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Kurt Scharf

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Beschreibung

Gedichte erfreuen und ärgern, sind bescheiden und anmaßend, verspielt und ernsthaft, verleiten zum Streiten, sind schrill und banal; Gedichte benennen Traum und Wirklichkeit.

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Was nebenher entstand, dereinst man fand: hier.

Inhalt

Von Zeit zu Zeit

Weg der Dichtung

M (

Vierte Fassung

)

Mahlzeit!

Erdbeermond

Ich schließ die Augen

Später

Status

Vor der Invasion gerettet

Kollege Ruback

Nachts

Wahl der Gattung

Ich bin

Zirkus

Hinweis

Die alte Fabrik

Vorausschau

Liedermachers Leid

Alexander Grin:

Die funkelnde Welt

Fata Morgana

Resurrection

Eine Frau

Was wir vermissen

Noch lieg ich brach

Hoffnung

Wenn auf allen unsern Reisen

Künstlerdebatte

Im Ring

Antwort wird

Widmung für Jo Schulz

Abgrenzwertworte

wir laufen

Zu Andersens Nachtigall

Entwicklung

Zur Poesie gesagt

Kartengruß

Schlucht

Zwischen den Brücken

Allein

Mitte März

Antwort

Ergänzung eines Bildes

Der bekehrte Dichter

Fragment vom Wald

Unterdrückter Ausruf

Gefahr

So sieht es aus

Ein lokaler Maler

Fragment

Genesung

Waldarbeiter

Und Stille ufert in die Nacht

Das war wohl so

Doch sollen auch dann

Schneeweh

Erster Schnee

Der Therapeut

Noch ein Witz

Zukunft

1969 geschrieben

Eine Ballade

Neues Landserlied

Gewitter

Stationen

Philosophem

Das Jahr

N.

Sprung in den Sand

Diskuswerfer

Trauriges Märchen

Der Ringer

Zu schnell

Winter

Reinfall

Ziel

Definition

Sturz

Kugelstoßen

Streiflichter Sport

Erinnerung

Leere

Urlauber

Krieg

Verwöhnt

Der lange Schlaf

Ein Korb voll Kartoffeln

Soeben fiel

Nach wiederholter Erschaffung

Vom Tag und von der Nacht

Die Seefahrt

Wirklichkeit

Echo

Zigarettenverse

Mutter

Erwarte

Abendlicher Sang

Die Rache ist mein

Ignoranz

Frage

Sommer im Dorf

Hausnummer 17

Prolog in Schwerin

Reingelegt

Pierre de Coubertin

Gedicht zum Nachspielen

Nachts auf der Koppel

Eine Notiz

Fernstudenten

Alltags-Abend

Kurzer Wahn

Vom Tagebuch

Der Stunden Summe

Intermezzo

November

Komplize

Der Tag war schön

Geburtstag im Krankenhaus

Der Gewichtheber

Gefangen

So!

Vergessen

Echo

Vorhang

Von Zeit zu Zeit

Weg der Dichtung

Beim Suchen

tritt man in Disteln.

Notwendigkeit des Irrens

durch Gärten.

Schwer zu entziffernde Gerüche,

Blumen mit doppelter Blüte.

Doch endlich

Gelangen

zum bestechenden Duft

der einfachen

Lupine.

M (Vierte Fassung)

Müdmalade Morgenmurmel,

Magermähre Modermond.

Multimalheurmusik, mordsmodern,

meßmelodisch märzmaimeliert,

mimosenmürrisch möglich.

Malvner Magnet, märchenmild,

manisch mindermutig,

manövermau, massakermatt:

Mythenmonster Meer.

Mahlzeit!

Mörtelmengen, Mergelmarzipan,

Manganmolke, Magnesiummasut,

Molybdänmyzel,

Madenmolke, Mistelmilch,

Meisenmist, Machorkamarinade,

Makrelenmehl, Malachitmaltose,

Mammutmamillenmost,

Marmormarmelade, Messingmet,

Methanmixtur.

Mahlzeit!

Erdbeermond

Alle Tiere wollten sehen

diesen Erdbeermond aufgehen.

Ein Hase lief. Die Fledermaus

kam auch heraus.

Hoch im Baume richtete sich ein

die Amsel, dem Monde nah zu sein.

Die Fische sprangen.

Und zwei Sterne sangen.

Ich schließ die Augen

Ich schließ die Augen, öffne Bildern

ihren Weg heran zu mir,

dass (eingerahmt von Vorfahrtsschildern)

regelbarer das Revier;

versuche dann, um abzulenken

Sinn und Wort und Formgewalt,

ins Rätselhafte einzuschwenken

dämmerdüstrer Satzgestalt.

Die Ordnung lacht; mir sind geblieben

Schatten nur und Bilder schief.

Ich hab, am Ende, nichts geschrieben,

augenöffnend... Klar, ich schlief.

Später

Erklärt genug und immer noch bestritten,

versinkt der Frieden, liegt in Gräbern flach,

ein Silberling, verscharrt in starrer Erde,

zu nichts zunutze mehr als nur zum Trost

für jene, nach dem stummen Beben fühlen

versteckte Gabe, brandig hochgeworfen

ins ewig Unentschlossne. Zähmt die Zeit

die Flammenpferde, Kriegsgestalten, Tod?

Reift im Ruhm, der müde, blass am Morgen,

später grell der laute Tag, bespiegelt

von Liebe? Zählt von allen Augenblicken

der letzte nur, verbucht aus Siegersicht?

Status

Die Zukunft wirft nur Schatten

auf stattgehabte Zeit,

und nagt, so als die Ratten,

an meiner Einsamkeit.

Könnt ich doch morgen leben!

Und gäb's das Heute nicht,

mit dem wir uns bekleben

die Sorgen im Gesicht!

(Ich will lebendig bleiben,

betrunkner Argonaut,

und bloß von Weibern schreiben

und deren feuchter Haut.)

Nicht mal in meinen Träumen

schaff ich den Zeiten-Sprung;

ich fasle was von „Räumen“,

und bleibe auch nicht jung.

Noch sieht mich keiner wanken,

obgleich die Zukunft bellt

verschrobne Giergedanken,

bevor das Licht zerfällt.

Vor der Invasion gerettet

Ach, es standen nach dem Landen

Aliens vor den Skulpturen

Giacomettis. Und sie fanden

sonst keine Menschenspuren.

„Gehen, die hier stehen“,

sprachen sie, „nicht aus dem Leim?“

Lachten laut. Im Handumdrehen

flogen sie wieder heim.

PS. Nun kommt

ein Kunststudent,

dem gar nicht frommt,

was ich hier schreib. Er spricht vehement:

„Giacometti, von allen verehrt,

kehrt

den Menschen um,

zeigt uns sein Innenleben.“

Für eine Weile bin ich stumm,

sage dann: „Ja. Eben.“

Kollege Ruback

Am Bock rotierten Scheiben. Abgetrennt

war hier der Raum, die Mauer ganz aus

grauem Stein. Den Rücken krumm, saß ich

am Schleifband, stundenlang nun schon.

Da kam der große Schweiger, Ruback

kam herein. Er schrie mir irgendwas ins Ohr.

Ich nahm die Watte raus. Die Spätschicht war

vorbei. Wir fuhren mit dem Zug. Die

Hafenkneipe war noch auf. „Ich gebe“,

sagte Ruback, „ich geb einen aus.“ Worauf

er schwieg, bis hin zum sechsten Bier.

Dann sagte er: „Ist das nicht sonderbar –

mir sind so viele Dinge schon passiert,

jedoch ich schwieg mich drüber aus,

gewiss weil sie alltäglich sind wie ich.

Da wär's wohl besser“, meinte er,

„man schreibt, was man sich denkt, ganz

einfach auf, mein Freund. Leider, ich

hab's nie versucht.“ Die Wanduhr stand

auf zwölf. Die Zeche war bezahlt, die

Rechnung schon zerknüllt. Und längst

war Ruback fort. Nur ich, den Rücken

krumm, saß immer noch am Tisch.

Nachts

Die Zeit, sie will sich niemals wenden.

Bilder wehen und vergehen dann.

Er hielte sie gern fest mit seinen Händen,

doch klebt nur blanker Tag daran.

Die Blumen, die in seinem Herzen blühen,

werden Wachs und stauben langsam ein.

Und nachts, wenn Träume ihn verglühen,

wälzt traurig er den sturen Stein.

Was bleibt von all den langen Tagen?

Immer wieder schluckt man Milch und Brot.

Statt warmer Farben graues Unbehagen.

Manchmal wünschte er, er wäre tot.

Wahl der Gattung

Den Teufel kennt man schon von altersher,

und kluge Leute haben ihn beschrieben.

In Büchern, die ansonsten öd und leer,

hat er sich meisterhaft herumgetrieben.

Er handelt, wie man ihm stets nachgesagt,

mit mäßig strengem Glück und auch mit Tränen.

Wenn unsereinem etwas nicht behagt,

hängt er sich schmeichelnd drein. Mit seinen Zähnen

benagt, so will man wissen, er den Schlaf,

schafft düstre Träume und erweckt den Zweifel.

Verloren gilt, wer sich mit ihm mal traf.

Und doch ist Satan nur ein armer Teufel.

Er lebt ja bloß im Kreise des Romans,

der friedlich ihm gewidmet grad erschienen.

Vor jedem neuen Ausverkauf des Wahns

stellt er sich an, sein Beingerüst zu schienen.

Die Kurzgeschichten, drinnen er agiert,

Gedichte lassen ihn nur flüchtig schweben.

Zu festem Boden ein Roman ihn führt.

Nur dank der Schreibwut hält er sich am Leben.

Ich bin