Im wilden Westen Nordamerikas 04: In den Fängen des Ku-Klux-Klan -  - E-Book

Im wilden Westen Nordamerikas 04: In den Fängen des Ku-Klux-Klan E-Book

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Beschreibung

Old Shatterhand trifft auf eine alte Bekannte aus Deutschland, die sich als Pinkerton-Agentin entpuppt. Der Kampf gegen den Ku-Klux-Klan ist unerbittlich, denn der Anführer der Klan-Männer schreckt auch vor Mord nicht zurück.Die Printausgabe umfasst 154 Buchseiten.

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Seitenzahl: 153

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Im Wilden Westen NordamerikasIN DEN FÄNGEN DES KU-KLUX-KLAN

In dieser Reihe bisher erschienen

2201 Aufbruch ins Ungewisse

2202 Auf der Spur

2203 Der schwarze Josh

2204 In den Fängen des Ku-Klux-Klan

2205 Heiße Fracht für Juarez

2206 Maximilians Gold

H. W. Stein (Hrsg.)

In den Fängen des Ku-Klux-Klan

Aufgeschrieben von Thomas Ostwald

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2018 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Mark FreierUmschlaggestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-434-3Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

1.

Meine Lage war alles anderes als beneidenswert. Die Fesseln schnitten tief in das Fleisch der Handgelenke, als ich versuchte, meine Hände zu drehen. Die Stricke gaben nicht nach, es war unmöglich, sie nur etwas zu lockern. Auch meine Füße waren fest zusammengebunden. Besonders ärgerlich war es, dass ich mir diese Lage nicht nur selbst zuzuschreiben hatte, sondern auch die Tatsache, dass ich nicht mit einer Befreiung von außen rechnen konnte. Niemand konnte auch nur ahnen, wo ich mich befand. Also setzte ich sofort nach dem Erwachen aus meiner Ohnmacht, in die mich ein harter Schlag auf den Kopf geschickt hatte, alle Bemühungen daran, mich selbst zu befreien.

Nach dem Versuch, die Fesseln zu lockern, begann ich, mein dunkles Gefängnis abzusuchen, so gut mir das möglich war. Dabei legte ich mich auf die Seite und tastete mit den gefesselten Händen den Boden ringsum ab. Dicke Holzbohlen, rau und offenbar alt, stellte ich für mich fest. Zahlreiche Unebenheiten, Astlöcher und auch die nicht vollkommen glatt geschliffene Oberfläche der Bretter zeigten mir, dass ich mich jedenfalls nicht in einem der vornehmen Stadthäuser von New Orleans befand. Dazu hatte ich schon gleich nach meinem Erwachen den fauligen Geruch von abgestandenem Wasser bemerkt. Mein Gefängnis musste sich demnach in der Nähe der Hafenanlage, der sich lang hinziehenden Levee der Stadt, befinden. Das wäre auch durchaus logisch gewesen.

Während meine zusammengebundenen Hände mühsam den Boden nach einer scharfen Kante oder einem vorstehenden Nagel abtasteten und ich mich dabei auf dem Boden wie eine Schlange bewegte, rekapitulierte ich noch einmal die Ereignisse bis zu meiner Ohnmacht.

Ich hatte den Abend genossen. Hinter mir lagen aufregende Tage und zahlreiche bestandene Abenteuer. Jetzt hatte ich meine Geldanweisung erhalten und mit einem Schmunzeln las ich den dazu ausgehändigten Brief der Agentur Josy Tailor, in dem mir ausgezeichnete Arbeit bescheinigt wurde. Auch wenn ich in meiner Eigenschaft als Privatdetektiv nun erfolgreich und gut bezahlt war, wollte ich dieser Tätigkeit für eine Agentur künftig nicht weiter folgen. Ich wollte mein eigener Herr sein, die Vereinigten Staaten nach Herzenslust durchstreifen und Land und Leute dabei kennenlernen.

Der Yellow Jack, wie man das Gelbe Fieber in New Orleans nannte, war noch nicht in Erscheinung getreten, die Stadt gut gefüllt mit zahlreichen Reisenden, Händlern und täglich eintreffenden Einwanderern, die von einem der vielen Schiffe in die Stadt strömten und darauf warteten, dass ihnen das Glück in den Schoß fiel. Auch ich gehörte einst zu dieser ganz besonderen Spezies Mensch und konnte von Glück sagen, dass ich nicht schon in den ersten Monaten so kläglich untergegangen war, wie das mit so vielen anderen geschah, die mittellos, ohne Kenntnisse der englischen Sprache und des Landes eintrafen und hilflos schon in den großen Städten New York oder New Orleans strandeten. Mir wurde schlecht, als ich tagsüber an den Massen der Auswanderer vorbei ging, die auf der Levee ein erstes notdürftiges Lager bezogen, kaum dass sie ihr Gepäck aus dem Schiffsbauch geholt hatten. Hier wartete niemand auf sie, Arbeit suchten dafür alle, und wer keine Sprachkenntnisse hatte, war schon gleich abgestempelt.

Um mir dieses Elend nicht länger mit ansehen zu müssen, lenkte ich meine Schritte ein Stück weiter vom Ufer des Mississippi in das Landesinnere und stand bald vor einem sehr einladenden Café, das von einem Franzosen betrieben wurde, ausgezeichnetes Gebäck und einen wunderbaren Kaffee anbot. Hier verbrachte ich mit der Lektüre verschiedener Zeitungen den späten Nachmittag, musterte gelegentlich die vorüberziehenden Massen und staunte über das bunte Bild. Da waren die abgerissen wirkenden Auswanderer, die im bunten Sprachgemisch alle Länder vertraten, sich oftmals laut und auch schimpfend in ihrer Sprache äußerten und weiterzogen. Dann die Damen der gehobenen Gesellschaft, nach der ­neuesten ­Pariser Mode gekleidet, mit einem eleganten Hütchen und einem aufgespannten Sonnenschirm die Auslagen der zahlreichen Geschäfte musternd, oft hinter ihnen die schwarze Mummy, die ihre Kinder beaufsichtigte oder einen eleganten Wagen mit dem Jüngsten vor sich her schob.

Alles wirbelte in der Sonne an mir vorüber, und nach einer Weile konzentrierte ich mich wieder auf meine Lektüre, denn von dem bunten Mischmasch auf der Promenade, der sich hin und her schob, in den tollsten Farben gekleidet, mit allen Hautschattierungen vertreten, wurde mir fast schwindelig. Ich musste mir auch immer wieder eingestehen, dass ich die Folgen des Schiffsunterganges auf dem Mississippi, bei dem ich für einige Zeit das Gedächtnis verloren hatte, noch immer nicht vollständig überwunden hatte.1

Dann, als es schon ein wenig kühler wurde, hatte ich mich erhoben, mir noch eine gute Zigarre am Tresen gekauft und entzündet, und wanderte nun still­vergnügt meinem Quartier entgegen. Ich hatte ein sehr gutes Hotel gefunden, den Black Swan, sehr modern und gediegen eingerichtet, mit einem Elevator, Gasbeleuchtung und einer ausgezeichneten table d’hôte2, für die ich mich zum Abendessen angemeldet und bereits zweimal in den vergangenen Tagen genossen hatte.

Dazu muss ich anmerken, dass ich bei meinem letzten Auftrag sämtliche zivilisierte Kleidung gegen ein nicht gerade geringes Entgelt bei meinem früheren Wirt zur Aufbewahrung gegeben hatte. Kaum betrat ich die Stadt erneut, suchte ich einen Barbier auf, ließ mir Haupt- und Barthaar stutzen und fand dann zu meinem Glück eine Badestube, in der ich den restlichen Menschen wieder in einen einwandfreien Zustand versetzen konnte. Dann holte ich meine Waffen ab und deponierte sie zusammen mit meiner Barschaft im Tresor einer Bank, die von einem jungen Schweizer geführt wurde.

Endlich öffnete ich meine gut verschlossene Reisetruhe und entnahm ihr die Sachen, die nach der vorherrschenden Meinung einen Gentleman ausmachten.

Und wie heißt es doch immer so schön? ­Kleider machen Leute! Und das bestätigte mir so mancher Blick von einer schönen Dame, die mein Habitus beim Betreten der Stadt nur mit Naserümpfen bedacht hätte, wenn sie überhaupt meine eben aus der Wildnis zurückgekehrte Person zur Kenntnis genommen hätte. So aber hatte ich öfter die Gelegenheit, meinen Zylinder höflich zu lüften, was zumeist mit einem leichten Kopfnicken und einem angedeuteten Lächeln quittiert wurde.

Allerdings machte ich mir auch keinerlei Gedanken um meinen Auftritt, als ich zur Levee hinunter spazierte. In dem Gewühl der Arbeiter, Verkäufer und frisch angekommenen Einwanderer hatten die Taschendiebe ihr gutes Auskommen. Aber meine Uhrenkette war nur Talmi, ich hatte sie einst in Bremen für zehn Silbergroschen erstanden. Der seidene Regenschirm, den ich fröhlich als Spazierstock einsetzte, wies zwar am Griff eine Farbe wie Elfenbein auf, aber auch hier erkannte der Fachmann sofort, dass es sich nur um polierten Knochen handelte. So war ich also vor den Vertretern dieser ganz speziellen Berufsart ziemlich sicher und wusste auch meine Gewehre zusammen mit der Brieftasche in einem sicheren Versteck. Einzig die einschüssige, schmale Pistole hatte ich zu mir gesteckt, die man hier allgemein als Spielerwaffe bezeichnete: einen Colt Deringer im Kaliber .41 Rimfire, den ich erst kürzlich einem überführten Spieler abgenommen hatte. Dann ging aber alles viel zu schnell, und ich hatte nicht den Hauch einer Chance, die Waffe zu ziehen.

Es dämmerte bereits, als ich in der Nähe meiner Herberge an einer schmalen Gasse vorüberkam, aus der ein seltsamer Laut an mein Ohr drang. Es war wie ein kurzes Röcheln, gefolgt von einem unterdrückten Hilferuf. Ich spähte in die vollkommen dunkle Gasse, die von dem Licht der Straßenbeleuchtung nicht erreicht wurde. Schemenhaft entdeckte ich dort zwei Gestalten, die offenbar miteinander rangen. Der nächste Laut stammte von einer weiblichen Stimme, und das gab den Ausschlag. Mit einem Satz war ich bei den beiden, riss den Mann zurück und schlug ihm die Faust unter das Kinn, sodass er ein paar Schritte zurücktaumelte. Dann wollte ich mich zu der Dame umwenden, als mich ein heftiger Schlag am Kopf traf. Er wurde sehr genau und äußerst brutal ausgeführt. Ich stürzte buchstäblich in die Dunkelheit und nahm nichts mehr wahr, bis ich in diesem ebenfalls vollkommen abgedunkelten Gefängnis erwachte.

Jetzt durchzuckte mich ein Hoffnungsschimmer, denn auf sehr schmerzhafte Weise hatte ich offenbar einen vorstehenden Nagel gefunden, der sich tief in das Fleisch meines Handballens gedrückt hatte. Aber dieser Schmerz war zugleich der Hinweis auf eine Möglichkeit, die Handfesseln durchzuscheuern. Ich probierte die günstigste Lage für mich aus, beugte mich tief vor und begann mein Befreiungswerk, bei dem ich natürlich immer wieder schmerzhafte Bekanntschaft mit dem Nagel machte. Aber ich war erfolgreich. Endlich lockerten sich die Stricke, ich konnte sie schließlich abstreifen und begann nun in aller Eile mit dem Aufknoten der Fußfesseln. Aber das wurde eine echte Geduldsprobe, bis auch meine Füße wieder frei beweglich waren. Rasch tastete ich meine Rocktaschen ab, aber natürlich hatte man mir den kleinen Colt abgenommen.

Also kam es jetzt darauf an, meine Bewacher beim Betreten des Raumes zu überraschen. Noch immer massierte ich meine schmerzenden Handgelenke und schob mich dann so weit durch den Raum, bis ich an eine der Wände gelangt war. Von hier aus versuchte ich, die Tür ausfindig zu machen, was mir jedoch nicht gelang. Stück für Stück ließ ich meinen Blick durch die Finsternis wandern, glaubte, wirklich jede Ecke längere Zeit angestarrt zu haben – vergeblich. Kein noch so geringer Lichtstrahl fiel in mein Gefängnis, nirgendwo zeichnete sich eine Tür ab.

Doch dann zuckte ich zusammen. Genau mir gegenüber hatte ich etwas vernommen, huschte auf die andere Seite, die Hände dabei immer zur Vorsicht weit ausgestreckt, um nicht gegen eine Säule oder eine Wand zu stoßen.

Kein Zweifel, jetzt kam jemand in meine Richtung und trug dazu ein Licht. Plötzlich war ein ganz feiner Lichtstrahl zu erkennen, der den Türrahmen ausfüllte und mir einen Platz anwies, um das weitere Geschehen abwarten zu können. Dann hörte ich ein leises Klirren, wie wenn mehrere Gegenstände aus Metall gegeneinanderstießen. Es folgte das typische Geräusch, wenn ein Schlüssel behutsam in ein Schloss eingeführt und anschließend langsam gedreht wird, um keinen unnötigen Ton zu erzeugen. Die Tür schwang leise knarrend auf und in den Raum hinein. Glücklicherweise stand ich genau auf der richtigen Seite, das heißt, dort, wo sich die Türfüllung gegen die Wand bewegte. Ich hatte die Arme ausgestreckt, um die Tür aufzufangen, bevor sie mit meinem Körper zusammenstieß, und wartete auf meine Gelegenheit. Die sollte sich sofort ergeben. Eine schlanke Gestalt trat langsam ein, die Laterne hoch erhoben, um, ohne geblendet zu werden, den Raum sofort übersehen zu können.

Ich wartete ab, bis mein Gegenüber eintrat, und schlug die Tür mit aller Kraft meinem Wärter entgegen, setzte sofort mit einem Sprung nach und erkannte, wie die Gestalt von der massiven Tür getroffen wurde und die Lampe fallen ließ. Mit lautem Poltern schlug sie auf den Dielen auf, brannte aber weiter. Mit dem nächsten Schritt hatte ich meinen Gegner erreicht, der noch darum bemüht war, nicht nach hinten zu stürzen. Rasch schlug ich ihm zwei schnelle Boxhiebe an die Schläfe und spürte, wie ich traf. Lautlos sank die Gestalt vor mir zusammen, und ich machte einen Schritt über sie, um einen Blick in den Gang auf der anderen Seite zu werfen. Dort befand sich offenbar niemand, alles lag im tiefen Dunkel.

Ich bückte mich nach der Petroleumlampe, hob sie hoch und beleuchtete den ohnmächtigen Besucher. Wer aber beschreibt mein Erstaunen, als der blakende Lichtschein auf das blasse Gesicht einer jungen Frau fiel! Die langen, blonden Haare fielen ihr weich bis über die Schultern und verliehen ihr ein geradezu engelhaftes Aussehen. Was hatte ich getan? Wer war die nächtliche Besucherin, die so überraschend in meinem Verlies auftauchte?

Rasch legte ich zwei Finger an ihren Hals und stellte beruhigt fest, dass sie nur ohnmächtig geworden war. Ich war trotzdem entsetzt und konnte es nicht fassen, dass ich eine junge, hübsche Frau so gedankenlos bewusstlos geschlagen hatte! Jetzt bewegte sie sich schwach und stöhnte leise. Ich hätte jubeln können und wollte gerade ihren Kopf etwas stützen, als ich erneut Schritte auf dem Flur hörte. Kein Zweifel – hier näherten sich offenbar mehrere Männer.

Rasch griff ich die junge Frau auf und eilte mit ihr aus meinem Gefängnis in die Dunkelheit des Flurs. Die Laterne hatte ich an Ort und Stelle gelassen, was natürlich mein Fortkommen nicht gerade begünstigte. Mit der Ohnmächtigen auf den Armen wäre aber eine Laterne nicht nur ein zusätzliches Hindernis geworden, sondern hätte zudem jedem Verfolger meine Position im Haus verraten. In letzter Sekunde bemerkte ich vor mir eine Wand, in deren Mitte sich eine weitere Tür befand. Auch dahinter brannte ein Licht, welches mir die Umrisse der Tür zeigte. Ich tastete nach einer Klinke, als ich die Stimmen hinter mir vernahm, die offenbar meine Flucht entdeckt hatten und jetzt aufgeregt klangen.

Erleichtert stellte ich fest, dass die Tür unverschlossen war, drückte sie auf und eilte mit meiner Last weiter. Ich erkannte jetzt im Dämmerlicht von einigen Sternen, dass ich einen Hof erreicht hatte. Die gegenüberliegende Seite schien mit einem großen Doppeltor verschlossen zu sein. Die Stimmen wurden lauter hinter mir, und mit ein paar Sätzen war ich am Hoftor. Auch die Ohnmächtige in meinen Armen rührte sich stärker, und jetzt galt es, alles auf eine Karte zu setzen. Es gelang mir, an einem angebrachten Halter den Torflügel nach innen zu ziehen, obwohl ich das Gewicht der jungen Frau deutlich spürte.

Aber ich war frei – aus meinem Gefängnis entronnen, und die Sterne zeigten mir nun einigermaßen deutlich die nähere Umgebung. Links von mir dehnte sich die Levee aus, die um diese Zeit jedoch menschenleer war. Auf der rechten Seite glänzten noch ein paar Laternen herüber und zeigten mir an, dass sich dort die Stadt befand. Also war die Richtung klar – ich lief mit meiner Last, so rasch es ging, auf die Lichter zu. Dabei bemerkte ich deutliche Anzeichen des Erwachens bei der ohnmächtigen Frau in meinen Armen. Schwache Handbewegungen kündeten die Rückkehr ihrer Sinne an.

An der Fassade eines zweistöckigen Hauses waren gleich mehrere Gaslaternen angebracht. Insgeheim dankte ich James Henry Caldwell für sein Engagement, welches dafür gesorgt hatte, dass die Stadt New Orleans bereits ab 1833 als eine der ersten amerikanischen Städte – nach Baltimore, New York und Boston – eine moderne Straßenbeleuchtung per Gasleitungen erhielt. Man brachte die Laternen gern an den Hausfassaden an und führte die unterirdischen Leitungen am Haus bis zum Laternenkörper. Hier gab es nun ausreichend Helligkeit, und ich stellte meine Last behutsam auf die Füße, stützte dabei aber ihren Oberkörper so ab, dass sie, halb gegen mich gelehnt, langsam das Gleichgewicht wieder finden konnte.

Dann war sie schlagartig wieder im Besitz ihrer Kräfte und drückte mich heftig mit beiden Armen von sich weg. Aber ich hielt sie weiterhin fest umschlungen. Zum einen wusste ich nicht, ob ich ihr trauen konnte – zum anderen war ich mir nicht sicher, ob sie bereits aus eigener Kraft sicher stand.

„Was zum Teufel soll das bedeuten?“, zischte sie mich an, und im Licht der Gaslaterne sah ihr wütendes Gesicht auf faszinierende Weise sehr attraktiv aus.

„Nun, ich wusste nicht, dass ich eine so schöne Gefängniswärterin erwarten durfte, und habe mich zur Wehr gesetzt!“, antwortete ich leise, lockerte aber meinen Griff um ihre Hüfte noch immer nicht. Jetzt wand sie sich in einer geschmeidigen Bewegung heraus und griff zugleich in eine Tasche ihres Rockes. Noch ehe ich es verhindern konnte, sah ich die stumpfnasige Waffe in ihrer Hand.

Die junge Dame hielt mir meinen Colt Deringer direkt vor die Nase, und ich schluckte unwillkürlich. Ich hatte diese Waffe ganz bewusst behalten, denn sie besaß eine unglaubliche Durchschlagskraft, wie ich bereits ausprobieren konnte. Wenn ich auch beileibe kein Freund der Colt-Revolver war, so schätzte ich diese kleine und sehr handliche Waffe, die gut in der Hand lag, außerordentlich. Nun starrte ich also auf die Hand der jungen Frau, die sich jedoch schon wieder senkte.

„Du bist ein Trottel, Charley!“, erklang es plötzlich mit sanfter Stimme, und erneut musste ich schlucken.

Woher kannte diese Frau meinen Namen? Aber ich bekam keine Gelegenheit, weiter über unsere mögliche Bekanntschaft nachzudenken. Plötzlich näherte sich mir ihr Gesicht und im nächsten Augenblick hauchte sie mir einen zarten Kuss auf die Wange. Gleichzeitig spürte ich, wie sie mir die Waffe in die Hand drückte.

„Wenn dir dein Leben lieb ist, Charley, verlasse New Orleans noch heute Nacht. Beim nächsten Mal komme ich vielleicht zu spät!“

Verwirrt von dem Kuss und der Waffe in der Hand stand ich unbeweglich, während sich die junge Frau um die Hausecke begab und ihre Schritte gleich ­darauf in der Dunkelheit der Seitengasse verklangen.

Ich kam mir wirklich wie ein Trottel vor!

Was hatte das zu bedeuten? Wer war die Frau, die mich offenbar aus meinem Gefängnis befreien wollte und mir zudem meine Waffe wieder zurück brachte?

2.

Mit hochgezogenen Augenbrauen und sehr erstauntem Blick musterte mich der Concierge, als ich gegen drei Uhr morgens die kleine Lobby meiner Unterkunft betrat und meinen Schlüssel abholte. Ich sah keinen Anlass, dem Mann etwas zu erklären, aber ein Blick in den großen Kristallspiegel neben dem Elevator zeigte mir, dass der Concierge allen Grund hatte, mich erstaunt zu mustern.