Hunting the Beast 3: Finsterherzen - Cosima Lang - E-Book

Hunting the Beast 3: Finsterherzen E-Book

Cosima Lang

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Beschreibung

**Freund oder Feind – weißt du, wer vor dir steht?** Seit Dot mit dem sexy-nerdigen Werwolf Ben zusammen ist, hat sie der Jagd auf Nachtwesen und ihren persönlichen Rachegelüsten abgeschworen. Doch es gibt eine Sache, die ihr einfach keine Ruhe lässt. Sie muss herausfinden, was damals im Wald mit ihrer Schwester geschah – und vor allem, warum. Denn Dot will nicht nur mit Ben glücklich werden, sondern auch um jeden Preis ihrer geliebten Alice die Lebensfreude zurückbringen. Verzweifelt, aber auch wild entschlossen ist sie erneut bereit, ungewöhnliche Allianzen einzugehen. Rasante Märchenadaption für Urban-Fantasy-Fans Statt »Rotkäppchen und der böse Wolf« heißt es jetzt »Dot und der sexy Werwolf« – Cosima Lang nimmt ihre Leserinnen mit in eine düster-romantische Welt, die bevölkert ist von Werwölfen, Hexen und anderen magischen Kreaturen. Eine gefühlvolle Fantasy-Liebesgeschichte in drei Bänden, die alle Herzen höherschlagen lässt. Leserstimmen »SEHR lesenswert!!!« »Herzergreifend, voller Tempo und Intensität« »großartige Story – Bestsellerniveau« (Leserstimmen zur Reihe »Hunting the Beast« auf Amazon) //Dies ist der dritte Band der märchenhaften Urban-Fantasy-Reihe. Alle Bände der Reihe: -- Hunting the Beast 1: Nachtgefährten -- Hunting the Beast 2: Dunkelwesen -- Hunting the Beast 3: Finsterherzen -- Sammelband zur Fantasy-Reihe »Hunting the Beast« (erscheint im Februar 2020)// Diese Reihe ist abgeschlossen.

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Cosima Lang

Hunting the Beast 3: Finsterherzen

**Freund oder Feind – weißt du, wer vor dir steht?**Seit Dot mit dem sexy-nerdigen Werwolf Ben zusammen ist, hat sie der Jagd auf Nachtwesen und ihren persönlichen Rachegelüsten abgeschworen. Doch es gibt eine Sache, die ihr einfach keine Ruhe lässt. Sie muss herausfinden, was damals im Wald mit ihrer Schwester geschah – und vor allem, warum. Denn Dot will nicht nur mit Ben glücklich werden, sondern auch um jeden Preis ihrer geliebten Alice die Lebensfreude zurückbringen. Verzweifelt, aber auch wild entschlossen ist sie erneut bereit, ungewöhnliche Allianzen einzugehen.

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Vita

Danksagung

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© HelmutKirch

Cosima Lang entdeckte früh ihre Leidenschaft für Bücher, insbesondere für Fantasy- und Liebesromane. Nach ihrem Abitur begann sie selbst zu schreiben. Fremde Welten und Magie bieten ihr die Möglichkeit, aufregende Abenteuer und Mysterien zu erleben und starke Heldinnen und Helden zu erschaffen. Cosima Lang studiert Germanistik und Anglistik in Düsseldorf.

Für Saskia, meine Namensschwester, die mich auf dem ganzen Weg begleitet hat

Kapitel 1

Dot

Sie hatte ihr Ziel genau im Blick. Der große Wolf umrundete Dot, seine langen Zähne blitzten ihr aus dem geöffneten Maul entgegen. Ihr Herz raste. Fest umklammerte sie ihren langen Dolch und wartete auf den nächsten Angriff.

Ihr Gegner ging leicht in die Knie und setzte zum Sprung an. Angespannt wartete sie ab. Als der Wolf sich auf sie stürzte, drehte sie sich nach links und wich ihm aus. Dabei rutschte ihr Bein durch die viel zu hektische Bewegung weg und sie krachte auf den Boden.

Ihre Deckung war verloren. Ihre Kehle lag frei.

Mit einem triumphierenden Knurren ragte der Wolf über ihr auf. Sein heißer Atem verursachte ihr eine Gänsehaut. Seine kalte Schnauze strich behutsam über ihren Hals.

Entsetztes Raunen erfüllte den Raum. Dot musste ein Kichern unterdrücken. »Mann, Ben. Das kitzelt.« Sie schob seine Schnauze von ihrem Hals.

Er zwinkerte ihr gut gelaunt zu und verschwand hinter einem Vorhang am Ende des Raumes. Mit einer einzigen eleganten Bewegung sprang Dot wieder auf die Beine. Die Wunde an ihrem Rücken war längst verheilt, aber sie rechnete immer noch mit dem Schmerz.

»So, und was haben wir jetzt gelernt?«, fragte sie die Gruppe von Frischlingen, die sie verschreckt anstarrten. Die Arme vor der Brust verschränkt, schaute sie jedem einzelnen von ihnen in die Augen. »Hat keiner von euch eine Ahnung?«

Genervt schnaubte sie. Die Frischlinge wurden mit jedem Jahr unnützer.

Ben tauchte nur mit einer Trainingshose bekleidet wieder auf. »Unterlasst hektische Bewegungen. Dadurch könntet ihr das Gleichgewicht oder eure Deckung verlieren. Ihr macht euch angreifbar. Bleibt immer ruhig.«

»Das sollten die doch herausfinden«, erinnerte Dot ihn. »Sei nicht immer so nett zu den Frischlingen.«

Ben schnaubte. »Werwölfe gehen auf eure Schwachstellen, Hals und Kopf. Sehr gerne auch auf die Achillessehne. Wenn sie euch da erwischen, seid ihr bewegungsunfähig. Eine leichte Beute.«

Einige der neuen Rotkäppchen schluckten schwer. Tiefe Furcht lag in ihren Augen. Wie ein Haufen verschreckter Kaninchen hockten sie nebeneinander und warteten, wie es weitergehen würde.

Ein junger Mann mit gebleichten Haaren hob unsicher die Hand. Dot hatte sich seinen Namen noch nicht gemerkt, allerdings wusste sie, dass er eine abgeschlossene Ausbildung zum Polizisten hatte. Anscheinend hatte ihm der normale Dienst nicht gereicht, wenn er sich der Gilde anschließen wollte.

»Was machen wir, wenn uns einer von ihnen so nahe kommt?«

»Nun.« Dot drehte das Messer zwischen den Fingern. »Geht selbst auf die Schwachstellen. Werwölfe haben ein dickes Fell, aber ihr Hals und ihre Schnauze sind anfällig. Und natürlich die Augen.«

»Am wichtigsten ist, dass ihr nicht zögert, aber bei Bewegungen koordiniert und geplant vorgeht. Verliert ihr den Kopf, verliert ihr euer Leben«, fasste Ben einen der wichtigsten Punkte zusammen.

»Gut. Für heute sind wir fertig. Allerdings würde es keinem von euch schaden, noch etwas zu trainieren.« Ungeduldig verscheuchte Dot die Frischlinge mit der Hand.

»Spielen wir hier eigentlich so etwas wie guter Cop, böser Cop?«, fragte Ben sie grinsend.

»Was meinst du?«

»Du bist ganz schön fies zu den neuen Rekruten. Womit haben sie das verdient?« Behutsam nahm Ben ihr das Messer aus der Hand und warf es auf den Boden. »Was ist los, Dot?«

Seufzend schmiegte sie sich in seine Umarmung. »Ich bin rastlos. Und sauer, weil ich nichts tun kann.«

Wie um sie an ihre Untätigkeit zu erinnern, schmerzte die Narbe an ihrem Rücken.

»Doktor Silvester hat doch gesagt, dass deine Wunde inzwischen völlig verheilt ist. Du wirst schon sehen, bald kannst du wieder in den Einsatz.« Er drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel.

Er hatte natürlich recht. Dots Unruhe und generelle Schonungslosigkeit gegenüber den Frischlingen waren auf ihren eigenen Unmut zurückzuführen.

Die große Trainingshalle des Hauptquartiers war gut gefüllt. Neben den Frischlingen trainierten auch einige der älteren Rotkäppchen. Sehnsüchtig blickte Dot in ihre Richtung. Schon viel zu lange hatte sie sich keinen richtigen Trainingskampf mehr geliefert.

»Hör auf, dich selbst zu quälen.« Spielerisch zwickte Ben sie in die Seite. »Du erinnerst dich doch sicher noch daran, was beim letzten Mal passiert ist, als du nicht auf den Arzt gehört hast.«

Wütend funkelte sie ihn an. Wieso musste er immer wieder diesen sehr guten Punkt anbringen? Dot saß nur deshalb auf der Ersatzbank, weil sie dumm gewesen war.

Wenn ein Arzt einem sagte, man solle sich vier Wochen nicht belasten, sollte man auf ihn hören. Die Stelle auf der Matte war sogar immer noch leicht rot. Das Blut der wieder aufgeplatzten Wunden konnte man nicht ganz rauswaschen.

»Ich muss jetzt gleich los«, murmelte Ben hinter ihr. Er hatte sein Handy in der Hand. »Scheiß Arbeit.«

»Du kannst mich ruhig auch mal alleine lassen«, erinnerte sie ihn. »Ich mache schon nichts Dummes.«

Er warf ihr einen vielsagenden Blick zu. »Sehen wir uns heute Abend?«

»Klar.« Sie grinste ihn an. »Ich komm dann zu dir.«

»Lass den Kopf nicht hängen.« Er legte ihr von hinten den Arm um die Taille und schmiegte sich an ihren Rücken. »Du hältst die Wartezeit durch!«

»Wenigstens ist einer von uns beiden optimistisch«, seufzte sie.

Sie konnte spüren, wie er tief durchatmete. Ihre pessimistische Ader, die in letzter Zeit stark hervortrat, frustrierte Ben. Schuldbewusst biss sie sich auf die Lippe. Sie wollte nicht so düster und biestig sein, aber irgendwie schaffte sie es nicht, sich anders zu verhalten.

Dot räumte ihre Waffen weg und verließ einige Minuten nach Ben die Trainingshalle. Die meisten der Frischlinge blieben noch da und trainierten weiter.

Wenigstens gaben sie sich Mühe.

In ihrem kleinen Zimmer angekommen, schlüpfte Dot aus den verschwitzten Trainingsklamotten und stieg unter die Dusche. Das heiße Wasser rann ihren Körper hinab und beruhigte sie etwas. Als sie aus der Dusche stieg, fiel ihr Blick auf die hässliche Narbe an ihrem Rücken. Laut Doktor Silvester hätte sie beinahe unsichtbar sein sollen, wenn Dot sie nicht wieder aufgerissen hätte. Sie schämte sich nicht für diese Narbe. Es war nicht ihre erste und würde auch sicher nicht die letzte bleiben. Aber sie war eine ständige Erinnerung daran, was vor drei Monaten vorgefallen war.

Mit einem Kloß im Hals wandte sie den Blick vom Spiegel ab und zog sich wieder an. Verstreut in ihrem Zimmer lag Kleidung von Ben. Irgendwie hatte er es nicht so mit dem Aufräumen. Wie immer fragte Dot sich, was sie nun mit ihrem Tag anfangen sollte. Die Frischlinge waren versorgt. Ben war arbeiten. Genauso wie Anna. Jeder hatte eine Aufgabe. Nur sie saß immer noch herum.

Ihr Plan, sich ein Hobby zuzulegen, war bisher noch nicht sonderlich gut verlaufen. Irgendwie gab es nichts, was sie wirklich begeisterte. Gelesen hatte sie im Krankenhaus genug, das reizte sie nicht mehr. Serien waren nicht ihr Ding. Und auch ansonsten gab es nichts zu tun. Sie fühlte sich gefangen. In der Gilde, in ihrem Leben, in den Erinnerungen, die sie immer noch Nacht für Nacht heimsuchten.

Sie war ein gottverdammtes Wrack.

Und ihr einziger Lichtblick war Ben. Der trotz ihres Verhaltens immer noch an ihrer Seite war. Anna hatte recht, er war bis über beide Ohren in Dot verliebt.

Mit geschlossenen Augen lag sie auf ihrem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Konzentriert achtete sie auf ihre Atmung. Immer wieder ein und aus.

Ein leises Klopfen an der Tür riss sie aus ihrer Meditation. Genervt schwang Dot die Beine aus dem Bett und öffnete. »Was?«, pampte sie.

Louis, ein anderes Rotkäppchen, das vor ihrer Tür stand, ließ sich davon nicht beeindruckend. »Hey, Grumpy. Nicole will dich sprechen.«

Dot funkelte ihm wütend hinterher, als er den Flur entlang wegging. Was wollte die Älteste denn von ihr? Den winzigen Funken Hoffnung, der in ihrem Inneren entbrannte, löschte sie sofort wieder. Schon mehrmals hatte Nicole sie zu sich gerufen, doch nicht ein Mal hatte sie die erlösenden Worte gesprochen. Trotzdem riss sie sich zusammen und folgte der Anweisung. Welchen Sinn hatte es auch, herumzuzicken?

Nicole saß wie immer hinter ihrem Schreibtisch und war in die Arbeit vertieft. Ihre Haare waren zu einem strengen Dutt gebunden, der gut zu dem hochgeschlossenen Hosenanzug passte.

Direkt hinter der Ältesten hingen Bilder an der Wand. Eines von ihnen war neu. Das strenge Gesicht von Igor blickte auf jeden Besucher herab und erinnerte alle daran, dass er auch nach seinem Tod immer noch nicht ganz verschwunden war.

»Wie machen sich die neuen Rekruten?«, fragte Nicole, ohne aufzublicken.

»Wir hatten schon mal schlechtere.« Dot nahm Platz und blickte ihre Mentorin abwartend an.

»Du machst dich nicht schlecht als Ausbilderin. Dein Wissen kannst du gut weitergeben.« Sie legte den Stift zur Seite und blickte die junge Jägerin an.

Diese schnaubte nur. Dot wollte keine Ausbilderin sein. Sie wollte zurück in den aktiven Dienst.

»Wie geht es dir?« Die Älteste faltete die Hände auf dem Tisch.

Dots erster Impuls war es, bissig zu antworten. Jeden Tag wurde sie das gefragt und langsam reichte es ihr. Kurz presste sie die Lippen aufeinander und atmete tief durch. Mehrmals hatte sie diese Reaktion bereits mit Doktor Gluth besprochen.

»Ich fühle mich unnütz. Mir ist langweilig und ich bin frustriert«, gestand sie nach einigen Augenblicken. Die Wahrheit kam ihr nicht einfach über die Lippen, aber sie war doch ein wenig erlösend.

»Das merkt man.« Nicole lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Deine Unruhe lässt sich nur schwer verstecken. Du brauchst eine Aufgabe.«

Der winzige Hoffnungsschimmer in ihrem Inneren wurde wieder stärker. Kerzengerade saß sie da und wartete, wie es weitergehen würde.

»Die Gilde ist ein komplizierter Verein. Es geht hier viel um Politik und Geschick in Verhandlungen. Der Kampf ist ab und an zweitrangig«, begann die Älteste. »Die Veränderungen der letzten Monate sind noch nicht allen in Fleisch und Blut übergegangen. Es gibt immer noch viele Gegenstimmen. Gerade jetzt braucht es eine starke Führung.«

So ganz verstand Dot nicht, worauf Nicole hinauswollte. Verwirrt blickte sie die Älteste an.

»In den letzten Monaten hast du bewiesen, was in dir steckt. Du hast dein Misstrauen überwunden und arbeitest inzwischen freiwillig und sehr gut mit den Nachtwesen zusammen. Vor drei Monaten haben wir einen Ältesten verloren. Eine Lücke, die noch nicht wieder gefüllt wurde.«

Langsam begann Dot zu begreifen. Ihre Augen wurden immer größer.

»Ich denke, du würdest dich perfekt als Älteste eignen«, beendete Nicole ihre Ansprache.

Mit offenem Mund starrte Dot sie an. Einige Augenblicke lang konnte sie nicht antworten, ihr Hirn versuchte das eben Gesagte zu verarbeiten. »Was?«, brachte sie dann mit piepsiger Stimme hervor. »Bin ich dafür nicht viel zu jung?«

Etwas Besseres fiel ihr nicht ein.

»Nun, der Name Älteste ist mehr ein Titel, weniger eine Voraussetzung«, lachte Nicole. »Es geht darum, Wissen und Erfahrung zu besitzen. Und beides gut einsetzen zu können.«

Seit Jahren hatte Dot sich diesen Moment herbeigesehnt. Allerdings war sie sich sicher gewesen, dass sie dann deutlich älter sein würde. Ein aktives Mitglied der Gilde, das Jahrzehnte an Erfahrung mitbrachte. Nicht eine Ersatzspielerin mit Aggressionsproblemen und dauerhaft schlechter Laune.

Sie wollte so sehr Älteste sein. Ein wichtiger Teil der Gilde, eine Machtposition, mit der sie etwas verändern konnte. Und so sehr sie auch zustimmen wollte, sie konnte es nicht.

»Das ist eine unglaubliche Ehre, aber nein.« Dot merkte nicht einmal, wie die Worte über ihre Lippen kamen.

Überrascht starrte Nicole sie einen Moment schweigend an. »Wieso?«

»Ich habe diese Position noch nicht verdient. Wenn ich sie jetzt annehme, werde ich immer das Gefühl haben, du hast sie mir gegeben, weil ich gerade keine andere Aufgabe habe. Nicht, weil ich allen bewiesen habe, wie gut ich bin.« Dot ballte die Hände zu Fäusten. »Mir wäre es lieber, in den aktiven Dienst zurückzukehren und mich weiterhin zu beweisen.«

»Dir ist bewusst, dass sich diese Chance nicht so oft bieten wird?«, hakte Nicole nach. Die Ältestenpositionen waren begrenzt, ein Ältester musste sie auf die eine oder andere Weise freigeben.

»Ja, das ist mir durchaus bewusst. Es könnte noch Jahrzehnte dauern, bis wir wieder hier sitzen, und bis dahin könnte sich einiges verändert haben. Aber gerade ist nicht der richtige Zeitpunkt.«

Nachdenklich nickte Nicole. »Nun gut. Es wäre schön, dich bei den Ältesten begrüßen zu dürfen, aber ich verstehe deinen Zweifel. Es spricht für dich, so weise zu entscheiden.«

»Darf ich also wieder in den aktiven Einsatz?«, fragte Dot hoffnungsvoll.

»Laut deinem Arzt bist du völlig gesund und beim Training zeigst du keinerlei Schwächen. Nichts spricht dagegen, dass du wieder aktiv wirst.«

Doch etwas in Nicoles Stimme war nicht ganz überzeugt.

»Aber?«

»Die Spur ist seit drei Monaten kalt, Dot. Es gibt keinerlei neue Informationen oder Hinweise. Trotz der Zeugen wurde die Akte geschlossen. Ich möchte nicht, dass du dich wieder kopfüber in dieses Kaninchenloch stürzt.«

Mehrmals musste Dot schwer schlucken. Mit diesen Worten hatte sie bereits gerechnet. »Ich kann das doch nicht einfach ruhen lassen. Wir haben die Drahtzieher noch nicht gefunden. Und die Kinder.«

Bei dem Gedanken an die Kinder, die die von den Werwölfen entführten Mädchen zur Welt gebracht hatten, zog sich Dots Magen zusammen. Diese Information hatten sie erhalten, nachdem sie Alice und die anderen jungen Frauen aus dem verlassenen Bauernhof befreit hatten. Doch leider fehlte immer noch jede Spur von den Entführern.

Die Älteste hob die Hand und stoppte Dots Redefluss. »Ich kenne deinen Standpunkt zur Genüge. Niemand sagt, dass wir den Fall nicht weiter verfolgen. Nur gibt es gerade keine neue Spur.«

»Gut, ich werde das tun, was du mir sagst, und mich da raushalten. Es gibt sicher genug andere Fälle zu beobachten.« Entspannt zuckte Dot mit den Schultern.

Skeptisch hob Nicole die Augenbrauen. Sie schien von den Worten der jungen Jägerin nicht sonderlich überzeugt.

»Schau mich nicht so an«, verlangte Dot. »Ich bin in den letzten Monaten durchaus weiser geworden und stecke meine Nase nicht in Dinge, die mich nichts angehen. Ich versuche mich von meinen selbstzerstörerischen Taten zu distanzieren.«

»Wenn du das meinst. Ich sorge dafür, dass man dir in den nächsten Tagen einen Fall zuteilt.«

»Danke.« Dot sprang auf. »Ich freue mich schon.«

Auf dem Weg nach draußen hielt sie die Hände weiter zu Fäusten geballt. Die Älteste sollte nicht sehen, wie sehr sie zitterte. Ihr Herzschlag rauschte in ihren Ohren.

Die Erlösung, die sie eigentlich fühlen sollte, wurde zum Teil von Nicoles klaren Worten gedämpft. Sie durfte nicht weiter an Alice’ Fall arbeiten.

Dot hatte wirklich vor, dies auch nicht zu tun, aber da war diese kleine Stimme weit hinten in ihrem Kopf, die immer wieder sagte:

Da ist ein Kind.

Alice’ Kind.

Kapitel 2

Ben

Dicke Wolken bedeckten den Nachthimmel, als er aus dem Büro ging. Es war eine kühle Novembernacht, die Bäume hatten bereits alle Blätter verloren und es regnete seit einigen Tagen. Auf dem Weg zum Wagen lockerte Ben seinen Nacken. Es war ein verdammt harter Tag gewesen und er vermisste seine Maschine. Leider fuhr er im Winter nicht.

Er widerstand dem Drang, sein Handy erneut zu checken. Dot hatte sich sicher nicht gemeldet. In letzter Zeit schickten sie sich kaum noch Nachrichten, da sie sich am Abend sahen. Seine Sorge um sie war inzwischen Teil seines Lebens.

Ganz egal, wie oft sie auch betonte, dass es ihr gut ging, er konnte ihr einfach nicht glauben. Sie hatte viel durchgemacht und er hatte das Gefühl, sie dabei nicht unterstützen zu können.

Schnell kaufte er noch etwas für das Abendessen ein. Dicke Regentropfen klatschten auf ihn nieder, als er zum Haus eilte. In seiner Wohnung herrschte das übliche Chaos – herumliegende Kleidung, dreckiges Geschirr in der Küche. Bei dem Gedanken an das Wäschewaschen und Geschirrspülen kniff Ben die Augen zusammen.

Allerdings war eine Sache anders. Zwischen seinen Shirts und Socken lagen auch einige von Dots Klamotten im Badezimmer. Ihre Lieblingskaffeetasse stand immer noch vom Morgen neben der Spüle.

Überall in seiner Wohnung konnte man Spuren ihrer Beziehung entdecken. Und jedes Mal schlug Bens Herz bei dieser Erkenntnis höher. Sie war an seiner Seite, als seine Gefährtin. Und sie kam mit ihren Problemen zu ihm. Er konnte diese vielleicht nicht lösen, aber er konnte sie dabei unterstützen.

Ben balancierte die Einkäufe und die Post, die er von unten mitgebracht hatte, in die Küche und legte alles auf der Arbeitsfläche ab. So sehr er sich auch drücken wollte, er konnte nicht kochen, ohne vorher aufzuräumen.

Kurz warf er einen Blick auf die Post, es war nichts Interessantes dabei. Außer einem großen Briefumschlag von Noah. Schnell riss Ben ihn auf und überflog, was darin stand. Zufrieden grinste er. Auf seinen Bruder war doch immer Verlass. Er legte den Briefumschlag auf den Schrank im Flur.

Als er eine Stunde später Dots Schlüssel in der Tür hörte, war der Nudelauflauf im Ofen und die Wohnung sah nicht mehr aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.

»Alles gut bei dir?« Ben merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Dot ließ die Schultern hängen und hielt den Blick gesenkt.

»Ich bin wieder im aktiven Dienst«, ließ sie wenig enthusiastisch verlauten.

»Und das ist nicht gut?«, fragte er zögerlich.

Sie schälte sich aus ihrer Jacke und warf ihre Tasche auf den Boden. »Doch, das ist großartig. Das wollte ich ja.«

»Aber?« Sanft legte er seine Hände auf ihre Schultern und drehte sie zu sich um. »Was ist los?«

Sie schlang die Arme um seinen Oberkörper und schmiegte sich an ihn. »Nicole hat mir die Position als Älteste angeboten.«

»Wow.« Etwas Besseres fiel ihm in diesem Moment nicht ein.

»Du klingst nicht sonderlich begeistert«, murmelte sie gegen seine Brust gedrückt.

»So war das nicht gemeint. Also bist du jetzt Älteste?«, hakte er nach.

»Nein, ich habe die Position abgelehnt.« Dot seufzte schwer. »Es ist gerade nicht das Richtige für mich.«

Jetzt wusste er wirklich nicht, was er sagen sollte. Ben wusste, dass es Dots Traum war, Älteste zu sein. Diese Chance abzulehnen, schien so gar nicht zu ihr zu passen.

Minutenlang standen sie schweigend da, jeder hing seinen Gedanken nach. »Was hältst du von Abendessen und du erzählst mir alles?«, schlug Ben schließlich vor.

Aufmerksam hörte er sich die ganze Geschichte an, während sie zusammen an dem kleinen Tisch saßen.

»Und was hältst du von meiner Entscheidung?« Dot stocherte in den Resten ihrer Nudeln herum.

»Ich denke, du hast die richtige Entscheidung getroffen«, antwortete er nach einigem Zögern. »Ein Ältester hat viel mit einem Alpha gemein. Und in dieser Position zu landen, ohne es wirklich zu wollen und darauf vorbereitet zu sein, ist verdammt schwer. Noah kann dir ein Lied davon singen.«

»Wie ist er damit umgegangen?«

»Er hatte Regina und das ganze Rudel, das ihm vertraut hat.« Ben zuckte mit den Schultern.

Seufzend legte Dot die Gabel ab. »Ja, ich denke so läuft das bei uns nicht. Aber wenigstens kann ich bald wieder in den Einsatz.«

»Na siehst du! Das ist doch schon mal großartig.« Aufmunternd grinste er sie an.

»Und bei dir?«, wechselte sie das Thema. »Wie war es im Büro?«

»Langweilig wie immer.« Er stand auf und räumte die Teller in die Küche. »Im Büro passiert nie was.«

Ihr Blick folgte ihm. »Hast du es ihnen schon gesagt?«

Er stellte die Teller auf die Anrichte und seufzte. »Bisher noch nicht.«

»Du hast die App doch fertig! Bring sie endlich raus.«

»Das sagst du so einfach! Was, wenn sie floppt? Was, wenn niemand sie haben will?«

Sie blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er kannte diesen Blick inzwischen nur zu gut. Sie gab nichts auf seinen Bullshit.

»Was wollen wir beide heute noch machen?« Spielerisch zwinkerte er ihr zu. »Lust auf einen Film?«

»Irgendwann musst du mit mir über die App reden«, erinnerte sie ihn.

»Ja, aber nicht heute Abend. Also? Film?«

»Ich ziehe mir nur schnell was Bequemeres an.« Dot verschwand in Richtung Schlafzimmer.

»Kannst die Klamotten direkt auslassen«, rief er ihr grinsend hinterher.

Er liebte ihre ruhigen Abende zusammen. Ganz egal, wie schlimm der Tag auch gewesen war, sobald er Dot in den Armen hielt, war alles vergessen. Dann gab es nur noch sie beide.

»Was ist denn das?«, fragte sie neugierig, als sie aus dem Schlafzimmer wiederkam. In der Hand hielt sie den Briefumschlag von Noah.

Ertappt zuckte Ben zusammen. »Das solltest du eigentlich noch nicht sehen.«

Mit zusammengezogenen Augenbrauen blätterte sie durch die Wohnungsanzeigen. Noah hatte sich Mühe gegeben und direkt ein Dutzend geschickt. An den Seiten waren überall kleine Anmerkungen.

»Willst du umziehen?« Dot blickte ihn fragend an.

»So in etwa«, gestand er zögerlich.

»In die Nähe der Gilde?«

»Jap. Das wäre ziemlich praktisch. Also für dich.« Nervös wartete er ab, ob sie verstand, worauf er hinauswollte.

»Die Wohnung soll für uns sein.« Langsam senkte sie die Blätter. Mit großen Augen starrte sie ihn an. »Oh.«

»Na ja.« Panisch suchte er nach den richtigen Worten. »Du schläfst so oft hier. Deine ganzen Sachen sind hier. Und in der Gilde ist es immer etwas unangenehm. Du weißt schon. Die anderen sind auch die ganze Zeit da. Ich dachte, ein Ort für uns beide wäre nicht schlecht.«

»Ich habe noch nie alleine gewohnt«, murmelte sie.

»Du würdest ja nicht ganz alleine wohnen. Ich wäre auch noch da«, versuchte er zu scherzen.

»Aber wieso direkt eine neue Wohnung? Ich mag deine! Sie ist toll.«

»Ich mag sie auch sehr. Aber wenn wir beide zusammenziehen, soll es unsere Wohnung sein.« Er nahm ihr die Blätter aus der Hand und ihre Hände in seine. »Nicht meine, in die wir gemeinsam ziehen. Außerdem kann es hier auf die Dauer recht eng werden.«

»Und wir sind weit weg von der Gilde«, fügte sie hinzu.

»Das auch. Noah hat ein paar echt tolle Anzeigen rausgesucht. Sie sind etwas außerhalb der Stadt, also hast du es nicht so weit bis zur Arbeit. Es gibt genug Platz, damit wir beide uns ausbreiten können. Wenn du es denn möchtest.«

»Ja!«, rief sie laut aus und fiel ihm um den Hals.

»Echt?«

»Klar. Ich fände das großartig.« Tränen schimmerten in ihren Augen, als sie ihn stürmisch küsste.

Für diesen Abend war der Film vergessen. Stunden später lag Ben mit Dot im Arm im Bett. Ihre Brust hob und senkte sich gleichmäßig im Schlaf. Wie hypnotisiert schaute er ihr dabei zu. Manchmal war die Welt wirklich perfekt.

***

Dot

»Was grinst du denn so?«, fragte Anna misstrauisch und setzte sich neben Dot. »Gab es irgendeinen besonders interessanten Fall, von dem ich noch nichts weiß?«

»Ich freue mich nicht über das Leid anderer Leute«, gab Dot leicht bissig zurück.

»So war das nicht gemeint.« Anna legte ihren Kopf auf der Schulter ihrer Freundin ab. »Was gibt es denn so Tolles?«

»Ben hat mich gefragt, ob ich mit ihm zusammenziehen will.«

»Oh, der Arme! Wie hat er es aufgenommen?« Anna blickte sie mit großen Augen an.

»Was meinst du?«

»Oh.« Anna richtete sich wieder auf. »Du willst das machen?«

»Na klar! Was dachtest du denn?«

»Dass man in etwa achtzig Jahren deine Leiche hier rausfahren wird, weil du die Gilde niemals verlassen würdest«, kam es trocken von ihrer Freundin.

»Ich verlasse die Gilde ja nicht. Ich wohne nur einfach nicht mehr hier«, stellte Dot richtig. »Eine solche Veränderung ist das Richtige für mich.«

»Die Therapie bringt dir echt was.« Ungläubig schüttelte Anna den Kopf.

»Sag mal, willst du heute nur gemeine Sachen zu mir sagen?«, schnaubte die Jägerin. »Dann kannst du mich auch alleine lassen.«

»So war das nicht gemeint, Dotty! Ich freue mich total, dass du und Ben den nächsten Schritt macht. Das wird so super.« Anna drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Hast du es Nicole schon gesagt?«

»Eben.«

»Und? Wie hat sie reagiert?«

»Sehr Nicole-mäßig. Aber ich glaube, tief in sich drin hat sie sich ziemlich gefreut«, kicherte Dot. »Sie hat mir sogar einen Zuschuss für die Wohnung versprochen. Und alle Unterstützung, die ich brauche.«

»Tja, sie will dich wohl auch endlich loswerden.« Anna zuckte mit den Schultern. »Wann ist denn der große Tag?«

»Jetzt mach mal nicht so schnell. Wir haben es erst gestern beschlossen. Jetzt müssen wir die passende Wohnung finden.«

Vor Aufregung und Vorfreude zog sich Dots Magen zusammen.

»Ich stehe euch mit Rat und Tat zur Seite.« Auf einmal wurde Anna ernst. »Jetzt verlässt du auch das Nest. Vielleicht sollte ich es dir gleichtun.«

»Willst du die Gilde verlassen?«, fragte Dot geschockt.

»Natürlich nicht. Aber ich wohne schon seit fünf Jahren hier und merke immer mehr, wie ich den Kontakt zur Außenwelt verliere. Vielleicht brauche ich auch etwas frische Luft.«

»Kannst ja Bens Wohnung nehmen, die wird immerhin bald frei«, schlug Dot zwinkernd vor.

»Die ist schon ganz schick«, dachte Anna laut. »Wäre eine Überlegung wert.«

Dot senkte den Blick und schaute auf ihre Hände. Ihr Herz war schwer und schlug schmerzhaft in ihrer Brust. Angst und Aufregung ballten sich in ihrem Magen zusammen.

»Dir ist schon bewusst, dass du dich nicht mehr um sie kümmern musst?«, murmelte Anna neben ihr.

»Sie ist meine Schwester. Nur ich kann mich um sie kümmern.«

»Meiner Meinung nach hat Alice deine Zuneigung nicht mehr verdient. Und diese Person, die sie jetzt ist, ist nicht mehr deine Schwester.«

»Sehr einfühlsam, Anna«, knurrte Dot angefressen.

»Ich war lange einfühlsam und unterstützend. Wochenlang habe ich dich bei allem unterstützt, Dot. Weil ich dich liebe. Aber ich kann nicht länger dabei zusehen, wie du dich selbst bestrafst.«

Immer wieder hatten sie sich in den letzten Wochen gestritten. Das Thema war dabei immer Alice gewesen. Oder eher Ashley. Denn Dots Schwester bestand darauf, dass sie so hieß. Und Dot noch nie gesehen hatte.

Die Jägerin schluckte ihre Antwort herunter und starrte in den Garten. Sie wollte sich nicht länger streiten. Es schlauchte sie und machte sie traurig.

»Du wirst niemals aufgeben, oder?« Anna schüttelte den Kopf. »Manchmal hast du echt was von einem Pitbull, der sich festgebissen hast.«

»Willst du mich nicht verstehen? Sie ist meine Schwester.«

»Die auf dich eingestochen hat, ihre Entführer in Schutz nimmt und sich weigert, dich anzuerkennen. Meiner Meinung nach will sie keine Hilfe.«

»Weißt du was, Anna? Wenn du nur so herumzicken willst, kannst du mir gestohlen bleiben.«

Die Wut kochte in Dot hoch und übermannte sie. Kopfschüttelnd stürmte sie davon.

Kapitel 3

Dot

Die Worte ihrer Freundin schmerzten auch nach einigen Stunden immer noch. Dot wusste natürlich, dass Anna es nicht so gemeint hatte. Aber das machte es nicht weniger schmerzhaft.

Die kurze Fahrt zu ihrem Ziel hatte Dots Wut leider nicht beruhigt, stattdessen kamen Verzweiflung und Frust dazu. Der schmerzhafte Klumpen in ihrem Bauch pulsierte mit jedem Tag stärker. Was würde wohl passieren, wenn er eines Tages platzte?

Nachdem sie den Motor abgestellt hat, empfing sie die Stille des Waldes. Sie waren hier so weit draußen, dass es keine Geräusche von der Straße oder anderen Menschen gab.

Das kleine Containerdorf, das beinahe über Nacht entstanden war, lag ruhig da. Hier war niemals viel los. Außer den Ärzten, Krankenpflegern und Rotkäppchen wusste niemand, dass es diesen Ort gab.

Langsam schlenderte Dot auf die Container zu. Zwischen ihnen war ein Zaun gebaut, der den kleinen Garten in der Mitte umspannte. Dieser Ort war Gefängnis und Krankenhaus zugleich. Es war ein trostloser Platz, an dem die gefundenen Frauen nun leider lebten. Denn keine von ihnen war mehr in der Lage, wieder unter Menschen zu gehen.

Dot nickte der Schwester am Empfang zu und eilte weiter. Sie war diese Strecke in den letzten drei Monaten schon so oft gegangen, doch es wurde niemals leichter.

Wie von alleine kehrten ihre Gedanken zu dem Morgen im Krankenhaus zurück.

»Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist.« Mit verschränkten Armen stand Ben neben ihrem Bett. Sein Blick war düster und unzufrieden.

Schnaubend schüttelte Dot den Kopf. »Das hast du jetzt schon ein dutzend Mal gesagt.«

»Und du hast deine Meinung immer noch nicht geändert.«

Langsam richtete sie sich auf. Sie hatte auch zwei Tage nach der OP immer noch Schmerzen. Trotzdem schwang sie die Beine aus dem Bett und setzte sich auf die Kante.

»Dann lass mich dir wenigstens helfen«, bat Ben verzweifelt. Sein Blick bohrte sich in ihren.

Es fühlte sich schrecklich für sie an, so hilflos zu sein. Sie konnte sich kaum bewegen, nicht klar denken und ihre Trauer nahm sie ganz in Beschlag. Sie war ein Wrack. Mal wieder.

Ben kniete sich vor sie auf den Boden. »Ich weiß, dass du die Hilfe ablehnen willst, aber bitte tu das nicht, Dot. Lass mich deine Stütze sein.«

Langsam nickte sie. Kraftlos ließ die Jägerin sich in dem Rollstuhl durch die Station fahren. Die Zimmertür, vor der sie zum Stehen kamen, sah nicht anders aus als alle anderen im Flur. Doch irgendwie leuchtete sie für Dot grellrot.

»Warte bitte hier draußen auf mich«, bat sie Ben schwach. Trotz der Schmerzen stemmte sie sich aus dem Rollstuhl und ging die letzten Meter alleine.

Im Zimmer hinter der Tür brannte eine einzige Lampe, die nur wenig Licht spendete. Zwei Monitore piepsten leise im Hintergrund.

Alice lag auf dem Bett, ihre Handgelenke und Knöchel waren festgebunden. Aber sie wehrte sich nicht gegen die Fesseln, sondern lag ganz ruhig da.

Auf einmal war Dot wie erstarrt. Kein Wort verließ ihre Lippen, auch wenn da so viele waren, die rauswollten.

Alice blickte ihr mit leeren Augen entgegen. »Was willst du?«

Ihre Stimme klang so ganz anders als in Dots Erinnerung.

»Ich wollte mit dir sprechen«, murmelte sie.

»Ich habe dir nichts zu sagen. Immerhin kennen wir uns nicht.« Alice’ Blick durchbohrte sie beinahe.

»Alice, ich weiß, es ist viel Zeit vergangen, aber du …«

»Willst du es nicht verstehen? Ich kenne dich nicht und ich heiße nicht Alice.« Alle Ruhe war aus ihr gewichen. Auf einmal fing sie an gegen die Fesseln zu kämpfen. »Ich habe keine Ahnung, wieso ich hier bin! Und festgehalten werde! Wenn du mir helfen willst, dann mach mich los und lass mich gehen.«

Langsam wich Dot einen Schritt zurück. Mit einem solchen Ausbruch hatte sie nicht gerechnet. »Hör mal, ich weiß, dass gerade alles etwas verwirrend ist, aber du bist jetzt in Sicherheit. Alles wird wieder gut! Versprochen.«

»Ach ja? Werdet ihr mich und meine Schwestern wieder gehen lassen?«, brüllte Alice. »Wie werdet ihr die getöteten Männer wieder ins Leben holen? Ich weiß, was du bist. Du bist so ein schreckliches Rotkäppchen. Ihr tötet unschuldige Wölfe. Aber jetzt entführt ihr auch noch Frauen?«

»Ich wollte dich doch nur retten«, flüsterte Dot entsetzt. Mit dem Rücken knallte sie gegen die Tür, ihre Knie gaben unter ihr nach. »Ich wollte dich doch nur wiederhaben, Ali!«

»Ich heiße nicht Alice. Ich bin Ashley! Ashley!«, kreischte ihre Schwester und warf sich immer härter gegen die Fesseln.

Hinter Dot ging die Tür auf und sie stolperte rückwärts in Bens Arme. Schnell zog er sie nach hinten zurück, während Ärzte und Pfleger sich an ihnen vorbeidrängten. Alice schrie immer weiter, bis sie auf einmal ruhig war.

Die Tränen brachen aus Dot hervor. Schluchzer schüttelten ihren Körper. Ben drückte ihr Gesicht an seine Brust und flüsterte ihr beruhigende Worte ins Ohr.

Aber Dot konnte nicht aufhören zu weinen. Sie wusste nicht, was gerade passiert war. Aber es tat verdammt weh. Der Schmerz schien ihr Herz beinahe zu zerquetschen. Es brannte und brodelte in ihrem Inneren, aber sie hatte kein anderes Ventil als ihre Tränen.

Eine Tür knallte laut und Dot zuckte erschrocken zusammen. Schnell wischte sie sich die Tränen von den Wangen und ging weiter.

Die Vergangenheit war vergangen. Man konnte sie nicht mehr ändern.

Sie sparte es sich, an die Tür zu klopfen. Es würde sowieso niemand antworten. Seit jenem Morgen hatte Alice kein Wort mehr gesprochen. Mit niemandem.

Dasselbe Bild wie an jedem Tag erwartete sie. Alice saß auf dem Bett, die Knie angezogen, ihr Blick war aus dem Fenster gerichtet. Sie trug einen hellen Hausanzug, ihre langen blonden Haare waren zu einem lockeren Zopf geflochten.

Von der Seite erinnerte sie Dot an ihre Mutter. Alice sah ihr so ähnlich, vor allem jetzt. Es fühlte sich an wie ein Messer, das langsam in Dots Brust herumgedreht wurde.

»Wie geht es dir heute?« Dot stellte ihre Tasche ab. Die nächste Stunde würde sie das Gespräch alleine bestreiten, das war sie inzwischen gewohnt. »Du siehst gut aus. Was gab es heute zu essen?«

Gegenüber dem Bett stand ein kleines Sofa, dort nahm Dot Platz. Das Zimmer war freundlich eingerichtet. Die gelbe Farbe an den Wänden sollte gute Laune fördern. Ein Strauß mit Kunstblumen stand auf dem kleinen Tisch unter dem Fenster, ein Bücherregal neben der Tür zum Bad.

»Wo waren wir stehen geblieben?« Dot nahm das Buch hoch, welches immer noch auf dem Sofa lag. Es war die Ausgabe ihrer Mutter von Alice im Wunderland.

Irgendwann, nach etwa einem Monat, hatte Dot es aufgegeben, auf Alice einzureden. Sie erhielt sowieso nie eine Antwort, sondern nur bitterböse Blicke. Also war sie dazu übergegangen, ihr vorzulesen. Denn genau das hatte ihre Mutter immer für sie beide getan, als sie noch jung waren. Seitdem kam Dot jeden Tag her und las Alice vor. Erst aus dem Zauberer von Oz und jetzt aus Alice im Wunderland. Bei jeder Seite überkamen Dot die Erinnerungen, die bittersüß waren. Sie erinnerte sich an die sanfte Stimme ihrer Mutter, die leise vorlas, während Dot und Alice sich an ihre Seite schmiegten.

Ihre Schwester reagierte nicht auf die gelesenen Seiten, sie starrte nur weiter aus dem Fenster. Würde sie nicht atmen, könnte man glauben, sie sei tot.

Nach einem Kapitel schlug Dot das Buch zu. Einen Moment blickte sie auf den alten Einband. Behutsam strich sie mit den Fingern darüber. »Ich wünschte wirklich, ich könnte die Zeit zurückdrehen.« Sie musste mehrmals gegen den Kloß in ihrem Hals anschlucken. »Oder dir wenigstens deine Erinnerungen an unsere Kindheit zurückgeben.«

Alice gab ein Schnauben von sich, sagte aber nichts weiter.

Enttäuscht legte Dot das Buch weg. Da war schon wieder so ein winziger Funke Hoffnung, der jedes Mal aufs Neue geweckt und dann wieder gelöscht wurde.

»Wieso mache ich das hier eigentlich?« Wütend sprang sie vom Sofa auf. »Vielleicht haben die anderen ja recht. Ich kenne dich nicht mehr und du mich anscheinend auch nicht.« Hastig wischte sie sich die Tränen von den Wangen. »Ich war so kurz davor, mein Leben im Griff zu haben.« Das Chaos in ihrem Kopf ließ mal wieder nicht zu, dass sie die richtigen Worte fand. Verzweifelt fuchtelte sie mit den Händen herum. »Ich kann das hier nicht mehr.«

Ohne eine Verabschiedung stürmte sie aus dem Zimmer.

***

Ben

»Wir müssen echt aufhören, uns heimlich zu treffen. Wenn Dot das herausbekommt, redet sie nie wieder ein Wort mit einem von uns beiden.« Kopfschüttelnd setzte Anna sich ihm gegenüber an den Tisch.

»Bei dir klingt es fast so, als hätten wir eine Affäre«, scherzte Ben halbherzig.

»Ich wäre dabei, wenn du es bist.« Sie zwinkerte ihm zu, aber das Grinsen verließ ihr Gesicht recht schnell wieder. »Ihr geht es immer noch nicht besser.«

Unruhig fuhr Ben sich durch die Haare. »Ich weiß langsam nicht mehr, was ich tun soll.«

»Du behandelst sie wie ein rohes Ei, das funktioniert nicht. Ich behandle sie absolut normal, funktioniert auch nicht. Uns gehen echt die Optionen aus.«

Anna winkte die Kellnerin heran und bestellte sich etwas zu trinken. Seit einigen Wochen trafen Ben und Anna sich ab und an und tauschten sich über Dots Zustand aus. Die beiden teilten die Sorge um die Jägerin. Und ihre Verzweiflung, da sie nichts tun konnten.

»Ich dachte, es wird besser, wenn sie erst wieder in den aktiven Dienst kann.« Ben klopfte mit den Fingerspitzen gegen seine Tasse.

»Es ist ja gerade mal einen Tag her. Hoffentlich wird Nicole ihr bald einen Fall zuteilen. Das lenkt sie sicher ab. Herzlichen Glückwunsch übrigens, dass du sie aus der Gilde rausbekommst.«

»Aber bringt das wirklich irgendetwas?« Wie hypnotisiert blickte Ben in den schwarzen Strudel seines Kaffees.

Das Bett neben ihm war leer. Panisch setzte er sich auf und suchte den Raum ab. Von Dot fehlte jede Spur.

Hektisch sprang Ben aus dem Bett und rannte ins Wohnzimmer. Dort saß sie, zusammengesunken auf dem Sofa, und starrte ins Nichts.

»Wieso bist du denn wach?« Er setzte sich zu ihr und zog sie behutsam an seine Seite.

»Ich kann einfach nicht schlafen.« Vom Weinen waren ihre Augen ganz gerötet. »Ich hab immer noch Albträume.«

Der Schmerz in ihrer Stimme fühlte sich an wie tausend Stiche ins Herz. Hilflos verstärkte Ben seinen Griff. Er wusste einfach nicht, was er tun sollte. »Wie kann ich dir helfen?«

Schluchzend schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß es nicht. Es tut einfach so weh.«

Am liebsten hätte Ben den Kopf in den Nacken gelegt und laut geheult. Seine Unfähigkeit, ihr zu helfen, brachte ihn beinahe um den Verstand. »Wir finden eine Lösung, versprochen. Und es wird besser werden.«

Seine Worte waren nur leere Hüllen, die seinen Mund verließen. Aber in diesem Moment fiel ihm nichts Besseres ein.

»Ich muss sie doch retten. Alice braucht mich doch.«

Dot schluchzte weiter, ihre Worte wurden immer unverständlicher. Irgendwann weinte sie nur noch leise, den Kopf an seiner Brust verborgen.

Mit Dot im Arm lag Ben auf dem Sofa, bis die Sonne am nächsten Morgen aufging. Das schrille Klingeln seines Weckers erklang aus dem Schlafzimmer. Er musste aufstehen und zur Arbeit gehen. Aber er konnte Dot nicht loslassen. Sie brauchte ihn.

Langsam wurde sie wach und setzte sich auf. »Du musst zur Arbeit.« Ihre Stimme war kratzig, ihre Augen geschwollen.

»Ich bleibe heute bei dir.« Behutsam strich er ihr eine Strähne hinters Ohr.

Ruckartig wandte sie sich ab. »Du kannst nicht andauernd deine Arbeit ausfallen lassen. Ich komme schon klar.«

Ohne ihm in die Augen zu blicken, stand sie auf und ging ins Bad. Sie ließ Ben verwirrt und verzweifelt zurück. Er fühlte sich unnütz. Und innerlich völlig zerrissen.

»Ihr Schmerz wird nicht vergehen, wenn sie sich ablenkt. Oder ein neues Hobby findet.«

»Alice ist das Problem. Oder Ashley, wie auch immer sie heißt.« Anna schüttelte den Kopf. »Manchmal wünschte ich, wir hätten sie nicht gefunden.«

»Manchmal sagst du echt harte Dinge«, merkte Ben an.

»Ja, schon klar. Es ist nicht nett, sowas zu sagen. Aber ich kenne Alice nicht. Für mich war sie immer nur Dots tote Schwester. Doch ich kenne Dot schon sehr lange. Sie ist wie eine kleine Schwester für mich. Ich kann sie nicht so leiden sehen.«

Insgeheim stimmte Ben ihr zu. Viel zu oft hatte er sich schon gewünscht, dass Alice weiterhin tot geblieben wäre. Und jedes Mal hasste er sich selbst dafür.

»Nur können wir nichts mehr an der Situation ändern. Wir müssen Dot jetzt unterstützen, so gut wir können.«

»Du machst es ja schon mal richtig. Ich freue mich wirklich sehr, dass ihr beide zusammenziehen wollt«, wechselte Anna das Thema. »Wann ist es denn soweit?«

»Das wird sicher noch etwas dauern. Die perfekte Wohnung zu finden ist schwierig. Aber wir arbeiten daran.«

»Ich bin so froh, dass Dot dich gefunden hat. Habe ich dir das eigentlich schon mal gesagt?«

Überrascht hob Ben die Augenbrauen. »Nein, bisher noch nicht. Aber danke. Ich bin auch sehr dankbar. Wäre sie damals nicht ins Howling gekommen, hätte ich sie niemals getroffen.«

»Das Schicksal kann schon seltsam sein.« Anna lehnte sich zurück. »Vielleicht sollten wir Leslie wirklich danken.«

»Der Kerl war echt einer. Hoffentlich bleibt er verschwunden.«

Auch wenn Anna recht hatte. Das Schicksal hatte seltsame Wege. So hatte Ben sich seine Gefährtin oder ihr gemeinsames Leben niemals vorgestellt. Aber inzwischen war es perfekt für ihn.

»Dot will unsere Hilfe vielleicht nicht. Und sicher wird sie nicht danach fragen«, kam Anna wieder auf ihr ursprüngliches Thema zurück. »Aber wir beide bleiben an ihrer Seite, was auch immer geschieht. Und du hältst sie ein bisschen von der Gilde fern. Das sollte ihr helfen.«

»Das halte ich für einen sehr guten Plan.«

Was Ben in Wirklichkeit vorhatte, behielt er erst einmal für sich. Vielleicht sollte er Alice selbst einen Besuch abstatten.

Kapitel 4

Dot

»Ich denke, du hast die richtige Entscheidung getroffen.« Noah lächelte sie an. »Eine so große Verantwortung sollte man nicht leichtfertig annehmen.«

Inzwischen freute Dot sich sehr über das allwöchentliche Abendessen bei Regina. Die Anspannung, die sie am Anfang empfunden hatte, war komplett verschwunden. Stattdessen fühlte sie sich wie ein Teil der Familie.

»Auch wenn es möglicherweise meine einzige Chance ist?«, hakte sie unsicher nach.

»Es bleibt sicher nicht deine einzige Chance, Älteste zu werden. Aber gerade jetzt scheint es mir nicht die richtige Entscheidung zu sein. Und lass dir das von jemandem sagen, der viel zu früh viel zu viel Verantwortung übernehmen musste.«

Noah trug die Schale mit dem Salat aus der Küche und ließ Dot alleine mit ihren Gedanken stehen. Unsicher biss sie sich auf die Unterlippe. Sie hatte ganz vergessen, dass Noah nicht freiwillig so jung Alpha geworden war. Er hatte nicht die Wahl gehabt.

»Wie hast du es damals geschafft?«, fragte sie weiter und ging ebenfalls ins Wohnzimmer.

»Ich hatte Unterstützung.« Noah nickte in Reginas Richtung. »Am Anfang hat sie die meiste Arbeit gemacht und ich habe nur zugesehen. Irgendwann hatte ich dann genug Selbstvertrauen, um es selbst zu tun.«

»Verbündete, sagst du.« Dot rieb sich das Gesicht. »Davon habe ich bisher noch nicht sonderlich viele.«

In diesem Moment klingelte es an der Tür und ihr Gespräch wurde unterbrochen. Ein gestresster Ben stürmte herein. »Tut mir so leid, dass ich zu spät bin.« Zur Begrüßung schenkte er Dot einen tiefen Kuss.

»Viel los bei dir auf der Arbeit?«, fragte Regina und umarmte ihn kurz.

»Es gab einen totalen Serverabsturz und ich durfte es mal wieder richten.« Ben schüttelte den Kopf.

»Denk an deine App«, erinnerte Dot ihn. »Bald bist du reich!«

»Dein Wort in Gottes Ohren.« Er zwinkerte ihr zu.

»Ich glaube an dich! Immerhin bin ich schon süchtig danach.« Sie wackelte mit ihrem Handy. Vor ein paar Wochen hatte Ben ihr die finale Version draufgeladen und Dot hatte Tag und Nacht gespielt.

»Da jetzt alle da sind, können wir essen.« Regina scheuchte sie alle zum Esstisch.

»Wann landet Beth noch mal?«, fragte Noah zerstreut. »Ich soll sie doch immer noch abholen, oder?«

»Sei bitte so gut. Morgen kommt eine Lieferung, die ich annehmen muss. Beth landet um 16 Uhr«, erklärte Regina.

»Verdammt, ich habe um 15.30 Uhr eine Besichtigung.«

»Soll ich Beth abholen?«, bot Dot an. »Immerhin habe ich sie auch sechs Wochen nicht gesehen.«

»Ich bin echt gespannt, was Tandy und George zu ihrer neuen Karriere gesagt haben.« Man konnte Reginas Unmut gut aus ihrer Stimme heraushören.

»Kommst du jemals darüber hinweg?« Ben lud sich den Teller voll. »Oder willst du für immer angefressen sein, dass sie eine Red wird?«

»Eine Werwölfin als Red, wer hätte denn mit sowas gerechnet?«

»Beth ist eine Vorreiterin in der Beziehung zwischen den Nachtwesen und den Rotkäppchen. Sie ist unser aller Zukunft«, sagte Noah ernst.

»Gesprochen wie ein wahrer Anführer«, kicherte Ben. »Können wir jetzt essen? Beth kommt morgen aus den USA wieder und dann werden wir mehr wissen.«

***

Nach dem Essen half Dot Regina in der Küche. »Wie geht es dir?«, fragte die Werwölfin sie auf einmal.

»Gut, wie immer.«

»Ich glaube dir kein Wort. Du siehst blass aus, Dot. Und unglücklich.«

Seufzend stützte die junge Jägerin sich auf der Arbeitsplatte ab. »Es ist halt nicht einfach. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«

»Das kann ich dir leider auch nicht sagen. Die Situation ist ziemlich verzwickt. Und so ziemlich jeder wird dabei verletzt. Aber du solltest zuallererst an dich denken.«

»Das sagen mir alle. Aber ich kann Alice doch nicht im Stich lassen. Mit meinem Leben weitermachen und sie in diesem Container lassen. Sie braucht mich.«