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Wie wird sich die Arbeitswelt der Zukunft entwickeln und wie können sich Organisationen darauf einstellen? In diesem Herausgeberwerk von Zoe Nogai beschreiben Vordenker:innen der Generation U30 ihre Sichtweise auf die Arbeitswelt von 2035, die sie maßgeblich mitgestalten werden. Sie erklären, warum wir eine neue Zeitrechnung brauchen, wie sich der Arbeitsmarkt verändern wird und welche Kompetenzen in Zukunft gefragt sind. Dabei geben sie Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt ihrer Generation zu Arbeit, Karriere und Werten und beleuchten, wie sich Führung mit und durch die Generation Z verändern wird. "Gegenstimmen" von Persönlichkeiten aus der Wirtschaft zu einzelnen Beiträgen verdeutlichen dabei Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Generationen am Arbeitsmarkt. Inhalte: - Der Einfluss der Gen Z auf Innovations- und Transformationsthemen - Emotionale Intelligenz als Führungsanker - Overachieving, Selbstoptimierung und Karriereentwürfe - Wie die Generation Z wirklich tickt - Welchen Einfluss Geschlechterrollen in der Arbeitswelt haben - Wie sich Diversität und Toleranz auf den Unternehmenserfolg auswirken - New Pay: das Vergütungssystem der ZukunftDie Expert:innen U30: - Zoe Nogai, Herausgeberin, Projektleiterin in der Telekommunikationsbranche - Elena Benner, Werkstudentin Global HR Business Partner, Siemens - Patrizia Mangold, Communications Manager, Hypo Vereinsbank - Antonia Bartl, Cloud Solution Architect, Microsoft - Lisa Hoffmann, Senior Consultant Public, Deloitte - Johanna Heise, 24, Head of Brand, heise - Julia Huber, Tech Recruiter, Audi - Kaja Braun, Managing Director, Pinetco - Lola Rogaczewski, Schülerin - Isabell Fries, Head of Future Work and Skills, Philoneos, TedX Speaker, Co-Initiator Future Leaders Germany - Dustin Chabrowski, Co-Founder und CTO, SIMPL - Lars Krauß, Co-Founder und CEO, Greengineers - Max Klemmer, Geschäftsführender Gesellschafter, Miss Germany Studios, und Co-Founder, Virtual Hero"Gegenstimmen" Expert:innen Ü30: - Angelika Werner, VP Strategic Relations, Frankfurt School of Finance and Management - Hagen Rickmann, Geschäftsführer Geschäftskundenvertrieb, Telekom Deutschland - Anissa Brinkhoff, Finanzjournalistin - Meryl Deep, Drag Queen - Dr. Michael Kerkloh, Multi-Aufsichtsrat (u.a. Lufthansa), Ex-GF Flughafen MünchenDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - Zugriff auf ergänzende Materialien und Inhalte - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.
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Zoe Nogai
Ideen von heute für die Arbeitswelt von morgen
1. Auflage 2024
© 2024 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg
www.haufe.de
Bildnachweis (Cover): © nd3000, iStock
Produktmanagement: Kerstin Erlich
Lektorat: Gabriele Vogt
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Herzlich Willkommen in der Arbeitswelt der Zukunft – aus Sicht der Generation U30. Auf den folgenden Seiten finden Sie eine Sammlung an Beiträgen und Interviews von und mit Menschen unter 30, die versuchen, mit ihrer Perspektive alteingesessene Systeme in der Arbeitswelt neu zu bewerten, Ideen einzubringen und Ihnen dabei auch noch ihre eigene Generation, ihr Denken und Handeln näherzubringen. Sofern sinnvoll, werden Sie zudem vereinzelt sogenannte Gegendarstellungen von etablierten Manager*innen und Persönlichkeiten aus der Wirtschaft finden, die sich zum selben Thema wie ihre jungen Vorredner*innen äußern und so direkt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Perspektiven verdeutlichen. Ich für meinen Teil bin positiv überrascht aus den Gesprächen gegangen und hoffe, dass es Ihnen, liebe Leser*innen, ähnlich ergehen wird.
Dieses Werk ist nicht als Kritik an Bestehendem gedacht, nicht als mahnend erhobener Zeigefinger zu allem, was hier beleuchtet wird. Was bisher war, kann durchaus seine Berechtigung gehabt haben bzw. teils auch heute noch wertvoll sein, denn die Summe der bisher getroffenen Entscheidungen, die Leitsätze und Wertesysteme der Vergangenheit haben uns an den Punkt gebracht, an dem wir uns heute befinden. Zudem lässt sich die Vergangenheit auch nicht verändern, wir können sie nur verstehen, daraus lernen und dadurch die bestmögliche Gegenwart und Chancen für die Zukunft schaffen.
Doch genug mit Visionen – was wirklich zählt, sind Taten. Dieses Buch ist nicht nur eine Einladung zum Nachdenken, sondern auch ein Handbuch für die Praxis. Kuratiert, erlebt und betrachtet durch die kritischen Augen jener, die die Arbeitswelt der Zukunft maßgeblich mitgestalten werden.
Ich wünsche Ihnen beim Lesen viel Freude, Inspiration, und den wachsenden Willen, den Status quo herauszufordern. Die Zukunft der Arbeit ist bereits hier, lassen Sie sie uns gemeinsam gestalten.
Zoe Nogai
Einleitung von Zoe Nogai, 27, Projektmanagerin Telekom Deutschland, Herausgeberin und Autorin
Wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Arbeitsrealität. Getrieben durch Einflüsse auf gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Ebene, stehen wir aktuell vor der Herausforderung und gleichzeitigen Chance, eine Veränderung der Zukunft der Arbeitswelt mitzugestalten – oder dies fernab unserer Handlungen geschehen zu lassen. Als Teil der Generation U30 habe ich noch einen Großteil meiner beruflichen Laufbahn vor mir und den Anspruch, an der Gestaltung dieser Veränderung maßgeblich mitzuwirken. Einen ersten Ansatz, wie dies aussehen kann, liefert dieses Kapitel, in dem ich sechs Denkanstöße skizziere und ihre Machbarkeit und Auswirkungen diskutiere. Die sechs Thesen verfolgen dabei auf keinen Fall den Anspruch einer Vollständigkeit, könnte man doch ewig weiterspinnen, welche Trends noch Einfluss auf unsere Zukunft nehmen und welche Paradigmenwechsel möglich sein können. Vielmehr soll dies ein erster und durchaus generalistischer Blick auf eine Vielzahl an relevanten Themenfeldern sein, der in das Thema des Gesamtwerks einführt und zum Nachdenken verleiteten soll.
Zukunft der Arbeitslosen: Die Angst vor Neuem lähmt. Sie lähmt Abläufe, Menschen, Gesellschaften. Wenn man sich den Ängsten und Sorgen jedoch konsequent stellt, können sie zum Wegweiser für Veränderung und Innovation werden. Technologien wie künstliche Intelligenz nehmen uns die Arbeitsplätze weg? Klasse – was können wir daraus über uns, unsere Tätigkeiten und unsere Werte als Gesellschaft lernen?
Multimodal, multilokal, multidimensional – wie lange noch bis zur Multi-Überforderung? Oder sind wir dort bereits angekommen? Die Zukunft der Arbeit wird unbestreitbar viel: viel Neues, dass es zu erkennen, verstehen und nutzen gilt. Viel Komplexität, die es zu sortieren und zu managen gilt. Aber: Die Zukunft der Arbeit kann auch ein Kaleidoskop an Möglichkeiten darstellen.
Die fünf W-Fragen: Warum, warum, warum, warum und wer? Auf dem Weg in die Zukunft geraten viele Glaubenssätze und traditionelle Werte ins Wanken. Genau dann befinden sich Menschen immer stärker auf der Suche nach Sinn. Und nach der richtigen Führung, die Orientierung gibt. Zwei Fragen, die wir uns nicht mehr stellen werden: wo und wie?
Holt die Personaler*innen raus aus den Personalabteilungen! Die wichtigste Ressource für Unternehmen? Die Mitarbeiter*innen. In Zeiten von Fachkräftemangel, steigendem Innovationsdruck, zunehmender Komplexität und intelligenten Technologien im Nacken, braucht es HR-Expertise in jedem Team. Und HR-ler*innen, die das Kerngeschäft verstehen. Beides lässt sich nur erreichen, indem man die Personaler*innen überall einsetzt – außer in den weit entfernten isolierten Personalabteilungen.
Be a leader or be gone – wir haben keine Zeit mehr für Kompromisse bei der Besetzung von Führungspositionen. Führung ist der Dreh- und Angelpunkt für den Unternehmenserfolg. Wenn wir weiterhin Menschen Führungspositionen bekleiden lassen, weil es unangenehm oder vertraglich schwierig ist, diese wegzubewegen, kommen wir nicht weiter. Führungspositionen müssen kompromisslos mit Menschen besetzt werden, die wissen, wie man Teams durch Komplexität begleitet, Orientierung geben und vor allem schnell sind: im Lernen, Situationen lesen, Entscheidungen treffen und umsetzen.
Scheitern lernen! Oft, schnell und gerne! Keine Scheu mehr vor dem Gefühl, in vollem Tempo gegen geschlossene Türen zu rennen – und wenn es mal eine Wand ist, auch gut. Zielen geübt wird wann anders. Ohne Scheitern kein Erfolg. Schnelles Scheitern, schneller Erfolg. Das heißt: das Gefühl aussitzen, es lieben lernen und dabei nie das Ziel aus den Augen verlieren.
Wer von der Zukunft der Arbeit spricht, hat das Wort »Arbeit« zu früh beendet. Denn in einer von künstlicher Intelligenz organisierten und dominierten Welt ist der eigene Arbeitsalltag vor allem eins: nicht mehr existent. Die Zukunft der Arbeit ist eine Zukunft der Arbeitslosen, denn die schlimmste Angst vieler ist eingetreten: Eine KI kam, sah und machte es besser.
Während nun also ein lernender Algorithmus unsere Jobs erledigt, sitzen wir in Jogginghose auf unseren abgewetzten Sofas und suchen verzweifelt nach einem Sinn im Leben, nach einer Struktur, um durch die Woche zu kommen, und einem Lebensinhalt, der uns ein bisschen Selbstwert verschafft. Ohne den aktiven Arbeitsvertrag gibt es keinen prestigeträchtigen Titel, über den man sich definieren kann, keine vertraglich festgelegte Leistung, an der man den eigenen Wert messen kann, keine Organisationsstruktur, die Halt in der endlos scheinenden Schleife zwischen Tag und Nacht und Tag und Nacht gibt. Getrieben durch die befürchtete Übernahme unserer Arbeitswelt durch eine KI, die unsere Jobs nicht nur schneller, sondern auch besser erledigt, sehen wir uns in wenigen Jahren damit konfrontiert, uns komplett neu aufzustellen, um die eben skizzierte Realität zu vermeiden.
Ohne dass wir uns jeden Morgen in überfüllte und schwüle Straßenbahnen oder mit dem SUV in den Stau der Stadtautobahnen quetschen, acht Stunden lang auf Bildschirmen diverser Endgeräte Tabellen anstarren, Kästchen auf Slides ausrichten und passiv aggressive E-Mails versenden, sieht das Leben plötzlich irgendwie kahl aus. Das wird auch daran liegen, dass es ohne Festanstellung schnell an den liquiden Mitteln fehlt, das teure Gravel Bike zu finanzieren, mit dem man jeden Abend 80 Kilometer vor den eigenen Gedanken flieht. Und auch das trilinguale Ballett-Mathe-Camp der Kinder, mit dem man sie auf die Überholspur für deren Lebensgestaltung setzt, scheint plötzlich nicht mehr so erschwinglich. An dieser Stelle lohnt es sich einmal zu hinterfragen, was für eine Arbeitswelt wir uns in Zukunft eigentlich schaffen wollen und auch, ob wir das aktiv tun oder aber nur getrieben durch Sorge vor Neuem reagieren und uns dadurch eine Zukunft entstehen lassen, ohne selbst mitzugestalten.
Vielleicht schaffen wir eine neue Ära, in der nicht die formelle Anstellung, sondern die persönliche Entwicklung und Erfüllung im Vordergrund stehen. In der wir einer künstlichen Intelligenz als partnerschaftliche Ergänzung der eigenen Fähigkeiten Platz schaffen, um repetitive Aufgaben auszulagern, Entscheidungsprozesse zu verbessern und Effizienzen zu heben. Und dabei ist das allseits beliebte Thema der Künstlichen Intelligenz nicht isoliert zu betrachten, denn dieses Buzzword, so viel auch dahintersteckt, ist in diesem Kontext mit einer Vielzahl an weiteren Trendthemen austauschbar. Der formulierte Appell verändert sich dadurch nicht.
Die Zukunft der Arbeit mag unsicher sein, aber darin liegt auch die Chance, uns von veralteten Vorstellungen zu befreien und eine Arbeitsrealität zu gestalten, die mehr ist als nur das, was auf einem Gehaltszettel steht. Die Angst vor dem Neuen, Unbekannten, die sich gerne auch dann äußert, wenn es einer Gesellschaft sehr gut geht, wenn sie von Wohlstand verwöhnt ist und diesen durch das Neue bedroht sieht, sorgt dabei ironischerweise mit dafür, dass dieser dem Ende entgegengeht. Denn Angst lähmt. Sie lähmt Abläufe, indem diese sich nicht verändern, dadurch veralten und im Umfeld der ständigen Veränderung nicht mehr zum gewünschten Ziel führen. Sie lähmt Menschen, die von Paranoia und Unsicherheit getrieben schlechte Entscheidungen treffen oder in gänzlicher Entscheidungsparalyse steckenbleiben. Sie lähmt ganze Gesellschaften, die vor lauter Sorge um Verlust verlieren. Wenn man sich den Ängsten und Sorgen jedoch konsequent stellt, können sie zum Wegweiser für Veränderung und Innovation werden. Angefangen bei der beliebten Sorge um die Sicherheit der Arbeitsplätze im Angesicht einer künstlichen Intelligenz und anderen technischen Neuerungen. Wir sollten jede Sorge und jede Angst willkommen heißen und uns ernsthaft damit auseinandersetzen, wo diese herkommt, was man aus diesen Reaktionen lernen und wie man mit diesen weiterkommen kann – anstatt sich von den Gefühlen getrieben fremdsteuern zu lassen.
Neben externen Markteinflüssen wie Trends und Technologien (und der Sorge vor ihnen) spielen auch die Rahmenbedingungen der Arbeitswelt eine wichtige Rolle. Sie werden sich sicher schon gefragt haben, auf der wievielten Seite eines Buchs der Generation Z zur Arbeitswelt es um Forderungen zu Geld, Einfluss und Freizeit geht. Die Antwort ist: direkt hier zu Beginn. Denn Fakt ist, die Zukunft wird immer komplexer. Und um diese Komplexität zu managen, gilt es geeignete Rahmenbedingungen zu finden, um dies bestmöglich zu unterstützen. Dazu gehören Arbeitszeitmodelle, Gehaltsmodelle und auch kulturelle Themen wie Fehler- oder Führungskultur. Wer sich etwas damit beschäftigt, wird feststellen, dass all diese Themen eng verstrickt sind und einander bedingen. So beeinflussen beispielsweise Arbeitszeitmodelle die Work-Life-Balance, Gehaltsmodelle haben Auswirkungen auf die Motivation und Produktivität, und die richtige Führungskultur sorgt maßgeblich für Zusammenhalt und Innovationsfähigkeit in Teams.
Die Zukunft der Arbeit ist von einer geradezu schwindelerregenden Komplexität geprägt. Das ganze System ist komplex – und wird zunehmend komplexer. Und so viele Möglichkeiten dies auch mit sich bringt, so darf man eins nicht außer Acht lassen: Komplexität zu managen ist eine Fähigkeit, die es zu lernen und konsequent zu üben gilt. Und die einen auch schnell mal überfordern kann. Die rasche Entwicklung von Technologien, die Globalisierung der Märkte und die steigende Vielfalt der Arbeitsmodelle tragen dazu bei, dass sich die Rahmenbedingungen ständig verändern müssen, denn die verschiedenen Treiber im System verändern sich ebenfalls kontinuierlich. Sinnvolle Rahmenbedingungen können nicht statisch sein, sondern entwickeln sich dynamisch mit. Die Kunst besteht darin, Komplexität nicht als Hindernis, sondern als Chance zu erkennen. So können geeignete individuelle Arbeitszeitmodelle die Flexibilität fördern, innovative Gehaltsmodelle die Motivation steigern und eine offene Fehler- und Führungskultur den Weg für kreatives Denken vorzeichnen.
Komplexität zu managen, erfordert jedoch nicht nur die Implementierung angepasster dynamischer Rahmenbedingungen, sondern auch ein Umdenken in der Art und Weise, wie wir Arbeit als Ganzes betrachten, und die Komplexität nicht nur zu bewältigen, sondern sie als Treibstoff für Innovation und Wachstum zu nutzen. Wer die Zukunft der Arbeitswelt gestalten will, muss die Kunst beherrschen, mit der Komplexität umzugehen und sie zum jeweiligen Vorteil zu nutzen: sei es zum Vorteil des Unternehmens, der Gesellschaft oder auch dem eigenen. Diejenigen, die die Komplexität entschlüsseln können, werden die Architekt*innen der neuen Arbeitswelt sein.
Auf dem Weg in die Zukunft geraten viele Glaubenssätze und traditionelle Werte ins Wanken. Die einzige Konstante ist die Veränderung. Genau dann befinden sich Menschen immer stärker auf der Suche nach Sinn. Und nach der richtigen Führung, die Orientierung gibt. Was wir nach vorne brauchen, sind ein wenig mehr Unerschrockenheit und revolutionärer Geist, wir brauchen Realisten mit einem Hang zur Innovation. Der Umgang mit Themen wie Künstlicher Intelligenz, Automatisierung und virtueller Realität wird dabei eine ebenso entscheidende Rolle spielen, denn was heute bereits Realität ist, wird morgen noch viel mehr bedeuten. Ob alles so eintritt, wie man es heute erwartet, kann niemand mit Sicherheit sagen. Aber gute Vorbereitung – und diese startet mit der richtigen Einstellung, der Offenheit und der Kompetenz im Umgang mit Neuem – ist dabei der entscheidende Differenzierer zwischen Gestalten und Gestaltetwerden. Das mächtigste Werkzeug im Dschungel der Veränderung ist das kritische Hinterfragen. Und so werden aus den klassischen 5-W-Fragen, die wohl jede*r aus irgendeiner Kommunikationsschulung, Wirtschaftsausbildung oder sonstigen Qualifizierungsmaßnahme kennt, die folgenden:
Warum?
Warum?
Warum?
Warum?
Wer?
Wenn man nur oft genug hinterfragt, kommt man zum wahren Kern eines jeden Problems. Aber um dieses dann auch zu lösen, darf die letzte, die entscheidende Frage nicht vergessen werden. In einer Welt des stetigen Wandels und der komplexen Arbeitsstrukturen ist die Frage nach dem »Wer« von entscheidender Bedeutung. Wer sind die Akteur*innen, die die Veränderung vorantreiben können? Wer sind die Innovator*innen, die neue Ideen einbringen? Wer sind die (Mit-)Gestalter*innen einer zukunftsfähigen Arbeitswelt? Diese Frage geht über individuelle Verantwortlichkeiten hinaus und bezieht sich auf das kollektive Engagement und die gemeinsame Verantwortung aller Beteiligten. Das »Wer« lenkt den Fokus auf die Wertschätzung der menschlichen Arbeitskraft, auf die Verantwortung von Unternehmen, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die die individuellen Stärken und Talente der Mitarbeiter*innen fördert, und erkennt die wichtigste Ressource der Arbeitswelt der Zukunft, den Menschen, als ebendiese an. Und nur an der richtigen Stelle eingesetzt kann diese Ressource ihre Kraft auch entfalten, weshalb es von zentraler Bedeutung ist, zu hinterfragen, ob die individuellen Stärken und Talente am Einsatzort optimal eingebracht sind.
Zwei Fragen, die wir uns im Kontext der Zukunft der Arbeitswelt übrigens nicht mehr stellen werden: Wie und wo? Die Frage nach dem »Wie« verliert ihre Eindeutigkeit, da neue Technologien und innovative Arbeitsmodelle immer vielfältigere Möglichkeiten bieten. Das »Wo« wird durch die Flexibilität ersetzt, an verschiedenen Orten zu arbeiten – sei es im Büro, im Homeoffice, in Coworking Spaces oder auf Workations. Wobei Flexibilität ja auch so ein Wort ist, welches in der modernen Arbeitswelt so oft verwendet wird, dass es fast seinen Sinn verloren hat. Dabei ist es so viel mehr als nur ein Buzzword. Es ist die Forderung nach einem Arbeitsumfeld, das sich an Bedürfnisse anpasst, das Raum für Kreativität schafft und uns erlaubt, das Beste aus unseren Fähigkeiten herauszuholen. Weg von starren Strukturen und festgefahrenen Hierarchien, kann Flexibilität die Stärken der Individualität und Kollaboration in Einklang bringen.
Die richtigen Fragetechniken können Katalysator für Veränderung sein. Insbesondere das »Warum« – so häufig wiederholt, dass Sie sich wie ein Kleinkind fühlen, welches die Welt zum ersten Mal in der Form wahrnimmt – ist ein Instrument der Transformation. Es hilft, die tieferen Ursachen von Herausforderungen zu erkennen und innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Dass »Wo« und »Wie« in den Hintergrund zu rücken, zeigt, dass die Zukunft der Arbeit nicht länger durch den physischen Ort oder konkrete Arbeitsprozesse definiert wird, sondern vielmehr durch die Menschen und ihre Fähigkeit, sich ihre Neugierde beizubehalten und alles zu hinterfragen.
Die wichtigste Ressource für Unternehmen? Die Mitarbeiter*innen. In Zeiten von Fachkräftemangel, steigendem Innovationsdruck, zunehmender Komplexität und intelligenten Technologien im Nacken, braucht es HR-Expertise in jedem Team. Und HR-ler*innen, die das Kerngeschäft verstehen. Beides lässt sich nur erreichen, indem man die Personaler*innen überall einsetzt – außer in den weit entfernten isolierten Personalabteilungen. Diese These stellt nicht nur eine räumliche Neuorientierung, sondern eine Aufforderung zur Neugestaltung der Rolle der HR-Bereiche – und wir sprechen hier vielmehr von Relationen statt Ressourcen – im modernen Arbeitsumfeld dar.
Indem man Personaler*innen näher in die geschäftskritischen Bereiche der Unternehmen bewegt, ermöglicht man einen intensiveren Austausch über Themen wie Work-Life-Balance, Karriereentwicklung und persönliches Wohlbefinden. Also über all die Themen, die sich in der Arbeitswelt der Zukunft konstant und rapide verändern und entsprechend gemanagt werden müssen. Diese räumliche und inhaltliche Nähe sorgt für neue Perspektiven auf beiden Seiten: der der Personaler*innen und der der Fachseite. Indem beide ein tieferes Verständnis für die Inhalte der anderen Seite erhalten, können Themen wie Weiterbildungsmaßnahmen und Talentmanagement, die absolute Erfolgskriterien für Unternehmen darstellen, eine neue inhaltliche Tiefe und Abstimmung auf den Markt erhalten. Die Zukunft des HR-Managements liegt also möglicherweise darin, Personaler*innen als integrale Bestandteile des Unternehmens zu sehen, die direkt an der Schaffung einer modernen und mitarbeiterzentrierten Arbeitskultur beteiligt sind.
Egal, worum es im Kontext der Arbeitswelt der Zukunft geht, früher oder später laufen die Fäden bei der Führungsarbeit zusammen. Die Marktsituation, der Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt, die steigende Komplexität unserer gesamten Lebensrealität – je mehr Veränderung stattfindet, desto wichtiger sind gewisse Sicherheiten und Orientierungspunkte. Kurzum: Führung. Führung scheint der Dreh- und Angelpunkt für den Unternehmenserfolg zu sein. Entsprechend müssen Führungspositionen kompromisslos mit Menschen besetzt werden, die wissen, wie man Teams durch Komplexität begleitet, Orientierung gibt, und vor allem schnell sind: im Lernen, Situationen lesen, Entscheidungen treffen und umsetzen.
Kompromisslosigkeit in diesem Kontext bedeutet nicht, dass wir bei autoritärer Durchsetzung landen. Im Gegenteil – das Vorgehen erfordert ein ganz besonderes Fingerspitzengefühl, denn es geht an vielen Stellen darum, Menschen mit Führungsverantwortung auf andere Karrierewege zu leiten, ohne sie dabei zu demotivieren und das Gefühl einer Degradierung zu vermitteln. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Aufwertung von Expert*innenkarrieren mit der Transformation der Führungskultur Hand in Hand geht. Zudem bedarf es einer hohen Fehlertoleranz, Risikobereitschaft und der Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen. Organisationen müssen einen Raum schaffen, in dem innovative Ideen entstehen können, ohne dass der Druck zu fehlerfreiem Handeln diese direkt unterdrückt.
Für effektive Führung sind partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe, Authentizität, Transparenz und Empathie wichtige Eckpfeiler. Die Zeiten, in denen Macht einseitig von oben nach unten floss, sind vorbei. Das sagen wir uns bereits heute, in Zukunft wird es jedoch tatsächlich auch umgesetzt und gelebt. Es bedarf einer dezentralisierten Struktur, in der jede*r Einzelne seine Stimme nutzen und Einfluss nehmen kann. Machtdynamik wird neu definiert, weg von starren Hierarchien hin zu einem dynamischen Netzwerk von Ideen und Innovationskraft. Die Zukunft der Arbeit wird maßgeblich gestaltet durch die Zukunft der Führung und diese erfordert eine Transformation der Denkweise, die über das Konventionelle hinausgeht.
Die Komplexität der Zukunft fordert von uns nicht nur flexiblere Führung und innovative Machtstrukturen, sondern auch die Fähigkeit, im Chaos zu navigieren. Wenn sich Veränderungen schneller vollziehen als die Software-Updates auf unseren Smartphones, müssen wir in der Lage sein, mit Ambiguität und Unsicherheit umzugehen. Vielleicht ist die wirkliche Herausforderung der Zukunft, herauszufinden, wie man eine klare Strategie entwickelt, wenn die einzige Konstante die Veränderung ist. Und auch das ist eine Eigenschaft, die jede Führungskraft kompromisslos mitbringen muss.
Gewöhnen Sie sich an das Gefühl, in vollem Tempo gegen geschlossene Türen zu rennen – und wenn es mal eine Wand ist, auch gut. Ohne Scheitern kein Erfolg. Dieses Paradoxon wird zur zentralen Zukunftskompetenz. Schnelles Scheitern, schneller Erfolg. Es ist an der Zeit, dass Scheitern einen Imagewechsel durchläuft. Scheitern ist nicht das Ende, sondern der Beginn einer neuen Lektion. Niederlagen auszuhalten, zu lernen, das Potenzial in diesen zu sehen und etwas Neues daraus entstehen zu lassen, kurzum Resilienz, ist die Währung der Zukunft. Durch das Akzeptieren und Verarbeiten von Misserfolgen gewinnen Individuen und Organisationen an Stärke und Anpassungsfähigkeit. Scheitern ist ein notwendiger Schritt auf dem Weg zu bahnbrechenden Ideen und kreativer Disruption.
»Fail Fast, Fail Often« hat wohl jede*r schon mal im ein oder anderen Kontext der New-Work-Debatte gehört. Es geht darum, schnell zu erkennen, dass man scheitern wird, sich entsprechend darauf einzustellen, daraus zu lernen und sich zügig auf neue Wege zu begeben. Diese Haltung der Akzeptanz und der Motivationsquelle gegenüber dem Scheitern schafft eine offene Kultur, in der Menschen bereit sind, Risiken einzugehen und innovative Ideen zu verfolgen. Indem wir das Scheitern als einen natürlichen Bestandteil eines Wachstumsprozesses akzeptieren und es als Sprungbrett für Innovation nutzen, gestalten wir nicht nur unsere eigene Entwicklung, sondern tragen auch zur kreativen Dynamik einer sich stetig wandelnden Arbeitswelt bei.
Über Zoe Nogai
Zoe Nogai (27, sie/ihr) ist Projektmanagerin bei der Telekom Deutschland, Gründerin der Initiative U30for35 sowie Speakerin und Autorin für Themen rund um New Leadership, Transformation und Generation Z. Die studierte Betriebswirtin bringt acht Jahre Konzernerfahrung mit und kennt daher aus erster Hand beide Welten: die der nachrückenden Generation am Markt und die der traditionellen Konzern- und Arbeitswelt.
Dieser Hintergrund ermöglicht es ihr, über aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen im Zusammenhang mit Veränderungen und Trends zu schreiben und praxisnahe Handlungsempfehlungen zu geben, die ein breites Spektrum an Perspektiven berücksichtigen. Sie verfolgt das Ziel, durch die Verbindung von klassischen Konzern-Insights und einem facettenreichen Blick auf die Zukunftsperspektiven junger Menschen einen konstruktiven Dialog zu fördern und Verständnis füreinander zu schaffen. Auch soll durch ihre Veröffentlichungen mit gezielt eingebrachten Moonshots zum Träumen angeregt werden, denn die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft, so ist sie sich sicher, hängt zu großen Teilen von der Fähigkeit ab, Neues zu wagen und Innovationen voranzutreiben.
Ein Impuls von Hagen Rickmann, zuletzt Geschäftsführer Geschäftskunden, Telekom Deutschland & Initiator der DIGITAL X
Wir kennen sie alle: die berühmte »Extra-Meile«. Besonders bei Innovation und Transformation spielt sie eine zentrale Rolle. Denn beides entsteht außerhalb der Komfortzone – man ist vernarrt ins Thema, arbeitet sich immer tiefer ein und, ja, hat fast schon eine Art Manie, hier endlich den Durchbruch zu erreichen. Wenn wir der aktuellen Medienlandschaft Glauben schenken, wäre Innovation künftig mit der Generation Z vorbei: zu faul, zu freizeitorientiert und nicht mehr belastbar. Stimmt das wirklich?
Mit dem Finger auf andere zeigen, statt sich an die eigene Nase fassen – das können wir in Deutschland gut. Denn schauen wir beispielsweise mal selbstkritisch auf internationale Digitalvergleiche, gehören wir bisher nicht zu den Vorreitern. Also scheinen ältere Generationen auch nicht alles richtig gemacht zu haben, oder?
Aus meiner Sicht haben wir aktuell – mehr denn je – ein Mindset-Problem:
Wir diskutieren eher über Risiken von digitalen Technologien statt über deren Chancen.
Wir beschäftigen uns mehr mit dem »Aber« als dem »Und«.
Wir lieben Prozesse statt pragmatischer Lösungen.
Natürlich ist das bewusst überspitzt. Jedoch treten wir durch diese Diskussionen auf der Stelle. Was wir jetzt brauchen, ist ein Digital-Turbo. Und diesen schaffen wir mit neuem digitalen Mindset, Transparenz über gegenseitige Bedürfnisse und eben der gewissen »Extra-Meile«.
Wie kann das gemeinsam mit der Gen Z gelingen?
Das digitale Mindset wurde ihnen als Generation der »Digital Natives« zu großen Teilen immerhin bereits in die Wiege gelegt. Dazu gehört nicht nur die Affinität für Devices und Software, sondern auch tendenziell eine fortgeschrittenere Fehlerkultur, Pragmatismus sowie Offenheit gegenüber Neuem. Allem voran sind sie eher getrieben von Sinnhaftigkeit und persönlichen Werten.
Insbesondere durch letztere sind Unternehmen heutzutage auf dem Arbeitsmarkt gezwungen, aus ihrer Komfortzone herauszugehen. Klassische Arbeitsmodelle wie »nine to five« werden hinterfragt, es wird mehr Wert auf persönliche Entwicklung und Work-Life-Balance gelegt sowie Vision und Sinn gefordert. Hier könnten wir in den altbekannten Modus verfallen, mit dem Finger darauf zu zeigen, und uns im »Faulheits-Argument« bestätigt fühlen.
Doch das bringt uns nicht weiter. Was zählt, sind die Ergebnisse, nicht geleistete Arbeitsstunden. Setzen wir die Chancen-Brille auf, so ist dies vielleicht unser Weckruf, gemeinsam neue Wege einzuschlagen? Gelingen kann uns das mit völliger Transparenz über die jeweiligen Bedürfnisse – sowohl seitens der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmenden. Erwarte ich als Arbeitergeber beispielsweise, dass über die Wochenarbeitszeit hinaus gearbeitet wird? Möchte ich als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer meine Regelarbeit erledigen, dann aber den Fokus auf das Privatleben legen? Hier gilt es, jeweils den gemeinsamen Nenner zu finden und zusammenzubringen.
Denn wenn uns das endlich gelingt und wir gleichzeitig den Menschen und die Vision ins Zentrum der digitalen Welt rücken, generieren wir Sinnhaftigkeit. Dadurch entsteht Richtung, Energie und Leidenschaft, die wir brauchen, um uns für die wichtigen Dinge einzusetzen – ganz unabhängig von Gen Z, Y oder X. Denn Disziplin ist nicht abhängig von der Generation, sondern von Persönlichkeit und Werten.
Es gibt heutzutage also nicht mehr nur Schwarz oder Weiß. Egal mit welchem Thema wir uns beschäftigen, die Bandbreite zwischen den Polen ist endlos. Wir müssen gemeinsam und generationsübergreifend einen Weg finden, die Welt zu einem besseren Ort zu machen als zuvor – mit Innovation, Transformation und gezielten Nachhaltigkeitsbestrebungen.
Lassen Sie uns anderen, und in diesem Falle insbesondere den neuen, Generationen und deren Überzeugungen so offen gegenüber sein, wie wir es auch selbst von ihnen erwarten. Denn abgesehen vom Arbeitsmarkt dürfen wir auch nicht vergessen, dass kommende Generationen die Kunden von morgen sind. Sie fordern digitale Kundenerlebnisse und Produkte, die mit ihrem Wertekonstrukt vereinbar sind. Wer nicht mit diesem Zeitgeist mithält, verspielt früher oder später seine Zukunft.
Ich bin mir also sicher: Die Gen Z wird zukünftig einen positiven Einfluss auf Innovations- und Transformationsthemen nehmen – nur eben auf eine andere Art und Weise als bisher. Das bringt uns aus der Komfortzone und das ist gut so. Es liegt nun an uns als derzeitige Entscheiderinnen und Entscheider, sich auf diesen Wandel einzulassen und ihn aktiv mitzugestalten.
Über Hagen Rickmann
Digitalisierung, insbesondere des Mittelstands, ist das Herzensthema von Hagen Rickmann. Als Geschäftsführer leitete er von 2015 bis 2024 den Geschäftskundenbereich der Telekom Deutschland GmbH und war Schirmherr der DIGITAL X.
Im Interview mit Dustin Chabrowski, 29, Gründer und Co-Geschäftsführer von SIMPL Technologies GmbH
Vom Konzernleben in die Start-up-Welt: Dustin Chabrowski hat den Schritt gewagt und sich von der Softwaresparte der Automobilindustrie in die CTO-Rolle seines eigenen Unternehmens gewagt. Im Gespräch mit ihm habe ich herauszufinden versucht, was Entscheider*innen aus Konzernen von diesem Schritt lernen können, um Menschen mit Erfindergeist, wie Dustin, für sich zu gewinnen und zu halten, und was sonst an Informationsaustausch zwischen Start-up-Welt und Konzernalltag stattfinden sollte.
Dustin, wie wird sich die Arbeitswelt bis 2035 entwickeln?
Die Arbeitswelt wird deutlich stärker durch künstliche Intelligenz und Automatisierung geprägt sein. Wir sehen aktuell, was ChatGPT bereits für einen Einfluss genommen hat, und so wird es ab jetzt immer weitergehen. Das bedeutet, dass Jobs wegfallen werden, aber genauso entstehen völlig neue. Diese werden jedoch allesamt eine gewisse Digitalkompetenz erfordern.
Weitere Trends, die die Arbeitswelt aus meiner Sicht beeinflussen werden, sind die Themen Lebenslanges Lernen, Personal Branding und Intrapreneurship. Lernen ist bereits heute ein zentrales Thema. Mit der nie dagewesenen und immer schneller werdenden Geschwindigkeit, in der sich die Welt aktuell verändert, erhält das Thema nun einen noch viel höheren Stellenwert. Wer nicht up to date bleibt, ist raus. Mit Personal Branding ist es ähnlich. Bereits heute sehen wir, welche Macht soziale Medien und Reichweiten, die man sich dort aufbaut, haben und wie ganze Karrieren dort gestaltet werden. In Zukunft werden wir immersivere Plattformen sehen und deutlich mehr Zeit online verbringen. Insofern gewinnt eine gute Online-Präsenz deutlich an Bedeutung für die eigene Karrieregestaltung. Intrapreneurship, also Unternehmertum in Anstellung, wird aus meiner Sicht ein relevantes Instrument, um Mitarbeiter*innen an Unternehmen zu binden, aber auch, um als Unternehmen innovationsfähig zu bleiben und reaktionsschnell zu werden.
Unterm Strich wird die Arbeitswelt getrieben durch die zunehmende Geschwindigkeit, in der Veränderung geschieht.
Wie genau ist Intrapreneurship als Instrument zu verstehen und wie müssen Unternehmen sich dahingehend verändern?
Intrapreneurship wird aktuell oft extern eingekauft. Ähnlich wie man dies von Beratungsleistung kennt, werden Expert*innen über einen bestimmten Zeitraum von außen hinzugeholt, die sich in die Organisation eindenken, Handlungsoptionen, unternehmerisch und innovationsorientiert zu agieren, aufzeigen und teilweise auch umsetzen bzw. die Umsetzung begleiten.
Das Problem: Intrapreneurship hilft dabei, Innovationskraft aufzubauen und zu halten. Bei der eingangs erwähnten Veränderungsgeschwindigkeit eine unabdingbare Kompetenz für Unternehmungen, die zukunftsfähig sein wollen. Werden aber von extern analysierte und aufgebaute Maßnahmen wie ein Korsett um bestehende Strukturen gelegt, ist dies nicht besonders nachhaltig. Mitarbeiter*innen, die nach dem Ausstieg der Expert*innen mit den Empfehlungen umgehen sollen, haben sich nicht verändert und sollen nun nach neuen Ansätzen von irgendwem agieren. Niemand weiß so richtig, was daraus gemacht werden soll, und nachhalten kann es möglicherweise auch keine*r.
Durch die Beteiligung von Mitarbeiter*innen an Intrapreneurship-Programmen hingegen wird unternehmerisches Denken und Handeln bei diesen trainiert. Sie erhalten einen anderen Zugang zum Unternehmen und Einblicke in neue Arbeitswelten, ohne dabei unternehmerisches Risiko eingehen zu müssen. Durch Vorzüge wie der finanziellen Beteiligung am Erfolg des Programms werden Mitarbeiter*innen zudem ganz anders motiviert. Durch Intrapreneurship-Programme, die mit eigenen Mitarbeiter*innen besetzt sind, haben Unternehmen also den Vorteil, dass sie sich Innovationskraft aufbauen, die nachhaltig im Unternehmen verbleibt. Veränderungen werden nicht nur müde mitgetragen, sondern tatsächlich gelebt, da diese aus den eigenen Reihen entstanden sind. Mitarbeiter*innen werden nachhaltig anders denken, agieren und im Unternehmen verbleiben wollen. Insbesondere wenn der Wechsel ins Unternehmertum eine Option gewesen wäre.
Gibt es typische Stolperfallen beim Aufbau eines Intrapreneurship-Programms und warum macht das nicht einfach jedes Unternehmen?
Zwei gängige Fehler, die ich beim Aufbau von Intrapreneurship-Programmen in Unternehmen beobachte, sind, dass Unternehmen erst ein Thema bestimmen und dieses dann auf dem Weg personalisieren sowie das Thema um ein bestehendes Problem herum konstruieren. Aus meiner Sicht müssen für erfolgreiche Programme zuerst die Teams zusammengestellt werden, die dann gemeinsam und autonom loslaufen und agieren können. Zudem ist es ein zentraler Erfolgsfaktor, dass nicht das Problem in den Mittelpunkt gestellt wird, sondern anstelle dessen ein Ziel definiert wird, welches im Rahmen des Programms erreicht werden soll. Anhand dessen wird auch die Zusammenstellung des Teams deutlich einfacher und passender ausfallen.
Wenn diese Hürden genommen sind, gibt es natürlich noch ein auf der Hand liegendes Problem, welches dafür sorgt, dass Intrapreneurship-Programme scheitern oder gar nicht erst aufgebaut werden: Die Kultur und die Anforderungen von Intrapreneurship an Mitarbeiter*innen und die Organisation als Ganzes sind ziemlich konträr zur Konzernlogik.
Ein interessantes Beispiel, wie Intrapreneurship im Konzern-Format funktionieren kann, bietet der chinesische Konzern Haier. Der besonders für Haushaltsgroßgeräte bekannte Industriekonzern ist in hunderte kleine Mikrounternehmen unterteilt, welche alle eigenständig sind und unabhängig voneinander funktionieren. Trotz über 70.000 Mitarbeiter*innen ist das Unternehmen so in der Lage, extrem schnell und agil zu (re-)agieren.
Du warst selbst bei einem Konzern angestellt, bevor du gegründet hast. Was können Konzerne aus deiner Sicht von Start-ups lernen?
Angefangen mit dem Phrasendreschen. Konzerne springen erstmal gerne auf Trends auf, aber von den Marketing-Slides bis zu tatsächlich gelebter Praxis ist es ein weiter Weg. Ein Beispiel ist das agile Arbeiten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mittlerweile jede*r Mitarbeiter*in davon gehört hat, und viele würden sicher auch überzeugt behaupten, dass sie nach dem Konzept der agilen Arbeitsweise handeln. Dabei kommt es jedoch primär auf Flexibilität, schnelle Handlungsfähigkeit und Ergebnisorientierung an. Drei Eigenschaften, die ich den meisten Unternehmen nicht unbedingt unterstellen würde. Konzepte verstehen, vertesten und leben können Start-ups mit ihrer offenen Kultur, hohen Transparenz und kurzen Wegen definitiv besser. Insbesondere was Transparenz und den Anspruch, nicht nur Prozesse, sondern vor allem auch Verständnis zu schaffen, angeht, können Unternehmen von Start-ups lernen.
Ein weiteres Thema ist der Umgang mit den eigenen Mitarbeiter*innen und deren Arbeitsweise, beispielsweise im Kontext Kontrolle und Vertrauen. Wenn man wenig Ressourcen zur Verfügung hat, priorisiert man radikal und Dinge wie Micromanagement, unnötig lange Prozesse oder Aufgaben, die nicht (mehr) den Zweck erfüllen, fallen ohne lange Umschweife weg. Dies hilft dabei, sich regelmäßig neu zu erfinden, um das Ziel zu erreichen und nicht in Gewohnheiten zu verfallen, die möglicherweise nicht mehr dienlich sind. Es herrscht eine Kultur des Ausprobierens, der Freude an Neuem und eine entsprechend ausgeprägte Fehlerkultur. Davon können sich Unternehmen definitiv etwas abschauen. Wichtig an der Stelle ist jedoch zu sagen, dass diese Art des höchst eigenverantwortlichen Arbeitens nicht jedem Menschen liegt. Manche benötigen und wünschen sich eine engere Führung als andere. Insofern muss auch hier weiterhin auf gute Führungskräfte gesetzt werden.
Wieso hast du deinen Konzernjob für das eigene Start-up verlassen und wie können Unternehmen Menschen wie dich rekrutieren bzw. zurückgewinnen?
Ich habe meinen Job in einem sehr sicheren Umfeld verlassen, da ich im Start-up-Umfeld wirklich Einfluss nehmen und wegweisende Entscheidungen treffen kann. Gemeinsam mit einem Team, wo alle richtig und ehrlich Lust aufs Thema haben, und in einem Umfeld, in dem ich direkt Mehrwert für Kund*innen schaffen kann, fühlt sich Arbeit komplett anders an als in Anstellung. Die eigene Gründung und Geschäftsführung bietet mir zudem immense persönliche und unternehmerische Wachstumschancen. Die Entscheidung fiel daher nicht gegen den Konzernjob, der mir durchaus auch Spaß gemacht hat, sondern für das Start-up-Leben und die damit verbundenen Vorteile.