Herzklopfen und Meeresrauschen - Tina Keller - E-Book
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Herzklopfen und Meeresrauschen E-Book

Tina Keller

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Beschreibung

Nele ist fassungslos: Ein ganzes Jahr lang hat Felix, ihr heimlicher Liebhaber, ihr versprochen, sich von seiner Frau zu trennen. Doch nun muss sie im Fernsehen mitansehen, wie Felix und seine Frau gemeinsam ein heruntergekommenes Hausboot renovieren. Betrogen und belogen beschließt Nele, diesen Mann für immer aus ihrem Leben zu verbannen. Um den Kopf freizubekommen, sucht sie Zuflucht bei ihrer Tante Nina an der malerischen Ostseeküste, wo das sanfte Meeresrauschen und die frische Brise ihr helfen sollen, die Wunden zu heilen. Ruhe ist alles, was Nele jetzt braucht, doch das Schicksal hat andere Pläne. Kaum hat sie sich ein wenig eingelebt, stehen unerwartet Felix und ihr Ex-Freund Fabian vor der Tür. Beide behaupten, sie hätten sich geändert und wollen Nele zurück. Als wäre das nicht genug der Verwirrung, trifft Nele auf Roman – charmant, geheimnisvoll und unwiderstehlich. Er weckt Gefühle in ihr, die sie längst vergessen glaubte. Plötzlich findet sich Nele in einem emotionalen Wirrwarr wieder, das ihr Herz auf die Probe stellt. Drei Männer buhlen um ihre Gunst – doch wer ist der Richtige?

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Zwei Jahre später

Impressum

Tina Keller

Herzklopfen

und Meeresrauschen

Humorvoller Liebesroman

 

Nele ist am Boden zerstört: Ihr Lover Felix hat ihr ein Jahr lang versprochen, sich von seiner Frau zu trennen - und nun darf sie live im Fernsehen dabei zusehen, wie die beiden gemeinsam ein marodes Hausboot sanieren. Was für ein mieser Verräter! Sie will diesen Mistkerl nie mehr wiedersehen.

Kurzentschlossen fährt Nele zu ihrer Tante Nina an die Ostsee, wo diese eine Pension besitzt. Sie muss einfach Abstand bekommen und wieder zu sich finden. Dazu braucht sie vor allem eins: Ruhe. Mit der Ruhe wird es allerdings schwierig, denn wenige Tage später tauchen zuerst Felix und danach Neles Ex-Freund Fabian auf, die beide beteuern, sich geändert zu haben. Nele ist völlig überfordert. Und dann ist da noch der charismatische Roman, von dem Nele sich sofort angezogen fühlt.

So nimmt das Gefühlschaos unaufhaltsam seinen Lauf. Drei Männer sind eindeutig zwei zu viel – aber welcher ist denn nun der Richtige für Nele?

Kapitel 1

Lächelnd nicke ich mir im Spiegel zu. Heute Abend wird sich etwas Gravierendes verändern, ich spüre es ganz genau. Felix‘ SMS klang äußerst verheißungsvoll:

Können wir uns heute Abend sehen? Ich muss etwas Wichtiges mit dir besprechen.

Mein Herz flimmert. Ist es heute endlich so weit? Wird Felix mir die alles entscheidende Frage stellen?

Nein, es geht nicht um die Frage, ob ich ihn heiraten will. Das ist im Moment schlichtweg unmöglich, weil der gute Felix bereits verheiratet ist – und zwar mit Beate, einer sauertöpfischen Wuchtbrumme, die ihn gnadenlos herumscheucht. Dauernd überträgt sie ihm neue Aufgaben, und nicht selten schaltet er irgendwann sein Handy mit den Worten „Der Sklave hat jetzt Feierabend“ aus.

Ja, ich weiß, dass es nicht die beste Idee war, etwas mit einem verheirateten Mann anzufangen. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich es nicht wusste. Felix stieß vor anderthalb Jahren als Grafiker zu der Werbeagentur, in der ich arbeite. Wir liefen uns im Büro oft über den Weg und es lag immer eine gewisse Spannung in der Luft, wenn wir uns begegneten. Nach einer Weile fingen wir an, die Mittagspause gemeinsam zu verbringen. Ich fand Felix ungeheuer spannend, denn er hatte zahlreiche Hobbys: Er fotografierte, malte, machte Karate, kletterte, bot Führungen in Berlin an und hatte ein Segelboot. Seine Augen leuchteten, wenn er von seinen neuesten Plänen berichtete. Er hatte noch viel vor in seinem Leben, wollte als Matrose um die Welt fahren und ein solarbetriebenes Seminarschiff auf den Weg bringen. Das gefiel mir an ihm: Er hatte Pläne, Wünsche und Träume – und setzte sie auch um. Immer war er dabei begeistert und diese Euphorie zog mich ungeheuer an.

Eines Abends fuhren wir nach Feierabend an einen See und da passierte es dann. Felix küsste mich zum ersten Mal. In diesem Augenblick schlug bei mir der Blitz ein und ihm ging es offenbar genauso.

Tja, so begann unsere Affäre. Am Anfang fiel es mir gar nicht weiter auf, dass wir uns nie bei ihm trafen und dass er nie über Nacht bei mir blieb. Felix hatte plausible Gründe dafür: Seine Wohnung war bei weitem nicht so gemütlich wie meine, weil er nur vorübergehend dort wohnte und sie nicht renoviert war. Über Nacht konnte er nicht bleiben, weil er zwei Katzen hatte, die versorgt werden mussten.

Ich glaubte ihm natürlich. Was für einen Grund hätte ich gehabt, ihm Lügen zu unterstellen? Außerdem war es Sommer und da hing man sowieso nicht in der Wohnung herum, sondern unternahm draußen eine Menge. Wir lagen am Strand, segelten über den Wannsee, schwebten in einem Heißluftballon über Berlin, erkundeten die urigen brandenburgischen Dörfer und waren glücklich. Wir lachten viel, kuschelten noch mehr und fanden immer einen Platz, an dem wir uns lieben konnten. Es war schön und aufregend und nie gewöhnlich.

Nach einigen Wochen wunderte ich mich allerdings doch darüber, dass ich ihn nie zu Hause besuchen durfte und telefonisch nur schwer erreichte. Das alles erschien mir etwas merkwürdig und ich fragte Felix nach dem Grund. Er druckste eine Weile herum, bis er mir gestand, dass er eine Frau und zwei Kinder hatte. Die Katzen gab es gar nicht und die unrenovierte Wohnung auch nicht.

Ich fiel aus allen Wolken. Mit allem hatte ich gerechnet, aber damit nicht. Ich hatte schon befürchtet, dass Felix ein Messie war und mir deshalb jeglichen Zugang zu seiner Wohnung verweigerte. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass er in einer Beziehung lebte. Und dann auch noch in einer Ehe mit zwei Kindern! Auch in der Firma wusste offenbar niemand etwas davon. Felix erzählte zwar viel von seinen Hobbys und Leidenschaften, doch seinen privaten Status hatte er komplett verschwiegen.

Mein erster Impuls war, unser Verhältnis sofort zu beenden. Keinesfalls wollte ich die heimliche Geliebte eines verheirateten Mannes sein. Doch Felix beschwichtigte mich und erklärte, dass er mit Beate schon lange keine Liebesbeziehung mehr führe und sie nur noch wegen der Kinder zusammen seien. Sexuell spiele sich zwischen ihnen schon seit Jahren nichts mehr ab und die Trennung sei nur eine Frage der Zeit. Bis jetzt habe er keine Veranlassung gesehen, sich zu trennen, aber nun, wo ich in sein Leben getreten sei, sähe es anders aus. Jetzt würde eine Trennung durchaus Sinn machen, weil es einen Grund dafür gäbe. Er müsse nur noch den richtigen Zeitpunkt dafür abwarten.

Ich glaubte ihm, weil ich ihm glauben wollte. Außerdem war ich viel zu verliebt in ihn, um ihn aufgeben zu können. Ich wollte die schöne Zeit mit ihm in vollen Zügen genießen. Mein Ex-Freund Fabian hatte mich vor über einem Jahr verlassen und ich hatte schwer unter dieser Trennung gelitten. Felix hatte einen großen Anteil daran, dass ich das Leben wieder schön fand. Das wollte ich mir nicht nehmen lassen.

Ehe ich mich versah, war ein Jahr vergangen – und an der Situation hatte sich nicht das Geringste geändert. In den letzten Wochen haben wir immer öfter darüber diskutiert, wie unbefriedigend die Situation für uns beide ist und dass wir unbedingt etwas ändern wollen. Felix hat mehrfach beteuert, wie sehr er sich wünscht, dass wir eine gemeinsame Wohnung haben. Ein gemeinsames Leben.

Mein Herz klopft schneller. Ist es jetzt soweit – hat er ein Liebesnest für uns gefunden und will mich damit überraschen?

Ich muss etwas Wichtiges mit dir besprechen.

Das kann doch nur etwas Gutes bedeuten, oder?

Ich habe mich extra schick gemacht, als ich pünktlich um 19 Uhr in unserem italienischen Lieblings-Restaurant eintreffe. Felix ist schon da und sieht mal wieder zum Anbeißen aus mit seinen dunklen, verwuschelten Haaren und den stahlblauen Augen. Die Schmetterlinge in meinem Bauch vermehren sich spontan. Er ist ein wahnsinnig attraktiver Mann und seine Ausstrahlung haut mich jedes Mal aufs Neue um. Irgendwie bin ich ihm total verfallen. Manchmal macht mir das ein bisschen Angst, aber meistens finde ich es unfassbar schön, weil ich mich dadurch so lebendig fühle.

„Hey“, begrüße ich ihn und Felix steht auf, um mich in seine Arme zu nehmen. Ich rieche sein betörendes Aftershave, in dem ich baden könnte. Seine Bartstoppeln streifen meine Wange und er legt seine weichen Lippen kurz auf die meinen. Oh mein Gott, ich liebe ihn! Ich liebe ihn so sehr, dass es weh tut! Und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als endlich richtig mit ihm zusammen zu sein. Hoffentlich sagt er mir jetzt, dass er eine Wohnung für uns gefunden hat und dass all unsere Träume von einer gemeinsamen Zukunft wahr werden.

Doch Felix sagt erst mal gar nichts und sieht mich nur stumm an. Irritiert blicke ich ihm in die Augen, doch er wendet seinen Blick ab. Das ist ungewöhnlich. Normalerweise können wir uns gar nicht lange genug tief in die Augen sehen und er redet wie ein Wasserfall. Aber er wirkt anders als sonst. Weder euphorisch noch fröhlich. Jedenfalls nicht so, als würde er mir die frohe Botschaft überbringen, dass er ein gemeinsames Zuhause für uns gefunden hat.

Meine Kehle schnürt sich zu. Habe ich seine SMS falsch verstanden? Etwas Wichtiges muss nicht unbedingt etwas Positives sein. Ich bin ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass er mir etwas Schönes mitteilen will, aber womöglich habe ich mich geirrt.

Ich merke, dass meine Hände zittern, als ich ihm gegenüber Platz nehme. Plötzlich habe ich ein flaues Gefühl in der Magengegend. Plötzlich weiß ich, dass es nichts Schönes ist, das er mir sagen wird.

Felix räuspert sich und scheint sich nicht besonders wohl in seiner Haut zu fühlen. Er sieht genauso aus wie damals, als er mir gestanden hat, dass er ein treuloser Ehemann ist. Mein Herz bleibt vorübergehend stehen.

„Ähm … wie ich bereits in meiner SMS angedeutet habe: Ich muss dir etwas sagen.“

Felix blickt angestrengt an die Decke und seufzt steinerweichend. Ich suche seinen Blick, doch an der Decke scheint sich etwas sehr Interessantes zu befinden, denn Felix guckt starr nach oben. Ich muss eine Weile warten, bis er endlich den Mund aufmacht. So kenne ich ihn gar nicht.

„Also, es ist nämlich so …“

Er vermeidet es weiterhin, mich anzusehen.

„Ähm … also …. naja …“

Erneutes Räuspern. Erneutes Seufzen. So langsam verliere ich die Geduld. Er ist doch sonst nicht auf den Mund gefallen!

„Nun sag mir endlich, was los ist!“, fordere ich ihn auf. „Was ist passiert? Haben die Kinder Flöhe? Ist deine Wohnung ausgeraubt worden? Ist Beate schwanger?“

Endlich sieht er mich an, und zwar mit einem sehr verwunderten Blick. Dann atmet er erleichtert aus. So schlimm ist es offenbar nicht.

„Nein, natürlich nicht“, sagt er mit Nachdruck. „Wie sollte Beate schwanger sein, wenn wir nicht miteinander schlafen?“

„Dann bin ich ja beruhigt“, erwidere ich, obwohl ich ehrlich gesagt nicht so ganz glaube, dass die beiden überhaupt keinen Sex mehr haben.

„Was ist es dann?“, dränge ich ihn.

Felix atmet tief ein und aus. Dann gibt er sich einen Ruck.

„Die Sache ist die … Wir haben letzte Woche ein Hausboot ersteigert und werden in den nächsten Monaten ziemlich viel mit dem Umbau zu tun haben. Das heißt, ich werde wenig Zeit haben, auch für dich“, haspelt er in einer atemberaubenden Geschwindigkeit.

Im ersten Moment begreife ich gar nicht so richtig, was er mir gerade mitgeteilt hat. Meine Ohren haben es zwar gehört, aber es scheint nicht vollständig an mein Gehirn weitergeleitet worden zu sein.

„Ihr habt … was? Wer ist denn überhaupt ‚wir’?“, frage ich begriffsstutzig.

Felix setzt sein unschuldigstes Gesicht auf.

„Wer soll ‚wir‘ schon sein? Wir eben. Meine Familie und ich.“

Ich starre meinen Lover fassungslos an.

„Deine Familie und du? Du ziehst zusammen mit Beate um?“, bringe ich heiser hervor. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“

„Mit wem denn sonst?“, gibt Felix zurück und wendet sich der Speisekarte zu.

„Ähm … mit mir vielleicht?“, verabreiche ich ihm einen kleinen Denkanstoß. „Wir sehen uns seit Wochen im Internet Wohnungen an, weil wir zusammenziehen wollen. Hast du das vorübergehend vergessen?“

Felix senkt seinen Blick und betrachtet eingehend seine Schuhe.

„Es hat sich eben anders ergeben“, teilt er mir mit.

Mir bleibt vor lauter Empörung die Luft weg.

„Ergeben?“, keife ich los. „Sowas ergibt sich doch nicht einfach! Oder habt ihr aus lauter Langeweile bei eBay gesurft und geguckt, was dort so alles verkauft wird? Und als ihr dann zufällig die Rubrik ‚Hausboote‘ gefunden habt, seid ihr spontan auf die Idee gekommen, eins zu kaufen? Sag mal, spinnst du? Das müsst ihr doch schon ewig geplant haben!“

„Es war mal im Gespräch“, nuschelt Felix, ohne mich anzusehen. „Aber … nicht so konkret.“

„Ach“, schnaube ich. „Das ist ja höchst interessant. Und gleichzeitig gucken wir beide nach einer gemeinsamen Wohnung? Wolltest du mich damit nur beruhigen? Du hast nie vorgehabt, mit mir zusammenzuziehen, oder? Was für ein Arsch bist du eigentlich?“

Felix hebt endlich seinen Kopf und blitzt mich wütend an.

„Ich bin kein Arsch“, bellt er. „Natürlich wollte ich mit dir zusammenziehen. Aber ich halte mir immer verschiedene Optionen offen. Und wenn sich dann spontan etwas ergibt, greife ich zu.“

Am liebsten würde ich ihm den silbernen Kronleuchter, der auf dem Tisch steht, über den Kopf hauen.

„Wenn sich spontan etwas ergibt, greifst du zu?“, äffe ich ihn nach. „Was soll denn das heißen? Dass es dir egal ist, wo und mit wem du lebst?“

„Natürlich nicht“, beeilt sich Felix zu versichern. „Aber so eine Gelegenheit muss man doch nutzen. Außerdem verstehe ich gar nicht, warum du dich so aufregst. Zwischen uns ändert das doch nichts. Es betrifft dich im Grunde überhaupt nicht.“

Ich glaube, mich verhört zu haben.

„Es betrifft mich nicht?“, zische ich. „Es betrifft mich nicht, wenn der Mann, der mich angeblich liebt, mit einer anderen Frau auf ein Boot zieht? Wen soll es denn sonst betreffen, wenn nicht mich? Sag mal, spinnst du jetzt völlig?“

Die Leute am Nebentisch drehen sich interessiert zu uns um.

„Wieso? Ob wir im fünften Stock wohnen oder auf einem Hausboot, macht doch keinen Unterschied“, entgegnet Felix mit bestechend männlicher Logik. „Ich wollte schon immer am Wasser wohnen, und das tun wir jetzt eben. No big deal.“

Ich kann es nicht fassen. Ich kann nicht glauben, was ich da höre. Ich kann nicht glauben, was Felix da tut.

„Aber … du wolltest mit Beate reden“, erinnere ich ihn. „Und zwar darüber, dass du dich von ihr trennen willst. Kannst du dich noch dunkel entsinnen? Ich meine, ganz dunkel?“

„Natürlich weiß ich das noch, ich bin ja nicht senil“, behauptet Felix.

„Und?“, forsche ich nach. „Hast du es getan? Hast du mit ihr gesprochen?“

„Ich habe es versucht“, erklärt Felix und versteckt sich hinter der Karte. „Ehrlich, das habe ich. Aber sie wollte von dem Thema überhaupt nichts hören. Als ich von Trennungen allgemein redete, hat sie schon total abgeblockt. Da konnte ich ihr von uns natürlich nichts erzählen.“

Hat der Typ noch alle Latten am Zaun? Ehrlich, wie feige kann man eigentlich sein?

Ich strecke meine Finger nach dem Kronleuchter aus. Auf einmal kann ich verstehen, warum sich Paare im Affekt erschlagen. Felix hat Glück, dass wir in einem vollbesetzten Restaurant sitzen und nicht bei mir zu Hause.

„Was ist denn das für ein Quatsch? Seit wann braucht man für eine Trennung das Einverständnis des Partners?“, rege ich mich auf. „Es ist scheißegal, ob Beate das gut findet oder nicht – wenn du dich von ihr trennen willst, muss sie es akzeptieren. Das ist deine Entscheidung. Sie muss damit nicht einverstanden sein.“

Wir sehen uns in die Augen. Ich sehe seinen Blick und weiß plötzlich Bescheid. Das ist kein „Ich liebe dich und will mit dir zusammen sein“ Blick. Es ist eindeutig ein „Tut mir leid, aber ich werde mich niemals trennen“ Blick. In diesem Moment fällt alles in sich zusammen. Seine Beteuerungen, er würde Beate verlassen. Seine Versprechungen, wir würden uns ein gemeinsames Leben aufbauen. Seine Liebesschwüre. Sein Gelaber von einer gemeinsamen Zukunft. Es war alles eine einzige Lüge. Ich war nur dazu da, um seine Ehe zu stabilisieren, die ihm langweilig geworden ist. Beate ist der sichere Hafen, in den er jederzeit zurückkehren kann. Ich hingegen bin nur ein netter Ausflug vom Alltag. Es ist nie mehr für ihn gewesen. Mit einem Schlag sehe ich das ganz klar. Wie konnte ich nur so blind sein?

„Du willst dich gar nicht trennen“, sage ich tonlos. „Nicht jetzt und nicht in fünf Jahren. Niemals. Du hast mich immer nur vertröstet. Es soll alles so bleiben, wie es ist. Für dich ist das ja auch sehr bequem – du hast eine Familie als Sicherheit und eine Geliebte für aufregende Stunden. Warum solltest du etwas ändern? Besser kann es dir gar nicht gehen. Und in mir hast du ja auch eine Blöde gefunden, die das ein ganzes Jahr lang mitgemacht hat.“

„Ich will jetzt erstmal mein Hausboot renovieren“, erwidert Felix halsstarrig. „Das wird mich die nächsten Monate genug beschäftigen. Über alles andere denke ich später nach.“

„Später“, höhne ich. „Später ist jetzt. Kennst du das Lied von Monica Morell? ‚Später, wann ist das?‘, hab ich ihn gefragt. Er hat nur gelacht und dann ‚später‘ gesagt. Obwohl ich ihn liebe, ließ ich ihn allein. Später, da kann es zu spät für mich sein.“

Mit verkniffenem Gesichtsausdruck starrt Felix mich an. Nein, das Lied kennt er wohl nicht.

„Ein Umzug wäre die beste Gelegenheit, um über eine Veränderung nachzudenken“, erkläre ich. „Ich gebe dir mal einige Anregungen: Du könntest allein auf dieses Hausboot ziehen. Du könntest mich fragen, ob ich mit dir dort wohnen will. Du könntest das Hausboot in den Wind schießen und mit mir eine gemeinsame Wohnung suchen. All das könntest du tun. Aber du ziehst ganz selbstverständlich mit Beate dorthin. Du stellst das erst gar nicht in Frage. Damit ist alles gesagt. Du hast dich für sie entschieden. Ich werde immer nur die zweite Besetzung sein. Und das will ich nicht. Nicht, wenn es total perspektivlos ist.“

Ich kann nicht mehr weiterreden, weil mir die Tränen kommen. Es ist aus. Alles ist aus. Das ganze Jahr war umsonst und eine Zukunft wird es nicht geben.

„Das ist doch Quatsch.“

Felix schüttelt den Kopf. Leider sieht er wie immer unglaublich attraktiv aus. Seine meerblauen Augen haben es mir vom ersten Moment an angetan und oft habe ich gedacht, dass diese Augen nicht lügen können, wenn er mir gesagt hat, dass er mich liebt. Nun, da habe ich mich wohl getäuscht.

„Du bist für mich die Nummer Eins, aber jetzt ist eben nicht der richtige Zeitpunkt“, erklärt er stoisch. „Wir müssen erstmal das Hausboot sanieren.“

„Und dann?“, erwidere ich zitternd vor Wut. „Was ist, wenn ihr das Hausboot saniert habt? Dann wirfst du Beate von Bord oder was? Sie soll dir erst helfen und wenn sie das getan hat, verlässt du sie? Das glaubst du doch wohl selbst nicht. Ihr werdet ewig dort wohnen bleiben, das ist völlig klar.“

„Ich verstehe, dass die Situation für dich nicht ideal ist“, sagt Felix gespreizt. „Und für mich ist sie das im Grunde ja auch nicht. Ich würde liebend gern mal bei dir übernachten oder länger was mit dir unternehmen, keine Frage. Vielleicht könnte man es so einrichten, dass Beate zwar von dir weiß, wir aber trotzdem als Familie zusammen wohnen bleiben. Man könnte das alles etwas offener gestalten.“

Ich schüttele den Kopf, während mir ein dicker Kloß im Hals sitzt.

„Das sind doch alles nur faule Kompromisse“, sage ich wütend. „Und ich will kein Kompromiss sein. Ich will ganz offiziell deine Freundin sein.“

„Das will ich doch auch“, beteuert Felix und setzt seinen berühmten Welpenblick auf. „Glaub mir, ich wünsche mir das mehr als alles andere. Aber im Moment ist einfach nicht der richtige Zeitpunkt.“

Ich winke ab.

„Der richtige Zeitpunkt wird niemals kommen. Es wird immer etwas geben, was dich davon abhält, dich von Beate zu trennen.“

„Das ist nicht wahr.“

„Diesmal ist es ein Hausboot, das nächste Mal kauft ihr ein U-Boot. Für mich wird in deinem Leben nie Platz sein. Darauf habe ich echt keinen Bock mehr. Es reicht, Felix. Irgendwann ist auch mal Schluss mit der Hinhalterei.“

Ich springe auf, reiße meine Jacke vom Garderobenhaken und sprinte aus dem Restaurant.

Draußen regnet es und der Regen vermischt sich mit meinen Tränen. Ich bin so verdammt wütend auf mich. Wie konnte ich nur so blöd sein, Felix zu glauben, dass er sich von Beate trennt. Ich bin die tausendmillionste Geliebte, die auf dieses Gesäusel hereinfällt, aber das macht es jetzt auch nicht besser.

Kapitel 2

Nele, jetzt warte doch mal und renn nicht weg!“, höre ich die Stimme dieses elendigen Verräters hinter mir, aber ich denke nicht daran stehenzubleiben. Soll er doch bleiben, wo der Pfeffer wächst.

„Du kannst mich mal!“, rufe ich erzürnt und laufe weiter. „Lass mich bloß in Ruhe, du Mistkerl!“

Doch leider ist Felix bestens durchtrainiert und hat mich nach wenigen Metern eingeholt. Er packt mich am Arm und dreht mich zu sich herum.

„Ich verstehe ja, dass du sauer bist“, ringt er sich ab. „Wäre ich an deiner Stelle auch. Aber es ist eine komplizierte Angelegenheit.“

„Nein, es ist gar nicht kompliziert. Du musst einfach nur wissen, wen von uns beiden du willst“, widerspreche ich. „Du musst von dem Trip runterkommen, dass du beides haben kannst. Das geht nämlich nicht, jedenfalls nicht auf die Dauer. Du musst dich entscheiden und mit den Konsequenzen leben.“

„Ach, Nele …“

Felix zieht mich in seine Arme. Ich spüre die Wärme seines Körpers, seine Nähe, seinen Atem. Verdammt, ich liebe ihn! Aber gerade deshalb kann ich so nicht weitermachen.

„Ich würde wirklich nichts lieber tun, als mit dir zusammenzuleben“, beteuert Felix und drückt mich fest an sich. „Aber ich habe gewisse Verpflichtungen, vor allem meinen Kindern gegenüber. Verstehst du das wirklich nicht?“

Er küsst mich sanft auf die Wange und mir schwinden die Sinne. Verdammt. In seiner Gegenwart fällt es mir schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren. Sobald ich ihn spüre, setzt irgendetwas in mir aus. Normalerweise genieße ich das, aber in diesem Moment verfluche ich seine Wirkung auf mich.

„Als wir uns Wohnungen angeschaut haben, habe ich es ernst gemeint“, murmelt Felix und streift mit seinem Mund sanft mein Ohr, was mich erschauern lässt.

„Aber weißt du … dann gucken mich die Knirpse mit ihren Kulleraugen an …“ Felix stöhnt auf. „Mir zerreißt es das Herz, wenn ich mir vorstelle, dass sie Beate abends fragen, wo der Papa ist und warum er sie nicht mehr ins Bett bringt. Und dann sagt sie ihnen, dass er gerade bei einer anderen Frau ist. Weißt du, was das mit den Kleinen macht? Sie denken, ihr Papa hat sie nicht mehr lieb. Ich kann das meinen Kindern nicht antun.“

Ich kenne diese Sprüche zur Genüge. Natürlich finde ich es toll, dass Felix ein verantwortungsvoller Vater ist, aber für mich ist das weniger toll. Ich weiß nicht, was die richtige Lösung ist. Wenn Felix dauernd ein schlechtes Gewissen hätte, wenn er sich von seiner Familie trennen und mir die Schuld dafür geben würde, hätten wir sicher kein glückliches, unbeschwertes Leben. Man kann es drehen und wenden, wie man will – es wird immer jemanden geben, der auf der Verliererseite steht. Im Moment bin das ganz klar ich. Allen anderen geht es soweit gut.

„Mal eine Frage, Felix: Führt ihr wirklich eine offene Ehe oder gehst nur du fremd?“, erkundige ich mich.

Das hat er mir nämlich am Anfang erzählt, aber ich hatte immer das unbestimmte Gefühl, dass er damit nur sein schlechtes Gewissen beruhigen wollte.

Felix wippt nervös von einem Fuß auf den anderen.

„Wir haben am Anfang unserer Beziehung festgelegt, dass es kein Drama ist, wenn der andere sich mal anderweitig umsieht“, antwortet er. „Ob Beate davon Gebrauch macht, weiß ich nicht. Ich will es auch gar nicht wissen. Wir reden nicht darüber.“

„Würde es dir denn etwas ausmachen?“, frage ich.

Felix schweigt. Das ist kein gutes Zeichen.

„Ich glaube schon“, ringt er sich schließlich ab und vermeidet es, mich anzusehen. Der Pfeil trifft mich mitten ins Herz.

Wenn Beate ihm nicht egal ist, warum zum Teufel rettet er dann nicht seine Ehe, anstatt eine weitere Frau unglücklich zu machen?

„Aber warum habt ihr so eine Vereinbarung?“, frage ich. „Warum sucht ihr euch außerhalb eurer Beziehung das, was ihr auch innerhalb eurer Ehe haben könntet? Ich verstehe das einfach nicht.“

„Weil der stressige Alltag die Erotik kaputtmacht“, erläutert Felix. „Wenn du eben noch Windeln gewechselt hast, hast du im nächsten Moment keine Lust auf eine flotte Nummer. Es gibt so viel zu organisieren mit zwei kleinen Kindern, da bleibst du als Paar total auf der Strecke. Glaub mir, für mich ist das alles auch nicht immer leicht.“

„Aber ihr geht manchmal zu zweit weg und die Kinder sind bei deinen oder ihren Eltern. Dann habt ihr eure Zweisamkeit. Für mich sind das alles Ausreden, Felix. Was ist wirklich bei euch los? Warum gibt es mich in deinem Leben?“

Felix nimmt meine Hände in seine. Mir ist ganz elend zumute. Ich spüre, dass ich ihn verliere. Schlimmer noch: Ich habe ihn nie gehabt. Er war immer bei seiner Familie. Ich war nur ein kleiner, netter Zeitvertreib. Und wenn ich es nicht bin, dann wird es eben eine andere sein. Ich bin komplett austauschbar, dessen bin ich mir plötzlich sicher. Es tut wahnsinnig weh.

„Es gibt dich in meinem Leben, weil wir beide uns auf das Wesentliche konzentrieren; das, was eine Beziehung eigentlich ausmachen sollte: Zweisamkeit, Erotik, Leidenschaft, Sex“, zählt Felix mit leuchtenden Augen auf. „Das gibt es zwischen Beate und mir schon lange nicht mehr. Mit dir finde ich es ungeheuer aufregend und erotisch. Wenn ich dich sehe, geht es mir durch und durch. Ich begehre dich so sehr, wie ich noch nie eine Frau begehrt habe. Das musst du mir einfach glauben.“

Er zieht mich wieder näher an sich. Ich schlucke. Wahrscheinlich ist dies das letzte Mal, dass ich ihn so nah bei mir spüre.

„Ach, Nele, es ist wirklich eine Scheiß-Situation. Du bist meine Traumfrau. Und wenn die Kinder nicht wären … aber sie sind nun mal da, und ich liebe sie über alles.“

Felix‘ Lippen streichen meine Wange und ich schließe die Augen. Der Regen hat aufgehört und es ist eine laue, warme Sommernacht. Aber in mir ist alles kalt und dunkel. Ich weiß, dass unsere Beziehung zu Ende geht. Ab jetzt werde ich wieder allein sein.

„Und was ist mit Beate? Liebst du sie auch?“, flüstere ich.

Mein Herz klopft mir bis zum Hals und meine Hände sind eiskalt. Ich habe Felix diese Frage noch nie so direkt gestellt, weil ich Angst vor der Antwort hatte. Aber jetzt ist sowieso alles egal. Ich muss es einfach wissen.

Wir sehen uns an und schweigen eine Weile. Es fällt mir schwer, das auszuhalten. Ich will hören, dass Felix nur mich liebt und Beate ihm herzlich egal ist. Aber wie könnte sie das sein? Immerhin ist sie die Mutter seiner Kinder, an denen er so sehr hängt.

Erwartungsgemäß tut sich Felix mit einer Antwort schwer.

„Wir sind seit sieben Jahren zusammen“, teilt er mir eine durchaus bekannte Tatsache mit. „Da ist es schwierig zu sagen, was Gewohnheit und Bequemlichkeit ist und was Liebe. Das vermischt sich alles. Wir sind durch die Kinder sehr stark aneinander gebunden. Das ist einfach ein Riesenjob. Ich weiß nicht, ob ich sie noch liebe. Hätte ich dann dich?“

„Aber mich liebst du auch nicht“, erwidere ich zitternd. „Hättest du dann Beate?“

Felix stöhnt auf.

„So einfach ist das nicht. Es gibt nicht nur schwarz oder weiß, Nele. Wenn die Kinder nicht da wären, würde ich mich definitiv von ihr trennen. Aber das geht einfach nicht. Die Knirpse würden das nicht verkraften. Die brauchen ihre Eltern, und zwar beide. Ich kann diese unschuldigen Würmchen nicht ausbaden lassen, dass es zwischen Beate und mir nicht mehr stimmt. Das ist einfach nicht fair. Sie wären diejenigen, die am meisten darunter leiden würden. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich ihnen das antun würde. Das ist keine Ausrede. Du weißt das doch selbst am besten.“

Natürlich, den Trumpf musste er jetzt aus dem Ärmel ziehen. Ich bin selbst ein Scheidungskind und ohne meinen Vater aufgewachsen. Und ich weiß verdammt gut, wie hart das ist und wie weh es tut. Aber die ewigen Streitereien zwischen meinen Eltern waren auch schwer zu ertragen. Das hätte ich genauso wenig ausgehalten.

„Ja, das weiß ich, Felix. Aber das, was du mit mir machst, ist auch nicht fair“, entgegne ich. „Erst sagst du, du liebst mich und willst mit mir zusammenleben – und dann bleibt doch alles beim Alten. Ach nein, das bleibt es ja nicht. Ihr zieht auf ein Hausboot. Für euch beginnt damit ein neues, aufregendes Leben. Nur ich bleibe auf der Strecke. Und meine Hoffnung auch.“

Ich beiße mir auf die Lippe, doch es nützt nichts. Die Tränen kommen ganz von selbst. Felix macht ein unglückliches Gesicht.

„Mensch, Scheiße, Felix“, schluchze ich. „Ich will dich nicht länger teilen. Es zerreißt mir das Herz, verstehst du das nicht? Immer, wenn ich mich nach dir sehne, muss ich damit klarkommen, dass du jetzt bei Beate bist. Hast du auch nur eine entfernte Ahnung, wie weh das tut? Du hast deine Familie, um die du dich kümmerst, aber ich bin allein.“

Meine Lippen zittern und die Tränen vermischen sich mit meiner Wimperntusche.

„Hey, ich weiß, dass die Situation für dich Scheiße ist.“

Felix wischt mir sanft die Tränen weg.

„Was glaubst du, wie oft ich allein im Bett liege und wünschte, du wärst jetzt neben mir? Meinst du etwa, mir macht es Spaß, immer nur mal zwei Stunden zwischendurch für dich zu haben? Ganz so emotionslos, wie du denkst, bin ich auch nicht.“

„Dann ändere endlich was! Du bist nämlich der Einzige, der das kann.“

„Ich kann mich nicht gegen meine Familie entscheiden“, bleibt Felix stur.

„Aber gegen mich“, trumpfe ich auf.

Wir blicken uns an. Hat er nicht vorgestern noch gesagt, dass er mich über alles liebt und es nicht erwarten kann, bis wir endlich richtig zusammen sind?

„Ich verstehe nicht, warum wir nicht alles beim Alten lassen können“, wiederholt Felix sich. „Es war perfekt.“

„Für dich ganz bestimmt“, brause ich auf. „Wenn du gerade mal zwei Stunden zwischen Windeln wechseln und Großeinkauf hast, kommst du für eine kurze Nummer vorbeigeschossen und haust dann wieder ab – zurück in dein Leben, zurück zu deiner Familie. Und wo bleibe ich? Wenn du wirklich mit Beate auf ein Boot ziehst, kannst du dir eine andere Blöde fürs Bett suchen.“

Mein Herz hämmert hart gegen meine Rippen. Jetzt habe ich alles auf eine Karte gesetzt. Aber er wird sich doch für mich entscheiden, oder? Schließlich hat er mir das tausendmal gesagt.

Felix sieht mich bedauernd an.

„Das fände ich sehr schade, Nele.“

Ich kann nicht glauben, was ich da höre. Das ist alles? Für ihn bricht nicht die ganze Welt zusammen? Er findet es nur „sehr schade“?

„Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?“, ächze ich.

Das träume ich doch alles nur! Das kann einfach nicht wahr sein! Nicht nach all den Liebesschwüren und Versprechungen.

Felix wiegt den Kopf hin und her.

„Es tut mir sehr leid und ich hätte es gern anders, aber ich will natürlich nicht, dass du leidest“, gibt er mit bekümmerter Miene von sich.

„Wie rücksichtsvoll von dir“, schnaube ich. „Und das war’s jetzt für dich, ja? Nach einem Jahr lässt du mich einfach fallen, wenn ich nicht mehr die kostenlose Nutte spiele.“

„Moment mal, du lässt mich fallen“, stellt Felix klar. „Ich bin nicht derjenige, der unsere Liaison beenden will. Außerdem ist es völliger Quatsch, dich als kostenlose Nutte zu bezeichnen. So habe ich dich nie behandelt.“

„Ach, tatsächlich? War ich denn jemals mehr für dich als ein schneller, unkomplizierter Fick?“, fauche ich ihn wütend an.

Felix blickt sich peinlich berührt um, als zwei ältere Männer an uns vorbeilaufen und frech grinsen.

„Kannst du noch lauter schreien, damit es auch bloß alle mitkriegen?“, zischt er.

„Was bin ich denn für dich?“, rufe ich erzürnt. „Ich will das jetzt endlich mal wissen, verdammt nochmal!“

Ich denke gar nicht daran, meine Stimme zu senken. Sollen doch alle mitkriegen, was für ein mieser Verräter er ist.

Felix greift nach meiner Hand. Sie ist eiskalt.

„Du weißt, dass ich dich liebe.“

Er wagt es tatsächlich, mir das in dieser Situation zu sagen? Ich entziehe ihm meine Hand.

„Ja, klar. Deshalb lebst du auch mit einer anderen Frau zusammen“, schäume ich.

„Wenn die Kinder nicht wären, hätte ich mich schon längst von Beate getrennt“, trägt Felix seine übliche Entschuldigung vor. „Aber die Kinder sind nun mal da und brauchen ihre Eltern. Beide. Ich kann meine Kinder nicht im Stich lassen. Nicht mal für dich. Schluss. Aus. Ende der Durchsage. Nele, kapier das doch bitte endlich mal. Du kannst mich nicht vor die Wahl stellen. Wenn du das tust, werde ich mich immer für meine Kinder entscheiden. Das bedeutet nicht, dass ich dich nicht liebe. Aber ja, wenn du es unbedingt hören willst: Meine Kinder sind mir wichtiger. Sie sind klein und hilflos. Sie können sich nicht wehren. Du bist eine erwachsene Frau. Du kannst mit der Situation umgehen. Meine Kinder können das nicht. Versteh das endlich mal.

---ENDE DER LESEPROBE---