Hochsensibel im Berufsleben - Ulrike Hensel - E-Book

Hochsensibel im Berufsleben E-Book

Ulrike Hensel

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Beschreibung

In einer reizerfüllten und dynamischen Arbeitswelt haben es hochsensible Menschen (HSP) schwer. Konkurrenz-, Leistungs- und Zeitdruck belasten sie häufig so sehr, dass sie schlechtere Arbeitsqualität liefern, als es ihnen möglich wäre. Bevor Psyche und Körper streiken, gilt es, Chancen, Möglichkeiten, aber auch Grenzen auszuloten. Die konkrete Arbeitsstelle zu betrachten ist dabei mindestens ebenso wichtig wie die Art der beruflichen Tätigkeit. Ulrike Hensel, selbst hochsensibel, bietet Hilfe auf Basis ihrer Erfahrungen aus zahlreichen beruflichen Coachings mit HSP. Sie bezieht sich außerdem auf wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Forschung. Im Buch finden Leser:innen Anstöße zur Selbstreflexion und Orientierung bei der Jobwahl und -gestaltung. Sachlich und dennoch empathisch zeigt die Autorin Wege zu einer erfüllenden Tätigkeit auf, die mit den eigenen Werten übereinstimmt und Raum für das eigene Potenzial bietet.

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Seitenzahl: 320

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Ulrike HenselHochsensibel im BerufslebenBegabungen nutzen, Herausforderungen meistern, Möglichkeiten ausloten

Über dieses Buch

Hochsensibilität im Beruf – wie kann ein authentischer Weg aussehen? 

In einer reizerfüllten und fordernden Arbeitswelt haben es hochsensible Menschen (HSP) oft schwer. Konkurrenz-, Leistungs- und Zeitdruck belasten sie mehr als andere und mindern ihre Arbeitsqualität. Bevor Psyche und Körper streiken, gilt es, Chancen, Möglichkeiten und Grenzen auszuloten. Die konkrete Arbeitsstelle zu betrachten ist dabei mindestens so wichtig wie die Art der beruflichen Tätigkeit. 

Ulrike Hensel, selbst hochsensibel, bietet Empfehlungen aufgrund ihrer Erfahrungen und Erkenntnisse aus zahlreichen beruflichen Coachings sowie aus Interviews mit HSP. Im Buch finden Leser:innen Anregungen zur Selbstreflexion und zur Orientierung bei der Jobwahl und -gestaltung. Faktenbasiert und zugleich empathisch zeigt die Autorin Wege zu einer erfüllenden Tätigkeit auf, die mit den persönlichen Werten übereinstimmt und Raum für das eigene Potenzial bietet. Beiträge von HSP veranschaulichen die Aussagen des Buches.

Ulrike Hensel ist Lektorin, Autorin und Coach für hochsensible Erwachsene. Das Thema Hochsensibilität behandelt sie sachlich, differenziert und auf wissenschaftlicher Grundlage.http://www.coaching-fuer-hsp.de

Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2024

Coverfoto: © Tilo Dima, tilo-dima.de

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Wir behalten uns eine Benutzung des Werkes für Text und Data Mining i.S.v. § 44b UrhG vor.

Erscheinungsjahr dieser E-Book-Ausgabe: 2024

ISBN der Printausgabe: 978-3-7495-0599-9

ISBN dieses E-Books: 978-3-7495-0600-2 (EPUB), 978-3-7495-0601-9 (PDF).

Vorwort

Zum Gebrauch der Abkürzung HSP:

HSP nutze ich als gängige Abkürzung für „Highly Sensitive Person“ bzw. „Hochsensible Person“ in der Einzahl und in der Mehrzahl. Dabei ist „die HSP“ eine Person jeglichen Geschlechts.

Ich heiße Sie, liebe Leserin, lieber Leser, herzlich willkommen in diesem Buch! Ich freue mich, dass Sie mit mir in das Thema einsteigen! Gerne gebe ich Ihnen nach bestem Wissen Informationen, Erklärungen, Einblicke, Hinweise, Impulse, Bewältigungsansätze, Lösungsideen …

Sie sollen wissen: Mir liegt sehr an einer neutralen, sachlichen und differenzierten Themenbehandlung, sodass Sie eine vernünftige Grundlage für Ihre persönlichen Erkenntnisse, Überlegungen und Entscheidungen an die Hand bekommen.

Einfache Problemlösungen und Patentrezepte kann es angesichts der komplexen Thematik und der Individualität nicht geben. Betrachten Sie das Buch bitte vielmehr als einen Fundus an Anregungen für ein vertieftes Selbstverständnis, eine authentische Selbstentfaltung und eine einfühlsame Selbstfürsorge.

Wenn ich Empfehlungen gebe für einen guten Umgang mit der eigenen Hochsensibilität, möchte ich dies ausdrücklich nicht als Anleitung zur Selbstoptimierung verstanden wissen. Stattdessen möchte ich zu einer stimmigen persönlichen Entwicklung ermutigen, die auf das Ausschöpfen des hochsensiblen wie des individuellen Potenzials ausgerichtet ist und dabei jederzeit auch auf die Erhaltung der Arbeitsfreude und der Gesundheit achtet.

Ich habe schon einige Bücher über Hochsensibilität geschrieben, unter anderem das grundlegende Buch Hochsensibilität verstehen und wertschätzen (2018a), in dem ich die Hochsensibilität erkläre und ihre Auswirkungen in den verschiedenen Lebensbereichen (Familie, Freundeskreis, Partnerschaft und Beruf) beschreibe und mit Aussagen von HSP sowie Berichten über mich persönlich belege.

Zuletzt habe ich mich im Buch Hochsensibel sein – 22 Impulse für einen guten Umgang mit der eigenen Hochsensibilität (2023) mit relevanten Aspekten des Hochsensibelseins beschäftigt, die in meinen Coachings mit HSP und in meinen HSP-Gesprächsgruppen immer wieder angesprochen und diskutiert werden – und die sicher auch für Sie interessant sein können. Durch die Begrenzung des Umfangs hatte sich ergeben, dass darin die Themen, die ausdrücklich dem beruflichen Bereich zuzuordnen sind, ausgespart blieben. Der Wunsch, auch dieses wichtige Themenfeld zu behandeln, war der Ausgangspunkt zum vorliegenden Buch. Danke an meine Lektorin Katharina Arnold dafür, dass sie dieses Projekt von Anfang bis Ende so engagiert und kompetent begleitet hat!

Wie groß die Herausforderungen für HSP in der Berufswelt sind und wie dringlich dazu Rat gesucht wird, sehe ich auch daran, wie häufig berufliche Fragestellungen das Hauptanliegen in meinen Coachings sind.

Der Lebensbereich Beruf ist ganz allgemein von zentraler Bedeutung. Die berufliche Tätigkeit dient dem Broterwerb und sichert die Existenz. Darüber hinaus bietet sie die Gelegenheit, seine Stärken und Fähigkeiten auszuleben und auszubauen. Sie ist ein wesentlicher Teil von Selbstausdruck, bringt einen in regelmäßigen Kontakt mit anderen Menschen, verleiht einem einen Platz in einer Gemeinschaft und führt – wenn es gut geht – zu Arbeitsfreude, Selbstbestätigung und Sinnerleben.

Einen zu den eigenen Begabungen und Interessen und zum eigenen Naturell passenden Beruf an einem Arbeitsplatz mit stimmigen Rahmenbedingungen in einem als angenehm empfundenen Umfeld auszuüben ist für alle Menschen erstrebenswert. Jedoch sind HSP mit ihren speziellen Voraussetzungen und Erfordernissen und ihrem in vieler Hinsicht engen Wohlfühlbereich in noch höherem Maße auf eine passende Berufstätigkeit angewiesen. Und weil sie grundsätzlich sehr intensiv fühlen, empfinden sie eine etwaige berufliche Unzufriedenheit als besonders frustrierend und bedrückend.

Während des Schreibprozesses stand ich im Mail-Kontakt mit circa 40 hochsensiblen Menschen, die sich auf einen Aufruf in meinem Newsletter sowie auf meinem Facebook-Account hin bei mir gemeldet haben. HSP, die bereit waren, sich zu reflektieren und schriftlich etwas von sich zu erzählen. Diesen HSP stellte ich zu den einzelnen Kapitelthemen Fragen und sie schickten mir ihre Antworten. Das war für mich ungeheuer wertvoll, weil es mein Verständnis für hochsensible Sichtweisen und hochsensibles Erleben noch erweitert und vertieft hat und mir zugleich anschauliche Beispiele geliefert hat. Ich habe die ausdrückliche Erlaubnis bekommen, die Antworten bzw. Teile davon ins Buch zu übernehmen. Die angegebenen Vornamen sind von den Einzelnen selbst gewählte Pseudonyme. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an alle, die mitgemacht haben!

Eine Anmerkung darf in keinem meiner Bücher fehlen. Bitte beachten Sie, dass niemand mit dem Merkmal „hochsensibel“ auch nur annähernd vollständig charakterisiert ist. Reduzieren Sie sich und andere keinesfalls darauf und gehen Sie auch nicht davon aus, dass sich damit alles erklären und lösen lässt. Die Hochsensibilität ist zwar ein grundlegendes veranlagungsbedingtes Wesensmerkmal, aber bei jedem einzelnen Menschen kommen zahlreiche weitere Eigenschaften hinzu. Außerdem nehmen neben der Veranlagung die Lebensgeschichte und die Lebensumstände einen großen Einfluss. Alles zusammen formt die individuelle Persönlichkeit. Wenn ich also verallgemeinernd etwas über HSP sage, trifft das nicht gleichermaßen auf jede einzelne HSP zu. Bitte relativieren Sie alle Aussagen entsprechend! In erster Linie ist immer die einzigartige Persönlichkeit zu sehen und zu würdigen.

Nun wünsche ich Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre! Machen Sie eine Bestandsaufnahme, lernen Sie sich mit Ihren Fähigkeiten, Wünschen und Bedürfnissen noch besser kennen, eruieren Sie Ihre Möglichkeiten, nutzen Sie Ihre Handlungsspielräume, machen Sie neue Entdeckungen und Erfahrungen und ziehen Sie dann wiederum Ihre Schlüsse daraus. Gehen Sie Ihren authentischen beruflichen Weg!

Ulrike Hensel 

Aidlingen, im März 2024

https://coaching-fuer-hochsensible.de/

Wichtiger Hinweis:

Dieses auf Selbsthilfe ausgerichtete Buch kann keine individuelle Beratung, kein persönliches Coaching und keine therapeutische Begleitung ersetzen. Bitte nehmen Sie anhaltende psychische Schwierigkeiten ernst und zögern Sie nicht, gegebenenfalls professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Suchen Sie sich außerdem Rat und Hilfe bei geeigneten Stellen, wenn Sie am Arbeitsplatz schwerwiegenden Problemen welcher Art auch immer ausgesetzt sind.

1. Grundlegendes über Hochsensibilität

Schon zu allen Zeiten hat es eine Minderheit in der Population mit deutlich höherer Sensibilität gegeben. Aber vermutlich war es nie so herausfordernd wie in unserer heutigen eng getakteten, leistungsbezogenen, konkurrenzorientierten, multimedialen und reizerfüllten Welt, damit zurechtzukommen.

Ich lade Sie ein, sich über Hochsensibilität von Grund auf zu informieren. Über das Phänomen Hochsensibilität gut Bescheid zu wissen ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, sich als hochsensibler Mensch selbst in seiner Wesensart tiefgreifend zu verstehen, sich mehr und mehr annehmen zu können, einen guten Umgang damit zu finden und das Beste daraus zu machen – privat wie beruflich.

1.1 Das psychologische Konzept „High Sensitivity“

Dr. Elaine N. Aron (* 1944), eine US-amerikanische klinische Psychologin, Psychologieprofessorin und Psychotherapeutin in eigener Praxis, begründete das Konzept „High Sensitivity“ (Hochsensibilität), auf das sich alle Forschenden, Expert:innen und Autor:innen heute beziehen. Sie ist heute im Ruhestand, aber noch immer aktiv als Botschafterin für HSP und als Ansprechpartnerin für diejenigen, die aktuell dazu forschen.

Anfang der 1990er-Jahre begann Aron, sich eingehend mit dem genetisch bedingten Wesenszug hoher Sensibilität auseinanderzusetzen. Sie führte selbst umfangreiche wissenschaftliche Studien durch und wertete zudem zahlreiche vorliegende Forschungsarbeiten anderer Wissenschaftler aus, die sich ihrer Auffassung nach auf das Persönlichkeitsmerkmal „hohe Sensibilität“ bezogen. Dabei kristallisierte sich durchgängig eine Gruppe von circa 15 bis 20 Prozent der Menschen heraus – zu der gleichermaßen Jungen / Männer und Mädchen / Frauen gehören –, die eine deutlich höhere Sensibilität aufweist als die Mehrheit. Für den „Trait“ (angeborenen, unveränderlichen Wesenszug) der hohen Sensibilität prägte Elaine Aron den allgemeinsprachlichen Begriff „High Sensitivity“ (Hochsensibilität) bzw. den präziseren wissenschaftlichen Terminus „Sensory Processing Sensitivity“ (SPS, Reizverarbeitungssensibilität). Die Abkürzung HSP steht im Englischen für Highly Sensitive Person, im Deutschen für Hochsensible Person(en).

 Mythen & Missverständnisse

Begriffswirrwarr

Die Mehrzahl derer, die sich im deutschsprachigen Raum seriös mit dem Thema Hochsensibilität befassen, verwenden den Begriff „Hochsensibilität“, so zum Bespiel auch der Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität e.V. (https://hochsensibel.org/).

Dass man des Öfteren außerdem auf den Begriff „Hochsensitivität“ stößt, liegt zum einen daran, dass gelegentlich einfach direkt aus dem Englischen übersetzt wird. Obwohl sich in diesem Fall keine völlig andere Bedeutung ergibt, handelt es sich dabei dennoch um das, was man in der Sprachwissenschaft „False Friends“ nennt, d. h. „sprachliche Ausdrücke, Wendungen, Wörter unterschiedlicher Sprachen, die sich scheinbar entsprechen oder ähneln, aber unterschiedliche Bedeutung haben“ (Kleines linguistisches Wörterbuch 2024). Genau genommen kann „Hochsensibilität“ als die zutreffendere Übersetzung gelten.

Zum anderen gibt es Autor:innen, die mit „Hochsensivität“ die außergewöhnliche Wahrnehmungsbegabung in den Vordergrund stellen wollen. „Hochsensitive“ Menschen hätten, so heißt es in mancher Literatur, einen „sechsten“ oder „siebten“ Sinn, sie seien „hellsichtig“, „hellfühlig“ oder „medial“, sie hätten „Vorahnungen“ oder andere Empfindungen aus der „nichtalltäglichen Wirklichkeit“. Ihr ausgeprägtes Einfühlungsvermögen mache sie zu „Empathen“. Dieser einengenden und überhöhenden Sichtweise stimme ich nicht zu.

Meinem Eindruck nach greifen einige HSP „hochsensitiv“ unabhängig von dem zuvor dargelegten Verständnis für sich auf, weil ihnen dies im Gegensatz zu „hochsensibel“ positiver und unvorbelasteter erscheint. Womöglich sind sie in der Vergangenheit als „Sensibelchen“ verunglimpft worden und haben allzu oft Abwertungen in der Art von „Du bist (viel) zu sensibel!“ zu hören bekommen, sodass sie das Wort „(hoch-)sensibel“ mit einer Kränkung assoziieren. Ich habe dafür Verständnis. Es scheint mir dennoch geboten, auf der Basis einer im deutschen Sprachraum einheitlichen Nutzung des Terminus „Hochsensibilität“ für Anerkennung und Wertschätzung der hochsensiblen Minderheit einzutreten.

„Hochsensibilität“ kann meines Erachtens im Unterschied zu „Hypersensibilität“ (wobei von einer akzeptierten Norm bezüglich des Sensibilitätsgrads ausgegangen und alles darüber Hinausgehende in den Bereich des Krankhaften gerückt wird) als eine hilfreiche, angemessene und wertneutrale Bezeichnung gelten, mit der man sich bei Bedarf auch gut erklären kann.

Aron war es sehr wichtig, eine neutrale Bezeichnung für das Phänomen zu finden, die zum Ausdruck bringt, dass hier eine Normvariante in der Ausprägung des Nervensystems vorliegt, die einhergeht mit einer größeren Empfänglichkeit gegenüber Reizen aller Art, nicht aber eine Anomalie oder eine krankhafte Störung. Hochsensibilität sollte nicht länger falsch verstanden und verwechselt werden mit Gehemmtheit, Schüchternheit, Ängstlichkeit oder einer Sozialphobie, auch nicht mit Introvertiertheit und Neurotizismus. Aron wollte aufräumen mit der negativen Voreingenommenheit gegenüber HSP und diesen Aspekt der Persönlichkeit in einem positiveren Licht erscheinen lassen. Nach Arons Kurzdefinition hat eine HSP ein empfindliches Nervensystem, bemerkt Feinheiten in ihrem Umfeld und ist leichter überflutet von einer stark stimulierenden Umgebung.

Elaine Arons Wirken ist es zu verdanken, dass die Erkenntnisse über Hochsensibilität Beachtung in Wissenschaftskreisen gefunden haben. Der erste wissenschaftliche Artikel, den sie gemeinsam mit ihrem Mann Arthur Aron schrieb, erschien 1997 im renommierten Journal of Personality and Social Psychology. Weitere folgten. (Sie finden eine Liste wissenschaftlicher Arbeiten von Aron und anderen unter http://hsperson.com/research.)

Neben wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlichte Elaine Aron eine ganze Reihe populärer Bücher. Das erste und bekannteste The Highly Sensitive Person: How to Thrive When the World Overwhelms You kam in den USA 1996 heraus, ist mittlerweile weltweit eine Million Mal verkauft und in über 30 Sprachen übersetzt worden. In deutscher Sprache erschien es im Jahr 2005 unter dem Titel Sind Sie hochsensibel? Wie Sie Ihre Empfindsamkeit erkennen, verstehen und nutzen.

Eines der heute weltweit führenden Forschungsteams, das sich mit Hochsensibilität beschäftigt und die Arbeit von Elaine Aron fortführt, ist das des Entwicklungspsychologen Prof. Michael Pluess an der Queen Mary University of London. Seit Ende 2021 gibt es deren Website, die die Öffentlichkeit über Forschungsergebnisse zur Hochsensibilität informiert, auch in deutscher Sprache: https://sensitivityresearch.com/de/ Bitte nicht wundern: Das Forschungsteam nimmt eine etwas andere Einteilung der Bevölkerung vor (Pluess, 2021) und geht von 30 Prozent Hochsensiblen aus und verwendet für sie die Blumenmetapher der Orchidee (versus 30 Prozent mit relativ geringer Sensibilität – Blume: Löwenzahn – und 40 Prozent mit durchschnittlicher Sensibilität – Blume: Tulpe).

1.2 Wissenschaftliche Erklärung

Zunächst etwas zur Sensibilität. Sensibilität ist die Fähigkeit des Körpers, mithilfe von Sinneszellen unterschiedliche Reize – das meint Informationen über die Umwelt und den eigenen Organismus – aufzunehmen, zu verarbeiten und auszuwerten und daraufhin entsprechende lebensdienliche Reflexe und Reaktionen auszulösen. Die Reizbarkeit oder auch Irritabilität des Nervensystems ermöglicht es jedem mit einem Nervensystem ausgestatteten Lebewesen, sich auf Gegebenheiten und Geschehnisse in der Umwelt einzustellen, sich von Gefahren fernzuhalten bzw. sie abzuwehren und Nützlichem (z. B. Nahrung, Schutz, Partner) entgegenzustreben.

Dann zur Hochsensibilität: Offenbar hat es sich im Laufe der Evolution für den Erhalt einer Art bewährt, dass ein kleinerer Teil einer Gesamtpopulation eine überdurchschnittlich hohe Sensibilität aufweist. Das ist bei Menschen so, und es wurde von Forschenden auch bei zahlreichen Tierarten festgestellt.

Die hohe Reizempfindlichkeit bei HSP liegt nicht in den Strukturen der Sinnesorgane selbst begründet, sondern in der Art der neuronalen Verarbeitung der Sinneseindrücke. Hierbei spielt das gesamte Sensorium, das heißt die Gesamtheit des Wahrnehmungsapparats, eine Rolle.

Beginnen wir bei den Sinnesorganen. Sinnesorgane sind komplexe Strukturen zur Wahrnehmung von Reizen von außerhalb und von innerhalb des Körpers. Als wichtigstes Element enthalten die Sinnesorgane Sinneszellen, spezialisierte Zellen, die als Rezeptoren für die betreffenden Reize fungieren. Neben den fünf Hauptsinnen, dem Sehen, dem Tasten, dem Hören, dem Riechen und dem Schmecken, gibt es eine Reihe weiterer Sinne zur Wahrnehmung der Außenwelt (Druck, Vibration, Temperatur, etc.) und zur Eigenwahrnehmung (Schmerz, Stellung des Körpers im Raum, Bewegung, Kraft etc.).

Die von den Sinneszellen der Sinnesorgane aufgenommenen sensorischen Informationen werden über Nervenfasern an die zuständigen Bereiche des Gehirns (sensorische Areale) weitergeleitet. Im Gehirn werden sämtliche eingehenden Informationen miteinander verbunden und verarbeitet. Das Einordnen und Bewerten geschieht größtenteils unbewusst durch den Abgleich der Sinnesempfindungen mit abgespeicherten Informationen. Einzelinformationen werden dabei zu sinnvollen Gesamteindrücken zusammengeführt und so wird Sinngebung erreicht. Erst mit dieser Leistung des Gehirns werden die Sinne umgesetzt.

Einem neurowissenschaftlichen Erklärungsansatz zufolge laufen die Reizverarbeitungsvorgänge bei HSP insofern anders, als mehr Reize an die Großhirnrinde weitergeleitet und damit bewusst werden. Untersuchungsreihen mithilfe der Magnetresonanztomografie liefern Hinweise darauf, dass bei HSP eine erhöhte Aktivität im Zwischenhirn vorliegt, was man mit der Funktion des Thalamus in Verbindung bringt. Der Thalamus, der den größten Teil des Zwischenhirns bildet, enthält Umschaltzentren für Informationen auf dem Weg von den Sinnesorganen, aus dem Körper und vom emotionalen Empfinden zur Großhirnrinde. Der Thalamus entscheidet, welche Informationen aktuell so relevant sind, dass sie über die Weiterleitung an die Großhirnrinde bewusst werden sollen. Daher wird er auch „Tor zum Bewusstsein“ genannt. Irrelevantes wird ausgeblendet, damit das Bewusstsein, das im Vergleich zum Unbewussten eine wesentlich geringere Verarbeitungskapazität hat, funktionsfähig bleibt und nicht überlastet wird. „Neurologische Filter“ nennt man die Filter, die durch das Nervensystem realisiert werden. Bei HSP werden also weniger Informationen aus der Wahrnehmung herausgefiltert.

In der Praxis bedeutet das: Während es Nicht-HSP relativ gut gelingt, Störreize wie zum Beispiel Nebengeräusche nur zu Beginn bewusst wahrzunehmen und anschließend weitgehend auszublenden, bleiben HSP permanent aufmerksam für derartige Reize aus ihrer Umgebung und sind weit weniger fähig, diese als unbedeutend abzuhaken und anschließend zu ignorieren.

 Mythen & Missverständnisse

Wahrnehmungsfilter

Im Zusammenhang mit Hochsensibilität geistert schon mal der Begriff „Wahrnehmungsfilterstörung“ durch den Raum. Und in manchen Artikeln über Hochsensibilität in populären Medien findet sich die Aussage, HSP würden über keine Filter verfügen („Leben ohne Filter“). Diese journalistische Übertreibung führt in die Irre. Wahrnehmung ist immer gefiltert. Und selbstverständlich verfügen auch HSP über neurologische Filter, nur sind sie bei ihnen durchlässiger.

1.3 Wie sich Hochsensibilität äußert

Grundlegende Kennzeichen von Hochsensibilität liegen in der Art und Weise wahrzunehmen (die sensorische Komponente), zu denken (die kognitive Komponente) und zu fühlen (die emotionale Komponente) sowie in einer allgemeinen Übererregbarkeit. Diese Kennzeichen will ich gleich näher besprechen. Auf hochsensible Begabungen und Stärken gehe ich in einem extra Kapitel ein (siehe Kapitel 2).

 Mythen & Missverständnisse

Empfindsam und empfindlich

Ich höre ab und an, dass jemand sagt, er oder sie sei besonders empfindsam (stark spürend), nicht aber besonders empfindlich im Sinne von leicht irritierbar. Nach meiner Logik jedoch bedingt eine höhere Empfindsamkeit unweigerlich auch eine höhere Empfindlichkeit. Ich empfinde beispielsweise einen Wollpullover oder ein T-Shirt-Etikett auf der Haut als kratzig. Ich spüre das aber nicht nur, sondern es bereitet mir zugleich Unbehagen, es stört mich. Ich bin also auch empfindlich. Ebenso bin ich emotional empfindsam und empfindlich (verletzlich), was sich zeigt, wenn zum Beispiel jemand in unwirschem Ton mit mir spricht.

1.3.1 Die hochsensible Art wahrzunehmen

HSP sind ständig wachsam und in geradezu seismografischer Weise empfindsam. Sie nehmen optische Eindrücke, Geräusche, Gerüche, Geschmacksempfindungen, Einwirkungen auf die Haut (in aktiver Form beim Tasten und passiv bei Berührung, Temperatur, Druck, Zugluft) sowie Signale aus dem eigenen Körper intensiver, detailreicher, nuancierter und in einer größeren Bandbreite wahr als Nicht-HSP. Sie registrieren subtile Feinheiten in ihrer Umgebung, die anderen nicht auffallen. Hinzu kommt ein feines Gespür für Befindlichkeiten, Stimmungen und nonverbale Mitteilungen anderer Menschen.

Die höhere Reizempfindlichkeit betrifft in der Regel alle Sinne, jedoch ist es individuell unterschiedlich, welche Sinneseindrücke vor allem als störend empfunden werden. Die HSP, die ich kennengelernt habe, berichten vorrangig von einer Beeinträchtigung durch Geräusche und Lärm. Andererseits können Töne und Klänge natürlich auch eine Quelle für genussvolles Erleben sein (z. B. Naturgeräusche, Musik).

1.3.2 Die hochsensible Art zu denken

Die gründliche Verarbeitung von Informationen ist eine ebenso grundlegende Eigenheit von HSP wie die Sinnessensibilität. Auf ein aufmerksames und detailliertes Beobachten folgt ein vertieftes und verzweigtes Nachdenken. Meist erfolgen Entscheidungen und Handlungen erst nach reiflicher Überlegung.

HSP verarbeiten Eindrücke, Gedanken und Gefühle intensiver und vernetzter als Nicht-HSP. Sie sind generell sehr denkaktiv, kommen gedanklich selten zur Ruhe. Es ist ihnen überaus wichtig, etwas zu verstehen, den Dingen auf den Grund zu gehen, verschiedenste Aspekte ins Denken miteinzubeziehen, Ursachen zu ergründen, Zusammenhänge herzustellen, das übergeordnete Prinzip zu erkennen.

HSP fällt es leicht, Dinge zu erfassen und zu analysieren, Schlussfolgerungen zu ziehen, übergreifend und über den Tellerrand hinaus zu denken. Auf der anderen Seite geraten sie leicht ins Grübeln und verfangen sich in Gedankenschleifen, brauchen Zeit, etwas zu durchdenken, und tun sich oft auch schwer mit der Entscheidungsfindung.

1.3.3 Die hochsensible Art zu fühlen

HSP haben ein intensives und reiches Gefühlsleben. Insgesamt sprechen sie mit ihren Emotionen stärker als andere auf Geschehnisse in ihrem Umfeld an, sind schnell tief beeindruckt, werden von ihren Gefühlen oftmals geradezu überwältigt. Nicht nur Liebe, Glück und (Vor-)Freude werden intensiv gefühlt, sondern auch Gefühle wie Angst, Ekel, Sorge, Trauer und Ärger, wobei alle Gefühlszustände lange nachhallen. HSP erleben starke Höhen und Tiefen. Sie sind besonders berührbar, begeisterungs- und genussfähig und zugleich besonders verletzlich. Überdurchschnittlich intensives Fühlen bedingt starke emotionale Reaktionen, die mehr oder weniger nach außen gezeigt werden.

Was ebenfalls zum emotionalen Bereich gehört: HSP sind sehr empathisch, das heißt, sie gehen stark mit anderen Menschen in gefühlsmäßige Resonanz. Entsprechend schwer tun sie sich damit, sich emotional abzugrenzen.

1.3.4 Die Übererregbarkeit

HSP sprechen einerseits schon auf schwache Reize an, die für andere noch unter der Wahrnehmungsschwelle bzw. unter der Grenze für ein Störgefühl liegen, und erreichen anderseits bei anhaltenden und / oder starken Reizen deutlich eher als andere den Punkt, an dem sie überreizt sind – und oft auch sichtlich „gereizt“ reagieren. Außerdem dauert es bei ihnen länger, bis nach dem Wegfall des auslösenden Ereignisses die nervliche Erregung wieder abgeklungen ist und sie sich wieder beruhigt haben.

In einer turbulenten Umgebung, im längeren Zusammensein mit (mehreren) Menschen, bei mehrerlei gleichzeitigen Anforderungen geraten HSP relativ schnell in die Überforderung. Sie sind unter denselben Umgebungsbedingungen im Vergleich zu Nicht-HSP deutlich eher überstimuliert und übererregt, früher erschöpft und ruhebedürftig. Ein hoher Erregungsgrad geht einher mit allen Anzeichen von akutem Stress.

 Mythen & Missverständnisse

Nicht belastbar?

Die Feststellung, HSP seien wenig belastbar, stimmt nur im direkten Vergleich mit Nicht-HSP. Macht man sich klar, dass sie deutlich mehr Reize zu verarbeiten haben, da viel mehr Einzelheiten in ihr Bewusstsein gelangen, erkennt man, dass sie erstaunlich viel aushalten und bewältigen.

In Ausnahmesituationen sind sie oft diejenigen, die einen kühlen Kopf bewahren und wissen, was zu tun ist. Meine Erklärung: Sie sind darin geübt, trotz Aufregung handlungsfähig zu bleiben.

1.4 Wie man Hochsensibilität feststellt

Das Interesse an einem Test kann ich sehr gut nachvollziehen, dennoch will ich an dieser Stelle eine gewisse Skepsis gegenüber Tests zum Ausdruck bringen. Der Punkt ist: Es gibt kein objektives, allgemeingültiges, einheitliches Testverfahren, mit dem man Hochsensibilität zweifelsfrei feststellen kann.

Auch ein Online-Test, bei dem am Ende eine Auswertung mit einer bestimmten Punktezahl herauskommt, liefert allem Anschein zum Trotz kein gesichertes Ergebnis, sondern nur einen Anhaltspunkt. Zum einen unterliegt die Beantwortung der Fragen einer sehr subjektiven und auch situativen Einschätzung, zum anderen ist das Prinzip der Fragestellungen so offensichtlich, dass das Ergebnis leicht zu beeinflussen ist.

 Mythen & Missverständnisse

„Diagnose“

Bei der Feststellung von Hochsensibilität haben wir es nicht mit einer medizinischen Diagnose zu tun. So gibt es dafür auch keine Laborparameter. Bitte beachten: Hochsensibilität ist keine Störung und hat keinen Krankheitswert. Man kann dafür kein „Attest“ bekommen.

Allerdings ist es schon so, dass es manchen HSP wie eine gewaltige Einschränkung hinsichtlich ihres Leistungsvermögens und ihres Wohlbefindens vorkommt. Und man weiß, dass HSP unter der Last ungünstiger Umstände ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen haben. Dann ist es wichtig, nicht alle Probleme allein mit Hochsensibilität erklären zu wollen, sondern sich professionelle therapeutische Hilfe zu suchen.

Die größte Bekanntheit hat der von Elaine Aron ausgearbeitete Test mit 27 Fragen, der von Forschenden und Psycholog:innen zur Erfassung der Hochsensibilität genutzt wird (die sogenannte HSP-Skala). Eine vereinfachte Version davon (ohne Abstufungen) findet man als Selbsttest „Are You Highly Sensitive?“ in englischer Sprache auf Arons Website: http://hsperson.com/test/highly-sensitive-test. Diese 27 Fragen können helfen, Sensibilität festzustellen, sind aber laut Aron nicht dafür gedacht, alleiniger Maßstab zu sein.

Einen kürzeren, inhaltlich sehr ähnlichen Test auf Deutsch finden Sie auf der Seite der Londoner Forschungsgruppe: https://sensitivityresearch.com/de/selbsttests/erwachsenen-selbsttest/

Ich rate Ihnen, sich nicht nur an Tests zu orientieren, sondern sich näher mit dem Phänomen Hochsensibilität zu beschäftigen, verschiedene Bücher zum Thema zu lesen und die ganze Zeit aufmerksam nachzuspüren, ob sich im Ganzen ein Gefühl von Stimmigkeit einstellt. Auf die Frage, wie man denn sicher sein könne, dass man hochsensibel ist, gibt der Informations- und Forschungsverbund für Hochsensibilität (IFHS) auf seiner Website unter der Rubrik „Regelmäßig gestellte Fragen“ (2015) die in meinen Augen sinnvolle Empfehlung, „eine Weile den Gedanken, eine HSP zu sein, quasi versuchsweise ‚mit sich herumzutragen‘ und nach einiger Zeit zu prüfen, ob sich die Lebensqualität gebessert hat oder man nach anderen Erklärungen für das besondere Lebensgefühl suchen muss“.

Ich habe mich entschieden, statt eines Tests mit Punkteauswertung einen Fragenkatalog für die Selbsteinschätzung zu entwickeln und anzubieten. Der umfangreiche Fragenkatalog, der zugleich den Facettenreichtum von Hochsensibilität aufzeigt, wurde erstmalig im Fachbuch Hochsensible Menschen im Coaching. Was sie ausmacht, was sie brauchen und was sie bewegt (2015) veröffentlicht. Sie finden ihn auf meiner Website unter dem Menüpunkt „Fragenkatalog“: https://coaching-fuer-hochsensible.de/fragenkatalog/

1.5 Verschiedenheiten bei HSP

Niemand ist mit der Eigenschaft „hochsensibel“ auch nur annähernd vollständig charakterisiert, und niemand sollte darauf reduziert werden oder sich selbst darauf reduzieren. Hochsensibilität mischt sich mit anderen Merkmalen. Jeder Mensch – und ebenso jeder hochsensible Mensch – ist in erster Linie eine einzigartige Persönlichkeit. Ich habe schon so viele HSP kennengelernt und konnte erleben, wie mannigfaltig sie trotz der Gemeinsamkeit sind.

Im Folgenden will ich auf einige andere Kategorien eingehen, die in Verbindung mit Hochsensibilität meiner Erfahrung nach eine wichtige Rolle spielen: Männer / Frauen, Extravertierte / Introvertierte, Sensation Seeker, „Scanner“ und Hochbegabte.

1.5.1 Geschlechterunterschiede

Männer sind genauso häufig hochsensibel wie Frauen, nur nähern sich Männer dem Konzept der Hochsensibilität zumeist deutlich zurückhaltender. Es fällt ihnen in der Regel schwerer, ihre Hochsensibilität anzunehmen, nach außen zu ihrem Naturell zu stehen und ihr Leben im Einklang damit zu gestalten. Am ehesten bezeichnen sie sich als „sensibel“ (ohne „hoch-“). Nach dem immer noch vorherrschenden Ideal im westlichen Kulturkreis hat ein Mann schnellentschlossen, unerschrocken, belastbar, unerschütterlich, draufgängerisch, kampfeslustig usw. zu sein. Häufig wird es Männern als Schwäche ausgelegt, wenn sie nicht hart im Nehmen sind, nicht durchsetzungsstark auftreten und nicht konkurrenzorientiert agieren. Das hat zur Folge, dass Männer häufiger noch als Frauen versuchen, ihre Hochsensibilität zu überspielen und gegen sie anzugehen.

Dabei sind hochsensible Stärken in bestimmten Kontexten durchaus gefragt. Beispielsweise wird es vielfach geschätzt, wenn HSP ihr Umfeld und Entwicklungen aufmerksam beobachten und auf Auffälligkeiten hinweisen, wenn sie intuitiv erfassen, welcher Handlungsbedarf besteht, Hilfe hinzuziehen oder selbst eingreifen, wenn sie auf Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit achten und hinwirken. Hochsensible Männer können, wenn sie sich mit ihren natürlichen Gaben einbringen, in der Gemeinschaft als wichtiges Korrektiv fungieren und einen wertvollen Beitrag in der Berufswelt leisten. Sie sind mit ihren Gaben und Fähigkeiten fraglos konkurrenzfähig, sofern sie ein geeignetes Betätigungsfeld für sich wählen und ihre ureigene Form von Männlichkeit entfalten.

Buchempfehlung:Hochsensible Männer: Mit Feingefühl zur eigenen Stärke, Tom Falkenstein, Junfermann Verlag, 2017.

Frauen haben es in gewisser Hinsicht leichter, weil eine hohe Sensibilität bei ihnen weitaus eher sozial akzeptiert ist. So wird es beispielsweise zumeist begrüßt, wenn Frauen ein feines Gespür für die Befindlichkeiten und Bedürfnisse anderer haben, sich einfühlsam, verständnisvoll, hilfsbereit und verantwortungsvoll verhalten. Die Schwierigkeiten beginnen für sie dann, wenn von ihnen im privaten wie im beruflichen Bereich erwartet wird, dass sie allzeit zugewandt, kontaktfreudig und gesellig sind, über eine große Menge Energie verfügen und sich von belastenden Situationen schnellstens wieder erholen. Denn genau das können sie nicht leisten. Bemühen sie sich dennoch unentwegt, den Erwartungen zu entsprechen, bringt sie das nicht selten an den Rand der Erschöpfung oder mitten in einen Erschöpfungszustand (siehe auch Kapitel 5).

Ein besonderes Frauenthema ist die Mutterschaft. Dabei sehe ich es als besonders heikel an, wenn junge hochsensible Frauen sich dem Zeitgeist entsprechend allzu selbstverständlich die Mehrfachbelastung Beruf, Haushalt und Kind(er) zumuten, und das mit dem hohen Anspruch an sich selbst, jede dieser Rollen perfekt auszufüllen. Nur weil etwas die Regel ist, heißt es nicht, dass es einfach zu bewältigen ist.

 Mythen & Missverständnisse

Herausforderung Mutterschaft

Kinder machen glücklich, so ist das Idealbild. Die Realität hingegen sieht, zumindest wenn die Kinder noch klein sind, in Teilen anders aus. Ein Baby oder Kleinkind zu versorgen ist eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Hochsensible Frauen mit ihrer hohen Irritabilität, ihrem engen Wohlfühlbereich und ihrem großen Ruhebedürfnis werden von den Belastungen einer Mutterschaft oftmals geradezu überrollt. Sie erleben Überforderung, Selbstzweifel und Ratlosigkeit. Hier braucht es viel Verständnis, Mitgefühl und Nachsicht mit sich selbst und ganz viel Unterstützung von außen.

Ein Kind zu bekommen bedeutet eine enorme Veränderung im Leben. Nichts ist mehr, wie es war. Der gesamte Tagesablauf verändert sich, man hat 24-Stunden-Bereitschaftsdienst. Es bleibt kaum noch Zeit für sich selbst und eigene Interessen. Kommt dann noch eine Berufstätigkeit hinzu, wird es physisch und emotional eng. Zumal es in vielen Fällen immer noch die Frauen sind, die den Großteil der Care-Arbeit zu Hause stemmen, trotz bester Absichten, diese Aufgaben in der Partnerschaft fair aufzuteilen.

Ich habe keine Patentlösungen, finde es aber auf jeden Fall wichtig, die schwierige Lage ernst zu nehmen. Wichtig: Keine Vergleiche anstellen mit anderen Müttern (gar auf Social Media), die scheinbar alles so mühelos und perfekt schaffen und dabei noch strahlend aussehen.

1.5.2 Introvertierte, Extravertierte und Ambivertierte

Der Schweizer Psychiater C. G. Jung (1875–1961), Begründer der analytischen Psychologie, entwickelte eine Typologie, nach der die Unterscheidung von Introversion und Extraversion grundlegend war. Als introvertiert bezeichnete er Menschen, die bevorzugt auf die innere Welt der Gedanken, Empfindungen, Fantasien und Träume ausgerichtet sind, als extravertiert Menschen, die sich vor allem der äußeren Welt der Dinge, Menschen und Aktivität zuwenden. Das Konzept der Introversion und Extraversion wurde seither in der Persönlichkeitsforschung verschiedentlich aufgegriffen und weiterentwickelt und auch in spätere Typenmodelle integriert.

Nach neuerer Auffassung handelt es sich bei Introversion und Extraversion um ein Kontinuum (etwas Ineinander-Übergehendes), nicht um ein Gegensatzpaar. Interessant finde ich, dass es auch eine Bezeichnung für Menschen gibt, die weder dem einen noch dem anderen Verhalten klar zuneigen: Man nennt sie „ambivertiert“ (mitunter findet man auch den Begriff „zentroveriert“). Sie sind weder eindeutig gesellig und mitteilungsfreudig noch eindeutig zurückhaltend und ruhig, sie sind mal so und mal so. Ambivertierte Menschen beziehen ihre Anregung sowohl aus dem Kontakt mit anderen Menschen als auch aus Beschäftigungen für sich allein.

 Mythen & Missverständnisse

Nicht immer still und in sich gekehrt

Dem Klischeebild zufolge sind HSP still, leise, in sich gekehrt und zurückhaltend, also das, was man gemeinhin mit introvertiert assoziiert. Manche Beschreibungen von Hochsensibilität gehen in die Richtung einer Gleichsetzung. Das ist jedoch so nicht zutreffend. Obwohl Introvertierte den Großteil der HSP ausmachen (nach Angaben von Elaine Aron ca. 70 Prozent), sind längst nicht alle HSP introvertiert und auch nicht alle Introvertierten hochsensibel.

Die 30 Prozent der HSP, die im sozialen Verhalten extravertiert sind, erkennen sich oftmals zunächst nicht als hochsensibel, da es ihnen viel bedeutet, im Kontakt mit Menschen zu sein. Allerdings – und hier unterscheiden sie sich von nicht hochsensiblen Extravertierten – brauchen sie relativ viel Rückzug aus dem sozialen Leben, um Übererregung zu vermeiden und sich wieder zu regenerieren. So gesehen sind HSP entweder introvertiert oder ambivertiert.

1.5.3 Sensation Seeker

Der amerikanische Psychologe Marvin Zuckerman prägte den Begriff „Sensation Seeking“, der auch im Deutschen verwendet wird. Er fand damit eine Bezeichnung für ein hauptsächlich anlagebedingtes Persönlichkeitsmerkmal, das durch das starke Streben nach Abwechslung, nach neuen und starken Eindrücken, nach spannenden Erlebnissen gekennzeichnet ist. (Elaine Aron spricht von „High Sensation Seeker“ und kürzt das mit HSS ab.)

Sensation Seeker fühlen sich bei einem deutlich höheren Stimulations- und Aktivationsniveau wohl als der Durchschnitt der Menschen. Um zu neuen Reizen und aufregenden Empfindungen zu kommen, sind sie auch bereit, gewisse Risiken einzugehen. Obwohl Sensation Seeking als das Gegenteil von Hochsensibilität erscheint, können die beiden Persönlichkeitszüge in Kombination auftreten.

Hochsensible Sensation Seeker finden sich in der gängigen Beschreibung von Hochsensibilität nicht oder nur teilweise wieder, da sie eben nicht generell eine reizarme Umgebung bevorzugen und sich auch nicht immer vorsichtig verhalten, wie es für die Mehrzahl der HSP typisch ist. Vielmehr sind sie aufregenden Erfahrungen durchaus zugeneigt, haben einen Hang zum Abenteuer und sind besonders schnell gelangweilt.

Hochsensible Sensation Seeker bewegen sich ständig auf einem schmalen Grat zwischen Langeweile und Reizüberflutung. Phasen, in denen sie auf starke Reize und aufregende neue Erfahrungen aus sind, wechseln sich ab mit Zeiten, in denen sie Ruhe und Erholung suchen, wobei der Umschwung von einer Bestrebung zur anderen von einem Moment auf den anderen erfolgen kann. Diese Menschen verstehen sich in der Widersprüchlichkeit oft selbst nicht, und die Menschen um sie herum sind ebenso überrascht angesichts so unterschiedlicher Seiten. Ist doch die übliche Vorstellung die, dass man entweder so oder so ist. Beiden Persönlichkeitsmerkmalen Rechnung zu tragen bedeutet, sowohl die ruhebedürftige, besonnene Seite als auch die reizhungrige, abenteuerlustige Seite zum Zuge kommen zu lassen, nicht im Sinne eines goldenen Mittelwegs, sondern im Sinne von „mal so, mal so“ bzw. „alles zu seiner Zeit“.

1.5.4 „Scanner“

Die amerikanische Erfolgsratgeber-Autorin Barbara Sher (1935–2020), die auch als Zielfindungs-Coach tätig war, prägte den Begriff „Scanner“ (der ebenfalls nicht übersetzt wird) und meinte damit begeisterungsfähige, aktive Menschen mit besonders vielseitigen und wechselhaften Interessen und jeder Menge Ideen.

Im Buch Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast (Sher, 2012) informiert der innere Klappentext: „Es gibt Menschen, die sich nicht auf ein einziges Lebensthema beschränken wollen und denen es schwerfällt, sich für einen Weg zu entscheiden, weil sie sich so vieles vorstellen können. Barbara Sher nennt diesen Menschentypus ‚Scanner‘. Scanner sind neugierige, aufgeweckte Zeitgenossen, die gerade unter der Fülle ihrer Interessen leiden.“ Ein anderes Buch von ihr hat den bezeichnenden Titel Ich könnte alles tun, wenn ich nur wüsste, was ich will (2011).

Dies ist kein wissenschaftliches Konstrukt, aber eines, in dem sich viele Menschen wiederfinden. Auch HSP, die nicht selten auf einen eher unsteten Lebens- und Berufsweg zurückblicken und diesbezüglich Selbstzweifel haben. Übereinstimmungen in der Beschreibung von Scannern und der von HSP liegen zum Beispiel in der stets wachen Aufmerksamkeit, in der Schwierigkeit, Entscheidungen zu treffen, sowie in der Tendenz, schnell gelangweilt zu sein. Dennoch sind weder alle HSP Scanner noch alle Scanner HSP.

Für die, die sich als Scanner sehen, geht es darum, sich in ihrer Vielseitigkeit und Wechselhaftigkeit zu akzeptieren und einen praktikablen Umgang mit ihren vielen unterschiedlichen Interessen und Ideen zu finden. Begreift man die Scanner-Charakteristik als etwas Positives, könnte man auch an Begriffe wie Allrounder, Generalisten, Universaltalente denken.

1.5.5 Hochbegabte

Hochbegabung ist von Hochsensibilität zu unterscheiden. Hochbegabung ist ein Begriff aus der Intelligenzforschung (ein Teilgebiet der wissenschaftlichen Psychologie), der eine sehr weit über dem Durchschnitt liegende intellektuelle Begabung bezeichnet. Als hochbegabt gelten nach diesem Konstrukt Menschen, die in einem standardisierten Intelligenztest (IQ-Test) einen Intelligenzquotienten (IQ) erreichen, der von höchstens 2,27 Prozent der Mitmenschen erreicht oder übertroffen wird. Auf der in Deutschland verwendeten Skala entspricht der Grenzwert einem IQ-Wert von 130. Hochbegabte sind also der Definition nach sehr selten.

Wissenschaftler:innen haben den IQ als Maßstab für Intelligenz definiert. Ein IQ-Test untersucht bestimmte Aspekte der geistigen Leistungsfähigkeit wie logisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen und Erinnerungsvermögen. Andere Aspekte wie etwa künstlerische oder handwerkliche Begabungen oder „emotionale Intelligenz“ bleiben dabei außen vor.

Der amerikanische Erziehungswissenschaftler Howard E. Gardner (* 1943) ist einer derjenigen, die die Zuspitzung von Intelligenz auf abstrakt-kognitive Leistungen kritisieren. Nach seiner Überzeugung reichen die klassischen Intelligenztests nicht aus, um Fähigkeiten zu erkennen und in den Schulen zu fördern, die über den Erfolg im Leben entscheiden. In den 1980er-Jahren entwickelte Gardner die Theorie der multiplen Intelligenzen. Seine Ideen regen bis heute weltweit Diskussionen an. Allgemein durchgesetzt hat sich seine Theorie nicht, zumal er kein Testverfahren für die multiplen Intelligenzen geliefert hat.

Zurück zur Unterscheidung von hochsensibel und hochbegabt. Hochsensible können zwar ähnlich wie Hochbegabte recht gut komplex, differenziert und abstrahierend denken, haben auch ein gutes episodisches Gedächtnis. Das ist allerdings nicht vergleichbar mit der Denkgeschwindigkeit, der Auffassungsgabe, dem Maß der Denkaktivität, dem gedanklichen Vernetzungsgrad, der Abstraktionsfähigkeit und der Gedächtnisleistung von Hochbegabten.

 Mythen & Missverständnisse

Besser kein Vermischen der Begriffe

Gelegentlich begegnet man den Begriffen Hochsensibilität und Hochbegabung im Doppelpack, was leicht Verwirrung stiftet. Nach allem, was ich recherchiert und verstanden habe, sind Hochbegabung und Hochsensibilität zwei getrennte Phänomene, obwohl sie einige Ähnlichkeiten aufweisen (z. B. umfangreiche Wahrnehmung und stark vernetztes Denken) und auch gemeinsam vorkommen können.

Schon von den Zahlen her passt es nicht. Hält man sich an die klassische Definition von Hochbegabung und geht von 2,27 Prozent Hochbegabten und von 15–20 Prozent Hochsensiblen aus, dann können rein rechnerisch nicht alle Hochsensiblen zugleich hochbegabt sein. Umgekehrt wäre es von den Prozentzahlen her zwar möglich, dass alle Hochbegabten auch hochsensibel sind, aber auch das ist eine irrige Annahme. Zum Beispiel sind hohe Empathiefähigkeit und emotionale Verletzlichkeit, typische Merkmale für Hochsensibilität, keine generellen Kennzeichen von Hochbegabung.

Nun mag man sich entscheiden, den Begriff Hochbegabung sehr weit auszulegen und die hohe Wahrnehmungsbegabung Hochsensibler einfach als eine Art von „Hochbegabung“ zu deklarieren. Das scheint mir aber letztlich weder für das allgemeine Verständnis von Hochsensibilität dienlich noch für die Identitätsfindung von HSP. Nach einem anfänglichen Höhenflug („Wie toll, ich bin in Wirklichkeit hochbegabt!“) kann es passieren, dass HSP aufs Neue an sich zweifeln, wenn sie feststellen, dass sie mit tatsächlich Hochbegabten in der kognitiven Leistung nicht mithalten können.

Ich plädiere also sehr dafür, den Begriff „Hochbegabung“ nur im etablierten engen Sinn aus der Hochbegabtenforschung (IQ-Wert ab 130) zu verwenden. In derselben Weise bezieht der Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität in seinem Mitgliedermagazin Intensity vom Dezember 2014 Position: „Der IFHS vermutet nun ganz offiziell, dass zwischen Hochsensibilität und Hochbegabung – im Sinne eines IQ ≥130 – keine besondere Korrelation besteht“ (Jack, 2014).

1.6 Nutzen durch die Erkenntnis, hochsensibel zu sein

Von klein auf haben HSP immer wieder feststellen müssen, dass sie irgendwie „anders“ sind, und haben sich oftmals als Außenseiter erlebt – in der Ursprungsfamilie, der Schulklasse, der Freundesclique, später in der Ausbildung, im Studium, im Kollegenkreis. Eine schmerzliche Erfahrung, ist es doch ein elementares menschliches Bedürfnis, sich zugehörig zu fühlen. Wiederkehrend sind HSP auf Unverständnis gestoßen und haben abwertende Kommentare über ihre Wesensart zu hören bekommen. Ihnen hat die selbstverständliche Akzeptanz ihrer Gesamtpersönlichkeit gefehlt.

Das Selbstbild von HSP ist über die Zeit entscheidend geprägt worden durch Zuschreibungen wie „Du bist eigenartig!“, „Du bist viel zu empfindlich!“, „Du bist ein Sensibelchen“, „Du bist schwierig!“. HSP haben gedacht, etwas sei mit ihnen nicht in Ordnung, was zu einer beträchtlichen Verunsicherung geführt und ihr Selbstwertgefühl geschwächt hat.

Den Terminus Hochsensibilität zu entdecken, auf sich zu beziehen und das Phänomen umfassend zu verstehen ermöglicht HSP einen ganz neuen Blick auf sich selbst, auf andere und auf die Herausforderungen im Miteinander. Zuvor unzusammenhängende Einzelerscheinungen fügen sich nun zu einem schlüssigen Gesamtbild. Ein neues Selbstverständnis ergibt sich, wenn sich Benennungen wandeln, weg vom Problematischen oder gar Pathologischen hin zur neutralen Beschreibung: Hochsensibilität statt Hypersensibilität, Wahrnehmungsbegabung statt Wahrnehmungsstörung, Normvariante statt Anomalie, Besonderheit statt Unzulänglichkeit.

Die Erkenntnis bringt zumeist ein Gefühl der Erleichterung, Beruhigung und Rehabilitation, sie beschert zudem das wohltuende Gefühl der Zugehörigkeit zur Minderheitsgruppe der HSP. Die Schwierigkeiten, die mit dem Hochsensibelsein verbunden sind, lösen sich natürlich nicht auf einmal auf, können aber dingfest gemacht werden und sind somit leichter handhabbar. Mit dem neuen Wissen können vergangene und gegenwärtige Erfahrungen neu eingeordnet und neu bewertet werden, was neue Perspektiven eröffnet und einen Entwicklungsprozess in Gang setzt.

Das Selbstbild kann zurechtgerückt, die Selbstakzeptanz erhöht, die Selbstfürsorge gezielter und entschiedener ausgeübt werden. Durch das Erstarken des Selbstwertgefühls können HSP nach außen sicherer auftreten, besser für sich einstehen, sich nötigenfalls besser abgrenzen. Sich selbst neu zu begreifen bildet auch die Ausgangsbasis für konstruktive Begegnungen und eine Kommunikation auf Augenhöhe mit anderen Menschen. Viele HSP fühlen sich ermutigt, immer mehr Authentizität zu wagen und einen ihnen gemäßen Lebensweg – einschließlich der beruflichen Stationen – zu beschreiten.

Buchempfehlung:Hochsensibel sein: 22 Impulse für einen guten Umgang mit der eigenen Hochsensibilität, Ulrike Hensel, Junfermann Verlag, 2023.

1.7 Eine Frage der Haltung

Am besten betrachtet man den Wesenszug neutral. Jede einseitige Betrachtungsweise ist unangebracht – auch die einseitig positive. Hochsensibilität hat nun einmal untrennbar beides: sowohl Licht- als auch Schattenseiten, sowohl Vor- als auch Nachteile. Ob Hochsensibilität eher als Vorteil oder eher als Nachteil empfunden wird, hängt sehr stark von der aktuellen Situation, der Lebenslage, den Umgebungsbedingungen und den persönlichen Zielsetzungen ab. Belastung ist die eine Seite der Medaille, Bereicherung die andere.

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Auf die Wortwahl achten