How long is forever - Rhiana Corbin - E-Book

How long is forever E-Book

Rhiana Corbin

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Beschreibung

Frances Austin hatte es im Leben nie leicht. Früh musste sie auf eigenen Beinen stehen. Ihr Herz gilt ihrem Motorrad, dem sie alle Zeit, neben dem Studium und Arbeit, schenkt.

Eine Schulter zum Anlehnen findet sie bei Kaden, ihrem Jugendfreund. Um ihr Studium zu finanzieren, fährt sie illegale Motorradrennen, sehr zum Missfallen von Kaden. Doch Fran ist keine Frau die sich etwas vorschreiben lässt. Außer vielleicht von dem neuen heißen Professor, Dale Romero, der ihr erst an der Uni die Hölle heiß macht, und wenig später in einem Club. Nun kennt Fran sein Geheimnis, doch Dale noch lange nicht ihres ...

Die Romanidee stammt von Ursula Zawieja vom Blog: ullas love books. Das Buch ist ein Einzelteil und in sich abgeschlossen.

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How long is forever

Rhiana Corbin

Kajsa Arnold Edition

Inhalt

1. Kunsthistorik

2. Benzin im Blut

3. Geburtstagsküsse

4. Dale Rush

5. Tanz für mich

6. Kräftemessen

7. Die Neue

8. Nur ein Abendessen

9. Geheimnisse

10. Wie lang ist für immer?

11. Der Brief

12. Paradies

13. Das Rennen

14. Retter in der Not

15. Das Versteck

16. Verraten

17. Verschwunden

18. Vertraue mir

19. Manchmal nur eine Sekunde

20. Manchmal ein ganzes Leben

Danksagung

Leseprobe

Neuausgabe Mai 2018

Copyright © 2018 Rhiana Corbin

Romanidee: Ursula Zawieja

Alle Rechte vorbehalten

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung

1. Auflage

Lektorat: Anke Dauter-Kaiser

Covergestaltung: Marie Wölk

www.wolkenart.com

Foto: © Jag_cz – Bigstock.com

© SatoriVision – Bigstock.com

www.kajsa-arnold.de

Erstellt mit Vellum

Kunsthistorik

Gebannt starre ich zum Podium, wo ich eigentlich heute Mr Shellenberger erwartet habe. Meinen Professor für Kunsthistorik. Doch auf dem Podium breitet jemand seine Unterlagen aus, den ich hier am College of Art and Design in Savannah noch nie gesehen habe.

»Wer ist das?«, will ich wissen und blicke meine Sitznachbarin fragend an.

Rita hebt die Schultern. »Keine Ahnung. Aber wenn ich ihn mir genauer ansehe, soll er ruhig bleiben.« Sie grinst anzüglich und leckt sich über ihre rot geschminkten Lippen. Wir studieren an dem SCAD gemeinsam Malerei und Kunsthistorik. Ich, weil ich damit irgendwann meinen Lebensunterhalt verdienen möchte. Rita, damit sie etwas zu tun hat. Es ist Zufall, dass wir beide die gleichen Seminare belegt haben. Sie stammt aus einer dieser reichen Familien Savannahs, die schon seit Urzeiten hier leben. Sie ist diese typische Südstaatenschönheit. Freundin des Quarterbacks, Abschlussballprinzessin. Ich hingegen stamme aus einer Arbeiterfamilie, obwohl mein Dad niemals wirklich gearbeitet hat, außer man deklariert Geldeintreiber für eine der härtesten Motorradgangs der Südstaaten der USA zu einem Berufswunsch, den man beim Arbeitsamt angeben kann. Zumindest ist es ein Job mit geringer Lebenserwartung. Mein Dad wurde mit nur vierzig Jahren erschossen, was diese Tätigkeit nicht zu einem Traumberuf macht. Da meine Mom zwei Jahre zuvor an Krebs gestorben war, musste ich früh lernen, wie ich alleine klarkomme. Ich musste für meinen Abschluss hart arbeiten, damit ich es mit meinen vielen Nebenjobs überhaupt schaffte, die Studiengebühren zusammen zu kratzen. Doch damit ist jetzt Schluss, seit Kurzem habe ich eine sehr erträgliche Einnahmequelle gefunden und die hat nichts mit Geldeintreiben zu tun, ist aber nicht minder gefährlich, wenn ich es mir recht überlege.

»Hm, der ist echt lecker«, stöhnt Rita neben mir und reißt mich aus meinen Erinnerungen. Ich war gedanklich schon wieder bei meinem Liebling, der draußen auf mich wartete.

»Findest du? Er trägt eine Brille«, urteile ich und versuche das Gesicht des neuen Professors auszumachen, doch er sucht etwas in seiner Tasche und ich sehe nur einen dunklen Schopf und breite Schultern, die in einem weißen Hemd stecken, deren Ärmel er aufgekrempelt hat. Dunkle Haare sehe ich auf seinen muskulösen Unterarmen. Er trägt keine dieser beigen Hosen, sondern eine schwarze Tuchhose, die relativ eng auf seinen Hüften sitzt und die Proportionen seines knackigen Hinterns gut abzeichnet.

Als würde er meine Neugier spüren, blickt er auf und unsere Blicke treffen sich für einen Augenblick. Doch ich scheine ihm nicht interessant genug, denn sein Blick wandert weiter über die Sitzreihen, die sich immer weiter gefüllt haben. Der Kurs von Mr Shellenberger ist bis auf den letzten Platz belegt, sodass manche Studenten auf der Treppe sitzen müssen.

»Meine Damen und Herren. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Mr Shellenberger, der diesen Kurs leitet, erkrankt ist. Er hat sich mit dem Pfeiffer´schen Drüsenfieber angesteckt und wird für einige Monate ausfallen. Ich bin seine Vertretung, mit der Sie in nächster Zeit vorliebnehmen müssen. Mein Name ist Professor Dale Romero. Es reicht, wenn Sie mich nur mit meinem Nachnamen ansprechen. Ich lehre an diesem Institut neben Malerei auch Kunsthistorik. Sie werden mich also bis zum Ende des Studienjahrs an der Backe haben.«

»Wow! Er ist sogar ein Professor«, murmelt Rita aufgeregt und ihre Wangen beginnen zu glühen.

Auf mich macht der Professor nicht den Eindruck, als würde er dem Charme von jungen Frauen erliegen. Sein Blick, auch wenn er durch die Brille ein wenig verdeckt wird, hat etwas Dunkles an sich. Als wolle er sich nicht in die Karten schauen lassen. Hat der Professor wohl eine Leiche im Keller? Ich muss bei dem Gedanken unwillkürlich lächeln. Aber in einem hatte Rita recht. Wenn man ihn genauer betrachtet, muss man ihm eines zugestehen – er sieht verdammt gut aus, auf eine männliche, animalische Art.

»Mr Shellenberger hat mir Ihre letzten Hausaufgaben mitgegeben. Sie können sie nach der Stunde bei mir im Büro abholen. Ich habe sein Zimmer übernommen, Sie wissen also, wo Sie mich finden können.«

Ich stöhne innerlich auf. Auch das noch! Das würde wieder dauern, bis ich hier endlich rauskomme. Auch wenn ich nicht mehr als Bedienung im Diner auf dem Campus arbeite, so muss ich mich dreimal in der Woche beeilen, um meinen festen Job bei Jack nicht zu verlieren. Denn eines mag Jack überhaupt nicht – Unpünktlichkeit.

Die Schlange vor dem Lehrerbüro rückt einfach nicht weiter vor. Was kann denn da so lange dauern? Genervt seufze ich auf. Rita kommt aus dem Raum und ganze Herzformationen scheinen ihr aus den Augen zu quillen.

»Er ist ja so was von heiß«, raunt sie mir zu und ich blicke ihr nur kopfschüttelnd hinterher. Was bitteschön kann an einem Professor für Kunstgeschichte interessant, geschweige denn „heiß“ sein?

Endlich geht es voran. Die Gruppe vor mir lichtet sich. Leider bin ich die Letzte an diesem Tag, aber ich werde mir meine Mappe schnappen und dann bin ich raus. Mein Blick fällt immer wieder auf meine Armbanduhr, die mir mein Vater geschenkt hat. Es ist eines der wenigen Erinnerungsstücke, das ich von ihm erhalten habe. Eine Pearlmaster, in Rotgold mit auberginefarbenem Ziffernblatt. Sie ist ein Vermögen wert und hat mir schon mehr als einmal das Leben gerettet, weil der Pfandleiher ganz versessen darauf ist. Allerdings kann ich mich nicht dazu durchringen, sie ihm gänzlich zu verkaufen. Auch wenn ich nicht auf Luxus stehe, zumindest was Schmuck betrifft, so hängt mein Herz an diesem Andenken.

Nach einer halben Ewigkeit geht die Tür endlich auf. Mittlerweile bin ich schon eine Viertelstunde zu spät zu meinem Job. Kaden wird sich Sorgen machen, geht es mir durch den Kopf. Doch Kaden macht sich immer Sorgen, selbst wenn ich pünktlich erscheine.

»Ihr Name?«, brummt der Professor, obwohl nur noch eine Mappe vor ihm auf dem Tisch liegt.

»Frances Austin, Mr …« Mist, jetzt habe ich doch glatt den Namen des neuen Lehrers vergessen!

Er blickt auf und schaut mich durch seine Brillengläser skeptisch an. Seine Augen werden durch die vermutlich nicht ganz niedrige Dioptrienzahl etwas verkleinert. Ah, er ist also ein wenig kurzsichtig. Dennoch tut dies seinem Aussehen keinen Abbruch. Bei diesem Gedanken wird mein Mund plötzlich ganz trocken und ich muss hart schlucken. Rita hat doch nicht übertrieben. Dieser Mann, obwohl er mich nicht gerade freundlich mustert, hat was. Etwas, das man nicht mit Händen greifen kann, was aber definitiv vorhanden ist. Sex-Appeal? Charisma? Keine Ahnung, auf jeden Fall auf eine dunkle Art und Weise. Ich kann froh sein, dass es noch hellichter Tag ist, sonst bekäme ich Angst; und eigentlich kann mich so schnell nichts einschüchtern. Doch sein Blick tut es auf jeden Fall. Irritiert senke ich den Kopf, um diesem herausfordernden Augenausdruck zu entkommen. Ich habe das Gefühl hier nackt vor ihm zu stehen, und damit meine ich nicht nur ohne Klamotten, sondern in meinem Körper kribbelt es, als würde er in meine Seele blicken können.

»Romero«, antwortet er leise und der Klang seiner Stimme, so dunkel und geheimnisvoll, fährt direkt in meine Körpermitte und stellt ungehörige Dinge mit mir an. »Das sollten Sie sich merken, Miss Austin.«

Ich nicke nur, weil ich meiner Stimme nicht traue.

Mit einer kleinen Geste schiebt er seine schwarz umrandete Brille zurecht. Es ist so ein neumodisches Ding, das auf Vintage getrimmt ist, und es steht ihm außerordentlich. Mir fallen wieder seine dunklen Härchen auf den starken Unterarmen auf. Für einen Lehrer ist er gut trainiert. Das weiße Hemd spannt ein wenig über der Brust, was darauf schließen lässt, dass sich dort weitere Muskeln verbergen. Ich weiß, wie solche Körper aussehen, in meinem Job bekomme ich eine Menge davon zu sehen.

»Die Impressionisten«, murmelt er leise und schlägt die Mappe vor sich auf dem Tisch auf. »Dieses Thema haben Sie sich also für Ihre Hausarbeit ausgesucht. Sehr interessant«, murmelt er leise. »Bitte nehmen Sie doch Platz.«

Ich schaue unbewusst auf meine Uhr. Oh Gott! Schon eine halbe Stunde zu spät. Kaden wird sich vermutlich die Finger nach mir totsimsen. Trotzdem setze ich mich ihm wortlos gegenüber, weil seine Art zu sprechen mir keine andere Wahl lässt. Ich gehorche ihm, als wäre ich willenlos. Wieder spüre ich den Kloß in meinem Hals und schlucke.

»Eines meiner Lieblingsthemen«, erklärt er und blickt mich direkt an.

»Wirklich?«, frage ich irritiert.

»Ja«, ist seine Antwort ohne weitere Erklärung. Dafür streichen seine Hände über meine Mappe und ich halte den Atem an. Es ist, als könnte ich seine Berührungen spüren. Gleichzeitig schüttele ich den Kopf, als entginge ich so dieser Empfindung. Ich werde mich hier jetzt nicht Hals über Kopf in meinen Dozenten verlieben. Das ist vollkommen ausgeschlossen. So etwas tue ich nicht. Immerhin ist er mindestens zwölf Jahre älter als ich.

»Warum schütteln Sie den Kopf, Miss Austin?«, will er wissen und sein Blick bohrt sich in meinen.

»Ich …« Keine Ahnung, was ich erwidern soll, die Wahrheit jedenfalls nicht.

»Ich bin ein wenig in Eile, weil ich einen Job habe und bereits zu spät bin«, erkläre ich hilflos.

»Dann haben Sie also keine Zeit, sich mit mir über Ihre Hausarbeit zu unterhalten?«, fragt er brüskiert und hebt eine Augenbraue. Rückt wieder seine Brille zurecht, was mich ganz nervös macht.

»Nein … ja, doch natürlich«, stammele ich zittrig.

»Miss Austin, irgendwie erwecken Sie bei mir den Eindruck, als würden Sie Ihr Studium nicht ganz ernst nehmen. Liege ich da richtig?«, will er wissen und seinem Ton wohnt eine Härte inne, die ich bisher von einem Professor nicht gewohnt bin.

»Da liegen Sie keineswegs richtig, Professor. Ich nehme mein Studium sehr ernst, nur muss ich es ganz allein finanzieren, das ist alles nicht so leicht für mich.« Ich habe schon mehr verraten, als ich eigentlich will, und halte besser meinen Mund. Ich schaue ihn fragend an und warte in Ruhe ab, bis er sich zu weiteren Ausführungen über sein Lieblingsthema herablässt.

»Wo waren wir?«, fragt er leicht irritiert und lässt mich nicht aus den Augen.

»Die Impressionisten«, gebe ich ihm ein Stichwort.

»Richtig«, er lehnt sich auf dem Stuhl zurück, der leise knarrt. »Ich denke, ich werde es zum Thema der nächsten Stunden machen und würde Ihre Hausaufgabe gerne dafür verwenden. Sie ist sehr gut ausgearbeitet, Sie haben sich sehr viel Mühe gegeben.«

Bei diesem Lob huscht mir ein Lächeln über die Lippen.

»Das sollten Sie öfter tun, Miss Austin«, meint er leise.

»Was? Aufsätze schreiben?«

»Nein … lächeln. Es steht Ihnen.«

Meine Wangen glühen bei diesem Kompliment und ich weiß nicht, wohin ich schauen soll. »Danke«, murmele ich und blicke auf meine Mappe, strecke die Hand danach aus.

»Die brauche ich noch«, erklärt der Professor und zieht die Mappe aus meinen Händen. »Hübsche Uhr«, setzt er noch nach.

Er sieht nicht so aus, als würde er sich mit teuren Uhren, Autos oder Maschinen auskennen, dennoch habe ich das Gefühl, dass er weiß, was da an meinem Arm baumelt.

Ich blicke auf meine Rolex und sehe sie an, als würde ich sie zum ersten Mal sehen. »Danke, vom Flohmarkt, fünf Dollar«, erkläre ich leichthin und schnappe meine Tasche, laufe leichtfüßig zur Tür.

Romero springt auf, als wolle er mir folgen, besinnt sich dann aber anders. »Wollen Sie gar nicht Ihre Note wissen?«, fragt er überrascht.

»Die kenne ich doch längst!« Damit verlasse ich den Raum.

Es kann gar nichts anderes als ein A+ sein, das bringt mir vier Punkte auf meinem Konto ein. Ich bin eine gute Studentin, auch wenn ich den Altersdurchschnitt mit vierundzwanzig ein wenig anhebe. Die meisten Studenten sind zwei bis drei Jahre jünger als ich, doch ich habe mir erst das Studiengeld verdienen müssen, denn ein Studienkredit kommt für mich nicht infrage. Ich würde eher sterben, als in jemandes Schuld zu stehen, auch nicht in der des Staates. Obwohl ich viel zu spät dran bin, laufe ich beschwingt über den Parkplatz zu meinem Liebling, der dort auf mich wartet. Ich nehme den Helm aus der Tasche und setze ihn auf.

Roy – so wie ich meinen „Liebling“ nenne - ist eine Harley Softail und ein weiteres Andenken an meinen Dad, der sie mir vererbt hat. Der schwarze Riese ist gut in Schuss, was daran liegt, dass ich seit Jahren alles selbst repariere. Niemanden lasse ich an meinen Roy heran.

Ich hänge mir meine Tasche quer über die Schulter, schwinge mich auf den Bock und kicke den Ständer ein. Dann starte ich die Maschine und Roy springt ohne zu mucken an, als habe er die ganze Zeit nur darauf gewartet. Langsam fahre ich dem Ausgang entgegen und muss doch abbremsen, als mir jemand fast vor den Reifen läuft.

»Können Sie nicht …«, der Satz bleibt dem Professor im Hals stecken, als er mich erkennt, und er schiebt seine Brille zurecht. Sein Ausdruck ist köstlich. Er lässt den Blick über meinen Körper wandern, der sich an die Maschine schmiegt wie an einen leidenschaftlichen Geliebten.

Romero zieht an seinem Hemdkragen, als würde er keine Luft bekommen, und holt einen Autoschlüssel hervor. Er geht auf einen alten Chevrolet zu. Was auch sonst! Mit seinem Lehrergehalt kann er sich wohl kaum einen Porsche oder Aston Martin leisten, selbst ein Ford Mustang liegt für ihn vermutlich außer Reichweite. Ein Lächeln gleitet über meine Züge, als er mir mit seinem Blick folgt und ich mir vorstelle, wie er hinter mir auf dem Motorrad sitzt und sich an mich schmiegt.

Halt!

Was ist das denn für ein Gedanke? Er ist mein Lehrer! Wieder schüttele ich den Kopf, das habe ich jetzt nicht gedacht. Ich blicke mich noch einmal um und sehe Romero immer noch an seinem Wagen stehen. Irgendwie beschleicht mich der Gedanke, dass er in diesem Augenblick genau das Gleiche gedacht hat.

Benzin im Blut

Mann, da bist du ja endlich. Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Warum gehst du nicht an dein Handy?« Kaden baut sich wie ein großer Bruder vor mir auf, der er gar nicht ist. Er verhält sich so, aber verwandt sind wir nicht. Dafür waren unsere Väter gute Freunde. Doch auch Kadens Dad konnte den meinen nicht davor bewahren, dass ich ihn früh zu Grabe tragen musste.

Ich blicke auf seinen muskulösen Oberkörper, der nur in einem alten Rippunterhemd steckt und voller Ölspuren ist, so wie der Großteil seines Körpers. Er hat sich ein Bandana um den Kopf gebunden, um seine langen rotblonden Haare zu bändigen. Seine Locken sind fast genauso lang wie meine Mähne, man könnte uns wirklich für Geschwister halten. Das schwarze Kopftuch ist mit weißen Totenköpfen verziert und lässt ihn ein wenig verwegen aussehen. Die grünen Augen funkeln mich wütend an.

»Ich hatte zu tun.«

»Was soll das heißen, du hattest zu tun?«

»Hey, benimm dich nicht wie mein Vater, denn das bist du nicht«, fahre ich ihn an und binde meine langen blonden Locken zu einem Zopf am Hinterkopf zusammen.

»Das wäre er wohl gerne«, kommt es aus dem Inneren der Garage und ein Kopf taucht aus einem Motorraum auf. Jacks Kopf . Er ist der Besitzer von Jack’s Garage. Die Reparaturwerkstatt kümmert sich nicht nur um defekte Motorräder, sondern auch um Autos. Kaden, mein Freund aus Kindertagen, ist hier als Monteur angestellt. Ich bin nur die Aushilfe, die sich auf Motorräder spezialisiert hat. Jack war der Chef der Rockergruppe The Chiefs. Nach einem Streit mit einer verfeindeten Gang, bei dem mehr als fünf Mitglieder der Chiefs ermordet wurden, haben sie sich aufgelöst. Jack hat sich zur Aufgabe gemacht, Kaden und vor allem mich zu unterstützen. Doch nichts gibt es umsonst. Wir arbeiten für ihn, er bezahlt uns gut. Jack hält eine schützende Hand über uns, die beiden jungen Leute, die keine Eltern mehr haben. Auch Kaden ist eine Waise. Seinen Vater hat er ebenfalls bei dem Überfall verloren, seine Mutter ist bei einem Unfall ums Leben gekommen. Sie hat sich Jahre zuvor von ihrem Mann getrennt und Kaden alleine großgezogen. Nach ihrem Tod kam Kaden zu Jack, und auch ich fand mich irgendwann bei ihm wieder. Er ist ein Bär von einem Mann, aber ich liebe ihn wie einen Vater.

Sein lautes Lachen dringt durch die Halle.

»So ein Quatsch. Ich bin nur besorgt um Fran«, murmelt Kaden, wischt sich seine dreckigen Finger ab und küsst mich auf die Wange.

»Was soll mir schon passieren?«, meine ich leichthin und gehe durch die Tür im hinteren Bereich, wo sich die Duschen und Umkleideräume befinden. Ich ziehe mein Shirt aus, darunter trage ich Unterhemd und BH. Meine Jeans wechsele ich und streife eine Lederhose drüber.

Als ich wieder die Garage betrete, registriere ich Kadens Blick, ignoriere ihn aber. »So willst du heute Abend zu meiner Geburtstagsfeier kommen?«, fragt er.

»Nein, ich habe mir extra ein neues Kleid gekauft«, witzle ich, wobei Kaden nicht weiß, dass es der Wahrheit entspricht. Er hat ein paar Jungs in einen Club eingeladen, weil er morgen fünfundzwanzig wird und wir in seinen Geburtstag hineinfeiern wollen. Ich habe mir in einer teuren Boutique ein ganz besonderes Kleid gekauft, das die Jungs vom Hocker reißen wird, aber das will ich ihm natürlich nicht verraten.

»Wer soll das denn glauben?«, fragt Kaden und feixt. Bisher hat er mich nur in Hosen gesehen und ich kann es selbst nicht glauben, dass ich mir wirklich ein Kleid gekauft habe.

»Was liegt an?«, rufe ich Jack zu, der schon wieder seinen Kopf in einen Motorraum versenkt hat.

»Die Yamaha da drüben macht Zicken. Schau dir mal die Zündkerzen an. Ich glaube, die sind schon ziemlich alt. Wechsele sie mal aus!«

»Alles klar.« Ich mache mich an die Arbeit und bin eine ganze Weile beschäftigt, da es am Ende doch an der Zündspule liegt.

»Wie lange brauchst du noch? Jack ist schon nach Hause gegangen«, ruft Kaden mir zu.

»Wirklich? Habe ich gar nicht mitbekommen.«

»Wenn du an den Rädern schraubst, vergisst du alles um dich herum.« Kaden schüttelt den Kopf. »Sehen wir uns um neun Uhr? Soll ich dich abholen?«, fragt er hoffnungsvoll.

»Ähm, nein. Das wäre nicht so gut, ich habe noch vorher etwas zu erledigen.«

»So? Was denn?«, fragt Kaden neugierig.

»Ich habe noch ein kurzes Treffen«, weiche ich ihm aus. Wenn ich ihm die Wahrheit sagen würde, gäbe es nur endlose Diskussionen, also lasse ich es.

»Mit wem denn?« Kaden lässt einfach nicht locker. So kenne ich ihn gar nicht! Keine Ahnung, was los ist.

Langsam erhebe ich mich und putze meine öligen Finger an einem Lappen ab. »Kaden«, ich blicke ihn strafend an, »das geht dich nichts an. Also, halt die Klappe!«

Ohne ein weiteres Wort drehe ich mich um und hole meine Klamotten. Heute war in der Garage wenig los und Kaden zieht hinter mir das Rolltor herunter, um die Werkstatt zu schließen.

»Wie ist die Adresse des Ladens?«, will ich wissen.

Eine letzte Hoffnung in Kadens Blick erlischt, dass er mich doch abholen kann.

Er nennt mir die Anschrift.

»River Street? Du meinst doch wohl nicht den Club 69?«, frage ich abfällig.

»Doch, aber er heißt jetzt Visage und hat einen neuen Besitzer gefunden. Es wird dir dort gefallen, ich verspreche es.«

»Ich habe keinen Bock auf nackte Titten, die habe ich selbst.«

Kaden grinst anzüglich. »Das habe ich schon bemerkt. Keine Angst, ich werde dich schon ablenken. Also!«

»Spinner«, meine ich lachend und steige auf mein Bike.

Kaden geht hinüber zu seiner Ducati und wirft die Maschine an. Er setzt schmunzelnd den Helm auf und hebt die Hand zum Gruß, dann braust er davon.