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St. Pauli, Reeperbahn und Labskaus: Hamburger Klischees sind über die Grenzen der Stadt bekannt – wer denkt, dass Hamburg nicht mehr zu bieten hat, wird von diesem Buch eines Besseren belehrt. Abseits bekannter Wege warten kleine und große Highlights und Geheimnisse, die Touristen und Einheimischen einen neuen Blick auf die Stadt ermöglichen. Kaufen Sie Kunst aus einem Zigarettenautomaten oder erleben Sie die Schule aus einer anderen Epoche.
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Seitenzahl: 147
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CHRISTINE LENDT,ANNETT RENSING
IN HAMBURG
BESONDERES ABSEITS DER BEKANNTEN WEGE ENTDECKEN
IMMER: EINE SÜNDE WERT!
1Einen echten Hamburger essen
2Flaschenhussen und Siebdruckkurse
3Das Aroma von Schanze und Pauli
4Zerbrochenes findet zusammen
5Elbegut Treibholzunikate
6Das Franzbrötchen – nur in Hamburg
7Haltestelle zur Wurst
8Viel Zeit für Arabica und Robusta
9Alternativen zum Zwiebelmuster
10Heißgetränk für den Scheich
11Labskaus zu Kalles Liedern
12Feilschen mit Eulen und Lerchen
13Abgang anhaltend mit dunkler Schoki
14Qualmen unter Schiffsmodellen
15Fischbude eines wahren Königspaares
16Geboren werden, anders herum
17Fünffach kulturell gefüllte Box
18Zu Gast beim Treppenkrämer
19Wo die letzten Reepschläger wohnten
20Fernsicht am Bahnhof Dammtor
MAL WIEDER: ZEIT FÜR KULTUR!
21Heimat einer zeitweilig versteckten Glocke
22Backstein à la Blinky Palermo
23Das Kreuz mit offenem Herz
24Wo Zappa für Bach spielt
25Keine Kohle zum Dichten
26Deutsches Maler- und Lackierer-Museum
27Hamburgische Geschichtchen
28Bildende Kunst statt Marktgemüse
29Psychedelische Spende vom SPIEGEL
30Der große Elbebetrug
31Das Brillenmuseum in Winterhude
32Kreative Insel auf dem Überseering
33Kultur im Torhaus der von Kurtzrocks
34Innen poppig, Mit langer Tradition
35Koppelung von nah und fern
36Bronzeleben vor hohen Häusern
37Ein literarisches Knusperhäuschen
38Schmetterlinge im Philosophenturm
39Mit Aby Warburgs Augen
40Schönheiten, ganz aus Gips
41Hamburger Rotspon im Speicher genießen
42Neuer Glanz für Ida Ehres Probebühne
43Die Galerie der Schlumper
44Wasserkunst auf der Elbinsel
45Ein Saal voller Unerschrockener
46Schwimmende Bühne mit Stuhlpaten
47Erstaunliche Volt-Kreationen
48Imbiss für hungrige Kunstfreunde
49Wo die Queen Mary 2 fast 800 000 Teile hat
50Kamm in – und werde ein Star
FÜR: ENTDECKER!
51Kunst statt Dunst
52Papa, ich will wieder ins Museum!
53Griffel, Rohrstock, Poesiealben
54Flughafenlandeplatz Beobachtungsposten
55Wasserspielplatz im Hamburger Stadtpark
56Die bisher süßeste Pädagogen-Idee
57Die Grotte unter dem Altonaer Balkon
58Arboristisches Kleinod in Eimsbüttel
59Hospital für hustende Igel
60Unterrichten statt austreten
61Tabakfabrik neben Geisterspielplatz
62Tour mit Coffee to swim
63Klotzmodelle und Windschnittiges
64Vergessene Perlen der Kunst
HEUTE: WILL ICH RAUS!
65Erben der großen Sturmflut
66Ein positiver Panzer-Effekt
67Die »Titanic« von Blankenese
68Der DJ vom Willkomm Höft
69In Wedel an die Südsee
70Museum mit Kieken und hohen Kanten
71Das mobile Kino: flexibles Flimmern
72Ein Wasser, weich wie Wolken
73Mit der Beifußfrau durch den Jenischpark
74Von der Parzelle zum Abenteuerplatz
75Beim Bahnenziehen Kapitänen zuwinken
76Letzte Hamburger Litfaßsäulen
77Die wunderbare Welt der Gehölze
78Das Tor zur Innenstadt
79Kommandozentrale unter Pöseldorf
80Ausflug zu den Austernfischern
81Pferdelose Reitbahn mit super Eis
82Die Madonna der Meere
83Der Bauernhof von Ottensen
84Im Garten des Reemtsmas
85Der Nullmeridian an der S-Bahn
86Hier blühte Frau Karl Druschki
87Brunnen für eine viel besungene Deern
88Geheimrekord einer Putte
89Das Dampfboot-Wartezimmer
90Die Falkenried-Bunkerbilder
91Chinatown in der Hafenstadt
92Ein Museum für Zusatzstoffe
93Bedrängtes Stift im Schutz der Blutbuche
94Gartendeck Große Freiheit
95Kuppelblick vom Augustinum
96Eine Stationslänge Gartenglück
97Haus der Ewigkeit
98Viel Kultur bei Luv und Lee
99Der Hafentaucher vom Hafenmuseum
100Ponton op’n Bulln
Hamburg, diese wunderbare, vielseitige Stadt – Kosmos verschiedenster Menschen – versteht es, ihre Bewohner und Gäste zu überraschen, an Wochenenden, mitten im Alltag oder für eine besondere Stunde. Sie steckt voller Geschichten, die gelesen, gesehen oder gehört werden wollen. Oft verbergen sie sich an ungeahnten Plätzen, oft aber auch an Orten, die auch Einheimische längst zu kennen glauben, und eröffnen neue Perspektiven. Es sind lustige und ernste Geschichten, bunt und voller Abwechslung wie das Leben. Wir haben 100 davon zusammengetragen und dabei selbst Hamburg neu lieben gelernt. Und das jeden Tag immer wieder anders.
Viel Freude beim Entdecken!
Christine Lendt und Annett Rensing
1Einen echten Hamburger essen
2Flaschenhussen und Siebdruckkurse
3Das Aroma von Schanze und Pauli
4Zerbrochenes findet zusammen
5Elbegut Treibholzunikate
6Das Franzbrötchen – nur in Hamburg
7Haltestelle zur Wurst
8Viel Zeit für Arabica und Robusta
9Alternativen zum Zwiebelmuster
10Heißgetränk für den Scheich
11Labskaus zu Kalles Liedern
12Feilschen mit Eulen und Lerchen
13Abgang anhaltend mit dunkler Schoki
14Qualmen unter Schiffsmodellen
15Fischbude eines wahren Königspaares
16Geboren werden, anders herum
17Fünffach kulturell gefüllte Box
18Zu Gast beim Treppenkrämer
19Wo die letzten Reepschläger wohnten
20Fernsicht am Bahnhof Dammtor
Wie der Name schon sagt: Die weltbekannte Frikadelle im Brötchen stammt aus Hamburg, zumindest laut der gängigen Überlieferung. Ursprünglich aber war das, was man heute mit Fast Food verbindet, etwas ganz anderes. Das original »Rundstück warm« gibt es im Goot, einem kleinen Deli im Kontorhausviertel.
Für Hafenarbeiter war das »Rundstück warm« das Mittel, das Leib und Seele zusammenhielt. Es bestand aus einem Brötchen mit einer Scheibe Schweinebraten samt Sauce und war eine komplette warme Mahlzeit, die sich überall und ohne Besteck verzehren ließ. Gut verpackt nahmen sie es noch im frühen 20. Jahrhundert mit zur Arbeit. Auf den Schiffen in Richtung USA hatten Seeleute und Passagiere den »Ur-Hamburger« als Proviant dabei. So reiste das Rezept für den Schweinebraten im Brötchen über den Atlantik, wo es sich wohl im Lauf der Zeit zum Hackburger wandelte.
Wie gut das fast vergessene Original schmeckt, entdeckte Steffen Mohr. Selbst in Hamburg geboren, arbeitete er viele Jahre im Hotelmanagement, lebte in London und auf den Bermudas. Er kehrte zurück, um ein eigenes Lokal in seiner Heimatstadt zu eröffnen. Im »Goot« erwartet Sie Traditionskost im Ambiente eines trendigen Delis, schlicht und edel. An den Wänden erzählen große Schwarz-Weiß-Fotografien ein Stück Hafengeschichte. Auch andere Künstler stellen ihre Werke aus.
Das legendäre Rundstück wird hier zu jeder Tageszeit serviert. Hausgemacht sind auch alle anderen Speisen, Tagessuppen und Kartoffelecken. Es gibt süß-würziges Sauerkraut nach altem Familienrezept und »Finest Cuts« vom Prager Schinken, Charolais-Rind oder anderen Braten. Das Goot verwendet Qualitätsfleisch aus der Region ohne Antibiotika und bietet auch Vegetarisches an. Die Küche hält, was der plattdeutsche Name verspricht: Hier schmeckt es einfach gut. Als hätte Muttern heimlich noch eben etwas Wärmendes in die Pausenbox gesteckt.
Goot – Finest Cuts · Depenau 10 (beim Chilehaus) · 20095 Hamburg Tel. 040/67 30 61 71 · www.goot-hamburg.de U 1 Meßberg
Darf’s ein bisschen mehr Hamburg sein? Fernsehturm, Hafendocks, Astrapullen oder doch lieber selbst gewählte Sinnsprüche auf Blusen, Kissen, Lampen gedruckt – nonchalant überzeugen die Inhaber mit ihrem Motto: »Es gibt nichts, was man nicht mit schönen Stoffen machen kann.«
Viele Hanseaten können die irgendwo abgebildeten Klischees ihrer geliebten Hafenstadt nicht mehr sehen. Andere bekommen nicht genug davon. Dem Siebdruckladen »Frohstoff« ist das egal, ihm ist der Spagat zwischen Hamburgensien und Heimatassoziationen (Eisvogel, Hase, Pusteblume) oder völlig anderen Motiven gelungen. Die Handsiebdrucke auf unterschiedlichsten Materialien, verwandelt in Interieurobjekte, Accessoires oder Kleidungsstücke, werden auch ins Haus geliefert und über den Einzelhandel vertrieben. Sie können bei Frohstoff auch einen Kurs belegen, der Ihrer Kreativität keine Grenzen setzt. Das Lieblingsmotiv kommt mithilfe eines besonderen Verfahrens auf das Sieb. Dieses Bild wird mit der ausgewählten Farbe bestrichen, auf den Bedruckstoff gedrückt, übergebügelt, fertig − Arbeitsweisen und Methoden sind vielfältig. Und jedes Kunstwerk hat sein eigenes Sieb. Kein Wunder, dass sich die Utensilien in den Produktionsräumen im Keller stapeln.
Das »Frohstoffpaar« Meike Marie Buchholz (Designerin) und Jörg Vogt (Schneider) hat noch etwas ganz anderes geschafft: Keine Kachel des Vorgängerladens, einer alten Wildschlachterei, wurde abgeschlagen. Die beiden haben ihr Geschäft sogar in die vermutlich nicht ganz behagliche Einrichtung des verstorbenen Metzgers eingefügt. An den gelblichen Fliesen stehen bei Frohstoff jetzt (ansprechend) die »Klassiker«: Eigens genähte Überwürfe für Flaschen, sogenannte Flaschenhussen, außerdem Buchhüllen und viele andere Kreationen. Wer selbst die Technik des Siebdrucks erlernen möchte, hat auch dazu bei »Frohstoff« Gelegenheit. Planen Sie hierfür ungefähr einen halben Tag ein.
Frohstoff Siebdruck & Textilmanufaktur Meike Marie Buchholz · Atelier Wexstraße 38 · 20355 Hamburg · Tel. 040/39 99 14 47 · www.frohstoff.de U 1 Jungfernstieg
Die Barmbeker nennen sie die »Spice Girls«, denn sie verschafften dem Stadtteil sein eigenes Gewürz. In ihrer Manufaktur in der Geierstraße kreieren Katharina Wilck und Bettina Matthaei ausgefallene Gewürzmischungen. Ihr Wissen geben sie in Seminaren weiter.
»Barmbek Booster« heißt die rote Hommage an den Standort der Manufaktur. Die Gewürzmischung aus der gestylten Weißblechdose verschärft zum Beispiel Rührei, Suppen und Bohnentöpfe. Noch zwei Hamburger Stadtteile haben ein eigenes Aroma: Es gibt »Schanzen Chili« und »Pauli Pepper«. Mit ungebremster Leidenschaft kreiert Kochbuchautorin Bettina Matthaei neue und ausgefallene Mischungen wie diese. Tag für Tag experimentiert sie in der Versuchsküche auf der Suche nach außergewöhnlichen Geschmackserlebnissen. Ihre Ideen entspringen Reisen in exotische Länder, das Ergebnis sind kleine Schätze der Aromenkunst. Ihre Tochter Katharina Wilck führt das Geschäft. Wenn eine Bestellung kommt, werden die Rohgewürze in aufwendiger Handarbeit gemahlen, gecuttert, gemischt und direkt abgefüllt. Die Philosophie verlangt der kleinen Manufaktur ein logistisches Kunststück ab, denn sie produziert die Mischungen auftragsbezogen und in kleinen Mengen.
Um die Ecke beginnt ein schöner Spaziergang. Entlang des Flusslaufs geht es bis in die Innenstadt oder hinaus ins schöne Alstertal.
Wenn Sie mehr erfahren möchten, können Sie an einem ca. dreistündigen Kurs teilnehmen. Nach einem Vortrag wird geschnuppert und probiert, gemahlen und gerührt. So erfahren Sie unter anderem, welche Rohgewürze den vier Geschmackssinnen zugeordnet werden, ob eine rosa Pfefferbeere süß ist und warum die Bezeichnung Pfeffersack als Kompliment gilt. Jeder Teilnehmer darf zwei eigene Gewürzmischungen herstellen. Vielleicht ist bald jemand dabei, der das Aroma von Eppendorf in ein Gewürz verwandelt.
1001 Gewürze · Gewürzmanufaktur · Geierstr.1 · 22305 Hamburg Tel. 040/60 87 60 00 · www.1001gewuerze.de Direktverkauf in der Hamburger Manufaktur s. Homepage U 3, S 1 oder 11 Barmbek
Schon manche, die vor einem Scherbenhaufen standen, fanden bei Harald Schmalhaus die Freude wieder. Restaurierte Vasen, Teller, Tassen reihen sich dort aneinander. Die Porzellanwerkstatt im Kontorhausviertel ist Anlaufstelle für alle, denen etwas Wertvolles zerbrach. Die einen lassen das teure Erbstück restaurieren, andere kommen wegen ideeller Werte, sei es Großmamas Kaffeeservice, die Lieblingstasse vom Flohmarkt oder der Wandteller, der einen sicheren Aufhänger benötigt. Manches gute Stück wird hier in ein ganz besonderes verwandelt. Die Porzellanwerkstatt hat eine mehr als hundertjährige Geschichte. Wenn ein Kunde hereinkommt, klimpert eine besondere Klingel über der Tür: eine Tasse, die niemals kaputtgeht.
Die Porzellanwerkstatt · Altstädter Straße 11 · 20095 Hamburg Tel. 040/34 24 42 · www.dieporzellanwerkstatt.de U 1 Meßberg
Wenn die Elbe mal wieder höhere Wellen schlägt und über die Ufer rollt, bringt sie Geschenke mit. Hölzer, Äste und Planken, fein geschliffen vom Wasser. Jedes Stück ist für sich ein Unikat. Danach hält Francisca Schmidt Ausschau bei ihren Spaziergängen an den Stränden von Blankenese oder Falkenstein, und bei jedem Fund fragt sie sich: Wo dieses Holz schon überall gewesen sein mag? Wo wächst der Baum, dessen Stück hier vor mir liegt? »Manches Stück Treibholz erzählt uns so viel, dass es so, wie es an den Strand gespült wurde, schon ein vollendetes Kunstwerk darstellt. Dann mache ich aus den Stücken gern Skulpturen«, sagt die gelernte Segelmacherin. Ihre Werkstatt im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel führte sie einer neuen Bestimmung zu. In einem kleinen Hofladen mitten im Blankeneser Treppenviertel und im Onlineshop verkauft sie ihre Kunstwerke.
Elbegut · Sa & So 11–17 Uhr oder nach tel. Vereinbarung: 0172/216 50 98 Hans-Lange-Straße 7 · 22587 Hamburg · www.elbegut.de
Kaum ein Produkt entzieht sich so sehr der Globalisierung wie ein einfaches Gebäckstück aus Hamburg: Das Plunderstückchen, gefaltet in unverwechselbarer Schmetterlingsform mit angeblich aphrodisierendem Zimtgeschmack, birgt ein Geheimnis.
Mit letzter Sicherheit weiß bis heute niemand, wer als Erfinder des Franzbrötchens gelten kann. Jahrelang recherchierte der Publizist Manfred Beseler, Herausgeber des Taschenbuchs Das Franzbrötchen im gleichnamigen Hamburger Verlag, die Herkunft des braungelben Plunders.
Viele Spuren der Gebäckforschung erwiesen sich als Irrweg. Die Einführung eines »Franz(osen)brots« im Zuge der Besetzung Hamburgs durch Napoleon Bonaparte in den Jahren 1806 bis 1813 kann inzwischen als widerlegt gelten. Ebenso die Anekdote über einen fülligen Bäckergesellen in Hamburg-Harburg, der sich nach durchzechter Nacht morgens auf den vorbereiteten Teig gesetzt und so dem Brötchen seine spätere Form gegeben haben soll. Die Gebäckexpertin Annette Hillringhaus aus dem Museum für Brotkultur in Ulm reiste schließlich 2010 eigens zum 1. Internationalen Franzbrötchen-Kongress in das Hamburger Kulturwerk West und präsentierte neue Archiv-Funde. Einem vergilbten Werbeplakat zufolge habe tatsächlich ein Franz‘scher Bäcker, Johann Heinrich Thielemann (1848−1901), möglicherweise beeinflusst durch die nordische Tradition des »Kopenhagener« und skandinavischen Plunderstückchens im einstmals dänischen Altona, das eigentümliche Gebäckstück schon früher als bekannt feilgeboten. Damit wurden auch die Aussagen von noch lebenden Nachkommen Thielemanns bestätigt, die Buchautor Beseler zuvor aufgespürt hatte. Die Franz’sche Bäckerei an der Großen Bergstraße 9 am Eingang zum Vergnügungsviertel Reeperbahn musste einem Modekaufhaus und dann einer Klinik weichen. Bei der Verkostung der eingesandten Proben aus 21 Bäckereibetrieben zum 1. Franzbrötchen-Kongress siegte letztendlich das kleine Café Luise.
Café Luise · Kleine Bäckerei e. K. · Mo–So 9–18 Uhr · Erdkampsweg 12 · 22335 Hamburg Tel. 040/52 98 57 17 · www.franzbroetchen-verlag.de U 1 Klein Borstel
Auch wenn’s nicht auf der Karte steht: Morgens um acht bekommen Sie auf Wunsch auch mal Spiegelei, Kartoffelsalat – nie auf Papptellern – und Herzlichkeit gibt es jeden Tag umsonst. Viele kommen einfach auf einen Kaffee oder wegen der Frikadellen und der extrem guten Currywurst-Saucen-Mischung.
Das Ehepaar Margret und Mathias Wolter liebäugelte mit einem seit Jahren leer stehenden Kiosk zwischen dem Niendorf Markt und Hagenbecks Tierpark und eröffnete 2006 den Imbiss in Niendorf. Hier fehlte einfach eine Wurstbude. Rot-weiß ist die Fassade, der Klassiker »Pommes Schranke« in Farben verewigt. Obwohl das FC-St.-Pauli-Trainingsgelände direkt hinter der Pommesbude liegt, brennen beide für den HSV. Schon frühmorgens stehen die ersten Autos an der Haltestelle. Doch die meisten Kunden kommen erst am späten Vormittag und stärken sich mit einer Currywurst und der leckersten Sauce der Stadt. Teuerstes Gericht ist mit 4,90 Euro das Schaschlik-Filet.
Nach der Frikadelle an der lauten Kollaustraße findet man Ruhe auf dem Alten Niendorfer Friedhof von 1840 mit Grüften und einem geheimnisvollen Mausoleum (Kollaustraße 241).
Es kommt auch vor, dass Otto Waalkes, Uwe Seeler oder Oliver »Dittsche« Dittrich auf einen Kaffee vorbeischauen. Die Kontakte entstanden in der Betriebssportanlange der Vereinsbank Niendorf. Dort führten sie das Clubhaus mit sechs Tennisplätzen und einem Sportplatz. Herr Wolter war jahrelang auch HSV-Tennistrainer. Die Anlage wurde 2004 geschlossen.
Schön laut ist es hier, wenn die Ampel auf Grün umschaltet und Massen von Autos vorbeibrausen. Trotzdem: Dies ist keine gewöhnliche Pommesbude. Wenn Sie also nur auf eine Wurstlänge bleiben, sind Sie selbst schuld. Denn die offenen Ohren für die Sorgen der Gäste sind unbezahlbar, hier geht es eben nicht nur um die Wurst. Und das ist auch gut so.
Haltestelle zur Wurst · Mo−Fr 10−18 Uhr · Kollaustraße 137 (beim St. Pauli-Trainingsgelände) 22453 Hamburg · Tel. 0151/15 37 42 53 Bus 391 Niendorfer Straße
Eine der letzten privaten Röstereien betreibt Jens Burg, ein Traditionalist. Bereits sein Vater, Großvater und Urgroßvater waren mit Leib und Seele der aromalosen Rohbohne verfallen. Seit Zimt- und Vanillegeschmack jüngere Generationen in Coffee-Shops locken, boomt das schwarze Getränk.
Wenn Sie den Eppendorfer Weg entlanggehen, werden Sie hin und wieder sprichwörtlich an der Nase herumgeführt. Zum Beispiel zu einem Ort, der wohlriechende Atmosphäre verspricht: die Kaffeerösterei Burg. In der dazugehörigen Museumsrösterei in der Speicherstadt am St. Annenufer, heute Genuss Speicher genannt, wurde schon seit 1896 im Kaffeespeicher von Hansen & Studt Kaffee gelagert. Morgens um sieben läuft hier alles nach Plan. Kaffeebohnen, sowohl reine Arabica mit klangvollen Namen wie »Jamaica Blue Mountain« oder »Hawaii Kona« als auch Robusta-Sorten werden geröstet – und der Duft macht Appetit darauf, mehr zu erfahren. Kernstück des Museums ist ein Trommelröster aus den 1920er-Jahren. Im Schnitt werden 130 Kilogramm Rohkaffee am Tag geröstet. Das Leben einer Kaffeebohne mit ihren Gattungen, Röst- und Zubereitungsvarianten ist vielschichtig. Der Kaffee wird hier bei 200 °C 20 Minuten geröstet − Großröstereien benötigen dafür nur drei Minuten bei 600 °C. Diesen Unterschied können Sie schmecken. Vor rund 20 Jahren entstand das Museum in einem Hinterhof mit Mühlen, Schütten, Werbetafeln und Kaffeepflanzen. Im Zuge der Trendwende zum Industriekaffee in deutschen Haushalten wurde vieles aus den 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahren ausrangiert. Burg sortierte alles liebevoll nach Sinn und Zweck. Dann kaufte Vietnam, weltweit größter Produzent von Robusta-Kaffee, 2010 rund 11 000 Exponate auf, die die Region Europa repräsentieren. Im Ladengeschäft kann zwischen 20 reinen Kaffeesorten, mehr als 60 Aromakaffees, elf Espressoarten und an die 100 verschiedenen Tees ausgewählt werden. Es ist die Mischung, die Qualität macht.
Kaffeemuseum Burg · Öffnungszeiten s. Homepage St. Annenufer 2 · 22457 Hamburg · Tel. 040/55 20 42 58 www.kaffeemuseum-burg.de · U 1 Haltestelle Meßberg
Klein, fein und zentral gelegen ist der Ort, an dem geübte Hände Ton bändigen, wo jedes Produkt von Hand gefertigt ist, wo sich ein Becher vom anderen unterscheidet. Wenn Sie keine Lust mehr haben, Ihren Schrank zu öffnen, um 200 Teile Zwiebelmuster zu sehen, sind Sie hier genau richtig.
Betritt man das Lädchen