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Der Prototyp steht kurz vor der Vollendung. Jake Fooley macht sich bereit, seinen Plan in die Tat umzusetzen, was das Ende für Terra bedeuten würde. Captain Belflair sieht in dem neuen Raumschiff jedoch eine Chance. Sie will es nutzen, um dem Mars-2-System zu entkommen. Unterdessen bereitet Freeman den letzten großen Schlag gegen den Blauen Planeten vor. Niemand ahnt, dass hinter ihm eine noch gefährlichere Macht steht, die aus dem Schatten heraus nach den Sternen greift. Dies ist der fünfte Roman der sechsteiligen Miniserie "Heliosphere 2265: Das Marsprojekt", die parallel zum dritten Zyklus der Mutterserie (Bände 25-36) spielt.
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Seitenzahl: 132
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Heliosphere 2265
- Das Marsprojekt -
Band 5
von Andreas Suchanek
Nach der Havarie der JAYDEN CROSS im September 2267 steht die Crew vor zahlreichen Herausforderungen. Die Mannschaft muss sowohl eine Verstrahlung des Maschinenraums verhindern, als auch Verletzte versorgen. Gleichzeitig stellt Captain Belflair überrascht fest, dass sie scheinbar in einer Kopie des Sol-Systems gelandet sind. Hier ist die Mars-Diktatur nie gestürzt worden. Freeman ist noch am Leben, Terra entvölkert, und ein gigantisches Schild umgibt das gesamte System.
Als wäre das nicht genug, erinnert die Kommandantin der JAYDEN CROSS sich wieder an eine Begegnung in ihrer Vergangenheit. Einst traf sie auf der Erde mit Yuna Ishida zusammen. Ein Kontakt, der ihr Leben für immer veränderte. Die mysteriöse japanische Frau scheint mehr über das Mars-2-System zu wissen.
Das Schiff wird von dem marsianischen Raumschiff TITAN entdeckt. Den folgenden Kampf kann die JAYDEN CROSS nur knapp für sich entscheiden. Sie flieht in den Kuipergürtel des Systems.
Bevor Kirby überlegen kann, wie es weitergeht, findet sie die Leiche eines Brückenoffiziers im Lift. Es wird klar, dass es einen Saboteur an Bord gibt, der mit Diktator Freeman zusammenarbeitet.
Sofort wird Agent Jake Fooley mit der Suche nach dem Mörder betraut. Niemand kann verhindern, dass zwei weitere Attacken erfolgen. Sowohl Sienna McCain als auch Kirby kommen nur knapp mit dem Leben davon. Am Ende entpuppt sich Jake Fooley selbst als der Verantwortliche. Er nimmt Kirby gefangen und flieht mit ihr als Geisel auf die Erde. Hier, am Nordpol, sucht er scheinbar etwas von großer Bedeutung. Bei seiner Flucht setzte er auf der JAYDEN CROSS ein Betäubungsgas frei. Das Raumschiff trudelt führerlos einem Trümmerteil im All entgegen.
Gleichzeitig befinden sich Commander Nymba, Fähnrich McAllister und Marines im menschenleeren Paris. Es stellt sich heraus, dass für die Entvölkerung von Terra Naniten verantwortlich sind, die im Erde-Mars-Krieg entwickelt und schließlich eingesetzt wurden. Zwar kann eine Attacke der dahinterstehenden K.I. vereitelt werden, doch am Ende lässt diese ganze Gebäude auf die Bunker niedergehen, in denen die überlebenden Terraner hausen. Gelingt der Durchbruch, bedeutet es das Ende allen Lebens auf Terra. Nymba, McAllister und Corporal Kowalczyk fliehen gemeinsam mit Sylv in eine der verlassenen Wissenschaftsstationen an die Oberfläche. Sie setzen alles auf eine Karte und infiltrieren die Festung mit dem Computerkern der entarteten Intelligenz. Es gelingt, die Algorithmen zu säubern. Fortan steht IAN auf der Seite der Menschheit. Die überlebenden Terraner können die Bunker verlassen und machen sich an den Wiederaufbau.
Auch die Crew der JAYDEN CROSS überlebte. Dank Außenminister Chang, der von dem Betäubungsgas nicht betroffen war, konnte die Crew einer Kollision entgehen. Um einem marsianischen Angreifer zu entkommen, bleibt jedoch nur eine Option: Das Raumschiff wird in die Atmosphäre gesteuert. Der Liberty Kreuzer findet sein Grab im ewigen Eis der Arktis, während die Crew mit den Rettungskapseln landet.
Am Nordpol liefert sich Kirby einen heftigen Kampf mit Jake Fooley. Dieser entpuppt sich als einer von sechs sogenannten Schicksalswächtern, die in begrenztem Maße den Verlauf der Geschichte alternieren können. Einzeln begrenzt auf wenige Minuten, doch im Verbund sind sie ungleich mächtiger. Auch Yuna Ishida ist eine von ihnen. Durch Yunas Manipulationen an Kirbys Vergangenheit führte alles hin zur Havarie der JAYDEN CROSS. Jake kann geschlagen werden und flieht mit einem Projektor zum Mars.
Am Ende überbringt Yuna Kirby jedoch eine schreckliche Nachricht. Durch die zahlreichen Veränderungen an ihrer Geschichte und den Kontakt zu alternierten Quantenzuständen wurde sie – genau wie Jayden Cross – zu einem Fixpunkt. Eines Tages in der Zukunft wird einer von ihnen beiden ausgelöscht. Es darf nur einen geben.
Die überlebende Crew kommt zusammen, um den Terranern beim Wiederaufbau zu helfen. Einsweilen sitzen sie auf der Terra-Kopie fest.
Monate vergehen.
In einer gemeinsamen Anstrengung kann die Crew der JAYDEN CROSS den Projektor in der Nordpolstation wieder mit Energie versorgen. Czem Özenir und Sienna McCain infiltrieren die marsiansiche Gesellschaft und stellen Kontakt zur 13. Dynastie her. Im Zuge der Ereignisse wird Captain Belflair mit einem bioneuralen Tattoo ausgestattet und kann einen Infiltrationsvirus von Jake Fooley aus der Erinnerungsbox der 13. Dynastie löschen.
Czem Özenir gelingt es, die Konstruktionsplattform mit dem Prototyp zu infiltrieren. Er wird dabei aber gefangen genommen und von Jake Fooley neuronal restrukturiert. Eine Tatsache, der er sich – im Gegensatz zur Rekonstruktion, die das Imperium einsetzt –bewusst ist. So empfindet er Zuneigung zu dem Menschen, den er am meisten hasst. Die innere Qual darüber droht ihn zu zerstören. Seine Willensstärke wird entscheiden, ob er dem verankerten Zwang widerstehen kann oder zu einer Gefahr für seine Freunde und Kameraden wird.
Zufrieden setzte Jake Fooley mit einem Daumenabdruck seine Signatur unter den Fortschrittsbericht. Der Prototyp war nahezu vollständig fertiggestellt.
Er legte das Pad ab und gönnte sich einen Moment der Ruhe. Hier, in seinem neuen Bereitschaftsraum an Bord des Prototyps, war er vor neugierigen Blicken und jedweder Überwachungstechnik geschützt, die ZENTRUM überall an Bord der Konstruktionsstation verbaut hatte. Während die übrigen Raumer der Mars-Diktatur eher martialisch-funktionell eingerichtet waren, hatte er bei der Konstruktion dieses Schiffes andere Standards angelegt.
Das Innere wirkte hell und freundlich, Weiß und leichte Pastelltöne herrschten vor. Die Wände bestanden vollständig aus Saphirglas, waren also genau genommen Touch-Oberflächen. So konnte mit einem Handabdruck jedes Kontrolldisplay überall erscheinen. Zusätzlich waren Holoemitter hinter jeder Wandfläche verbaut.
Dieses Raumschiff war das Modernste, was selbst das Solare Imperium aufzubieten hatte. Nicht umsonst hatte er jedes wichtige Aggregat mit Sicherungen versehen. Falls jemand versuchte, es zu öffnen, wurde das Innenleben von Säure zerfressen. Die Sicherungsschaltkreise basierten auf Atto-Skalierung, waren für Scanner auf dem jetzigen Stand der Technologie unsichtbar.
Er lächelte.
In einigen Wochen würde eine Abordnung von ZENTRUM zu einer Inspektion erwartet. Sie sollten das Schiff begutachten, die Namensgebung veranlassen und die Kommandooffiziere zuweisen. Alles loyale Untertanen des Diktators Freeman.
Das war natürlich absurd.
Die TIA hatte längst einen Namen, war nach der Frau benannt, an die er sein Herz verloren hatte. Jene Frau, die schon lange tot war, die er jedoch wiederbeleben würde. Alles, was er dafür benötigte, war die Kraft der übrigen Schicksalswächter, die hier im System in Stase ruhten. Das setzte allerdings voraus, dass er sie zuvor tötete. Eine Abordnung war völlig unnötig. Stattdessen hatte er andere Pläne.
Jake starrte sinnierend durch die transparente Wand auf den Mars. „Wir nähern uns dem Ende.“
Mars-2-System, Terra, afrikanischer Sektor, 02. August 2268, 08:11 Uhr
Die Sonne stieg weit entfernt über den Baumwipfeln empor. In der Luft lag der Geruch nach Erde, dem Laub von Bäumen und dem unverwechselbaren Odem der Savanne. Das Trompeten eines Elefanten erklang.
Commander Aliou Nymba lächelte. Das hier war seine Heimat. Mochte es sich auch nur um eine Kopie handeln, so war doch, in dem Augenblick, als der Projektor ihn hier abgesetzt hatte, eine Last von ihm abgefallen. Afrika. Der Schwarze Kontinent. Wunderschön in der Wahrhaftigkeit seiner Schätze, der Artenvielfalt. Er griff zu Boden, nahm eine Handvoll Sand auf und warf sie vor sich in die Luft. Die feinen Partikel wurden vom Wind bis weit in die Ferne getragen.
„Malerisch“, erklang eine Stimme.
Aliou zuckte zusammen. „Captain, ich habe Sie gar nicht ankommen hören.“
„Die Wolframsphäre hat mich ein wenig abseits abgeladen“, sagte sie. „Es lag mir fern, einen intimen Moment zu stören.“
Er betrachtete die ehemalige Kommandantin der JAYDEN CROSS. Kaum zu glauben, dass er erst vor etwas mehr als einem Jahr zu ihrem I.O. ernannt worden war. Damals hatte sich Admiralin Isa Jansen Sorgen gemacht, weil Kirby nur knapp ein psychisches Tief überstanden hatte. Sein Status war der eines Aufpassers gewesen. Oder er hätte es sein sollen.
Wenn die Havarie hier im Mars-2-System jedoch etwas zeigte, dann, dass die Kommandantin keinesfalls gebrechlicher Natur war. Sie schien von innen heraus zu strahlen. Ihr dunkelblondes Haar war zu dem charakteristischen Pferdeschwanz gebunden, sie wirkte ausgeruht und energiegeladen.
„Das haben Sie nicht“, sagte er. „Ich wollte nur die Gelegenheit nutzen, die alte Heimat zu besuchen. Wer weiß, wann wir das im echten Sol-System wieder können. Sjöberg macht es uns nicht leicht.“
Kirby lachte auf. „Ja, die wirkliche Welt. Das alles hier ist real, aber doch irgendwie auch wieder nicht. Letztlich ist es am Ende eine Kopie. Die letzten Tage habe ich einen Spaziergang durch das verlassene Paris gemacht. Man bekommt wahrlich eine Gänsehaut. Die Großstädte sind ausgestorben, heruntergekommen, von der Natur zurückerobert worden.“
„Ich dachte, Sie wollten erst mit Captain Cross wieder einen kleinen Spaziergang durch Paris machen.“
„Das stimmt. Wir haben es uns versprochen. Sobald Sjöberg einen Tritt in den Arsch verpasst bekommen hat, schlendern wir gemeinsam die Seine entlang. Aber wie Sie schon sagten“, sie grinste schelmisch, „das hier ist eine Kopie. Das zählt nicht.“
Nun war es Aliou, der lachte. Kurz darauf wurde er wieder ernst. „Wie geht es ihrem neuen Tattoo?“
Sofort richtete sich Kirbys Blick auf ihre Handinnenflächen, auf denen zwei Ornamente schwarz schimmerten. Mehr war von dem Wunderwerk der Technik nicht zu sehen, das ihren gesamten Körper durchzog. „Es ist wirklich verblüffend. Gestern habe ich mich geschnitten und konnte dabei zusehen, wie die Wunde verheilte. Nicht zu vergessen: das Wissen. Diese Datenbanken sind randvoll mit Informationen. Ein wenig beängstigend ist manchmal die Augmented-Reality-Erweiterung.“
Aliou betrachtete einen Herde Elefanten, die zu einer Oase trotteten und ihre Rüssel in das kühle Nasse hielten. „Was meinen Sie damit?“
„Nun, es ist eine Einblendung von Informationen in meiner Sicht oder Hologramme, die vor mir schweben, aber nur von mir gesehen werden können.“
„Ah“, er nickte. „Informationen, die auf die Innenseite ihres Sehnervs projiziert werden. Eine Erweiterung der Realität, aber nur für Sie. Ian McAllister hat einmal mit mir darüber philosophiert. Früher machte man so etwas mit einfachen Displays, durch die betrachtet Gegenstände im Raum erschienen oder echte Gegenstände erweitert wurden. Meist lösten Marker an bestimmten Stellen in einem Raum so etwas aus. Das Gerät erkannte und interpretierte sie, erzeugte algorithmisch Hologramme und legte sie auf dem Monitor über die Wirklichkeit.“
„Nur, dass das Ganze nun in meinem Kopf abläuft“, bestätigte Kirby. „Stellenweise ganz praktisch. Sehen Sie.“ Sie deutete auf die Elefanten. „Sie sehen nur die Tiere. Aktiviere ich aber mein Hilfsprogramm, blendet es automatisch die genaue Rasse und alle verfügbaren Informationen ein. Das ist manchmal etwas viel.“
„Sie wurden mit einem mächtigen Instrument ausgestattet. Es wird dauern, bis Sie damit zurechtkommen.“
Kirby rieb sich die Schläfen. „Absolut. Aber genug von mir. In den letzten Tagen habe ich viel mit Sylv und dem Regierungsrat konferiert. Neu Berlin wächst und gedeiht, fast alle Menschen, die damals in die Kryostase geflüchtet sind, wurden wiedererweckt. Dank IANs Aufbauhilfe geht alles reibungslos vonstatten.“
„Es wird auch langsam Zeit. Vermutlich wird man uns in der Heimat für tot halten.“
Kirby zuckte unschuldig mit den Achseln. „Ach, es gab schon andere Raumschiffcaptains, die von den Toten auferstanden sind. Wer weiß, vielleicht wurde bereits ein Restaurant nach uns benannt.“
Aliou seufzte lächelnd. „Das ist mit Ihnen beiden mittlerweile wirklich ein Wettstreit, oder?“
Kirby hob ihre Hände. „Nicht doch. Na ja, vielleicht ein wenig. Aber mit einem bioneuralen Tattoo kann Jayden sicher nicht mithalten.“ Sie wurde wieder ernst. „Aber Spaß beiseite, das ist kein Spiel. Ich habe auch genug. Aus diesem Grund habe ich mit dem Regierungsrat eine Vereinbarung getroffen.“
„Worum genau geht es?“
„Ein Raumschiff.“ Sie wandte sich um. „Gehen wir ein Stück.“
*
(Vor fünf Jahren)
Die Wucht des Aufpralls riss Petro von den Füßen. Rückwärts knallte er auf die Deckplatten, während seine E-Folien überall um ihn herum herabregneten. Ausgerechnet sein Pad hatte sich jedoch einen gänzlich falschen Landungsplatz ausgesucht. Das „Au“, das kurz darauf ertönte, ließ in seiner Eindeutigkeit keinen Interpretationsspielraum.
Vorsichtig kam er in die Höhe.
Und erstarrte.
Ihm gegenüber saß Admiralin Isa Jansen. Die blonde Frau betastete die Platzwunde auf ihrer Stirn, aus der ein unaufhörlicher Blutstrom rann. Neben ihr lag sein Pad.
Petro starrte sie mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen an. Fort war der Stolz, dass er als einziger Bewerber aus dem portugiesischen Sektor der Sol-Akademie der Navy zugeteilt worden war. Jährlich rissen sich alle neuen Bewerber darum, hier ihre Ausbildung starten zu dürfen. Aussuchen konnte man es sich allerdings nicht. Nur die Besten wurden zugelassen. Die anderen erhielten Plätze in entfernt gelegenen Sonnensystemen. Vor lauter Stolz hatte er sein Shuttle verpasst, hatte das nächste nehmen müssen und war nun auf dem Weg durch das weitverzweigte unterirdische Netz der Akademie auf dem Merkur gerannt. Die Antrittsansprache sollte dieses Jahr nämlich von niemand anderem gehalten werden als Admiralin Isa Jansen.
Besagte Admiralin, die nun vor ihm saß und blutete.
„Ich …“ Seine Stimme versagte.
In dem Augenblick fuhr eines der Panzerschotten in die Wand. Dahinter lag ein weitläufiger Raum. Petro erhaschte einen Blick auf dicht besetzte Stuhlreihen. Dann erfasste ihn der taxierende Fokus eines Commodore und ließ ihn auf die Größe einer Mikrobe schrumpfen.
„Das hier ist hoffentlich nicht das, wonach es aussieht“, sagte der grimmig dreinblickende Mann mit dem Bürstenhaarschnitt.
„Wären Sie so freundlich, mir aufzuhelfen, Commodore Eisenmann“, kam es von Jansen.
„Natürlich, Ma’am.“
Auch Petro rappelte sich auf. „Es tut mir leid“, stieß er hervor. „Ich wollte nicht …“
„Ruhe, Kadett!“, brüllte der Offizier.
Petro nahm sofort Haltung an.
„Sie …“
„Es war meine Schuld“, unterbrach Admiralin Jansen den Commodore. „Sammeln Sie Ihre Sachen ein und dann ab in die Halle, Kadett. Sonst verpassen Sie noch meine Ansprache.“
Petro errötete. Mit der Geschwindigkeit eines Raumschiffs im Phasenflug klaubte er seine E-Folien auf, nahm das Pad entgegen – an dem noch das Blut von Admiralin Jansen klebte – und hastete in die Halle.
An grinsenden Gesichtern und tuschelnden Kommilitonen vorbeieilend suchte er sich seinen Platz. Der Blick Commodore Eisenmanns – um den sich etliche ungute Geschichten rankten – brannte in seinem Rücken. Petro sank in den Sitz und versuchte zu schrumpfen. Leider erfolglos.
„Großer Auftritt, Hänfling“, kam es von rechts.
Er blickte auf. Ein Kadett mit kurzem roten Haar und bleicher Haut betrachtete ihn höhnisch. Sommersprossen bedeckten sein Gesicht. Er hatte die Figur eines Footballspielers und vermutlich eine ähnliche Intelligenz. „Ian McAllister“, sagte das Alpha-Tierchen in spe. „Du machst es keine Woche.“
„Du auch nicht, fürchte ich“, kam es von einer schlanken Kadettin, deren schwarzes Haar ihr bis zu den Hüften fiel. „Du rennst vielleicht keinen Admiral um, aber ich wette, du verwechselst die Schleusen und fliegst ins All.“
Grimmige Blicke wurden getauscht.
Warum wollte ich noch mal zur Navy?,überlegte Petro. Der Gedanke zerstob, als Isa Jansen das Rednerpodest betrat. Auf ihrer Stirn klaffte ein Riss, der nur langsam verblasste. Er war lange genug sichtbar, dass jeder im Raum ihn sehen konnte.
Petro schloss die Augen.
*
(Gegenwart)
Die Wolframsphäre zerbröselte. Winzige Partikel schwebten davon, verteilten sich im luftleeren Raum über der Mondoberfläche.
Kirby blickte umher. In der Ferne ragte die zerstörte Atmosphärenkuppel hervor, die für die Siedler damals errichtet und im Erde-Mars-Krieg durch Freemans Flotte vernichtet worden war. Streben aus molekular verdichtetem Stahl wirkten wie skelettierte Finger, die sich zu den Sternen emporreckten. Weit über ihnen trieben noch immer die Trümmer leichter Verteidigungseinheiten im Orbit.
„Traurig“, erklang Lieutenant Commander Sienna McCains Stimme aus den Helmlautsprechern des Skinsuit.„Ich bin froh, dass es bei uns anders ausgegangen ist und der Mars besiegt werden konnte.“
Kirby nickte, besann sich dann aber darauf, dass die Geste von außen nur schwer zu erkennen war. „Sie haben recht. Allerdings frage ich mich, welches Schicksal schlimmer war. Hier innerhalb weniger Minuten durch einschlagende Torpedos und Laser zu sterben – oder auf der Erde mittels Naniten zerlegt zu werden.“
„Ich bevorzuge keines von beiden“, sagte McCain trocken. Die australische Waffenspezialistin gehörte nicht zu den Personen, die bei zwei gegebenen schlechten Karten eine auswählte. Sie griff sich einfach eine neue oder machte sie kurzerhand selbst.
Gemeinsam stapften sie über die lunare Oberfläche. Während der Trabant im echten Sol-System längst terraformiert war und ohne Atmosphärenkuppel auskam, war das hier anders.