High sensory-processing sensitivity - Lena Blumentritt - E-Book

High sensory-processing sensitivity E-Book

Lena Blumentritt

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Beschreibung

Was bedeutet Hochsensitivität? Wie wird dieses Merkmal gemessen? Wie viele Menschen weisen dieses Merkmal auf und welche Konsequenzen lassen sich daraus ableiten? Diesen und weiteren Fragen wird am Beispiel von Studierenden nachgegangen. Die vorliegende Studie bietet eine differenzierte Aufarbeitung des Forschungsstandes, beleuchtet bedeutsame Zusammenhänge und fokussiert verschiedene (inter-)nationale Instrumente zur Erfassung von Hochsensitivität bei Erwachsenen und Kindern. Anknüpfungspunkte für weiterführende Fragestellungen werden aufgezeigt.

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Die Autorin

Lena Blumentritt, Jg. 1984, Dr. phil., Dipl-Päd., ist wissenschaftliche Geschäftsführerin der zentralen Einrichtung zur Qualitätsentwicklung von Studium und Lehre an der Hochschule für Gesundheit und systemische Beraterin (DGsP).

Die zweite überarbeitete und gekürzte Auflage basiert auf der im Jahr 2011 eingereichten und angenommenen Diplomarbeit an der Universität Bielefeld. Die erste Auflage erschien bei BoD unter dem Titel „High sensory-processing sensitivity. Eine empirischquantitative Studie zu Hochsensitivität“.

Danksagung

Von der ersten Idee, das Phänomen high sensory-processing sensitivity näher zu beleuchten, bis zu dieser nunmehr zweiten Auflage haben mich zahlreiche Menschen begleitet und auf unterschiedliche Art und Weise unterstützt. Dafür danke ich ihnen und euch sehr.

Ganz besonders bedanke ich mich bei den teilnehmenden Studierenden, die diese Studie ermöglichten. Danken möchte ich zudem weiteren Forscher*innen zu diesem Themenbereich, die sich mit inspirierenden Publikationen am Diskurs beteiligen und Impulse für die zweite Auflage gaben. Sie verdeutlichen die Relevanz, einen breiteren Zugang für Interessierte an dieser Studie zu schaffen und damit einen wesentlichen Beitrag sowohl zum wissenschaftlichen als auch zum öffentlichen Diskurs zu leisten.

Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Einleitung

Teil I Stand und Perspektive der Forschung

1 High sensory-processing sensitivity

1.1 Übererregung durch Reizoffenheit

1.2 Weitere Definitionsansätze

2 Highly Sensitive Person Scale

2.1 Messinstrumente

2.2 Empirische Studien

2.3 Neuropsychologische Befunde

3 Das Spezifische des Phänomens

3.1 Diagnosestellung

3.2 Auswirkungen

3.3 Empfehlungen und Hinweise

4 Synopse

Teil II Datenerhebung

5 Methodologie und Methode

5.1 Erhebungsinstrument

5.2 Umsetzung

5.3 Durchführung

Teil III Datenauswertung

6 Highly Sensitive Person Scale

6.1 HSP-Score mit 28 Items

6.2 HSP-Score mit 27 Items

6.3 Analyseentscheidungen

6.4 Gruppierter HSP-Score und soziodemographische Daten

6.5 Items der HSP-Scale und soziodemographische Daten

6.6 Faktorenanalyse der adaptierten HSP-Scale

Teil IV Resümee und Diskussion

7 Überblick der Erkenntnisse

7.1 Ergebnisse übergeordneter Konzepte

7.2 Reflexion der gewonnenen Ergebnisse

7.3 Reflexion des Methodeneinsatzes

8 Ausblick

8.1 HSP als Diagnosekategorie?

8.2 Forschungsdesiderata

Literaturverzeichnis

Anhang

Highly Sensitive Person Scale

Populärwissenschaftliche Skalen

Fragebögen für Kinder

Fragebogen der Studie

Einleitung

„Ich bin beeindruckt, wie viel auf mich gepasst hat! Als gäbe es ein von der Psychologie beobachtetes Persönlichkeitsprofil, das nahezu vollständig auf meine Persönlichkeit passt.“

Teilnehmer*in 761

Ende des zwanzigsten Jahrhunderts wurde das Konzept der high sensory-processing sensitivity von Aron und Aron (1997) in den wissenschaftlichen Diskurs eingebracht. Mit Hilfe der Highly Sensitive Person Scale können etwa 15 bzw. 20 Prozent der amerikanischen Bevölkerung als hochsensitiv bezeichnet werden (vgl. Aron 2010). Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Faszination für das Phänomen high sensory-processing sensitivity im wissenschaftlichen und öffentlichen Diskurs stellt sich die Frage, ob die empirische Beobachtung von Aron und Aron (1997) auch für Deutschland gültig sein könnte. Ausgehend von dieser Annahme ist weiter von Interesse, wie hoch der prozentuale Anteil von Personen in Deutschland ist, die sensitiver reagieren und deren Wahrnehmung reichhaltiger ist, und damit eine Bedeutung für die pädagogische und/oder psychologische Praxis aufweisen könnte.

Seit der deutschsprachigen Veröffentlichung von Aron (2009) bleiben diese Fragen zur „Grunddisposition“ (Bertrams o.J.:o.S.) Hochsensitivität bislang unerforscht und bildet die Ausgangslage für die vorliegende Analyse. Die Studie verfolgt das Ziel, eine deskriptiv statistische Analyse der Verteilung des Merkmals high sensory-processing sensitivity durchzuführen – im Sinne einer Replikationsstudie mit „Modifikationen gegenüber der Originaluntersuchung“ (Bortz und Döring 2009:38). Dazu wird die Highly Sensitive Person Scale von Aron und Aron (1997) adaptiert und in die deutsche Sprache transferiert. Die Datengrundlage der quantitativen Online-Pilotstudie bilden Studierende der Universität Bielefeld, der größten Hochschule der Region Ostwestfalen-Lippe in Nordrhein-Westfalen.

Bevor die Studie und ihre Ergebnisse näher beschrieben werden, werden zunächst das Phänomen high sensory-processing sensitivity definiert, der gegenwärtige Forschungsstand dargelegt und empirische Untersuchungen von populärwissenschaftlichen Thesen differenziert. Besonders die pädagogisch relevanten Aspekte Erziehung und Stress, aber auch neuropsychologische Befunde werden dazu fokussiert. Die anknüpfende Abgrenzung zu psychiatrischen Diagnosekategorien verdeutlicht das Spezifische des Phänomens. Die Ausführungen schließen mit einer Darstellung von Varianten der Highly Sensitive Person Scale und bietet Ideen für eine Beratung hochsensitiver Personen mit Blick auf die Themen Berufswahl und Arbeitsumfeld.

Daran anknüpfend widmet sich Teil II der Datenerhebung und stellt neben einer kurzen Einführung in die Online-Forschung ebenso die Entwicklung der übersetzten und angepassten Highly Sensitive Person Scale dar.

Teil III widmet sich den Ergebnissen der Online-Studie, stellt Varianten zur Berechnung des Sensitivitätsscores dar und bringt die Ergebnisse mit den erhobenen soziodemographischen Daten in Verbindung. Unter Berücksichtigung des (noch) nicht validierten psychologischen Tests zur Erfassung von Hochsensitivität, werden die ermittelten HSP-Scores gruppiert, neu gelabelt und zusammen mit den soziodemographischen Daten wie auch mit den einzelnen Items der HSP-Scale betrachtet. Mit Hilfe einer Faktorenanalyse werden Bezüge zu den bisherigen Forschungsergebnissen hergestellt.

Die gewonnenen Erkenntnisse werden in Teil IV zusammenfassend dargelegt, kritisch reflektiert und münden in der Darstellung von Forschungsdesiderata.

Teil I Stand und Perspektive der Forschung

Ausgangspunkt der vorliegenden Studie sind empirische Studien auf der Basis von Arons und Arons (1997) postuliertem Konzept der high sensory-processing sensitivity unter Anwendung der Highly Sensitive Person Scale. Neben zentralen Ergebnissen empirischer Studien werden auch die Beschreibungen populärwissenschaftlicher Literatur und praktischer Erfahrungen aufgegriffen, um die Vielschichtigkeit des Phänomens näher zu beschreiben.

1 High sensory-processing sensitivity

Der Terminus high sensory-processing sensitivity kann sowohl mit dem Label hohe sensorische Verarbeitungssensitivität als auch „Sensitivität für sensorische Verarbeitungsprozesse“ (Trappmann-Korr 2010:27) übersetzt werden. Innerhalb populärwissenschaftlicher Veröffentlichungen werden die Begriffe Hochsensitivität, Hochsensibilität, Feinfühligkeit, Reizoffenheit, Empfindsamkeit respektive zart besaitet und die Abkürzung HSP für highly sensitive persons verwendet (vgl. z.B. Leuze 2010; Parlow 2006; Göckel 2004). So schlägt etwa Nebel (2009) die Differenzierung in „Sensible und Hochsensible“ vor, um durchschnittlich sensitive Personen nicht als unsensibel zu stigmatisieren. In der vorliegenden Arbeit findet der ursprüngliche Terminus high sensory-processing sensitivity von Aron und Aron (1997) und die von Trappmann-Korr (2010) vorgenommene Übersetzung Hochsensitivität bzw. die gendersensible Bezeichnung hochsensitive Person(en) Anwendung.

1.1 Übererregung durch Reizoffenheit

Charakterisierend für das Konzept high sensory-processing sensitivity ist nach Aron und Aron (1997) eine andere Art der Reizverarbeitung, die mit einer „vergleichsweise offeneren und subtileren Wahrnehmung sowie einer intensiveren zentralnervösen Verarbeitung von inneren und äußeren Reizen“ (Becker 2008:83), d. h. einer stärkeren Erregbarkeit einhergeht. Wahrnehmung wird in diesem Kontext als Umsetzung der „registrierten Reize (…) in die Sprache des Nervensystems“ und deren Weiterleitung „an das Gehirn“ verstanden (Mietzel 2006:159). Nach Mietzel (2006) werden die eintreffenden Informationen geordnet und versucht deren Bedeutung zu ermitteln. Gemäß der Signal-Entdeckungstheorie bestimmt eine „Vielzahl von Einflüssen (…) ob Reizschwellen überwunden werden“, u. a. die „Erwartungen eines Menschen und seine aktuelle Motivation“ (Mietzel 2006:159). Menschen fühlen sich „innerhalb einer bestimmten Bandbreite von Anregung durch verschiedenste Reize am wohlsten“ (Rupprecht und Parlow 2008:18).

In Anlehnung an die Theorie von Aron und Aron (1997) sollen hochsensitive Personen mit einer größeren sensorischen Verarbeitungsempfindlichkeit, stärkerem Reflexionsvermögen und einer stärkeren Erregbarkeit ausgestattet sein. High sensory-processing sensitivity wird durch soziale, emotionale1 und physische Sensitivität charakterisiert und bezeichnet ein Persönlichkeits-2 bzw. Temperamentsmerkmal3 respektive Trait4 (vgl. Jagiellowicz et al. 2010). Das Persönlichkeitsmerkmalhigh sensory-processing sensitivity wird vererbt (vgl. Aron 1996:92; Aron 2009:148; Marletta-Hart 2009:17; vgl. ergänzend Plomin 1986). Diese „Grunddisposition“ (Bertrams o.J.:o.S.) tritt bei etwa 15 bzw. 20 Prozent der amerikanischen Bevölkerung auf (vgl. Aron 1999:251; Aron 2010:v; Trappmann-Korr 2010:20; Göckel 2004:17; vgl. ergänzend Kagan 1994). Aron (2010:222) fügt hinzu, dass in Abhängigkeit vom Sample zwischen 10 und 35 Prozent hochsensitiv sind. Im Vergleich zu anderen Kursen sind in Psychologieseminaren mehr Personen mit dem Merkmal high sensory-processing sensitivity anzutreffen und werden von dieser Art Seminar in gewisser Weise angezogen (vgl. ebd.). Die Wahrscheinlichkeit während der Lebensspanne eine Partnerschaft mit einer hochsensitiven Person zu führen, liegt bei „mindestens 36 Prozent“ (Aron 2006:14; siehe weiterführend Skarics 2010).

Nach Aron (2010:24) besteht high sensory-processing sensitivity aus den vier Indikatoren Depth of processing (‚Verarbeitungstiefe‘), Overarousability (‚Übererregung‘), Emotional intensity (‚Emotionsintensität‘) und Sensory sensitivity (‚sensorische Sensitivität‘). Der Indikator Depth of processing beinhaltet u. a. eine größere Reflexion, bevor gesprochen und/oder gehandelt wird, und kann in Entscheidungsschwierigkeiten münden (vgl. Aron 2010). Overarousability zeigt sich z. B. in unüblicher Nervosität, Klagen über chronischen Stress und einer generellen Vermeidung von hochstimulierenden Situationen (vgl. ebd.). Emotional intensity äußert sich etwa in einer Überreaktion (vgl. ebd.). Sensory sensitivity lässt sich durch Fragen zur Kindheit oder Beobachtung des Patienten in veränderten Situationen feststellen (vgl. ebd.). Diese vier Indikatoren (DOES) sollen laut Aron (2010) in beobachtbarem Verhalten, aktuellen Problemen, der Entwicklung einer Person oder auch in der Reaktion auf prägende, negative Ereignisse feststellbar sein.

Innerhalb der Gruppe der Hochsensitiven wird zwischen stärkeren und schwächeren Ausprägungen des Persönlichkeitsmerkmals high sensory-processing sensitivity unterschieden (vgl. Aron 2002). Zudem kann nach Aron (2010) zusätzlich das Merkmal high sensation seeker (‚Sensations- bzw. Stimulationssuchende‘) bei hochsensitiven Personen auftreten. Sensation seeking, ein Konzept von Marvin Zuckerman, charakterisiert Menschen, die „mit größerer Wahrscheinlichkeit riskante Aktivitäten“ unternehmen (Zimbardo und Gerrig 2004:584f.; vgl. weiterführend Zuckerman 1993). Aron (2004, 2010) vermutet, dass high sensation seeker aufgrund ihrer Anfälligkeit für Langeweile häufig dazu neigen, Situationen zu planen, von denen sie reizüberflutet werden.

Ein theoretisches Fundament für das Konzept der Hochsensitivität bildet Iwan Pawlows Konzept der Transmarginalen Hemmung (vgl. Rittmeyer 2008:11). Transmarginale Hemmung bezeichnet eine „Schutzfunktion des Organismus, die den Körper vor Überstimulierung schützt“ (Rittmeyer 2008:11). Der Punkt, bei dem „ein Mensch bei Überstimulation [bzw. nach intensiven Stimuli] ‚dicht macht‘“, wird als transmarginale Hemmung deklariert (Parlow 2006:53f.; vgl. auch Skarics 2007:21). In Anlehnung an Pawlow unterscheidet sich bei 15 bis 20 Prozent das Nervensystem „fundamental“, da etwa ein Fünftel den „Punkt transmarginaler Hemmung sehr schnell“ erreicht (Parlow 2006:53f.).

Im Allgemeinen lässt sich ein individuell unterschiedliches Erregungsniveau des Nervensystems bei gleicher Situation und gleichem Reiz beim Menschen feststellen (vgl. Aron 1996). So wird etwa bei „hochgradig automatisiert[en]“ Tätigkeiten nur ein „Mindestmaß an Aufmerksamkeit [gefordert], deshalb bleibt genügend Kapazität, um gleichzeitig noch etwas anderes zu tun“, dass nicht „denselben Sinneskanal“ beansprucht (Mietzel 2006:205). Auch bei höheren Tierarten wie etwa Pferden oder Katzen zeigt sich ein unterschiedliches Erregungsniveau (vgl. z.B. Sih und Bell 2008; Wolf, van Doorn und Weissing 2008; Suomi 1991; Goddard und Beilharz 1985). Selbiges gilt für Ziegen (vgl. Lyons, Price, Moberg 1988) und dem gemeinen Sonnenbarsch (vgl. Wilson et al. 1993). In diesem Zusammenhang lässt sich festhalten, dass das Konzept high sensory-processing sensitivity von einer „Reizoffenheit“ (Becker 2008:83) und einer anderen Beschaffenheit des Gehirns hochsensitiver Personen ausgeht und nicht von einer verbesserten Funktionalität der Sinnesorgane (vgl. Aron und Aron 1997). Demnach führt eine reizintensive Situation bei hochsensitiven Personen leichter zu Übererregung (vgl. Becker 2008) und damit neben Unwohlsein (vgl. Aron 2010) schneller zu Disstress (vgl. Rupprecht und Parlow 2008). Eine zu hohe Stimulation“ – d.h. „jede Art von Eindruck, jeder Reiz, jede Anregung, die wir erhalten (…), ob sie nun von außen, aus dem Inneren unserer eigenen Körper, oder aus der eigenen Gedanken- und Gefühlswelt kommen“ (Parlow 2006:12) – kann nach Rupprecht und Parlow (2008) Gefühle der Überforderung, Hilflosigkeit oder auch Bedrohung auslösen.

1.2 Weitere Definitionsansätze

Neben der Definition von high sensory-processing sensitivity nach Aron und Aron (1997) existieren weitere Begriffsbestimmungen von Schweingruber (1970), Klages (1991), Bhandari (2008) und Trappmann-Korr (2010) sowie zur Hochsensitivität bei Kindern von Hofmann (2007). Diese divergierenden Theorien beruhen weitgehend auf Praxiserfahrungen der jeweiligen Autorenschaft und wurden noch nicht empirisch überprüft.

So definiert Schweingruber (1970:17) den „sensible[n] Mensch[en]“ als: „a.) eine zu leichte und zu intensive Ansprechbarkeit auf Eindrücke, eine Erregbarkeit von manchen oder allen Empfindungen, Gefühlen und Trieben; b.) ein zu leichtes Eintreten von Kompliziertheiten im Verarbeiten der Affekte und ein zu leichtes Eintreten von Hinderungen im Abklingen der Affekte; c.) eine zu leichte und zu intensive Auswirkung und Hinüberwirkung von Affektvorgängen auf die leiblichen Funktionen; d.) eine zu leichte und zu intensive Rückwirkung von den leiblichen Funktionen auf das Affektleben“. Laut Schweingruber (1970:33) „verliert“ sich eine HSP „an seine Interessen oder (…) Gefühle“. Etwa zwei Jahrzehnte später beschrieb Klages (1991:142) das „sensible Syndrom“, welches die Merkmale Reizüberempfindlichkeit, affektive Störbarkeit sowie eine Tendenz zur Kompensation beinhaltet, die als „Suche nach einer Anpassungsform an die Umwelt“ definiert wird. Zu den „Symptome[n] (…) zweiter Art“ gehören Instinktunsicherheit, schnelle Ermüdbarkeit, Antriebsschwäche, Sachlichkeit, Tendenz zu literarischer und künstlerischer Begabung und „das gelegentliche Kokettieren mit den Symptomen“ (Klages 1991:142; Hervorhebungen im Original). Klages (1991:57) schildert die Tendenz zum „kokettierenden“ Verhalten als einen möglichen Umgang mit Sensitivität, bei dem „sich die Sensiblen als interessant, als überlegener [empfinden und] sie [es] genießen, wenn man auf sie Rücksicht nimmt“.

Hingegen fasst Bhandari (2008) Sensitivität unter die Kategorie psychologischer Probleme, die durch Disstress ausgelöst wird und eine leichtere Verletzbarkeit – u. a. aufgrund von Beleidigungen –, eine stärkere Reaktion auf schwache Stimuli sowie eine niedrige Wahrnehmungsschwelle beinhaltet. Trappmann-Korr (2010:14; Hervorhebungen im Original) versteht Hochsensitivität als ein Zusammenspiel von erhöhter „Reizoffenheit, Sensibilität und Intelligenz“ und sieht in dem gleichzeitigen Vorhandensein aller Aspekte eine hohe Wahrscheinlichkeit für Hochbegabung. Schließlich beschreibt Hofmann (2007:15) das „(kinesiologisch austestbare) verkippte Keilbein im Schädel“ – der Sphenoid-Knochen (vgl. z.B. Helbig o.J.) – als Merkmal von hochsensitiven Kindern. Dieser Befund basiert auf eigenen Untersuchungen und sei mit „osteopathischen Untersuchungsmethoden“ festellbar, u. a. in der craniosacralen Osteopathie (vgl. Hofmann 2007:74). Der Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität e.V. (IFHS) (2010b:8f.) bewertet im Rahmen einer Rezension Hofmanns Zugang als „esoterischen Ansatz“, dem „jede wissenschaftliche Nachweisbarkeit“ fehle.

1 Zur weiterführenden Lektüre seien Zimbardos und Gerrigs (2008:461) Darstellung der drei klassischen Emotionstheorien (James-Lange-Theorie, Cannon-Bard-Theorie und die Theorie der kognitiven Bewertung) sowie das Sammelwerk von Holodynski und Friedlmeier (1999) empfohlen.

2 Persönlichkeit wird von Zimbardo und Gerrig (2004:601) definiert als „die einzigartigen psychologischen Eigenschaften eines Individuums, die eine Vielzahl von charakteristischen (…) Verhaltensweisen über verschiedene Situationen und den Lauf der Zeit hinweg beeinflussen“.

3 Temperament bezeichnet eine „typische Art eines Menschen, auf seine Umwelt zu reagieren“ (Schrader 2005:337).

4 Traits sind „überdauernde Merkmale und Eigenschaften, die eine Person dazu prädisponieren, sich über verschiedene Situationen hinweg konsistent zu verhalten“ (Zimbardo und Gerrig 2004:604).

2 Highly Sensitive Person Scale

Das Konstrukt high sensory-processing sensitivity wird mit der aus 27 Items bestehenden Highly Sensitive Person Scale gemessen und wurde von Aron und Aron (1997) entwickelt. Zur Exploration des Phänomens high sensory-processing sensitivity wurden 39 Personen der University of California in Santa Cruz, die sich selbst als highly sensitive (‚hochsensitiv‘), sich also entweder als highly introverted (‚sehr introvertiert‘) oder easily overwhelmed by stimulation (‚leicht durch Stimulation überwältigt‘) beschrieben, für qualitative Tiefeninterviews rekrutiert und zu ihrem Verständnis von Hochsensitivität befragt (vgl. Aron und Aron 1997:350). Studierende und ältere Nicht-Studierende, im Alter von 18 bis 66 Jahren, wurden mit Hilfe von Aushängen in einem campus staff newsletter und local arts newsletter rekrutiert (vgl. Aron und Aron 1997:350). Die Interviews wurden von Elaine Aron durchgeführt, die sich an der Interviewtechnik von McCracken (1988) und Mishler (1986) orientierte und gemäß eigenen Angaben selbst hochsensitiv ist (vgl. Aron 2010:ix). Ergänzend zum Interview wurden Tests von Hazan und Shaver (1987) sowie Myers (1962) eingesetzt.

Die qualitative Pilotstudie bildete die Grundlage für sechs quantitative Untersuchungen, fünf davon mit Studierenden der Psychologie (vgl. Aron und Aron 1997:351f.). Die Stichprobengröße der von Aron und Aron (1997) durchgeführten Studien betrug N=329 (2. Studie), N=285 (3. Studie), N=301 (4. Studie), N=119 (5. Studie), N=172 (6. Studie) und N=109 (7.Studie). In der vierten, von Interviewerinnen durchgeführten Telefonstudie nahmen 301 zufällig ausgewählte Personen im Alter von 18 bis 91 Jahren (M=43.4) aus Santa Cruz County in Californien teil (vgl. Aron und Aron 1997:352f.). 20 Prozent der Telefonstichprobe schätzten sich als „extrem oder ziemlich sensibel“, „22 Prozent (…) als mäßig sensibel“ und 42 Prozent als „überhaupt nicht sensibel“ ein (Aron 2009:11).

Innerhalb der sechs quantitativen Studien von Aron und Aron (1997) wurden Tests von Eysenck und Eysenck (1968), Mehrabian (1976) und Myers (1962) genutzt, sowie Variationen der Highly Sensitive Person Scale zur Messung von high sensory-processing sensitivity.

Die Skala wurde nicht für den psychodiagnostischen Einsatz entworfen (vgl. Aron und Aron 1997:364), kann laut Aron (2010:24) allerdings neben anderen Instrumenten helfen, Hochsensitivität zu bestimmen. Hochsensitivität kann bereits bei Kindern ab fünf Monaten festgestellt werden (vgl. Aron 2010:95). Eine weitere Möglichkeit die „Stärke der reaktiven Erregungsbereitschaft als Antwort auf eine plötzliche Zunahme an Komplexität, Varianz, Neuheit und/oder Unerwartetheit eines Stimulusreizes“ (Becker 2008:83) zu messen, bietet die „Trait Arousibility Scale“ von Mehrabian (1995).

2.1 Messinstrumente

In den populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen von Aron in den Jahren 1996 und 2009 wurde die Highly Sensitive Person Scale (HSP-Scale) mit geschlossenen Fragen dargestellt. In Aron und Aron (1997) als auch in Aron et al. (2010a) wurde eine 7-Punkte-Ratingskala von 1=not at all (‚stimme überhaupt nicht zu‘) über 4=moderately (‚stimme einigermaßen zu‘) bis 7=extremely (‚stimme voll und ganz zu‘) veröffentlicht, die für weitere Forschungsvorhaben von Elaine Aron empfohlen wird und uneingeschränkt zur Verfügung steht. Die Instrumente befinden sich im Anhang.

Bei 27 Items mit je 7 Antwortmöglichkeiten sind Ergebnisse von 27 bis 189 Punkten auf der HSP-Scale von Aron und Aron (1997) möglich. Entsprechend höhere Werte auf der HSP-Scale bedeuten größere Sensitivität, die oberen 20-35 Prozent eines Samples gelten als hochsensitiv (vgl. Liss et al. 2005:1431). Die Items beinhalten u. a. Fragen zur Beeinflussbarkeit, zur Wahrnehmung von Reizen, Feinheiten in der Umgebung, Koffein, Schmerz, Zeitdruck sowie von Stimmungen anderer Personen (vgl. Jagiellowicz et al. 2010:1).

Die HSP-Scale ist ein reliabler und valider Test5 und wird durch die Variablen Geschlecht und Alter minimal beeinflusst (vgl. Aron und Aron 1997:360).

In den Studien von Aron und Aron (1997:356f.) erreichten Frauen signifikant höhere Werte auf der HSP-Scale als Männer. Die Autoren vermuten den Grund in einem internalisierten, westlichen Kulturideal und entfernten daher das Item crying easily, da Männer der Aussage deutlich weniger als Frauen zustimmten (vgl. Aron 2010:196).

Abgesehen von geschlechtsspezifischen Unterschieden kamen Chen, Rubin und Sun (1992:1336) bei einem Vergleich von Schulkindern der zweiten und vierten Klassen aus Shanghai, China (N=480), mit denen aus Südontario, Kanada (N=296), zu dem Ergebnis, dass Sensitivität in China im Vergleich zu Kanada zu den häufig genannten, erstrebenswerten und von Peers respektierten Eigenschaften zählt (vgl. auch Aron 2000:32). Die soziale Reputation wurde u. a. mittels soziometrischer Nominierung erfasst und die Daten den drei a priori gebildeten Faktoren sociability-leadership (‚Soziabilität-Führung‘), aggression-disruption (‚Aggression-Zerrissenheit‘) und shynesssensitivity (‚Schüchternheit-Sensitivität‘) zugewiesen (vgl. Chen, Rubin und Sun 1992:1336). Die Datenanalyse zeigte in beiden Stichproben eine positive Korrelation zwischen sociability-leadership und der Akzeptanz von Peers, sowie aggression-disruption mit der Ablehnung durch Peers (vgl. ebd.). Im Vergleich zum chinesischen Sample korrelierte shyness-sensitivity signifikant negativ mit der Peerakzeptanz in dem kanadischen bzw. westlichen Sample (vgl. ebd.). Das asiatische Sample zeigte neben positiven Assoziationen auch positive Korrelationen zwischen Schüchternheit und Sensitivität mit den Faktoren sociability-leadership und der Akzeptanz von Peers (vgl. ebd.:1336ff.). Chen, Rubin und Sun (1992:1342) schlussfolgern, dass westliche Kulturen schüchternes, sensitives und sozial zurückhaltendes Verhalten als sozial unreifes, ängstliches und deviantes Verhalten betrachten und infolgedessen Peerbeziehungen dadurch beeinflusst werden (vgl. weiterführend Zimbardo 1990). Gemäß Chen, Rubin und Sun (1992:1342) wird innerhalb der asiatischen Kultur sensitives, vorsichtiges und gehemmtes Verhalten ermutigt, hoch gelobt und aufgrund dessen von Peers eher akzeptiert (vgl. weiterführend Ho 1986).

Neben kulturellen Differenzen in der Beurteilung von Hochsensitivität ist die Einstellung der Forscher zum Thema respektive zu hochsensitiven Personen relevant für die Forschungsergebnisse (vgl. Aron 2009:45; vgl. weiterführend Nagane 1990). Laut Aron (2009:45) erwarten japanische Psychologen von ihren hochsensitiven Klienten, „dass sie leistungsfähiger sind – und diese sind es dann auch tatsächlich“.

Gemäß der Studienergebnisse von Aron und Aron (1997:354ff.) stellt high sensory-processing sensitivity eine Kernvariable dar, deren eindimensionale Faktorenstruktur sich in Screetests6 von sechs Studien mit divergierenden Fragebögen zeigte. Die psychometrische Skala, die Highly Sensitive Person Scale, wurde in der sechsten Studie entwickelt und erklärt 54 Prozent der Gesamtvarianz (vgl. ebd.:360). Aron und Aron (1997:361) vermuten bei ihrer siebten Studie, dass high sensory-processing sensitivity nicht vollständig in dem Big Five-Modell7 enthalten ist, da 71 Prozent der Varianz nicht durch die Big Fiveerklärt werden konnten (vgl. auch Aron 2010:225).

Smolewska, McCabe und Woody (2006:1271f.) prüften die HSP-Scale von Aron und Aron (1997) in einer Fragebogenstudie mit 851 Studierenden (davon 594 Frauen, M=19.7 Jahre) mit einer Skala von 0=strongly disagree bis 7=strongly agree. Des Weiteren wurde der Zusammenhang zwischen der HSP-Scale und dem BIS und BAS8 (vgl. weiterführend Carver und White 1994) sowie zu den Big Fiveuntersucht (vgl. weiterführend Costa und McCrae 1992). Die Teilnehmer hatten für die Beantwortung der Fragebögen eine Woche Zeit (vgl. Smolewska, McCabe und Woody 2006:1271f.).

Eine Faktorenanalyse mit Amos zeigte bei Smolewska, McCabe und Woody (2006) im Gegensatz zu Aron und Aron (1997) eine Drei-Faktor-Lösung (siehe Anhang): Ease of Excitation (‚durch externe und interne Anforderungen psychisch überfordert‘, ‚Erregbarkeit‘), Aesthetic Sensitivity (‚ästhetische Sensitivität‘) und Low Sensory Threshold (‚niedrige sensorische Erregungs- bzw. Reizschwelle‘). Die Faktoren erklären 40.5 Prozent der Varianz unter Ausschluss zweier Items (Are you easily overwhelmed by strong sensory input? und Does your nervous system sometimes feel so frazzled that you have to get off by yourself?), da diese auf zwei Faktoren luden (vgl. Smolewska, McCabe und Woody 2006:1273f.). Der erste Faktor, Ease of Excitation (EOE) umfasst 12 Items und erklärt 26 Prozent der Gesamtvarianz, der zweite Faktor AES mit 7 Items erklärt 8 Prozent und der dritte Faktor LST mit 6 Items 6 Prozent der Gesamtvarianz (vgl. Aron 2010:236).

BIS-Aktivität wurde besonders mit der Komponente EOE bzw. mit der gesamten HSP-Scale assoziiert und BAS-Items mit keiner Komponente (vgl. Smolewska, McCabe und Woody 2006:1274). Die Hauptaufgabe des BIS ist die Verarbeitung neuer Reize, so dass Individuen, die auf der HSP-Scale hohe Werte erreichen, auch eine hohe BIS Funktionalität aufweisen und demnach individuelle Ausprägungen von Hochsensitivität teilweise durch das BIS determiniert sind (vgl. ebd.:1269; vgl. auch Aron und Aron 1997).

Die Komponente AES zeigte in Smolewska, McCabe und Woody (2006:1269) die höchste Korrelation mit der Big Five Dimension Openness to Experience (‚Offenheit für Erfahrungen‘), sowie LST und EOE mit der Big Five Dimension Neuroticism (‚Neurotizismus‘).

Gemäß der Studie von Smolewska, McCabe und Woody (2006) setzt sich high sensory-processing sensitivity aus den auch getrennt auftretenden Komponenten Ease of Excitation, Aesthetic Sensitivity und Low Sensory Threshold zusammen (vgl. auch Becker 2008:84; Evans und Rothbart 2008:108). Smolewska, McCabe und Woody (2006:1271) postulieren, dass drei Faktoren das Konzept high sensory-processing sensitivity besser repräsentieren als ein Faktor. In der Studie von Aron und Aron (1997) reichten die Faktorladungen des ersten Faktors von .24 bis .64 und somit wurden einige Items besser durch den Faktor repräsentiert als andere (vgl. ebd.). Insgesamt passte in der Studie von Smolewska, McCabe und Woody (2006:1274) eine Drei-Faktor-Lösung signifikant besser als eine ebenfalls mögliche Ein-Faktor-Lösung. Die HSP-Scale erwies sich als ein reliables Messinstrument für high sensory-processing sensitivity (vgl. ebd.: 1269).

Evers, Rasche und Schabracq (2008:195) schlagen unter Verwendung der Drei-Faktoren-Lösung von Smolewska, McCabe und Woody (2006) eine Reduzierung der HSP-Scale auf 18 Items vor, da diese in ihrer Untersuchung die höchsten Korrelationen aufwiesen (siehe Anhang).

Liss, Mailloux und Erchull (2008:255f.) nutzten die Drei-Faktor-Lösung von Smolewska, McCabe und Woody (2006) in ihrer Untersuchung mit 201 Studierenden der Psychologie, darunter vorwiegend Studentinnen im Alter von 18-25 Jahren (M=18.66). Die Teilnehmer erhielten durch ihre Teilnahme Creditpunkte (vgl. ebd.). Die Ergebnisse einer multiplen Regressionsanalyse zeigten einen Zusammenhang zwischen den von Smolewska, McCabe und Woody (2006) gelabelten Faktoren Ease of Excitation und Low Sensory Threshold mit Angst9, Depression, Alexithymie10 und autistischen Symptomen (vgl. Liss, Mailloux und Erchull 2008:256; vgl. auch Moss 2008:o.S.). Weiterhin wurde ein Zusammenhang zwischen Aesthetic Sensitivity und der Aufmerksamkeit für Details, einem Symptom von Autismus und Angst, festgestellt, allerdings nicht zu Depressionen (vgl. Liss, Mailloux und Erchull 2008:255). Des Weiteren assoziieren die Autoren einen Zusammenhang zwischen Aesthetic Sensitivity und einem komplexen Innenleben, der Wertschätzung von Kunst als auch Musik, Gewissenhaftigkeit und dem verstärkten Nachdenken über mentale und physische Aktionen bei erhöhter Zeitinvestition (vgl. Liss, Mailloux und Erchull 2008:258).

Abgesehen von Smolewska, McCabe und Woody (2006) beschreiben Meyer, Ajchenbrenner und Bowles (2005) in ihrer Studie vier Faktoren aus denen die Highly Sensitive Person Scale bestehen soll: den Faktor sensitivity/overstimulation (‚Sensitivität/Überstimulation‘), der 28 Prozent der Gesamtvarianz erklärt, adverse reactions (‚nachteilige Reaktionen‘) mit 8 Prozent, psychological fine discrimination (‚psychologische Feinunterscheidung‘) mit 7 Prozent und den Faktor controlled harm avoidance (‚kontrollierte Schadensvermeidung‘), der 4 Prozent der Gesamtvarianz erklärt (vgl. auch Aron 2010:236). Die Faktoren von Meyer, Ajchenbrenner und Bowles (2005) und Smolewska, McCabe und Woody (2006) beinhalten unterschiedliche Items und sind dementsprechend nicht kongruent (vgl. Aron 2010:236).

Evans und Rothbart (2008:109) setzten in ihrer Studie (N=297) die zwei Faktoren negative affect (‚Negativer Affekt‘) und orienting sensitivity (‚Orientierende Sensitivität‘) a priori fest. Neben der Highly Sensitive Person Scale wurde der Adult Temperament Questionnaire genutzt und Studierende für ihre Teilnahme mit Creditpunkten belohnt (vgl. Evans und Rothbart 2008:112). Die Autoren stellten keinen Zusammenhang zwischen high sensory-processing sensitivity und der Tendenz zu Übererregung sowie negativer Emotionalität fest (vgl. ebd.:116). Evans und Rothbart (2008:117) zeigen auf, dass der Begriff Sensitivität unterschiedliche Bedeutungen in verschiedenen Kontexten besitzen kann und eine selbstberichtete Hochsensitivität individuell unterschiedlich verstanden wird. Somit ist gemäß den Autoren neben einer eindeutigen und differenzierten Definition auch eine dem Bedeutungskontext angepasste Operationalisierung notwendig (vgl. ebd.).

Die HSP-Scale von Aron und Aron (1997) wird ebenfalls bei der Forschung zu anderen Konzepten herangezogen. Beispielsweise untersuchten Minshew und Hobson (2008:1485) sensorische Sensitivität bei Autisten (N=60) mit einer angepassten Version der Highly Sensitive Person Scale. Bei 32 Prozent zeigte sich eine höhere sensorische Sensitivität als bei der Kontrollgruppe (vgl. ebd.).

Neben der HSP-Scale von Aron und Aron (1997) existieren andere Fragebögen zur Messung von sensory defensiveness (‚sensorische Abwehr/-haltung‘) von Kinnealey, Oliver und Wilbarger (1995) bzw. sensory sensitivity bei Erwachsenen von Brown et al. (2001), auf Basis der von Dunn (1997) entwickelten Fragebögen für Kinder11 (vgl. Benham 2006:1434). Auf diese Messinstrumente wird im Folgenden nicht weiter eingegangen, da sie für diese Studie als weniger relevant betrachtet werden, sondern vielmehr empirische Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Trait high sensory-processing sensitivity dargestellt und damit das Phänomen näher beleuchtet.

2.2 Empirische Studien

Glonek et al. (2007:2) untersuchten bei 63 Studierenden zwischen 18 und 23 Jahren (M=19.5) u. a. den Zusammenhang zwischen high sensory-processing sensitivity und kommunikativer Anpassungsfähigkeit. Je höher die Punktzahl auf der HSP-Scale, desto weniger waren Individuen in der Lage, ihren Kommunikationsstil der Umwelt anzupassen und deuteten Stimuli eher reaktiv (vgl. Glonek et al. 2007:20). Die Schwäche der Studie liegt vor allem in der geringen Stichprobengröße