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Seitenzahl: 75
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Mir entgeht, ich vergesse: nichts.
Wandlung
Was über Grahl
Zeitungsmeldungen 1995
Unsere Straße
Licht-Raum
Tagebuch
Tierisch
Nachtschicht
Ab Dezember
Später
Während Wellenbrecher
Gischt
verschäumen
bei Windstärke Sechs
in der Mecklenburger
Bucht,
liegt
hingegen
der Saaler Bodden
sonnig silberglatt.
Ich bin das Blatt
am Winterbaum,
ich schwebe matt
aus deinem Traum
und liege dort
für lange Zeit
an diesem Ort
solang es schneit.
Wenn Sommer wird
und alles hell
in Wärme flirrt,
eventuell
entdeckst du mich
im Waldgeschatt.
Da warte ich,
als neues Blatt.
Viel Braun, kein Grün, und etwas Rot,
und Gelb; naja, ein Farbenangebot
vom Herbst im schönen deutschen Wald,
und ist es auch ein wenig kalt,
ich wandre gerne hin und wandre her.
Zwar, der Mantel (weil zu schwer) stört mich sehr,
doch kommt ja bald die Zeit der kurzen Hemden
im Frühling wieder. Mein Befremden:
dass ich nicht weiß, ob er auch mich erreicht.
Nach langem Zug
die letzte Phase –
in flachem Flug
über die Straße.
Zum alten Nest
mit müden Schwingen –
die Sonne lässt
es ihn gelingen.
Er heimst die Zeilen ein,
sendet sie geschwinder
als je zuvor ins Sein.
Gruß vom Wort-Entferner!
Er streicht die Zeilen aus,
macht das noch viel gerner,
wird ein Gedicht daraus.
Wir können nichts begreifen.
Das Leid der Fremden hier
kann uns nur wenig streifen
und ist nicht unser Bier.
Wir sind es nicht, die fliehen.
Wir haben unser Haus,
ein Bett, das wir beziehen,
und sehen glücklich aus.
Und wenn wir uns mal streiten
(auch das kommt manchmal vor),
geht es um Kleinigkeiten,
so zwischen Tür und Tor.
Wir stehen voll im Leben,
und leben gut dabei.
Die andern, die daneben,
die sind uns einerlei.
Der Würfel fällt verschieden,
so wird es immer sein.
Wir wollen unsern Frieden.
Und den für uns allein.
Ich bitte dich, lies dieses hier,
lies dieses hier, ich bitte dich,
bei hellem Licht, bei hellem Licht.
Und seitwärts soll die Sonne sein,
die Schatten wirft, die Schatten wirft,
bei hellem Licht die Schatten wirft
auf dieses hier.
Ich bitte dich.
Das Boot verließ den Hafen,
erzeugte Wellenschlag.
Die Wellen aber trafen
im Wassergrenzbereich
gleich
auf dünnes Eis.
Und leis
zwitscherte der Fluss.
Ich war zum Wasser
grade runter
und wusch mir das Gesicht
im Fluss. Kommt da
ein Kerl daher
so früh am Morgen
und fragt mich doch,
ob ich es auch
trinken täte
zur Not.
Ich sag ihm drauf
(und trockne meine Hände),
ich wäre gewiss
ein Freund der Natur,
doch so weit nun wieder
ginge meine Liebe
nicht.
Mir werden fehlen
die windgeborgnen
Stunden
am Fluss,
der Blick hinaus
wird fehlen.
Mir werden fehlen
die blattverbundnen
Brüder
im Wald,
der stille Baum
wird fehlen.
Mir werden fehlen
die sanfterhobnen
Augen
des Bergs,
der Schattenwurf
wird fehlen.
Die sich,
Automaten gleich,
mit gefrornem
Grinsen
bewegen
über das Parkett –
ich hoffe,
jene Damen
sind nicht
so angespannt
nachts danach
im Bett.
Drauf zu achten künftig:
die steigende Tendenz
der Beischlaf-Frequenz
der Frauen um die Fünfzig,
statistisch erwiesen,
wird etlichen Herrn,
den Fünfzig unfern,
das Leben arg vermiesen.
Es sei denn, sie wählen
die ruhige Natur
jüngrer Damen nur,
die Seelen sich zu stählen.
Wie ist dein Lageplan?
Ich habe keinen.
Woher kommst du?
Ich weiß es nicht.
Wem willst du dich offenbaren?
Vielleicht nur dir.
Wohin gehst du?
Das frag ich dich.
Hört man sich
mit eines andren Stimme,
wird erst gut,
was man gesagt,
wird erst schlecht,
was man gesagt,
wird erst hörbar,
was man niemals sagte
oder fragte.
Deine Bilder mag ich nicht,
sagt der Literat.
Dein Lied behagt mir nicht,
sagt der Maler.
Dein Roman gefällt mir nicht,
sagt der Komponist.
Fragt der Komponist:
Mein Lied behagt dir nicht?
Fragt der Maler:
Meine Bilder magst du nicht?
Fragt der Literat:
Mein Roman gefällt dir nicht?
Mein Roman gefällt mir nicht,
klagt der Literat.
Meine Bilder mag ich nicht,
klagt der Maler.
Mein Lied behagt mir nicht,
klagt der Komponist.
Die Perle war zum Greifen nah,
so nah, dass doppelt sie im roten Licht
des Raums erschien. Zu dicht, zu dicht;
zugleich so weit entfernt wie die
Osterinsel und was sich darauf
sinnend-wartend findet: Gestalten,
hutbestülpt. (Selbst die sind nicht,
was sie uns zu zeigen scheinen:
von ihrem Dasein überzeugt
und frei – ist doch der Steinbruch
ihnen nah, so nah, zum Greifen nah.)
Bei Gewitter
lief der Vater
vor das Haus,
in dem wir
achtlos wohnten.
Ringsum war Nacht.
Weinend
stand der Vater,
fluchte
seinem Gott.
Der schlug ihm
das Auge raus,
im längst
vergessenen
Krieg.
Lebens Summe bricht
stets in Augenblicken auf –
kälter wird die Nacht.
Großem Willen dient,
unbekannter Weisung nur:
der sich unterwirft.
Jeder der versucht,
Glück zu tauschen gegen Glanz,
stürzt ins Dunkel ab.
Keinem aber winkt
mild getönte Einsamkeit,
noch bevor er stirbt.
Trotz Getümmel rings –
wenn zu lieben er versäumt,
einsam bleibt der Mensch.
Selten überwiegt
aufbegehrenden Genuss
ängstlicher Verzicht.
Wo Woher Wohin –
dümmre Fragen gibt es nicht,
wenn die Zeit nur zählt.
Ähnlich dem Geschwätz
pseudo-schlauer Haikus hier:
stumm verreckt das Wort.
Das Chaos gebar
gut geordnete Welten,
keine Entropie.
Auch wissen wir längst:
Das Leben ist entwachsen
Mineralien nur.
Es gilt das Prinzip
in fast allen Bereichen:
Das Gegenteil webt.
Immer mehr Leute
verstehen weniger Spaß –
ist das kein Beweis?
Sie ketten die Füße
zu schleppendem Schritt.
Sie nehmen die Kreuze.
Und schleppen sie mit.
Sie greifen nach Klingen,
zerschneiden die Haut.
Sie treiben die Dornen.
Zum Leiden erbaut.
Sie lassen sich schlagen,
verachten den Schmerz.
Sie haben den Herren,
als Strahlung im Herz.
Kategorisch trennen wir
die Kirche nun vom Staat.
Gott ruht längst, wo Winkelspinnen hausen. Auch
gibt es die Inquisition
nicht mehr. Aus Eigensinn
erbaut sind Kirchenkuppeln.
Trotzen wir dem Trost,
bleiben materiell, trennen
wir, weil nicht genügend
Mauern sind, die Kirche
nun vom Staat.
Tagsüber, bei der Schicht,
höre ich mir alles an,
begreife es als meine Pflicht.
Doch kommt der Abend dann,
vergeblich trenne ich
vom Tag mich wieder ab.
Die Worte treffen mich
und stoßen in das Grab
der Träume mich hinein.
Ich wache stündlich auf.
Und fühle mich allein.
Ich nehme es in Kauf
und hör am nächsten Tag
erneut den Leuten zu.
Solang ich das ertrag,
bleib ich am Leben, du.
Das Licht so kalt.
Und Schweigen lauert.
Die Decke liegt gebreitet
über längrer Tage Leere.
Manchmal
glaube ich
an Gott.
Dass Vater bei ihm blieb,
mir voran zu helfen,
wenn kaltes Licht
und Schweigen
mich umdauert.
Ich bin dem Diesseits ganz verpflichtet.
Und holt mich auch das Jenseits ein,
mit einer Welt die nur erdichtet –
ich werde stets fürs Leben sein.
Die Krankheit
zeigt sich
in Bewegung erst:
so lebt der Mensch
und stirbt;
aber den gesunden
Göttern
fehlt
zum Glücklichsein
die Zeit.
Der Gott der Schaben und der Schwaben
hat den Überblick verloren;
die Zukunft liegt schon längst begraben,
Hoffnung wird verwirrt geboren.
Sie stirbt im Kinderbett des Lebens,
zeugend vom Verzicht der Zeit
auf Wichtigkeit des Weiterstrebens.
Übrig bleibt: Benommenheit.
will ich hier spenden
den Fettverfressnen,
den Antibeweglichkeits-Sympathisanten,
die nie von Sport was hielten.
Hört, man hat
gerechnet und herausgefunden,
dass, wer in seinem Leben
regelmäßig Sport betrieb,
zwei Jahre älter
wird als der,
dem Sport bedeutungslos!
Prüfen wir es nach:
pro Tag eine Stunde Sport
(gelaufen, gehüpft, geliegestützt)
sind rund pro Jahr
vierhundert Stunden,
sind pro Jahrzehnt
viertausend,
in fünfzig Jahren
achtzehntausendundpaarhundert
rund.
Dies wären rund zwei Jahre.
Die Zeit erschien geschenkt
den Sportskanonen,
sie war gestundet nur!
Die Bewegungsnichtversessnen,
in aller Ruhe
sparen sie
besagte Zeit.
Mir scheint, wer denkt, er wäre
mit Schuld beladen, der bildet sich
das ein, kramt wohl zu viel
in den Erinnerungen; jede Schuld
wird doch mit andrer Schuld beglichen –
von fremden Leuten übernommen,
kümmert es uns nicht,
woraus die Ängste denn
geboren sind. Wer ständig zögert,
lieber zahlt, wer meint, dass man
ihn dann in Ruhe lässt, wird
mit Ärger wiederum sich zentnerschwer
belasten; keiner nimmt noch
Rücksicht, dem Verlierer glaubt man
nicht, dass er einst siegen konnte.
Wir leben länger nicht naturbeschützt.
Wie noch vor kurzer Zeit. Wie ehedem.
Vergangenheit: das Mutter-Kind-Prinzip.
Die ältren Brüder hat es auch erwischt,
im frühen Licht der Erdgeschichte. Wir,
nun ebenfalls nicht mehr vernabelt, sind
was Überleben anbelangt bedingt
befähigt. Aber keiner weiß, wie's geht.
(Der Erde macht das Fieber wenig aus;
sie ist flexibel, hat sie oft gezeigt,
benötigt daher keinen Luftgutschein.
Sie schläft. Und ist, wenn sie erwacht, gesund.)
Gedanken haben,
tief vergraben,
oder rabenschwarz nur labern.
Nein!
Sich durch Grauen hauen,
auf Vertrauen
bauen.
Bei Frauen
aufzutauen.
Was ist Leben?
Wie soll es sein?
Nie allein.
Die Haut der Milch sei zwischen uns –
die acht ich, weil sie köstlich schmeckt.
Es öffne sich die Rundung unsres Munds
und schließe sich, mit Milch bedeckt.
Die Schatten warfen