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Wie Feuer und Eis
Ihre außergewöhnliche magische Fähigkeit - zu erkennen, wann jemand lügt - kommt Nevada Baylor in ihrem Job als Privatdetektivin gerade recht. Zusammen mit ihrem Fleiß und ihrer Beharrlichkeit hat sie es geschafft, ihre (vielleicht ein bisschen exzentrische) Familie mit ihrer Detektei über Wasser zu halten. Aber in ihrem neuen Fall muss sich Nevada abermals gegen die finsteren Mächte stellen, die Houston bereits einmal zerstören wollten. Aber das ist nichts gegen die erneute Begegnung mit Connor ‚Mad‘ Rogan - dem Milliardär, Prime-Magier und herablassenden Idiot (so sagt zumindest Nevada). Zwischen beiden sprühen die Funken, doch erneut müssen die beiden gegen den Feind zusammenarbeiten, der diesmal noch gefährlicher und noch stärker ist. Und bald schon müssen Nevada und Conner erkennen, dass nichts so sehr brennt wie Eis ...
"Die Leser werden sehnsüchtig auf die nächsten Bücher warten!" Booklist
Band 2 der Hidden-Legacy-Reihe
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Seitenzahl: 626
ILONA ANDREWS
Hidden Legacy
Tanz des Feuers
Ins Deutsche übertragen von Marcel Aubron-Bülles
Wie Feuer und Eis
Ihre außergewöhnliche magische Fähigkeit – zu erkennen, wann jemand lügt – kommt Nevada Baylor in ihrem Job als Privatdetektivin gerade recht. Mit ihrem Fleiß und ihrer Beharrlichkeit hat sie es geschafft, ihre (vielleicht ein bisschen exzentrische) Familie mit ihrer Detektei über Wasser zu halten. Aber in ihrem neuen Fall muss sich Nevada abermals gegen die finsteren Mächte stellen, die Houston bereits einmal zerstören wollten. Aber das ist nichts gegen die erneute Begegnung mit Connor »Mad« Rogan – dem Milliardär, Prime-Magier und herablassenden Idioten (sagt Nevada). Zwischen beiden sprühen die Funken, doch erneut müssen die zwei gegen den Feind zusammenarbeiten, der diesmal noch gefährlicher und noch stärker ist. Und bald schon erkennen Nevada und Connor, dass nichts so sehr brennt wie Eis …
Ein weiser Mann hat einmal gesagt: »Der menschliche Geist ist der Ort, an dem Gefühl und Vernunft im ewigen Kampf gegeneinander antreten. Zum großen Bedauern unserer Spezies sind es immer die Gefühle, die gewinnen.« Das Zitat hat mir sehr gut gefallen. Es erklärte, weshalb ich – obwohl einigermaßen intelligent – immer wieder etwas wirklich Dummes tat. Und es klang viel besser als »Nevada Baylor, Vollidiotin«.
»Tun Sie das nicht«, sagte Augustin hinter mir.
Ich blickte auf den Monitor, auf dem Jeff Caldwell zu sehen war. Er war an einen Stuhl festgekettet, der mit dem Boden verschraubt war, und trug die übliche orangefarbene Gefängniskleidung. Caldwell wirkte nicht sonderlich beeindruckend: ein unauffälliger Mann in seinen Fünfzigern, Glatze, durchschnittliche Größe, durchschnittlicher Körperbau, durchschnittliches Gesicht. Ich hatte heute Morgen einen Artikel über ihn gelesen. Er hatte einen Job bei der Stadt, eine Frau, die Lehrerin war, und zwei Kinder, die beide studierten. Er besaß keine Magie und war mit keinem der Häuser, den mächtigen magischen Familien, die Houston beherrschten, verbunden. Seine Freunde beschrieben ihn als einen freundlichen, rücksichtsvollen Mann.
In seiner Freizeit entführte Jeff Caldwell kleine Mädchen. Er hielt sie bis zu einer Woche am Leben, dann erwürgte er sie und ließ ihre Überreste in von Blumen umgebenen Parks zurück. Seine Opfer waren zwischen fünf und sieben Jahre alt. Ihre Körper erzählten Geschichten, nach denen man sich wünschte, dass die Hölle existierte, nur damit Jeff Caldwell nach seinem Tod dorthin geschickt werden konnte. Vorletzte Nacht war er dabei erwischt worden, die winzige Leiche seines letzten Opfers in ihrem Blumengrab zu deponieren, und wurde festgenommen. Seine Schreckensherrschaft, die Houston ein ganzes Jahr in Angst und Schrecken versetzt hatte, war endlich vorbei.
Es gab nur ein Problem: Die siebenjährige Amy Madrid wurde noch vermisst. Sie war vor zwei Tagen von ihrer Schulbushaltestelle entführt worden, weniger als fünfundzwanzig Meter von ihrem Haus entfernt. Der Modus Operandi war Jeff Caldwells früheren Entführungen zu ähnlich, um ein Zufall zu sein. Er musste sie mitgenommen haben. Und wenn dem so war, bedeutete das, dass sie noch lebte. Ich hatte die Geschichte die letzten zwei Tage verfolgt und auf die Ankündigung gewartet, dass Amy gefunden worden war. Doch die Ankündigung kam nie.
Die Polizei von Houston hatte Jeff Caldwell sechsunddreißig Stunden in die Mangel genommen. Sie hatte sein Haus durchsucht, seine Familie, seine Freunde und Mitarbeiter befragt und seine Handyaufzeichnungen durchforstet. Sie hatten ihn stundenlang verhört. Caldwell verweigerte jede Aussage.
Heute würde er allerdings reden.
»Wenn Sie das einmal tun, werden die Leute erwarten, dass Sie es wieder machen«, sagte Augustin. »Und wenn nicht, werden alle sehr unzufrieden sein. Deshalb greifen Hochbegabte nicht ein. Wir sind auch nur Menschen. Wir können nicht überall gleichzeitig sein. Wenn ein Aquakinetiker ein Feuer löscht und das nächste Mal etwas in Flammen steht und er nicht da ist, wird sich die Öffentlichkeit gegen ihn wenden.«
»Alles klar, verstehe«, erwiderte ich.
»Ich denke nicht, dass Sie das tun. Sie verbergen Ihr Talent, um genau dieser Art kritischer Betrachtung zu entgehen.«
Tatsächlich verbarg ich mein Talent, weil Wahrheitssuchende wie ich extrem selten waren. Wenn ich in ein Polizeirevier hineinspazierte und Jeff Caldwell die Wahrheit entriss, dann würde ich ein paar Stunden später Besuch bekommen. Vom Militär, vom Heimatschutzministerium, vom FBI, von der CIA und von privaten Häusern. Also, einfach von allen, die dringend jemand notwendig hatten, der zu einhundert Prozent korrekte Antworten auf sämtliche Fragen erhielt. Sie würden mein Leben zerstören. Und ich liebte mein Leben. Denn ich leitete die Baylor Investigative Agency, ein kleines Familienunternehmen. Ich kümmerte mich um meine beiden Schwestern und die zwei Cousins, und ich hatte nicht vor, daran etwas zu ändern. Was ich mit meiner Magie tat, war hier vor Gericht nicht zulässig. Nähme ich das Angebot dieser Leute an, würde ich nicht in einem Gerichtssaal sitzen und in einem hübschen Kostüm aussagen. Ich befände mich dann eher an einem dunklen Ort, wo ich einem Kerl gegenüberstünde, den man einen Sack über den Kopf gestülpt, an einen Stuhl gefesselt und beinahe totgeschlagen hatte. Meine Aussage würde über Leben und Tod entscheiden. Ich täte daher alles, um nicht an diesen finsteren, furchtbaren Ort zu gelangen. Okay, fast alles.
»Ich habe jede nur erdenkliche Vorsichtsmaßnahme getroffen«, sagte Augustin, »aber trotz meiner Bemühungen und Ihres … Outfits besteht die Chance, dass Sie entdeckt werden.«
Ich konnte mein eigenes Spiegelbild im Glas sehen. Ich trug einen grünen Kapuzenumhang, der mich von oben bis unten verbarg, schwarze Handschuhe und eine Skimaske unter der Kapuze. Das Cape und die Handschuhe stammten aus einer Alley Theatre-Aufführung und gehörten der Dame in Grün, der schottischen Straßenräuberin und Heldin der Highlands. Laut Augustin war das Outfit so ungewöhnlich, dass sich die Leute darauf konzentrierten und sich niemand an meine Stimme, meine Größe oder andere Details erinnern würde.
»Ich weiß, wir hatten unsere Differenzen«, begann Augustin. »Aber ich würde Ihnen nicht raten, Ihrem ureigensten Interesse zuwiderzuhandeln.«
Ich wartete auf das vertraute Summen meiner Magie, das mir sagte, dass er gelogen hatte. Es blieb aus. Aus welchem Grund auch immer tat Augustin sein Bestes, um mir eine Vereinbarung auszureden, die ihm direkt zugutekam, und er meinte es ehrlich.
»Augustin, wenn eine meiner Schwestern entführt würde, täte ich alles tun, um sie zurückzubekommen. Im Moment stirbt irgendwo ein kleines Mädchen an Hunger und Durst. Ich kann nicht tatenlos zuschauen und es geschehen lassen. Ich kann einfach nicht. Wir haben eine Abmachung.«
Augustin Montgomery, Herr des Hauses Montgomery und Inhaber von Montgomery International Investigations, besaß die Hypothek auf unser Familienunternehmen. Er konnte mich nicht zwingen, Klienten anzunehmen, aber er hatte mich heute Morgen angerufen, als ich gerade das Polizeirevier betreten wollte, um mein Leben zu zerstören. Er hatte einen Klienten, der ausdrücklich meine Dienste in Anspruch nehmen wollte. Ich versprach ihm, den Klienten anzuhören, wenn er mir im Gegenzug die Gelegenheit bot, Jeff Caldwell die Wahrheit zu entlocken. Aber nun schien er seine Meinung ändern zu wollen.
Ich drehte mich um und sah Augustin an. Er war ein hochbegabter Illusionsmagier und konnte sein Aussehen kraft seiner Gedanken verändern. Heute war sein Gesicht nicht nur schön, es war so perfekt modelliert wie auf einem Renaissancegemälde. Seine Haut war makellos, sein hellblondes Haar mit chirurgischer Präzision gekämmt, und seine Gesichtszüge besaßen eine solch kühle Eleganz, die geradezu darum bettelte, auf Leinwand oder, noch besser, in Marmor verewigt zu werden.
»Wir haben eine Abmachung«, wiederholte ich.
Augustin seufzte. »Nun gut. Kommen Sie mit!«
Ich folgte ihm zu einer Holztür. Er öffnete sie, und ich betrat einen kleinen Raum, an dessen hinterer Wand ein Einwegspiegel zu erkennen war.
Jeff Caldwell hob den Kopf und blickte mich an. Ich sah in seine Augen und entdeckte nichts. Sie waren völlig ausdruckslos und verrieten nicht die geringste Emotion. Der Einwegspiegel hinter ihm verbarg mehrere Zuschauer. Augustin hatte mir versichert, dass nur die Polizei anwesend sein würde.
Die Tür schloss sich hinter mir.
»Was ist hier los?«, fragte Caldwell.
Meine Magie berührte seinen Verstand. Iih! Als würde man seine Hand in einen Eimer voller Schleim stecken.
»Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen«, sagte er.
Die Wahrheit. Er glaubte das wirklich. Sein leerer Blick war nur ein weiterer Teil seiner ausdruckslosen Maske.
»Wollen Sie einfach da stehen bleiben? Das ist lächerlich.«
»Haben Sie Amy Madrid entführt?«, fragte ich.
»Nein.«
Meine Magie summte in meinem Gehirn. Lüge. Du Drecksack!
»Halten Sie sie irgendwo fest?«
»Nein.«
Lüge.
Meine Magie brach sich Bahn und umklammerte seinen Schädel wie ein Schraubstock. Jeff Caldwell erstarrte. Seine Nasenflügel bebten, seine Atmung beschleunigte sich im Einklang mit seinem steigenden Puls. Schließlich spiegelte sich auch in seinem Blick ein Gefühl wider – kaltes, grenzenloses Entsetzen.
Ich öffnete den Mund und ließ die volle Kraft meiner Magie in meine Stimme fließen. Sie klang tief und unmenschlich. »Sagen Sie mir, wo sie ist!«
Der Morgen brachte Regen und Cornelius mit sich, der exakt um 6.55 Uhr in einem silbernen BMW i8 eintraf.
Natürlich fuhr er ein Hybridauto, und wahrscheinlich hatte er auch noch nie Wasser in Plastikflaschen gekauft. Bern hatte ihn gestern komplett überprüft. Von der neuen Hypothek abgesehen war Cornelius schuldenfrei. Seine Bonität war hervorragend, es gab keine Vorstrafen, und er unterstützte eine Tierschutzorganisation mit großzügigen Spenden. Er hatte auch recht mit der Vermutung, dass Haus Forsberg in den Tod seiner Frau verwickelt war. Die Geschichte tauchte in der Presse nicht auf. Selbst als Garzas Mord alle verfügbaren Nachrichtenkanäle überflutete, hätte die brutale Ermordung von vier Personen in einem Hotel in der Innenstadt zumindest eine kurze Erwähnung wert sein sollen. Doch da war nichts – was bedeutete, dass die Nachricht über den Tod von Cornelius’ Frau aktiv unterdrückt wurde. Wenn Haus Forsberg wirklich nichts damit zu tun hätte, gäbe es für sie eigentlich keinen Grund, das geheim zu halten.
Cornelius stieg aus dem Wagen. Er trug ein weißes, am Kragen offenes Hemd mit aufgerollten Ärmeln, eine dunkelbraune Hose und abgewetzte braune Schuhe, die uralt aussahen. Er hatte sich für bequeme Kleidung entschieden. Vermutlich hatte sein Verstand den Autopiloten eingeschaltet, und sein Unbewusstes ließ ihn natürlich nach etwas Altbekanntem greifen.
Ein großer Vogel jagte vom bedeckten Himmel herab und landete auf dem Ast einer großen Eiche auf der anderen Seite des Parkplatzes.
»Das ist Talon«, sagte Cornelius. »Er ist ein Rotschwanzbussard, allgemein bekannt als Hühnerbussard, obwohl das in Wirklichkeit eine Fehlbezeichnung ist. Sie greifen erwachsene Hühner praktisch nie an. Die Kongregation erlaubt mir nicht, einen Hund mitzubringen, und sie werden Ihnen auch nicht erlauben, eine Waffe zu tragen. Allerdings befindet sich im vierten Stock eine Toilette, in der das Fenster so verändert wurde, dass es beim Sicherheitssystem keinen Alarm auslöst. Man lässt es in der Regel offen stehen.«
»Das ist die geheime Rauchertoilette?«, lautete meine Vermutung.
Cornelius nickte. »Sie ist weit genug vom Feuermelder entfernt, dass der Rauch unbemerkt direkt durch das Fenster abziehen kann. Sind Sie bewaffnet?«
»Ja.« Vor der Geschichte mit Adam Pierce war ich in neunzig Prozent meiner Fälle mit einem Taser zurechtgekommen. Nun verließ ich das Haus nicht mehr ohne Schusswaffe, und jede Woche gab es Training. Die Tatsache, dass ich Überstunden am Schießstand einlegte, machte meine Mutter sehr glücklich.
»Kann ich sie sehen?«
Ich holte meine Glock 26 aus dem Holster, das ich unter meiner Jacke trug. Sie schoss extrem präzise, war relativ leicht und für verdecktes Tragen wie gemacht. Ich hatte mich für einen meiner billigen Hosenanzüge entschieden, weil er mich mit Schuhen davonkommen ließ, in denen ich rennen konnte, und weil die Jacke locker genug saß, um meine Waffe zu verbergen. Außerdem bezweifelte ich ernsthaft, dass mir in meiner üblichen Kleidungswahl der Zutritt zum Kongegrationsgebäude gewährt würde – die bestand nämlich aus einer alten Jeans, Laufschuhen und einem Oberteil, dessen Knitterfalten stark davon abhingen, mit wie viel Rücksicht eine meiner Schwestern meine Wäsche auf meinem Bett abgeladen hatte, um im Trockner Platz für die eigenen Klamotten zu schaffen. Nicht zu vergessen – ich musste natürlich an einem Sicherheitsscanner und Metalldetektor vorbei.
Cornelius musterte die Waffe. »Warum ist dieser Teil so leuchtend blau angemalt?«
»Das ist matter Nagellack. Wenn man Schwarz auf Schwarz visiert, wird es schwieriger, dunkle Ziele zu treffen. Der Nagellack behebt dieses Problem und reduziert außerdem die Blendung.«
»Wie viel wiegt sie?«
»Etwa 750 Gramm.« Ich hatte mich an das Standardmagazin mit zehn Hohlspitzgeschossen gehalten. Munition hatte ich reichlich dabei. Meine kleinen Abenteuer mit Rogan hatten mich paranoid werden lassen.
»Talon kann sie durch das Toilettenfenster tragen.«
Okay, das musste ich schon im Ansatz ersticken. Es war ja nicht so, dass die Vorstellung, ein Gebäude zu betreten, in dem sich die Crème de la Crème von Houstons magisch Begabten aufhielt, mich nicht ohnehin schon nervös machte – natürlich machte sie mich das. Wenn ich Gefahr geriet, lief ich in der Regel weg. Menschen, die wegliefen, überlebten und vermieden kostspielige Arztrechnungen, möglichen Arbeitsausfall und die massive Erhöhung der eigenen Versicherungsprämien. Diese Flucht schützte diese Menschen auch davor, sich von Familienmitgliedern stundenlange Vorträge darüber anhören zu müssen, dass man niemals unnötige Risiken eingehen sollte. Ich setzte eine Waffe nur dann ein, wenn ich keine andere Wahl hatte. In einem bis unters Dach mit Hochbegabten gefülltem Gebäude gestaltete sich Weglaufen eher schwierig und ließ eine Waffe äußerst verlockend klingen. Aber sie in die texanische Kongregation mitzunehmen, grenzte an Selbstmord. Eine Zielscheibe auf meiner Brust mit den Worten »Terroristin. Erschieß mich!« hätte in etwa denselben Effekt.
»Warum sollte ich eine Waffe in dieses Gebäude mitnehmen müssen?«
»Sie könnte nützlich sein«, sagte Cornelius leise.
Aha! »Cornelius, wenn wir zusammenarbeiten wollen, müssen wir ganz ehrlich zueinander sein. Sie wollen, dass ich die Waffe in die Kongregation mitnehme, weil Sie überzeugt sind, dass Forsberg Ihre Frau getötet hat, und Sie wollen, dass ich ihn erschieße.«
»Bevor ich zu Ihnen kam, habe ich mit den Leuten dort gesprochen, und einer seiner Sicherheitsleute deutete an, dass Nari mit einem der Anwälte eine Affäre gehabt habe. Als ich ihm sagte, wie unwahrscheinlich das ist, waren seine genauen Worte: ›Manchmal kennen wir die Menschen, die wir heiraten, nicht ganz. Wer weiß schon, was eine Untersuchung aufdecken würde! Ich habe schon alles gesehen – Untreue, Sexabhängigkeit, Drogen. Schrecklich, was manchmal ans Licht kommt.‹ Forsberg gibt sich also nicht damit zufrieden, ihren Tod bloß zu ignorieren. Sie gehen jetzt bewusst auf Distanz zu ihr, und wenn ich weiter Aufsehen errege, dann werden sie ihren guten Namen beschmutzen.«
»Das ist schrecklich, aber es beweist uns nicht, dass Matthias Forsberg schuldig ist. Es deutet nur darauf hin, dass Forsberg Investigative Services Drecksäcke beschäftigt und die jetzt alles versuchen, sich den Rücken frei zu halten.«
Cornelius wich meinem Blick aus.
»Sie sind wegen der Wahrheit zu mir gekommen. Ich werde die Wahrheit für sie herausfinden. Wenn ich auf den Schuldigen zeige, dann nicht wegen einer bloßen Ahnung oder eines gewissen Gefühls. Ich werde es tun, weil ich Ihnen die Beweise für dessen Schuld vorlegen kann, denn niemand sollte einen anderen Menschen unüberlegt des Mordes bezichtigen. Sie wollen sich doch sicher sein, oder?«
»Ja.«
»Gut. Wir brauchen Beweise. Wir werden gemeinsam nach diesen Beweisen suchen, und wir werden es mit möglichst geringem Risiko und so vorsichtig wie möglich machen, damit sie anschließend noch zu Matilda nach Hause gehen können. Meinen Recherchen nach ist die Sicherheitsstufe in der Kongregation sehr hoch. Man kommt nicht mal auf den Parkplatz des Allen Parkway, ohne einen Ausweis vorzuzeigen und einen Grund für die eigene Anwesenheit zu haben. Würde ich Ihrem Vorschlag folgen, und jemand entdeckt, dass ich das Gebäude mit einer Schusswaffe betreten habe, dann würde mich das Sicherheitspersonal nicht aufhalten. Sie würden mich und meinen Begleiter auf der Stelle niederschießen.«
Sein Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass ihm das nicht gefiel.
»Was passiert, wenn Forsberg uns angreift?«, fragte er.
»Inmitten der überfüllten Kongregation, umgeben von seinesgleichen, während wir unbewaffnet sind?«
Cornelius verzog das Gesicht.
Ich lächelte ihn an. »Ich denke, wir sollten es bei dem Vorschlag mit der Waffe erst mal belassen. Wenn Forsberg uns angreift, dann werde ich mein Bestes tun, um uns da rauszubringen.«
Ich war nicht gerade wehrlos. Solange ich meinen Angreifer in die Finger bekommen konnte, bevor er mich tötete, würde derjenige eine unangenehme Überraschung erleben. Das Militär hatte immer mehr Magier eingestellt. Da der Dienst beim Militär sich nicht gerade als stressfreie Umgebung auszeichnete, hatten die Verantwortlichen schnell herausgefunden, dass sie eine Methode brauchten, um magisch Begabte zu neutralisieren, und so entstanden die Schocker. Um sie zu installieren, benötigte man einen Spezialisten, der in das Reich des Arkanen – ein Ort jenseits der Materie unserer Existenz – griff, von dort eine Kreatur, die niemand völlig begreifen konnte, heraufbeschwor und sie dann in unseren Arm einpflanzte. Ich hatte sie mir für die Jagd auf Adam Pierce einsetzen lassen. Man machte sie mit der eigenen Magie schussbereit, was ziemliche Schmerzen verursachte, und wenn man dann sein Opfer zu fassen bekommen hatte, wurden diese Schmerzen übertragen und verstärkten sich beim Gegenüber zu unerträglichen Höllenqualen. Die Schocker galten eigentlich als nicht tödlich, aber ich verfügte über zu viel Magie. Ich konnte einen durchschnittlich begabten Magier töten, und obwohl ich sie nur einmal bei einem Hochbegabten eingesetzt hatte, hatte der sie definitiv zu spüren bekommen.
»Ich werde mich Ihrem Urteil beugen.« Cornelius hielt mir die Tür seines Wagens auf. »Steigen Sie bitte ein!«