Im wilden Westen Nordamerikas 02: Auf der Spur -  - E-Book

Im wilden Westen Nordamerikas 02: Auf der Spur E-Book

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Beschreibung

Old Shatterhand begleitet weiter seine Reisegefährten. Auf einem Mississippi-Dampfer treffen sie Bandenmitglieder der Bushwhacker, die nach dem Bürgerkrieg die Umgebung von St. Louis terrorisieren. Der geheimnisvolle Anführer besitzt Kenntnisse über Geldtransporte, die nur ein Insider haben kann. Als Klara von Rauten entführt wird, nimmt Old Shatterhand zusammen mit zwei Kriegern der Osage die Verfolgung auf.Teil 2 der TrilogieDie Schwarzen Teufel von MissouriDie Printausgabe umfasst 154 Buchseiten.

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Im Wilden Westen NordamerikasAUF DER SPUR

In dieser Reihe bisher erschienen

2201 Aufbruch ins Ungewisse

2202 Auf der Spur

2203 Der schwarze Josh

H. W. Stein (Hrsg.)

Auf der Spur

Teil 2 der TrilogieDie Schwarzen Teufel von Missouri

Aufgeschrieben von Thomas Ostwald

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag, www.blitz-verlag.de, in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt bis zu einer Höhe von 23 %.

© 2017 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Mark FreierUmschlaggestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenwww.BLITZ-Verlag.deISBN 978-3-95719-432-9

1.

Die drei Reiter mit den typischen Galgenvogelgesichtern waren nach kurzer Zeit in dem dichten Gewühl auf der Main Street von New Orleans zwischen den anderen Menschen untergetaucht. Ich hatte kein gutes Gefühl, als ich in das Gesicht von Cole Younger geblickt hatte, der eine Nachricht für Klara von Rauten von ihrem Verlobten überbrachte. Aber ich ließ mir nichts anmerken, als ich auf Klara und ihre Zofe Anna zuging, die beide noch immer etwas fassungslos auf der Hotelveranda standen.

„Oh, Post für Sie, kaum dass Sie amerikanischen Boden betreten haben?“, sagte ich scherzend und deutete auf den Brief, den Anna noch immer ungeöffnet in der Hand hielt.

„Haben Sie die Reiter gesehen, Herr Winter?“

Ich entnahm ihrem Tonfall, wie entsetzt die junge Frau noch immer war.

„Ach, die Cowboys? Ja, warum? Etwas gewöhnungsbedürftig, nicht wahr, selbst hier in New Orleans, wo es doch nun wirklich ein buntes Völkertreiben gibt. Dort drüben zum Beispiel die Gruppe Chinesen in den blauen Arbeitsanzügen, die- gehen sicher, um die Levee1 auszubauen. Hier ist ja im vergangenen Krieg vieles ...“

„Herr Winter!“, unterbrach mich das Fräulein von Rauten mit strenger Miene. „Jetzt tun Sie doch bitte um Himmels willen nicht so, als würde das alles nichts zu bedeuten haben! Diese Männer waren doch keine Cowboys! Das waren ... ich weiß es nicht ... Strauchdiebe!“

Oh, Klara, wenn du wüsstest, wie genau du den Nagel auf den Kopf getroffen hast!, schoss es mir durch den Kopf, denn ich hielt die drei Männer auch für Bushwhacker, also Strauchdiebe. Aber ich ließ mir davon nichts anmerken, um Klara nicht noch mehr zu verunsichern. Stattdessen antwortete ich:

„Aber, liebes Fräulein von Rauten, sehen Sie das nicht ein wenig zu eng? Sehen Sie sich um im Land, das ist alles ein sehr raues Volk, und ich habe schnell lernen müssen, dass man nicht nach dem Äußeren gleich auf den Menschen schließen darf. Mein Blutsbruder Winnetou und ich haben ...“

„Donnerwetter, Herr Winter, nun hören Sie doch bitte mit diesem Gerede auf! Ich bin kein kleines Kind mehr, und was die Gesichter dieser Männer angeht, so liege ich mit Sicherheit richtig. Ich frage mich nur, wie um alles in der Welt mein Joshua in solche Gesellschaft geraten konnte!“

„Er meint es doch nur gut, seien Sie nicht so streng mit unserem Karl, Fräulein von Rauten“, erklang eine beschwichtigende Stimme hinter uns. Fred Miller war aus dem Schatten der Hauswand getreten und lachte über das ganze, bärtige Gesicht so herzlich, dass man ihm nicht verübeln konnte, uns heimlich belauscht zu haben.

„Herr Miller, Sie auch? Ihnen hätte ich etwas mehr Menschenkenntnis zugetraut!“, schnappte aber das junge Fräulein und wollte sich mit empörter Miene abwenden, aber Fred stellte sich ihr mit der freundlichsten Miene der Welt in den Weg.

„Halt, Fräulein, nicht so stürmisch. Sie haben ja beide recht. Nur, hier in Amerika gibt es tatsächlich ein paar sehr raue Gesellen, die aber das Herz auf dem rechten Fleck haben. Mir sind die drei Reiter leider nur von hinten sichtbar geworden, ich kam zu spät aus dieser Seitengasse und sie trieben gerade ihre Pferde wieder an. Sie sollten einfach akzeptieren, dass ein Geschäftsmann in diesem Land, noch dazu in dieser turbulenten Zeit, sich seine Partner nicht immer aussuchen kann. Verurteilen Sie die Leute nicht zu früh, bei nächster Gelegenheit könnten sie sich als ganz zuverlässige Menschen erweisen.“

Nun lächelte Klara schon wieder ein wenig, und die wortkarge Anna meldete sich jetzt auch verzagt zu Wort.

„Bestimmt haben die beiden richtig gesehen, gnädiges Fräulein. Ich hatte auch Angst vor den großen Pferden. Und dann diese Revolver, die alle am Gürtel trugen! Aber ich glaube doch an das Gute im Menschen, und deshalb stimme ich Herrn Miller zu.“

„Ach, Anna!“, seufzte Klara von Rauten nur tief auf, dann aber schien sie einen Entschluss zu fassen. „So, jetzt ist es wirklich an der Zeit für eine Erfrischung. Ich lade Sie hiermit herzlich auf ein gekühltes Glas Champagner ein. Wir müssen doch noch auf unsere glückliche Ankunft in Amerika anstoßen!“

„Champagner?“, sagte ich etwas überrascht.

Klara fasste mich kurzerhand unter und schob mich auf das Hotel zu.

„Champagner, und jetzt wird gefeiert, Karl Winter!“

Na, das konnte ja heiter werden – und das schöne Frauengesicht, dem ich bei der ersten Begegnung die Bezeichnung Schneewittchen verpasst hatte, strahlte schon wieder glücklich. Dieser häufige Stimmungswechsel gab mir zwar zu denken, aber Klara von Rauten war nicht nur eine schöne, sondern zudem eine sehr intelligente Frau, die wusste, was sie wollte.

Hoch erfreut brachte uns der befrackte Kellner einen Eiskübel und eine Flasche Champagner, während ein Gehilfe ein kleines Tischchen herantrug und neben uns abstellte, um gleich darauf erneut nach hinten zu enteilen und dann mit den Gläsern zurückzukehren.

Schwungvoll und mit einem vollendeten Knall öffnete der Kellner die Flasche und goss uns das sprudelnde Getränk ein. Dann verbeugte er sich, stellte die Flasche in den Kühler und zog sich zurück.

Klara von Rauten griff zu ihrem Glas, aber rasch machte Fred Miller eine Bewegung mit seiner flachen Hand.

„Einen Moment, Herrschaften. Als der Älteste in dieser Runde habe ich jetzt das Recht, zu sprechen. Wir befinden uns nun in den Vereinigten Staaten von Amerika und haben auf dem Weg hierher schon einiges überstanden. Hier gibt es keine Konventionen und Titel, und deshalb jetzt meine Anmerkung zu allen: Ab sofort wird sich geduzt! Ich bin Fred, das ist Karl – Klara, Anna, zum Wohl!“

Während die Zofe Anna vor Schreck erstarrte und nicht wagte, zu ihrer Herrin aufzuschauen, lachte Klara laut und herzlich heraus.

„Jawohl, Herr Fred, das ist gescheit – zum Wohl, Lieber – und jetzt wird angestoßen und dann geküsst!“

„Geküsst? Aber ...“, wandte ich ein, doch Klara unterbrach mich, reckte mir ihr gespitztes Mündchen entgegen und gab mir einen so weichen, zuckersüßen Kuss, dass ich für einen Moment die Welt um mich herum vergaß und andächtig die Augen schloss. Doch Klara war längst bei Fred, brannte ihm auch einen herzhaften Schmatzer auf den vom Vollbart umgebenen Mund und stieß dann Anna an.

„Nun los, jetzt du, Anna!“

„Aber, gnädige Frau ...“

„Pscht, hat sich was mit gnädiger Frau! Hast du doch gehört, das gibt es in Amerika nicht!“

Nun erhob sich die Zofe zaghaft und beugte sich zu Fred hinüber, der nicht lange fackelte. Die Hand an ihrem Hinterkopf, zog er sie etwas zu sich herüber und gab ihr einen schallenden Kuss direkt auf den Mund. Erschrocken verharrte Anna noch in dieser Position, als ich, ermutigt durch das Beispiel, auf gleiche Weise nachfolgte. Und nun war Anna wie mit roter Farbe übergossen und wusste nicht mehr, wohin sie noch schauen sollte.

Fred rettete aber die Situation, hob das Glas erneut und stieß es erst gegen Klaras, dann gegen Annas Glas und rief laut: „Prosit! Die Damen sollen leben!“

Damit war nun offenbar der Damm gebrochen, und wir unterhielten uns noch lange bei der zweiten Flasche Champagner, bevor wir alle zufrieden und glücklich unsere Zimmer aufsuchten.

Zum Frühstück überraschte mich Fred Miller zu ungewöhnlicher Tageszeit. Ich hatte angenommen, dass ich der erste Gast im Speiseraum wäre, wenn ich schon mit dem ersten Sonnenstrahl aufstand. Doch Fred sah ganz danach aus, als hätte er schon einen Spaziergang unternommen.

„Guten Morgen, Karl. Das Hotel hält sich sogar eine Zeitung, den Chronicle. Lies doch mal diesen interessanten Bericht, der als Aufmacher dient!“

Damit schob er mir das Blatt so herüber, dass mir die Schlagzeile auf der ersten Seite förmlich ins Gesicht sprang: Das Bushwhacker-Unwesen in ­Louisiana! Rasch überflog ich den gut geschriebenen Artikel über diese Verbrecherbanden, die nach dem Bürgerkrieg das Land in Angst und Schrecken versetzten. Viele ehemalige Angehörige beider Armeen zogen durch den ausgebluteten Süden und töteten Menschen nur für eine erbärmliche Beute. Ein paar Dollars, manchmal nur Lebensmittel oder Alkohol. Was sie eben auf den abgelegenen Plantagen fanden, die noch nicht geplündert oder sogar niedergebrannt waren. Mord und Totschlag waren an der Tagesordnung, und besonders in den nahe gelegenen Städten Pointe Coupee und Baton Rouge waren die Banden mit großer Brutalität vorgegangen und hatten auch einen Friedensrichter erschossen, der sich ihnen entgegen gestellt hatte.

„Hast du den Kommentar gelesen? Rechts unten? Warte, jetzt nicht, steck die Zeitung in die Tasche, die Damen kommen und müssen das nicht sehen. Sie sind auch schon ohne die Lektüre voller Sorgen“, sagte Fred leise zu mir.

Ich blickte rasch auf, sah Klara und Anna den Salon betreten, nahm das Blatt vom Tisch, faltete es rasch auf dem Schoß zusammen und steckte es ein.

„Ach, meine Damen – so schön wie der junge Morgen!“, empfing sie Fred, als sie beide in weißen Kleidern an den Tisch kamen. Klara sah aus wie eine Südstaaten-Dame von einer der großen Plantagen. Sie trug einen kleinen, entzückenden Hut auf ihren ebenholzfarbigen Haaren, die sie auf raffinierte Weise zusammengeknotet hatte. Anna an ihrer Seite war wie immer schüchtern und schweigsam, aber sah in ihrem etwas schlichteren Kleid ebenfalls ganz entzückend aus. Und wenn Klara ein schneeweißes Gesicht hatte und von mir deshalb insgeheim den Spitznamen Schneewittchen erhalten hatte, so wirkte Anna mit ihrer pfirsichfarbenen Haut daneben wie ein Mädchen vom Lande, das ihre Cousine in der Stadt besuchte und nun mit ihr in einem eleganten Hotel wohnte.

Gemeinsam frühstückten wir in aller Ruhe, genossen die Früchte, die man uns servierte und die nicht nur aus den schönsten Apfelsinen bestanden, sondern zudem noch mit Ananas und Weintrauben in den üppigen Obstkörben sehr dekorativ wirkten.

Klara erklärte uns dann, dass sie noch einen Termin bei einer Schneiderin hätte, damit ihr Reisekostüm rechtzeitig für unsere Weiterfahrt auf dem Mississippi fertig wurde.

„Wie steht es denn mit den Plätzen auf einem Dampfer, lieber Fred?“, erkundigte sich dann Klara von Rauten.

„Nun, es ist im Moment sehr schwierig, noch vier freie Plätze in Kabinen zu erhalten. Jeden Tag kommen Schwärme von Einwanderern hier an und wollen weiter ins Landesinnere. Während natürlich die meisten von ihnen Zwischendeckpassagiere sind und auf diese Weise auch auf den Steamern weiterreisen werden, gibt es doch eine Menge gut betuchter Bürger, die sich Kabinen leisten können. Aber ich habe nun Passage genommen auf der River Queen. Der Dampfer ist nicht mehr das neueste Schiff, aber, wie man mir versicherte, sehr gut überholt und tadellos in Schuss. Er geht morgen ab, und zwar um neun Uhr. Das heißt also, wir können heute Abend bereits den größten Teil unseres Gepäcks an Bord schaffen lassen. Wenn wir dann gegen 11.00 Uhr ablegen, können wir uns glücklich schätzen.“

Klara seufzte leise.

„Nun, dann werden wir also morgen diese wunderschöne, vollkommen verrückte Stadt verlassen. Das French Quarter mit seinen Steinhäusern und den eleganten Balkonen mit schmiedeeisernen Gittern gefällt mir sehr, aber überall wird gebaut und der Lärm wie der Staub sind doch auch lästig. Trotzdem – ich werde die Stadt vermissen!“

Fred Miller lächelte und sagte fröhlich:

„Vor rund zwanzig Jahren war ich zum ersten Mal in der Stadt – und war maßlos enttäuscht. Überall lobte man New Orleans, aber das einzige, wirklich imposante Gebäude war das St. Charles Hotel. Ein Prachtgebäude, sehr imposant gebaut. Damals kam mir Cincinnati viel schöner und interessanter vor. Es hat sich in den wenigen Jahren doch unglaublich viel getan. Nicht nur in der Stadt hat eine rasante Bauzeit begonnen, auch die Levee und der gesamte Hafen werden ausgebaut. Wenigstens dort finden einige der neu angekommenen Einwanderer eine Arbeitsmöglichkeit.“

Die beiden jungen Frauen erhoben sich – wir natürlich sofort ebenfalls –, dann eilten sie davon, um noch wichtige Einkäufe für die Fahrt auf dem Mississippi zu tätigen. Ich seufzte, als ich mich wieder auf meinen Stuhl sinken ließ. Wie einfach war doch das Leben als Mann, vor allem, wenn man auf Reisen war!

Ich bemerkte, wie mein Freund Fred den Damen lächelnd hinterher sah.

„Ach, diese beiden Geschöpfe!“, sagte er mit gespieltem Seufzen. „Ich könnte mich glatt verlieben!“

„In beide?“, antwortete ich.

„Ich glaube – nur in Anna!“, antwortete Fred mit einem Seitenblick zu mir, der mich in Verlegenheit brachte. Ich antwortete nur mit einem leisen Hüsteln.

„Jetzt ist die Gelegenheit, Karl!“

„Bitte?“

Was stellte sich Fred denn vor? Sollte ich vor Klara in die Knie sinken und ihr erklären, dass ihr amerikanischer Verlobter doch nichts gegen mich handfesten Kerl war?

„Der Artikel, Karl!“

Ich zuckte zusammen und spürte, wie ich rot wurde. Konnte es sein, dass ich mich wie ein verliebter Pennäler verhielt und Fred etwas bemerkt hatte?

Verlegen zog ich das Zeitungsblatt hervor, legte es auf den Tisch und strich es glatt.

Dann überflog ich die Zeilen des Kommentars, die sich auf das Treiben der Verbrecherbanden bezog.

„In den Städten immer dort, wo es größere Geldmengen gab ... nicht nur Banken ... Transporte ... Stores ... Wissen eines Mitarbeiters ...“

Ich schaute auf und sah direkt in Freds Gesicht, der sich mit gespannter Miene zu mir herüber gelehnt hatte.

„Ja, und, hast du nichts verstanden?“, erkundigte er sich mit halblauter Stimme, warf einen Blick in den Saal, und als er bemerkte, dass sich niemand in unserer Nähe aufhielt, wiederholte er meine letzten Worte: „Wissen eines Mitarbeiters, und weiter, lies doch bitte, Karl, da steht doch, dass man den Leiter der Frachtfirma Smith, Railer & Company verdächtigt. Der Kommentator ist noch sehr vorsichtig, aber er meint, demnächst noch mehr Material über diesen J.P. veröffentlichen zu können!“

Ich blickte irritiert auf.

„Ja, und? Was haben wir damit zu schaffen, dass ich mich unbedingt mit der Meinung eines hiesigen Redakteurs beschäftigen muss?“

Fred Miller stöhnte gequält.

„Karl Winter, bist du so vernagelt oder verstellst du dich nur? Klara hat uns doch von ihrem Verlobten erzählt, der mit ihrem Vater als Partner ein amerikanisches Warenhaus gegründet hat. Dazu gehört auch eine Frachtfirma mit dem Namen Smith, Railer & Company!“

Ich erstarrte.

„Du meinst doch aber nicht etwa – dass dieser J.P. etwas mit Klara ...“

Ich brach ab, denn das war zu ungeheuerlich. J.P.s gab es sicher zu Tausenden in Nordamerika, und weshalb sollte ausgerechnet ...

„Denk mal darüber nach, Karl. Wenn du nichts weiter vorhast – ich gehe jetzt mal hinüber in die Redaktion des Chronicle.“

Noch immer konnte ich mich nicht rühren, überflog noch einmal den Kommentar, dann sprang ich auf und folgte meinem Freund.

2.

Der Chronicle hatte nur ein sehr kleines Geschäft in der zweiten Seitenstraße der Main Street. Wir fanden das schmale Haus mit der großen Fassade davor und dem in dicken Lettern aufgemalten Namen trotzdem mühelos, weil der Besitzer ganz geschickt an der Hausfassade vor der Seitenstraße ein gigantisches Werbeschild angebracht hatte.

Bevor wir die Tür aufrissen, warf ich einen Blick durch das Fensterglas ins Innere. Zwei Fenster befanden sich links und rechts neben der Eingangstür, beide waren unterteilt in zahlreiche kleinere Scheiben, die schon seit längerer Zeit dringend eine Reinigung benötigt hätten. So erkannte ich nicht mehr als den dunklen Umriss einer Maschine, die wohl mitten im Raum stand.

Als Fred und ich eintraten, bestätigte sich meine Vermutung. Den größten Teil des Raumes nahm eine Druckmaschine ein, die eben von einem jüngeren Mann mit blauer Schürze geputzt wurde. Es roch nach Reinigungsmitteln, nach Farbe und sehr viel Staub. Auf fatale Weise fühlte ich mich für einen kurzen Moment in die Bibliothek von Chemnitz versetzt.

Der junge Mann blickte auf und erwiderte freundlich unseren Gruß.

„Sie möchten bestimmt zu Mr. Sanders? Der Chef ist unterwegs und wird wohl erst in einer Stunde wieder zurück sein. Kann ich Ihnen helfen?“

Bei diesen Worten kletterte er von der kurzen Leiter neben der Druckmaschine, nahm einen Lappen zur Hand und wischte sich Farbe und Schmiere ab.

„Tja, eigentlich betrifft unser Anliegen einen Artikel aus der letzten Ausgabe des Chronicle“, antwortete Fred, aber der junge Mann war sofort begeistert.

„Oh, bestimmt meinen Sie den Artikel über die Bushwhackers. Hat er Ihnen gefallen? Ich habe ihn selbst verfasst!“

Fred Miller strahlte den Mann an und antwortete:

„Dann sind Sie nicht nur der Drucker des ­Chronicle, sondern auch der Redakteur? Das trifft sich gut. Ja, der Artikel hat meinem Freund hier und mir gefallen.“

Der junge Mann streckte uns die Hand fröhlich lachend entgegen und stellte sich vor.

„Henry Sanders jr., Sohn des Gründers und Herausgebers des Chronicle in New Orleans, derzeit Drucker und Hilfsredakteur.“

„Oh, das hört sich doch gut an. Wir kommen aus Deutschland, mein Name ist Fred Miller, das ist Karl Winter. Uns geht es um eine Besonderheit, Mr. Sanders, weil wir in unserer Begleitung zwei Damen haben, um die wir uns kümmern.“

Nun war offenbar das Interesse des Mannes geweckt, er bat uns nach hinten an einen schmalen Tisch, auf dem sich Papierstapel mit älteren, gedruckten Ausgaben des Chronicle stapelten und nur eine schmale Ecke noch frei war, auf der Sanders jr. seinen benutzten Emaillebecher abgestellt hatte.

„Möchten Sie einen Kaffee, meine Herren? Ich könnte ihn frisch aufbrühen, müsste nur noch einmal ein paar Holzscheite nachlegen.“

„Nein, besten Dank“, wehrte Fred ab, „wir wollen Sie gar nicht lange aufhalten. Nur folgende Frage: Sie erwähnen in dem Kommentar einen gewissen