Im Dienste des Satans - G.F. Barner - E-Book

Im Dienste des Satans E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. »In vier Minuten muß der Mitternachtszug kommen«, sagt Quinton laut. »Gott sei Dank, dann gehe ich nach Hause und kann endlich schlafen!« Er redet immer mit sich selbst, dieser Sam Quinton. Er ist zuviel allein in der Station von Gila Bend… Nachtdienst, den letzten Zug abwarten. Sam Quinton ist siebenundzwanzig Jahre alt, seit drei Wochen verheiratet – ein Mann, der müde ist und schlafen möchte. Er gähnt jetzt und tritt an das Fenster. Die Laternen über dem einfachen Schottersteig werfen ihr Licht auf die Gleise, auf einen menschenleeren Bahnhof und eine Reihe von Loren drüben. Sie sehen wie umgekippte Särge aus, wie Sargdeckel, denkt Sam Quinton. Draußen weht Wind, der Staub aufwirbelt und ihn an den Loren vorbei gegen ein paar leere Güterwaggons treibt, die vor dem Lagerschuppen und der Rampe stehen. Im Staub verborgen Männer – genau sechs. Der siebende hält jenseits der Schienen die Pferde und friert, weil er Angst hat. Zwei Männer stehen im ersten Schuppen. »Der Zug!« sagt Billy Groccer, gesucht in drei Staaten wegen Bandendiebstahls und Mordes. »Salem, hast du dich geirrt, dann schlage ich dir die Ohren ab!« »Billy, ich muß es doch wissen«, antwortet Salem Ray, der einmal Buchhalter war, ehe er Bandit wurde. »Ich habe doch schließlich alle Summen durch meine Hände gehen sehen. Übermorgen ist Löhnung in Cornelia.

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G.F. Barner – 311 –

Im Dienste des Satans

G.F. Barner

»In vier Minuten muß der Mitternachtszug kommen«, sagt Quinton laut. »Gott sei Dank, dann gehe ich nach Hause und kann endlich schlafen!«

Er redet immer mit sich selbst, dieser Sam Quinton. Er ist zuviel allein in der Station von Gila Bend… Nachtdienst, den letzten Zug abwarten.

Sam Quinton ist siebenundzwanzig Jahre alt, seit drei Wochen verheiratet – ein Mann, der müde ist und schlafen möchte.

Er gähnt jetzt und tritt an das Fenster. Die Laternen über dem einfachen Schottersteig werfen ihr Licht auf die Gleise, auf einen menschenleeren Bahnhof und eine Reihe von Loren drüben.

Sie sehen wie umgekippte Särge aus, wie Sargdeckel, denkt Sam Quinton.

Draußen weht Wind, der Staub aufwirbelt und ihn an den Loren vorbei gegen ein paar leere Güterwaggons treibt, die vor dem Lagerschuppen und der Rampe stehen.

Im Staub verborgen Männer – genau sechs. Der siebende hält jenseits der Schienen die Pferde und friert, weil er Angst hat.

Zwei Männer stehen im ersten Schuppen.

»Der Zug!« sagt Billy Groccer, gesucht in drei Staaten wegen Bandendiebstahls und Mordes. »Salem, hast du dich geirrt, dann schlage ich dir die Ohren ab!«

»Billy, ich muß es doch wissen«, antwortet Salem Ray, der einmal Buchhalter war, ehe er Bandit wurde. »Ich habe doch schließlich alle Summen durch meine Hände gehen sehen. Übermorgen ist Löhnung in Cornelia. Ich weiß es. Wenn es nur klappt.«

»Bei uns klappt alles. Sind es auch nicht mehr als zwei Mann?«

»Nein, nur zwei Mann, Bill. Die beiden Burschen sind hart, ich habe es dir gesagt, sie sind eisenhart…«

»Ja – ja!« macht Bill Groccer achselzuckend. »Na, und? Da – jetzt ist er an der Weiche!«

Der Zug pfeift zum zweitenmal.

*

Sie hören den Wagen, einen leichten zweispännigen Wagen, der schnell auf die Station zukommt.

Bill Groccer duckt sich jäh, gibt Salem Ray einen Stoß und sagt fauchend: »Verdammt, was ist denn das, Mann?«

Der Wagen, der jetzt neben dem Stationsgebäude auf der Schlacke hält, hat zwei Männer zur Bahn geschafft. Der eine ist vielleicht sechzig Jahre alt. Der andere aber…

Der Plan, denkt Bill Groccer, jetzt ist es aus. Ich werde wahnsinnig eine Minute bevor der Zug kommt, erscheint der Kerl.

Groccer starrt bestürzt auf den Mann neben dem Alten.

Der Mann ist groß, hat keinen Hut auf und trägt eine hellgelbe Weste. An der Weste aber steckt der Sheriffstern!

Der Sheriff sitzt auf dem Wagen. Mark Eagan!

»Mann, Mann!« sagt Salem Ray. »Er war doch – sie sagten doch, er würde nicht vor dem Abend zurück sein – vor morgen abend, Bill. Was jetzt, Bill?«

»Was will er?« grübelt Groccer laut. »Die anderen – Mensch, wenn nur keiner den Kopf verliert! Du kennst Eagan?«

»Wenn ich den verdammten Halunken nur nie gesehen hätte!« zischt Ray bissig. »Er ist der schmutzigste Trickser, den ich kenne – und gefährlich! Der hat eine Nase für… Was, sollte der was ahnen?«

Das Rollen des Zuges prallt wie eine Brandungswelle gegen die Büsche und Schuppen.

»Wer ist der Alte, kennst du ihn, Ray?«

Bill Groccer übergeht Rays Befürchtungen. Er konzentriert sich auf den Sheriff. Was immer er über Eagan gehört hat – etwas Gutes ist es nicht gewesen – nicht für Leute vom Schlage Groccers!

»Der Alte – das ist Tenloy, Steve Tenloy, er hat eine Ranch im Norden!«

»Hm – ob Eagan bei ihm war? Es hieß doch, er sei hinter einigen Pferdedieben her. Mann, wenn er bleibt! Unser Plan fällt ins Wasser!«

»Wir könnten es in einem Monat noch mal versuchen!« meldet sich Ray.

»Wir machen es heute – und wenn ich den Spürhund ausschalten müßte«, sagt Groccer zwischen den Zähnen. »Da – der Zug!«

Der Zug nähert sich mit zwei kurzen Pfiffen.

Jetzt ist auch Quinton herausgekommen. Er nähert sich dem Gepäckwagen, dem zweiten Wagen des Zuges. Jemand macht die Tür auf, wirft Quinton den Postbeutel zu und nimmt den entgegen, den Quinton ihm reicht.

Schräg hinter den Loren stehen zwei weitere Männer. Die Maschine ist schnell an ihnen vorbeigerollt, der Lampenschein hat nur die obere Kante der Loren getroffen. Jetzt starrt der eine von Groccers Leuten durch das Kippgestänge der Lore. Er kann unter dem Zug durchblicken und sagt zischend: »Ein Weib – und was für eins! Wer ist das denn? Eine richtige Lady!«

»Was soll sie sonst sein?« fragte der andere heiser. »Mach keinen Aufstand, Joe – sie sind alle gleich, glaub’s mir!«

»Gleich? Ich kannte mal eine…«

»Halt die Klappe«, knurrt sein Nebenmann. »Nichts als Frauenzimmer im Kopf. Und der Sheriff?«

Er bückt sich. Mit Joe ist nicht vernünftig zu reden, wenn ein Frauenzimmer in der Nähe ist.

»Joe, wenn Eagan hierbleiben will, was dann?«

Joe hört ihn nicht. Wenn ich das Geld habe, denkt Joe, und wir sind weg, dann mache ich mir ein Leben, was? Cuavo sagt, es gäbe in seiner Heimat Girls, die heißes Blut haben. Oha, oha!

»Träumst du Narr vielleicht?«

Tims Ellbogen rammt Joe grob. »Üh!« macht Joe erschrocken. »Was ist?«

»Mensch, du Träumer, du Trottel, Eagan ist hier! Und wenn er bleibt, dann können wir es abblasen. Er soll schnell genug sein, um zwei von uns zu erwischen und sogar Bill schlagen können. Du bekommst kein Geld, wenn Eagan bleibt, kapiert, du Sumpfblüte?«

»Was – was? Mach mich nicht wahnsinnig, Tim, kein Geld?«

»Endlich wacht dieser Ziegenbock auf«, sagt Tim zufrieden. Er ist der zweitschnellste Mann in diesem Rudel, eiskalt wie Bill Groccer, ein Frauenhasser und… ein Mörder. »Ich sage dir, wenn Eagan loslegt, dann ist es aus, wir müssen es verschieben. Ist das in deinen Verstand gedrungen?«

»Ver… verschieben? Ich denke, wir haben noch für knapp zwei Wochen Geld? Wovon sollen wir denn die anderen zwei leben, wenn es heute nicht klappt?«

»Wovon – dann müssen wir ein paar Pferde stehlen, ist doch einfach, Mann.«

»Großer Geist – die Lady ist tatsächlich für Eagan bestimmt – für den Alten, was? Wer mag sie sein, weißt du das?«

»Mensch, woher soll ich denn das wissen?« faucht Tim hart. »Paß gefälligst auf – du mußt den Wagen besser sehen können – ob Eagan mitfährt!«

»Er muß mitfahren!« sagt drüben zur selben Zeit Bill Groccer stockheiser. »Sie ist also seine Tochter, Salem?«

»Seine einzige!« murmelt Salem Ray. »Ich sage dir… da, er steigt auf, der fährt mit in die Stadt zurück. Gott sei Dank, ich dachte schon – der fährt weg, er fährt weg!«

»Ich würde noch lauter brüllen, du Narr!« knurrt ihn Groccer scharf an. »Sieh lieber nach rechts, wo kommen denn deine beiden Burschen, he? Ich sehe sie nicht. Salem, trotz unserer alten Freundschaft – hast du mir was erzählt, was mich einige Stunden Nachdenken und meine Leute Schweiß gekostet hat, dann soll dich der Satan holen.«

Schritte im regelmäßigen Zischen, das von der Maschine kommt. Die beiden Männer gehen auf die Station zu.

»Na, was sagst du jetzt, he?« fragt Salem Ray spottend. »Der Sheriff weg und unsere beiden Vögel da – sie haben verdammt spitze Schnäbel, möchte ich sagen, sieh dich vor, Bill.«

»Wie die gehen – Teufel, nicht schlecht gemacht!«

Als Groccer die Marschordnung der beiden Männer sieht, ahnt er, wie recht Salem Ray hat.

Der erste, breitere der beiden Burschen geht vier bis fünf Schritt vor dem zweiten Mann. Dieser Bursche hat die Hand unter der Jacke. Der zweite Mann hat jene Haltung eingenommen, die man in Groccers Kreisen sinnig als »Napoleonsfigur« eingestuft hat. Das heißt – der zweite Mann trägt seinen Revolver unter der Achsel. Groccer ist jetzt sicher, daß der Bursche den Revolver in der Hand hält und nur darauf wartet, daß sich etwas rührt.

»Mensch – ist das Bodwell – der zweite Bursche?« fragte Groccer.

»Ja!« erwidert Ray leise. »Bodwell ist gefährlicher als Thornton. Ihr müßt wirklich verdammt aufpassen…«

»Tun wir, keine Sorge. Dann trägt Thornton die Tasche, und Bodwell paßt wie ein Geier auf ihn auf, sieh mal einer an. Warum bleiben die Halunken in der Station?«

»Weil die Kutsche immer erst gegen sechs Uhr fährt und sie den Befehl haben, den hinteren Raum des Gebäudes nicht zu verlassen. In diesem Raum ist nur ein kleines Fenster mit Gittern. Da kommt keiner ran, hast du ja gesehen!«

»Wenn sie nicht ein paar Minuten im Vorraum bleiben, was?« fragt Groccer spöttisch. »Und das tun sie bestimmt. Sie sind die ganze Nacht gefahren und insgesamt sechzehn Stunden unterwegs. Du sagst, im Anbau ist ein Ofen – wetten, daß sie sich Kaffee kochen und die Tür aufstehen wird?«

»Ich weiß das nicht, das hast du dir ausgerechnet!« murmelt Ray sto­ckend.

Der Wagen ist fort, der Zug ruckt an. Das schwere Stampfen der Maschine kommt, Dampf wallt. Aus ihm ragt wie ein einsamer Leuchtturm Quinton auf.

Quinton hängt die Laternen ab. Dann nimmt er zwei in jede Hand und läßt die Stange am letzten der Laternenpfosten stehen. Sie haben ihn jetzt vier Tage beobachtet und kennen seine Angewohnheiten genau. Quinton hat es eilig, er will nach Hause.

Jetzt geht Quinton mit den Laternen auf die Tür des Stationsgebäudes zu. Auf dem Bahnhof ist es dunkel geworden. Als die Tür aufgeht, fällt Licht über Quinton.

»Los!« sagt Groccer. Er geht schnell und lautlos, um die Stiefel einen Deckenstreifen gebunden.

Hinter ihm sieht Ray, wie sich Groccer den Wollsocken über das Gesicht zieht. Salem Ray greift zu – der Socken sitzt vor seinem Gesicht. Der Socken hat nur zwei Löcher für die Augen, keins für den Mund.

Jetzt geht er los. Von rechts schieben sich zwei andere Schatten auf die Wand des Stationsgebäudes zu. Von hinten – ihnen also entgegen – tauchen jetzt die anderen beiden Männer auf. Einer trägt eine leere Kiste. Er bleibt genau unter dem kleinen vergitterten Fenster des Nebenraumes der Station stehen. Dann winkt er dem anderen. Die Kiste hat unten zusammengedrehte Deckenwülste, die sie angenagelt haben.

Es gibt kein Geräusch, als die beiden Männer die Kiste abstellen. Dann duckt sich der eine. Der andere schiebt etwas. Jetzt steht der sechste Mann der Groccer-Bande auf der Kiste. Aber er richtet sich noch nicht auf.

Der sechste Mann hört alles, was in dem Raum hinter dem Fenster geschieht.

Sie kennen diesen Raum alle. Sie wissen genau, wie er aussieht. An der Seite zu den Gleisen hin liegt das Fenster. Dort steht ein Tisch mit zwei Stühlen. An der Wand sind Stahlschränke, in denen Post, kleine Päckchen und die Bahnkasse aufgehoben werden. Außerdem sind hier alle Akten, Begleitbriefe, Tickets für Passagiere und wichtige Papiere untergebracht. All das hat Quinton jeden Abend zu verschließen.

Sie haben die Zeit genommen und wissen, daß Quinton genau vier Minuten braucht, um alles wegzuschließen, die Kasse in das Stahlfach zu stellen und das Licht zu löschen.

»Gute Fahrt gehabt, Bodwell?« fragt Quinton innen.

»Wie immer«, erwidert Bodwell kurz. »Ich bin hundemüde. Du siehst auch nicht gerade munter aus, Quinton. Nun ja, wenn man jung verheiratet ist…«

Thornton lacht breit.

Der sechste Mann hört alles. Auch die leisen Schritte, die sich hinter ihm nähern. Dann steht Groccer neben ihm.

»Wie stehen sie, Frank?«

»Bodwell ist vorn – Thornton liegt auf der untersten Pritsche, wette ich. Leise – geht zur Tür, er wird gleich kommen.«

Der fünfte Mann neben ihm, Cuavo, verzieht das Gesicht unter der Strumpfmaske. Dann stößt er Frank leicht an. Der streckt nur die Hand aus.

Dann hat er, was er haben muß: seine Schrotflinte!

Frank lauscht, hebt die doppelläufige Waffe an, hält sie knapp unter der Brüstung des schmalen Fensters bereit.

Und dann kommt alles leichter, als er es sich jemals hat träumen lassen.

»Bodwell, ich hab an euch beide gedacht, von meiner Hochzeit ist noch eine halbe Flasche Old Scotch da. Einen Schluck?«

Die unterste Pritsche knarrt heftig. Stiefel setzten auf den Boden auf.

»Warum sagst du nicht gleich, daß du einen Schluck für uns hast, Sam? Moment… Bodwell, laß mir ja was übrig. Quinton, ich komme!«

Er steht auf, zwei Schritte, dann muß er in der Tür stehen. In diesem Moment richtet sich Frank jäh auf.

Er hat sich nicht geirrt…! Er blickt genau auf Thorntons Rücken. Der zweite Wächter geht in den anderen Raum hinein. Er verläßt das Nebenzimmer. Dies ist eine Chance, die sie nie wieder erhalten werden. Frank weiß es, dreht sich um und zischt leise.

»Bill!«

Bill Groccer dreht sich sofort um. Zwei lange Schritte, dann ist er bei Frank.

»Bill«, raunt Frank hastig. »Sie sind beide vorn, sie trinken Brandy – Bill schnell!«

»Paß auf, kommen sie zurück in das Nebenzimmer, dann hebst du die Hand!« sagt er unterdrückt zu Frank. »Tim…«

Tim steht mit Joe an der Tür.

Durch die Nacht kommt der Pfiff der Maschine. Der Zug muß in einer Minute die Brücke hinten am Tal überqueren. Sie wissen genau: Donnert der Zug über die Brücke, kann man in der Stadt nicht mal hören, wenn jemand schießt.

Cuavo, der fünfte Mann dieses Rudels, kauert vor der Tür am Schlüsselloch. Er blickt haargenau auf den Tisch, sieht Bodwell an ihm lehnen und Sam Quinton jetzt in sein Gesichtsfeld treten. Und dann sieht er die Flasche und die Gläser.

Im selben Moment taucht Thornton auf.

Mein Gott, denkt Cuavo, sie sind alle drei vorn, sie sind alle drei… Mehr denkt er nicht.

Hinter ihm steht, lautlos herangekommen, Bill Groccer.

»Reiß die Tür auf!« zischt Groccer. »Tim, Achtung, zurück! Und dann hineinspringen!«

Groccers rechte Hand senkt sich jäh. Ein Griff, er hat den Revolver in der Faust. Ein Schritt zurück – Cuavos Hand hat bereits nach der Türklinke gegriffen. Links von Groccer steht Tim Evans, in der Hand den Revolver.

Joe, direkt hinter Tim, stellt den rechten Fuß zurück.

Und dann schlägt Groccer die rechte Hand knapp nach unten. Eine Sekunde lang senkt sich der Revolver.

In derselben Sekunde reißt Cuavo die Tür auf.

*

Sam Quinton blickt auf das Glas, in das der Schnaps rinnt. Rechts vor ihm Thornton – links Bodwell, der sich an den Tisch gelehnt hat.

»Ein prächtiger Stoff«, sagt Bodwell gerade grinsend. »Ich wette, Mabels Vater hat ziemlich tief in die Tasche greifen müssen, was, Sam? Seine einzige Tochter – wie hast du das…«

Und dann sagt er gar nichts mehr. Hinter ihm klackt es einmal.

Dann gibt es einen dumpfen Laut.

Und während Sam Quinton hochblickt, der Schnaps über den Rand des Glases schwappt, kommt der kühle Luftzug vom Eingang her. Luft streicht über Bodwells Nacken.

Was – ist das? denkt Bodwell verstört.

Und dann sagt der Mann hinter ihm: »Keiner bewegt sich, keiner!«

Bill Groccer springt mit einem Satz zur Tür hinein und schnellt sich sofort nach rechts ab. Er macht Platz für Tim Evans.

In der rechten Hand den Revolver, springt Tim Evans auf Bodwell zu.

Mit der linken Faust holt Evans wuchtig aus und trifft Bodwells Seite. Bodwell knickt ein, seinen rechten Arm aber bringt er herum. Und in der rechten Faust hat er seine Waffe.

In derselben Sekunde, in der Tim Evans zuschlägt, reißt er die rechte Hand auch schon hoch.

Bodwell hat den Revolver draußen. Und dann schmettert Evans seine rechte Faust auf Bodwells Hut.

Es ist ein so scharfer Hieb, daß Bodwell einen Feuerball sieht.

Ihm gegenüber steht Sam Quinton – Flasche und Glas in den Händen. Quinton blickt mitten in Bodwells Waffe hinein.

In diesem Moment brüllt Bodwells Revolver los!

Und dann kommt der grelle schwere Schlag.

Irgendwo draußen in der Nacht, südöstlich der Stadt, heult die Sirene des Zuges. Schwer und hallend rattern die Räder über die Schienen der Brücke, die das Tal überspannt.

Der Schall tobt bis zur Station. Dort macht einer die Tür zu.

Und sieht die Pulverwolke aus Bodwells Revolver schlagen.

Der Schuß geht im Rattern der Räder und Donnern unter.

In der Station steht Sam Quinton einen Moment still. Der dritte Mann, Thornton, starrt entsetzt auf den Revolver Bodwells. Und dann auf Quintons Gesicht.

»Mabel!« sagt Sam Quinton.

Und dann nichts mehr. Er faßt mit einer unbeholfenen Bewegung nach seiner Brust.

Thorntons Augen nehmen in diesem Moment den Ausdruck absoluten Entsetzens an. Der Mann der Erzaufbereitungsfabrik in Cornelia, dem ein Revolver mitten im Rücken steht, sieht den Fleck auf Quintons Hemd. Dann dreht sich Quinton um. Er neigt sich nach vorn, kippt gegen das Wandbrett, rutscht von ihm ab und stürzt dann zu Boden.

»John!« stammelt Thornton und blickt zu Bodwell. »John, was hast du…«

John Bodwell bekommt einen Stoß in die Seite. Er taumelt, kracht gegen den Tisch und bricht über ihm zusammen. Der nicht sehr große und dürre Mann, der Bodwell wie ein Tiger angesprungen hat, fährt wirbelnd herum. Ein Satz, dann steht er genau neben Thornton. Und dann sagt er dumpf: »Keinen Trick, Mann, die Kanone geht los – keinen Trick!«

Thornton ist vor Entsetzen stumm. Widerstand zu leisten, kommt Thornton in diesem Moment gar nicht in den Sinn.

Mein Gott, denkt Thornton entsetzt, John hat Quinton niedergeschossen. Ich – ich begreife es nicht. Wie hat er schießen können, wie hat er…

Der Mann links neben ihm reißt an Thorntons Jacke. Dann ist sie offen. Die Hand Tims schnappt zu. Ein Griff, er hat Thorntons Revolver, den er in die Ecke schleudert.

»Umdrehen, Mann, umdrehen!«

Thornton japst einmal heiser, als ihn Evans Stoß herumtorkeln läßt. Hinter ihm ist Groccer jetzt weg. Groccer ist in die Tür zum Nebenraum getreten. Von dort aus sieht er jetzt Thornton über den Lauf seines schweren Armeerevolvers hinweg an.

»Komm schon, los!«

Er sieht das verstörte Gesicht von Thornton. Der Mann, untersetzt, breitschultrig und kräftig, zuckt einmal mit den Lidern, als er von Evans’ Stoß herumgedreht worden ist. Aus seinem Gesicht schwinden jäh Verstörtheit und Bestürzung. Die Sekunde, die Thornton auf den Stuhl links an der Tür sieht, sagt Groccer genug.

Sieh mal an, denkt Groccer, der Bursche rechnet sich etwas aus. Mal sehen, ob ich richtig vermutet habe. Ruhig kommen lassen, er macht seinen einzigen Fehler. Und danach keinen mehr!

»Geh!« knurrt Tim Evans hinter Thornton scharf. »Geh schon immer hinein da, Freundchen.«

Er schiebt Thornton vor seinem Revolver her.