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Willkommen in der aufregenden Welt von "Hunter B. Holmes - Studienfach Mord", einem mitreißenden Cosycrime-Abenteuer, das die Tradition der besten Detektivgeschichten aufgreift und sie in einer modernen Londoner Kulisse neu interpretiert. Lassen Sie sich von der Magie dieses Krimis verzaubern und erleben Sie ein Lesevergnügen, das lange nachhallt. Klappentext: Max Gibson ist Professor an einer der renommiertesten Universitäten in London. Bei den Studenten beliebt und von Kollegen geschätzt, ist es umso schockierender, als er während einer Vorlesung tot zusammenbricht. Schnell stellt sich heraus, dass es sich dabei um Mord handelt. Hunter B. Holmes und sein neuer Partner David Cloverfield übernehmen den mysteriösen Fall, der sie in ein Netz aus Lügen, Liebe und Intrigen zieht, je tiefer sie in Max’ Vergangenheit graben. Doch nicht nur dieser Fall beschäftigt sie, auch ihre Privatleben halten viele Wendungen und Überraschungen für David und Hunter bereit. Zeit für Muffins und Kaffeekränzchen bleibt ihnen kaum, denn der Täter schlägt erneut zu. Die Suche nach dem Mörder wird nicht nur für die beiden zu einem Spiel gegen die Zeit ... In "Hunter B. Holmes - Studienfach Mord" wird die Suche nach der Wahrheit zu einem atemlosen Spiel gegen die Zeit, bei dem die Leser mitfiebern und mitlachen. Dieser fesselnde Cosycrime verspricht eine unterhaltsame Kombination aus Spannung, Humor und charmanten Ermittlern, die sich ihren Weg durch ein Netz aus Mord, Liebe und Intrigen bahnen. Ein absolutes Muss für Liebhaber mysteriöser Kriminalfälle und mitreißender Detektivgeschichten! Tauche ein in dieses aufregende Cosycrime-Abenteuer, das von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann zieht.
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Hunter B. Holmes
Studienfach Mord
von
Wolf September
Impressum
Wolf September
c/o WirFinden.Es
Naß und Hellie GbR
Kirchgasse 19
65817 Eppstein
www.wolfseptember.de
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Lektorat und Korrektorat
Matti Laaksonen - www.mattilaaksonen.de
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Vielen lieben Dank an meine Testleser
Björn, Sandra, Susan, Rina und Lisa
die mich mit Tipps, Hinweisen und
sehr umfangreichen Feedback unterstützt haben.
Schön, dass es Euch gibt.
Zischend landeten die Eier zusammen mit dem Speck in der Pfanne. Ein aromatischer Duft stieg Max in die Nase. Er liebte diesen Geruch, denn damit begann für ihn ein guter Tag. Neben dem Herd säuselte die alte Filterkaffeemaschine. Herb saß am Tisch und blätterte mit leicht verschlafenem Blick in der Tageszeitung.
Max drehte das Gas ab und verteilte die Eier und den Speck auf zwei Teller, die er in der Nähe des Ofens platziert hatte, und stellte sie auf den Tisch. Einen vor Herb und einen auf seinen Platz. Er ging zum Schrank und holte zwei Tassen heraus, in die er den frisch gebrühten Kaffee einschenkte. In seinen kam ein Löffel Zucker, in Herbs ein kleiner Schwall Milch. Nachdem auch die Tassen auf dem Tisch standen, nahm er gegenüber seinem Mann Platz.
„Nun leg doch mal die Zeitung beiseite. Du kannst sie lesen, wenn ich weg bin“, forderte er ihn auf. So ging es jeden Morgen, und Max wünschte sich, Herb würde mit ihm reden, anstatt die Schlagzeilen zu lesen. Das hieß, nein, reden brauchte er gar nicht – aber er sollte ihm seine Aufmerksamkeit schenken.
Herb gehorchte stumm. Er faltete die Zeitung zusammen und legte sie an den Rand des Tisches.
„Was steht bei dir heute an?“, erkundigte er sich monoton und nippte an seiner Tasse.
„Um neun Uhr hab ich eine Vorlesung in altrömischer Geschichte und anschließend Sprechstunde. Es wird also nicht allzu spät heute“, antwortete Max.
Er schob sich eine Gabel Spiegeleier in den Mund und biss danach von dem krossgebratenen Speck ab. Das Krachen des Specks in seinem Mund wurde mit jedem Bissen leiser.
„Was hast du geplant?“, fragte er mit noch halbvollem Mund.
„Ich wollte die Fenster putzen und im Anschluss an meinem Buch weiterarbeiten.“
„Die Fenster kann ich doch heute Nachmittag machen, wenn ich wieder zuhause bin.“
„Wie du meinst“, antwortete Herb dröge und sah Max stumm dabei zu, wie er den Rest der Eier verschlang.
Max leerte seine Tasse und räumte sein Geschirr in die Spülmaschine. Dann nahm er einen Lappen und wischte seinen Bereich auf dem Tisch ab. Herb beobachtete ihn teilnahmslos und nippte wieder am Kaffee.
Innerlich seufzte Max. Dieses Spiel lief nun schon seit Jahren so. Jeden Morgen. Max betrachtete Herb. Was ging nur in seinen Kopf vor? Wahrscheinlich hing Herb mit seinen Gedanken schon wieder an einem Plotdetail seines Buches oder dachte darüber nach, was er an der Spannungskurve ändern konnte. Herb lebte in seiner eigenen Welt und Max wollte ihm das auch nicht zum Vorwurf machen, schließlich lebte auch er in der seinen. An manchen Tagen sehnte sich Max nach dem alten Herb. Den, den er kennen- und liebengelernt hatte. Doch dieser Herb schien gegangen. Ob er etwas ahnte? War Herb deswegen so teilnahmslos? Max schob diesen Gedanken beiseite. Herb war eben Herb.
„Ich bin dann weg“, verabschiedete sich Max. Er ging zu ihm, gab ihm einen Kuss auf die Wange und schnappte sich seine Aktentasche.
Die Sonne wärmte sein Gesicht, als er vor die Haustür trat. Die weißen Reihenhäuser in seiner Straße leuchteten im Sonnenlicht. Dafür, dass es erst Mai war, war es ungewöhnlich warm an diesem Tag. Max holte tief Luft und spürte, wie sie in seine Lungen strömte. Es duftete nach dem nahenden Sommer.
Voller Tatendrang schwang er sich auf sein Rad und trat in die Pedale. Die Addison Road runter nach Shepards Bush und dann in Richtung der Universität davon. Der Fahrtwind streichelte seine Haut. In diesem Moment fühlte sich Max frei und glücklich. In solchen Augenblicken wurde ihm klar, wie gut er es in seinem Leben erwischt hatte. Einen Job, der ihn ausfüllte, ein behagliches Zuhause, einen Mann, der ihn liebte, und aufregenden Sex. Ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während er über den breiten Bürgersteig zur Uni radelte.
Dort angekommen schob er sein Fahrrad in einen der freien Ständer, die zuhauf auf dem Parkplatz angebracht waren, und schloss es ab. Er warf die Schlüssel pfeifend in die Luft und fing sie wieder auf. Dann reihte er sich in den Strom der Studierenden, die auf dem Weg zu ihren Vorlesungen waren, ein und lief im Gewimmel die Treppe nach oben ins Gebäude. Er liebte diese Lebendigkeit, die von ihnen ausging. Diese Vitalität, von der er das Gefühl hatte, sie würde auf ihn überspringen. Sie machte, dass er sich jung fühlte.
Max’ Assistent Charlie wartete bereits am Eingang auf ihn.
„Guten Morgen Max“, begrüßte er ihn und betrat an seiner Seite das Gebäude.
„Morgen. Haben wir schon viele Anmeldungen für heute Mittag?“
„Eine gute Handvoll. Und ich denke, es werden heute auch nicht sehr viel mehr werden. Unser Studienberater hat für heute Nachmittag um einen Termin gebeten.“
Max lächelte beim Gedanken an ihn. „Hast du Steven zugesagt?“
„Ja, er kommt um drei, bis dahin sollte die Sprechstunde beendet sein.“
„Sehr gut! Starten wir in die Vorlesung.“
„Wenn du nichts dagegen hast, würde ich heute gerne mit in die Vorlesung kommen. Es liegt nichts weiter an und römische Geschichte hat mich schon immer interessiert, wie du weißt.“
„Ja sicher, mach das.“ Max war froh Charlie zu haben. Seit er vor zwei Jahren die Stelle angenommen hatte, sorgte er dafür, dass sein Leben angenehmer wurde – unkomplizierter. Er kümmerte sich hervorragend um die Organisation seiner Termine und erledigte hin und wieder auch Angelegenheiten für ihn, die nicht unbedingt zu seinem Aufgabenbereich gehörten, sei es die Blumen für Herb zum Geburtstag zu besorgen oder sein defektes Mobiltelefon zur Reparaturannahme zu bringen. Manchmal fühlte es sich für Max an, als wäre Charlie der Sohn, den er nie hatte.
Als Max den Hörsaal betrat, saßen ein gutes Dutzend Studierende auf den Bänken. Einige blätterten in ihren Unterlagen, während eine kleine Gruppe junger Frauen zusammenstand und sich angeregt unterhielt. Sie verstummten, als sie Max bemerkten, und suchten ihre Plätze auf. Charlie nahm am rechten Rand der untersten Reihe in der Nähe des Stehpults Platz.
Max ließ den Blick durch die Bänke schweifen, auf der Suche nach Harper. Doch er war nicht anwesend. Er entdeckte lediglich seinen Mitbewohner Scott in der Mitte der ersten Reihe, der ihn mit abfälligem Blick musterte. Leichter Groll stieg in Max empor, als er Scotts Blick bemerkte, doch er schob ihn beiseite. Wann würde er endlich einsehen, dass er verloren hatte?
Er begann mit seiner Vorlesung über die frühe Kaiserzeit. Es lief gut – die wenigen Anwesenden stellten interessierte Fragen und machten sich Notizen. Max tigerte wie gewöhnlich langsam vor dem Auditorium auf und ab, während er den Stoff unterstützt von einer Präsentation, die Charlie für ihn erstellt hatte, vortrug. Ihm war es lieber, wenn er nur wenige Zuhörer hatte, die sich konzentrierten, als einen vollen Saal, in dem ständiges Gemurmel herrschte. Während er in seinem Vortrag zum Ende der römischen Republik kam und er mit dem Rücken zu den Studierenden stand, knallte es. Erschrocken fuhr Max herum. Scott tastete nach der Wasserflasche, die er umgeworfen hatte.
„Marshall, wer sonst? Zumindest sind Ihre kognitiven Fähigkeiten sehr gut ausgeprägt. Das Hirn sagt Durst und der Fuß sucht nach der Flasche.“
Gelächter erfüllte den Saal. Max suhlte sich in dem Gefühl der Macht, die ihm seine Position und seine Schlagfertigkeit in diesem Moment verliehen. Scotts Augen verengten sich zu Schlitzen und er lieferte sich ein kurzes, stummes Blickduell mit Max. Dann nahm er die Flasche, stand wortlos auf und verließ den Raum.
Max schüttelte verständnislos den Kopf und fuhr fort, die Hintergründe, die zur Ermordung von Julius Caesar geführt hatten, zu erläutern. Er liebte die Geschichte Caesars. Sie hatte alles, was eine gute Geschichte brauchte – Dramatik, Verrat, Gewalt. Ihren Höhepunkt fand sie, als Caesar der Überlieferung nach, kurz vor seinem Tod den Satz „Nicht auch du, mein Sohn Brutus“ ausstieß. Max donnerte diesen Satz gerne in den Raum, um die Vorlesung zu beenden. So auch heute. Er genoss diesen Augenblick, wenn seine Studierenden ihn ehrfürchtig dabei anblickten.
Genüsslich ließ er seinen Blick durch die Reihen schweifen.
Er spürte einen Piks am Hals. Reflexartig schoss seine Hand an die Stelle, an der er den Stich wahrgenommen hatte. Ein stechender Schmerz breitete sich von dort unter seiner Haut aus. Seine Finger schlossen sich um einen kleinen festen Gegenstand, der ihm im Hals steckte. Max zog ihn heraus. Es handelte sich um einen dünnen Pfeil, den er in der Hand hielt. Max fixierte den Pfeil mit seinem Blick, doch es fiel ihm schwer, ihn zu fokussieren. Immer wieder verschwamm das Bild vor seinen Augen. Ihm wurde schwummrig. Dröhnende Kopfschmerzen wallten vom Nacken über ihn hinweg, Schwindel überkam ihn. Max wankte. Es gelang ihm, sich am Pult abzustützen, dabei glitt der Pfeil aus seiner Hand und fiel zu Boden. Schmerz und Schwindel schwollen zu einem undurchdringbaren Schleier an. Der Stuhl? Wo war der Stuhl? Max versuchte, sich am Pult zu ihm vorzutasten, um sich zu setzen, doch dann wurde es schwarz um ihn.
In voller Lautstärke dröhnte Don’t go breaking my heart durch die Stille des Raums. Pfeilschnell tastete Hunter nach dem Handy auf seinem Nachtschränkchen und schaltete es ab. Er steckte seine Hand wieder unter die Decke. Wohlig stöhnte Hunter auf und drehte sich um. Stille. Einen Augenblick später begann der Wecker, der auf dem Schrank gegenüber dem Bett stand, heftig zu piepsen. Er schwang die Decke zur Seite, schlurfte zum Schrank und drückte die Aus-Taste. Der Wecker verstummte sogleich, woraufhin Hunter zurück zum Bett ging und sich auf die Matratze fallen ließ. Dort zog er sich die Decke wieder über den Kopf. Es klopfte – noch bevor er etwas rufen konnte, krachte die Tür gegen den Stopper.
„Guten Morgen Master Holmes.“ Godric betrat schwungvoll das Zimmer. „Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen. Die Sonne scheint, das Frühstück ist bereitet.“
Hunter hob die Decke an und blinzelte ihm entgegen.
Strammen Schrittes ging Godric auf das Fenster zu, zog die Jalousie schwungvoll nach oben und öffnete es. Frische, ein wenig kühle Luft wehte an Hunters Füßen entlang, das grelle Morgenlicht blendete ihn. Hunter kniff die Augen zusammen und zog sich das Laken wieder über den Kopf. Er brummte unter seiner Decke und zog seine Füße darunter, während Godric sein Schlafzimmer wieder verließ, die Tür jedoch weit offen stehen ließ.
Der Duft von frischem Kaffee waberte in den Raum und kroch unter die Bettdecke. Hunter öffnete die Augen und setzte sich auf. Durch die Tür konnte er sehen, wie Godric zum Esstisch ging, auf dem er das Frühstück bereitet hatte. Zuerst goss er Kaffee in eine Tasse und kippte einen Schwall Milch hinterher.
Hunter warf seine Bettdecke mühsam zur Seite und setzte sich an den Rand der Matratze. Seine Füße suchten am Boden nach den Hausschuhen. Als er fündig geworden war, schlüpfte er hinein, stand auf und schleppte sich zu dem alten Ledersessel, der sich neben seinem Bett befand. Dort nahm er seinen Morgenmantel und warf ihn sich über.
„Guten Morgen“, murmelte er verschlafen, und bewegte sich nur mit Boxershorts und dem locker zusammengebundenen kurzen Morgenmantel durch die Tür. Sein Blick fiel in den Spiegel, der auf der anderen Seite des Raums an der Wand hing. Sein dunkles Haar stand verwuschelt von seinem Kopf ab und seine Augen waren noch mehr zu als offen. Wortlos trottete er zu seinem Platz und setzte sich.
Neben der Kaffeetasse standen ein Glas mit frischgepresstem Orangensaft, ein Teller mit zwei Spiegeleiern auf einer Portion Baked Beans und ein zweiter Teller, auf dem ein Donut mit üppigem Zuckerguss platziert war. Hunter aß jeden Morgen das Gleiche. Godric, der seit ein paar Monaten für ihn arbeitete, kannte inzwischen diesen morgendlichen Ablauf.
Gemächlich nahm Hunter die Tasse in die Hand und führte sie wie in Zeitlupe zum Mund. Er nahm einen großen Schluck Kaffee. Wie ein Quell des Lebens bahnte sich die heiße Flüssigkeit ihren Weg in seinen Magen. Das Koffein floss förmlich durch seine Adern. Mit der Tasse in der Hand drehte er sich Richtung Fensterfront. Die Sonne blendete ihn. Schnell schloss er die Augen und wandte sich wieder ab.
„Ist heute nicht ein wundervoller Tag?“, fragte Godric.
„Ziemlich hell für diese Uhrzeit“, brummte Hunter muffelig und wendete sich wieder dem Essen zu.
„Es ist kurz vor neun, Master Holmes. Ich denke, der Grad der Helligkeit passt exakt zur Tageszeit“, kommentierte Godric trocken.
Lustlos hob Hunter das Besteck und teilte die Eier auf seinem Teller, während er zu Godric sah. Dieser beobachtete sein Tun mit einem Schmunzeln. Mit jedem Bissen, den er zu sich nahm, merkte Hunter, wie er allmählich wacher wurde und immer mehr Eindrücke an ihn heran drangen. Mit einem Mal spürte er die Wärme der Sonne auf seiner Haut und schnupperte die frische Luft, die durch das offen stehende Fenster in seine Nase kroch. Bis zum letzten Krümel, mit dem er schlagartig bester Laune war.
Hunter lächelte seinen Butler an.
„Jetzt geht es mir gut! So ein delikates Frühstück weckt die Lebensgeister.“
„Das freut mich zu hören, Master Holmes.“
Hunter legte seine Gabel beiseite und blickte sein Gegenüber entschlossen an. „Godric, du hast mich aufwachsen sehen und seit fast einem Jahr wohnen wir quasi zusammen. Es ist an der Zeit, dass du Hunter sagst. Ich mag es nicht, wenn du mich Master Holmes nennst!“
„Aber als Ihr Vater mich hierher abgeordnet hat …“
„Mein Vater ist nicht hier! Ich bin dreiundvierzig Jahre alt und kann schon geraume Zeit für mich selbst entscheiden, und ich würde es sehr begrüßen, wenn du mich Hunter nennst. Du kennst mich besser und länger als die meisten Menschen. Also bitte.“ Hunter setzte seinen Hundewelpenüberredungsblick auf.
„Nun gut – Hunter – es freut mich zu hören, dass es dir gut geht.“
„Na siehst du, geht doch“, erwiderte Hunter und lächelte ihn noch breiter an.
„Und Godric, bitte sag nicht immer, dass du abgeordnet wurdest. Das klingt, als wäre es eine Strafe bei mir zu sein.“ Hunter spitzte schmollend die Lippen.
„Das ist es natürlich nicht. Ich bin gerne hier. Sehr gerne sogar. Sie sind so ... erfrischend.“
„Das freut mich zu hören, Godric.“
„Was steht heute auf dem Programm, Mas… Hunter?“
Hunter schmunzelte. Der gute alte Godric konnte einfach nicht aus seiner Haut. Seit er das Penthouse von seinen Eltern überschrieben bekommen hatte, war er bei ihm – übernächsten Monat hatten sie sogar Jahrestag. Das sollten sie feiern. Auch wenn er von seiner Art her etwas steif war, mochte er Godric ungemein – schon als er noch für seinen Vater gearbeitet hatte, war er ihm überaus sympathisch gewesen. Hinter all seinen Manieren und vornehmen Getue steckte ein Schelm. Hunter hatte ihn mehr als einmal hervorblitzen sehen.
Während er noch amüsiert zu Godric blickte, ertönten aus dem Radio die ersten Klänge eines Elton John Songs. Hunter verzog das Gesicht.
„Was ist mit … dir? Passt etwas nicht?“
„Alles gut, ich hasse die Musik von Elton John!“
Godric zog seine Stirn in Falten. „Wenn ich nicht irre, ist das der Song, den du als Weckton auf deinem Handy hast?“, stellte er erstaunt fest.
„Da hast du recht!“
Godric hob eine Augenbraue und fixierte Hunter.
„Wenn du ihn nicht magst, wieso hörst du ihn dann jeden Morgen?“
„Das soll mir helfen aus dem Bett zu kommen. Wann würdest du eher liegenbleiben? Wenn etwas läuft, auf das du stehst oder bei Musik, die du nicht magst?“
„Wenn ich das so sagen darf, es klingt zwar ein wenig abstrus, aber ich kann die Absicht, die dahintersteckt, verstehen“, entgegnete Godric und ein Schmunzeln schob sich auf seine Lippen.
„Warum magst du seine Musik denn nicht? Er hat doch tolle Songs und ihr habt auch sonst so viel gemeinsam“, stellte er fest und räusperte sich, als wäre ihm klar geworden, was er soeben gesagt hatte.
Hunter lachte auf. „Seine Musik ist unerträglich schmalzig und nur, weil wir beide schwul sind, muss ich ihn nicht mögen.“ Hunter streckte sich und gähnte herzhaft. „Ich fahre später zum Yard. Heute fängt mein neuer Partner an.“
„Richtig! Das war heute. Dann hoffe ich für Sie …“
„Dich“, verbesserte Hunter.
Godric räusperte sich und holte kurz aber tief Luft. „Entschuldige! Ja also, was ich sagen wollte, dann hoffe ich für dich, dass du gut mit ihm zurechtkommst.“
„Ich denke schon. Bisher habe ich nur wenige Menschen getroffen, mit denen ich nicht konnte. Und soll ich dir etwas sagen: in gewisser Weise freue ich mich auf ihn.“ Er nahm seinen Donut und biss herzhaft hinein. „Hmmm. Lecker.“
Als das letzte Stückchen in seinem Mund verschwunden war, stand er auf und streckte sich erneut. Er schnappte sich die halbvolle Kaffeetasse, ging zur Glastür, die auf den Balkon führte, und schob sie voller Elan auf. Warme Luft strömte ihm entgegen.
„Schenk dir auch einen Kaffee ein und komm ein bisschen mit raus, Godric. Ein paar Minuten habe ich noch. Es ist herrlich hier draußen.“
Godric drückte die Taste des Kaffeeautomaten. Gurgelnd floss der Kaffee in die Tasse und wenig später saßen beide auf den bequemen Loungesesseln und genossen die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Hunter liebte den Ausblick, den er von hier oben hatte. Das Penthouse befand sich im obersten Stockwerk eines einunddreißigstöckigen Hochhauses. Es war die einzige Wohnung in dem Haus, die sich über die gesamte Grundfläche erstreckte. Auf dem Balkon konnte man fast um das komplette Gebäude herumgehen. Von ihm aus hatte man einen sagenhaften Blick über London. Von der Tower Bridge und dem London Eye über das Bankenviertel mit seinen skurrilen Wolkenkratzern die Themse entlang, bis zur Sankt Pauls Cathedral und noch weiter.
„Godric, ich weiß nicht, wie du das siehst, aber ich denke, wir sind vom Glück geküsst“, sagte Hunter. Er rutschte tiefer in seinen Sessel und lächelte.
Godric nippte an seiner Tasse und blickte ihn mit einer Mischung aus Zustimmung und Fürsorge an. „Ja, das sind wir wohl. Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, fehlt dir eigentlich nur noch ein passender Partner.“
Hunter lachte leise. „Ich bekomme heute einen, schon vergessen?“
„Privat meinte ich.“
Hunter lächelte bemüht, dann ließ er seinen Blick über Londons Skyline gleiten. „Ich brauche keinen Mann, Godric. Es ist alles gut, so wie es ist!“
Hunter lief die Treppen der Westminster-Station nach oben, überquerte die Straße und erreichte das Hauptquartier von Scotland Yard. Er fuhr mit dem Lift in den dritten Stock und schlenderte zu seinem Büro. Als Hunter die Tür aufstieß, entdeckte er einen Mann, der mit dem Rücken zu ihm stand und Sachen aus einer Kiste auf den Schreibtisch gegenüber Hunters platzierte. Er schien ihn nicht bemerkt zu haben, denn er räumte fleißig weiter, während Hunter einen Schritt ins Büro trat und ihn weiter beobachtete. Neben dem Bildschirm stand ein Foto des neuen Kollegen mit einem älteren Paar, vermutlich dessen Eltern. Am unteren Eck war ein schwarzes Schleifenband über das Foto geschoben. Hunters Blick wanderte vom Foto zurück zu seinem neuen Kollegen. Er machte auf ihn den Anschein eines Musterschülers. Kurze braune Haare, eher schmächtig gebaut, aber doch auf gewisse Art sportlich und durchtrainiert. Ein gut gebügeltes Hemd, das akkurat in einer scheinbar neuen Jeans steckte. Dazu braune Business-Sneaker, die wohl ebenfalls erst vor kurzem gekauft worden waren. Er schien auf einen guten ersten Eindruck bedacht gewesen zu sein.
Hunter streckte sich, um ihn über die Schultern zu schauen. Sein neuer Kollege räumte Kugelschreiber in eins der Schubfächer und Hunter hätte schwören können, dass er sie sogar nach ihrer Größe sortierte. Er schmunzelte in sich hinein.
„Guten Morgen“, rief er in den Raum, ein wenig lauter als beabsichtigt.
Der Neue fuhr zusammen und schoss herum.
„Haben Sie mich erschreckt. Guten Morgen“, sagte er verdattert.
„Halte immer die Tür im Auge! Diesen Tipp gibt es zum Start hier kostenlos.“ Hunter grinste ihn an und checkte ihn dabei weiter ab. Feine Gesichtszüge, dichte Augenbrauen und glattrasiert. Wache Augen sahen ihn erwartungsvoll an. Doch Hunter war sich sicher, unter dieser scheinbar biederen Fassade, waren auch Humor und Ausgelassenheit zuhause.
Hunter hielt ihm die Hand entgegen.
„Ich bin Detectiv Inspector Holmes, nenn mich einfach Hunter.“ Er lächelte ihn an.
„David Cloverfield, freut mich. Für dich David“, stellte sich der Neue vor. „Holmes wie Sherlock?“, fragte er dann mit einem aufrichtigen Lächeln.
Hunter verzog seine Miene. „Nein – Holmes, wie Hunter B. Holmes.“
„Verstehe. Leidvolle Erfahrungen mit dem Namen?“, erwiderte David schmunzelnd.
„Eher nervtötende. Wenn man Holmes heißt und in der Verbrechensbekämpfung tätig ist, bringt es das wahrscheinlich mit sich. Aber es muss einem ja nicht gefallen.“
„Kenne ich. Ich meine, ich weiß, was du meinst. Also das mit dem Namen“, stammelte David.
Fragend zog Hunter eine Augenbraue hoch. „Woher? Du heißt ja nicht Holmes oder Barnaby oder etwas in der Art.“
„Das nicht, dafür werde ich des Öfteren um Zauberkunststücke gebeten.“ Während er das sagte, strich David eine unsichtbare Falte aus seinem Hemd und fixierte dann einen Punkt am Boden.
Hunter überlegte, auf was sein neuer Partner hinauswollte. In seinem Geiste wiederholte er Davids Namen, bis der Groschen fiel.
„Jetzt, wo du es sagst. Dann sind wir also der Detective und sein Zauberer.“ Hunter lachte auf, was von David mit einem gequälten Lächeln quittiert wurde.
Das Telefon klingelte und unterbrach die Vorstellung. Seufzend schlenderte Hunter zum Schreibtisch und nahm den Hörer ab.
„DI Holmes“, meldete er sich. „Wann? Wo? Wir sind gleich da!“
David sah ihn erwartungsvoll und ein wenig verängstigt, ob des ersten Einsatzes, an.
„So wie es aussieht, werden wir unser Gespräch im Wagen fortsetzen müssen. Wir haben einen ungeklärten Todesfall im Imperial College.“
„Einen Mord?“, hakte David nach und sprang auf.
„Nein David, einen ungeklärten Todesfall. Der Notarzt hat aber wohl etwas Ungewöhnliches an der Leiche festgestellt und uns angefordert. Ob es sich um Mord handelt, werden die weiteren Ermittlungen zeigen. Gehen wir.“
Kurze Zeit später saßen die beiden in einem der Dienstwagen, den Hunter aus der Tiefgarage lenkte.
„Was hat dich in die Arme der Polizei getrieben?“, fragte er, während er an einer Ampel hielt und das Fenster herunterließ.
„Polizeiarbeit hat mich schon immer fasziniert. Schon als kleiner Junge saß ich vor dem Fernseher und fieberte mit, wenn die Bösewichte dingfest gemacht wurden. Außerdem würde ich von mir behaupten, dass ich einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn besitze. Ich mag es nicht, wenn jemandem Unrecht getan wird“, erklärte David und knetete dabei seine Hände im Schoß.
„Das ist sehr löblich. Wobei unsere Arbeit nicht mit Krimiserien zu vergleichen ist. Sie besteht aus sehr viel Schreibtischarbeit, Unmengen an Kaffee und vielen Überstunden. Zumindest ist das bei uns auf dem Revier so. Ich hoffe, deine Frau kommt damit klar, dich nicht allzu oft zu Gesicht zu bekommen.“ Hunter schielte unauffällig zu David.
„Ich bin nicht verheiratet. Und auf meinem alten Revier war es nicht viel anders.“
„Nicht verheiratet? Dann verlobt?“
„Ich bin auch nicht verlobt und bevor du weiter fragst: Ich bin Single.“
„Muss es ja auch geben!“ Hunter lachte auf. „Wie alt bist du?“, lenkte er das Gespräch in eine andere Richtung. Innerlich schmunzelte er – seine Befragung nach dem Beziehungsstand war, auch wenn David ihn bei seiner Absicht erwischt hatte, erfolgreich gewesen. Neugier war nun einmal eine Berufskrankheit.
„Vierunddreißig, und du?“, fragte er.
„Stolze dreiundvierzig.“
David blies Luft durch seine Zähne. „Hätte ich nicht gedacht.“
„Danke.“ Hunter blickte vergnügt zu seinem Beifahrer. Ihm gefiel seine forsche und ehrliche Art. Er mochte Menschen, die kein Blatt vor den Mund nahmen. Wobei David dabei höflich und respektvoll blieb. Hunter wusste in diesem Augenblick, dass er mit seinem neuen Partner einen Volltreffer gelandet hatte - seine Menschenkenntnis ließ ihn weder im Beruf noch im Privaten in Stich.
„Gibt es bei dir jemanden? Eine Frau … oder einen Mann?“, erkundigte sich David und versuchte, es so beiläufig, wie möglich klingen zu lassen, aber die Absicht dahinter erkannte Hunter.
„Ich sehe schon, der Flurfunk funktioniert.“ Hunter sah zu David und grinste. „Nein, es gibt zurzeit keinen Mann in meinem Leben.“
Amüsiert stellte er fest, dass David verlegen auf die Straße starrte.
„Du hast doch kein Problem damit, dass dein Partner schwul ist?“
„Äh, nein.“
„Äh nein?“, wiederholte Hunter fragend seine Aussage.
„Natürlich nicht. Ich hätte es nur nicht vermutet. Aber es ist cool.“
„Was hat der Flurfunk sonst noch berichtet?“, erkundigte sich Hunter lapidar und konnte sich schon gut vorstellen, wie Geoffrey mit einer Tasse Kaffee in seinem Büro gestanden hatte, um David alle wichtigen Eckdaten zu geben, die er wissen musste. Hunter hatte unter seinen Kollegen nie einen großen Hehl aus seiner Sexualität gemacht. Warum auch? Doch für einige von ihnen war es eben noch immer eins der spannenderen Details, wenn sie über ihn sprachen.
„Sonst nichts weiter. Ach, halt! Nur noch, dass dein Vater ein Earl ist und deine Familie wohl ziemlich reich sein muss.“
Hunter lachte auf, hatte er es doch gewusst.
„Gute alte Yellow Press. Dann weißt du so ziemlich alles, was es über mich zu wissen gibt.“
„Schwul, dreiundvierzig, adelig. Wenn das alles ist, was dich ausmacht, wäre das ziemlich traurig, nicht wahr? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch viele andere, spannende Dinge über dich herausfinden werde“, konterte David.
„So spannend bin ich nicht, und du hast den Polizisten vergessen! Zu dir komme ich bei Gelegenheit. Jetzt lass uns aber erst einmal über unser weiteres Vorgehen reden. Wir sind gleich da. Was schlägst du vor?“
„Ich?“ Das Wort purzelte vor Überraschung nur so aus David heraus.
„Ja, du. Wie würdest du vorgehen?“
David überlegte, er hatte wohl erwartet, Anweisungen zu bekommen.
„Entscheidest das nicht du?“, fragte er. Die Verunsicherung war ihm deutlich anzuhören.
„Ich mag zwar dein Vorgesetzter sein, aber nicht der Oberbefehlshaber. Von daher würde ich es begrüßen, wenn wir gemeinsam entscheiden, wie wir vorgehen. Partner – du verstehst?“
„Ich verstehe. Es ist nur ... ach egal.“ Davids Stimme war dünn geworden und im Augenwinkel erkannte Hunter, dass er verlegen einen losen Faden von seiner Hose fischte.