Im wilden Westen Nordamerikas 13: Unter Blutsbrüdern -  - E-Book

Im wilden Westen Nordamerikas 13: Unter Blutsbrüdern E-Book

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Beschreibung

Der Trail, den Old Shatterhand nach St. Louis bringen soll, scheint in Gefahr. Und Winnetou, sein Blutsbruder, hat ihm eine kryptische Nachricht hinterlassen.Old Shatterhand gerät zwischen die Fronten von Banditen, Ganoven und einer alten Fehde zwischen Indianern, die nur mit Blut gesühnt werden kann.Autor: Thomas TippnerDie Printausgabe umfasst 178 Buchseiten.

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Seitenzahl: 170

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Im Wilden Westen NordamerikasUNTER BLUTSBRÜDERN

In dieser Reihe bisher erschienen

2201 Aufbruch ins Ungewisse

2202 Auf der Spur

2203 Der schwarze Josh

2204 In den Fängen des Ku-Klux-Klan

2205 Heiße Fracht für Juarez

2206 Maximilians Gold

2207 Der Schwur der Blutsbrüder

2208 Zwischen Apachen und Comanchen

2209 Der Geist von Rio Pecos

2210 Fragwürdige Gentlemen

2211 Jenseits der Grenze

2212 Kein Glück in Arizona

2213 Unter Blutsbrüdern

H. W. Stein (Hrsg.)

Unter Blutsbrüdern

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2020 BLITZ-VerlagRedaktion: Jörg KaegelmannAutor: Thomas TippnerTitelbild: Ralph KretschmannLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-444-2Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

1.

Ich hatte die Bewachung eines Trecks in Richtung St. Louis angenommen, um den jungen Leuten, die dort ihr Glück suchten, helfend zur Seite stehen zu können. Außerdem, und das war der eigentliche Grund, weshalb ich in Richtung Westen aufbrach, musste ich meinem Blutsbruder Winnetou folgen.

Was, dachte ich, nachdem ich seine Nachricht erhalten hatte, wäre ich für ein Mann, wenn ich diese unerfahrenen Leute einfach offenen Auges in ihr Verderben reisen lassen würde? Ich könnte niemals wieder in den Spiegel schauen, ohne mich zu grämen und mir selbst zu sagen, dass ich ein Schuft war.

Also hatte ich, ohne lange zu überlegen, dem jungen Tom Burns die Hand geschüttelt und ihm versichert, dass ich sie alle sicheren Fußes nach St. Louis bringen und sie dort in die Hände eines ortskundigen und ehrlichen Mannes übergeben würde.

Nun waren wir schon seit mehr als zehn Tagen unterwegs, die Sonne stach heiß vom Himmel, und zehrte mehr an unseren Kräften, als es Hunger und Durst jemals hätten tun können. Immer wieder mussten wir Pausen machen, weil die Ochsen, die die Karren zogen, zu schnell ermüdeten, die Pferde immer wieder wiehernd und protestierend stehenblieben und die Leute, die das harte Leben auf der Straße nicht gewohnt waren, regelmäßig eine Pause brauchten.

Diese unfreiwilligen Stopps, die ich missmutig zur Kenntnis nahm, nutzte ich in der Regel dazu, um ein wenig die Gegend auszukundschaften, und mir ein Bild von der Landschaft und ihren Gefahren zu machen.

Nachdem ich bei einer dieser Erkundungstouren von Hatatitla – meinem treuen Hengst – abgestiegen war, fand ich schwere, in den Sand gedrückte Hufabdrücke. Diese Hufe waren mit Eisen beschlagen und auf diese Weise wusste ich, dass dies die Pferde von Weißen gewesen waren, denn die im Wilden Westen ansässigen Indianer, beschlugen die Hufe ihre Pferde nicht.

„Haben Sie etwas gefunden, Scout?“, fragte mich plötzlich eine freundlich klingende, noch voller Energie steckende Stimme.

„Mister Smith“, sagte ich, wobei ich das Smith auffallend stark betonte. „Sie ruhen sich ja gar nicht aus.“

Der junge Mann, mit dem weizenblonden Haar und der auffallend großen, ihn aber nicht entstellenden Zahnlücke, gesellte sich zu mir, und sagte, während er in die Knie ging: „Meiner Meinung nach, rasten wir viel zu oft. Ich wäre am liebsten Tag und Nacht unterwegs, um St. Louis endlich zu erreichen. Was aber anscheinend nicht geht“, schob er gespielt lachend hinterher, was meinen Argwohn ihm gegenüber nur noch weiterwachsen ließ.

Seit dem ersten Moment, an dem er mir die Hand geschüttelt hatte und erleichtert sagte, er sei ja so froh, einen erfahrenen Mann des Westens wie mich auf der Reise an seiner Seite zu haben, hatte ich das Gefühl nicht mehr abschütteln können, dass mit ihm etwas nicht stimmte.

„Nein, das geht leider nicht“, antwortete ich, fuhr mit der Hand behutsam über die Huf-Spuren und folgte ihnen mit meinem Blick bis zu der Biegung, die zwischen zwei Hügelkämmen hindurchführte. „Man ist immer nur so schnell, wie der langsamste Mitreisende.“

„Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich wahrscheinlich allein aufgebrochen, damit ich mein Ziel schneller erreiche“, entgegnete Smith, der sich mit der Hand ein wenig frische Luft zufächelte.

„Ich glaube nicht, dass Sie das getan hätten, denn dafür sind Sie viel zu besorgt.“

„Besorgt? Ich?“

Ich nickte, und versuchte mir weiterhin einen Reim auf die ganze Sache zu machen. Nicht nur, dass Smith ganz angespannt geworden war, als er meine Worte gehört hatte, auch die Spuren, wiesen auf einen scharfen Galopp hin, den der Reiter mit seinem Pferd absolviert hatte. Der Staub, der dabei aufgewirbelt worden war, hatte sich als ­feiner ­Pulversand über die gesamte Ebene gelegt, und ließ mich fragen, was der Reiter wohl gesehen oder bemerkt hatte, das ihn so sehr in Eile versetzt hatte.

War mir womöglich eine Spur entgangen?

Hatte ich etwas Wichtiges übersehen?

„Sie suchen auffallend oft meine Nähe“, murmelte ich, während mein Blick über die Weite der Landschaft wanderte und ich versuchte, irgendetwas Auffälliges zu bemerken. „Und immer, wenn Sie meine Nähe gesucht haben, fragen Sie mich, ob ich etwas Besonderes entdeckt habe. Noch dazu tragen Sie auffallend offen einen Revolver. Sie verlassen Ihre Frau oder Ihre weibliche Begleitung, nur in den seltensten Fällen, und wenn sich Ihre Begleitung doch einmal mit einem anderen Mitglied des Trecks unterhält, gesellen Sie sich sofort dazu, und wirken auf mich wie jemand, der genau aufpasst, was gesagt werden darf und was nicht.“

„Das sind aber reichlich viele Vermutungen für wenig Wissen“, versuchte Smith mich zu entwaffnen. Aber ich blieb bei meinem Lächeln, schaute mir noch einmal die Spur an, und erhob mich dann von meinem Platz.

„Sie scheinen ein äußerst misstrauischer Mensch zu sein.“

„Ich beobachte nur sehr genau, um immer alles zu verstehen, und Ihr Verhalten, habe ich bisher noch nicht verstanden, wenn ich ehrlich bin!“

Smith lächelte gezwungen und schaute mir verwundert hinterher, als ich mich erhob, Hatatitla am Zügel ergriff, und mich daran machte, den Spuren zu den beiden Hügelkämmen zu folgen.

„Was wird das, wenn es fertig ist? Haben Sie nicht gesagt, dass Sie den Treck beschützen wollen?“

„Das tue ich doch“, erwiderte ich. „Ich folge nur den Spuren, die ich entdeckt habe, um Ihnen die Angst zu nehmen, die Sie immer dann befällt, wenn Sie glauben, in den Weiten dieses Landes allein gelassen zu werden!“

„Angst? Ich und Angst? Na, hören Sie mal. Ich bin doch nicht …“

„… der, der Sie vorgeben zu sein? Ich weiß!“

Mit diesen Worten ließ ich Smith einfach stehen, war mir aber sicher, dass er mir folgen würde. In der Zwischenzeit, während er in der brütend heißen Sommerhitze stehen blieb, mir hinterherschaute und meine so offenen und provokant ausgesprochenen Worte zu verarbeiten versuchte, behielt ich die Landschaft im Auge.

Ein Reiter trieb sein Pferd nicht einfach zu Höchstleistungen an, wenn er es nicht unbedingt musste, das wusste ich.

Er hatte entweder etwas Dringendes zu erledigen oder er war auf der Flucht.

Und etwas Erledigen hieß in den meisten Fällen, einem notleidenden Menschen zu helfen. Was ich ebenfalls tun wollte. Andererseits wäre eine Flucht ebenso eine Möglichkeit, und zog ich diese Option in Betracht, dann musste ich genau wissen, warum der Reiter geflohen und sein Tier bei dieser mörderischen Hitze dazu getrieben hatte, in so einem strammen Galopp zu laufen.

Die dritte Möglichkeit, die ich in Betracht zog, die mir aber am wenigsten gefiel, und die mich unterbewusst auch vorsichtig werden ließ, war das Überbringen einer wichtigen Botschaft. Denn das bedeutete hier, in dieser Abgeschiedenheit, in der wir uns gerade befanden, nichts Gutes.

Darum führte ich meinen treuen Hengst langsam nach Westen, stieg ab und kniete mich, als ich die Hügelkämme passierte, wieder hin und sah dabei, dass der Reiter seinem Pferd nun offenbar ein wenig Erholung verschafft hatte.

Er war abgestiegen und hatte mit seinen Fersen tiefe Löcher im sandigen Boden hinterlassen. Wenige Augenblicke später, war er allerdings wieder in den Sattel gestiegen, und weitergeritten.

Als ich die Fußspuren etwas genauer inspizierte, fiel mir in der Ferne, dort wo einige Bäume dicht gedrängt beisammenstanden und aussahen wie ein natürlich aufgeworfener Schutzwall, eine Lagerstelle auf.

Obwohl die ungefähr gleich großen Steine wild in die Landschaft geworfen worden waren, verloren sie nicht die Merkmale, die ein heiß loderndes Feuer auf ihnen hinterlassen hatte. Die Rußschwärze war ebenso an ihnen zu erkennen, wie die Hitze, die sich ins Gestein gegraben hatte.

Hier vereinten sich zwei Spuren und wurden zu einer. Ein einzelner Reiter war an diesem Ort mit einem anderen zusammengekommen und dann waren sie gemeinsam weitergeritten.

Ich wollte den Spuren gern folgen und sehen, wohin sie führten. Ob sie sich mit weiteren Spuren vermischten und zu einem Trupp wurden, oder ob, wie ich eher vermutete, sich hier zwei Männer verabredet und getroffen hatten, um zusammen weiter ins Landesinnere vorzudringen.

Aber zu welchem Zweck?

Durch all meine Abenteuer, die ich im Wilden Westen erlebt und überstanden hatte, war mir bewusst, dass Spekulationen und Mutmaßungen niemals zum gewünschten Ziel führten. Man musste sich zuerst vergewissern, dass keine Gefahren auf einen lauerten und dass sie einen auch nicht einholten, weil man zu nachsichtig mit ihnen gewesen war.

Also schwang ich mich in den Sattel meines Pferdes, und wollte ihm gerade mit einem sanften Schenkeldruck zu verstehen geben, dass es sich in Bewegung setzen sollte, als hinter mir erneut die Stimme von Smith erklang: „Sie wissen gar nichts über mich, Mister! Gar nichts!“

„Ich weiß genug …“, antwortete ich, ohne mich umzudrehen. Ich hatte die Hand an die Stirn gelegt und schirmte meine Augen auf diese Weise gegen die hoch am Himmel stehende Sonne ab. „… um zu wissen, dass ich hier nicht mit Ihnen diskutieren werde, Mister Smith. Kehren Sie zum Lager zurück und sagen Sie den Leuten, dass ich spätestens heute Nacht wieder zu ihnen stoßen werde.

Ich werde jetzt dieser Spur hier folgen, um zu sehen, wer sich auf diesen Pfaden vor uns bewegt hat!“

Mit diesen Worten ließ ich Smith allein und ritt den Spuren hinterher.

*

Die Sonne war gerade dabei unterzugehen, als ich ein kleines Tal erreichte, das an einem der zahlreichen Seitenarme des Mississippis lag. Und wie ich aufgrund der zahlreichen Fährten und den in den Sand getretenen Spuren bereits geahnt hatte, saß hier eine ganze Gruppe von Männern.

Schon gut eine Meile, bevor ich den zum Himmel aufsteigenden Rauch gesehen hatte, war ich von Hatatitla abgestiegen und hatte mein Pferd neben mir her traben lassen.

Zur Sicherheit, damit ich nicht überrascht wurde, hatte ich meinen Henry-Stutzen aus der Satteltasche genommen und ihn die ganze Zeit schussbereit in den Händen gehalten. Denn in dem Moment, als die beiden Reiter auf eine weitere Gruppe berittener Pferde gestoßen waren, stieg in mir die Sorge auf, dass ich es hier mit Outlaws zu tun hatte.

Männer, die sich weder um Recht und Gesetz, geschweige denn um Sitte und Anstand scherten.

Ich brauchte nur an die achtlos weggeworfenen Abfälle zu denken, um erahnen zu können, dass ich es hier mit Männern zu tun hatte, deren Umgebung ihnen vollkommen egal war, und dass sie sich nicht darum kümmerten, was mit den Orten und Plätzen passierte, die sie erreichten und dann wieder verließen.

Also schlich ich, Hatatitla zurücklassend, behutsam auf das vor mir liegende Lager zu. Die Männer hatten zwei Wachen aufgestellt, die ihre Aufgabe allerdings nur halbherzig erfüllten. Während sich der eine lässig an den Baum lehnte, seine Fingernägel betrachtete, und dabei leise ein Lied vor sich hin pfiff, war der andere damit beschäftigt, auf seine Schuhspitzen zu starren, während er auf einem Baumstamm saß. Er hob nicht einmal den Kopf, als es seitlich von mir im Unterholz knackte und knirschte.

Meine Nackenhaare hingegen stellten sich sofort auf, denn so ein Knacken, wie es gerade eben erklungen war, hatte ich auf meinen Reisen schon mehr als einmal gehört, daher wusste ich, dass dieses Geräusch nicht von einem Tier verursacht worden war, oder von einem aus den Baumkronen herabfallendem Ast.

Dort lag ebenso wie ich, jemand auf der Lauer und beobachtete die lagernden Männer.

Mein Herz fing an zu rasen.

Wer war noch hier?

Wer hatte sich so ungeschickt verhalten und einen auf dem Boden liegenden Ast zertreten?

So sehr ich auch versuchte, das umliegende Terrain mit bloßem Auge zu sondieren, gelang es mir nicht, den im verborgenen Liegenden zu erspähen. Also beschloss ich, mich weiterhin ruhig zu verhalten und den anderen Mann den ersten Schritt machen zu ­lassen.

Doch es blieb alles still. Mehrere Minuten lang regte sich gar nichts mehr. Nur das Plätschern des Wassers drang an meine Ohren, begleitet von den leisen, gemurmelten Worten derer, die sich, um das Lagerfeuer versammelt hatten und miteinander diskutierten.

Als schließlich bereits die zehnte Minute ­verstrich und ich noch immer flach auf dem Bauch lag, und mich ganz langsam Meter für Meter an den Wachposten vorbeigerobbt hatte, hörte ich das erste Mal einen der Männer deutlicher etwas sagen.

„… es wird ein Leichtes sein, Peterson zu überfallen. Er ist nur mit wenigen Männern unterwegs und davon sind nur drei mit der Waffe vertraut.“

„Du hast dich schon einmal geirrt, Bill“, wurde diesem entgegengehalten, woraufhin Bill beleidigt schnaubte. „Was, wenn die Männer doch wissen, wie man mit Gewehr und Revolver umgeht?“

„Wenn du doch nur einmal Vertrauen in mich hättest, George“, knurrte Bill, sichtlich beleidigt. „Ich habe alles ganz genau eingefädelt. Rate mal, warum Richard im strengen Galopp hierhergekommen ist?“

„Weil er es ist, der Kontakt zu einem der Gunman aus Petersons Treck hat. Und Richard ist mein Kumpel!“

„Er ist genauso ein Träumer wie du“, erwiderte George schnaufend. „Vater würde sich für dein Verhalten schämen. Wo bleiben denn deine handfesten Taten?“

„Die sind schon längst gemacht. Keine fünf Meilen vom Pass entfernt, habe ich angefangen, die Orientierungspfeiler umzusetzen. Sie lenken die Trecks jetzt geradewegs in die Savannen hinein, wo wir sie dann ganz in Ruhe ausplündern können.“

„Und Peterson hat das Geld wirklich bei sich?“

„Einen Teil davon ja. Den anderen transportiert sein Schwager. Der ist aber laut meines Informanten schon vor Tagen hier vorbeigekommen und in Richtung St. Louis unterwegs.“

„Dann sollen wir uns also für lumpige fünftausend Dollar zusammenschießen lassen?“

„Er hat keine waffenfähigen Leute dabei“, beharrte Bill und ich konnte hören, wie er krampfhaft darum bemüht war, die Fassung zu wahren, um seine Wut über seinen Bruder nicht herauszuschreien. „Er hat sich als armer Schürfer getarnt, der nach Kalifornien will. Und das Geld hat er im Knauf seines Gehstocks versteckt.“

„Hmm …“

„Machen wir es?“

„Hmm“, meinte George wieder, versicherte sich dann aber, mit einem Blick in die Runde, ob seine Männer bereit waren, das Risiko eines Überfalls auf sich zu nehmen.

Jetzt, als ich im Schatten eines großen Felsens Schutz gefunden hatte, beschattet von mehreren um mich herum wachsenden Bäumen, konnte ich das erste Mal die Runde der Spießgesellen sehen.

Bill war ein hochgewachsener, schlanker Mann, der in seiner schwarzen Lederkleidung mehr nach einer Bedrohung aussah, als es wirklich zu sein. In jeder seiner Gesten und in all seinem Gehabe, war der Wunsch zu lesen, mehr zu sein, als er wirklich war. Ganz im Gegensatz zu seinem auf einem Grashalm kauenden Bruder. In dessen unrasierten, grobschlächtigen Gesicht konnte man die Brutalität sofort sehen. Alles was er tat, wie er schaute, wie er sich bewegte, wie er sich benahm, ließ erkennen, dass er sich unbezwingbar fühlte.

Richard war mit Staub und Dreck bedeckt, und er war der, der abgekämpft und müde aussah. Er hatte sich in den Schatten der gegenüberliegenden Bäume zurückgezogen und sich dort ausgestreckt.

Um die beiden Brüder saßen noch gut zehn andere Männer herum, die nun zu ihrem Anführer schauten. Als der Erste anfing zu nicken, folgten die anderen ihm, und George sagte: „Okay, dann machen wir es. Wie weit waren Peterson und seine Leute noch von uns entfernt?“

„Sie werden heute Abend an den Twin Pains ihr Lager aufschlagen und dann am Rand der Savanne zu Ferginsons Farm weiterziehen. Dazwischen liegt lediglich unberührte Natur und unbewohntes Land. An den Zwillingsfelsen werden wir ihnen auflauern und sie dann ungestört ausnehmen können.“

„Du hast dir ganz offensichtlich Gedanken gemacht“, brummte George, erhob sich von seinem Platz und klopfte seinem Bruder anerkennend auf die Schulter. „Das gefällt mir. Dad wäre stolz auf dich. Also gut, satteln wir die Pferde und suchen wir uns einen Platz, wo wir Peterson und seine Leute ausnehmen können.“

*

Als ich Paterson und seine Leute am frühen Morgen erreichte, schauten diese mich skeptisch an. Peterson war gerade dabei gewesen, seine Morgentoilette zu verrichten, als ich mit Hatatitla ins kreisrunde Lager geritten kam. Als ich mich aus dem Sattel schwang, und mich geradewegs auf ihn zubewegte, straffte er sich unwillkürlich und musterte mich auffallend aggressiv.

Ich lächelte ihm zu, versuchte meinen Hunger und meine Müdigkeit zu ignorieren, und fragte mich, während ich ihm die Hand reichte, was Tom Burns und die anderen wohl jetzt tun würden. Ich hatte ihnen am späten Abend nur kurz berichtet, was ich herausgefunden hatte, und danach hatte ich die Männer, die mit einem Gewehr umgehen und auch bei Nacht und Dämmerlicht reiten konnten, gebeten, mir zu folgen, um den bald in Schwierigkeiten steckenden Peterson zur Hilfe zu eilen.

Smith, dem das Ganze überhaupt nicht gefiel, hatte mich daraufhin gefragt, warum Peterson denn bitteschön wichtiger sei, als der von mir betreute Treck.

„Sie sollen nicht sterben“, war meine schlichte Antwort gewesen, die Smith aber offenbar nicht genügte.

Denn er fragte: „Und was, wenn diese Halunken uns auch einen Hinterhalt legen? Dann sind wir den Angriffen vollkommen schutzlos ausgeliefert.“

„Wir haben aber keine fünftausend Dollar bei uns“, erwiderte ich und unterband die Diskussion mit einer unwirschen Handbewegung, während ich hinzufügte: „Es bleibt natürlich ganz Ihnen überlassen, ob Sie mich begleiten wollen oder nicht. Ich brauche nur fünf Männer, die wissen, wie man mit einem Gewehr umgeht. Die Banditen werden garantiert sowieso sofort die Flucht ergreifen, wenn wir sie umzingeln und ihnen unsere Gewehrläufe unter die Nase halten.“

Daraufhin hatten sich drei Männer gemeldet, die nach kurzer Rücksprache mit ihren Frauen, bereit dazu waren, mich zu begleiten.

Ein wenig enttäuscht darüber, dass nicht mehr den Mut gefunden hatten, bat ich die übrig Gebliebenen darum, den von mir vorgegebenen Weg langsam und vorsichtig weiter zu beschreiten.

Als ich mich schließlich wieder in den Sattel schwang, und die drei Männer aufforderte, mir zu folgen, war es Mrs. Smith, die plötzlich rief: „Wir begleiten Sie auch!“

„Auf die Hilfe Ihres Mannes greife ich gern zurück, aber auf die einer Frau …“

War mir Mrs. Smith bisher eher unscheinbar und ein wenig blass vorgekommen, so zeigte sich unter ihrer Leinenkappe jetzt plötzlich ein energisches scharfes, zugleich aber auch schön geschnittenes Gesicht. Sie ballte ihre schmalen Hände zu Fäusten und in ihren braunen Augen glomm auf einmal ein Zorn auf, der mir klarmachte, dass sie weitaus mehr war, als es bisher den Anschein gehabt hatte.

Ich hörte sie jetzt mit schneidender Stimme sagen: „Frauenhände können ebenso ein Gewehr halten und den Abzug betätigen, und Frauenaugen ebenso über Kimme und Korn blicken und einen Feind anvisieren. Und ich bin bereit, genau das zu tun.“

Ich lächelte und schaute in die Gesichter meiner Begleiter. Diese blickten mich zuerst ratlos an, nickten dann aber schließlich und überzeugten mich auf diese Weise davon, dass ich auf eine so tapfere und mutige Kämpferin nicht verzichten sollte.

Also waren wir die Nacht über geritten, um rechtzeitig zu den Twin Pains zu gelangen. Als der Morgen heraufdämmerte, wurde in dem Lager von Paterson gerade das erste Feuer entfacht.

Jetzt, wo er zögernd meine Hand ergriff, erklärte ich ihm: „Wir sind hier, um Sie zu warnen, Mister Paterson. Wie ich in Erfahrung bringen konnte, gibt es unter Ihren Leuten einen Verräter.

Haben Sie einen Gunman in Ihre Dienste gestellt?“

„So ist es.“

„Dieser hat sich in den letzten Tagen ein oder zwei Mal von Ihrem Lager entfernt, wie ich annehme?“

„Wieder muss ich Ihre Frage bejahen“, meinte Peterson, der seinen Argwohn mir gegenüber offenbar nicht ablegen wollte. Obwohl er mir einen Kaffee aus Mais und Korn anbot, der sehr scharf roch, betrachtete er mich auffallend und durchdringend. Er suchte mit seinen kleinen, blauen Augen in ­meinem Gesicht offenbar nach etwas Verräterischem. Ich lächelte ihn entwaffnend an und versicherte ihm, dass ich nur in den besten Absichten hierhergekommen war und fügte dann hinzu: „Der Mann, der ihr Lager verlassen hat, ist ein Verräter. Er hat sich mit Männern getroffen, die das Geld stehlen wollen, das in Ihrem Stock versteckt ist!“

„Haven!“, rief Peterson erschrocken, und warf einen Blick auf seinen Planwagen, der von zwei teuren Rappen gezogen wurde, deren Aufgabe es eigentlich war, Reiter zu tragen und keine Karren zu ziehen. „Woher …?“