Hidden Champions des 21. Jahrhunderts - Hermann Simon - E-Book

Hidden Champions des 21. Jahrhunderts E-Book

Simon Hermann

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Beschreibung

In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es mehr als 1000 Weltmarktführer. Verborgen vor der Öffentlichkeit ziehen sie ihre erstaunlichen Erfolgsbahnen, lehren die weltweite Konkurrenz das Fürchten und verändern unsere Welt mit ihren Innovationen. Diese Firmen haben eine Million neue Arbeitsplätze geschaffen. Und so sind über 100 neue Milliardenunternehmen entstanden. Wer sind diese Hidden Champions und was macht sie dermaßen erfolgreich? Keiner versteht diese Firmen besser als Hermann Simon. Sein Buch deckt ihre Geheimnisse auf: Sie gehen bewusst eigene Wege, sie lehnen kurzlebige Managementmoden ab sie machen fast alles anders als Großunternehmen. Die Hidden Champions sind Vorbilder für effektive Unternehmensführung im 21. Jahrhundert. Von niemandem können Unternehmer, Manager und Nachwuchskräfte mehr über zukunftsorientiertes Management lernen.

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Simon, Hermann

Hidden Champions des 21. Jahrhunderts

Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer

www.campus.de

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Copyright © 2007. Campus Verlag GmbH

Besuchen Sie uns im Internet: www.campus.de

E-Book ISBN: 978-3-593-40360-1

|5|In Erinnerung an Theodore Levitt (1925 – 2006)

|11|Wie ich zu den Hidden Champions kam

Seit der Veröffentlichung meines ersten Buches über die Hidden Champions sind gut zehn Jahre vergangen1 . Doch die ursprüngliche Idee zur Untersuchung der Strategien dieser unbekannten Marktführer entstand früher, nämlich im Jahre 1986. Damals traf ich in Düsseldorf Professor Theodore Levitt, den berühmten Marketingexperten der Harvard Business School. Wenige Jahre zuvor, 1983, hatte Levitt den Begriff »Globalisierung« mit einem bahnbrechenden Artikel in der Harvard Business Review populär gemacht.2 Levitt interessierte sich insofern für alles, was mit dem Thema zu tun hatte. Seinerzeit begannen wir eine Diskussion über den anhaltenden deutschen Exporterfolg. Zwei Jahre später, während meiner Gastprofessur an der Harvard Business School, sprachen wir wiederholt über dieses Thema.3 Unsere Diskussion könnte heute, über 20 Jahre später, in praktisch unveränderter Form fortgesetzt werden. Ted Levitt verstarb im Jahre 2006, dieses Buch widme ich ihm.

Nach wie vor brilliert Deutschland als Exportweltmeister. Selbst wenn China, dessen Bevölkerung gut 15-mal so groß ist wie die deutsche, in den nächsten Jahren zum größten Exporteur aufsteigt, schmälert dies die hervorragende Exportleistung der deutschen Unternehmen nicht. Deutschland und China sind die großen Profiteure der Globalisierung.4 Die starke Exportperformance der deutschen Wirtschaft ist nicht primär auf Großunternehmen zurückzuführen. Denn diese unterscheiden sich nicht grundlegend von ihren internationalen Wettbewerbern. Großunternehmen, die sehr viel exportieren und weltweit aktiv sind, gibt es in allen hoch entwickelten Industrieländern. In der Diskussion mit Professor Levitt vermuteten wir, dass die Ursachen der nachhaltigen deutschen Exportstärke bei den mittleren und den kleineren Firmen zu suchen seien. Nicht jeder Mittelständler ist automatisch ein erfolgreicher Exporteur, aber im Mittelstand gibt es zahlreiche Firmen, die auf ihren jeweiligen Märkten Welt- oder Europamarktführer sind. An der These, dass diese Marktführer entscheidend zur Nachhaltigkeit und zur Stärkung |12|der deutschen Exportposition beigetragen haben, hat sich bis heute nichts geändert – eher ist ihre Rolle im Prozess der Globalisierung noch bedeutender geworden.

Die Strukturen in Österreich und in der Schweiz sind vergleichbar. Dort spielen mittelgroße Unternehmen eine ähnlich bedeutsame Rolle wie in Deutschland. Daher dehnte ich meine Analyse auf den gesamten deutschsprachigen Raum aus. Dieses Buch beschäftigt sich folglich mit den Strategien wenig bekannter Welt- und Europamarktführer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch Luxemburg hat mehrere Hidden Champions aufzuweisen.

Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts prägte ich für diese Firmen den Ausdruck »Hidden Champions«. Ein erster Artikel mit diesem Titel erschien in der Zeitschrift für Betriebswirtschaft 1990, ein weiterer in der Harvard Business Review 1992.5 Das Wortspiel mit den Gegensätzen »hidden, verborgen, heimlich« einerseits und »Champion, Gewinner, Weltmeister« andererseits trug zum Mythos des Begriffes bei. »Hidden Champions« ist mittlerweile national wie international zu einem gängigen Schlagwort geworden. Im Sommer 2007 erscheinen beim Aufruf von »Hidden Champions« in google.com 95300 Einträge. Und natürlich gibt es auch eine Homepage mit dem Domainnamen »HiddenChampions.com«. Das Buch traf weltweit auf großes Interesse und wurde in 16 Sprachen publiziert. Hidden Champions schaffte es sogar auf die Titelseite der Zeitschrift Business Week.

Abb.: Hidden Champions im Spiegel weltweiter Publikationen

|13|Die Rezeption des Hidden Champions-Konzeptes hat sich im Zuge der Jahre verändert. In den frühen Jahren wurden die Strategien und Führungsmethoden gelegentlich »belächelt« oder als »exotisch« und nicht mehr zeitgemäß wahrgenommen. Manche Betrachter verbanden mit einem Hidden Champion die Vorstellung vom »schwäbischen Tüftler«, der mit extremer Spezialisierung und fanatischer Dedikation in einer winzigen Nische seinem Werk nachgeht, aber im Zeitalter der Großkonzerne, der Diversifikation und der Globalisierung keine dauerhafte Chance habe. Ein solcher Mittelständler sei dazu verdammt, klein zu bleiben, irgendwann technologisch obsolet zu werden oder letztlich an der mangelnden Risikostreuung, der Kehrseite seiner Fokussierung, zugrunde zu gehen. Oft komme eine archaische, patriarchalisch-autoritäre Führung hinzu, die von den Mitarbeitern in unserer Zeit immer weniger akzeptiert werde. Ohne Zweifel treffen solche Urteile einen Teil der Wirklichkeit. Doch die Welt und die Wege der Hidden Champions des 21. Jahrhunderts haben sich völlig entgegen den Erwartungen dieser Skeptiker entwickelt. Dieses Buch deckt auf, welch spektakuläre Entwicklung die Hidden Champions in den Jahren seit 1995 durchlaufen haben.

Mehr denn je bin ich davon überzeugt, dass dauerhaft herausragende Führung und Strategie eher bei den Hidden Champions als bei Großunternehmen zu finden sind. Nach wie vor konzentrieren sich Managementforschung, -lehre und -literatur auf große bekannte Firmen. So waren in den 1950er Jahren General Motors und in den 1970er Jahren IBM die jeweiligen Stars und Vorbilder für ausgezeichnete Unternehmensführung. Heute sind es Toyota, Microsoft, Nokia oder Internetfirmen wie Ebay und Google. Ohne Zweifel sind diese Unternehmen sehr erfolgreich. Doch wie der Glanz von General Motors und IBM verblichen ist so könnte es sich auch für Toyota und die anderen großen Starfirmen unserer Zeit zutragen, wenn man aus der Perspektive des Jahres 2035 zurückblickt? Und was lernt der normale Wirtschaftsmensch wirklich von Jahrhundertstars wie Microsoft und Google? Sie sind so einzigartig wie Albert Einstein, Franz Beckenbauer oder Boris Becker in ihren jeweiligen Disziplinen. Demgegenüber eignen sich die Hidden Champions sehr viel besser als Vorbilder und Lehrbeispiele, denn sie sind im Kern »normale« Firmen, die es aber durch bestimmte Strategien geschafft haben, in ihren Märkten die Spitzenposition zu erreichen. Diese Strategien beinhalten nachahmenswerte Lehren für kleine wie für große Unternehmen.

In diesem Buch finden Sie eine Vielzahl von Fakten und Daten. Diese Informationen beruhen zum weitaus größten Teil auf Angaben, die aus den jeweiligen Unternehmen stammen. Auf diese Angaben muss ich mich als Autor |14|verlassen, da ich sie nicht – zumindest nicht mit vertretbarem Aufwand – überprüfen kann. Das bedeutet aber auch, dass ich keinerlei Gewährleistung für die Richtigkeit derartiger Angaben und Daten übernehmen kann. Darauf weise ich den Leser ausdrücklich hin.

Dieses Buch wäre nicht möglich gewesen ohne die Auskunftsbereitschaft Tausender von Unternehmern, Führungskräften und Mitarbeitern der Hidden Champions im Rahmen von Gesprächen, Workshops, Beratungsprojekten und Fragebogenaktionen. Ich danke allen für ihre Unterstützung. Dr. Katja Erler-Niemeyer, Dorothea Hayer, Kerstin Polmans, Kerstin Schöne, Ingo Lier, Robertson Linsner, Nikolaus Schäfer, Jens Simon und Sandra Hoffmann gilt mein Dank für ihre Hilfe bei Analysen, Recherchen und der technischen Erstellung.

Anmerkungen

1

Hermann Simon, Hidden Champions. Lessons from 500 of the World’s Best Unknown Companies, Boston: Harvard Business School Press 1996; deutsche Ausgabe: Die heimlichen Gewinner (Hidden Champions). Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktführer, Frankfurt/New York: Campus Verlag 1997.

2

Vgl. Theodore Levitt, »The Globalization of Markets«, Harvard Business Review, Mai-Juni 1983, S. 92-102. Den Ausdruck »Globalization« gab es bereits seit 1944, und seit 1981 kam er in breiteren Gebrauch. Doch erst durch den Artikel von Levitt gelangte er in den betriebswirtschaflichen Mainstream.

3

Theodore Levitt wurde im Jahre 1925 als Sohn jüdischer Eltern in dem hessischen Dorf Vollmerz geboren und wuchs dort auf. Im Alter von elf Jahren immigrierte er mit seinen Eltern in die USA. Seiner eigenen Aussage nach hatte er die deutsche Sprache verlernt, fühlte sich aber Deutschland verbunden. Nur einmal hörte ich ihn deutsch sprechen. Als er im Frühjahr 1989 zu meiner Abschiedsparty von Harvard kam, fragte er in hessischem Tonfall: »Gibt’s hier Blutwurst?«. Ich habe ihn in den folgenden Jahren noch häufig in Harvard besucht, meistens sprachen wir über Deutschland.

4

Luis Miotti und Frédérique Sachwald, Commerce mondial: le retour de la »vieille économie«?, Paris: Institut français des relations internationales 2006.

5

Vgl. Hermann Simon, »Hidden Champions. Speerspitze der deutschen Wirtschaft«, Zeitschrift für Betriebswirtschaft, September 1990, S. 875-890; ders. »Lessons from Germany’s Midsize Giants«, Harvard Business Review, März-April 1992, S. 115-123.

|15|Kapitel 1

Mythos Hidden Champions

Große Unternehmen werden ständig von Wissenschaftlern, Analysten, Aktionären oder Journalisten durchleuchtet. Demgegenüber wird die Erkenntnisquelle Hidden Champions nach wie vor kaum beachtet. Diese mehrere tausend global äußerst erfolgreiche Firmen bleiben hinter einem Schleier von Unscheinbarkeit, Unsichtbarkeit und teilweise bewusster Verschwiegenheit versteckt. Nur wenige Praktiker, Berater, Journalisten oder Wissenschaftler kennen überhaupt ihre Namen. Ganz zu schweigen von den Produkten, die sie herstellen, wie sie sich im Wettbewerb durchsetzen oder – noch schwieriger zu erforschen – wie sie intern geführt werden.

Dabei steht diese Verborgenheit in totalem Widerspruch zu den Positionen und der Überlegenheit, die die Hidden Champions in ihren Märkten besitzen. Viele dieser Firmen haben Weltmarktanteile von über 50 %, manchmal sogar 70 oder 90 %, und sind mehr als doppelt so groß wie ihre stärksten Konkurrenten. Das sind Marktpositionen, die nur wenige große multinationale Unternehmen erreichen. Und viele dieser Hidden Champions des 21. Jahrhunderts hinken im Prozess der Globalisierung nicht hinterher, sondern sind dessen treibenden Kräfte. Sie haben ihre Größe und ihre Wettbewerbsstärke massiv gesteigert. Nicht zuletzt beeindrucken die Dauerhaftigkeit und die Nachhaltigkeit, mit der sich diese mittleren und kleineren Firmen weltweit in ihren Märkten behaupten. Davon kann sich mancher Große ein Stück abschneiden.

Nur wenige Managementwissenschaftler gehen solchen langfristigen Erfolgsstrategien auf den Grund und lassen sich nicht von der Mode des Tages leiten. Der vielleicht bemerkenswerteste Forscher dieser Art ist der Amerikaner Jim Collins, der bezeichnenderweise nicht an einer der berühmten Universitäten, sondern als freier Gelehrter arbeitet. In seinem Buch Good to Great berichtet er von Befunden, die mit den meinen vielfach übereinstimmen.1 Ein Beispiel für einen solchen Befund von Collins: Je weniger die Chefs |16|nach außen auftreten und bekannt sind, desto langfristig erfolgreicher sind die Firmen. Könnte es ein schlagenderes Argument für die Verschwiegenheit der Hidden Champions geben?

Wer sind sie? Eine Auswahl

Wer sind nun diese Hidden Champions des 21. Jahrhunderts? Obwohl uns ihre Erzeugnisse ständig umgeben, haben wir von den weitaus meisten dieser Firmen nie gehört. Die folgende Auswahl ist willkürlich, gibt aber einen Eindruck von der Art, der Marktposition und den Besonderheiten dieser Firmen.

Hidden Champions aus Deutschland

Baader

In Island heißt ein qualifizierter Mechaniker »Baader-Man«. Dies liegt daran, dass er im Zweifelsfalle an Baader-Systemen ausgebildet wurde. Auch in Wladiwostok hat man keine Probleme, Produkte und Services von Baader zu bekommen. Baader ist der mit Abstand führende Anbieter von Fischverarbeitungsanlagen und hat einen Weltmarktanteil von 80 %.

Tetra

Haben Ihre Kinder ein Aquarium? Dann kennen Sie vermutlich Tetramin, das Lieblingsfutter der Zierfische. Tetra ist Weltmarktführer für Aquaristik- und Gartenteichbedarf. Tetras Marktanteil ist 3,6-mal so groß wie der Marktanteil des stärksten Konkurrenten.

Schwan-Stabilo

Diese Firma kennen Sie vielleicht von Schreibgeräten. Es dürfte Ihrer Aufmerksamkeit jedoch entgangen sein, dass Schwan-Stabilo Cosmetics mit Sitz in Heroldsberg bei Nürnberg knapp die Hälfte aller Eyeliner und Lipliner in der Welt produziert.

|17|3B Scientific

Sind Sie schon mal einem Skelett begegnet (z. B. während eines Erste-Hilfe-Kurses)? Es war bestimmt von 3B Scientific aus Hamburg, dem Weltmarktführer für anatomische Lehrmittel.

Arnold & Richter, Sachtler

Vor einigen Monaten ging ich mit einem Bekannten, der mit dem Hidden Champions-Konzept vertraut war, durch Tokio. Wir trafen auf ein professionelles Filmteam. Spontan sagte ich zu meinem Begleiter: »Ich zeige Ihnen jetzt einmal zwei deutsche Hidden Champions-Produkte in Aktion – mitten in Tokio«. Ohne zu zögern ging ich auf den Kameramann zu, natürlich hatte er eine ARRI-Kamera und ein Sachtler-Stativ, er war eben ein Profi. Beide Firmen sind Weltmarktführer und für ihre Produkte mit dem Oscar ausgezeichnet worden.

Flexi

Vor gut 30 Jahren kam der Gründer dieses Unternehmens, Manfred Bogdahn, auf die Idee, seinem Hund mehr Lauffreiheit zu geben, und erfand eine Roll-Leine für Hunde. Heute exportiert Flexi als Marktführer mehr als 90 % seiner Produkte in über 50 Länder der Erde.

Kirow Leipzig

Bei Bahnkränen hat Kirow Leipzig einen Weltmarktanteil von 85 %. Kirow ging aus dem TAKRAF-Kombinat der früheren DDR hervor und gehört zu der ansteigenden Zahl von Weltmarktführern in den neuen Bundesländern (vgl. dazu Abbildung 12.4).

Verlag Aenne Burda

Burda Mode kennt jeder. Aber nur wenigen dürfte bewusst sein, dass die Modezeitschriften und Modenschnitte des Verlages Aenne Burda in 16 Sprachen und in 89 Ländern erscheinen und seit 1961 Weltmarktführer sind.

W.E.T. und Webasto

Wenn es im Winter kalt ist, werden Sie die Sitzheizung in Ihrem Auto schätzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Heizung von W.E.T. Automotive |18|Systeme kommt, ist über 50 %, denn W.E.T. ist mit weitem Abstand Weltmarktführer. Und falls Sie eine Standheizung brauchen, sind Sie bei Webasto, dem Weltmarktführer für Standheizungen, an der richtigen Adresse. Webasto ist außerdem die Nr. 1 in der Welt für Autoschiebedächer.

Belfor

Belfor, bis Ende 2006 eine hundertprozentige Tochter von Haniel und seither im Eigentum des Managements, ist der globale Marktführer für die Sanierung von Brand-, Wasser- und Sturmschäden. Mit 650 Millionen Euro Umsatz und rund 3000 Mitarbeitern übertrifft Belfor seinen stärksten Konkurrenten um mehr als das Doppelte und ist die einzige Firma, die diese Spezialdienstleistung weltweit anbietet.

CEAG

Jedes vierte Handy der Welt, wir reden hier von mehreren Hundert Millionen Geräten, wird mit einem Ladegerät der Marke FRIWO des deutschen Weltmarktführers CEAG ausgestattet. CEAG beschäftigte per 31. Dezember 2006 in China mehr als 21000 Mitarbeiter (in Deutschland nur 270) und produziert pro Woche fünf bis sechs Millionen Ladegeräte.

Gartner

Es werden immer mehr Hochhäuser gebaut. Wer realisiert die Fassaden für solche gigantischen Wolkenkratzer? Im Zweifelsfalle die Firma Josef Gartner aus Gundelfingen im Schwäbischen, denn Gartner ist für solche Jobs die unbestrittene Nr. 1 in der Welt. Besondere Aufmerksamkeit ziehen dabei die jeweils neuen Rekorde auf sich, wie das bis dato höchste Gebäude der Welt »Taipeh 101« (101 steht für die Zahl der Stockwerke). Gartner hat die Fassadenelemente für »Taipeh 101« mit einem Flugzeugtriebwerk auf Sturmfestigkeit getestet. Einen ersten ungewollten Härtetest, ein Erdbeben der Stärke 6,8, hat die Fassade unbeschadet überstanden.

Wirtgen

Stau auf der Autobahn. Vielleicht wird gerade die Fahrbahn erneuert. Dazu muss die alte Decke zunächst abgefräst werden. Das machen die Straßenfräsen von Wirtgen, Weltmarktanteil 70 %.

|19|Gerriets

Dieses Unternehmen stellt Theatervorhänge und Bühnenausstattungen her. Es ist der einzige Hersteller von großen Bühnenvorhängen auf der Welt, sodass der Weltmarktanteil in diesem Segment 100 % beträgt. Egal, ob Sie in der Metropolitan Opera in New York, in der Scala in Mailand oder in der Opera Bastille in Paris sitzen, die Vorhänge stammen von Gerriets.

Klais

Orgeln von Klais sind in der ganzen Welt berühmt. Die Instrumente dieses Bonner Unternehmens spielen im Dom und in der Philharmonie in Köln genauso wie im Nationaltheater in Peking, in der Kyoto Concert Hall in Japan, in Caracas, London, Brisbane, Manila (eine Bambusorgel) oder den Petronas Twin Towers in Kuala Lumpur. Sie werden es nicht glauben: Diese weltweit tätige Firma hat gerade einmal 65 Mitarbeiter. Interessanterweise kommen auch alle relevanten Konkurrenten aus dem deutschsprachigen Raum (Kuhn aus der Schweiz, Rieger aus Österreich und Schuke aus Berlin). Globalität ist keine Frage der Unternehmensgröße.

Barth

Wenn Sie ein Glas Bier trinken, werden Sie kaum darüber nachdenken, wo der Hopfen – ein wesentlicher Bestandteil des Bieres – herkommt. Die Firma Barth, 1794 gegründet, ist mit einem Weltmarktanteil von 35 % der führende Anbieter von Hopfen und Hopfenprodukten.

Stengel

Vermutlich sind Sie schon einmal Achterbahn gefahren. Haben Sie dabei überlegt, wer diese Achterbahnen plant und realisiert? Das ist mit ziemlicher Sicherheit, egal wo in der Welt, das Ingenieurbüro Stengel. In über 40 Jahren hat Stengel an mehr als 500 Achterbahnen für Vergnügungsparks wie Disney World, Phantasialand oder Six Flags gearbeitet.

Hasenkamp, Hillebrand

Hier handelt es sich um zwei weltmarktführende Spezialspeditionen mit Sitz am Rhein. Hasenkamp aus Kerpen bei Köln ist der Spezialist für Kunsttransporte, ein äußerst sensibles Geschäft. In Europa ist die Firma |20|klarer Marktführer, in der Welt je nach Segment Nr. 1 bis 3. Hasenkamp hat die Gemälde des Guggenheim-Museums genauso sicher um die Welt transportiert wie chinesische Tonsoldaten, versunkene Schätze aus Ägypten oder Kostbarkeiten aus tibetischen Klöstern. Wenn Sie einen chilenischen Wein in Japan genießen, werden Sie kaum auf die Idee kommen, dass er von der Firma Hillebrand aus Mainz dorthin gebracht wurde. Hillebrand, der Weltmarktführer im Transport von Wein und alkoholischen Getränken, ist mit 72 Büros in allen Weinbauregionen und relevanten Konsummärkten präsent. Im Weintransport hat Hillebrand einen Weltmarktanteil von über 50 %.

Heraeus

Eine wahre Ansammlung von Hidden Champions findet sich im Heraeus-Konzern, der im Jahre 2006 mit eigenen Produkten 2,7 Milliarden Euro umsetzte und zudem einen Edelmetallhandelsumsatz von 9,4 Milliarden Euro aufwies. Heraeus ist sich selbst für kleinste Geschäfte nicht zu schade. Beispiel »Füllfederhalter-Schreibköpfe«, kleine Kugeln, präzise gerundet und resistent gegen alle aggressiven Tinten und Papiersorten. Heraeus deckt 98 %, bei Luxusfüllern sogar 100 %, des Weltbedarfs ab. In neun von zehn Herzschrittmachern finden sich Komponenten von Heraeus. Die Heraeus-Tochter Electro-Nite ist mit einem Marktanteil von 60 % nicht nur insgesamt in der Welt, sondern in jedem einzelnen Land Marktführer für Sensoren in der Stahlindustrie.

Basler

Dieses Unternehmen mit Hauptsitz in Ahrensburg nahe Hamburg ist der weltweit führende Hersteller von industriellen Visionssystemen und -komponenten. Sie sind eine wesentliche Grundlage zur Optimierung und Automatisierung industrieller Produktionsprozesse.

Merck

Wie oft schauen Sie auf Ihr Handy-Display oder erfreuen sich an einem großen Flachbildschirm? Diese Geräte kommen vermutlich nicht aus Deutschland. Aber die Flüssigkristalle, die solche Bilder erst ermöglichen, stammen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von der Darmstädter Firma Merck. Merck hat einen Weltmarktanteil von mehr als 50 % und erzielte mit diesen Produkten 2006 einen Umsatz von 892 Millionen Euro.

|21|Scherdel

Die Firma Scherdel aus Marktredwitz hat 50 % des Weltmarktes für Ventil- und Kolbenfedern. Zu ihren Kunden zählen nicht nur deutsche Hersteller wie BMW oder Porsche, sondern auch japanische Spitzenunternehmen wie Toyota oder Honda.

Wanzl

Schauen Sie sich beim nächsten Besuch im Supermarkt oder im Flughafen einmal an, wer die Einkaufswagen oder die Gepäckkarren herstellt. Die Chance ist hoch, dass Sie ein Schild von Wanzl finden, denn diese Firma ist der klare Weltmarktführer.

Kleffmann Group

Erst 1990 von dem jungen Landwirt Burkhard Kleffmann gegründet, ist dieses in Lüdinghausen in Westfalen ansässige Unternehmen mittlerweile zum Weltmarktführer in der Agrarmarktforschung aufgestiegen und hat 17 eigene Auslandsbüros.

Dorma

Diese Firma ist gleich vierfacher Weltmarktführer: in Türschließtechnik, bei Raumtrennsystemen und automatischen Türsystemen und neuerdings auch bei Glasbeschlagssystemen. Zusätzlich ist Dorma Deutschlands Nr. 1 in Flucht- und Rettungstechnik. Das Unternehmen beschäftigt 6100 Mitarbeiter in 65 eigenen Gesellschaften und ist in 130 Ländern vertreten. Der Umsatz beträgt 767 Millionen Euro.

Hidden Champions aus Österreich

Plansee

Plansee in Reutte/Tirol ist der weltweit führende Hersteller von Hochleistungswerkstoffen aus hochschmelzenden Metallen und Verbundwerkstoffen – ein High-Tech-Unternehmen par excellence.

|22|Blum

Man muss viele Möbelbeschläge verkaufen, um damit 962 Millionen Euro Umsatz zu erreichen. Genau das tut die Firma Blum aus Höchst in Vorarlberg und ist damit die Nr. 1 in der Welt.

Delfort

Falls Sie noch Raucher sind, haben Sie schon mal überlegt, wer das Zigarettenpapier herstellt? Die Nr. 1 ist Delfort aus Traun in Oberösterreich.

BWT

Wasser ist nicht alles – aber ohne Wasser ist alles nichts. Das dachte sich auch das Mondseer Wasseraufbereitungsunternehmen BWT, der weltweite Marktführer bei Reinstwasseraufbereitungsanlagen für die Halbleiterindustrie. Die Liste der BWT-Kunden liest sich deshalb wie das Who’s who der Halbleiterbranche und enthält prominente Namen wie Intel, Infineon oder AMD.

Jungbunzlauer

Wenn Sie eine Coca-Cola trinken, denken Sie vermutlich nicht an Jungbunzlauer. Dabei steckt in jeder Coca-Cola die Zitronensäure dieses Weltmarktführers österreichisch-schweizerischer Provenienz.2

Hidden Champions aus der Schweiz

Nivarox

Von diesem schweizerischen Mittelständler haben Sie vermutlich noch nie gehört. Dabei ist die Chance hoch, dass das Regulierungsorgan in Ihrer Armbanduhr von Nivarox ist. Der Weltmarktanteil beträgt 90%. Dazu passt Universo, der Weltmarktführer bei Uhrenzeigern, aus Chaux-de-Fonds. Wer bedenkt schon, dass jemand die winzigen Zeiger für Armbanduhren herstellen muss.

Lantal

Lantal ist ein Kürzel für Langenthal im Schweizer Kanton Bern. Dahinter verbirgt sich der Weltmarktführer für die Kabinenausstattung von Verkehrsflugzeugen|23|. Lantal hat einen Weltmarktanteil von 60 %, zu den Kunden zählen mehr als 300 Fluggesellschaften sowie Boeing und Airbus.

Bühler

Die Firma Bühler aus Uzwil ist Spezialist für mechanische und thermische Verfahrenstechnik bei Lebens- und Futtermitteln sowie im Druckguss und gleich mehrfacher Weltmarktführer. In Systemen für die Getreideverarbeitung sowie die Schokoladenproduktion liegen ihre Weltmarktanteile bei über 50 %, im Druckguss bei über 30 %.

Phonak

Unser Ohr – das Tor zur Welt. Das Hören – ein unumstritten wichtiger Sinn. Phonak, der weltweit führende Hörgerätehersteller, hilft, ihn aufrechtzuerhalten, und dies mit Erfolg. Nach der Übernahme des dänischen Konkurrenten Resound im Jahre 2007 wird Phonaks Weltmarktanteil 36 % betragen. Damit ist Phonak dann die klare Nr. 1 vor Siemens Audiologische Technik.

SGS

Die schweizerische Firma SGS ist der Weltmarktführer für Warenprüfung und Zertifizierung. Mit einem Umsatz von 2,4 Milliarden Euro (3,8 Milliarden Schweizer Franken) befindet sich die SGS dank der Globalisierung auf einem rasanten Wachstumskurs.

Hidden Champions aus Luxemburg

Obwohl das Großherzogtum Luxemburg nur 450000 Einwohner hat, finden sich dort eine Reihe weltmarktführender Unternehmen.

Euro-Composites

Die Produkte dieses Weltmarktführers für Bauteile aus Aramid-Fasern werden in fast allen Passagierflugzeugen und zunehmend auch in modernen Eisenbahnwagen eingesetzt.

|24|SES

Wer sendet die Signale an Ihre Satellitenantenne? Es sind die Satelliten des globalen Marktführers Société Européenne des Satellites, kurz SES, aus Luxemburg.

Die Liste der Luxemburger Hidden Champions ließe sich fortsetzen. Die Firma Elster ist Nr. 1 in der Welt bei Zählern für Strom, Gas oder Wasser. Ceratizit ist einer der Marktführer bei Hartmetallwerkzeugen. Tenaris ist Weltmarktführer bei Rohren, die in der Exploration und Produktion von Öl eingesetzt werden.

Hidden Champions in neuen Märkten

Nun mögen Sie denken, dass die typischen Hidden Champions alte Firmen sind, denn bekanntlich dauert es lange, eine weltmarktführende Position aufzubauen. Doch es gibt auch viele jüngere Hidden Champions, die oft einen neuen Markt begründet haben. Hier sind einige Beispiele:

Brainlab

Brainlab bietet für die Chirurgie die gleiche Leistung, die bei Ihrer Autofahrt das Navigationssystem erbringt, nämlich ein Positionierungssystem für die Instrumente. Seit 1989 sorgt Brainlab dafür, dass chirurgische Eingriffe im Vorfeld präziser geplant und Operationen exakter durchgeführt werden. Mit über 2 650 installierten Systemen weltweit deckt dieses rasant wachsende Unternehmen 60 % des Weltmarktes ab.

Delo

Ob im Airbag-Sensor, dem Chip auf EC-Karten und Reisepässen oder in weltweit jedem zweiten Handy – Delo-Klebstoffe haben sich, vom Verbraucher unbemerkt, in vielen Bereichen unentbehrlich gemacht. Besonders in neuen Technologien wie Smartcards nimmt Delo eine weltweit führende Stellung ein. In drei von vier Chipkarten steckt Delo-Klebstoff.

Enercon

Sie mögen sich gelegentlich über Windräder ärgern. Einer der führenden Spieler ist Enercon aus Aurich in Ostfriesland. Obwohl erst 1984 gegründet, |25|ist diese Firma der Technologieführer in der Windenergieerzeugung und mittlerweile ein Gigant mit 2 Milliarden Euro Umsatz und fast 10000 Mitarbeitern. Enercon besitzt mehr als 40 % aller Patente weltweit für die Windenergieerzeugung.

Carbon Sports

Die von den deutschen Konstrukteuren Rudolf Dierl und Heinz Obermayer seit 1995 entwickelten Laufräder gelten als die besten Wettkampfräder der Welt. Seither werden die superleichten und aerodynamischen Räder bei so gut wie allen wichtigen Profirennen eingesetzt.

Omicron

Dieser 1984 gegründete Weltmarktführer für Raster-Tunnel- und Raster-Sonden-Mikroskope sorgt vom hessischen Taunusstein aus dafür, dass die vielen neuen Nanotechnologie-Firmen ihre Produkte überhaupt erkennen können.

Solarworld

Die Energiepreise steigen. Haben Sie schon einmal mit dem Gedanken gespielt, Ihren eigenen Strom zu gewinnen? Der führende Solarzellenhersteller Solarworld fängt für Sie die Strahlen der Sonne ein. Das erst 1998 gegründete Unternehmen wird von den Aktionären geschätzt. Der Börsenwert steht im Frühjahr 2007 bei 3,5 Milliarden Euro.

Beluga

Wie bekommen Sie zwei Hafenkräne mit einem Gewicht von je 368 Tonnen von Antwerpen nach San Juan, Puerto Rico? Die Antwort lautet: Beluga Shipping. Dieses erst 1995 von dem jungen Kapitän Niels Stolberg gegründete Dienstleistungsunternehmen hatte 2006 bereits 40 Schwergutschiffe und ist einer der weltweiten Marktführer in der Schwergut-Reederei.

Jamba

Jamba ist ziemlich bekannt, nicht wirklich »hidden«. Dennoch dürften nur wenige wissen, dass Jamba zum Weltmarktführer für Handy-Klingeltöne aufgestiegen ist. Jamba wurde im August 2000 von den drei Brüdern Oliver, |26|Mark und Alexander Samwer sowie Max Finger und Ole Brandenburg gegründet. Im Mai 2004 erfolgte der Verkauf für 273 Millionen Dollar an die amerikanische Firma Verisign. Im September 2006 reichte diese 51 % von Jamba für 188 Millionen Dollar an die News Corp des Verlegers Rupert Murdoch weiter. Jamba, nach wie vor in Berlin beheimatet, verkauft heute in mehr als 30 Ländern Klingeltöne und erzielte 2006 einen Umsatz von über 300 Millionen Dollar. Im Januar 2007 bezeichnete Peter Chernin, President der News Corp, Jamba als »our most interesting acquisition in the mobile space«3 . Er begründet dies damit, dass es auf der Welt heute mehr als zwei Milliarden Mobiltelefone, aber nur jeweils eine Milliarde Fernseher und Internetanschlüsse gibt.

EOS

Um in der Automobilindustrie und in der Luftfahrttechnik entwicklungsmäßig mithalten zu können, bedienen sich Unternehmen wie Jaguar und Boeing der Technologie des Laser-Sinterns. Das Unternehmen EOS, 1989 gegründet, ist Weltmarktführer im Bereich Laser-Sinter-Dienstleistungen. Durch diese Technologie können Bauteile – schnell, flexibel und kostengünstig – direkt aus elektronischen Daten erstellt werden (sogenanntes Rapid Prototyping), was die Produktentwicklung und die Produktionsprozesse beschleunigt.

Diese Liste von Hidden Champions könnte beliebig verlängert werden. Was fällt auf? Es handelt sich keineswegs nur, wie viele vermuten, um die für den deutschsprachigen Raum so typischen Maschinen- und Anlagenbauer oder Zulieferer, sondern das Leistungsspektrum der Hidden Champions spiegelt die gesamte Breite von Industriegütern, Konsumprodukten und Dienstleistungen wider. Dabei sind wir uns vieler Produkte, mit denen wir täglich umgehen, überhaupt nicht bewusst. So gibt es Hidden Champions für Knöpfe (Deutsche Knopf-Union in Bielefeld), Bucheinbandstoffe (Bamberger Kaliko), Metallgewerbe (GKD Kufferath in Düren), zerstörungsfreie Materialprüfung (Förster in Reutlingen, Deutsch in Wuppertal, GE Inspection Technologies in Hürth bei Köln), Klimatisierung von Nutzfahrzeugen (Konvekta in Schwalmstadt), Rohkaffeehandel (Neumann-Gruppe in Hamburg), Nähnadeln (Groz-Beckert in Albstadt), Saatgut (KWS Saatgut in Einbeck), Seilspielgeräte (Berliner Seilfabrik), Aromen und Duftstoffe (Givaudan und Firmenich in der Schweiz, Symrise in Holzminden), Blumenerde (ASB Grünland in Ludwigsburg), Hühnerställe (Big Dutchman in Vechta), Hotelreservierungssoftware (Micros Fidelio in Neuss), Fliegenfänger (Aeroxon in Waiblingen), Temperiertechnik (Single in Hochdorf), Frühstückseier |27|(Deutsche Frühstücksei in Neuenkirchen-Vörden), Reisemobile (Hymer in Wangen/Allgäu), kleine unbemannte Aufklärungsflugzeuge (Diamond Aircraft in Wiener Neustadt, Österreich), Eiscremetruhen (Austria Haustechnik in Rottenmann, Österreich), Brikettier/Kompaktieranlagen (Koeppern in Hattingen), Rohschokolade (Barry Callebaut in Zürich), Hochleistungssportpferde (Schockemöhle in Mühlen) oder große lebende Bäume (von Ehren in Hamburg).

Der Schleier der Verborgenheit

Warum sind diese ausgezeichneten Firmen, die in ihren Märkten weltweit oder europaweit dominierende Marktpositionen besitzen, derart im Verborgenen geblieben? Es gibt hierfür eine ganze Reihe von Gründen. Die offensichtlichste Ursache liegt darin, dass die Produkte der Hidden Champions für den Verbraucher weitgehend unsichtbar bleiben. Viele von ihnen operieren tief im »Hinterland« der Wertschöpfungskette, indem sie Maschinen, Komponenten oder Prozesse beisteuern, die im Endprodukt oder der Enddienstleistung nicht mehr erkennbar sind, sozusagen ihre Identität oder Eigenständigkeit verloren haben. Welchen Hotelgast interessiert schon, mit welcher Software ein Hotel die Zimmerbelegung managt? Wer denkt beim Kauf oder Genuss eines Getränkes daran, wie das Getränk in die und das Etikett auf die Flasche kamen, folglich kennt auch kaum jemand Krones, den Weltmarktführer für Flaschenabfüllanlagen. Wer, außer Fachingenieuren, weiß, dass die Innenfläche von Zylindern in Verbrennungsmotoren nicht eben sein darf, sondern zum Zwecke optimaler Schmierung eine bestimmte Form der Unebenheit aufweisen soll, die am besten mit den Honmaschinen der Firma Gehring erzeugt wird. Oder welche Verbraucherin kümmert, woher die Düfte in ihrem Parfüm stammen? Selbst bei Konsumgütern kann der Hersteller dem Endverbraucher verborgen bleiben. So wird kaum ein Verbraucher wissen, dass Freiberger Europas größter Pizzabäcker ist (Marktanteil 22 %), da die Produkte als Handelsmarken vertrieben werden. Das Gleiche gilt für Stute aus Paderborn, einen der führenden Obstsaftproduzenten und Gemüseverarbeiter Europas.

Ein weiterer Grund für den Schleier liegt in der Verschwiegenheit der Hidden Champions. So schreibt Dr. Thomas Lindner, Vorsitzender der Geschäftsführung von Groz-Beckert, Weltmarktführer bei Nadeln für die verschiedensten Einsatzzwecke: »Jede unerwünschte öffentliche Nennung unseres Unternehmens konterkariert unser Streben, unbekannt zu bleiben.« Groz-Beckert, das sei angemerkt, ist kein Winzling, sondern hat 7000 Mitarbeiter|28|. Klaus Eisert, Geschäftsführer von Phoenix Contact, einem marktführenden Unternehmen für elektronische Steckverbindungen mit gerade mal 8400 Mitarbeitern, lässt mich wissen: »So sehr ich Ihr Engagement begrüße, so wenig verspürt der Unterzeichner Lust, in diese Unternehmensliga schriftstellerisch-offiziell eingereiht zu werden.« Robert Bauer, Vorstandssprecher der Sick AG, mit mehr als 4300 Mitarbeitern tätig im Bereich Sensoren, erläutert: »Ihnen muss ich sicher nicht erklären, dass Hidden Champions deshalb verborgen sind, weil sie bestimmte Erfolgsstrategien diskret behandeln.« Diese Äußerungen sind symptomatisch für viele Hidden Champions, die die Öffentlichkeit scheuen. Nicht wenige verfolgen explizit die Politik, sich nicht mit Journalisten, Wissenschaftlern oder sonstigen Neugierigen einzulassen. In einem persönlichen Gespräch sagte mir der Chef des Weltmarktführers für eine Schlüsselkomponente in der Schwingungsdämpfung: »Wir wollen weder, dass unsere Wettbewerber noch unsere Kunden unseren tatsächlichen Marktanteil kennen.« Und der Juniorchef eines Dienstleisters bemerkte in einem ähnlichen Gespräch: »Jahrelang haben wir an unserer Anonymität festgehalten. Dies ist sehr bequem. Niemand hat unsere Marktnische bemerkt.«

Ein Vorteil dieser Zurückhaltung gegenüber der Öffentlichkeit, der Presse und der Wissenschaft sollte nicht unterschätzt werden. Diese Haltung trägt erheblich zur Konzentration auf das eigentliche Geschäft bei. Der oben erwähnte Jim Collins spricht von »Showhorses«, also Pferden, die in Shows auftreten, und von »Ploughhorses«, Pferden, die den Pflug ziehen. »Ploughhorses« verwenden wenig Zeit und Energie auf Außendarstellung und können entsprechend konzentrierter ihren eigentlichen Aufgaben nachgehen, das heißt sich ums Geschäft kümmern.

Die beschriebene Zurückhaltung bedeutet nicht, dass die Hidden Champions ihren direkten Kunden nicht bestens bekannt und vertraut sind. Das Gegenteil ist der Fall, gegenüber ihren direkten Kunden agieren diese Marktführer alles andere als »hidden«. In ihren jeweiligen Märkten sind die meisten Hidden Champions extrem starke Marken, mit hohem Bekanntheitsgrad, ausgezeichneter Reputation, oft Benchmark für die Wettbewerber.

In den letzten Jahren habe ich allerdings bei vielen Hidden Champions eine zunehmende Öffnung festgestellt. Dahinter stehen mehrere Ursachen. So bewirken das starke Wachstum und die schnell voranschreitende Internationalisierung automatisch eine größere Sichtbarkeit. Der Anteil der Hidden Champions, die an der Börse notiert sind oder an denen sich Private-Equity-Investoren beteiligt haben, hat sich seit 1995 versechsfacht. Mit zunehmender Größe greifen die Hidden Champions auch verstärkt auf Berater |29|zurück. So haben wir selbst in den letzten Jahren viele Hidden Champions als Klienten gewinnen können. Das Vertrauen spielt dabei eine noch größere Rolle als in Großunternehmen.

Wer qualifiziert sich als Hidden Champion?

Um sich als Hidden Champion zu qualifizieren, muss ein Unternehmen die in Abbildung 1.1 aufgelisteten drei Kriterien erfüllen. |30|ben haben. So erzielte 2005 das größte Unternehmen der Welt – ExxonMobil – einen Umsatz von 339,9 Milliarden US-Dollar, also etwa 255 Milliarden Euro (Wechselkurs 1,33, Stand: Frühjahr 2007). Im Jahre 1995 war Mitsubishi die Nr. 1 mit einem Umsatz von 184 Milliarden US-Dollar oder nach heutigem Wechselkurs 138 Milliarden Euro. Selbst die kleinste Firma in der Fortune-Global-500-Liste kam 2005 auf einen Umsatz von über 12 Milliarden US-Dollar oder 9 Milliarden Euro4 . Der kleinste Umsatz in der amerikanischen Fortune-500-Liste liegt bei 3,6 Milliarden Dollar, also 2,7 Milliarden Euro5 . Im Jahre 2005 war in Deutschland die damalige DaimlerChrysler AG (heute Daimler) mit einem Umsatz von 150 Milliarden Euro das größte Unternehmen. Porsche rangierte 2005 auf Platz 97 in Deutschland und erzielte einen Umsatz von 6,6 Milliarden Euro, also mehr als doppelt so viel wie unsere Umsatzobergrenze.

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Abb. 1.1: Kriterien für einen Hidden Champion

|30|Die größten unserer Hidden Champions sind also große Unternehmen, die aber bei weitem nicht an die internationalen Top 500 heranreichen und in Deutschland nicht zu den Top 100 zählen. Anders sieht das in Österreich und der Schweiz aus, wo Milliardenunternehmen in entsprechenden Rängen auftauchen. Entscheidend ist jedoch nicht der nationale Vergleich, sondern die Einordnung in globale Unternehmensgrößen. In diesem Maßstab sind selbst die größten Hidden Champions allenfalls als mittelgroß einzustufen.

Wissens- und Datenbasis

Seit meiner erstmaligen Beschäftigung mit den Hidden Champions vor mehr als 20 Jahren hat sich eine umfangreiche Wissens- und Datenbasis angesammelt, auf die ich in diesem Buch zurückgreife. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Quellen:

Hidden Champions-Liste: Die Liste der Hidden Champions, die über 20 Jahre zusammengetragen wurde, umfasst im Jahre 2007 für Deutschland 1 174, für Österreich 61 und für die Schweiz 81 Einträge, für den deutschsprachigen Raum also insgesamt 1 316 Firmen. Erfasst sind Firmenname, Hauptprodukt, Umsatz, Mitarbeiterzahl, Markt (Welt oder Europa), Marktrang, absoluter und relativer Marktanteil. Allerdings stehen nicht alle Daten zur Verfügung. So halten manche Hidden Champions ihren Umsatz geheim. Insgesamt sind etwa 75 % der Zellen ausgefüllt.

|31|Öffentliche Informationen: Hier ist das Internet zur wichtigsten Quelle geworden, daneben Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, Bücher etc.

Firmeninformationen: Hierunter fallen Geschäftsberichte, Homepages, Firmenbroschüren, Kataloge, Jubiläumsbände etc.

Fragebogen-Erhebung bei allen Firmen der Hidden Champions-Liste: An die Geschäftsleitung aller Firmen in der Hidden Champions-Liste wurde in der zweiten Jahreshälfte 2006 ein Fragebogen versandt, der eine Vielzahl relevanter Aspekte wie Kennzahlen, Strategie, Führung, Marktposition ansprach. Um die Vergleichbarkeit zu der Studie von 1995 sicherzustellen, wurde der Fragebogen im Wesentlichen unverändert übernommen und lediglich durch einige neuere Aspekte (z. B. neue Märkte, Globalisierung, Internet und Ähnliches) ergänzt. Insgesamt 147 ausgefüllte Fragebögen flossen zurück, von diesen konnten 134 in die Auswertung einbezogen werden. Angesichts der Verschwiegenheit der Hidden Champions und des Umfanges überrascht die niedrige Rücklaufquote von gut 11 % nicht (normal sind bei solchen Befragungen 15 – 20 %). Damit muss man angesichts der Situation leben. Die Repräsentativität ist jedoch als gut zu beurteilen, soweit sich diese anhand der verfügbaren Kriterien beurteilen lässt. Verwendet man den Median, um Ausreißereffekte auszuschließen, so differiert dieser zwischen Gesamtliste und Stichprobe beim Umsatz nur um 1,3 % und bei der Mitarbeiterzahl nur um 1,9 %. Die Befunde aus der Stichprobe können für die Hidden Champions des 21. Jahrhunderts insgesamt als repräsentativ gelten.

Beratung, Besuche und Interviews: In den letzten 20 Jahren gab es Hunderte von Gelegenheiten, bei denen ich persönliche Eindrücke von den Hidden Champions und ihren führenden Personen gewinnen konnte. Am intensivsten lernte ich diese Firmen und ihre Schlüsselpersonen im Rahmen von Beratungsprojekten kennen. So arbeiteten wir in Deutschland beispielsweise für Würth (Weltmarktführer für Montageprodukte), Stihl (Weltmarktführer bei Motorsägen), Kärcher (globale Nr. 1 bei Hochdruckreinigern), Quarzwerke Frechen (Europamarktführer bei Quarzsand), Viega (Weltmarktführer in der Pressverbindungstechnik), bofrost (Europas Nr. 1 in der Direktvermarktung von Tiefkühlkost), Alberdingk Boley (Beschichtungen), Demag Cranes (Weltmarktführer bei Hafenkränen), Döhler (europäische Nr. 1 bei Essenzen für Getränke), Deutz (Dieselmotoren), Prym (weltweit führend bei Druckknöpfen), Haribo (mit den Gummibärchen ein Solitär), B.U.S. Steel Services (Recycling in Stahlwerken) oder MPM (globaler |32|Marktführer für Kunststoffspritzmaschinen), um nur einige wichtige Hidden Champion-Klienten zu nennen. In Österreich lernten wir als Berater Weltmarktführer wie Böhler-Uddeholm (Werkzeugstahl), Swarovski-Gruppe (Kristall), Plansee (Hochleistungswerkstoffe) oder Zumtobel (Leuchten) kennen. Auch in der Schweiz erlebten wir die Innensicht bei Hidden Champions wie Bühler (Vermahlungstechnik), Geberit (Sanitärtechnik), Firmenich (Aromen), Komax (Kabelbaummaschinen) oder Saia Burgess (Mikromotoren). Darüber hinaus gab es zahllose Gespräche, Begegnungen und Interviews mit den Führungskräften von Hidden Champions bzw. Besuche vor Ort.

Alle oben genannten Quellen fließen in dieses Buch und die wiedergegebenen Schlussfolgerungen ein. Im Vergleich zu 1996 widme ich den qualitativen Aspekten größere Beachtung und breiteren Raum. Ich glaube, dass der Leser nicht mit möglichst vielen Zahlen überhäuft werden möchte, sondern Einsichten gewinnen will, warum die Hidden Champions so erfolgreich sind und was man von ihnen lernen kann. Ich verzichte weitgehend auf die Diskussion methodischer Aspekte. Stattdessen konzentriere ich mich im Interesse der Kernzielgruppe dieses Buches – Unternehmer und Manager – auf die für die Führung von Unternehmen relevanten Inhalte und Ergebnisse.

Strukturdaten der Hidden Champions

Die folgenden Strukturdaten beziehen sich jeweils auf unsere Stichprobe, nur für diese stehen solche detaillierten Informationen zur Verfügung. Angesichts der großen Spannweiten innerhalb der Umsatzgrenze von 3 Milliarden Euro und sehr heterogener Verteilungen muss man behutsam mit Mittelwerten umgehen. Sie repräsentieren immer nur einen Teil der komplexen Realität. Abbildung 1.2 gibt ausgewählte Kennzahlen wieder.

Im Schnitt erzielten die Hidden Champions im Jahre 2005 einen Umsatz von 326 Millionen Euro. Dieser Wert übertrifft den Vergleichswert im alten Buch, der bei 99,7 Millionen Euro (195 Mio. DM) lag, um mehr als das Dreifache. Zum einen schlägt hier das starke Wachstum der Hidden Champions, das wir in Kapitel 2 vertieft betrachten, durch. Zum anderen sind die Durchschnittsumsätze der beiden Jahre nicht voll vergleichbar, da wir sowohl die Obergrenze als auch die Zahl der befragten Unternehmen wesentlich ausgeweitet haben. Aufschlussreicher als die reine Mittelwertbetrachtung ist die Verteilung der Umsatzgrößen in Abbildung 1.2. Etwa |33|ein Viertel der Unternehmen macht weniger als 50 Millionen Euro Umsatz, ist also im Weltmaßstab tatsächlich klein. Dennoch können auch solche Firmen echte globale Wettbewerber und Weltmarktführer sein, wie wir am Beispiel des Orgelbauers Klais gesehen haben. Mehr als ein Sechstel der Hidden Champions liegt beim Umsatz über 500 Millionen Euro. Diese Firmen wären also in der alten DM-Welt »Umsatzmilliardäre« gewesen – eine beachtliche Größenordnung. Wir werden sehen, dass aus zahlreichen Hidden Champions in den letzten zehn Jahren Euro-Umsatzmilliardäre geworden sind.

Abb. 1.2: Kennzahlen der Hidden Champions

Als Arbeitgeber spielen die Hidden Champions eine herausragende Rolle. Im Schnitt beschäftigen sie 2 037 Mitarbeiter. Die wiederum nur eingeschränkt vergleichbare Zahl lag 1995 bei 735 Mitarbeitern. Allerdings reflektiert das nicht die Situation im Inland. Die Mehrheit der von den Hidden Champions geschaffenen neuen Arbeitsplätze ist im Ausland entstanden. Diese Entwicklung werden wir in Kapitel 9, das sich mit den Mitarbeitern befasst, näher analysieren.

|34|Rechnet man die Zahlen aus der Stichprobe auf die Gesamtheit (Deutschland, Österreich und Schweiz) hoch, so ergeben sich ein kumulierter Umsatz von 429 Milliarden Euro sowie eine Gesamtmitarbeiterzahl von 2,68 Millionen. Diese Zahlen belegen, welches Gewicht die Hidden Champions insgesamt für die Wirtschaft im deutschsprachigen Raum haben.

Nicht überraschend in Abbildung 1.2 ist die Tatsache, dass 69,1 % der Hidden Champions im Industriegüterbereich tätig sind. Ein Fünftel befasst sich mit Konsumprodukten. 10,8 % der Hidden Champions offerieren Dienstleistungen. Es ist also keineswegs so, dass Firmen aus dem deutschsprachigen Raum nur bei Maschinen und Anlagen internationale Marktführer sind. Geht man tiefer in die Branchen, so trifft man auf folgendes Bild. Am stärksten ist der Maschinenbau mit 35,6 % vertreten. Das insgesamt zweitstärkste Segment ist mit 28,8 % die Gruppe »Sonstige«. Das zeigt, dass kleinere Märkte, die in der Industriestatistik nicht gesondert ausgewiesen werden, für die Hidden Champions typisch sind. 12,1 % der Firmen zählen zur Elektroindustrie und 11,4 % zur Metallverarbeitung. Chemie ist mit 6,8 % eine weitere wichtige Branche.

Sehr interessant ist die Altersstruktur der Hidden Champions. Abbildung 1.3 gibt die Verteilung nach Gründungsjahren wieder.

Abb. 1.3: Gründungsjahre der Hidden Champions

Die Verteilung ist über die gewählten Zeitspannen ziemlich gleichmäßig. Das älteste Unternehmen, Achenbach Buschhütten (drei von vier Aluminiumwalzwerken in der Welt kommen von diesem Unternehmen), wurde 1452 |35|gegründet, ist also 555 Jahre alt. Der jüngste Hidden Champion – Carbon Sports aus Friedrichshafen, führender Hersteller von Carbonlaufrädern und Carbonkomponenten für Rennräder in Leichtbauweise – erblickte im Jahre 2002 das Licht der Welt. Der Medianwert des Alters, der die Ausreißereffekte vermeidet, liegt bei 61 Jahren. Etwa ein Drittel (exakt 32,1 %) der Hidden Champions sind älter als 100 Jahre, ein nachdrücklicher Beleg von Überlebensfähigkeit. Zum Vergleich: Von den ursprünglichen 30 Aktiengesellschaften des Dow-Jones-Indexes, der 1897 zum ersten Mal aufgestellt wurde, ist heute noch eine einzige in diesem Index, General Electric. Während der beiden Weltkriege gab es so gut wie keine Neugründungen von Hidden Champions. Fast die Hälfte der Hidden Champions (exakt 49,6 %) wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Immerhin 15,3 % sind jünger als 25 Jahre, für Welt- oder Europamarktführer fürwahr kein Alter.

Hidden Champions – ein Phänomen des deutschsprachigen Raumes?

Früher neigte ich dazu, diese Frage zu bejahen. Nachdem ich jedoch bei Beratungsprojekten, Vorträgen und Reisen immer wieder auf Hidden Champions getroffen bin, weiß ich, dass es diese Firmen überall gibt und geben kann. Mehrfach hatte ich Erlebnisse der folgenden Art: Ich hielt einen Vortrag. Anschließend kam einer der Zuhörer zu mir und sagte in etwa das Folgende: »Sie haben gerade unser Unternehmen beschrieben. Woher kennen Sie uns so gut?« In den meisten Fällen hatte ich von den betreffenden Unternehmen noch nie gehört. Ich schloss daraus, dass die Strategien, Führungsmethoden und Kulturen von Hidden Champions überall in der Welt sehr ähnlich sind. Ich traf auf Hidden Champions in Neuseeland (Gallagher ist Weltmarktführer bei elektrischen Weidezäunen), in Indien (die globale Nr. 1 bei Zahnpastatuben ist Essel Propack), in Portugal (Amorim ist Weltmarktführer bei Kork-Produkten), in Südafrika (Sappi ist Weltmarktführer bei löslichem Zellstoff) und in Japan (YKK ist der weltweit größte Entwickler und Hersteller von Reißverschlüssen). Geradezu enthusiastisch ist die Rezeption |40|des Konzeptes in China. Mein Buch ist dort bereits in der dritten Auflage erschienen. Ein guter Bekannter, Deng Di, aus Guangchou/Kanton hat im Jahr 2005 ein Buch veröffentlicht, in dem er 19 chinesische Hidden Champions portraitiert.

Dennoch: Die Zahl der Hidden Champions ist im deutschsprachigen Raum besonders hoch. Meine globale Liste umfasst insgesamt rund 2000 Firmen, von denen etwa zwei Drittel aus dem deutschsprachigen Raum stammen. Natürlich liegt das auch daran, dass wir in den USA oder in Japan nicht den gleichen Erfassungsgrad erreichen wie im Heimatraum. Japan schneidet allerdings nach dem bisherigen Erkenntnisstand auffällig dünn ab. Das steht in bemerkenswertem Widerspruch zu früheren Bekundungen japanischer Firmen, darunter auch vielen Mittelständlern, Weltmarktführer werden zu wollen.10

Eine Google-Analyse zum Thema »Weltmarktführerschaft« liefert ein sehr interessantes Bild, das diese Aussagen in der Tendenz bestätigt. In Englisch und Deutsch wurden jeweils die Wortkombination aus »World Market Leader« bzw. »Weltmarktführer« und Land aufgerufen.11 Abbildung 1.5 zeigt die Resultate.

Sehr auffällig ist, dass die Zahl der Eintragungen in Deutsch für alle Länder sehr viel größer ist als in Englisch, ein klarer Indikator, dass das Phänomen »Weltmarktführerschaft« im deutschsprachigen Raum auf besonderes Interesse trifft. Deutschland liegt in den absoluten Zahlen sowohl in Englisch als auch in Deutsch weit vor allen anderen Ländern. Bei den Nennungen pro Million Einwohner des jeweiligen Landes bilden allerdings die Schweiz und Österreich fast gleichauf die Spitze, gefolgt von den skandinavischen Ländern. Die Botschaft könnte klarer nicht sein. Das Thema »Weltmarktführerschaft« ist im deutschsprachigen Raum und in Skandinavien weitaus verbreiteter als im Rest der Welt.

Die große wirtschaftliche Bedeutung der Hidden Champions im deutschsprachigen Raum spiegelt sich auch in der Besetzung von Leitungsfunktionen wichtiger Verbände wider. Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) ist derzeit Jürgen Thumann. Seine Firma Heitkamp & Thumann ist, als Weltmarktführer bei Batteriehülsen, ein klassischer Hidden Champion. Auch sein Vorgänger Michael Rogowski kam von einem Hidden Champion, der Firma Voith, die bei hydrodynamischen Antrieben Weltmarktführer ist. Dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) steht Ludwig Braun von der Firma Braun Melsungen vor. Zu Braun Melsungen gehört der Hidden Champion Aesculap, Weltmarktführer bei chirurgischen Instrumenten. Hans Peter Stihl vom Weltmarktführer bei Motorsägen war vor Braun langjähriger Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages |41|(DIHK). Martin Kannegiesser ist Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Die Firma Kannegiesser besitzt die globale Marktführerschaft bei Wäschereimaschinen. Der jetzige Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist Dieter Hundt. Seine Firma Allgaier ist auf dem Gebiet der Blechumformung für die Automobilindustrie weltweit |42|führend. Friedhelm Loh ist Präsident des Zentralverbandes der Elektrotechnischen Industrie (ZVEI), zu seinem Konzern gehört Rittal, der Weltmarktführer bei Schaltschränken. Sein Vorgänger war Dietmar Harting, Chef von Harting, einem der Weltmarktführer bei Industriesteckverbindungen.

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Abb. 1.5: Google-Seiten zu »Weltmarktführerschaft« nach Ländern

|42|Wenn wir uns hier im Wesentlichen mit den Hidden Champions des 21. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum beschäftigen, so dürften wir die wichtigsten Aspekte dieses Phänomens erfassen. Dennoch steht schon der Plan, im nächsten Schritt ein globales Buch zu schreiben, bei dem wir Hidden Champions nicht deutschsprachiger Provenienz in die vertiefte Untersuchung einbeziehen. Allerdings bin ich mir sicher, dass die wesentlichen Lehren im globalen Rahmen bestätigt werden. Selbstverständlich lasse ich schon in diesem Buch Erkenntnisse von Hidden Champions aus dem nicht deutschsprachigen Raum einfließen.

Von den Hidden Champions lernen

Jedes Unternehmen sollte bemüht sein, von anderen erfolgreichen Firmen zu lernen. Bisher ist dieser Prozess im Wesentlichen eine Einbahnstraße, die von großen bekannten Unternehmen zu mittleren und kleinen Firmen führt – so als könne man nur von den Großen lernen. Fallstudien, Zeitungsberichte, Fernsehreports, Erfolge und Skandale betreffen fast immer große Firmen. Es wird Zeit, diesen Lernprozess umzukehren. Selbst große Unternehmen können sehr wohl und sehr viel von den Hidden Champions lernen. In meiner jahrelangen Zusammenarbeit mit großen Firmen habe ich festgestellt, dass die Strategien und die Erfahrungen der Hidden Champions oft engagierte Diskussionen auslösten und zu konkreten Verbesserungen führten.

Wir haben in den letzten zehn Jahren gesehen, dass strategische Aspekte wie Fokussierung, Rückbesinnung auf das Kerngeschäft, Kundennähe etc. verstärkte Beachtung fanden. Aus diesem Geiste entstand nicht selten eine radikale Neuaufstellung von Großunternehmen, die diese den Hidden Champions ähnlicher macht. Dennoch sehe ich nach wie vor für viele Firmen erhebliche Verbesserungspotenziale, bei deren Hebung die Strategien und Konzepte der Hidden Champions hilfreich sein können.

Selbstverständlich können auch mittelständische Unternehmen, die weniger erfolgreich sind, von den Hidden Champions lernen. Sie sollten ihre eigenen Strategien mit denen der Hidden Champions vergleichen und feststellen, wo die Unterschiede liegen. Daraus lassen sich dann konkrete Aktionen ableiten. In Kapitel 11 dieses Buches werden wir ein Hidden Champions-Audit |43|und ein Strategiesystem vorstellen, das große und mittlere Unternehmen zur Überprüfung ihrer strategischen Positionen nutzen können. Solche Benchmarking-Prozesse vermitteln nicht nur neue Einsichten, sondern erleichtern auch die Umsetzung, da nicht theoretisch mögliche, sondern bereits realisierte Gegebenheiten als Vergleichsmaßstab angesetzt werden.

Nicht zuletzt glaube ich, dass junge Leute sehr viel von den Hidden Champions lernen können. Bisher geht die Bewunderung der meisten Hochschulabsolventen in Richtung Großunternehmen. Dies hat mit eingeschränkter Kenntnis der Wirtschaft zu tun, mit einer überbetonten Wahrnehmung bekannter Marken und natürlich mit der Anerkennung durch die Peergroup. Doch der Realität werden solche Wahrnehmungen und die daraus abgeleiteten Präferenzen für Arbeitgeber oft nicht gerecht. Hidden Champions sind als Arbeitgeber extrem attraktiv. Aufgrund der Fokussierung und geringeren Größe lässt sich das Unternehmen leichter überschauen, man kommt schneller und näher an echte Verantwortung. Das starke Wachstum befördert die Karriere. Schließlich bieten Hidden Champions aufgrund ihrer globalen Präsenz sehr interessante internationale Perspektiven.

Im Vergleich zur Situation der neunziger Jahre hat sich der Schleier über den Hidden Champions teilweise gehoben, doch sie enthalten nach wie vor viele unbekannte wertvolle Lehren, insbesondere für diejenigen, die sich diesem Unternehmenstyp bisher nicht näher zugewandt haben.

Die Ziele dieses Buches

Nach mehr als zehn Jahren ist es Zeit, das Hidden Champions-Buch neu zu schreiben. Zu viel hat sich verändert. Das Verschwinden des Eisernen Vorhanges, der Aufbruch Asiens, die Liberalisierung des Welthandels, der Rückgang der Transport- und der Kommunikationskosten zeigen erstaunliche Wirkungen.

Um was geht es in diesem Buch? Letztlich wollen wir besser verstehen, warum die Hidden Champions so erfolgreich sind, seit langem und offensichtlich auch im anbrechenden 21. Jahrhundert. Wir wollen von ihnen lernen. Was hat sich in der zunehmend globalisierten Welt geändert? Welche Strategien und Führungsmethoden erzeugen nachhaltigen Erfolg? Ausgewählte Fragen, die wir in den folgenden Kapiteln aufgreifen, sind:

Wie gehen die Hidden Champions mit Zielen und Visionen um? Worauf beziehen sie diese? Wie werden sie kommuniziert und umgesetzt?

|44|Wie definieren sie ihre Märkte? Welche Rolle spielen Fokus und Konzentration? Wie behandeln die Hidden Champions bei Marktsättigung und gleichzeitig hohen Marktanteilen das Thema Diversifikation?

Welche Bedeutung hat die Globalisierung für die Hidden Champions? Eine sehr große, das sei vorweggenommen. Wie reagieren diese vergleichsweise kleinen Firmen auf die enormen Herausforderungen der mentalen Internationalisierung und der weltweiten Präsenz? Wie treten sie in neue Länder ein? Wie agieren sie in »Märkten der Zukunft« wie China, Indien oder Russland?

Was sind die Positionen und Strategien der Hidden Champions bezüglich Themen wie Kundennähe, Marketing, Wettbewerbsvorteile, Outsourcing oder Allianzen?

Was treibt die Innovationen? Wie entstehen neue Hidden Champions?

Wie finanzieren sich die Hidden Champions? Bisher und in der Zukunft?

Welche Organisationsformen wählen sie? Es sei verraten, dass sie sehr konsequent dezentralisieren.

Welche Rolle kommt Standortbedingungen, industriellen Clustern, Innovationszentren, Bildungsinstitutionen zu?

Wie steht es um Unternehmens- und Führungskultur? Wie erreichen diese Firmen bei ihren Mitarbeitern die hohe Identifikation und Motivation? Wie wird Personal ausgewählt und gehalten?

Last, but not least, werden wir uns mit den Führungspersönlichkeiten der Hidden Champions auseinandersetzen.

Wie lassen sich die Befunde der Hidden Champions zur Bewertung der eigenen Position und zur Weiterentwicklung der eigenen Strategie nutzen?

Dabei kann ich Ihnen garantieren: Sie werden hier manche überraschende Einsicht gewinnen!

Zusammenfassung

Es gibt einen Kosmos extrem erfolgreicher Firmen, die hinter einer Nebelwand von Unauffälligkeit und Verschwiegenheit verborgen bleiben: Die Hidden Champions des 21. Jahrhunderts. Mit großer Zielstrebigkeit und Ausdauer ziehen sie ihre Bahnen in einer Phase rapider Globalisierung. Doch Presse, Managementforscher und Öffentlichkeit ignorieren diese Firmen weiterhin. Dabei zeigen gerade diese Unternehmen, welche Strategien und Führungsmethoden im 21. Jahrhundert zum Erfolg führen. Es sind eher die |45|alten Tugenden und der gesunde Menschenverstand als neue Managementmoden und -trends.

Die Hidden Champions des 21. Jahrhunderts

besitzen in ihren Weltmärkten herausragende Marktpositionen,

sind in beachtliche Größenordnungen hineingewachsen,

beweisen eine bemerkenswerte Überlebensfähigkeit,

zeichnen sich durch unauffällige Produkte aus,

sind echt globale Firmen geworden,

sind erfolgreich – jedoch keine Wunderunternehmen.

Von den Hidden Champions können alle, die an Managementfragen interessiert sind, sehr viel lernen. Das gilt nicht zuletzt für Großunternehmen, die dazu neigen, kleine nicht immer ernst zu nehmen. Ich kenne viele große wie mittlere Firmen aus der ganzen Welt. Gerade deshalb bin ich überzeugt, dass man herausragende Vorbilder für moderne Unternehmensführung bei den Hidden Champions des 21. Jahrhunderts findet.

Anmerkungen

1

Jim Collins, Good to Great. Why Some Companies Make the Leap … and Others Don’t, New York: Harper Collins 2001; siehe auch: James C. Collins/Jerry I. Portas, Built to Last. Successful Habits of Visionary Companies, New York: Random House 1994.

2

Die Hauptverwaltung von Jungbunzlauer mit 30 Beschäftigten sitzt in Basel, in Österreich hat die Firma 270 Mitarbeiter.

3

Vgl. Fortune, 5. Februar 2007, S. 26.

4

Vgl. Fortune, 31. Juli 2006, S. F-1 ff.

5

Vgl. Fortune, 8. Mai 2006, S. F-3 ff.

6

Bei den Fortune 500 des Jahres 2006 liegt der durchschnittliche Kapitalumschlag bei 0,97, vgl. Fortune, 7. Mai 2007, S. F32.

7

Vgl. Stephen Jay Gould, The Structure of Evolutionary Theory, New York: Belknap Press 2002.

8

Persönlicher Brief vom 13. April 2007.

9

Theodore Levitt, »Editorial«, Harvard Business Review, November-December 1988, S. 9.

10

Vgl. Horst Albach, Culture and Technological Innovation, Berlin-New York: De Gruyter 1994.

11

Eine Verfeinerung bestand darin, dass wir Fair bzw. Messe ausschlossen (also -fair bzw. -Messe), da wir bei der Suche feststellten, dass es extrem viele Seiten von Messen gibt, in denen der Begriff »Weltmarktführer« auftaucht und jeweils die Länder aller teilnehmenden Aussteller genannt wurden. Dies führte zu Verzerrungen, deshalb erschien der Ausschluss von Fair/Messe sinnvoll.

|46|Kapitel 2

Wachstum und Marktführerschaft

Ziele spielen für die Strategie und die Führung eines Unternehmens eine zentrale Rolle. Die Hidden Champions verfolgen sehr ambitionierte, vor allem auf Wachstum und Marktführerschaft ausgerichtete Ziele. Wann und wie entstehen diese Ziele? Wie werden sie inhaltlich ausgefüllt? Wie werden sie kommuniziert? Und wie erfolgreich sind die Hidden Champions des 21. Jahrhunderts in der Realisierung dieser Ziele? In den letzten zehn Jahren sind die Hidden Champions stark und kontinuierlich gewachsen. Sie haben in diesem Prozess ihre Marktposition weiter ausgebaut. Dies gilt sowohl in Bezug auf die absoluten als auch die relativen Marktanteile. Dabei verstehen die Hidden Champions Marktführerschaft nicht nur im Sinne des größten Marktanteils, sondern in einem erweiterten Anspruch auf Führung in ihren Märkten. Ihre Ziele sind ausgesprochen langfristiger Art.

Am Anfang das Ziel

Am Anfang steht immer das Ziel. Man kann auch sagen: die Vision