Ihre letzte Chance - Axel Fischer - E-Book

Ihre letzte Chance E-Book

Axel Fischer

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Beschreibung

IHRE LETZTE CHANCE Der ehemalige Topagent des britischen MI6 Peter McCord setzte sich nach erfolgreicher Durchführung seines letzten, sehr gefährlichen Auftrages mit dem Codenamen „Der Schneekrieg“ an der Algarve zur Ruhe, nachdem er dort sein privates Glück gefunden hat. Sein Schwiegervater übertrug ihm die Leitung von Teilen seines Konzerns, den er innerhalb von drei Jahren zum führenden Unternehmen Portugals ausbaut. Gerade als er den großen Erfolg eines neuen Verkaufsschlagers feiert, erhält er unerwarteten Besuch aus seiner Vergangenheit: Es geht um die Rettung von drei Soldatinnen, deren Leben nur noch am seidenen Faden hängt. Weil er der einzige Spezialist für einen äußerst gefährlichen Einsatz ist, versucht man ihn zu reaktivieren. McCord willigt sofort ein, da die Hinrichtung der drei britischen Soldatinnen kurz bevor steht. Ein Rennen gegen die Zeit beginnt, dass den Ausrüstungstüftlern des MI6 kaum Möglichkeiten lässt, McCords Einsatz ausreichend zu planen und vorzubereiten. Bereits am nächsten Morgen startet er die Rettungsaktion. Doch gleich zu Beginn seines Einsatzes stellt er fest, dass er nicht mehr der gnadenlose Agent ist, der auch tötet, wenn dies unausweichlich scheint. McCord hat den Kopf nicht mehr frei, wie es früher der Fall war. Immer wieder denkt er an seine Frau Theresa und seine Tochter Gina. Dieser Umstand gefährdet um ein Haar den ganzen Einsatz. Nur mit viel Glück überlebt er und als er glaubt, es ist endlich vorüber, haben sich die Schergen seiner Gegner bereits auf seine Spur gesetzt. Eine gnadenlose Jagd auf den Topagenten des MI6 und seine Familie beginnt.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Bereits erschienen

Teheran Staatsgefängnis Hochsicherheitstrakt Abt. Terroristen und Spione 15. Juli 06:05 Uhr

Kapitel 1

Bedrückend schallte früh am Morgen der Lärm durch die kalten Gebäudeteile des größten Gefängnisses im Iran. Die Nachttemperaturen lagen nur knapp über dem Gefrierpunkt. Gnadenlos hatte sich die Kälte der Nacht durch die winzigen, vergitterten Lichtdurchlässe, die man nicht als Fenster bezeichnen konnte, da es an Scheiben mangelte, hereingeschlichen. Beim Ausatmen bildeten sich kleine, weiße Rauchfähnchen vor den Mündern der Insassen. Befehle in einer Sprache, die sie nicht verstanden, welche jedoch deshalb nicht minder bedrohlich klangen, weckten alle Häftlinge aus ihrem Halbschlaf auf. Die drei Engländerinnen waren heilfroh, dass man sie wenigstens zusammen in dieses Drecksloch gesperrt hatte. Die unzureichenden, dünnen, kratzigen Schafwolldecken boten ihnen gegen die Kälte der Nacht nur wenig Schutz. Vor allem Angela Banks, die mit achtundzwanzig Jahren Jüngste von ihnen, hatte die halbe Nacht geweint. Angela arbeitete schon seit zwei Jahren als Sanitätssergeant für die britischen Streitkräfte im Irak. Sie gehörte zum Stab von Dr. Dr. Nora Redcliff, Oberstärztin und Oberkommandierende der Sanitätsstreitkräfte Ihrer Majestät der englischen Königin im Irak. Das Triumvirat vervollständigte die Stabsärztin Captain Doktor Rachel Thomas. „Hör auf zu weinen, Angela, der Irrtum wird sich sicher schnell aufklären, und wir werden bald freigelassen.“ Um ihre Einschätzung der Sachlage noch mehr Kraft zu verleihen, nahm sie die junge Frau in den Arm und drückte sie fest an sich. Sie fühlte, wie Angela zitterte und ihr saurer Atem verstärkte nur noch den Eindruck, wie sehr sich ihre Angst bereits auf ihren Organismus ausgeweitet hatte. Die junge Frau litt bereits seit gestern Abend unter erheblicher Diarrhö. Ihre Dehydration war schon viel zu weit fortgeschritten, und wenn sie den Durchfall nicht medikamentös gestoppt bekamen, gab es Grund zur Annahme, dass Angelas Körper schwere Schäden davontragen würde. Sie benötigten dringend frisches Wasser. Wieder wurde sie von einem Weinkrampf geschüttelt und der nächste Schub zur Darmentleerung schien sich auch schon wieder anzukündigen. Schon sehr geschwächt erhob sich die schlanke, junge Frau und schleppte sich rüber zu dem Toiletteneimer, der ihnen als Abort diente und nur mittels eines einfachen Deckels verschlossen wurde. Angela nahm den Deckel des Eimers ab. Angewidert zog sie den graubraunen Grobleinenüberwurf, der seine Ähnlichkeit mit einem Jutesack nicht verhehlen konnte und ihnen als Gefängniskleidung diente, hoch und die viel zu große wollweiße Schafswollunterhose herunter. Der Gestank, der aus dem Eimer hochstieg, raubte ihnen allen die Luft zum Atmen. Angela fing schon wieder zu weinen an. Die fehlende Privatsphäre bei der Toilettenbenutzung sorgte bei ihr ganz sicher nicht für eine Aufhellung ihrer Stimmung. Blubbernd und grummelnd erleichterte sich Angela in den schon recht vollen Toiletteneimer. Papier, um sich damit zu reinigen, war ebenfalls Fehlanzeige. Rachel sprang ihr gleich zu Hilfe als sie bemerkte, dass Angela mit ihren Kräften am Ende war. Sie half ihr zu dem kleinen Waschbecken gegenüber dem Eimer herüber und öffnete den Leitungshahn. Man konnte die undefinierbare Brühe, die in das winzige Waschbecken plätscherte, ganz sicher nicht als Trinkwasser bezeichnen, jedoch zum Reinigen von Angelas Po sollte es wohl reichen. Mit der bloßen Hand und etwas Kernseife wusch sie Angela sauber und trocknete sie ab. Zum Abschluss dieser Prozedur zog sie ihr die kratzige Schafwollunterhose wieder hoch und den Zweck veränderten Jutesack wieder herunter.

Nacheinander wuschen sie sich nun leicht angewidert in ihrer winzigen Waschgelegenheit und trockneten sich mit den ihnen überlassenen Handtüchern ab, denen man nicht ansah, dass sie frisch gewaschen waren. Auch die Zahnbürsten, die sie bei ihrer Einweisung erhalten hatten, konnte man keineswegs als Vertrauens erweckend bezeichnen. Seit vorgestern Nachmittag waren sie nun Gäste in diesem eher zweifelhaften Etablissement und warteten darauf eine Erklärung zu erhalten, warum sie gefangen genommen und hier inhaftiert wurden. Angela legte sich auf ihre Pritsche und döste wieder vor sich hin, während die beiden anderen Frauen an dem kleinen Tisch in ihrer Zelle Platz nahmen und noch mal den Ablauf der letzten Tage Revue passieren ließen. Die beiden Ärztinnen und Angela, die als Krankenschwester ihren Dienst versah, hatten sich vor fünf Tagen mit zwei offiziellen Sanitätsfahrzeugen der britischen Streitkräfte im Irak auf den Weg gemacht, um so viele Kinder als möglich gegen die gängigsten Kinderkrankheiten zu impfen. Vorgestern nach Mittag hatten sie ihren Auftrag erfolgreich beendet und sich auf den Heimweg begeben. Das letzte Dorf, das sie besucht hatten, lag etwa zehn Kilometer von der iranischen Grenze entfernt. Überall empfing man die drei Frauen mit offenen Armen. Sie hatten nicht nur alle Kinder geimpft, sondern auch eine Menge Wunden versorgt und fortwährend medizinische Hilfe geleistet, wo sie von Nöten war. Beschwingt und laut singend hatten sie den Heimweg angetreten. Als sie gerade auf die Piste Richtung Britisches Lager eingebogen waren und die etwa hundert Kilometer bis zu ihrem Stützpunkt unter die Räder nehmen wollten, stoppten sie zwei gepanzerte und zwei Gelände gängige Fahrzeuge, besetzt mit zwölf schwer bewaffneten Soldaten der iranischen Armee. Die Fahrer der Sanitätsfahrzeuge versuchten noch zu entkommen, doch mit ein paar gezielten Schüssen aus den automatischen Waffen töteten die Iraner beiden einheimischen Soldaten. Die drei Frauen wurden aus ihren Fahrzeugen gerissen, gefesselt und in eines der Panzerfahrzeuge gesperrt. Ohne weitere Erklärungen abzugeben entführte man sie in den Iran und lieferte sie nach stundenlanger Fahrt, ohne dass man ihnen Wasser zu trinken gab, in Teheran im Staatsgefängnis ab. Colonel Redcliff als ranghöchster Offizier protestierte bei der Einweisung gegen die Behandlung und die grundlose Inhaftierung, doch die Soldaten, die sie im Gefängnis in Empfang nahmen, sprachen angeblich kein einziges Wort Englisch.

Das erste menschliche Wesen, das sich ihrer Sprache kundig zeigte war ein Captain. Ziemlich geräuschvoll betrat er den Raum, in dem sie nun bereits seit drei Stunden saßen. Jede von ihnen hatte ein Glas Wasser erhalten und durfte einmal die Toilette benutzen. Der eher schmächtige Captain, den eine junge Soldatin begleitete, nahm auf einem kleinen Podium hinter einem Schreibtisch Platz. Die Soldatin, die ihn begleitete, übergab ihm die Papiere der beiden Ärztinnen und der Sanitätssoldatin. Seine Gefangenen bezweifelten zwar, dass er überhaupt verstehen konnte, was in den Ausweispapieren stand, doch ein Protest gegen die Behandlung schien ihnen ebenfalls zwecklos. So harrten sie der Dinge, die da folgen sollten. „Mein Name ist Colonel Nora Redcliff. Ich bin der kommandierende Offizier der Sanitätsstreitkräfte der britischen Streitkräfte und protestiere gegen die Behandlung, Captain. Gemäß der Genfer Konvention haben wir ein Anrecht auf menschenwürdige Behandlung.“ „Die Genfer Konvention, Colonel, schützt lediglich alle Kriegsteilnehmer sowie die Zivilbevölkerung. Wir befinden uns aber nicht im Krieg mit England. Der Iran ist ein friedvolles Land.“ „Dann sind wir auf der Stelle frei zu lassen, Captain.“ „Aber keineswegs, Colonel, wir müssen unser Land, genau wie Sie es doch auch handhaben, vor Terroristen schützen und wegen nichts anderem wurden Sie verhaftet. Sie haben im Grenzgebiet auf dem Territorium des souveränen Staates Iran spioniert, um terroristische Anschläge gegen unser Land zu planen und durchzuführen. Wir haben Sie dabei auf frischer Tat ertappt und auf unserem Staatsgebiet festgenommen.“ „Das ist doch eine infame Lüge, Captain, wir befanden uns noch mindestens zehn Kilometer von der Grenze zum Iran entfernt, als Ihre Leute uns aufbrachten und verhafteten.“ „Sie sind doch Sanitätsoffiziere, Colonel, und deshalb sicher nicht so kundig mit dem GPS umzugehen.“ „Wollen Sie mir etwa unterstellen, ich befinde mich außer Stande eine korrekte Standortermittlung durchzuführen?“ „So etwas in der Richtung, Colonel.“ „Ich protestiere aufs Schärfste.“ „Tun Sie das, Colonel. In einigen Tagen werden Sie dem Haftrichter vorgeführt. Diesem können Sie Ihre Beschwerden vortragen.“

„Lassen Sie mich nun meine Arbeit tun, Colonel. Bitte entledigen Sie sich nun all Ihrer Kleidung.“ „Das kommt ja überhaupt nicht in Frage, dass ich mich vor Ihnen ausziehe, Captain.“ „Das werden Sie wohl müssen. Sonst wären wir gezwungen Zwangsmaßnahmen zu ergreifen. Also bitte. Sie erhalten Ihre Uniformen sowie alle anderen persönlichen Gegenstände bei einer etwaigen Entlassung zurück. Ich erwarte nun Ihre sofortige Kooperation. Ansonsten lasse ich Sie zwangsweise entkleiden.“ Weil jeglicher Widerstand zwecklos erschien, zogen sich die drei Frauen bis auf die Unterwäsche aus. „Die Unterwäsche auch. Sie erhalten dafür Anstaltswäsche“, forderte die junge Soldatin, die die Prozedur sorgfältig überwachte. „Also bitte, wir haben nicht ewig Zeit“, befahl sie. Wenig später standen die drei Frauen völlig nackt vor dem Captain, der diesen Anblick sichtlich genoss. Die Soldatin verteilte an jede der drei Frauen eine Schafswollunterhose und ein gewandähnliches Kleid aus Jute, welche wohl aus alten Säcken geschneidert waren und ihnen etwa bis zu den Knien reichte. Um den Blicken des Captains nicht weiter ausgesetzt zu sein, legten sie rasch ihre Anstaltskleidung an. Bekleidung für ihre Füße erhielten sie nicht. „Folgen Sie mir jetzt in Ihre Zelle“, kommandierte die Soldatin und machte sich bereits auf den Weg eine Etage höher. Ohne Murren folgten die drei Sanitätssoldatinnen ihrer Wärterin. Ihr Haftraum war recht klein und mit zwei Etagenbetten, vier Stühlen, einem kleinen Tisch, vier schmalen Regalen, einem winzigen Waschbecken und einem Toiletteneimer ausgestattet. Auf dem Tisch lagen drei Handtücher, die sicher bereits die tausendste Wäsche überstanden hatten und vielleicht einmal weiß gewesen waren. Drei Laken sowie die gleiche Anzahl an Kopfkissenbezügen teilten sich auf drei Betten auf. Schon beim Beziehen der Matratzen kratzten sich die Frauen am ganzen Körper. Es war nicht ausgeschlossen, dass dies von Flöhen ausgelöst wurde, die bereits gierig auf das Blut ihrer Opfer warteten.

Der laute Knall des Türriegels, der mit Wucht zum Öffnen ihrer Zellentüre zur Seite geschoben wurde, riss sie aus ihren Gedanken und katapultierte sie förmlich zurück in die raue Realität. Selbst Angela schreckte in ihrem Bett hoch. Eine junge Gefangene trug unter Aufsicht zweier Soldaten, die mit automatischen Waffen ausgerüstet waren, drei dampfende Becher, Fladenbrot und ein Tellerchen voll Oliven auf einem Tablett aus Blech herein und stellte es auf den kleinen Tisch. Sie lächelte ihren drei Mitgefangenen kurz zu, wurde aber sofort wieder nach draußen beordert, wenn Nora die Geste und den verbalen Befehl des ranghöheren Soldaten richtig deutete. Angela bewegte sich langsam aus ihrem Bett. Doch nur das beherzte Eingreifen von Rachel Thomas verhinderte, dass Angela zusammenbrach. Vorsichtig setzten sie ihre Kameradin auf den Stuhl. Nora Redcliff griff als erste mit beiden Händen nach dem Blechbecher. „Heiß ist das Gebräu auf alle Fälle“, entfuhr es ihr, während sie den heißen Becher zurück auf den Tisch stellte. Das Brot war frisch und die Oliven frei von Schädlingen, dafür jedoch noch etwas unreif. Rachel teilte das Brot durch drei und legte jedem seinen Anteil auf den Platz. Nora nahm erneut ihren Becher und nippte vorsichtig an der braunen Flüssigkeit. „Das ist der dritte Aufguss von Bohnenkaffee mit viel Zucker veredelt. Für dich, Angela, genau das Richtige. Der Zucker wird dir gegen den Durchfall helfen. Nimm dazu ein Stück trockenes Brot und bloß keine Oliven.“ Leicht apathisch biss Angela Banks kleine Stücke von ihrem Brot ab und schlürfte hin und wieder einen Schluck aus dem Becher mit dem heißen Gebräu. „Ob wir hier je wieder herauskommen, Nora?“, fragte Rachel ihre Mitgefangene. „Du kennst mich, Rachel, ich bin ausgebildet worden, Situationen präzise einzuschätzen und deshalb vermute ich, dass dies wohl nicht der Fall sein wird. Aber ich bin nicht Gott. Vielleicht holen sie uns ja noch hier raus.“ Keine fünfzehn Minuten später, nachdem sie ihr Frühstück erhalten hatten, wurde die Zellentüre erneut aufgerissen. Die junge Soldatin, die gestern bei ihrer ersten Vernehmung anwesend gewesen war, betrat ihre Zelle und stellte sich breitbeinig vor sie hin.

Portimao Hafenstadt in Portugal an der Algarve neues Verwaltungsgebäude der Sanchez Holding zehntes Obergeschoss 16. Juli 11:10 Uhr

Kapitel 2

Peter McCord schaukelte gut gelaunt in seinem schweren, ledernen Schreibtischsessel hin und her und schaute aus dem bis zum Boden reichenden Fenster seines Büros auf die Bucht von Portimao und den Atlantik, der ihn mit kleinen weißen Wellen begrüßte. Es roch in seinem Büro noch ein wenig nach Farbe und Beton. Erst vor wenigen Wochen hatte er mit seinem gesamten Stab der Sanchez Brauereien, Mineralwasser und Softdrinks Ltd. die neuen Büroräume in Portimao bezogen. Die drei oberen Geschosse nutzte er mit seinen Abteilungen Ein- und Verkauf, Rechnungswesen und der Personalabteilung. Die ersten drei Etagen nutzte sein Schwiegervater, der nicht so recht schwindelfrei war mit seinen übrigen Unternehmen als Firmensitz. Seine Fleisch-, Fisch-, Obst- und Gemüse produzierenden Betriebe sorgten nicht nur für eine Menge Umsatz, sondern ließen auch die Kasse des Firmengründers klingeln. Mittlerweile arbeiteten etwa zwanzigtausend Menschen für den Sanchezkonzern. Peters Schwiegervater war unheimlich stolz auf seinen Schwiegersohn, der den Getränkekonzern und die Brauerein mächtig auf Vordermann gebracht hatte und somit die Wertschöpfung wieder ordentlich ansteigen ließ.

Peter versank in seinen Gedanken. Beinahe drei Jahre war es jetzt her, dass er seinen Job als Spezialagent des britischen Geheimdienstes an den Nagel gehangen hatte. Seinen letzten Auftrag unter dem Codenamen „Schneekrieg“ hatte er hier in Portugal an der Algarve durchgeführt. Haarscharf war er dabei dem Sensemann von der Schippe gesprungen. Bei seinem Gegner handelte es sich um den Drogenbaron Ramirez, der für ein großes Drogenkartell in Kolumbien arbeitete. Außerdem verdiente Ramirez mit jungen Mädchen, die er professionell auf den Strich schickte, und mit Waffen aller Art sein Geld. Die Polizei legte ihm noch Geldwäsche und eine Vielzahl an Morden zur Last. Als Ramirez damit startete, auf seiner Pousada in großem Stil synthetische Drogen zu produzieren, mit denen er den gesamten europäischen Markt überschwemmen wollte, schaltete sich der MI6 ein, der von mehreren europäischen Staaten darum gebeten wurde, dem Treiben ein Ende zu bereiten. Ramirez ging über Leichen, wenn sich ihm irgendjemand in den Weg stellte. Dies hatte ein junges, farbiges Mädchen, das sich unsterblich in Peter verliebt hatte, letztendlich mit dem Leben bezahlt. Er hatte noch versucht sie zu retten und sie ins Krankenhaus gebracht, doch den Drogenmix, den Ramirez Leute ihr eingeflößt hatten, konnte auch das Notarztteam nicht mehr neutralisieren. Sie starb ohne nochmals das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

Peter lernte während seines Einsatzes bei Vermessungsarbeiten vor Ramirez Pousada, als er von dessen Leuten erwischt und zusammengeschlagen wurde, seine heutigen Schwiegereltern kennen, die ihn wieder zusammenflickten. Auf der riesigen Sanchezfarm lernte er ebenfalls seine Frau kennen, die kurz vor dem Examen ihres Medizinstudiums stand. Sie verliebten sich gleich ineinander. Peter konnte seinen Auftrag positiv beenden und verhindern, dass mehrere hundert Tonnen synthetischer Drogen auf den europäischen Markt kamen. Besonders freute er sich auch darüber, dass er die vielen jungen Mädchen hatte befreien können, die unter menschenunwürdigen Verhältnissen wie Vieh in Zellen gehalten wurden, und die nur zum Anschaffen die Pousada verlassen durften. Dies war nun alles schon so lange her. Peter hatte nach diesem Einsatz in London seinen Dienst beim MI6 quittiert. Sein Schwiegervater hatte ihm ein sehr attraktives Angebot unterbreitet, Teile seines Unternehmens zu übernehmen und zu leiten. Peter studierte vor seiner Tätigkeit für den MI6 Betriebswirtschaft und Ingenieurwesen und war dementsprechend hervorragend für den Job geeignet.

Sie feierten eine wunderschöne, legere Hochzeit an der Algarve und später mit seinen Verwandten im schottischen Hochland, woher Peter gebürtig stammte. Doch auch die eher zeremonielle Hochzeitsfeier endete feuchtfröhlich mit gutem Schottischen Malt-Whisky, obwohl der Clan der McCords um einige Ecken mit dem britischen Königshaus verwandt war. Entsprechend lief die Feier ab. Zu Anfang startete man etwas steif, doch später tanzten alle wild durcheinander. Peter musste schmunzeln, als er daran zurück dachte. Seine Verwandtschaft hatte Theresa gleich in ihr Herz geschlossen. Sie fühlte sich beinahe wie eine Prinzessin in ihrem historischen Hochzeitskleid, dass sie während der Feier trug. Mehrere Tage dauerten die Festivitäten im Herrenhaus von Peters Eltern, bevor sie wieder zurück nach Portugal flogen. Schon zwei Monate später wurde Theresa schwanger. Er schaltete den digitalen Bilderrahmen auf seinem Schreibtisch ein. Etwa hundert Aufnahmen hatte Theresa ihm darauf geladen. Die ersten Fotos zeigten Theresa und seine Schwiegereltern vor ihrem Haus, dass sie von ihren Eltern zur Hochzeit geschenkt bekommen hatten. Theresa hatte sich in den letzten drei Jahren überhaupt nicht verändert. Sie war eher noch schöner geworden. Auch nach der Geburt von Gina hatte sie sich ihre Figur, die man eher einer Balletttänzerin zugestanden hätte, wieder zurückerkämpft und bis heute konserviert. Ihre lange, lockige, schwarze Mähne, die sie tagsüber meist zu einem dicken Zopf, der bis zu ihren Schulterblättern reichte, zusammenband, trug sie eigentlich nur offen, wenn sie zu Hause waren. Er liebte es, in ihren Haaren zu wühlen. Ohne ihre kleine Familie zu vernachlässigen, baute sie sich ihre Kinderarztpraxis immer weiter aus. Mittlerweile stand ihr ein gewaltiger Apparat an Untersuchungsgeräten zur Verfügung, um die sie manche Klinik im Land beneidete. Einige Fotos weiter folgte eine richtige Bilderserie von Gina, ihrer kleinen Tochter, die ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten schien und auch ein ähnliches Temperament besaß. Ihre großen, schwarzen Augen funkelten ihn immer wieder an und es folgte fast immer ein Lächeln. Peter versank ganz tief in seine Gedanken und bemerkte dies erst, nachdem sein Telefon bereits dreimal geläutet hatte.

„McCord? Hallo, Herr Juarez. Was haben Sie für Nachrichten für mich?“ „Guten Tag, Mr. McCord. Ich habe die neuesten Zahlen zum Verkaufsstart unserer neuen Limonadenserie.“ „Nun spannen Sie mich nicht so lange auf die Folter. Wie sieht es aus?“ „Wir sind schon ausverkauft. Ich habe unsere Fertigung bereits angewiesen, weiter mit Hochdruck abzufüllen, damit wir den Bedarf überhaupt decken können. Ich muss sagen, anfangs war ich ja skeptisch, ob die drei zuckerfreien Limonaden bei uns im Land überhaupt ankommen, aber Ihre Idee, die Limos mit dem Extrakt aus der Steviapflanze zu süßen, ist ein echter Hit.“ „Dass Sie die Fertigung bereits auf Trapp gebracht haben war sehr gut“, lobte Peter seinen Vertriebsleiter. „Schicken Sie mir die Zahlen einfach hoch, wenn Sie Ihnen vorliegen.“ „Mach ich, Chef. Bis später.“ „Alles klar.“ Wieder ein Erfolg auf der ganzen Linie. Peter katapultierte sein Unternehmen immer häufiger an seinen Wettbewerbern vorbei und setzte sich damit an die Spitze im Land. Auch der Export in die angrenzenden Länder wie Spanien und Frankreich lief bereits sehr positiv an. Stolz lehnte sich Peter in seinem Sessel zurück und schaute wieder auf die Bucht von Portimao. Es herrschte Ebbe und sogar bis hier oben in seine Büroetage konnte man den typischen Geruch von in der Mittagssonne trocknendem Tang, Fisch und Salz wahrnehmen.

Als es an seiner Türe klopfte, rief er kurz: „Herein.“ Conzuela Martinez in weißer Bluse und dunkelblauem Rock mit passenden Pumps trat ein. Die junge Frau war 31 Jahre und somit genauso alt wie Theresa. Sie hatte sich sehr gut in die Rolle seiner Assistentin eingearbeitet und das gar soweit, dass Theresa schon ein wenig eifersüchtig auf sie war, da er mit ihr mehr Zeit am Tag verbracht als mit ihr selbst. „Was gibt`s Conzuela?“ „Sie haben Besuch, Mr. McCord.“ „Ich habe nichts in meinem Kalender stehen. Wer ist es denn?“ „Niemand, den Sie so bald erwartet hätten, Peter“, vernahm er eine Stimme, die er gut kannte und deren Eigner er sehr schätzte. Als Peter dann noch das Gesicht sah, freute er sich sehr diesen Gast begrüßen zu dürfen.

Teheran Staatsgefängnis Hochsicherheitstrakt Abt. Terroristen und Spione 16. Juli 08:15 Uhr

Kapitel 3

„Guten Morgen, Gefangene. Sie haben jetzt eine Stunde Zeit, Ihre Zelle zu reinigen und den Toilettentopf auszuleeren. Stinkt ja bestialisch hier.“ „Wir haben eine Kranke, die unter starkem Durchfall leidet. Bitte versorgen Sie den Sergeant mit Kohletabletten“, unterbrach Colonel Redcliff die junge Soldatin und fing sich dafür einen bösen Blick ein, was sie aber keineswegs störte. „Wir sind hier kein Erholungsheim! Ich werde aber sehen, was ich tun kann. Später hole ich Sie dann zur Vernehmung ab. Sehen Sie zu, dass Sie bis dahin fertig werden und halten Sie sich bereit.“ „Wir werden wohl kaum andere Termine wahrzunehmen haben“, antwortete Nora Redcliff frech. „Ich glaube nicht, das Sie Grund zum Witze machen haben! Nun fangen Sie schon an mit dem Zellen reinigen. Wir legen hier sehr viel Wert auf Sauberkeit und Hygiene.“ „Das ich nicht lache. Schauen Sie sich doch hier einmal um. Das ist ein Drecksloch und keine Gefängniszelle.“ „Dann wird es Zeit, dass Sie hier alles auf Vordermann bringen.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren drehte sich die Soldatin um und verließ die Zelle.

„Du legst dich erstmal wieder hin, Angela. Wir übernehmen die Putzstunde heute.“ Die beiden Offiziere trugen als erstes den Toiletteneimer zwei Türen weiter nach rechts, wo sich in unmittelbarer Nähe die große Klappe befand, in die sie die Fäkalien unter Aufsicht von vier schwer bewaffneten Soldatinnen schütten sollten. Die beiden Frauen mussten sehr an sich halten, um sich nicht gleich zu übergeben, als sie den Inhalt des Eimers in die Rohröffnung kippten. Die Gerüche, die ihnen aus dem Schacht entgegen wehten, standen an Qualität denen, die aus dem Eimer quollen, in nichts nach. Bevor sie die Stahltüre wieder verschlossen nahmen sie den bereit hängenden Wasserschlauch und spülten ihren Eimer noch zweimal mit Brauchwasser aus. Zurück in der Zelle begannen die beiden Ärztinnen damit, den Raum zu reinigen. Zwar gab es nur zwei Lappen, einen Schrubber und eine Flasche Essigreiniger, doch war der Geruch der alkoholischen Essenz leichter zu ertragen als der von ihren Exkrementen. Schlag neun Uhr stand die junge Soldatin mit zwei weiteren Armeeangehörigen in der Gefängniszelle der drei britischen Soldatinnen. „Das sieht ja ganz ordentlich aus.“ „Wir sind Sanitätssoldatinnen und keine Putzfrauen“, meckerte Nora Redcliff wieder dazwischen. Ohne weiter auf die Bemerkung einzugehen befahl die Soldatin: „Folgen Sie mir zum Verhör.“

Barfuss trotteten die drei Frauen hinter der Soldatin her, gefolgt von ihren beiden bewaffneten Kameradinnen. Ihr Weg führte sie drei Geschosse nach unten bis zum Erdgeschoss und von da ab vier feuchte Treppen tiefer in den Kellerbereich. Überall hingen Spinnweben von der Decke, und der Gestank nach Erbrochenem und Blut schlug ihnen entgegen. Mehrere schwache, nackte Glühbirnen beleuchteten diffus den Gang, von dem mehrere Räume abgingen, deren Türen teilweise einen Spalt offen standen. Immer wieder ertönten laute Schreie von Menschen, denen man offensichtlich fürchterliche Schmerzen zufügte. Angela zuckte bei jedem Schrei zusammen. Ihre eiskalten Füße hinterließen bei jedem Schritt einen Abdruck, den ihr kalter Schweiß auf den Fußsohlen erzeugte. Tränen liefen ihr die Wangen herunter. „Ich hab Angst, Rachel“, stammelte sie. Die Stabsärztin nahm sie an die Hand und zog sie hinter sich her. Durch einen handbreiten Türschlitz fiel grelles Licht in den Gang. Nora schaute in den Verhörraum und erschauderte. Ein noch recht junger Kerl lag nackt quer über einen Schreibtisch gebeugt. Hände und Füße waren gefesselt und seinen Mund hatte man mit derbem Klebeband zugeklebt. Sein Hinterteil wies eine Menge Striemen von Schlägen auf, die sie ihm wohl gerade zugefügt hatten. Doch fiel schlimmer als die Schläge war die Tatsache, dass einer seiner Peiniger hinter ihn trat, seine Hose öffnete, sich selbst stimulierte um den jungen Mann zu vergewaltigen. Sein Schrei verebbte im Klebeband. Der zweite Verhöroffizier bemerkte, dass Nora das Geschehen beobachtete, woraufhin er sie als Zuschauerin mit einem heftigen Tritt gegen die Türe ausschloss. Die beiden weiblichen Soldaten trieben nun Nora, Angela und Rachel zur Eile an und schoben sie in den letzten Verhörraum.

Die Wände und die Decke schrieen förmlich nach einem neuen Anstrich, jedoch nicht ohne vorher den Raum gegen eindringende Feuchtigkeit zu isolieren. In einer Zimmerecke klebte bläulich-grau schimmernd Schimmel an der Wand. Viel an Mobiliar konnte von der vorherrschenden Feuchtigkeit nicht zerstört werden. Auf einem Podest stand ein einfacher Schreibtisch mit zwei Stühlen dahinter und einem Stuhl davor. Eine ziemlich alte, aber sehr hell strahlende Lampe befand sich als einziges Utensil auf dem Schreibtisch. An der Wand gegenüber dem Podest standen drei einfache Stühle gegen die Wand gelehnt. Aus der Ferne vernahmen sie das Knallen von schnellen Stiefelschritten auf Steinboden. Ein Vernehmungsoffizier betrat den Raum. „Sie beide stellen sich an die Wand dort drüben“, gebot ihnen der Offizier im Dienstgrad eines Captains, „und Sie kommen nach vorn und nehmen hier Platz“, forderte er Angela auf, die vor Angst wie auch vor Kälte zitterte. „Sie heißen?“ Nun spulte Angela genau das ab, was man ihr während der Ausbildung eingebläut hatte. „Mein Name ist Angela Banks und ich bin 28 Jahre alt. Ich bin Sergeant im Sanitätsdienst der britischen Truppen im Irak. Meine Personenkennziffer lautet…“ „Es reicht, Frau Banks. Warum sind Sie unberechtigt in unser Hoheitsgebiet eingedrungen?“ „Hören Sie, Captain“, mischte sich nun Nora ein, „wir sind Soldaten wie Sie und erwarten, dass wir mit unserem korrekten Dienstgrad angesprochen werden.“ „Für uns, Mrs. Redcliff, sind Sie nur Terroristen, die unberechtigt auf unser Territorium eingedrungen, und das auch noch als Sanitätssoldaten getarnt.“ „Das ist ja wohl eine Unverschämtheit, Captain! An Hand meiner Papiere sowie meinem Bekanntheitsgrad in den Medien weiß doch jeder hier in der Umgebung, wer ich bin.“ „Wir schauen hier kein imperialistisches Fernsehen und verderben damit unsere Jugend. Bei uns legt man nur Wert auf Religion, Kunst, Musik und Werteerhaltung. In Ihrem Land laufen ja schon im Vorabendprogramm pornographische Filme.“ „Dann schauen Sie also doch unsere Programme, Captain?“ „Ganz sicher nicht. Unser oberster geistlicher Führer Ajatollah Manahimad predigt uns immer, was bei Ihnen im TV gezeigt wird und das damit unsere Kultur zerstört würde, wenn wir dies ebenfalls zuließen. Und nun schweigen Sie, bis Sie gefragt werden, Mrs. Redcliff.“

„Welchen Auftrag hatten Sie zu erfüllen, Mrs. Banks?“ „Ich bin Sanitäterin und dafür ausgebildet, Verwundete zu versorgen und der zivilen Bevölkerung im Krankheitsfall zu helfen.“ Nora konnte sehen, wie Angela nervös mit ihren Füßen unter der Stuhlsitzfläche hin und her schaukelte. „Mit ist kalt, Captain, und ich habe Durchfall. Kann ich noch etwas zum Anziehen bekommen?“ „Wir sind hier nicht auf einer Wellnessfarm, Mrs. Banks. In etwa drei Stunden steht die Sonne mitten über dem Gefängnis. Temperaturen von etwa 40 Grad Celsius sind dann keine Seltenheit und sofort wird Ihnen warm werden. Welchen Auftrag hatten Sie zu erfüllen, Mrs. Banks?“ „Wie ich schon sagte: Mein Auftrag lautet Verwundete zu bergen und erst zu versorgen sowie Krankheitsprävention und Hilfestellung im Krankheitsfall bei der Zivilbevölkerung zu gewährleisten.“ „Sie wiederholen sich, Mrs. Banks. Ich möchte von Ihnen wissen, wo Sie einen Anschlag geplant hatten und welcher Art dieser sein sollte?“ „Ich bin keine Terroristin, Captain. Ich bin Sanitätssoldatin.“ Langsam erhob sich der stämmige Offizier von seinem Platz. Er nahm den Lampenschirm der Verhörlampe und drehte ihn so, dass Angela der extrem helle Lichtstrahl direkt in ihre Augen schien. Sie versuchte den Stuhl etwas zurückzuschieben, was ihr jedoch nicht gelang, da man das metallene Sitzmöbel fest am Boden verankert hatte. Viel zu nah saß sie nun vor der Lampe. Der Verhöroffizier setzte sich auf den Schreibtisch, Angela direkt gegenüber. „Noch einmal, Mrs. Banks: Wo sollte Ihr geplanter Anschlag stattfinden?“ „Ich habe keinen Anschlag geplant und mich auch bei meiner Festnahme nicht auf Ihrem Hoheitsgebiet befunden.“ Ohne Vorwarnung holte der Offizier mit der flachen Hand aus und schlug Angela sehr heftig mit der Außenhandfläche ins Gesicht. Sofort platzte ihre Unterlippe auf und blutete. Ein martialisch klingender, menschlicher Schrei aus einem der anderen Räume ließ die drei Frauen aufschrecken. Nora sprang sofort auf. „Unterlassen Sie es auf der Stelle, meine Soldatin zu schlagen, Captain. Wir unterliegen der Genfer Konvention und müssen keine körperliche Gewalt fürchten.“ „Da irren Sie, Mrs. Redcliff. Wir befinden uns mit keiner anderen Nation im Kriegszustand und auch nicht mit England. Wir sind ein von Grund auf friedvolles Land und darauf bedacht unsere Bürgerinnen und Bürger vor terroristischen Anschlägen zu schützen. So wie Sie es doch in Ihrem Heimatland auch machen. Sie sind mit Ihren beiden Kolleginnen auf unser Territorium vorgedrungen, weil Sie einen Anschlag geplant haben.“ „Das ist doch völliger Unsinn, Captain. Wir sind im Irak, um Menschenleben zu retten und zu schützen. Mit dem Staat Iran haben wir überhaupt nichts zu tun.“ „Nur das Sie ihn vernichten wollen mit Ihren israelischen Verbündeten.“ „Wir sind Ärzte und medizinische Hilfskräfte und kümmern uns nicht um Politik.“ „Sie sind Mitglied des Führungsstabes der britischen Streitkräfte, Mrs. Redcliff. Erzählen Sie mir bloß nicht, dass Sie da keine Politik machen. Das ist doch lächerlich. Sie versuchen doch mit Ihren amerikanischen und israelischen Verbündeten den Staat Iran zu vernichten und unsere Ressourcen an Öl unter Ihre Kontrolle zu bringen.“

„Und nun unterbrechen Sie nicht wieder unser Verhör, da ich Sie sonst einzeln vernehmen muss. Also Mrs. Banks, mit welchem terroristischen Auftrag wurden Sie auf unser Territorium geschickt?“ „Ich habe keinen terroristischen Auftrag zu erfüllen. Wir wurden angewiesen humanitäre Hilfe außerhalb der Großstädte im Irak zu leisten.“ „Das ist eine Lüge, Mrs. Banks.“ Wieder schlug der Verhöroffizier Angela brutal ins Gesicht. Nur unter Aufbringung letzter Kräfte fiel sie nicht vom Stuhl. Weinend schrie sie den Captain an: „Hören Sie zu: Ich bin Sanitäterin und Krankenpflegerin, und der mir übertragene Befehl lautet, dass ich Verwundete zu bergen und zu versorgen habe. Außerdem habe ich kranke Menschen in der Zivilbevölkerung zu behandeln, solange ich dies ohne Hinzuziehung eines Arztes tun darf.“ Mit einem gewaltigen Fußtritt trat er den Stuhl aus seiner Verankerung unter Angela weg, die danach hart auf dem Steinboden aufschlug und liegen blieb. „Jetzt hören Sie endlich auf, mit Ihren Foltermethoden zu versuchen, von uns Geständnisse über Dinge zu erpressen, die wir angeblich getan haben sollen und die sich Ihr wirr denkendes Regime ausgedacht hat“, entfuhr es der farbigen Nora Redcliff. Der Verhöroffizier nickte kurz. Sofort liefen die beiden Wachsoldatinnen auf Nora zu. Mit viel Kraft trat eine der Soldatinnen ihr in die rechte Kniekehle. Nora ging sofort zu Boden. Die andere Soldatin packte ganz fest in Noras Haare. Blitzschnell zog sie ihren Kopf nach vorn und schlug damit ihre Nase fest gegen ihr Knie. Sofort spritzte Blut aus Noras Nase und raubte ihr fürs erste alle Kräfte. Benommen sackte sie auf ihren Stuhl. Rachel brachte kein Wort mehr heraus. Vergessen waren alle Tricks, die man ihr für den Fall einer Festnahme nebst Verhören auf feindlichem Gebiet während ihrer Ausbildung beigebracht hatte. „Jetzt noch einmal, Mrs. Banks: Welchen terroristischen Auftrag haben Sie auf unserem Staatsgebiet zu erfüllen?“ Angela hob langsam den Kopf. Ihr mit Blut und Speichel verklebtes Gesicht wies bereits erste Schwellungen von den Schlägen auf. Außerdem blutete sie am rechten Ellenbogen. „Ich …, ich hatte nie und zu keiner Zeit einen terroristischen Auftrag zu erfüllen. Wir wurden auf dem Territorium des souveränen Staates Irak von iranischen Kräften gefangen genommen und hierher verschleppt.“ Wieder nickte der Verhöroffizier nur. Die Soldatin neben ihm erhob sich und ging auf Angela zu. Mit ihren behandschuhten Händen griff sie sich Angelas rechten Fuß. Ohne Hast zog sie ihren Revolver aus dem Futteral und nutzte den langen Lauf als Griff. Mit großer Kraft bog sie Angela den großen Zeh zur Seite, hielt ihn gegen die Stuhllehne und schlug mit voller Wucht darauf. Knackend brach Angelas Zeh. Ihr Schrei hallte durch den Raum. „Sie können sich eine Menge Schmerzen ersparen, wenn Sie reden, Mrs. Banks. Ganz zu schweigen davon, dass ein Geständnis bisher unseren obersten Richter immer milde gestimmt hat. Wenn Sie vor ihm gestehen und bereuen, wird er von der Todesstrafe durch Strangulation absehen und Sie dafür lediglich zu dreißig Jahren Zwangsarbeit verurteilen. Also?“ „Ich, ich … ich … hab doch schon gesagt, dass ich keinen Terrorauftrag zu erfüllen habe“, wisperte Angela nur noch. Wieder nickte der Verhöroffizier seiner Adjutantin zu, die sogleich den Hörer ihres Telefons abhob und einen kurzen Befehl sprach. Wenig später öffnete sich die Tür zum Verhörraum und ein Hüne von einem Soldat, gefolgt von zwei eher normal wüchsigen Kameraden betraten den Raum. „Sie gehört euch. Wir brauchen sie aber noch lebend.“ Diesmal nickte der riesige Soldat, dessen Gesicht eine Menge Narben aufwies, seinen Untergebenen zu. Jeder von ihnen packte sich einen Fuß von Angela. Gemeinsam zogen sie den weiblichen Sanitätssergeant auf dem Rücken liegend hinter sich her und verließen so den Raum. Nora kämpfte gegen die Schmerzen an und wollte sofort protestieren, doch ein Tritt in ihren Unterleib von einer der Wachsoldatinnen ließ sie sofort wieder in sich zusammensinken. „Bringt die beiden Frauen zurück in ihre Zelle“, befahl daraufhin der Verhöroffizier.

Rachel stützte Nora, die etwas größer war als sie selbst, so gut sie nur konnte und half ihr zurück in die Zelle. Mit Wucht wurde hinter ihnen die Zellentüre zugeworfen. Nora legte sich gleich auf ihre Pritsche, während Rachel ein Handtuch anfeuchtete, um ihr das bereits im Gesicht angetrocknete Blut zu entfernen. Dies war rasch geschehen. „Wie geht es dir?“ „Es geht so. Ich hatte die Bauchmuskulatur so gut es ging angespannt. Wir müssen eine andere Strategie fahren, sonst bringen die uns hier noch während der Vorverhöre um.“ „Aber wie denn?“ „Wenn ich das mal wüsste. Unsere Regierung pflegt keinen Kontakt auf politischer Ebene und auch eine Botschaft existiert nicht mehr. Sie werden aber ganz sicher schon per Amtshilfe mit einer anderen Landesvertretung versuchen, uns hier herauszuholen.“ Allmählich traf das ein, was ihnen der Verhöroffizier prophezeit hatte. Die Sonne hatte ihren Zenit bereits erreicht und brannte nun gnadenlos auf das Anstaltsdach. Wasserdampf stieg in kleinen Schwaden zum Himmel. Merklich stickig wurde die Luft in ihrer Zelle. „Glaubst du, dass wir hier sterben werden, Nora?“ „Jetzt mal den Teufel nicht an die Wand. Ich gehe davon aus, dass sie uns auf dem diplomatischen Weg hier rausholen.“ „Ich hab Angst, Nora. Was mögen sie jetzt mit Angela machen?“ „ Lass uns daran besser nicht denken. Ich mache mich auf das Schlimmste gefasst. Wir können aber nichts anderes tun als abzuwarten.“ Die beiden Frauen lagen auf ihren Pritschen und gaben sich jeder für sich ihren Gedanken hin.

Plötzlich wurde mit einem lauten Knall ihre Zellentüre aufgerissen. Herein traten die beiden Soldatinnen, die in ihrer Mitte Angela untergehakt herein trugen und mitten in der Zelle auf den Boden fallen ließen. „Sie hat immer noch nicht gestanden. Morgen geht es dann weiter mit ihrer Vernehmung. Bald seid auch ihr beide dran“, waren die Worte der dienstgradhöheren Soldatin, bevor sie die Zellentüre wieder ins Schloss warf. Nora und Rachel sprangen sofort von ihren Pritschen auf. Angela befand sich in einem äußerst kritischen Zustand. Ihr Gesicht wies überall blutige Wunden auf. Auf ihrem Anstaltssackkleid befanden sich eine Menge Blutflecke und Stuhl schien ihr ebenfalls wieder abgegangen zu sein. Angela lag bewusstlos da. Die beiden Ärztinnen hoben sie gleich auf und zogen ihr das Jutekleid über den Kopf. Ihr ganzer Körper war übersäht mit Blutergüssen. Auf ihren kleinen Brüsten befanden sich Brandspuren, die so nur ein Elektroschocker verursachte. Als sie Angela jedoch ihre kratzige Schafwollunterhose auszogen, mussten sie beide an sich halten um nicht laut los zu schreien. Angelas Genitalien und ihr Anus waren stark angeschwollenen und Blut lief in kleinen Rinnsalen aus beiden Öffnungen. Zu allererst versuchten sie, Angela ins Leben zurückzuholen. Irgendwann erwachte sie laut stöhnend aus ihrer Bewusstlosigkeit. Doch wirklich helfen konnten sie Angela ohne Medikamente und Verbandmaterial nicht. Sofort trommelte Nora an die Zellentüre bis sich diese endlich öffnete. Ohne abzuwarten, wer eintrat, schrie Nora laut los: „Wie brauchen dringend den Anstaltsarzt, sonst stirbt unsere Mitgefangene.“ Als die junge Wächterin sah, weshalb man sie gerufen hatte, musste sie mehrfach schlucken und versprach, den Arzt zu holen. Wenig später erschien ein Arzt in weißem Kittel und mit großer Arzttasche, der sogar ein wenig Englisch sprach. „Schauen Sie sich einmal diese Sauerei an, die die Schlächter in diesem Haus angerichtet haben, Herr Kollege. So behandelt man nicht einmal ein Tier, geschweige denn einen unschuldigen Menschen.“ „Sie ist sicher auf einer Treppe verunfallt“, gab der Arzt zur Antwort und gebot der Wächterin zu verschwinden. „Ich weiß, wie grausam hier gefoltert wird, Frau Kollegin, aber ich kann nichts dagegen unternehmen, ohne meinen Job zu verlieren. Wenn ich aufbegehre, wirft man mich raus. Außerdem verwehrt man mir auf Lebenszeit jegliche Möglichkeit im ganzen Land einen neuen Job zu finden. Ich habe eine große Familie zu ernähren. Also muss ich das Spiel hier mitspielen. Doch lassen Sie mich mal schauen.“ Angeekelt wand er sich ab. „Das ist ja furchtbar. Hier habe ich eine Hand voll steriler Wundauflagen, ein Antibiotikum und Wundsalbe. Sie hatte auch Durchfall, nicht wahr?“ „Ja, extrem sogar.“ „Dann lass ich Ihnen auch ein paar Kohletabletten hier. Hier ist noch eine Flasche richtiges Mineralwasser ohne Kohlensäure. Mehr kann ich einfach nicht tun. Ich schaue morgen wieder herein. Gegebenenfalls nehme ich sie dann stationär auf.“ „Danke, Herr Kollege.“ „Gern geschehen.“ Kräftig klopfte der Anstaltsarzt an die Zellentüre, die ihm wie von Geisterhand geöffnet wurde. Sofort bemühten sich Rachel und Nora, ihre Patientin so gut wie möglich zu versorgen. „Kriegen wir sie durch?“ „Ich weiß nicht, Rachel, aber ich hoffe es.“

Portimao Hafenstadt in Portugal an der Algarve neues Verwaltungsgebäude der Sanchez Holding zehntes Obergeschoss im Büro von Peter McCord 16. Juli 13:10 Uhr

Kapitel 4

„Chief Sharp, ja das ist aber eine Überraschung. Kommen Sie bitte herein in die gute, neue Stube.“ „Sie sehen gut aus, Peter, fast unverändert wie vor etwa drei Jahren, oder ist das etwa schon länger her?“ „Nein, Sie liegen schon richtig, Sir. Ihnen scheint es aber auch nicht schlecht zu gehen. Wenigstens sehen Sie so aus.“ „Ach Peter, der MI6 lässt mir doch kaum Zeit etwas zur Ruhe zu kommen.“ „Also hat sich rein gar nichts geändert, Sir?“ „So ist es Peter. Wenn ich nicht gerade aus dem Urlaub käme, hätte meine Haut immer noch die Farbe büromausgrau.“ Die beiden Männer mussten lachen. „Nehmen Sie doch Platz, Chief. Was darf ich Ihnen zu trinken anbieten?“ „Eine von Ihren Neuschöpfungen, Peter.“ „Sie spielen auf unsere neuen Limonaden an. Mandarine, Orange oder Limone?“ „Mandarine würde ich gern kosten.“ „Kommt sofort.“ Conzuela, die noch im Türrahmen auf Anweisungen ihres Chefs wartete, nickte freundlich und verschwand. „Sie haben hier eine Menge bewegt, Peter. Die Brauereien haben Sie modernisiert und effizienter ausgelegt, den Cateringservice in Ihr Portfolio aufgenommen und nun die Limonaden, die auch Diabetiker trinken dürfen und die nicht nach Süßstoff schmecken. Wenigstens hoffe ich das.“ „Keine Sorge Chief, wir haben Monate lang am Geschmack der Getränke herumgetüftelt. Sie sind aber gut über mich informiert.“ „Wüsste ich nicht hervorragend Bescheid, wäre ich ein schlechter Auslandsgeheimdienstchef.“ Conzuela betrat wieder das Büro und servierte beiden Herren Mandarinenlimonade.“ „Ich muss sagen, ich bin zwar kein Fan dieser Getränkerichtung, aber es schmeckt wirklich gut. Nicht zu süß und auch nicht allzu herb. Eine gute Wahl, Peter. Wie geht es eigentlich Ihrer Frau und der Kleinen?“ „Theresa wird immer schöner und baut ihre Praxis weiter aus, sodass schon Krankenhäuser anfragen, ob sie ihnen nicht beratend beistehen könnte. Gina entwickelt sich prächtig. Oma passt die meiste Zeit gut auf sie auf. Nächstes Jahr kommt sie in den Kindergarten.“ „Ich stelle fest, Sie haben Ihr Leben gut im Griff und sind ein gewissenhafter Manager und ein guter Familienvater geworden.“ Irgendwie ebbte das anfangs euphorisch geführte Gespräch etwas ab. Eine ungeahnte Spannung, jedoch ganz sicher nicht bösartig, baute sich auf.

„Chief, wir kennen uns nun schon sehr viele Jahre, und wir haben gemeinsam eine Menge Einsätze geplant und durchgezogen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie irgendetwas auf dem Herzen haben.“ „Ihre rasche Aufnahmefähigkeit und Ihre Menschenkenntnis haben Sie sich über die Jahre bewahrt, Peter. Wie ich hörte, laufen Sie beinahe noch jeden Tag Ihre zehn Kilometer und nach wie vor ist Schießen eine große Leidenschaft von Ihnen. Lassen Sie mich nicht lange drum herum reden, Peter: Bei uns brennt sozusagen der Baum, und ich habe niemand anderen als Sie, der hier löschen kann.“ „Aber Chief, ich bin jetzt fast drei Jahre raus aus dem Job.“ „Aber Sie haben doch sicher nichts von Ihren Fähigkeiten verlernt?“ „Das sicher nicht, aber ich bin heute nicht mehr so frei im Kopf wie früher, ohne die Verantwortung für meine Familie und die Firma. Lassen Sie uns nicht um den heißen Brei herumreden, Sir, also was liegt an?“ „So mochte ich Sie immer, Peter, und ich sehe, Sie packen nach wie vor alle Probleme gleich an der Wurzel.“

„Vor zwei Tagen wurde oberhalb von Al Basrah etwa zehn Kilometer von der iranischen Grenze entfernt ein britischer Konvoi bestehend aus zwei geländegängigen Sanitätsfahrzeugen aufgebracht. Die beiden einheimischen Fahrer, Soldaten der irakischen Armee, wurden sofort erschossen und die beiden Sanitätsoffiziere sowie ein Sergeant der Sanitätstruppe festgenommen und in den Iran verschleppt. Nach Informantenauskunft wurden alle drei ins Staatsgefängnis verbracht. Das Besondere an der Sache ist nur: Eine der Sanitätsoffiziere ist Colonel im Generalstab Dr. Dr. Nora Redcliff, die ranghöchste Medizinerin unser Truppen im Irak.“ „Nora Redcliff, die farbige, herbe Schönheit habe ich einmal auf einer großen Veranstaltung im Buckingham Palast kennen gelernt. Eine sehr sympathische Frau.“ „Bei ihr sind noch Dr. Rachel Thomas, Spezialistin für Kinderkrankheiten und innere Medizin und Sanitätssergeant Angela Banks, der man nach dem Einsatz im Irak ein Stipendium für ein Medizinstudium in Oxford zusicherte. Die drei Frauen waren aus dem Militärlager vor etwa zehn Tagen aufgebrochen, um möglichst alle Kinder in der südlichen Region gegen die üblichen Kinderkrankheiten sowie Polio zu impfen. Der Impfstoff war eine Spende unserer Regierung und die Aktion hat sehr viel für unseren guten Ruf in der Zivilbevölkerung getan. Unter der Hand war die Aktion sogar mit den Taliban abgesprochen, damit unser Medizinerteam gefahrlos arbeiten konnte.“

„Peter, ich möchte Sie keinesfalls zu diesem Einsatz drängen, denn er ist lebensgefährlich für Sie. Aber ich habe keinen anderen Agenten mit Ihrer Qualifikation, der die drei Frauen da rausholen kann. Nach wie vor hat der iranische Geheimdienst ein sechsstelliges Kopfgeld tot oder lebendig auf Sie ausgesetzt. Jeder Kuhhirte, der Sie während Ihres Einsatzes erkennt und mit seinem Hirtenstab erschlägt, wird so ein reicher Mann werden. Ich weiß, Sie haben Familie und auch die Verantwortung für dieses Unternehmen, aber laut unserem Informanten werden die drei Frauen als Terroristen angeklagt und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Tode durch Erdrosseln verurteilt. Peter, ich sagte es bereits: Sie sind der einzige Agent, den wir haben, der den Iran wie seine Westentasche kennt. Sie sind mit der Mentalität der Menschen dort bestens vertraut und sprechen sogar ein wenig deren Sprache. Wenn Sie den Einsatz positiv abschließen, retten Sie den drei Frauen das Leben.“ „Und der Geheimdienst des Iran wird noch einen Sack Gold mehr auf meinen Kopf aussetzen.“ Auch wenn Peters Einwurf eher makaber klang, lachten die beiden Männer darüber. „Und noch eines, Peter: Wenn Sie geschnappt werden, können wir nichts für Sie tun. Ein Kommandounternehmen auf iranischem Territorium würde einer Kriegserklärung dem Iran gegenüber gleichkommen, und das machen auch unsere Verbündeten nicht mit. Wir müssen heute noch abwarten, weil unsere Regierung den Schweizer Botschafter in Teheran eingeschaltet hat, der all seinen Einfluss geltend machen soll, die drei Frauen frei zu bekommen. Unser Land unterhält bekanntlich im Iran keine diplomatische Mission. Wenn die Verhandlungen scheitern, sind Sie am Zug, Peter. Ohne Ihren Einsatz werden die Frauen sterben.“ Dann saßen sich die beiden Männer schweigend gegenüber.