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Gemeinsam mit den befreundeten Völkern plant Captain Noriko Ishida das Unmögliche. Sie wollen Alpha Centauri infiltrieren und Commodore Jayden Cross befreien. Die Zeit drängt, denn in einem aufsehenerregenden Schauprozess soll er hingerichtet werden. Freunde, Verbündete, Menschen und außerirdische Alliierte müssen zusammenstehen, als der Kampf um einen Mann entbrennt, der längst zum Symbol der Republik geworden ist. Dies ist der 34. Roman der Serie "Heliosphere 2265".
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Seitenzahl: 139
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Table of Contents
„Infiltration“
Was bisher geschah
Prolog
IL HYPERION, am Rand der Galaktischen Seidenstraße, 21. Oktober 2268, 04:32 Uhr
An Bord des Frachters MEDICI, Einflug ins Alpha-Centauri-System, 24. Oktober 2268, 09:42 Uhr
Hochsicherheitsgefängnis auf Earth-2, Alpha-Centauri-System, 24. Oktober 2268, 10:13 Uhr
Alpha-Centauri-System, Earth-2, Central-City, 24. Oktober 2268, 10:53 Uhr
Alpha-Centauri-System, im Orbit um Earth-2, Dreadnought EMPIRE, 11:30 Uhr
Alpha-Centauri-System, Earth-2, Central City, 24. Oktober 2268, 11:45 Uhr
Alpha Centauri, Earth-2, Central City, im zentralen Kommunikationsknoten der Inner Security Police, 24. Oktober 2268, 12:30 Uhr
Mitten in Central City
Innerhalb des zentralen Gefängniskomplexes
Sol-System, SOL-1, Büro von Imperator Sjöberg, 24. Oktober 2268, 12:30 Uhr
Alpha Centauri, Earth-2, Central City, im zentralen Kommunikationsknoten der Inner Security Police, 24. Oktober 2268, 12:50 Uhr
Zur gleichen Zeit
Alpha Centauri, geheimer Horchposten der Republik, 24. Oktober 2268, 16:45 Uhr
An Bord der HYPERION, kurz zuvor
An Bord der HYPERION
An Bord der geheimen Asteroidenbasis
Alpha Centauri, an Bord der HYPERION, Maschinenraum, 24. Oktober 2268, 17:14 Uhr
An Bord der HYPERION
Epilog I – Wir werden sehen
Epilog II – Sind wir soweit?
Epilog III – Halten Sie durch!
Vorschau
Seriennews
Die Charaktere von Heliosphere 2265
Impressum
Heliosphere 2265
Band 34
von Andreas Suchanek
Anfang des Jahres 2268 herrscht Chaos in der Milchstraße. Das übermächtige Solare Imperium, mit Imperator Björn Sjöberg an der Spitze, hält seine Welten im Würgegriff. Gleichzeitig greifen die zurückgekehrten Ash’Gul’Kon, Spinnenskorpione, die ihrem temporalen Gefängnis entkommen konnten, alle Völker an.
Um überhaupt eine Chance gegen die Widersacher zu besitzen, versucht die Präsidentin der Solaren Republik, Jessica Shaw, eine Allianz zwischen den kleineren Sternennationen zu formen. Parliden, Aaril, Rentalianer und die Kybernetiker sollen mit der Republik in einer interstellaren Gemeinschaft vereint werden. Doch das Ziel ist fern, die Hürden sind groß.
Fernab der Politik formt die Space Navy einen Verband, bestehend aus der SJÖBERGS UNTERGANG, der IKARUS, der IONE KARTESS und der HYPERION. Im NORTHSTAR-System kommt es zu einem Kampf gegen einen imperialen Schiffsverband unter dem Kommando von Admiralin Kendra Ironstone. Während seine Leute entkommen, ergibt sich Commodore Jayden Cross der feindlichen Admiralin, erschießt sich jedoch kurz vor der Gefangennahme selbst. Einzig dem bioneuralen Tattoo in seinem Körper ist es zu verdanken, dass die Verletzungen geheilt werden können. Er wird an Imperator Sjöberg übergeben.
Im Alzir-System hat Alexis Cross ebenso erfolgreich wie heimlich den Körper mit Präsidentin Shaw getauscht. Damit regiert sie unerkannt als Staatsoberhaupt die Solare Republik; mit nur einem Ziel, das sie rücksichtslos verfolgt: Sie will Republik und Imperium vereinen. Um Chaos zu säen, entlässt sie Isa Jansen. Die Admiräle Juri Michalew und Yoshio Zhang werden wieder in den Admiralsrat eingegliedert. Nun steht die größte Herausforderung an: Sie muss verhindern, dass die Interstellare Allianz Realität wird.
Auf Terra wird Commodore Cross von Imperator Sjöberg massiv gefoltert – physisch und psychisch. Doch als sein Geist neuronal restrukturiert wird, macht das bioneurale Tattoo die Veränderung kurz darauf rückgängig.
Cross kann seine Peiniger überwältigen und einen Orbitalkampfjet in das SOL-CENTER steuern. Damit zerstört er das Wahrzeichen des Imperiums und tötet Doktor Florian von Ardenne. Imperator Sjöberg hat genug! Er lässt Cross nach Alpha Centauri bringen, wo ihm ein Schauprozess gemacht werden soll. Die Todesstrafe wartet. Zuvor soll das bioneurale Tattoo extrahiert werden.
Unterdessen konnte der neue Verband unter Commodore Hawking Kontakt zu den Assassinen herstellen. Dabei wird deutlich, dass Hawking Ishida und der Mannschaft der HYPERION feindlich gesinnt ist. Einzig Lukas Akoskin ist es zu verdanken, dass eine friedliche Lösung den Konflikt beendet. Zurück im Alzir-System offenbart Sam Drake – Chef des Zentralen Geheimdienstkontrollgremiums der Republik – Agentin Jane Winton, dass Cross noch lebt. Als Ishida diese Information erhält, beschließt sie zu handeln. Sie will die Unterstützer der HYPERION-Crew vereinen, um ihren Vorgesetzten und Freund gemeinsam zu befreien.
Fernab der Konflikte ist es ein sechzehnjähriger Junge, der das große Geheimnis enthüllt. Der Adoptivsohn von Admiralin Jansen offenbart durch einen Computerhack, dass die Präsidentin und Alexis Cross die Körper getauscht haben. Isa Jansen ist entsetzt.
Doch was kann sie tun …?
Es waren jene Momente, jene Augenblicke der friedlichen Ruhe, die ihm verdeutlichten, welch herausragende Arbeit er leistete. Imperator Björn Sjöberg atmete tief ein und wieder aus, trank seinen ersten ViKo des Tages und ließ seinen Blick über die Grünfläche wandern. Er sog das Aroma der Bittermischung ein, vertrieb jeden Gedanken an die Probleme, die auf ihn warteten.
Als der Signalton des Türschotts erklang, überlegte er ernsthaft, denjenigen aus der nächsten Schleuse zu werfen, der ihn in diesen so wichtigen Minuten störte.
„Herein“, knurrte er.
Es war Harrison Walker. Seine Schultern waren gestrafft und sein Gesicht – so denn das überhaupt möglich war – bleicher als üblich. Vermutlich stand er nur noch dank einer ordentlichen Dosis Aufputschmittel aufrecht. „Wir haben Nachrichten von Alexis.“
„Ich höre.“ Björn setzte sich ruckartig auf.
„Sie konnte eines der Datenpakete abfangen, die Cross versendet hat.“ Harrison gähnte kurz, dann sprach er hastig weiter. „Darin hat ihr Sohn ihren Körpertausch offenbart. Das Paket ging direkt an den Verteiler des Parlaments und hätte die Wahrheit über Cross enthüllt. Glücklicherweise lässt sie den Verteiler von ihrer Wundermaschine überwachen.“
„Wenigstens etwas“, murmelte er.
Mit einer vordefinierten Geste deaktivierte Björn die Smartwall. Das Grün verschwand und machte einer Liveübertragung des Alls vor SOL-1 Platz. Nachdem Commodore Cross es tatsächlich geschafft hatte, das SOL-CENTER zu zerstören, waren sie hierher ausgewichen. Die Raumstation war gigantisch und wurde ständig auf dem neuesten Stand der Technik gehalten.
Aufgrund der Größe hatten findige Architekten und Ingenieure sogar kleine Wälder anlegen können, Erholungsparks und Seen in einer gesteuerten Biosphäre. Die meisten Offiziere lebten und arbeiteten hier oben und sahen jahrelang keine andere Umgebung. Es war ihre Heimat. Eine Heimat auf einer Fläche von insgesamt fünfzig Quadratkilometern, die sich auf eine Kugel verteilte, die von einem vertikalen und einem horizontalen Ring umschlossen wurde. Streben verbanden die einzelnen Elemente.
Ringsum waren Phasen- und Interlinkstörer angebracht. Torpedoforts wechselten sich mit gewaltigen Lasermatrizen ab. Sogar Stealth-Raumer konnten durch ein neues modernes Verfahren anhand der von ihrer Masse ausgehenden Gravitation erkannt werden.
Es lief auf Sicherheit hinaus. SOL-1 bot Sicherheit.
Björn ballte die Fäuste. Er konnte bei aller Sicherheit nicht vergessen, dass er ein Vertriebener war. Geflohen vor der Gefahr, die Cross ausgelöst hatte. Nach seinem kleinen Aufstand kam es überall im Imperium zu Scharmützeln. Die Inner Security Police rechnete mit Anschlägen. Da ging man lieber auf Nummer sicher und steckte ihn in eine Festung.
„Schön, dann ist Alexis also noch einmal davongekommen. Niemand weiß, dass sie mit der Präsidentin der Republik den Körper getauscht hat und die echte Jessica Shaw in irgendeiner Zelle dahinvegetiert. Aber uns hilft das mit der aktuellen Problematik nicht weiter.“
„Nein“, gab Harrison zu. „Wir haben zwölf Horchposten, einundzwanzig Raumschiffe und alle in der Solaren Republik befindlichen Agenten verloren. Es wird Jahre dauern, das Spionagenetz wiederaufzubauen. Falls Alexis versagt, können wir in der Solaren Republik keinen Angriff mehr von innen heraus durchführen.“
Im Geiste warf Björn seinen ViKo-Becher an die Wand. Dieser verdammte Cross. Durch seine Gefangenschaft hatte er noch mehr Schaden angerichtet, als er es in freier Wildbahn hätte tun können. Und er, Björn, war selbst schuld. Irgendwie unterschätzte er diese blöde kleine Assel immer wieder. Aber damit war jetzt Schluss.
„Hat die EMPIRE Alpha Centauri erreicht?“
„Das hat sie“, bestätigte Harrison. „Cross ist auf die gewünschte Art transportiert und eingelagert worden.“
Das war nicht genug. Björn aktivierte das Kommunikationsmodul und stellte einen Kontakt zur ersten Kolonie der Menschheit außerhalb des Sonnensystems her. Kurz darauf waberten Photonen durch die Luft, bevor das Antlitz der dortigen obersten Executive Controllerin materialisierte.
„Imperator“, grüßte sie ihn mit leuchtenden Augen. „Es ist mir eine Ehre.“
„E.C. Mialnika.“ Er nickte huldvoll. Die Frau hatte sich nicht umsonst einen der wichtigsten Posten des Imperiums verdient. Sie war die oberste E.C. von Alpha Centauri geworden, nachdem sie verhindert hatte, dass Pendergasts Trümmerflotte vor gut zwei Jahren die IKARUS bekommen hatte. Sie hatte die gesamte Kommandobrückencrew mit den Killchips getötet. Nur Aliou Nymba war entkommen, der heute auf der JAYDEN CROSS der Republik als Erster Offizier diente. „Sie erhalten hiermit die offizielle Order, das Isolationsprotokoll auszulösen.“
Wenn die E.C. davon überrascht war, musste er ihr zugutehalten, dass sie das nicht zeigte. Sie nickte nur, bestätigte den Befehl und ging ans Werk.
Er beendete die Verbindung.
Damit stand das Alpha-Centauri-System unter Quarantäne. Abgesehen von überlebenswichtigen Lieferungen externer Frachter – deren Passagiere genauestens überprüft wurden – kam niemand herein oder heraus. Zusätzlich wurden keine externen Funksprüche mehr angenommen, damit niemand einen Virus als angehängtes Datenpaket einschleusen konnte. Funksprüche nach außen waren untersagt.
Die einzige Person, die noch über Phasenfunkprivilegien verfügte, war E.C. Mialnika selbst. Sie sollte ihm regelmäßig Bericht erstatten. Doch abgesehen von ihrem zentralen Kommunikationsknoten waren alle Phasenfunkeinheiten stillgelegt.
Cross‘ Exekution würde über den Hauptknoten in das GalNet gespeist werden, danach – und erst dann – würde Björn das Isolationsprotokoll wieder aufheben.
Er hob sein ViKo-Glas und nahm einen großen Schluck.
„Sterben Sie wohl, Commodore Cross. Die Republik wird Sie nicht lange überleben.“
Wie ein Raubtier auf der Jagd pirschte die HYPERION sich heran und glitt durch das All. In ein paar hundert Metern Entfernung tat die DARK KNIGHT es ihr gleich.
„Wir befinden uns in Waffenreichweite“, sagte Commander Lukas Akoskin, der I.O., der gleichzeitig Taktik- und Waffenoffizier war. „Auf Ihren Befehl, Captain.“
Noriko nickte nur. Dieser Teil des Plans lag ihr schwer im Magen. Mochte es sich bei dem Ziel auch um einen Frachter des Imperiums handeln, so war er doch besetzt mit Zivilisten. Das war der Grund, weshalb sie noch wartete.
Sie mussten heute zum Präzisionswerkzeug werden, nicht zum Vorschlaghammer. Kein unschuldiges Leben durfte durch sie in Gefahr geraten.
„Störsender sind bereit“, sagte Lieutenant Commander Winton. „Der Frachter wird blind und taub sein.“
„Die vorbereiteten Funksprüche gehen kurz vorher raus“, warf Lieutenant Commander Larik, der marsianische Kommunikationsoffizier, ein. „Ich habe einen Virus eingebettet, mit dem wir die interne Kontrolle übernehmen können, vorausgesetzt, deren Fireshield ist nicht auf dem neusten Stand.“ Mit einem Lächeln ergänzte er: „Aber das ist es ja nie.“
„Mister Task …“
Der Navigator saß kerzengerade in seinem Konturensitz und klatschte bei seinem Namen kurz energiegeladen in die Hände. „Vektor liegt an, wir gehen längsseits.“
Noriko wechselte einen bedeutungsvollen Blick mit Akoskin, der nur grinste. „Genau“, sagte sie dann.
Task wirkte wie eine voll aufgeladene Energiebatterie, die über zwanzig Jahre die Zellen hatte füllen können. Vorher war er in sich gekehrt gewesen, hatte sich stets intensiv auf seine Arbeit konzentrieren müssen. Schlaf war nur dank eines Medikaments von Doktor Petrova möglich gewesen. Jetzt wirkte er, als wolle er vor Tatkraft bersten.
Der Navigator war vor Kurzem von seinem multisensorischen Input geheilt worden und wirkte seitdem, als tränke er jeden Morgen zehn Energydrinks. Von den Gerüchten über seine Freizeitaktivitäten gar nicht zu reden.
„Also gut, Signal an die DARK KNIGHT. Wir greifen an.“
Die HYPERION ließ ihren Stealth fallen. Gleichzeitig wurden die Schilde hochgefahren und der Antrieb ging online. Ausgesetzte Torpedoforts aktivierten sich in Flugrichtung des Frachters, bereiteten einen Teppich aus Torpedos mit Laserlafetten-Gefechtskopf, Typ L-78, vor. Die Störsender verhinderten jeden Hilferuf, nachdem die Aufforderung zur Kapitulation rausgegangen war.
„Das nenne ich eine flüssige Operation“, sagte Akoskin zufrieden.
„Der Frachter sprengt einen Teil seiner Hülle“, kommentierte Winton. „Ortung läuft. Vier Torpedoluken geortet, sie waren bisher verborgen.“
„Eine Falle“, sagte Larik. „Die wollten, dass der Frachter aufgebracht wird.“
„Nein.“ Akoskin schüttelte den Kopf. „Wir haben die Listen des Starthafens genau überprüft. Die haben das Schiff lediglich aufgerüstet, weil sie Angst vor Eriins hatten. Selbst mit diesen Waffen können die uns nicht besiegen, was ihnen bewusst sein muss.“
Noriko ballte die Fäuste. „Sollten sie es versuchen, müssen wir den Frachter beschädigen. Das wird auffallen.“ Sie runzelte die Stirn. Die Emotionen der Besatzung schwappten zu ihr herüber. „Nein, das ist keine Falle. Die haben Angst. Mister Larik, ich brauche eine gerichtete Phasenverbindung.“
„Aye, Ma’am, ich schalte eine Lücke im Störfeld.“
„Und kontaktieren Sie die DARK KNIGHT, die sollen nur die Torpedos abfangen, kein direkter Beschuss.“
Der Marsianer bestätigte. Kurz darauf kam die Verbindung zustande.
„Frachter MEDICI, hier spricht Captain Noriko Ishida vom Interlink-Kreuzer HYPERION der Solaren Republik. Bitte stellen Sie das Feuer ein und ergeben Sie sich. Ich sichere Ihnen allen freien Abzug zu.“
Es dauerte nur Sekunden, dann wurde die Übertragung akzeptiert und zu einer Liveschaltung. In der Holosphäre entstand das Gesicht eines hageren blonden Mannes. „Ich bin Captain Frey vom Frachter MEDICI. Verzeihen Sie, wenn es mir schwerfällt, Ihnen zu glauben, Captain Ishida. Aber die Kriegsverbrechen, die Sie und Ihre Crew begangen haben, sind mittlerweile legendär. Wir werden uns nicht kampflos vor Ihre Laserklinge werfen.“
Beinahe hätte Noriko müde aufgeseufzt. Es war stets das Gleiche: Bei allem, was sie taten, trachteten die Kommandanten der Republik danach, das Imperium zu besiegen und die geknechteten Menschen zu befreien. Aufgrund der Propaganda des Imperiums, der gesteuerten Berichterstattung, glaubten viele allerdings, dass die Republik aus einem Haufen Meuchelmörder bestand. Wie sollte man dem entgegentreten?
„Captain Frey“, sagte Noriko. „Ihnen muss doch klar sein, dass wir Sie längst hätten zerstören können.“
„Mir ist vor allem eines klar, nämlich, dass Sie die MEDICI wollen. Wir werden uns verteidigen. Notfalls sprenge ich das ganze verdammte Raumschiff.“
Damit beendete er abrupt die Verbindung.
„Er meint es ernst“, sagte Noriko. „Seine Emotionen waren echt, keine Täuschung. Er hat Angst vor der HYPERION und glaubt, was er sagt.“
„Dass wir gemeinsam mit einem Eriin-Piraten angreifen, macht das nicht besser“, kommentierte Akoskin.
„Mag sein, aber was derartige Operationen angeht, sind die Eriins einfach am geschicktesten.“
„Ma’am“, meldete sich Michael Larik, „ich besitze die Kontrolle über die MEDICI.“
Noriko nickte. Darauf hatten sie gebaut. „Das Enterkommando soll übersetzen. Torpedoluken schließen. Betäuben Sie die Besatzung.“
Larik begann fieberhaft mit der Arbeit. Wenige Augenblicke später war alles vorbei.
*
Das rotgoldene Funkeln der Translokationsporta entließ Noriko im Shuttlehangar der MEDICI.
„Schicker Frachter“, sagte Captain Michael Aury. Der Eriin-Kommandant hatte sich der kleinen Gruppe angeschlossen, deren Ziel es war, Commodore Cross zu befreien. „Die Besatzung schlummert friedlich. Wir haben sie für den Transport vorbereitet.“
„Ausgezeichnet.“
Noriko würde Wort halten. Die Männer und Frauen bekamen ein kleines Shuttle, allerdings ohne Phasenfunkmodul. Damit konnten sie die nächstgelegene Kolonie erreichen. Das würde jedoch etwa drei Wochen dauern.
Aury stand selbstzufrieden neben ihr. Seine Arme waren verschränkt, auf seinen Lippen lag ein Lächeln. Er trug wie immer eine dunkle Lederhose, ein weißes Hemd unter einer ärmellosen Hartlederweste und dazu einen Gürtel, an dem tatsächlich eine altmodische Degenscheide baumelte. Sein Gesicht war von einem Dreitagebart bedeckt.
Gemeinsam begannen sie ihren Gang durch den Frachter.
„Das sieht gut aus“, sagte Noriko. „Der Frachtraum ist groß genug für die Transmitterkapseln.“
„Meine Leute haben sich den Speicherkern angeschaut. Wir können ihn mit den Modulen der Kybernetiker aufrüsten. Fen Kar wird das persönlich überwachen. Unsere parlidischen Freunde werden das ExMat-Modul einbauen, allerdings wird es nur einmal funktionieren. Die Energieleitungen sind nicht dafür ausgelegt.“
„Das macht nichts. Einmal ist genug.“
Sie erreichten die Kommandobrücke. Der Raum war in die Länge gezogen. Im Zentrum stand der Kommandosessel, davor und dahinter waren die Konsolen im Boden verankert. Die alte Bauweise war vor allem auf Frachtern noch immer beliebt und kam teilweise auch auf modernen Raumschiffen wieder auf.
Sie hielt direkt neben dem Sitz des Kommandanten inne. „Dann wären wir wohl soweit.“ Sie schenkte ihm einen tiefgründigen Blick. „Starten wir Operation ‚Zerschlagene Ketten‘.“
*
Zu behaupten, es läge „gespannte Erwartung“ in der Luft, wäre untertrieben gewesen, überlegte Noriko. Die Anspannung der Besatzung brandete auf sie ein wie die Welle eines Tsunami.
Drei Tage waren vergangen, seit sie den Frachter MEDICI aufgebracht hatten. In diesen 72 Stunden hatten die Ingenieure der Aaril, der Parliden, der Kybernetiker und der Rentalianer alles gegeben, um das Schiff umzurüsten. Das Ganze war geschehen, während sich der Verband dem Alpha-Centauri-System näherte, denn schließlich durfte der Frachter sich nicht merklich verspäten, das hätte Fragen aufgeworfen.
„Wenn das hier überstanden ist, schuldet uns der Commodore eine Runde Ale auf dem Erholungsdeck“, sagte Lieutenant Commander Peter Task. Die Tatkraft und Energie, die Gier nach Erfahrung, umloderte ihn wie eine alles verzehrende Flamme. Nun, nach dem er nicht länger überflutet wurde – und tatsächlich äußere Eindrücke verarbeiten konnte wieder jeder andere Mensch –, schien er jede Minute zu genießen.
Noriko hätte ihn daher gerne auf der HYPERION zurückgelassen, doch Task besaß eine Eigenschaft, die sie heute dringend benötigten. Er war attraktiv. Mal sehen, ob er nach diesem Einsatz noch immer so tatenfreudig ist. „Da kann ich Ihnen nur zustimmen.“
„Können Sie jetzt endlich mal stillstehen?“, fluchte Sarah McCall. „Sie machen mich wahnsinnig.“ Wütend funkelte sie den Navigationsoffizier an. „Ich verpasse Ihnen höchstpersönlich einen weiteren multisensorischen Superinput, wenn Sie so weitermachen.“
„Unwahrscheinlich“, kommentierte Alpha 365 trocken. „Dazu wären Sie gar nicht fähig.“