ob dieser Wahnsinnige doch noch Zugriff auf das Original der Schlüssellinie besitzt. Möglicherweise hat er die benötigten Exons auch längst aus unserem Funkoffizier extrahiert.“ Sie seufzte, senkte ihren Finger. „Letztlich kann in der Gegenwart alles geschehen. Der Kampf liegt nicht mehr in unserer Hand.“
Lorencia nickte widerstrebend. „So ist es wohl.“
„Wenn Sie beide das glauben“, sagte Jayden, „warum sind Sie dann noch hier?“
Die Frauen sahen sich an.
„Ich warte noch auf Noriko und möchte mich dann von CARA verabschieden, bevor wir zum Rest der Crew auf die Oberfläche translozieren.“ Sie lächelte bitter. „Mein Stellvertreter hat mich kontaktiert und von den Ozeanen und Wäldern geschwärmt. Nach einer so langen Zeit in der künstlichen Atmosphäre eines Raumschiffes blühen einige dort unten richtig auf.“
„Sollen sie“, sagte Petrova. „Die Angst kommt früh genug. Ein paar musste ich bereits mit Antidepressiva behandeln. Nicht jeder kann den nahenden Tod so gut ertragen wie wir.“ Sie schlug die Beine übereinander und legte den Ellbogen auf die Tischplatte. Die Sensoren des Smart-Desks reagierten auf die Bewegung, die Tasten des Holo-Interfaces zur Steuerung auf der Tischplatte leuchteten auf, verschiedene Artikel blinkten, wie um Aufmerksamkeit zu erregen. „Ich fühle mich auf meiner Krankenstation ganz wohl und will noch den Rest dieses verdammten Folianten auswerten. Ich hasse es, unerledigte Aufgaben zurückzulassen.“
Vermutlich würde Petrova dafür gar nicht genug Zeit bleiben und der Gedanke, dass die Ärztin alleine hier oben saß, gefiel Jayden überhaupt nicht. Andererseits hatte er es jedem Offizier freigestellt, die letzten Tage seines Lebens so zu verbringen, wie er das wollte. Und obwohl er der Kommandant dieses Schiffes war, dachte er nicht im Traum daran, alleine auf der Kommandobrücke zu sitzen und zu warten, bis die alles verschlingende Schwärze das System der Aaril erreichte.
Wann habe ich das letzte Mal an einem Strand gesessen, bin durch einen Park geschlendert oder habe mir einfach nur eine Stadt angesehen?
Wenn er in den vergangenen Monaten die Oberfläche eines Planeten betreten hatte, war er kurz darauf um sein Leben gerannt, in eine Schlucht gestürzt, von einer übermächtigen Seherin mit einem Fragment ihres Wissens infiziert worden oder hatte einem Tsunami ins Auge geblickt. Möglicherweise war das genau der richtige Zeitpunkt für Langeweile und Spaß.
„Ich nehme einen letzten Logbucheintrag vor, dann transloziere ich zur Oberfläche“, sagte er. „Ein paar Tage Landurlaub tun mir auch gut. Aber halten Sie mich auf dem Laufenden, Doktor. Ich schaue rechtzeitig noch einmal vorbei.“
Damit verließ er die Krankenstation und kurz darauf die HYPERION.
*
Urlaub,dachte Präsidentin Jessica Shaw. Ob es irgendjemandem auffallen würde, wenn sie so kurz nach ihrer Vereidigung einfach in ein Shuttle stieg, zu einem der Habitate flog und sich dort versteckte?
Beinahe hätte sie bei dem Gedanken gekichert. „Also schön, meine Damen, meine Herren, legen wir los.“
Sie sah in übermüdete Gesichter ringsum. In den letzten Tagen hatte sich kaum jemand ausreichend Schlaf gegönnt. Nach der Attacke von Sjöberg gegen die Republik, dem Attentat, das Jessica beinahe das Leben gekostet hatte, und dem anschließenden Chaos, das durch die Gravitationsschlünde ausgebrochen war, hatte jeder alles gegeben, um die Republik am Leben zu erhalten.
Drei Tage waren seitdem vergangen, und bis sie dem Chaos vollständig Herr werden konnten, würde noch viel mehr Zeit vergehen; Monate, vielleicht Jahre.
Genervt strich sie sich eine Strähne aus der Stirn. Vermutlich glich sie momentan eher einer übermüdeten Irren als der Präsidentin einer Republik.
Mit einer Berührung der Touch-Oberfläche des Smart-Desks aktivierte sie das Interface. Vor jedem der Anwesenden erschien die stilisierte Abbildung mehrerer Dateien auf der Platte. Sofort verwendeten die Offiziere die biometrische Authentifizierung, um den jeweiligen persönlichen Speicher mit dem Tisch zu koppeln. Kurz darauf materialisierten weitere Dateiicons - sie hatten sich vorbereitet.
Jessica gegenüber saß Admiralin Isa Jansen. Zu ihrer Linken der Anwalt Sam Drake, daneben die ehemalige Wahlkampfleiterin Priscilla King. Auf der anderen Seite des ovalen Tisches saß Coraline Cross, die Cousine des gefallenen Captains und Nichte von Alexis Cross.
Es war das erste Treffen seit drei Tagen und Jessica betete im Stillen, dass es gute Nachrichten zu vermelden gab. Mit dieser Attacke gegen die Republik hatte Björn Sjöberg sich endgültig als wahnsinniger Diktator offenbart.
Die Killchips, die Executive Controller, Neuronale Restrukturierung, das Erios-Virus der 3. Generation und jetzt das.Jessica wollte gar nicht darüber nachdenken, wie viele Tode auf Sjöbergs Konto gingen.Und was plant er als Nächstes?„Admiral Jansen, fangen Sie bitte an.“
„Natürlich.“
Die Frau mit den langen blonden Haaren, der tadellos sitzenden Uniform und den traurigen Augen berührte ein Icon auf der Tischoberfläche, worauf Zahlen, Daten und rotierende Bilder in der Luft über dem Tisch erschienen.
Anfangs hatte Jessica zugegebenermaßen Angst gehabt, dass Isa Jansen über dem Tod ihrer besten Freundin - Santana Pendergast - und dem ihres Geliebten - Jackson Brown - zerbrach. Doch die Frau erwies sich trotz der sanften Fassade als unbeugsam. Zumindest bisher.
„Der Schlag von Sjöberg hat uns hart getroffen“, sagte Isa. „Sie alle kennen die Bilder, haben die Auswirkungen der Gravitationsschlünde am eigenen Leib erfahren. Mittlerweile liegen uns erste Zahlen vor. Es haben sich insgesamt fünfzehn große Gravitationsschlünde gebildet, die minütlich kleinere Trichter abspalten. Nach ihrer Abspaltung sind besagte Trichter nicht mehr zu orten und rasen auf variierenden Vektoren durch das Sonnensystem. Was ihnen in den Weg kommt, wird vernichtet. Paradoxerweise werden sie von großen Massepunkten nicht angezogen, sondern abgestoßen.“
In der Holosphäre wurde das Alzir-System als stilisierte Kugel angezeigt. Im Inneren wurde die Position der Hauptschlünde markiert.
„Im Verlauf des Chaos nach der Etablierung der Gravitationsschlünde haben wir die SYMBION und die PYXIS verloren, die SAGITTA und TRIDENT werden auf Alzir-12 instand gesetzt. Der Verlust an Shuttles, Personengleitern, Frachtschiffen, an Material und Menschenleben geht in die Hunderte.“
Sie nahm sich einen Moment Zeit, atmete langsam ein und wieder aus, dann warf sie einen Blick in die Runde.
„Aktuell sieht es wie folgt aus: die NOVA-Station befindet sich in einem stabilen Orbit um Pearl, die Präsidiale Residenz ebenso. Letztere wurde beim Transport beschädigt, was die Fertigstellung noch weiter verzögern wird. Die Habitate ELYSIUM, UNION und die Werft Alzir-12 konnten um den kleineren Mond gruppiert werden. Alzir-1 bis Alzir-6 und Alzir-8 mussten einstweilen evakuiert werden. Wir wollen sie später bergen und wieder instand setzen, sobald das gefahrlos möglich ist. Alzir-7 und Alzir-9 wurden zum Schrottplatz geflogen.“
Die Admiralin zeigte ihnen eine Aufnahme jenes Areals im System, auf dem alte Raumschiffe, Stationen und Habitate geparkt worden waren, um sie später zu recyceln. Ihre Technologie war veraltet, teilweise funktionierte nichts mehr an Bord. Doch da die Schiffe einen gigantischen Pulk bildeten, schützten sie vor den wandernden Trichtern. Die beiden Raumwerften schwebten am Rand.
„Alzir-10 und Alzir-11 befinden sich im Orbit des kleineren Mondes von Pearl“, sprach Jansen weiter. „Die Schürfstationen sowie die Veredelungs- und Verarbeitungsfabriken im Asteroidengürtel sind ebenfalls sicher. Alles andere, ob Habitat, Werft oder Fabrik, gilt als verloren. Aktuell fliegen alle Schiffe in Form größerer Verbände zu den entsprechenden Stellen, um mögliche Überlebende zu bergen und Ressourcen zu retten.“
„Gibt es auch gute Nachrichten?“, fragte Jessica.
„Die Stabilisierung unserer Infrastruktur ist eine gute Nachricht, Madam Präsident“, erwiderte Isa. „Nur weil wir so schnell gehandelt haben, existiert die Republik überhaupt noch. Es ist einzig Doktor Damato zu verdanken, dass wir um die Sicherheit von hoher Masse gegen die Trichter und Schlünde wissen.“
Jessica nickte. Wenn sie alleine waren, waren Isa und sie längst per Du. Doch wenn sie in einer größeren Runde waren, galt es, die Form zu wahren. „Gut, dass Sie das Thema anschneiden. Sobald diese Sitzung vorbei ist, möchte ich mit Ihnen unter vier Augen über Doktor Damato sprechen. Aber das eilt nicht. Was also steht als Nächstes auf Ihrer Agenda?“
„Wir koordinieren die Ressourcenverteilung, dann setzen wir so schnell es geht die Raumschiffe und die NOVA-Station wieder instand. Um den Materialengpass zu überbrücken, nutzen wir den Schrottplatz. Das Recycling wurde lange hinausgeschoben, das kommt uns jetzt zugute. Es wird nicht all unsere Probleme lösen und eine Menge Zeit kosten, doch wir besitzen zumindest überhaupt eine Option. Glücklicherweise ist die Nahrungsversorgung sichergestellt, da wir den Schrottplatz verwendet haben, um den Genweizen von Doktor Poira zu testen. Meine Leute erstellen aktuell einen Plan, wie wir weiter verfahren und die Ressource ‘Schrottplatz’ am besten nutzen.“
„Ausgezeichnet. Danke, Admiral.“
Isa nahm wieder Platz, deaktivierte die Projektion und schaute abwartend in die Runde. Jessica konnte nicht genau einschätzen, wie die anderen auf ihren Bericht reagierten, man sah es niemandem an.
Allesamt gute Poker-Spieler.