Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Noch nie zuvor war die Situation so aussichtslos. Die Parliden machen weiterhin Jagd auf die HYPERION, um sich für den Anschlag auf ihre Heimatwelt zu rächen und das Schiff kann nicht entkommen. An Bord herrscht unterdessen Chaos: Loyalisten des neuen Regimes kämpfen gegen die Rebellen. Captain Cross muss akzeptieren, dass seine Entscheidung weitreichende Konsequenzen hat und Opfer kosten wird. Dies ist der siebte Roman aus der Serie "Heliosphere 2265" Am 01. November 2265 übernimmt Captain Jayden Cross das Kommando über die Hyperion. Ausgerüstet mit einem neuartigen Antrieb und dem Besten an Offensiv- und Defensivtechnik, wird die Hyperion an den Brennpunkten der Solaren Union eingesetzt. Heliosphere 2265 erscheint seit November 2012 monatlich als E-Book sowie alle 2 Monate als Taschenbuch. Hinter der Serie stehen Autor Andreas Suchanek (Sternenfaust, Maddrax, Professor Zamorra), Arndt Drechsler (Cover), Jonas Hoffmann (Technischer Redakteur) und Anja Dreher (Innenillustrationen).
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 143
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Table of Contents
»Die Bürde des Captains«
Interlink-Kreuzer HYPERION, Algethi-System, Kommandobrücke, 19. Juni 2266, 20:58 Uhr
Interlink-Kreuzer HYPERION, Algethi-System, Krankenstation, 19. Juni 2266, 21:08 Uhr
Interlink-Kreuzer HYPERION, Algethi-System, Maschinenraum, 19. Juni 2266, 21:12 Uhr
Interlink-Kreuzer HYPERION, Algethi-System, Kommandobrücke, 19. Juni 2266, 21:45 Uhr
Interlink-Kreuzer HYPERION, Algethi-System, Krankenstation, 19. Juni 2266, 22:55 Uhr
Alzir-System, Pearl, Forschungszentrum, 20. Juni 2266, 02:15 Uhr
IL HYPERION, Algethi-System, Maschinenraum, 19. Juni 2266, 23:45 Uhr
Dreadnought TORCH, Algethi-System, Kommandobrücke, 21. Juni 2266, 00:30 Uhr
Maschinenraum der HYPERION, kurz zuvor
Alzir-System, Pearl, Forschungszentrum, 21. Juni 2266, 04:15 Uhr
Dreadnought TORCH, Algethi-System, Kommandobrücke, 21. Juni 2266, 02:10 Uhr
Dreadnought TORCH, kurz zuvor
Zur gleichen Zeit auf der HYPERION
Sol-System, Sol III (Terra), Sol-Center, 23. Juni 2266
Zweiter Tag der Havarie
Dreadnought TORCH, auf dem Weg zu einem Rendezvous-Punkt, 29. Juni 2266, 09:30 Uhr
Epilog I – Im Zentrum der Stille
Epilog II – Wer ist Zev Buckshaw?
Vorschau
Nachwort
Die Charaktere von Heliosphere 2265
Impressum
Heliosphere 2265
Band 6
von Andreas Suchanek
Ein Überschlagblitz leuchtete auf. Die Lichtstreifen in der Wand flackerten und trugen ihren Teil dazu bei, dass die gesamte Kommandobrücke sich in eine albtraumhafte Szene aus Blitzen, Funken sprühenden Konsolen und bleichen Gesichtern verwandelte.
Captain Jayden Cross stand wenige Schritte von Executive Controller Christopher Johnston entfernt, der vor einigen Augenblicken das Todesurteil an Commander Noriko Ishida vollstreckt hatte. Die I.O. lag zu Jaydens Füßen. Ein Blutfaden rann aus ihrer Nase, die Augen waren geschlossen. Noch atmete sie, doch Jayden konnte beobachten, wie das Leben mit jeder verstreichenden Sekunde aus ihr herausfloss.
So wie es aus Lieutenant Commander Lukas Akoskin längst herausgeflossen war. Der Taktik- und Waffenoffizier lag auf dem Rücken neben seiner Konsole. Die drei Pulserschüsse des E.C. hatten die Uniform auf Herzhöhe des Mannes perforiert, worauf er nicht nur gestorben war, sondern in der Sekunde seines Todes auch sein Geheimnis enthüllt hatte. Seine Augen haben die Farbe gewechselt. Die Informationen von Sarah McCall hatten sich bestätigt.
Jayden blickte auf Johnston, den Dreckskerl, der ihm von Präsident Björn Sjöberg an Bord geschickt worden war, um die Kommandobrückencrew zu überwachen und zu beseitigen. Und obwohl alles um Jayden herum zusammenbrach, fühlte er … nichts. In seinem Inneren hatte sich eine absolute Leere manifestiert, die von eiskalter Entschlossenheit umhüllt wurde. Die HYPERION mochte heute untergehen. Ohne funktionierenden Interlink- und Pike-Antrieb konnten sie den herannahenden Parlidenkreuzern nicht entkommen, die für die Zerstörung ihrer Heimatwelt bittere Rache nehmen wollten. Doch was auch immer geschah, Johnston durfte keinen weiteren der Killchips – wie er die mit Explosivstoff versehenen Kommandochips bei sich nannte – mehr aktivieren.
Mit erhobenen Fäusten sprang Cross auf den Mann zu, der neben seinem Konturensessel stand und den Impulsgeber erneut in die Höhe hob. Ein gezielter Schlag prellte Johnston das Gerät aus den Händen. »Sie Mistkerl! Ishida hat Ihnen nichts getan!«
»Sie hat Verrat geübt. Genau wie Sie. Wie alle Offiziere auf diesem Schiff.« Johnston spuckte aus. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer wütenden Fratze. »Was hier geschehen ist, unterliegt Ihrer Verantwortung, Cross.«
Das war genug. Jayden rammte dem E.C. die Faust in den Magen. Der taumelte aufkeuchend zurück, fing sich jedoch in letzter Sekunde und zog den Pulser hervor, den er nach dem Schuss auf Akoskin hinter seinen Gürtel geklemmt hatte.
»Ich bin ja der Meinung«, sagte Johnston keuchend, »dass ein Captain mit seinem Schiff untergehen sollte. Bei Ihnen mache ich aber eine Ausnahme. Sie sterben schon jetzt.« Damit drückte er ab.
Die flirrenden Energiepulse sausten auf Jayden zu, er sprang zur Seite. Der letzte Puls erwischte ihn am linken Oberarm, zerfetzte die Uniform und hinterließ eine schwelende Fleischwunde. Er griff nach einem herumliegenden Pad, zielte und warf es nach Johnston. Dieser duckte sich weg. Als er lachend in die Höhe kam, war Jayden schon heran. Schlag um Schlag ließ er auf den Feind herabprasseln, der kaum etwas entgegenzusetzen hatte.
Aus den Augenwinkeln nahm Jayden wahr, was um ihn herum geschah. Am Eingang zur Brücke kämpfte Alpha 365 gegen seine beiden eigenen Sicherheitswachen. Akoskin und Ishida lagen am Boden. Lieutenant Larik, der Kommunikationsoffizier und neuestes Mitglied der Kommandobrückenbesatzung, kauerte wimmernd in einer Ecke. Nur Lieutenant Peter Task saß an seiner Konsole und nahm fieberhaft Eingaben vor. Als ginge ihn der Kampf um ihn herum nichts an, versuchte er scheinbar, die Kontrolle über das Schiff zurückzuerlangen. Lieutenant Nurakow war aufgesprungen und blickte hin und her.
»Helfen Sie dem Sicherheitschef!«, rief Jayden ihm entgegen. Er konnte nur hoffen, dass Nurakow auch tatsächlich auf ihrer Seite stand und gegen den E.C. und die I.S.P. Stellung bezog. »Task!« Er stoppte kurz seine Schläge und wandte sich dem Navigationsoffizier zu. »Holen Sie das medizinische Notfallkit und reanimieren Sie Akoskin, er hat …«
Weiter kam er nicht, da der E.C. ihm einen Tritt in den Unterleib verpasste. Jayden sackte aufstöhnend zusammen, während Johnston, dessen Gesicht blutüberströmt war, wieder in die Höhe kam.
»Wofür kämpfen Sie noch, Cross?«, krächzte der Mann. »Sie haben verloren. Und Sjöberg gewinnt. Oh ja, ich weiß alles. Der Präsident hat mich eingeweiht. Mich!« Und damit tat er etwas, womit Jayden nicht gerechnet hatte. Anstatt anzugreifen, sprang der E.C. zur Seite, an die Kontrollen der Kommandokonsole. Er berührte ein Icon und sagte: »An alle loyalen Offiziere der I.S.P.: Leiten Sie sofort ABSETZUNG ein.«
»Was haben Sie getan?«
»Dafür gesorgt, dass meine Leute auf diesem Schiff wieder eine gewisse Ordnung herstellen. Sie mögen nur noch ein paar Stunden leben, Cross, aber die mache ich Ihnen zur Hölle.« Er sprang zur Seite und rannte zum Impulsgeber, der nach wie vor am Boden lag.
Jayden hechtete hinterher.
Lieutenant Peter Task hätte den Befehl beinahe verweigert. Nicht, weil er Akoskin nicht helfen wollte, im Gegenteil. Doch der Lieutenant Commander war von drei Schüssen mitten ins Herz getroffen worden. Wie sollte er ihn reanimieren, wenn das Organ zerstört war? Zudem musste er dafür die Konsole verlassen. Und das gerade jetzt. Zwar waren beide Antriebe mehr oder weniger vollständig außer Betrieb, doch sobald die feindlichen Raumer die Gefechtsdistanz unterschritten, konnte er über seine Navigationskonsole auch die Waffen aktivieren. Außerdem gab es da noch die Ortung, auf die er ebenfalls zugreifen konnte.
Es fiel Peter zunehmend schwer, seine Konzentration aufrechtzuerhalten. Seitdem er als Kind von der frühen Form des Erios-Virus befallen war, hatte sein Gehirn sich verändert. All seine Sinne nahmen nicht nur gleichzeitig Eindrücke auf. Der Input wurde auch nahezu parallel verarbeitet, wodurch er sich nur mit äußerster Konzentration auf eine bestimmte Sache fokussieren konnte.
Was hatte der Captain gewollt? Ach ja, Akoskin. Auf der Konsole blinkte es auf, als ein Teil der Selbstreparatur zum Abschluss kam. Auf dem Display gingen seltsame Zahlen vom Interlink-Antrieb ein. Zahlen, die ihm ganz und gar nicht gefielen. Parallel hierzu verzeichneten die Sensoren eine weitere Parlidenflotte, die ihnen entgegenkam. Das war es dann wohl endgültig.
Peter schob diese düsteren Gedanken zur Seite und sprang auf. Er zog das medizinische Notfallkit aus dem Seitenfach seiner Navigationskonsole und war mit wenigen Schritten bei dem Lieutenant Commander. Er fühlte den Puls. Nicht vorhanden. Schnell zog er einen Handsensor hervor. Dieser war in einen Spezialhandschuh integriert. Peter streifte ihn über, schlitzte mit einem Skalpell Akoskins Skinsuit auf und öffnete den Reißverschluss von dessen Uniformjacke. Danach fiel das Hemd dem Skalpell zum Opfer. Er legte die Handfläche auf die nackte Haut des Mannes. Sekunden später erschienen die ersten Ergebnisse auf dem Handschuh-Display. Verblüfft runzelte er die Stirn.
Soweit er informiert war, war Lieutenant Commander Lukas Akoskin ein Mensch. Doch die Auswertung widersprach dieser Tatsache in einem gravierenden Punkt: Ein Mensch besaß keine zwei Herzen. Damit ergab der Befehl von Captain Cross durchaus einen Sinn. Denn während das linke Herz von drei Pulserschüssen perforiert worden war, befand sich das rechte in einwandfreiem Zustand. Peter überprüfte das Organ genauer. Augenscheinlich hatte es aufgrund eines Nervenschocks die Funktion eingestellt. Er griff nach den beiden Reanimationseinheiten und heftete sie Akoskin an die Brust. Es blieb zu hoffen, dass die Elektroschocks bei seinem Metabolismus die gleiche Wirkung zeigten wie bei einem gewöhnlichen Menschen. Peter war kein Mediziner und konnte sich daher nicht sicher sein.
Er aktivierte die Geräte. Eine Sekunde später erbebte die Kommandobrücke.
Alpha 365 konnte sich kaum auf den Beinen halten, und doch nahm er es mit den beiden Grünschnäbeln auf, die vor Kurzem an Bord gekommen waren. Damit hatte Johnston nicht gerechnet. Mit überraschtem und nur Augenblicke später wutverzerrtem Gesicht starrte er zu ihm herüber. Dann hob er den Impulsgeber.
Ich habe ihn verraten, und Verrat ist für ihn unverzeihlich. Dieser Impuls soll dann wohl mich erledigen.Sein Blick streifte Noriko Ishida. Sogar ich, der genetisch auf Gehorsam gezüchtete Wachhund, habe also die Killfunktion im Kommandochip, begriff er. Sjöberg hat nichts dem Zufall überlassen.
Es war Captain Cross, der ihm das Leben rettete. Dieser prellte dem E.C. den Impulsgeber aus der Hand. Was weiter geschah, konnte er nicht mehr beobachten. Die beiden Sicherheitskräfte begriffen langsam, dass sich hier zwei Fronten bildeten und ihr Chef auf der falschen Seite stand.
Fast synchron zogen sie ihre Pulser und legten auf ihn an. Natürlich hatte er etwas Derartiges vorausgesehen und den beiden Handfeuerwaffen mit leerem Partikelmagazin gegeben. »Sie sollten das lassen«, sagte er.
Während der schlaksige Lieutenant Pen noch auf seine Waffe starrte, ging Lieutenant Vresno auf ihn los. Der bullige Kerl hielt sich nicht groß mit Nachdenken auf, er schlug zu. Alpha 365 wich behände zur Seite. Zumindest glaubte er, behände zu sein. Doch der Schlag traf ihn an der Schulter und ließ ihn zur Seite krachen – direkt gegen eine der Wissenschaftskonsolen.
Der Preis der Freiheit, dachte er. Ich zahle mit emotionalem Ballast und eingeschränkten Reflexen.
Vresno rammte ihn mit der Schulter, worauf der Alpha endgültig zu Boden ging. Es war beschämend. Und die Tatsache, dass er Scham fühlen konnte, war noch viel beschämender. Wenn er nicht schnell handelte, war er verloren. Als Vresno nach ihm trat, rollte er zur Seite, kam auf die Beine und bedachte den Gegner mit einem gezielten Tritt gegen die Brust. Aufkeuchend taumelte der zurück. Pen wiederum erwies sich als größere Gefahr. Der Offizier war zwischenzeitlich an eine der Sekundärkonsolen getreten, hatte diese mit seinem Sicherheitscode geöffnet und einen weiteren Pulser hervorgeholt. Diesen richtete er nun auf den Alpha. Ein Schuss zischte … und ging weit an ihm vorbei. Lieutenant Nurakow schlug Pen die Waffe aus der Hand, und ein Handgemenge begann.
»Ich mach dich fertig!«, brüllte Vresno.
»Ihr Vokabular ist so einfallslos wie Ihre Taktik«, erwiderte Alpha 365. »Sie haben keine Chance.«
»Ja klar, so sieht's aus!« Der Kerl lachte und schlug zu.
Die Faust traf den Alpha direkt in den Magen und schickte ihn erneut zu Boden. Diese Sache wurde immer katastrophaler. Und zu allem Überfluss schien sein Gehirn die nächste Phase erreicht zu haben. Eine weitere Emotion kam hinzu, die die Scham schlagartig verdrängte: Angst. Seit vielen Jahrzehnten hatte er nichts Derartiges mehr gefühlt. Wie gerne hätte er auch weiterhin darauf verzichtet.
»Das war's wohl«, sagte Vresno.
Er hielt ein Metallschrapnell in der Hand, das aufgrund der Zerstörung durch die Minenexplosion irgendwo abgebrochen war. »Machen Sie's gut, Chef.« Er holte aus, um ihm das Metallstück in die Brust zu rammen.
Da erbebte die Brücke.
Die Finger des E.C.s hatten sich bereits um den verdammten Impulsgeber geschlossen, als ein heftiges Beben die Kommandobrücke erschütterte. Das Gerät rutschte davon und blieb verkantet zwischen zwei Konsolen außerhalb ihrer Reichweite liegen. Jayden atmete auf. Mit einem Satz war er bei Johnston. Schläge, Tritte, Flüche wechselten sich ab. Mittlerweile war seine Stirn aufgeplatzt, und ein Rinnsal aus Blut lief ihm über die rechte Wange.
Er tauchte unter einem Schlag hinweg und kam wieder in die Höhe. Plötzlich war Johnston heran und ergriff seinen Hals. »Sie … werden … nicht … gewinnen.«
Er wollte die Finger des Mannes lösen, doch sie saßen so fest wie Stahlklauen. Die Luft wurde knapp, vor seinen Augen begann es zu flimmern. Die Kommandobrücke wankte.
Jayden hörte das Klatschen eines Schlages. Die Hände verschwanden von seinem Hals. Während Jayden sich mühsam auf den Beinen hielt, versuchte er, das Eingetretene zu begreifen.
»Akoskin«, röchelte er. Sein Hals brannte wie Feuer.
»Gern geschehen, Sir.«
»Sind Sie okay?« Jayden bedachte seinen Zweiten Offizier mit einem durchdringenden Blick. Nichts zeugte davon, dass er noch vor Kurzem klinisch tot gewesen war. Und auch die Kontaktlinsen, die er stets trug, verbargen seine wahre Augenfarbe, die ihn als Mitglied des Ketaria-Bundes auswiesen, wieder wie vor seinem kurzzeitigen Tod.
»Ich bin in Ordnung. Ich weiß, dass Sie im Moment meines Todes gesehen haben …«
»Vergessen Sie das jetzt«, erwiderte Jayden. »Ich wusste es sowieso schon längst.«
»Sie wussten es?« Nun war Akoskin wirklich erschüttert.
»Später mehr.« Jayden schaute sich um und erfasste die Situation mit einem Blick. »Hören Sie mir zu, Sie sind momentan der beste und versierteste Kämpfer unter uns allen. Bringen Sie Ishida auf die Krankenstation. Schnell.«
Mehr Worte waren nicht notwendig. Akoskin hob die zierliche I.O. vorsichtig empor und trug sie in seinen Armen davon. Im Vorbeigehen schaltete er Lieutenant Pen aus, der sich gerade ein Gerangel mit Nurakow lieferte. Die Effizienz, mit der sein Zweiter Offizier zu Werke ging, machte Jayden Angst, andererseits war es gut, so jemanden im eigenen Team zu wissen.
Lieutenant Larik kauerte noch immer neben seiner Konsole. Augenscheinlich hatte der Kommunikationsoffizier eine Panikattacke. Nach den Ereignissen auf der PROTECTOR war das nicht verwunderlich. Task saß wieder an der Navigation; seine Finger glitten hektisch über die Oberfläche. Nurakow lief zu Alpha 365, um diesem zu helfen.
Jayden ließ seinen Blick über die Wissenschaftler schweifen, die mit kreidebleichen Gesichtern hinter ihren Konsolen saßen und das Geschehen verfolgten. Er trat zu seinem Navigator, während Nurakow und der Sicherheitschef Vresno endlich zu Boden rangen. Auch von dieser Seite drohte also keine Gefahr mehr. »Wie ist unser Status, Lieutenant Task?«
»Wir steuern bei einer konstanten Geschwindigkeit von 0,41 LG auf einem direkten Vektor aus dem System. Nach unserem Fall aus dem Interlink hat der Pike-Antrieb zwar seine Funktion eingestellt, durch die Sicherheitsschaltung haben uns die Restwellen aber noch automatisch um 0,04 LG verlangsamt. Die Parliden sind uns dicht auf den Fersen, vor wenigen Minuten durchbrach eine weitere Flotte die Phasenmauer.«
»Könnte es sich dabei um Schiffe der Space Navy handeln?«
»Negativ, Sir.« Task schüttelte müde den Kopf. »Ihre Signaturen sind mit keinem Eintrag in unserer Datenbank identisch. Zudem deutet die Architektur eher auf die Parliden hin – Standardbauweise. Jene Schiffe der Parliden, die uns am nächsten sind, haben unsere neue Position geortet und ihren Vektor angepasst. Sie werden uns bei gleichbleibender Beschleunigung in fünf Stunden und fünfzehn Minuten erreichen. Zu diesem Zeitpunkt sind sie mit 0,36 LG unterwegs. Etwa eine Stunde darauf erreicht uns die nächste Flotte der Sternköpfe. Die drei neu eingetroffenen Schiffe sind mit 0,43 LG unterwegs. Diese fielen unter der Systemekliptik links von unserer Position aus dem Phasenraum. Bei gleichbleibender Geschwindigkeit werden sie uns in fünf Stunden und zehn Minuten erreichen. Zu diesem Zeitpunkt befinden wir uns noch für wenige Minuten innerhalb der Reichweite der parlidischen Phasenstörer.
Kurz nach unserer Havarie konnte ich eine letzte Salve Kiesel in Richtung des Systeminneren abfeuern. Von diesen erhalte ich überlichtschnell die notwendigen Daten auf dem unteren Phasenfunk-Band.«
»Ich verstehe. Gut gemacht.«
»Das ist nicht alles. Unser Interlink-Antrieb hat eine gefährliche Fehlfunktion.«
»Er funktioniert wieder?«
Task schüttelte den Kopf. »Also, funktionieren kann man das nicht nennen. Der Antrieb zieht kontinuierlich Energie aus dem Speicherring und versucht sich dann zu starten. Die Komponenten sind aber derart zerstört, dass der Vorgang nicht zum Abschluss kommt. Die Interlink-Blase baut sich teilweise auf, das Melnikow-Schild geht online, und Sekunden später bricht alles wieder zusammen. Das wird so lange gehen, bis jede Energie aufgebraucht ist oder einzelne Module versagen.«
»Wunderbar. Und warum stufen Sie diesen Vorgang als gefährlich ein?«
»Die Komponenten des Interlinks sind hochgradig instabil. Um es deutlich zu sagen: Bei jedem Startversuch könnte uns der Interlink-Kern um die Ohren fliegen. In diesem Fall bliebe nicht viel von der HYPERION übrig.«
Jayden blickte sich fahrig auf der chaotischen Kommandobrücke um. Lieutenant Vresno war erledigt. Nurakow hatte etliche Schrammen davongetragen, und der Alpha wirkte, als ginge er durch die Hölle. »Wir können es uns also aussuchen: Entweder die Parlidenschiffe zerlegen uns in Einzelteile, oder der Interlink geht irgendwann hoch.«
»Das fasst es treffend zusammen, Sir.« Task blickte zu ihm auf. »Wir können nichts tun, außer das Ende hinauszuzögern.«
Sollte er jetzt nicht Angst haben? Traurig sein? Irgendetwas fühlen? Gemessenen Schrittes ging Jayden zu Johnston. Dieser saß zusammengekauert an der Wand.
»Ihre Gebete werden erhört«, sagte er zu dem Executive Controller. »Das Algethi-System wird unser aller Grab.«
Der E.C. blickte mit aufgerissenen Augen zu ihm auf. Die Pupillen waren rot verfärbt.
Jayden fuhr zurück.
»Sterben! Sie müssen alle sterben!« Ein Speichelfaden lief aus Johnstons rechtem Mundwinkel.
»Was ist das?« Alpha 365 war neben ihn getreten.
In den Augen des Executive Controllers wimmelten schwarze Fäden im Rot der Pupille.
»Eine gute Frage«, erwiderte Jayden. »So etwas habe ich noch nie gesehen.«
Die wurmartigen Dinger krümmten sich, bildeten ein wirres Knäuel. Für einige Augenblicke wurde das Rot der Pupille zu einem tiefen Schwarz. Kurz darauf verschwand es, und die Augen Johnstons wirkten wieder wie zuvor.
Alpha 365 legte den Kopf schief. »Ich habe einmal von so etwas gelesen.«
»Was ist es?«