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Es schmerzt, wenn du einen Menschen in deinem Herzen hast, aber nicht in deinen Armen. Nach 15 Jahren steht Lea plötzlich ihrem Ex-Freund Alex gegenüber. Alles ist sofort wieder da: die gewaltige Anziehungskraft, die Magie, die Sinnlichkeit. Alex ist der Mann, mit dem sie die heißesten Nächte ihres Lebens verbracht hat. Doch jetzt ist Lea längst mit Ben verheiratet, den sie von Herzen liebt. Trotzdem hat sie Alex niemals vergessen. Dazu war es mit ihm zu heftig, zu wild, zu leidenschaftlich. Es war einzigartig. Nie wieder hat sie diese grenzenlose Ekstase mit einem anderen Mann erlebt. Doch das ist ihr streng gehütetes Geheimnis. Das Wiedersehen wirft Lea völlig aus der Bahn und stellt ihr ganzes Leben auf den Kopf. War es ein Fehler, Alex damals zu verlassen? Oder war es die einzig richtige Entscheidung nach allem, was er ihr angetan hat? Sind ihre Gefühle nur Erinnerungen aus einer vergangenen Zeit? Oder ist Alex immer noch ihre große Liebe? In einem Strudel aus Leidenschaft und Verwirrung muss Lea sich ihren tiefsten Gefühlen stellen und herausfinden, was ihr Herz wirklich will. Wird sie den Mut finden, der Wahrheit ins Auge zu sehen und eine Entscheidung für ihre Zukunft zu treffen?
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Epilog
Impressum
Originalausgabe Oktober 2024 Herzenswellen – Zurück zu dir © Tina Keller, Berlin, Deutschland, 2024
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder andere Verwertung nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Cover Gestaltung: Nancy Salchow
unter Verwendung der Grafiken:#689651818 © Nattadesh, #774226880 © Frantisek
Alle Grafiken unter Standard-Lizenz erworben bei Adobe Stock: https://stock.adobe.com/
Tina Keller
c/o Internet Marketing
und Publikations-Service
Frank W. Werneburg
Philipp-Kühner-Str. 2
99817 Eisenach
Tina Keller
Herzenswellen
Zurück zu dir
Liebesroman
Es schmerzt, wenn du einen Menschen in deinem Herzen hast, aber nicht in deinen Armen.
Nach 15 Jahren steht Lea plötzlich ihrem Ex-Freund Alex gegenüber. Alles ist sofort wieder da: die gewaltige Anziehungskraft, die Magie, die Sinnlichkeit. Alex ist der Mann, mit dem sie die heißesten Nächte ihres Lebens verbracht hat.
Doch jetzt ist Lea längst mit Ben verheiratet, den sie von Herzen liebt. Trotzdem hat sie Alex niemals vergessen. Dazu war es mit ihm zu heftig, zu wild, zu leidenschaftlich. Es war einzigartig. Nie wieder hat sie diese grenzenlose Ekstase mit einem anderen Mann erlebt. Doch das ist ihr streng gehütetes Geheimnis.
Das Wiedersehen wirft Lea völlig aus der Bahn und stellt ihr ganzes Leben auf den Kopf. War es ein Fehler, Alex damals zu verlassen? Oder war es die einzig richtige Entscheidung nach allem, was er ihr angetan hat? Sind ihre Gefühle nur Erinnerungen aus einer vergangenen Zeit? Oder ist Alex immer noch ihre große Liebe?
In einem Strudel aus Leidenschaft und Verwirrung muss Lea sich ihren tiefsten Gefühlen stellen und herausfinden, was ihr Herz wirklich will. Wird sie den Mut finden, der Wahrheit ins Auge zu sehen und eine Entscheidung für ihre Zukunft zu treffen?
Schon wieder derselbe Traum. Zum dritten Mal in dieser Woche. Das macht mich langsam wirklich fertig. Bisher hatte ich diesen Traum vielleicht ein- oder zweimal im Jahr. Und jetzt plötzlich so oft? Hat das irgendetwas zu bedeuten? Will mir mein Unterbewusstsein etwas damit sagen? Oder sind Träume einfach nur Schäume?
Jedenfalls wühlt mich dieser Traum jedes Mal total auf und verfolgt mich noch stundenlang. Weil es eben nicht einfach nur ein Traum ist. Ich habe ihn wahnsinnig intensiv gespürt und es hat sich verdammt real angefühlt. So, als hätten wir gerade eine unfassbar heiße Nacht miteinander verbracht.
Haben wir ja auch. Viele solcher Nächte, eine aufregender als die andere. Aber das ist mehr als 15 Jahre her. Wie kann sich mein Unterbewusstsein überhaupt noch daran erinnern? Vor allem: Warum? Es soll mich endlich damit in Ruhe lassen! Diese Nächte sind Vergangenheit. Ich werde sie nie wieder erleben. Und ich will erst gar nicht darüber nachdenken, dass mir das tief im Innern verdammt wehtut.
Auch die besten Zeiten im Leben sind schließlich irgendwann vorbei. Und damit muss man klarkommen.
Aber ich komme damit nicht klar. Jedenfalls nicht heute nach diesem intensiven Traum. Ich liege im Bett neben Ben und lausche seinem ruhigen Atem. Mein Mann Ben, mit dem ich seit 12 Jahren zusammen bin und den ich sogar geheiratet habe.
Doch meine Gedanken sind weit weg, gefangen in einer Zeit, die längst vergangen ist. Ich schließe die Augen und lasse die Erinnerungen an Alex zu.
In meiner Fantasie bin ich wieder bei ihm. Wir sind in seiner kleinen Wohnung, die eher ein Wohnklo war, denn das Bad war das größte Zimmer in dieser schäbigen Bude. Aber das tat unserer Stimmung keinen Abbruch, denn wir befanden uns sowieso im Paradies, wenn wir zusammen waren.
Das Licht war gedimmt, die Luft erfüllt von einem Hauch Parfüm und der leisen Melodie eines alten Jazzstücks. Alex liebte Jazz, ich habe ihn gehasst. Aber natürlich habe ich das nervtötende Gedudel ertragen, so lange ich nur bei ihm sein konnte. Von mir aus hätte er sogar Blasmusik auflegen können. Hauptsache, ich war ganz nah bei ihm. Alles andere war mir egal.
Seine Augen funkeln im Halbdunkel, und ein sinnliches Lächeln umspielt seine Lippen. Es ist, als hätte die Zeit nie etwas verändert.
Seine Berührungen sind vertraut, seine Hände wissen genau, wohin sie gehen müssen, um mich zum Zittern zu bringen. Ich spüre seine Finger auf meiner Haut, die langsam über meine Arme und meinen Rücken gleiten, und ein wohliger Schauer durchfährt mich. Jede Berührung, jeder Kuss ist wie ein elektrischer Schlag, ein Feuerwerk der Sinne, das mich vollständig einnimmt.
Wir liegen auf dem Bett, und ich verliere mich in ihm. Seine Lippen wandern meinen Hals hinab und hinterlassen eine Spur aus brennendem Verlangen. Es ist so intensiv und überwältigend, dass ich alles um mich herum vergesse. Die Welt schrumpft zusammen und existiert nur noch in diesem Raum, in diesem Augenblick. Es gibt nur noch uns beide, für immer und ewig.
Ich spüre seinen Herzschlag unter meinen Fingerspitzen und fühle die Hitze seines Körpers an meinem. Alles in mir sehnt sich nach mehr. Wir verschmelzen miteinander, lösen uns völlig im anderen auf. Jeder Kuss und jede Bewegung ist eine Symphonie der Leidenschaft. Es gibt keine Worte; nur das unausgesprochene Verstehen zwischen uns, das Feuer, das nie erloschen ist. Es hat uns für immer zusammen geschweißt. Er und ich, für alle Zeiten.
Ich kehre ins Hier und Jetzt zurück. Bens Arm liegt auf meiner Hüfte, und die Realität drängt sich unbarmherzig in mein Bewusstsein. Mein Herz schlägt wie wild. Ich brauche einen Moment, um mich zu orientieren und vollends aus meiner Fantasie aufzutauchen. Doch die Gefühle bleiben. Diese brennende Sehnsucht, die ich nie ganz loswerden konnte.
Ich betrachte Ben im sanften Licht des Mondes, das durch die Gardinen fällt. Er sieht friedlich aus, vertraut und sicher. Und ich liebe ihn. Das weiß ich. Aber diese Träume, die Erinnerungen an Alex, lassen mich nicht los. Sie verfolgen mich und tauchen immer wieder auf. Ich frage mich, ob das jemals aufhören wird.
Es ist ein geheimer Teil von mir, den ich tief in meinem Innersten bewahre. Eine Seite, die nur Alex kennt und die ich mit niemandem sonst geteilt habe. Diese Nächte mit ihm waren anders als alles, was ich bis dahin erlebt hatte. Und auch anders als alles, was ich danach erlebt habe. Sie waren viel wilder und viel intensiver als mit anderen Männern; so, als würde jede Faser meines Seins in Flammen stehen. Und obwohl es schon so lange her ist, spüre ich diese Glut noch immer, wenn ich an ihn denke. Und das tue ich ehrlich gesagt in der letzten Zeit viel zu oft.
Ich atme tief ein und aus und versuche, mich zu beruhigen. Doch ich weiß, dass die Träume wieder kommen werden. Immer wieder. Denn es gibt Dinge, die man einfach nicht vergessen kann. Egal, wie sehr man es auch versucht.
Und vielleicht will ich sie auch gar nicht vergessen. Weil ich genau weiß, wie kostbar sie sind und dass ich so etwas Schönes nie wieder erleben werde. Ich könnte verzweifeln, wenn ich mir das klarmache. So etwas Wunderschönes soll für immer vorbei sein? Dieser Eintritt ins Paradies soll mir für alle Zeiten verwehrt werden?
Neben mir schläft Ben friedlich und kuschelt sich jetzt an mich. Sein Gesicht wirkt im weichen Mondlicht unschuldig und vertrauensvoll. Ein Knoten aus Schuldgefühlen schnürt mir die Kehle zu, doch ich kann die Bilder in meinem Kopf nicht stoppen. Sie kommen ungefragt, durchbrechen die Barrieren, die ich mühsam errichtet habe.
Ich denke an Alex. Die Art, wie er mich berührt hat, wie seine Hände auf meiner Haut wie Feuer waren. Seine Küsse, fordernd und voller Verlangen, die mich atemlos und hungrig zurückließen. Ich erinnere mich an die wilden Nächte, in denen wir uns in leidenschaftlicher Ekstase verloren haben, als wäre die Welt um uns herum nicht existent.
Mein Herz schlägt schneller, und ich spüre, wie mir heiß wird bei der Erinnerung an seine Berührungen und seine Nähe. Wie kann sich etwas Verbotenes auch heute noch so richtig anfühlen? Die Vorstellung von Alex neben mir, seine Hände auf meinem Körper, seine Lippen an meinem Hals, lässt mein Innerstes beben. Es ist ein Verlangen, das nie verschwunden ist; ein Feuer, das unter der Oberfläche weiter glimmt.
Ich schmiege mich fest an Ben. Der Mann, den ich liebe, der immer für mich da ist, der mich unterstützt und versteht. Sein leises Schnarchen ist ein beruhigender Klang, ein Zeichen von Normalität und Sicherheit. Ich will ihn nicht verletzen. Und doch weiß ich, dass meine Gedanken an Alex ein Verrat sind; auch, wenn sie nur in meinem Kopf existieren.
Ich versuche, die Erinnerungen an Alex zu verbannen, aber sie sind hartnäckig. Die Schuld nagt an mir wie ein unbarmherziger Parasit. Wie kann ich neben Ben liegen und von einem anderen Mann träumen? Von einem Mann, dessen Leidenschaft und Wildheit mich in eine andere Welt entführt haben?
Ich blicke auf Bens entspanntes Gesicht und fühle eine Welle der Zärtlichkeit in mir aufsteigen. Er ist mein Fels, mein sicherer Hafen in einem stürmischen Meer. Und doch... die Sehnsucht nach Alex und nach all dem, was wir einst hatten, bleibt bestehen, wie eine unauslöschliche Narbe auf meiner Seele.
Ich versuche, mich zu beruhigen, atme tief ein und aus, konzentriere mich auf das Hier und Jetzt. Ich erinnere mich daran, dass ich eine Entscheidung getroffen habe, dass ich mich für ein Leben mit Ben entschieden habe. Ein Leben, das stabil und sicher ist, wenn auch manchmal vorhersehbar und ruhig im Vergleich zu dem wilden Sturm, der Alex war.
Mit jedem Atemzug zwinge ich die Bilder von Alex weiter weg, zurück in die Tiefen meines Unterbewusstseins. Ich kann die Vergangenheit nicht ändern, aber ich kann entscheiden, wie ich meine Gegenwart und Zukunft gestalte.
Ich strecke meine Hand aus und berühre sanft Bens Schulter, als wolle ich mir selbst versichern, dass er wirklich hier ist und dass ich mich richtig entschieden habe.
Ben murmelt etwas im Schlaf und dreht sich zu mir. Seine Hand findet meine unter der Decke. Ich drücke sie leicht und spüre die Vertrautheit und Geborgenheit, die von ihm ausgeht. Die Schuldgefühle verblassen ein wenig, aber die Erinnerungen bleiben. Ich weiß, dass ich einen Weg finden muss, damit umzugehen, ohne Ben zu verlieren – und vor allem, ohne mich selbst zu verlieren.
Während ich neben Ben liege, fest entschlossen, die Dunkelheit der Nacht zu durchstehen, weiß ich, dass die Herausforderung darin besteht, eine Balance zu finden. Zwischen dem, was war, und dem, was ist. Zwischen der wilden Leidenschaft der Vergangenheit und der sanften Liebe der Gegenwart. Und obwohl die Schatten der Vergangenheit manchmal länger sind, als mir lieb ist, hoffe ich, dass das Licht der Gegenwart stark genug ist, um sie zu vertreiben.
Endlich Urlaub!“ Ben zwinkert mir zu und legt den Arm um mich. „Den haben wir echt nötig. Ich bin total überarbeitet und brauche dringend ein paar Tage am Meer. Wir müssen uns unbedingt erholen.“
„Das finde ich auch“, stimme ich ihm zu und merke, wie erschöpft ich bin.
Es war einfach zu viel in den letzten Monaten. Ben ist Anwalt und verbringt jeden Tag mindestens zehn Stunden im Büro. Nachdem seine Kanzlei an einem riesigen Projekt beteiligt war, habe ich ihn kaum noch gesehen, nicht mal am Wochenende. Er hat praktisch im Büro gewohnt, und aus den zehn Stunden Arbeitszeit wurden zwölf und mehr.
Auch bei mir war es stressig. Ich arbeite als Lektorin in einem Verlag, was mir großen Spaß macht. Doch dann fiel eine Kollegin monatelang wegen Krankheit aus und eine andere wurde schwanger. Ganz selbstverständlich wurde vorausgesetzt, dass ich einen Großteil ihrer Arbeit übernahm. Das brachte mich an meine Grenzen. Wie Ben war ich jeden Tag sehr lange im Einsatz, oft auch am Wochenende. Immerhin konnte ich im Gegensatz zu ihm von zu Hause aus arbeiten. Das machte es etwas leichter.
Dort war allerdings auch genug zu tun. Im Badezimmer hatten wir einen Wasserschaden, der beseitigt werden musste. Das bedeutete, dass wir wochenlang nicht duschen konnten. Ben hatte den Vorteil, dass sich in seiner Kanzlei ein Badezimmer befand. Ich hingegen musste jeden Tag zum nächstgelegenen Schwimmbad fahren, was ziemlich nervig war.
Unsere Nachbarn in unserer Doppelhaushälfte renovierten umfangreich ihr Haus, so dass ich mich über stundenlanges Hämmern und Bohren freuen konnte, während ich mich in meine Manuskripte vertiefte. Auch das trug nicht gerade zu meiner Freude und Entspannung bei.
Am schlimmsten aber war, dass unser über alles geliebter Hund Balou krank wurde und wir wochenlang um sein Leben kämpfen, bis wir schließlich aufgeben mussten. Mit diesem schmerzlichen Verlust kam ich überhaupt nicht klar. Balou hat uns elf Jahre unseres Lebens begleitet und war für mich wie ein Kind. Es gibt keinen Tag, an dem ich ihn nicht zutiefst vermisse und mir das Herz wehtut vor Trauer und Schmerz.
Und dann diese bescheuerten Träume, die ich überhaupt nicht gebrauchen kann. Immer öfter, immer intensiver. Ich werde noch verrückt!
„Wir machen uns ein paar schöne Tage“, verspricht Ben und lächelt mich aufmunternd an. „Ausschlafen, gut essen gehen, Strandspaziergänge und viel Ruhe. Keine Arbeit, kein Hämmern, kein Haushalt. Nur wir beide und das Meer.“
„Hört sich gut an“, finde ich.
Es klingt wirklich gut. Urlaub am Meer ist immer eine hervorragende Idee. Diese unendliche Weite, das Rauschen des Meeres, die Schreie der Möwen, Sand zwischen den Zehen und Ostseewind in den Haaren – was kann es Schöneres geben? Ich freue mich wahnsinnig auf diese drei Wochen.
Natürlich werde ich die Trauer um Balou überallhin mitnehmen. Wie könnte ich meinen geliebten Schatz jemals vergessen? Aber immerhin muss ich nicht arbeiten und mich um den Haushalt kümmern.
Ein weiterer Vorteil ist, dass ich meinen Mann überhaupt mal wieder zu Gesicht bekomme. Wie oft habe ich abends im Bett gelegen und geschlafen, wenn er endlich nach Hause gekommen ist. In den letzten Monaten haben wir uns so gut wie gar nicht gesehen. Oft hat er gescherzt, ich hätte ja immerhin Fotos von ihm, die ich mir während seiner Abwesenheit ansehen könnte.
Aber ich fand es nicht besonders lustig, dass wir kaum noch Zeit miteinander verbrachten. Der Sonntag war der einzige Tag in der Woche, an dem Ben überhaupt zu Hause war – und da schlief er den ganzen Tag, weil er völlig kaputt war. Das ist einfach kein Dauerzustand und wir müssen uns wirklich mal überlegen, was wir ändern können. So geht es jedenfalls nicht mehr weiter.
♣♣♣
Ben und ich sitzen im Auto. Die Straßen vor uns ziehen sich wie ein endloses Band durch die sanfte Hügellandschaft. Die Sonne steht hoch am Himmel, und das Licht tanzt durch die Bäume, die den Weg säumen. Die Stille zwischen uns ist ein vertrautes Schweigen, das keiner Worte bedarf. Trotzdem denke ich daran, dass wir früher unentwegt miteinander geredet haben, wenn wir in den Urlaub gefahren sind. Offenbar haben wir uns schon alles gesagt – oder es gibt einfach nichts mehr zu erzählen. Wir erleben ja auch gar nichts mehr. Worüber sollten wir also reden?
Die frische Brise, die durch das geöffnete Fenster hereinströmt, bringt den Duft von Meer und Salz mit sich. Ich spüre, wie die Vorfreude in mir wächst. Ich hoffe so sehr, dass ich am Meer auftanke und neue Kraft schöpfe. Dass meine Lebensgeister zurückkehren und ich endlich wieder ich selbst bin. Manchmal habe ich den Eindruck, ich habe mich komplett verloren und bin gar nicht mehr der Mensch, der ich früher einmal war und der ich sein möchte. Ich schaue in den Spiegel und suche das lachende, fröhliche Mädchen mit den funkelnden Augen und der Lebensfreude im Gesicht. Aber da steht nur eine Frau, die den Glanz in ihren Augen verloren hat. Und den möchte ich unbedingt wieder finden.
♣♣♣
Wir lassen die letzten Häuser der Stadt hinter uns und tauchen ein in die weite Landschaft, die immer mehr vom Meer geprägt ist. Die Straßen werden enger und schlängeln sich durch kleine Dörfer. Schließlich sehen wir die ersten Anzeichen des Ortes, und ein warmes Gefühl der Vertrautheit breitet sich in mir aus. Seit wir uns kennen, fahren wir mindestens einmal im Jahr hierher und es ist so etwas wie unser zweites Zuhause.
Als wir in Sandhafen ankommen, empfängt uns der Anblick der Ostsee in ihrer ganzen Pracht. Das Wasser glitzert unter der Sonne, und die sanften Wellen rollen an den weißen Sandstrand. Wie immer haben wir ein Ferienhaus in unserem geliebten Dünenpark gemietet. Es steht etwas abseits, umgeben von einem kleinen Wäldchen, das uns von den anderen Ferienhäusern trennt.
Das Haus ist eine idyllische Mischung aus rustikalem Charme und modernem Komfort. Die Fassade ist aus Holz, gestrichen in einem warmen, einladenden Weiß, das perfekt zu den blauen Fensterläden passt. Eine große Veranda mit Stühlen und einem Holztisch lädt zum Verweilen ein. Ich kann es kaum erwarten, das erste Frühstück mit Meerblick zu genießen. Oder abends entspannt dort zu sitzen und einfach nur auf das Wasser zu schauen. Das hat mich immer beruhigt und ich hoffe, das wird auch diesmal so sein. Ich bin so nervös und überreizt, dass ich dringend Ruhe benötige.
„Endlich wieder zu Hause“, seufze ich glücklich und atme die frische, klare Meeresluft ein.
Ben strahlt mich an.
„Es fühlt sich wirklich an, als würden wir nach Hause kommen“, bestätigt er. „Ich bin gespannt, ob es von innen genauso schön aussieht wie auf den Bildern.“
„Mit Sicherheit“, erwidere ich. „Bis jetzt sind wir noch nie enttäuscht worden. Eigentlich war es sogar immer noch schöner als auf den Bildern.“
Wir buchen jedes Mal ein anderes Ferienhaus. Da es über hundert davon gibt, sind wir noch lange nicht durch und freuen uns jedes Mal auf etwas Neues. Ben öffnet die Tür und wir betreten das Innere des Hauses. Ein gemütliches Wohnzimmer mit einem großen Sofa, zwei Sesseln, einem Glastisch, einem Kamin und Regalen voller Bücher empfängt uns. Es ist wunderschön und behaglich, und ich freue mich riesig, dass wir die nächsten drei Wochen hier verbringen werden.
Die helle Küche ist modern ausgestattet, aber mit einem Hauch von Vintage-Charme, den ich besonders mag. Das Esszimmer bietet einen herrlichen Blick auf den Garten, der sich hinter dem Haus erstreckt.
Oben finden wir zwei Schlafzimmer mit jeweils einem breiten Boxspringbett. Da Ben schnarcht, ist es für einen erholsamen Schlaf unabdinglich, dass einer von uns ausweichen kann. So handhaben wir es auch zu Hause.
Die Zimmer haben große Fenster, die das Licht hereinlassen und einen atemberaubenden Blick auf das Meer bieten. Die Betten wirken mit den weichen Decken und Kissen ungemein einladend. Am liebsten würde ich mich sofort hineinkuscheln.
„Hier kann man es sich richtig gut gehen lassen“, sage ich und lasse mich auf das Bett fallen, das sanft unter mir nachgibt. Die Matratze ist einfach perfekt.
Tatsächlich ist das ein Manko bei vielen Unterkünften: Die Betten sind oft viel zu hart und überhaupt nicht bequem. Darum haben wir uns diesmal ein Ferienhaus mit Boxspringbetten ausgesucht. Und es hat sich gelohnt. Ich werde darin schlafen wie ein Baby.
Naja, mehr als schlafen wird in den Betten sowieso nicht stattfinden. Warum sollte es hier anders sein als zu Hause?
Etwas wehmütig blicke ich aus dem Fenster. Das wäre mir mit Alex niemals passiert. Ich hätte niemals mit ihm in einem Bett gelegen und nur geschlafen. Das ging gar nicht. Sobald er sich in meiner Nähe befand, konnte ich mich kaum noch beherrschen. Da wäre uns wirklich so vieles eingefallen, was man in einem Bett hätte anstellen können.
Aber wie gesagt: Diese Zeiten sind unwiederbringlich vorbei.
Wenn auch nicht in meinem Herzen. Da sind sie immer noch viel zu lebendig.
Wir packen unsere Koffer aus und räumen unsere Sachen ein. Dann beschließen wir, an den Strand zu gehen, obwohl wir eigentlich Hunger haben. Aber jedes Mal, wenn ich hier ankomme, muss ich zuerst an den Strand laufen und meine Zehen ins Wasser tauchen. Das ist ein festes Ritual. Und auch diesmal will ich nicht davon abweichen.
Der Sand unter meinen Füßen ist warm und weich. Es ist ein sanfter Kontrast zur kühlen Brise, die vom Wasser herüberweht. Die Luft ist erfüllt vom salzigen Duft des Meeres.