Hunter B. Holmes - Mord in Brick Manor - Wolf September - E-Book

Hunter B. Holmes - Mord in Brick Manor E-Book

Wolf September

0,0
4,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Spannung, Humor und mysteriöse Wendungen: In "Hunter B. Holmes - Mord in Brick Manor" kehrt der beliebte Ermittler mit einem mitreißenden Cosycrime-Abenteuer zurück! Der zweite Teil verspricht erneut ein aufregendes Cosycrime-Abenteuer. Hunter und sein Partner David stolpern diesmal über die Leiche des Investmentbankers Barrett McGee. Mit zahlreichen Mordverdächtigen, darunter Frauenbekanntschaften und enttäuschte Kunden, wird ihre Detektivarbeit zu einem atemlosen Spiel gegen die Zeit. Während Hunter versucht, die Rätsel zu lösen, bleibt ihm kaum Zeit für sein aufkeimendes Gefühlsleben mit Steven. Als ein weiterer Bewohner von Brick Manor stirbt, wird er erneut in den Sog mysteriöser Ermittlungen gezogen, bei denen er einem langen gehüteten Geheimnis auf die Spur kommt. Dieser spannende Cosycrime verspricht erneut eine mitreißende Mischung aus Humor, Charme und unerwartenden Wendungen. Ein absolutes Muss für alle Fans von spannenden Kriminalfällen und packenden Detektivgeschichten! Klappentext: Eigentlich sollte es ein entspannter Abend für Hunter werden. Doch sein Freund und Partner David bittet ihn um Hilfe, da dieser nervös ist wegen seines ersten Dates mit Roberta, einer Kollegin aus dem Department. Als ein Schrei durch Brick Manor hallt, fackeln sie nicht lange, der Ursache auf den Grund zu gehen. Dabei entdecken sie die Leiche des erfolgreichen Investmentbankers Barrett McGee. Zu den zahlreichen Mordverdächtigen zählen nicht nur dessen viele Frauenbekanntschaften, sondern auch enttäuschte Kunden und Freunde. Durch die Nachforschungen bleibt Hunter nicht viel Zeit mit seinem Schwarm Steven, obwohl sich die beiden immer näherkommen. Zu allem Überfluss stirbt der nächste Bewohner von Brick Manor und Hunter findet sich am Anfang seiner Ermittlungen wieder ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Kapitel 1 – Schrei in der Nacht
Kapitel 2 – Leblos im Bett
Kapitel 3 – Der tote Banker
Kapitel 4 – Geschichten über Geschichten
Kapitel 5 – Beste Freunde
Kapitel 6 – Der perfekte Gentleman
Kapitel 7 – Ein besonderes erstes Date
Kapitel 8 – Drei Musketiere unter einem Dach
Kapitel 9 – Ein anderes erstes Date
Kapitel 10 – Krumme Geschäfte
Kapitel 11 – Mr und Mrs Forster
Kapitel 12 – Vorstadtidylle
Kapitel 13 – Bis aufs Blut
Kapitel 14 – Reise in die Vergangenheit
Kapitel 15 – Geräusche in der Nacht
Kapitel 16 – Schatten der Vergangenheit
Kapitel 17 – Außerhalb der Reihe
Kapitel 18 – Beziehungskisten
Kapitel 19 – Licht im Dunkel
Kapitel 20 – Opfer für die Liebe
Mehr von Wolf September:
Weihnachtsmänner in London
Liebesgrüsse aus London
Hochzeitsglocken über London
Grisper Castle
Grisper Castle - Weihnachtszauber
Hunter B. Holmes: Studienfach Mord

 

 

 

 

 

 

 

 

Hunter B. Holmes

Mord in Brick Manor

 

 

von

 

Wolf September

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Wolf September

C/o WirFinden.Es

Naß und Hellie GbR

Kirchgasse 19

65817 Eppstein

www.wolfseptember.de

Instagram: wolf_september_info

Facebook: autorwolfseptember

 

 

 

Lektorat und Korrektorat

Matti Laaksonen - www.mattilaaksonen.de

 

Coverdesign: @fiverr/rebecacovers

 

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdruck, Vervielfältigung oder anderweitige Veröffentlichung sind nicht gestattet und bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung des Autoren (Ausnahme: kurze Zitate für Rezensionen). Sämtliche Handlungen und Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten, wie die Namen der Protagonisten, mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Orte, Markennamen, Künstler und Lieder werden in einem fiktiven Zusammenhang verwendet. Örtliche Begebenheiten wurden teilweise oder ganz für den Storyverlauf angepasst. Alle Markennamen und Warenzeichen, die in diesem Roman verwendet werden, sind Eigentum der jeweiligen Inhaber.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vielen lieben Dank an meine Testleser

 

 

Björn, Sandra, Susan, Rina,

Oliver, Natascha, Lisa und Stefan

 

 

die mich mit Tipps, Hinweisen und

sehr umfangreichem Feedback unterstützt haben.

 

Schön, dass es Euch gibt!

Kapitel 1 – Schrei in der Nacht

Kraftvoll stieß er zu. Das Metall drang fast widerstandslos in das Fleisch ein. Blut quoll heraus wie bei einem vollgesogenen Schwamm. Ein rauchig-würziger Duft von Röstaromen erfüllte augenblicklich den Raum.

„Wie möchtest du dein Steak?“, fragte Godric Hunter und schaltete die Dunstabzugshaube eine Stufe höher.

„Medium rare, bitte.“

Behutsam ließ er das zweite Stück Fleisch in die Pfanne gleiten. Es zischte, Fett spritzte und Dampf stieg auf, den der Dunstabzug gierig einsog. Er sah auf die Uhr, bevor sein Blick zurück auf die beiden Steaks fiel. Zufrieden betrachtete er die brutzelnden Stücke in der Pfanne, während er immer wieder die Fettspritzer vom Herd abwischte.

Hunter saß am Tisch hinter ihm und beobachtete ihn dabei. Ein Schmunzeln schlich sich auf seine Lippen. Godric mit seinem Reinhaltungstick.

Er amüsierte sich des Öfteren über ihn, was nicht darüber hinwegtäuschte, dass er seinem Butler ungemein dankbar war. Würde er allein hier leben, würde sein Loft sehr wahrscheinlich nach kürzester Zeit im Chaos versinken. Von den regelmäßigen Mahlzeiten, die er ihm zubereitete, ganz zu schweigen. Godric an seiner Seite zu wissen, tat gut, auch mit dessen Marotten, die Hunter so manches Mal zur Weißglut treiben konnten, insgesamt jedoch eher liebenswerter Natur waren.

Schon stellte dieser ihm einen exzellent angerichteten Teller vor die Nase und setzte sich mit dem seinen zu ihm.

Hunter senkte den Kopf über das Steak und schnupperte. „Hmm, riecht das köstlich.“ Er schnitt sich ein Stück Fleisch ab und biss hinein. Es war so zart, dass es beinahe auf der Zunge zerfiel. „Das schmeckt wirklich delikat und es ist butterzart.“

„Das will ich auch hoffen. Für achtunddreißig Pfund darf man eine gute Qualität erwarten.“ Godric nahm ebenfalls einen Bissen, schloss die Augen und raunte zufrieden.

„Achtunddreißig Pfund?“, rief Hunter perplex. „Deine Steaks in allen Ehren, aber eine Pizza hätte es auch getan.“

„Pizza?“ Godric blickte Hunter entsetzt an. „Dein Vater würde mich entlassen, wenn ich seinem Sohn nur Pizza servieren würde. Du bist immerhin ein Earl.“ Verständnislos schüttelte er den Kopf und schob ein spöttisches „Italienisches Fast Food“ hinterher.

„Erstens ist mein Vater der Earl, ich bin Detective Inspector, und zweitens wurde die Pizza – unterbrich mich, wenn ich falschliege – für Königin Margherita erfunden.“

„Earl ist kein Beruf, sondern eine Berufung, und als Sohn eines Earls bist du was? Ein Earl“, entgegnete Godric. „Und im Übrigen haben die Pizzen, von denen du sprichst, wenig mit der gemein, die für Königin Margherita kreiert wurde.“

„Godric, du bist ein kleiner Erbsenzähler“, erwiderte Hunter grinsend.

„Ich nehme das als Kompliment und als Hinweis darauf, dass ich recht habe.“

Von der Anrichte her drang zuerst ein Rumpeln, dann der Klingelton von Hunters Handy. Er erhob sich, um den Anruf entgegenzunehmen.

„Dein Steak wird kalt“, rief ihm Godric mahnend hinterher.

„Ich mache schnell.“ Er checkte das Display. „Es ist David, da sollte ich rangehen“, murmelte er und nahm ab. „Hey Partner, was gibt’s?“ Hunter hörte schweres Atmen, doch David sagte nichts. „Ist alles okay bei dir?“, fragte er. Erneut drang nur schweres Atmen in den Hörer.

„Ich …“, röchelte die leise Stimme seines Partners. „Ich kann das nicht.“

„Was kannst du nicht?“

„Das mit Roberta. Ich sage das ab!“

„Das wirst du schön bleiben lassen.“ Hunter hatte es geahnt.

„Ich liege hier und zittere und schwitze“, hauchte er mit verzweifelter Stimme mitleiderregend in den Hörer.

„Ich komme. Gib mir eine halbe Stunde. Bis ich da bin, legst du das Handy weg. Verstanden?“

„Okay, ich lege es weg“, sagte David fast trotzig. „Aber es wird nichts an meiner Entscheidung ändern.“ Schon hatte er aufgelegt.

„Was war denn?“, erkundigte sich Godric, als sich Hunter wieder zu ihm setzte und sein Besteck in die Hand nahm.

„David hat Nervensausen wegen morgen.“ Er schnitt sich das nächste Stück ab und schob es sich in den Mund. „Hmm – wirklich ein Traum.“

„Was ist morgen?“

„Sein erstes Date mit Roberta“, entgegnete er noch halb kauend und schluckte.

„Aber er sieht sie doch jeden Tag auf der Arbeit. Aus welchem Grund ist er nervös?“ Verwundert sah Godric Hunter an.

„Frag mich bitte nicht. Ich verstehe es selbst nicht. So selbstbewusst und schlagfertig er sonst auch ist, kommt Roberta in seine Nähe, verwandelt er sich in einen stammelnden Frühpubertierenden, der kaum ein sinnvolles Wort herausbringt.“ Genüsslich ließ sich Hunter das nächste Stück Fleisch auf seiner Zunge zergehen. „Wobei es schon besser geworden ist. Sie können sich jetzt schon über so wichtige Dinge wie das Wetter oder die beste Trinktemperatur von Kaffee unterhalten, ohne dabei rot zu werden.“

Godric runzelte die Stirn. „Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich nur darin zurechtfinden.“ Er nippte an seinem Rotweinglas. „Formidabler Jahrgang.“

Hunter sah ihn fragend an, entschied sich jedoch dafür, es für den Moment gut sein zu lassen.

„Wo wohnt er eigentlich?“, erkundigte sich Godric nach einer Weile.

„In einer Eigentumswohnung hinter der Royal Albert Hall.“ Er nahm sein Handy und öffnete Davids Kontakt. „Kensington Gore 23.“

„Keine besonders günstige Wohngegend. Wie kann sich ein Polizist in seinem Alter eine solche Wohnung leisten?“ Mit der Hand rieb sich Godric das Kinn, während er Hunter ansah.

„Ich hatte dir doch erzählt, dass seine Eltern bei einem Brand ums Leben gekommen sind. Den größten Teil der Summe, die er aus deren Lebensversicherung bekommen hat, hat er in diese Wohnung investiert.“

„Kluge Entscheidung. Eine Wohnung in London in dieser Lage ist immer eine gute Wertanlage.“

„Wie dem auch sei. Ich mache mich auf den Weg. Nicht, dass er irgendwelche Dummheiten macht.“ Hunter tupfte sich den Mund mit der Stoffserviette ab und stand auf. „Du hast wie immer vorzüglich gekocht.“

Zufrieden lächelte Godric ihn an. „Dann wünsche ich dir viel Erfolg. Und morgen gibt es dann Pizza. Versprochen.“

 

Als Hunter vor Davids Haus ankam, staunte er nicht schlecht. Aus irgendeinem Grund hatte er ein tristes Wohngebäude erwartet, in dem, wie in einem Plattenbau, eine Wohnung der anderen glich. Doch das Gebäude war alles andere als das.

Vor ihm erhob sich ein Anwesen, das von unzähligen Erkern und Balkonen in verschiedenen Größen geziert wurde. Zur Eingangstür führte eine Steintreppe, deren Geländer aus kleinen Säulen bestand. Die Fassade war mit roten Ziegeln verklinkert, von der sich die strahlend weißen Sprossenfenster kontrastreich abhoben. Es schien sogar eine kleine Dachterrasse zu geben, wie er von seiner Position aus meinte zu erkennen. Ein Zaun trennte den Bürgersteig von einer kleinen Grünfläche, an deren Rand dichte Büsche an der Hauswand lehnten.

Das schmiedeeiserne Tor schwang mit einem leisen Quietschen auf. Hunter ging die Stufen zur Eingangstür nach oben. Am Klingelschild zählte er – in dem Haus gab es einundzwanzig Wohnungen. Er entdeckte auch Davids Namen und betätigte den Klingelknopf. Surrend öffnete sich einen Moment später die Tür und Hunter trat ein.

Im Flur schraubte ein älterer Mann gerade mit einem Schraubenzieher ein Namensschild neben einer der Türen ab. Als er Hunter entdeckte, lächelte er ihn freundlich nickend an, bevor er mit seiner Arbeit fortfuhr.

Hunter grüßte zurück und blickte sich um. „Guten Abend. Gibt es hier einen Lift?“, fragte er.

„Nicht dass ich wüsste.“ Der Mann lachte auf. „Zu wem wollen sie denn?“

„Zu Mr Cloverfield. David Cloverfield.“

„Cloverfield?“, wiederholte er und tippe mit dem Griff des Werkzeugs an sein Kinn. „Ach, der junge Polizist, der vor ein paar Wochen eingezogen ist. Fünfter Stock.“

Hunter bedankte sich und ging zur Treppe. Als er seinen Fuß auf die erste Stufe setzte, erwartete er ein Knarren, wurde jedoch enttäuscht. Die Treppe sah älter aus, als sie zu sein schien.

„Ist etwas nicht in Ordnung?“

„Nein, nein. Ich habe mich nur gewundert, dass sie nicht knarzt.“

Der Mann lachte erneut auf. „Wenn Sie knarzende Stufen wollen, müssen Sie die andere nehmen.“ Er deutete in den Gang, an dessen Ende Hunter einen zweiten Treppenaufgang erkannte.

Schmunzelnd schüttelte Hunter den Kopf. „Nein, danke. Ich nehme lieber diese hier.“ Er ging zwei Stufen nach oben, dann stockte er und wandte sich um. „Ist es nicht ungewöhnlich, dass ein solches Haus zwei Treppenhäuser besitzt?“

Der Mann setzte den Schraubendreher wieder ab und sah zu ihm. „Das rührt daher, das Brick Manor früher zwei Häuser waren. Die damaligen Besitzer fanden es wohl praktisch, die Treppenhäuser so zu belassen und nur die Zwischenwände zu entfernen.“ Vergnügt gluckste er. „Oder ihnen ist das Geld ausgegangen. Wer weiß das schon.“

„Gut zu wissen.“ Hunter verabschiedete sich und lief weiter nach oben. Kurz bevor er den fünften Stock erreicht hatte, kam ihm ein Mann entgegen. Sein Gesicht wirkte eingefallen und sein weißes Haar hing ihm in einem Mittelscheitel über die Ohren.

„Hallo“, grüßte Hunter freundlich.

Der Fremde blickte ihn beim Vorbeigehen ausdruckslos an, murmelte etwas Unverständliches in seinen ungepflegten Bart und ging weiter die Stufen hinunter, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. Hunter drehte sich um und sah ihm nach. Erst jetzt fielen ihm seine viel zu kurzen Hosenbeine und die blutroten Socken auf, die er darunter trug. Er schüttelte innerlich den Kopf und lief die restlichen Stufen hoch.

Im fünften Stock angekommen, spähte er in den Flur. David wohnte am Ende des Gangs, wie ihm die einen Spalt weit offen stehende Tür verriet. Er klopfte und vernahm ein „Ja“ aus dem Inneren der Wohnung, worauf er sie betrat.

„Im Wohnzimmer“, rief David aus einem Raum am Ende eines kleinen Flurs. Er ging der Stimme nach. David lag auf seiner Couch und schaute ihm mit einem flehenden Blick entgegen.

„Was ist mit dir?“, fragte Hunter.

„Das habe ich dir doch schon am Telefon gesagt. Ich kann das nicht.“

„Jetzt mal langsam. Als du heute nach Hause gegangen bist, war doch noch alles in Ordnung. Was ist in der Zwischenzeit passiert? Darf ich?“ Er deutete auf den Sessel, der vor dem Kamin stand.

Schwer schluckend nickte David, dann setzte er sich träge auf. „Ich bin nach Hause gefahren und habe noch einmal im Restaurant angerufen, um die Buchung zu checken.“

„Ist damit etwas nicht in Ordnung?“ Hunter ließ sich auf den Sessel fallen und sank auf eine bequeme Art und Weise in das Polster. „Haben sie sie übersehen?“ Mit der Hand strich er über die Armlehne. Flauschig weich kitzelte es unter seinen Fingerspitzen.

„Doch, natürlich. Was soll nicht in Ordnung sein? Alles ist gut mit der Buchung. Die Buchung steht.“

„Ich verstehe nicht?“ Hunter versuchte, so mitfühlend wie irgend möglich zu klingen. „Wo liegt denn dann das Problem?“

„Das Problem liegt darin, dass ich mich mit ihr zusammen am Tisch sitzend vorgestellt habe.“ Ein panischer Ausdruck huschte über sein Gesicht. „Was soll ich mit ihr reden? Was, wenn mir nichts einfällt und wir nur dasitzen und uns anschweigen – wenn diese peinliche Stille herrscht, aus der es keinen Ausweg gibt? Was, wenn sie mich dann für einen Langweiler hält und mich nie wiedersehen möchte?“, platzte es aus ihm heraus wie aus einem Springbrunnen.

Auf seine Lippen wollte sich ein Grinsen kämpfen, doch Hunter gelang es, es hinunterzuschlucken. „Du bist nervös, das ist ganz normal.“

„Hunter“, rief David. „Mein Kopf ist wie leergefegt, immer wenn ich an sie denke.“

Hunter legte seine Stirn in Falten. „Redet doch übers Wetter. Das ist immer ein gutes Thema“, schlug er vor.

Angespannt ließ David sich ins Polster sinken. „Wow. Toll! Das Wetter. Wie originell. Dreißig Sekunden gerettet.“

„Aber ihr habt doch in den letzten Tagen auch öfter im Büro geredet. Wo liegt der Unterschied?“

David fixierte einen Punkt auf dem Boden. „Das war etwas anderes. Da waren wir im Büro und das Reden war Nebensache. Es ist einfach so passiert, aus der Situation heraus. Außerdem warst immer du dabei. Aber morgen … morgen wird es ums Reden gehen, nur ums Reden. Sie, ich und Reden.“

„Also David bitte – es gibt tausend Themen, über die ihr sprechen könnt. Erzähl ihr doch einfach etwas über dich und dann erzählt sie etwas über sich, du hörst zu und fragst nach. Du bist Polizist. Stell dir einfach vor, sie wäre eine Verdächtige und du befragst sie.“

„Und ihr Verbrechen wäre …? Okay, nehmen wir mal an, ich erzähle ihr, dass ich in der Schule zu den Sportassen gehört habe, und sie sagt nur aha.“

„Das würde für mangelndes Interesse an dir sprechen, was aber nicht der Fall ist. Ihr schmachtet euch, seitdem du bei uns auf dem Yard bist, an. Glaubst du wirklich, dass sie so reagiert?“ Hunter überschlug seine Beine und lehnte sich zurück.

„Nein.“ Davids Blick nagelte sich wieder am Teppich fest. „Aber was, wenn doch?“

„Das wird nicht passieren. Du blockierst dich gerade selbst. Stell dir doch einfach vor, ihr begegnet euch im Büro und die Unterhaltung läuft.“

David schaute flehend zu Hunter. „Kannst du nicht mitkommen?“, fragte er bettelnd.

„Zu deinem Date?“ Er sah David perplex an. „Denkst du, Roberta fände es gut, wenn wir zu zweit auftauchen?“ Er lachte auf und wollte es als einen Scherz abtun, doch Davids Gesichtsausdruck verriet ihm das Gegenteil.

„Sie muss es ja nicht wissen“, raunte er und beugte sich zu ihm. „Du musst nur da sein, dann fühle ich mich sicherer.“ Er hielt ihn fest im Blick. David war es wirklich ernst damit.

„Und wie soll das gehen? Als das Sich-unsichtbar-Machen in der Schule gelehrt wurde, war ich leider krank.“ Er schüttelte amüsiert den Kopf.

„Ich habe im Wild Jungle einen Tisch reserviert. Da gehe ich öfter hin. Die Tische dort stehen in Nischen, die nur bedingt einsehbar sind. Zufälligerweise ist der Tisch neben unserem noch frei … gewesen.“

„David Cloverfield!“ Hunter wusste nicht, ob er ihn richtig verstanden hatte. „Willst du mir gerade mitteilen, dass du für mich mitreserviert hast?“ Er suchte noch immer nach einem Hinweis, der das Ganze endlich als Spaß outen würde, doch nichts an David deutete darauf hin.

Verschämt lächelte David, zupfte an seinem Ohrläppchen, schwieg jedoch.

Hunter holte tief Luft und ließ sie langsam wieder entweichen. Ein wenig tat David ihm ja leid. Zu oft hatte er in den letzten Wochen mitbekommen, wie er und Roberta sich angeschmachtet hatten, anfangs ohne Worte füreinander zu finden. Sie beide gehörten zusammen, dessen war er sich sicher. Er überlegte, während ihn David bittend ansah. Was wäre so schlimm daran, ihnen ein wenig Starthilfe zu geben, und sei es nur durch meine Anwesenheit?

„Na gut. Ich werde da sein“, sagte er schließlich und fügte mit festem Ton hinzu: „Aber sobald es bei euch läuft, verschwinde ich und wir werden nie wieder darüber sprechen und auf keinen Fall wird Roberta jemals davon erfahren. Verstanden?“

David sprang auf und fiel ihm um den Hals. „Danke. Du bist ein echter Freund.“

„Schon gut, schon gut“, wiegelte Hunter mit einem Hauch Verlegenheit ab. „Also? Wie soll das morgen ablaufen?“

Der markdurchdringende Schrei einer Frau verhinderte, dass David antworten konnte.

 

Kapitel 2 – Leblos im Bett

Hunter stand auf und fragte: „Was war das?“

David löste sich und ging einen Schritt auf die Tür zu. „Es muss aus der Wohnung über mir gekommen sein.“

„Lass uns mal nachsehen. Das klang, als würde jemand Hilfe brauchen.“

„Komm mit!“ David eilte gefolgt von Hunter aus der Wohnung, den Gang entlang und die Stufen nach oben. In der Ferne meinte Hunter, ein leises Knarren zu vernehmen.

Ihm war es, als hörte er sein Blut in seinen Ohren rauschen, als er in den Flur des sechsten Stocks sprang. Jede Faser in ihm war zum Zerreißen gespannt.

„Dahinten ist es“, rief David und rannte auf eine Tür zu.

Hunter folgte ihm dicht auf den Fersen. Der Ermittler in ihm war längst hellwach. „Wer wohnt hier?“, flüsterte er, als sie die Tür, die nur angelehnt war, erreicht hatten.

„Barrett McGee“, raunte David und klopfte. „Barrett“, rief er hinein. „Ist alles okay bei dir?“

Es kam keine Antwort.

Vorsichtig öffnete David die Tür ein Stück weiter. Aus einem der Zimmer fiel Licht in den Flur, doch es herrschte Stille.

„Hallo?“, rief er erneut.

Hunter lauschte. Weder bekam David eine Antwort noch deutete ein Geräusch darauf hin, dass jemand anwesend war. Sein Blick streifte einen umgekippten Kleiderständer im Flur, die Jacken, die daran gehangen hatten, lagen verstreut auf dem Boden rund um ihn. „Hier stimmt etwas nicht.“

Hunters Körper straffte sich. Langsam betrat er die Wohnung und öffnete behutsam die erste Tür. Das Badezimmer. Er schlich durch den Flur bis zum nächsten Raum. David folgte ihm. Die Tür stand offen, Licht schimmerte heraus. Hunter blieb daneben stehen und drückte sich an die Wand. Vorsichtig schob er seinen Kopf in die Öffnung, bereit, einem möglichen Angriff auszuweichen, und spähte hinein. Eiseskälte durchfuhr ihn.

Auf dem Bett lag ein Körper. Hände und Füße waren mit Stricken an die Bettpfosten gebunden. Der Kopf steckte in einer blaugrauen Plastiktüte, die am Hals mit Panzertape zugeschnürt worden war.

„Barrett?“, wisperte David ungläubig, der sich zwischen Tür und ihm ins Schlafzimmer gequetscht hatte. Wie festgewurzelt starrte er neben Hunter auf den Körper. „Ist … ist er tot?“

Hunter zog ein paar Gummihandschuhe aus seiner Jackentasche. Godric hatte es einmal als Tick bezeichnet, dass er zu jeder Gelegenheit Handschuhe dieser Art mit sich herumtrug. Aber er war eben Polizist und rechnete jederzeit damit, an einen Tatort gerufen zu werden. „Allzeit bereit“, murmelte er einem imaginären Godric zu und ging zum Bett. Er legte seine Finger an den Hals des Mannes, um dessen Puls zu ertasten. Doch die Haut fühlte sich kalt und steif an.

Hunter sah zu David und schüttelte verhalten den Kopf. „Ich verständige die Spurensicherung.“

Sein Blick fiel zurück auf die Leiche, während er sein Handy aus der Tasche zog und die Kurzwahltaste anklickte. Ein pinkfarbenes Stückchen Plastik blitzte unter dem Panzertape hervor. Es schien sich um das Zugband des Müllsacks zu handeln. Dezenter Veilchenduft drang in seine Nase. Er sah erneut zu seinem Partner, der noch immer vor dem Bett stand und fassungslos auf den Toten starrte.

Hunter ließ sein Handy wieder in seine Tasche gleiten, nachdem er den Anruf getätigt hatte. „Geh“, wies er David an.

„Warum?“ Er sah ihn fragend an.

„Du wohnst hier und könntest als befangen gelten. Geh in deine Wohnung und warte dort auf mich.“

David nickte stumm. Mit einem letzten Blick auf die Leiche verließ er das Zimmer.

Gegenüber dem Schlafzimmer schien sich die Küche zu befinden. Die Wohnung war vom Schnitt her genau wie Davids. Hunter durchquerte den Flur und öffnete die Tür. Er schaltete das Licht an. Die geräumige Küche wirkte wie ein Ausstellungsstück eines Möbelhauses. Entweder war Barrett erst kürzlich eingezogen oder kein besonders leidenschaftlicher Koch. Lediglich ein leerer Pizzakarton stand auf der Ablage der Spüle. Auch in diesem Raum duftete es nach Veilchen.

Hunters Blick fiel auf einen Kalender, der neben dem Kühlschrank hing. Einer dieser Familienplaner, in den mehrere Familienmitglieder ihre Termine eintragen konnten. Doch Barrett hatte anstatt der Namen die Spalten mit Haushalt, Freizeit und Arbeit beschriftet. Er checkte die Vermerke. Für den heutigen Tag hatte er Sweety in der Privatspalte eingetragen.

Hunter blätterte durch den Kalender. Der Name tauchte in fast jedem der vergangenen Monate auf. Nicht häufig, aber kontinuierlich. Er zückte sein Handy und fotografierte die Seiten ab, dann löschte er das Licht und ging zurück in den Flur.

Sein Blick fiel ins Wohnzimmer. Genau wie bei David war auch Barretts Wohnzimmer ausladend. Anders als bei seinem Partner gehörte hier allerdings ein kleiner Balkon dazu. Vor dem Kamin stand eine wuchtige Polsterecke. An der Wand schräg gegenüber hing ein übergroßer Flatscreen. Darunter befand sich auf einem Lowboard aus Wurzelholz der Receiver einer Surroundanlage.

Hunter ging zu den Boxen, die neben dem Fernseher und der verklinkerten Wand angebracht waren. Nicht schlecht, dachte er, als er das Logo eines Luxusherstellers auf den Lautsprechern entdeckte. Er ließ seinen Blick durch das loftartige Wohnzimmer schweifen und blieb am Wohnzimmertisch hängen. Auch dieser war aus Wurzelholz gefertigt. Neben dem Tischchen ging er in die Knie. Ein paar Krümel lagen auf der Platte, daneben befand sich der eingetrocknete Rand eines Glases. Rotbraun hob sich der Kreis vom Holz ab. Barrett hatte zu seiner Pizza also ein Glas Rotwein getrunken.

Hunter stand auf und ging zurück in die Küche. Er öffnete den Geschirrspüler und zog die Schublade heraus. Ein Messer, eine Gabel und ein Pizzateller, kein Glas. Er checkte den Kühlschrank. Gähnende Leere schlug ihm entgegen. Lediglich zwei Flaschen Champagner, ein Tetrapack fettarme Milch und ein Döschen Kaviar befanden sich darin. Er inspizierte einen Schrank nach dem anderen. Sein Eindruck verstärkte sich, je weniger er darin entdeckte: Barrett war alles andere als ein Hausmann gewesen.

Endlich fand er den Schrank mit den Gläsern. Fünf Rotweinkelche – einer schien zu fehlen, wie ihm die Lücke der in Reih und Glied stehenden Gläser verriet. Der Mülleimer. Hunter zog die Schublade unter der Spüle heraus. Treffer. Ein paar zerknüllte Küchentücher lagen darin. Er nahm ein Messer aus dem Messerblock und schob sie auseinander.

„Wen haben wir denn da?“ Zwischen ihnen lag ein Flaschenkorken, aber keine Spur von einer Flasche.

Es klingelte. Hunter zuckte zusammen und sah auf die Uhr, die über der Tür hing. Die Jungs von der Spurensicherung schoss ihm in den Kopf. Er lief zur Tür und öffnete.

„Wieso müssen alle deine Leichen immer in den oberen Stockwerken von Häusern ohne Lift liegen?“, keuchte Lee, der sich mit einer Hand am Türrahmen abstützte.

„Was denn, Dolittle? Keine Kondition? Ich dachte, ihr Mediziner seid schon aus beruflichen Gründen topfit.“

„Nenn mich nicht Dolittle, Sherlock. Wenn ich wieder atmen kann, setzt es sonst was.“ Lee blies Luft aus seinen Lungen. „Und was bitte hat der Beruf des Mediziners mit Kondition zu tun?“

„Du solltest ein bisschen mehr Sport treiben, dann hättest du auch mehr davon, außerdem ist es gesünder.“

Lee hatte sich allem Anschein nach wieder ein wenig gefangen. Er stemmte seine Hand in die Hüfte. „Soll ich dir was sagen – ob du nun Sport treibst oder nicht, am Ende bist du tot. Ich weiß das.“

Hinter ihm kamen Little und Bigfoot von der Spurensicherung die Treppe nach oben. Hunter kannte die beiden aus etlichen Einsätzen. Sie waren wie ein altes Ehepaar, aber eines, dass sich wunderbar ergänzte, und hatten von den Kollegen, aufgrund ihrer doch sehr unterschiedlichen Körpergröße, diese Spitznamen erhalten. Hunter wusste nicht einmal mehr, wie sie wirklich hießen.

Als sie in den Flur kamen, folgte ihnen der Mann, den Hunter beim Betreten des Hauses im Foyer getroffen hatte.

„Was ist denn hier los?“, fragte er verunsichert, seinen Blick auf die offen stehende Tür gerichtet.

„Sie sind?“, hakte Hunter nach und blickte prüfend auf den Mann.

„Buck Manning, der Hausmeister.“ Buck sah Hunter fragend an.

„Hallo Mr Manning. Es gibt hier einen ungeklärten Todesfall. Darf ich mich vorstellen: Ich bin Detective Inspector Hunter B. Holmes.“ Er zog seinen Dienstausweis aus seiner Tasche und hielt diesen dem Hausmeister vor die Nase.

„Ungeklärter Todesfall?“, stammelte der. „Aber hier wohnt nur Barrett. Ist Barrett etwa …“

„Mr Manning, ich kann darüber noch nichts sagen. Würden Sie mich jetzt entschuldigen?“

„Ist jemand umgebracht worden?“ Eine ältere Frau lugte aus der Tür der Nachbarwohnung.

„Barrett“, antwortete Buck vor sich hin stierend.

„O mein Gott. Ich wusste es“, rief sie. Tränen schossen ihr in die Augen.

„Und wer sind Sie?“, erkundigte sich Hunter, den Blick auf die alte Dame gerichtet.

„Ida Nichols. Seine Nachbarin“, schluchzte sie. Sie zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und schnäuzte sich geräuschvoll. „Darf ich ihn noch einmal sehen?“ Schon schickte sich Ida an, in Barretts Wohnung zu kommen.

Doch Hunter stellte sich ihr in den Weg und stoppte sie. „Meine Herrschaften. Bitte behindern Sie nicht die polizeilichen Ermittlungen. Gehen Sie zurück in Ihre Wohnungen. Ich werde mich bei Ihnen melden, sollte es Fragen geben“, wies er die Umstehenden an.

„Ja, natürlich. Entschuldigen Sie“, wisperte Buck und senkte den Kopf. „Wenn etwas ist, ich bin unten. Erste Tür links, neben dem Eingang.“ Er drehte sich um und schlurfte zur Treppe. Dort blieb er stehen und sah flatterig noch einmal zu Hunter. Einen Augenblick verharrte er, dann ging er. Auch Ida schlich verhalten zurück zu ihrer Tür, versuchte jedoch, noch einen Blick in Barretts Wohnung zu erhaschen.

Hunter schüttelte den Kopf, dann schloss er die Tür hinter sich und zog seinen Notizblock aus der Tasche. Nachdem er sich die beiden Namen notiert hatte, wandte er sich den Kollegen der Spurensicherung zu. „Wenn ihr hier fertig seid, sichert bitte auch den Müll unten in der Tonne vor dem Haus.“

„Suchen wir etwas Bestimmtes?“, fragte Little und rückte seine Nickelbrille zurecht.

„Zumindest eine Flasche Wein.“

„Wir kümmern uns darum.“

Hunter ging zurück ins Schlafzimmer, wo Lee bereits damit beschäftigt war, die Leiche in Augenschein zu nehmen. Er hatte das Panzertape gelöst und es genau wie die Mülltüte in jeweils einem Beutel verstaut.

„Wer ist das?“, fragte Lee, den Blick noch auf den Toten gerichtet.

„Wir glauben Barrett McGee, der Wohnungsinhaber.“ Hunter beugte sich ebenfalls über die Leiche.

„Ihr glaubt?“

„Ich glaube. Er war schwer zu erkennen, weißt du. Er hatte eine Tüte über dem Kopf.“

„Was du nicht sagst. War es vielleicht diese hier?“ Lee verzog angenervt das Gesicht und deutete auf den Beutel, in die er die Mülltüte gesteckt hatte. „Gibt es kein Foto, einen Ausweis oder einen Führerschein?“

„Doch“, hörte Hunter hinter sich und drehte sich um. Bigfoot kam ins Zimmer und hielt Hunter das Dokument hin. „Hier ist sein Ausweis.“

Er nahm ihn entgegen und betrachtete das Foto. „Eindeutig. Vor uns liegt Barrett McGee. Kannst du schon etwas zum Todeszeitpunkt sagen?“, wandte er sich wieder an Lee.

„Hmm.“ Lee richtete sich auf und rieb sich das Kinn. „Ich würde schätzen, dass er schon eine Weile hier liegt. Zwanzig, vielleicht auch schon vierundzwanzig Stunden.“

„Sonst noch was?“, fragte Hunter.

„Er hat eine Einstichstelle in der linken Armbeuge. Ich lasse ihn in die Rechtsmedizin bringen. Sobald ich etwas weiß, gebe ich dir Bescheid.“

Lee packte seinen Koffer und verabschiedete sich bei ihm.

„Ich höre mich mal im Haus um.“ Ihm kam der Schrei der Frau wieder in den Sinn. Jemand musste ihn ebenfalls gehört haben, vielleicht sogar die Frau, die ihn ausgestoßen hat, gesehen haben. Er wandte sich Little zu. „Wenn etwas ist, dann meldet ihr euch bei mir, ja?“ Dann verließ er die Wohnung.

 

Kapitel 3 – Der tote Banker

Hunter machte sich zurück auf den Weg zu Davids Wohnung, doch noch bevor er diese erreichte, bemerkte er, dass die Tür zur Nachbarwohnung einen Spaltbreit offen stand. Als er genauer hinsah, erkannte er eine Gestalt, die ihm wortlos aus dem düsteren Inneren entgegenblickte. Es war der Mann, dem er bereits vorhin auf der Treppe begegnet war. Hunter stachen die roten Socken ins Auge, die im Halbdunkel nahezu leuchteten. Im nächsten Moment schlug der Mann die Tür wieder zu. Hunter starrte noch eine Weile auf den Türspion, weil er sich sicher war, dass er darüber beobachtet wurde, ging dann aber weiter und klingelte bei David.

„Da bist du ja schon wieder. Ich hätte erst später mit dir gerechnet.“ David deutete ihn hereinzukommen und ging zurück ins Wohnzimmer.

„Was ist das für ein sonderlicher Kauz, der neben dir wohnt?“ Hunter fiel erst jetzt das große Bücherregal auf, das er bei seinem vorherigen Besuch nicht wahrgenommen hatte. Er ging zwei Schritte darauf zu, doch er erkannte schon von weitem die Bücher, die sich darin befanden. Genau wie Godric verschlang David die Geschichten von Inspector Flatterly und wie er feststellte, auch Taschenbücher von Donald Duck. Er schmunzelte in sich hinein, sein Partner schien eine besondere Vorliebe für Trivialliteratur zu hegen.

David ließ sich auf die Couch fallen. „Das ist der alte Björn. Björn Anderson.“ Ein Lächeln schob sich auf seine Lippen. „Sonderlicher Kauz trifft es ziemlich genau. Er wohnt wohl schon ewig hier im Haus. Ein Schwede. Als ich hier eingezogen bin, habe ich bei ihm geklingelt, um mich vorzustellen. Du weißt schon – neuer Nachbar und so. Er hat mir nur ein Hallo zugeknurrt und die Tür sofort wieder geschlossen.“

Hunter lachte auf. „Und ich dachte schon, es läge an mir.“

„Nein, er ist zu jedem so.“ David schaute überlegend zum Kamin. „Eigentlich ist das Einzige, was ich über ihn weiß, dass er ein Faible für rote Socken hat.“ Er grinste unweigerlich. „Du solltest mal in den Waschraum, wenn er Socken wäscht. Ein Meer von Rot. Und er muss ziemlich vermögend sein. Ihm gehört die Wohnung, in der er lebt, und die Wohnungen hier im Haus sind alles andere als günstig zu haben.“

Hunter nahm auf dem Sessel Platz. „Ich dachte, hier im Haus gibt es nur Eigentumswohnungen?“

„Das ist auch so, aber nur etwa die Hälfte der Eigentümer wohnt auch hier – die anderen sind vermietet.“

Hunter nickte verstehend. „Der Tote ist übrigens tatsächlich Barrett McGee. Wir haben ihn anhand seines Ausweises identifiziert.“

„Das habe ich mir schon gedacht. Die Chance, dass ein anderer Mann in der Wohnung auf seinem Bett liegt, war relativ gering.“ Er gluckste leise auf und schüttelte den Kopf kaum merklich.

„Wie meinst du das? Kanntest du ihn näher?“

David zog seine Beine an und setzte sich in den Schneidersitz. „Nein, nicht sonderlich gut, auch wenn ich an seinem Leben manchmal mehr teilhatte, als ich es mir gewünscht hätte.“ David schaute an eine Stelle an der Wand neben der Tür. Hunter folgte seinem Blick und entdeckte einen Lüftungsschacht. „Verstehe. Das Haus ist also hellhörig.“

„Wie du vorhin mitbekommen haben solltest.“ Er lehnte sich gegen das Polster. „Die Wohnungen, die übereinander liegen, sind jeweils über Lüftungsschächte miteinander verbunden, was normalerweise kein Problem ist. Sie sind schallisoliert. Man bekommt nur lautere Geräusche mit.“

„Wie den Schrei einer Frau …“

„Ja, genau. Wenn sie schreien … oder stöhnen.“ David verdrehte die Augen. „Ich ziehe sie eben an, die sexsüchtigen Nachbarn. Ich hatte dir doch mal von meinem Zimmernachbarn an der Uni erzählt …“

Hunter nickte. „Du meinst den – wie nanntest du ihn – groben Raufbold.“

„Genau den! Barrett war phasenweise schlimmer.“

„Phasenweise?“

„Nun ja. Ich bekomme ja nur das mit, was im Wohnzimmer passiert. Und seine letzte Flamme mochte es wohl im Wohnzimmer auf dem Teppich vorm Kamin.“ David schüttelte sich angewidert.

„Könnte es die gleiche Frau gewesen sein, die vorhin geschrien hat?“

David strich sich mit der Hand über sein Knie und fixierte sie dabei. „Könnte gut sein. Lustvolles Quieken und Schreien klingen nicht besonders ähnlich.“

„Zumindest muss es eine Frau gewesen sein, die einen Schlüssel zu Barretts Wohnung hatte.“ Hunter lehnte sich zurück, überschlug die Beine und rieb sich das Kinn. „Aber warum ist sie nicht am Tatort geblieben?“

„Wie kommst du darauf, dass sie einen Schlüssel hatte?“

„Keine Einbruchspuren an der Tür und da Barrett ungefähr vierundzwanzig Stunden tot ist, kann er ihr nicht die Tür geöffnet haben. Weißt du, ob er eine feste Beziehung hatte oder eine Dame, mit der er sich regelmäßig getroffen hat?

---ENDE DER LESEPROBE---