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Aufregend, spannend und fesselnd! Die wohl bekannteste Reiseerzählung der Welt erscheint hier neu in einer von Francis London dramatisierten Version. Angelehnt an das Original, überführt der Autor die etwas langatmige, altmodische Geschichte in einen modernen Roman mit packender Action, ausdrucksvollen Dialogen und aufwühlenden Abenteuern. ‚In achtzig Tagen um die Welt‘ ist die Geschichte dreier Männer und einer Frau, die ein ungewöhnliches Schicksal auf einer atemberaubenden Reise zusammengeführt hat. Es ist die Geschichte von Misstrauen und Verrat, von Siegeshoffnung und Verzweiflung. Und schließlich ist es eine Geschichte vom Sieg der großen Liebe. Die exzellente Überarbeitung des Textes macht dieses Buch zu einer mitreißenden Erzählung, modern geschrieben, großartig dargeboten. Klassische Literatur für den modernen Leser.
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© 2018 Francis London
Umschlagbild: Pixabay, Gert Altmann
Kapitel 1 Jean Passepartout 1
Kapitel 2 Das Haus von Phileas Fogg 11
Kapitel 3 Der Reform Club 13
Kapitel 4 Die Abreise aus London 23
Kapitel 5 Das Wertpapier 29
Kapitel 6 Mr. Fix 31
Kapitel 7 Im Büro des Konsuls 41
Kapitel 8 Auf der Spur 47
Kapitel 9 An Bord der Mongolia 57
Kapitel 10 Gefahr in Bombay 63
Kapitel 11 Mit der Eisenbahn durch Indien 71
Kapitel 12 Der Ritt auf dem Elefanten 85
Kapitel 13 Die Witwenverbrennung 99
Kapitel 14 Der Weg nach Allahabad 111
Kapitel 15 Angeklagt in Kalkutta 119
Kapitel 16 An Bord der Rangoon 127
Kapitel 17 Von Singapur nach Hongkong 135
Kapitel 18 Der Sturm 141
Kapitel 19 Opium 153
Kapitel 20 Die Begegnung im Hafen 163
Kapitel 21 Auf der Tankadere 173
Kapitel 22 Passepartout erwacht 183
Kapitel 23 Der Zirkus 191
Kapitel 24 Die Reise auf der General Grant 197
Kapitel 25 San Francisco 211
Kapitel 26 Die Central-Pacific-Bahn 219
Kapitel 27 Im Land der Mormonen 223
Kapitel 28 Die Brücke am Medecine Bow 229
Kapitel 29 Indianer 241
Kapitel 30 Die Suche nach Passepartout 249
Kapitel 31 Eissegeln 259
Kapitel 32 Im Hafen von New York 267
Kapitel 33 Über den Atlantik 273
Kapitel 34 In Liverpool 283
Kapitel 35 Zurück in der Saville-Row 287
Kapitel 36 Samstagabend im Reform Club 295
Kapitel 37 Wie es sich ergab 299
In 80 Tagen um die Welt
Der kindliche und gutmütige Ausdruck auf seinem Gesicht stand im Widerspruch zu der Entschlossenheit seines Ganges, der Breite seiner Schultern und der kraftvollen Spannung, die in seinem Körper lag. Dieses ungewöhnliche Zusammenspiel gab ihm den Ausdruck eines kleinen Jungen, der sich mutig auf seinen Weg in die Welt gemacht hatte.
Die bisherigen Jahre seines Lebens hatte er vertrödelt, vielleicht manches Mal an seinen Hoffnungen gezweifelt, sich mit ungläubigem Staunen von den Fügungen des Schicksals verwirren lassen und immer neue Wege ausprobiert. Aber jetzt wollte er endlich einen Ort finden, an dem er bleiben konnte, einen Ort, an dem er geschätzt und gebraucht werden würde, einen Ort, der seinem Leben einen ruhigen, zuverlässigen Mittelpunkt geben würde.
Jean Passepartout schob seinen muskulösen Körper kraftvoll durch die kleinen Straßen dieses noblen Londoner Viertels, lächelte nach links, lächelte nach rechts und bewunderte die Schönheit der Häuser und die Ordnung auf der Straße. Seine Kleidung zeigte die zurückhaltende Eleganz, die zum Ausdruck brachte, dass er sich der zweiten Reihe der Gesellschaft zugehörig sah, adrett, sauber, dienstbereit.
Fünf Jahre schon hatte er sich in dieser Stadt herumgetrieben, mal bei dem einen, mal bei einem anderen Herrn, bis endlich, so wie die Sonne durch den Nebel bricht, plötzlich eine unerwartet gute Möglichkeit auftauchte. Heute, so hoffte er ergeben, würde er schließlich den Schlussstrich unter die Eskapaden ziehen können, die ihm seit seiner Zeit in Paris ein unruhiges, bewegtes, unbefriedigendes und häufig auch gefährliches Leben beschert hatten.
Die Straßen waren ruhig, an diesem Mittwochvormittag des zweiten Oktobers 1872 in Burlington Gardens, London. Passepartout war den großen, geschäftigen Straßen aus dem Weg gegangen, er suchte sich seinen Weg abseits des Getümmels, weil ihm die Nebengassen heimlicher und ruhiger schienen, weil er dort nicht bei jedem Schritt Acht geben musste, mit der Hektik des Lebens konfrontiert zu werden. Er wusste ungefähr, welche Richtung er einschlagen musste und wenn er unsicher wurde, so gaben ihm die Passanten bereitwillig Auskunft, da seine nette, wenngleich etwas einfältige Art es vermochte, ihm die Menschen seiner Umgebung gewogen zu machen.
Er hatte sich über den Mann erkundigt, zu dem er sich auf den Weg gemacht hatte. Was er über ihn in Erfahrung bringen konnte, hatte Passepartout sofort in den Bann gezogen. Es sollte ein Mann von untadeligem Ruf sein, außergewöhnlich ruhig, gesetzt und geradezu langweilig. Auf den Bildern, die er sich in seiner Vorstellung von ihm gemacht hatte, sah er einen dickbäuchigen Engländer, bequem, gemütlich, behäbig. Und reich. Mit genügend Geld gesegnet, in einem ordentlichen Haushalt lebend, ein sorgsamer Verwalter eines akkuraten Lebens. Genau das war das Ziel seiner Sehnsüchte.
Phileas Fogg, so hatte man ihm gesagt, sei ein Mann von äußerst geregeltem Lebenswandel, der niemals auswärts schlief, keine Reisen machte und niemals auch nur einen Tag abwesend wäre. Nach dieser Art von Leben strebte nun auch Jean Passepartout, mit ganzem Herzen.
Er nahm sich die Zeit, um im Vorbeigehen die prächtigen Fassaden der Häuser zu bewundern, die in dem Viertel standen, das, so war er fest überzeugt, schon ab heute seine neue Heimat bilden würde. Was er sah, gefiel ihm, diesen Ort wollte er nie mehr verlassen!
Ein Schauder überkam ihn, als er für einen Moment an die Slums dachte, die draußen, als hässlicher Gürtel, die Stadt in den Würgegriff des Molochs zu nehmen drohten, in denen Gewalt und Kriminalität herrschte. Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken bei den Gedanken an die Hafenviertel nahe der Docks, in denen die Gestrandeten aller Herren Länder sich festgebissen hatten. Er dachte an seine eigene, heimatlose Vergangenheit und versuchte, diese unangenehmen Erinnerungen aus seinem Kopf zu vertreiben.
Als er in die helle, freundliche Saville-Row einbog, verschwanden diese düsteren Bilder von allein aus seinem Kopf und die ruhige Ordnung dieser Straße erleichterte sein Herz. Er strebte dem Haus mit der Nummer sieben zu, dem Ziel seiner Reise, in dem, wie er wusste, Sir Phileas Fogg wohnte.
Für Sir Phileas Fogg zu arbeiten, das würde endlich Ruhe für ihn bedeuten. Ein geregeltes Leben. Er stellte ihn sich als einen wunderbaren Menschen vor. Er hatte diesen Mann bereits in sein Herz geschlossen, bevor er ihn das erste Mal sah!
Ganz im Gegensatz zu der fröhlichen Stimmung, in der sich Jean Passepartout befand, war die Stimmung in dem Haus, dem er zustrebte viel düsterer. Es war die düstere Stimmung eines anderen Mannes, der sich bereits in diesem Haus befand. Sehr viel düsterer, denn Mr. James Forster war sich seines Vergehens bewusst. Unter der anerzogenen Selbstbeherrschung, der emotionalen Kälte und Beherrschung, die ein gut ausgebildeter englischer Butler mit Perfektion zur Schau stellen konnte, raste ein enttäuschtes Herz. Er hatte bereits eine klare und erschreckende Vorstellung davon, was jetzt auf ihn zukommen würde.
Seine Schuhe verursachten auf dem blank gebohnerten Parkett des Korridors genau den dienstfertigen, willigen Ton, der einem Hause wie diesem angemessen war. Seine Seele allerdings zerbrach unter der Last der ihm bevorstehenden Begegnung.
Zu keinem Moment, an dem er den Haushalt in all den Jahren am Laufen gehalten hatte, zu keiner Sekunde, in der er die Maschinerie perfekt gefüttert und geschmiert hatte, war seinem Herrn auch nur das kleinste Lob über die Lippen geglitten. In aller Selbstverständlichkeit wurde das Funktionieren hingenommen.
Erst heute Morgen, als er diesen Fehler machte, der für Phileas Fogg unverzeihlich war, erhielt er das erste Mal eine Rückmeldung über den Eindruck, den er mit den Mühen seiner jahrelangen Arbeit erreicht hatte. Diese Rückmeldung war die fristlose, sofortige Kündigung.
Wie in Trance hatte er für den Mann gesorgt, der ihn beerben sollte und würde nun höchstpersönlich seinen letzten Auftrag erfüllen.
Er schreckte einen Moment hoch, als er sich bewusst wurde, dass er wie erstarrt vor der Tür zum Salon stand, die Hand bereits auf die Klinke gelegt hatte. Er fragte sich für einen Moment verwirrt, wie lange er wohl schon davorgestanden hatte. Sein Blick wanderte den Gang zurück, zu der Gestalt, der er gerade die Haustüre geöffnet hatte. Diese Gestalt hob sich in der noch offenen Tür gegen das von außen eindringende, grelle Tageslicht ab und warf einen langen, fahlen Schatten in das Halbdunkle des Korridors.
Diese fremde Gestalt zeigte sich unbeweglich wartend und gab ihm nicht zu erkennen, ob etwas an seinem Verhalten ungewöhnlich gewesen wäre.
So wandte sich James Forster mit einem unterdrückten, doch langgezogenen Seufzer wieder seiner Aufgabe zu. Er hob die Hand, ließ am dunklen Holz der Tür das charakteristische Klopfen ertönen, wartete die exakt vorgeschriebene Zeit ab, bevor er, ohne dass er eine Reaktion von Innen auch nur erwartete, eintrat. Die Länge und Geschwindigkeit, mit der er seine Schritte in den Raum setzte, waren den Erfordernissen seines Herrn genau angemessen, sie waren geradezu exakt vermessen und trugen ihn präzise bis zu der Stelle, von der er wusste, dass sein Herr sie als die einzig richtige bestimmt hatte.
Abweichend von der sonstigen Ruhe und Klarheit, mit der er stets den Salon betreten hatte, nahm er heute seinen Herrn nur wie durch einen Schleier wahr. Phileas Fogg saß starr in seinem Sessel und brachte durch seine steife Haltung zum Ausdruck, dass er mit festem Vorsatz die Bequemlichkeit, die ihm dieses Möbel bieten könnte, ignorieren wollte. Er war verärgert und er zeigt dies mit der ihm eigenen Kälte und Ablehnung.
Forster betrachtete die ihm so bekannte Gestalt. Sein Herr war einer der am besten aussehenden Gentlemen von London, er hatte ein ebenmäßiges Gesicht, trug den seiner sozialen Schicht angemessenen Schnurr- und Backenbart, eine wunderbar makellose Gestalt vom Kopf bis zu den Zehenspitzen.
Aber er nahm auch wahr, dass die Miene seines Herrn eine versteinerte Ruhe ausstrahlte, die seine Unzufriedenheit im Zaum hielt und auch seine Emotionen in dem tödlichen Würgegriff hatte, aus dem sie sich niemals hatten befreien können, nicht seit er ihn kannte, niemals seit er für ihn arbeitete.
Trotz der Dramatik dieser Situation empfand Forster seinen Herrn nicht als bedrohlich. Phileas Fogg war niemals bedrohlich, sondern nur konsequent und unfehlbar präzise. Forster wusste, dass für seinen Herrn Ereignisse, die geschahen, niemals nach einer Korrektur verlangten, sondern nur nach Konsequenzen.
Phileas Foggs Mimik, seine steife Haltung zeigte ihm keine Feindlichkeit, verwehrte ihm aber die Aufmerksamkeit, die ihm, James Forster, die Möglichkeit gegeben hätte, einen menschlichen Abschied zu nehmen. Mit tonloser, gequälter Stimme verkündete Forster diesem versteinerten Abbild eines Menschen: »Der neue Butler, Sir.«
Er verharrte einen ganz kleinen Moment länger, als es nötig gewesen wäre. Von dem Mann, der dort aufrecht in seinem Sessel saß, wartend, beide Füße exakt parallel ausgerichtet, die Hände auf den sich berührenden Knien, kam keine Reaktion.
Fast keine Reaktion.
Keine andere Reaktion, als ein kurzes, knappes Nicken, mit dem er bitten ließ.
Forster erlaubte es sich, seinen Gefühlen durch einen langen, schweren Atemzug Ausdruck zu verleihen.
Während Jean Passepartout auf der Schwelle der Haustüre stand, sah er den Butler aus dem dunklen Gang in den Salon verschwinden. Er wartete noch einen Moment ab, dann fand er, dass es nicht angemessen sei, vor der Tür zu warten, wo doch seine zukünftige Arbeitsstelle innerhalb dieses Hauses sein würde. Er trat ein und schloss schwung-, aber achtungsvoll, die Eingangstüre hinter sich.
Er war sofort von der außergewöhnlichen Ordnung, die in diesem Haus herrschte, angetan. Er schritt durch den gebohnerten Flur auf die offene Salontüre zu, durch die soeben der Butler verschwunden war. Etwas war ihm an diesem Mann seltsam vorgekommen, er schien bedrückt zu sein, hatte vor der Salontüre gezögert, als warte dahinter ein Ungeheuer, dessen Begegnung er vermeiden wolle. Ein Ungeheuer? In diesem strahlend ordentlichen Haus?
Passepartout blieb in respektvoller Entfernung von der Salontüre entfernt stehen und lauschte auf einen Hinweis. Er spitze die Ohren, konnte jedoch keinen Ton vernehmen. Er musste nicht lange warten, denn kurz darauf öffnete sich abermals die Tür und der Butler kam wieder in den Korridor heraus.
Passepartout hatte erstaunt den Eindruck, als schliche der Mann geradezu heraus. Bei diesem Anblick stellten sich seine Nackenhaare auf, sein sechster Sinn für Gefahr schlug an.
Der Butler war einige Schritte von ihm entfernt stehen geblieben und bemühte sich um eine aufrechte, würdevolle Haltung. Passepartout aber, dessen aufregende Vergangenheit ihm gelehrt hatte, Eindrücke von anderen Menschen sorgfältig zu bewerten, bemerkte, dass den Butler die Aura eines geprügelten Hundes umgab. Seine Schultern hingen etwas zu sehr vorne über, seine Schritte schlurften mutlos über das Parkett. Er sah, dass der Butler ihm ein Zeichen mit der Hand gab, ein Zeichen, von dem Passepartout annahm, dass es ihm bedeuten solle, in den Salon einzutreten.
Er zögerte einen Moment, irritiert, vorsichtig. Was würde ihn hinter dieser Tür erwarten? Er beschloss auf der Hut zu sein, zog die Schultern zurück, richtete sich auf und zauberte ein selbstbewusstes, doch freundliches Lächeln auf sein Gesicht. Dann trat er, an dem Butler vorbei, schwungvollen Schrittes durch die offene Tür in den großen Salon hinein.
»Sie sind ein Franzose und hören auf den Namen John?«
Passepartout wurde von dieser sachlichen Begrüßung in seiner Bewegung abrupt gestoppt und fühlte sich überrumpelt. Er betrachtete für einen Augenblick den Mann, der stocksteif in seinem Sessel saß und ihn nicht beachtete. Es schien von ihm jedoch keine unmittelbare Gefahr auszugehen, so überwand er rasch sein Erstaunen und entschloss sich dazu, einfach liebenswürdig darauf loszuplaudern: »Jean, wenn es Ihnen beliebt, ich heiße Jean Passepartout. Passepartout ist der Beiname, den ich meinem Geschick verdanke, mich aus den Verlegenheiten zu ziehen, die das Leben gelegentlich bereithält.«
Er wartete einen Moment ab und beobachtete die Reaktion des Mannes, der dort in seinem Sessel saß und wenig Notiz von ihm zu nehmen schien. Nachdem dieser stumm und unbeweglich geblieben war, beschloss er, das unangenehme Schweigen zu überbrücken, indem er mit seiner Vorstellung fortfuhr: »Ich arbeite seit fünf Jahren als Kammerdiener für verschiedene Herren in England. Da ich gerade ohne Stelle bin und gehört habe, dass Sie einen Kammerdiener suchen und auch über eine vorzügliche Reputation als der pünktlichste und zuverlässigste Mann im ganzen Königreich verfügen, habe ich mich dazu entschlossen, mich bei Ihnen vorzustellen.«
Bei diesen Worten machte er eine formvollendete Verbeugung, die er mit einer weitausholenden Geste seines Armes unterstützte. Aber auch dieses Verhalten rief bei seinem Gegenüber nicht die geringste Regung hervor.
»Was waren Ihre Anstellungen, bevor Sie nach London kamen?«
»Verschiedene«, antwortete Passepartout, vorsichtig ausweichend, »ich war Bänkelsänger, Artist zu Pferde in einem Zirkus, Seiltänzer, habe als Turnlehrer gearbeitet, dann war ich Sergeant bei der Pariser Feuerwehr.«
»Ich war an vielen Bränden beteiligt«, fügte er mit einem geheimnisvollen Lächeln hinzu, »hoffe aber, dass ich bei Ihnen nun diesen Teil meines Lebens hinter mir lassen kann und in ruhigeres Fahrwasser gerate.«
»Sie erinnern mich an meine Jugend«, erwiderte Phileas Fogg und gab auch diesen Satz mit einer Nüchternheit von sich, die der Botschaft nicht angemessen war.
»Wo haben Sie in London gearbeitet?«
»Zuletzt bei dem jungen Lord Longsserry, einem Parlamentsmitglied. Er kam jedoch häufig auf den Schultern der Polizisten nach Hause, wenn er seine Nächte in den Austernstuben auf dem Haymarket verbrachte. Ich ziehe es vor, wenn mein Herr die Ehre seines Hauses wahrt. Ich hörte heute Morgen, dass Sie einen Diener suchen?«
»Sie wurden mir empfohlen, ich habe gute Referenzen über sie erhalten. Sie kennen meine Bedingungen und sind einverstanden?«
»Ja, mein Herr«, bestätigte Passepartout.
»Gut. Wieviel Uhr haben Sie?«
Passepartout zog eine große, altmodische, silberne Uhr aus der Hosentasche: »Elf Uhr und zweiundzwanzig Minuten.«
»Ihre Uhr geht nach.«
»Verzeihung, mein Herr, aber das ist unmöglich!«, protestierte Passepartout mit überraschender Heftigkeit, mit einem nochmaligen Blick auf die Uhr.
»Sie sind vier Minuten hinter der Zeit«, gab Fogg mit einer nüchternen Stimme und einem ernsten, strengem Blick auf Passepartout zurück, um den Widerspruch in aller Deutlichkeit zurückzuweisen. »Egal. Wir merken uns nur die Abweichung. Also, von diesem Augenblick an, elf Uhr und sechsundzwanzig Minuten, Mittwoch, den zweiten Oktober 1872, sind Sie in meinen Diensten.«
Passepartout nahm mit Verblüffung zur Kenntnis, mit welcher Geschmeidigkeit sich Phileas Fogg von seinem Sessel erhob, bewunderte die Präzision der Bewegung, mit der er sich den Hut auf den Kopf setzte und an ihm vorbei durch die Salontüre schritt. Noch ganz überrascht und bewegungslos im Salon stehend, vernahm er, wie sich die Haustüre erst öffnete und dann schloss, danach umfing ihn Stille.
Er atmete hörbar aus. Die Anspannung wich ganz langsam aus seinem Körper. »Was ist das denn für eine seelenlose Maschine?«, fragte er sich fassungslos, während er sich schüchtern umsah.
Vorsichtig trat er hinaus auf den Gang, spähte in beide Richtungen. Er schien ganz allein zu sein. Er probierte vorsichtig eine Tür nach der anderen, spähte in die Räume und begann dann, das ganze Haus systematisch zu erforschen.
Mr. Phileas Fogg hatte sich ganz offenbar ein Schneckenhaus eingerichtet. Ein Heim, in dem alles seine Ordnung hatte, in dem er ganz allein leben konnte und welches perfekt dafür eingerichtet war, dass ein Diener darin seine Arbeit versehen konnte. Nichts in diesem Haus wies darauf hin, dass Fogg Familie oder Verwandte haben würde. Nichts darin gab Passepartout einen Hinweis auf die Vergangenheit seines neuen Herrn, seine Vorlieben oder Leidenschaften. Alles war reine Zweckmäßigkeit.
Er öffnete die Schränke und betrachtete die Garderobe. Jede Jacke, jede Weste, jede Hose war mit einer Ordnungsnummer versehen, die in einem Register eingetragen war, worin das Datum vermerkt war, wann das entsprechende Kleidungsstück angezogen werden sollte. In dieser Art waren auch die Schuhe sortiert.
Eine Bibliothek war in diesem Haus nicht vorhanden, da Mr. Fogg die beiden Bibliotheken des Reform Clubs nützte, allerdings gab es einen Tresor mittlerer Größe, in dem wohl die Wertgegenstände des Hauses, geschützt gegen Feuer und Diebstahl, aufbewahrt wurden.
Im zweiten Stock fand er das Zimmer, das für ihn bestimmt war. Darin hingen jede Menge elektrischer Glöckchen und Hörrohre, mit denen er aus all den anderen Räumlichkeiten herausgerufen und beauftragt werden konnte. Auf dem Kaminsims stand eine elektrische Uhr, die mit der Uhr im Schlafzimmer seines Herrn auf die Sekunde genau synchron schlug. Über der Uhr war ein Merkblatt an die Wand geheftet, das die Vorschriften des täglichen Dienstes auflistete. Der Dienst begann um acht Uhr vormittags, der Zeit zu der Fogg jeden Tag aufstand, über halb zwölf, da er sich in den Reform Club begab, bis schließlich Mitternacht, der Zeit, zu der dieser Gentleman zu Bett ging.
Passepartout machte sich gründlich daran, dieses Programm zu studieren und auswendig zu lernen. Er hatte noch in lebhafter Erinnerung, wie sein Vorgänger aus dem Haus geschlichen war. Er musste sich dagegen wehren, sich von der Angst und Enttäuschung, die er auf dem Gesicht dieses Mannes gesehen hatte, anstecken zu lassen, aber er fragte sich bereits, ob es eine gute Idee gewesen war, dieser Anstellung zuzustimmen. Diese Umgebung schien ihm angenehm für seine Arbeit. Aber dieser Mann, dem er gerade begegnet war, würde er ihn als seinen Herrn für viele Jahre ertragen können? Diesen kalten, unnahbaren Menschen?
Zögerlich fasste er einen Entschluss: »Dieses Haus werde ich nun als meinen Platz auf der Welt sehen. Auch wenn Mr. Phileas Fogg kein Mensch zu sein scheint, sondern eine Maschine. Darauf werde ich mich einlassen.« Dann seufzte er nochmals ergeben und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
»Wie steht es mit dem Diebstahl, Ralph?«
Walter Ralph spürte, wie ihm jemand mit viel Schwung eine Hand auf die Schulter klatschte. Er drehte sich um und sah in den spöttischen Gesichtsausdruck von Thomas Flannagan, dem Brauer.
An dessen Seite erkannte er den Ingenieur Andrew Stuart, der in das Gelächter einfiel und sein Unbehagen dadurch vergrößerte, dass er lachend ausrief: »Die Bank wird ihr Geld wohl verlieren!«
Er spürte, wie die beiden Männer seine Verlegenheit genossen und sich über ihn amüsierten.
Walter Ralph war im Vorstand der Bank von England und dieses Themas mittlerweile überdrüssig. Der Diebstahl war so skandalös wie außergewöhnlich gewesen, das System der Bank von England war übertölpelt worden und es war seine Aufgabe, die ihm anvertraute Institution zu verteidigen und zu versuchen, dem Eindruck entgegenzuwirken, dass man sich lächerlich gemacht habe.
Die drei Männer standen in der prächtigen Lobby des Londoner Reform Clubs unter dem großen Glasdach, durch welches die herbstliche Londoner Sonne strahlte. Ihre Stimmen und ihr spöttisches Lachen hallten von den steinernen Wänden und dem kalten Marmorfußboden zurück. Walter Ralph drehte sich seufzend um und schlenderte dem Kaminzimmer zu. Die beiden Herren folgten ihm, nahmen ihn in ihre Mitte und warteten neugierig auf einen Kommentar ihres Freundes.
»Ganz im Gegenteil, lieber Stuart!«, versuchte Walter Ralph nun einen energischen Widerspruch. »Wir haben die besten Polizisten und Detektive nach Europa und Amerika geschickt. Sie lauern in Liverpool, Glasgow, Le Havre, Brindisi, Suez und wo auch immer. Alle Landungs- und Einschiffungshäfen werden überwacht. Wir werden das Geld zurückerhalten.«
»Haben Sie eine Beschreibung des Diebes?«, erkundigte sich Stuart.
»Zuerst muss ich Sie ob Ihrer Wortwahl rügen«, ermahnte ihn Ralph in aller Ernsthaftigkeit, »es handelt sich nicht um einen Dieb«.
»Wie?«, Stuart riss überrascht die Augen auf. »Dieser Mann entwendet der Bank von England 55.000 Pfund in Banknoten und Sie bezeichnen ihn nicht als Dieb?«
»So ist es«, Walter Ralph fixierte ihn bei diesem Worten und betonte durch sein strenges Gesicht seinen Standpunkt, während sie durch die geöffnete Tür in das Kaminzimmer traten.
»Als was bezeichnen Sie ihn dann?«, bohrte Stuart nach.
Walter Ralph setzte zu einer Antwort an, wurde jedoch von einer lauten und tiefen, zugleich nüchternen und sachlichen Stimme unterbrochen: »Es handelt sich um einen Gentleman, wenn man dem Morning Chronical glauben darf.«
Die drei Herren drehten sich erstaunt zu einem Sessel um, in dem ein Mann saß, der sein Gesicht hinter einer geöffneten Zeitung verborgen hatte, den Eindruck erweckend, zu lesen, in Wirklichkeit jedoch der Unterhaltung der Männer lauschend. Er ließ die Zeitung langsam auf seinen Schoß sinken und das Gesicht von Phileas Fogg kam zum Vorschein: »Ich grüße Sie, meine Herren.«
Dann faltete er die Zeitung so präzise und ordentlich zusammen, dass sie aussah, als wäre sie noch nicht gelesen worden, stand auf und schüttelte die Hände. Fogg hatte bereits die Ankunft dieser Herren erwartet, da sie seine Partner für das Kartenspiel waren und sie pünktlich um viertel nach sechs ihre tägliche Partie Whist beginnen wollten.
Nachdem er am heutigen Morgen Jean Passepartout als seinen neuen Kammerdiener verpflichtet hatte, verbrachte er seinen Tag im Reform Club exakt so, wie er jeden seiner Tage zu verbringen pflegte. Er speiste, las die Zeitung und wartete schließlich auf die Herren, die mit ihm Whist spielen würden.
Gemeinsam schlenderten die vier Herren zu den Spieltischen im Nebenraum, während der sensationelle Diebstahl vom 29. September in der Bank von England der Mittelpunkt ihrer Unterhaltung blieb.
»Sie scheinen Sympathien für den Dieb, pardon, diesen Gentleman zu hegen, mein lieber Fogg?«, wandte sich Stuart gallig an ihn.
»Ich kann eine gewisse Bewunderung nicht verhehlen«, bejahte Fogg die Frage mit einem vielsagenden Lächeln und ignorierte die Stichelei.
»Erklären Sie mir doch einmal, was einen Dieb von einem Gentleman unterscheidet«, versuchte Stuart, ihn in Verlegenheit zu bringen.
»Ich werde es Ihnen erläutern, mein lieber Stuart«, entgegnete Fogg nachdenklich, »kennen Sie die Prozeduren in der Bank von England? Die Sicherheitssysteme?«
Stuart verneinte.
Die Herren hatten den Spieltisch erreicht und nahmen ihre Plätze ein. Fogg setzte sich gegenüber von Ralph, Flanagan und Stuart nahmen zu seinen Seiten Platz.
»Nun«, erklärte ihm Fogg, während er die Karten aus dem Etui nahm, »es gibt keine. Die Bank von England ist um die Würde des Publikums besorgt. Es gibt keine Wachen, keine Gitter. Gold, Silber, Banknoten, alles liegt ganz frei da, sozusagen dem Belieben der Kunden ausgeliefert.«
»Sie sind erstaunlich gut informiert«, wunderte sich Stuart, »woher haben Sie diese Kenntnisse?« Sein Gesicht zeigte ungläubiges Erstaunen, er wandte sich Walter Ralph zu, um zu sehen, was dieser von der Schilderung hielt, die Fogg zum Besten gab.
»Ich kann Ihnen sogar eine Begebenheit erzählen, die ich selbst erlebt habe«, bestätigte Walter Ralph eifrig die Aussage von Fogg, »ich war mit einem Besucher in einem der Säle der Bank. Mein Besucher wollte einen sieben oder vielleicht gar acht Pfund schweren Goldbarren näher besehen, deswegen nahm ich ihn hoch und gab ihm den Barren. Er betrachtete den Barren, übergab ihn seinem Nachbar, dieser einem anderen und so wanderte der Barren von Hand zu Hand bis in einen dunkeln Gang hinein und kam erst nach einer halben Stunde an seinen Platz zurück, ohne dass der Kassierer nur den Kopf danach hob.«
»Zu meinem allergrößten Bedauern«, fuhr Ralph mit unglücklichem Gesichtsausdruck fort, »ging es am 29. September nicht ganz ebenso. Die verschwundenen Banknoten kamen nicht wieder zurück und als die prachtvolle Uhr, welche über dem Geschäftssaal angebracht war, um fünf Uhr das Ende der Öffnungszeiten verkündete, blieb uns nichts anderes übrig, als die 55.000 Pfund auf das Verlustkonto zu setzen, Agenten in die Hafenstädte zu schicken und eine Belohnung von 2.000 Pfund auszusetzen.«
Thomas Flanagan und Andrew Stuart lachten laut auf: »Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn bei uns in der Brauerei sich jeder so leicht die Bierfässer nehmen könnte. Die würden wohl auch nicht mehr zurückkommen.«
»Im Unterschied zu Ihrer Brauerei sind in der Bank von England aber nur Gentlemen zu Besuch«, versuchte Ralph, die Gepflogenheiten in der Bank von England zu verteidigen.
»Nur, dass diese Gentlemen auch nicht besser sind als gewöhnliche Diebe!«, dröhnte Flanagan laut lachend.
»Dem möchte ich widersprechen!«, wandte Ralph ein.
»Da bin ich gespannt. Worin liegt der Unterschied?«
»In den Fluchtmöglichkeiten.«
»Das müssen Sie mir erklären.« Flanagan war skeptisch und wandte sich nebenbei Fogg zu, um ihn mit einer Handbewegung aufzufordern, mit dem Mischen der Karten zu beginnen.
Ralph Walter lehnte sich vor, um die Aufmerksamkeit von Flanagan zu erzwingen und erklärte: »Es ist ein großer Unterschied, ob man einen Dieb sucht oder einen Gentleman. Dem Gentleman kann man vertrauen, weil er sich wegen seines Äußeren und seines Lebensumfeldes nicht verbergen kann. Sein Bedürfnis für einen gewissen Wert seiner Umgebung garantiert für ihn. Der Strauchdieb zieht sich in die nächste Höhle zurück, der Gentleman wird sein Leben fortführen wollen. Darüber wird man ihn unfehlbar finden!«
»Aber ein Gentleman hat die Mittel, England zu verlassen. Er kann verreisen, er kann sich überall verstecken. Die Erde ist groß, es gibt viele Länder, in denen er Unterschlupf finden wird«, gab Stuart zu Bedenken.
»Das war vielleicht mal so…«, nahm Fogg den Faden auf, schwieg dann aber um die Karten zu mischen. Mit den Worten, »Sie müssen abheben, Flanagan!«, reichte er seinem Nachbarn den Stapel, der dieser Aufforderung nachkam.
Fogg teilte die Karten aus, die Herren nahmen ihr Blatt auf und spielten den ersten Robber. Andrew Stuart hatte der Inhalt des Gesprächs über die Fluchtmöglichkeiten nach einem Bankraub allerdings keine Ruhe gelassen, weswegen er nach Ende der ersten Partie die Möglichkeit ergriff, das Gespräch wieder aufzunehmen:
»Wie meinten Sie mit Ihrer Andeutung von vorhin? Wieso war die Erde mal groß? Ist sie etwa kleiner geworden?«
»Sie ist es«, bestätigte Fogg, »da man heute viel schneller als früher reisen kann. So lässt sich auch jede Spur viel leichter verfolgen.« Er schob die Karten zusammen und reichte sie Stuart: »Sie sind dran.«
Stuart griff die Karten und begann mechanisch zu mischen, während er seine Gedanken noch ganz bei der spannenden Unterhaltung behielt und seine Gedanken dazu äußerte: »Dadurch wird aber auch die Flucht des Diebes leichter.«
»Des Gentlemans«, korrigierte ihn Fogg, während er seine Karten aufnahm, die Stuart zu verteilen begonnen hatte. Dann nickte er zustimmend: »Es wird derjenige gewinnen, der die Fahrpläne besser kennt, der mehr Kenntnis in Geographie hat, sich in den Ländern besser bewegen kann. Entweder es ist die Polizei oder es ist der Gentleman.«
»Trotzdem ist doch eine Flucht aus England immer eine ungemütliche und beschwerliche Angelegenheit. Insbesondere für einen Gentleman!«, bemerkte Andrew Stuart spitz mit einer Kopfbewegung in Richtung Walter Ralph.
»Nein«, Fogg ließ sich das Gespräch nicht aus der Hand nehmen, »es gibt hervorragende und bequeme Möglichkeiten zu reisen. Wer sich auskennt, ist von London aus sehr komfortabel und ungemein schnell in Indien.«
»Sie tun ja gerade so, als könnten Sie in drei Wochen dort sein.«
»Es würde zwei Wochen dauern. Dreizehn Tage, um genau zu sein«, korrigierte ihn Fogg sachlich, während er seine Karten sortierte.
Flanagan, der seine Karten bereits aufgenommen hatte, wurde durch diese Bemerkung aus seiner Konzentration gerissen und warf ungläubig ein: »In zwei Wochen in Indien?«
»In zwei Wochen in Indien. Und in 80 Tagen um die ganze Welt!«, bestätigte Fogg mit der ihm eigenen Ruhe.
»Sie scheinen außergewöhnlich gut informiert zu sein«, sagte Ralph nachdenklich, bevor er aber weiterreden konnte, wurde er unterbrochen.
»Niemals!«, rief Flanagan laut und warf die Karten auf den Tisch: »Es ist ausgeschlossen, dass jemand in 80 Tagen um die ganze Welt reist.«
»Der Morning Chronical hat heute dazu die Auflistung veröffentlicht«, erwiderte Fogg mit einer unspektakulär sachlichen Stimme, »die 80 Tage für eine Reise um die Welt sind möglich, seit die große indische Eisenbahnstrecke zwischen Rothal und Allahabad eröffnet wurde.«
Er schwieg für einen Moment, fixierte Flanagan und bekräftigte seine Aussage: »Achtzig Tage und keinen einzigen Tag mehr.«
Seine mit sicherer Ruhe vorgebrachte Bemerkung verunsicherte seine Mitspieler und brachte sie zum Schweigen. Alle hatten ihre Blätter aufgenommen, sortierten Karten und runzelten nachdenklich die Stirn. Fogg warf Ralph einen auffordernden Blick zu, um ihn zum Ausspielen zu bewegen.
Ralph wirkte unkonzentriert, griff unschlüssig nach einer Karte, bevor er sie aber ganz herausziehen konnte, stieß Stuart hervor: »Ja, vielleicht. Achtzig Tage, aber ohne das Wetter zu berücksichtigen, Schiffbruch, Entgleisungen und was sonst noch alles auf einer langen, gefährlichen Reise passieren kann!«
»Achtzig Tage, alles inbegriffen«, entgegnete Fogg, wie nebenbei, mit leiser Stimme, den Blick konzentriert auf sein Blatt geheftet.
»Selbst dann, wenn Hindus oder Indianer die Schiene zerstören? Wenn sie die Züge aufhalten, die Gepäckwagen plündern und die Passagiere massakrieren?«, fragte Stuart aufgebracht nach.
»Alles inbegriffen«, Fogg war nicht aus der Ruhe zu bringen.
»Theoretisch könnten Sie Recht haben, Fogg, aber in der Praxis …«
»In der Praxis ebenso.«
»Das möchte ich sehen!«
»Das hängt nur von Ihnen ab. Machen wir die Reise gemeinsam!«
»Um Gottes willen«, Stuart zeigte ehrliches Entsetzen, »ohne mich! Aber ich wäre durchaus bereit, 4.000 Pfund zu wetten, dass eine Reise in 80 Tagen um die Welt unmöglich ist.«
»Sie würden verlieren.«
»Nun, so nehmen Sie an?«
»Eine Reise um die Welt in 80 Tagen?«
»Ja.«
»Ich nehme die Wette an.«
»Und wann werden Sie die Reise antreten?«
»Augenblicklich. Allerdings werde ich diese Reise auf Ihre Kosten machen.«
»Das ist doch Unsinn«, rief Flanagan, dem das Gespräch lästig wurde, »fahren wir mit unserem Spiel fort.«
»Dann nehmen Sie Ihre Karten wieder auf meine Herren«, schob Fogg das strittige Thema beiseite.
Stuart nahm seine Karten wieder auf, seine Hand zitterte vor Aufregung, dann warf er sie wieder auf den Tisch: »Gut, Fogg, ich wette um 4.000 Pfund …«
»Stuart!«, unterbrach ihn Flanagan mit genervter Stimme, »beruhigen Sie sich. Das war doch nicht ernst gemeint.«
»Wenn ich sage, dass ich wette, dann ist es immer ernst gemeint!«, versetzte Stuart ärgerlich.
»Ich schlage ein«, stimmte Fogg zu, »ich habe 20.000 Pfund bei den Gebrüdern Baring stehen. Das ist der Einsatz!«
»Zwanzigtausend Pfund! Die Sie mit einer einzigen Verspätung verlieren können!«, rief Walter Ralph erregt.
»Alles ist planbar. Systeme lassen sich beherrschen«, entgegnete Fogg sachlich.
»Ich gebe ihnen zu bedenken, der Morning Chronical spricht von mindestens 80 Tagen«, warnte Ralph.
»Mindestens 80 Tage bedeutet, dass es in 80 Tagen machbar ist«, wies Fogg diesen Einwurf mit Entschiedenheit zurück.
»Dazu müssten Sie mit mathematischer Präzision aus dem Zug in das Postschiff umsteigen und von dort wieder in den Zug«, spottete Ralph.
»Dann werde ich eben mathematisch präzise umsteigen«, bestätigte Fogg mit einer gelangweilten Stimme, als würde er gerade erklären, dass er vorhabe, pünktlich zum Mittagessen bei Tisch zu sein.
»Sie scherzen?«, versicherte sich Ralph nochmals.
»Ein Engländer scherzt nie, wenn es sich um eine Wette handelt«, wies ihn Fogg zurecht. »Ich wette mit jedem, der einschlagen möchte, um 20.000 Pfund, dass ich eine Reise um die Erde in 80 Tagen machen werde, das bedeutet, in 1.920 Stunden oder 115.200 Minuten.«
Seine Mitspieler ließen ihre Hände mit den Karten sinken. Stille kehrte am Kartentisch ein, ein Moment einer nachdenklichen, gespannten Stille, in der die Herren die Ungeheuerlichkeit dieses Gespräches zu verinnerlichen suchten.
Fogg registriere, wie seine Mitspieler einander ansahen, ihre Blicke suchten stumm eine Übereinkunft. Schließlich zeigte einer nach dem anderen durch ein Nicken seine Zustimmung an.
»Gut, wir nehmen die Wette an«, erklärte Ralph im Namen aller.
»In Ordnung«, stimmte Fogg zu, »der Zug nach Dover geht um acht Uhr fünfundvierzig Minuten. Mit diesem reise ich ab.«
»Heute Abend?«, fragte Stuart mit fassungslosem Blick.
Fogg bestätigte mit einem Nicken und zog einen Kalender aus der Innentasche seines Jacketts: »Heute ist Mittwoch, der 2. Oktober, also werde ich am Samstag, den 21. Dezember um acht Uhr und fünfundvierzig Minuten wieder hier sein, in diesem Salon des Reform Clubs, sonst sollen die 20.000 Pfund, die für mich bei den Gebrüdern Barings stehen, Ihnen gehören.«
Er griff nach seinem Scheckbuch und füllte eine Anweisung über den Betrag aus und legte das Papier in die Mitte des Tisches. Dann griff er wieder nach seinen Karten und sah seine Mitspieler auffordernd an: »Meine Herren?«
»Möchten Sie nicht Ihre Reisevorbereitungen treffen?«, bot ihm Ralph an.
»Ich bin stets reiserfertig«, erwiderte Fogg ohne jede Aufregung in der Stimme, »ich spiele Karo aus, Sie sind dran, Stuart.«
Nur Walter Ralph sah ihn mit sehr argwöhnischen Blicken an.
»Passepartout!«
Passepartout vernahm den Ruf. Er verstand den Inhalt und auch den befehlenden Charakter. Er galt ihm, es war die Aufforderung, zu seinem Herrn zu kommen.
Trotzdem zögerte er. Er nahm den Zettel zur Hand, ließ seine Augen über die streng definierte Abfolge von Aufgaben gleiten, die in einer zwingenden, ewigen Abfolge das Uhrwerk des Hauses in der Saville-Row beschrieb. Dann sah er auf die Uhr, es war sieben Uhr und zweiundfünfzig Minuten. Er nahm wieder die Liste zu Hand. Es war für diese Uhrzeit kein Eintrag zu erkennen.
Wieder erklang der Ruf: »Passepartout!«
Der Ton hatte sich nicht verändert, trotz der Verzögerung, die Passepartout verursacht hatte. Ihm war nicht entgangen, dass der Ruf aus dem Zimmer seines Herrn kam. Schließlich sprang er auf und rannte. Der Gesichtsausdruck von Forster, seinem Vorgänger, war ihm noch in Erinnerung. Er war verwirrt. Lag es an seiner Uhr? Was war passiert? Was war es, das die Gesetze der Ewigkeit auf der Liste der Tätigkeiten, die er in diesem Hause verrichten sollte, ihrer Gültigkeit beraubt hatte?
Die Tür zum Zimmer seines Herrn stand offen, dieser stand am Fenster und sah nachdenklich auf die Straße.
»Ich habe Sie zweimal rufen müssen«, sagte Fogg ruhig und gelassen.
Passepartout zog seine Uhr aus der Tasche und versuchte eine Erklärung seiner zögerlichen Reaktion: »Es ist noch nicht Mitternacht!« Er hob die Uhr in die Höhe, mit dem Ziffernblatt zu Fogg gerichtet, mit aufgerissenen Augen und verwirrtem Blick.
»Das ist richtig«, bestätigte Phileas Fogg, »ich mache Ihnen keinen Vorwurf. In zehn Minuten reisen wir nach Dover und Calais.«
Der Franzosen versuchte, Herr über seine Verwirrung zu werden. Hatte er richtig verstanden, was sein Herr ihm zu verdeutlichen suchte?
»Der Herr will eine Reise machen?«, vergewisserte er sich.
Phileas Fogg nickte zur Bestätigung: »Wir werden eine Reise um die Erde unternehmen.«
Passepartout schluckte bestürzt: »Um die Erde?«
»In 80 Tagen«, erwiderte Phileas Fogg ungerührt, »wir haben keinen Augenblick Zeit zu verlieren.«
»Aber die Koffer ...«, wandte Passepartout unwillkürlich ein, die für eine derartige Reise notwendigen Vorbereitungen schienen ihm derart umfassend, dass er nicht wusste, woran er zuerst denken sollte. Seine Leichtigkeit war ihm abhandengekommen.
»Keine Koffer«, half ihm Fogg, die Gedanken zu sortieren, »nur einer Reisetasche bedarf es, mit zwei wollenen Hemden darin und drei Paar Strümpfen, ebenso viel für Sie. Weiteres kaufen wir unterwegs. Holen Sie meinen Macintosh und meine Reisedecke und nehmen Sie gute Fußbekleidung. Übrigens werden wir wenig oder gar nicht zu Fuß gehen. Jetzt, rasch!«
Passepartout eilte zurück in sein Zimmer. War das das ruhige Leben, für welches Phileas Fogg bekannt war? Eine Reise? Nach Dover? Gut. Nach Calais? Auch das wäre gar nicht so schlecht, er war seit fünf Jahren nicht mehr in seinem Heimatland gewesen. Aber weiter konnte es doch nicht gehen. Nicht mit Mr. Fogg, dessen war sich Passepartout sicher.
Um acht Uhr hatte er die Reisetasche fertig gemacht, verschloss sein Zimmer hinter sich und begab sich zu seinem Herrn. Er fand ihn reisefertig an seinem Schreibtisch sitzend. Vor sich geöffnet, hatte er die neueste Ausgabe des Bradshaw’s Eisenbahn- und Dampfschiff Führers liegen, in dem er hin- und her blätterte. Bei Passepartouts Ankunft stand er auf, nahm ihm die Reisetasche aus der Hand und steckte ein Bündel von Banknoten hinein.
»Haben Sie alles?«
»Jawohl, Sir!«
»Meinen Macintosh und die Decke?«
»Ja.«
»Gut, nehmen Sie die Reisetasche. Und passen Sie gut darauf auf. Es sind 20.000 Pfund drin.«
Passepartout fiel vor Schreck beinahe die Tasche aus der Hand. Er fasste sich schnell wieder, folgte seinem Herrn zuerst die Treppe hinunter und dann aus dem Haus. Sie verschlossen die Haustüre doppelt hinter sich und nahmen eine Kutsche nach Charing Cross. Wie versteinert saß Passepartout neben seinem Herrn, beide Arme um die Reisetasche geschlungen, nicht wissend, wie ihm geschah. Das Pflaster ratterte unter den Rädern der Kutsche, die Hufe des Pferdes ließen trippelnde Schläge auf den Steinen hören, während er wie in Trance im Dunkeln der Kabine draußen die Lichter der Straßenlaternen vorbeigleiten sah. »Träume ich?«, ging es ihm durch den Kopf. »Was für ein Mann ist das, in dessen Dienste ich heute getreten bin? Was für einen Schabernack spielt das Schicksal mit mir?«
Um acht Uhr und zwanzig Minuten hielt die Kutsche vor dem Bahnhof. Als die beiden hineingehen wollten, trat eine zerlumpte Bettlerin mit einem Kind an der Hand in ihren Weg und zwang Mr. Fogg dazu, anzuhalten.
Passepartout hielt den Atem an. Er beeilte sich, zwischen die Frau und seinen Herrn zu kommen, denn er wusste, dass es seine Aufgabe war, seinem Herrn den Weg freizumachen. Mehr noch aber wollte er diese Frau vor der kalten Aggression schützen, die er von seinem Herrn erwartete. Diese Bettlerin tat ihm leid, konnte sie doch nicht wissen, auf was für einen Mann sie gestoßen war.
Überrascht fühlte Passepartout, wie Mr. Fogg ihn am Ärmel festhielt und bedeutete, zu warten. Dann griff Fogg in seine Manteltasche und zog die zwanzig Guineen heraus, die er am heutigen Abend beim Whist gewonnen hatte. Er gab sie der Frau, lächelte ihr aufmunternd zu, sprach ein paar freundliche Worte und ging weiter.
Passepartout fühlte eine Träne in sein Auge treten. Das Wechselbad der Gefühle, die dieser Tag für ihn bereithielt, wurde ihm zu viel. Doch in diesem Moment begann sich sein Herz wieder für seinen Herrn zu öffnen. Er atmete tief auf und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, wurde er gewahr, dass er allein vor dem Bahnhof stand. Mr. Fogg war bereits weitergegangen, hinein in die große Halle von Charing Cross. Passepartout beeilte sich, ihm zu folgen.
Als er schnellen Schrittes in die Schalterhalle huschte, wartete Fogg bereits auf ihn, die Hände in die Hüften gestemmt, Missbilligung im Blick. »Kaufen Sie zwei Billets erster Klasse nach Paris«, befahl er ihm, dann drehte er sich zu den drei Herren um, die neben ihm standen.
»Meine Herren, ich reise ab. Die Visa in meinem Pass werden Ihnen bei der Rückkehr den Nachweis meiner Reiseroute geben.«
»Ach, Mr. Fogg«, erwiderte höflich Walter Ralph, der Gouverneur der Bank of England, »das ist nicht nötig. Wir verlassen uns auf Ihr Wort als Gentleman.«
»Ich ziehe es vor, Ihnen die Reise belegen zu können«, gab Fogg mit unbewegter Miene zurück.
»Sie wissen noch, wann Sie zurück sein müssen?«, versicherte sich Andrew Stuart.
»Selbstverständlich. In 80 Tagen, am Samstag, den 21. Dezember, um acht Uhr und fünfundvierzig Minuten im Salon des Reform Clubs. Auf Wiedersehen, meine Herren.«
»Im Salon des Reform Clubs«, wiederholte Flannagan bestätigend, »wir werden Sie nicht hier am Bahnhof abholen.«
»So war es vereinbart«, stimmte Fogg ihm zu, hob grüßend den Hut und begab sich zum Gleis, auf dem der Zug bereits wartete. Gemeinsam mit seinem Diener bestieg er einen Wagen, um acht Uhr und fünfundvierzig Minuten pfiff die Lokomotive und der Zug fuhr hinaus in den Regen der finsteren Nacht.
Phileas Fogg hatte sich still in eine Ecke gelehnt und sah aus dem Fenster in die Dunkelheit. Ihm gegenüber saß sein Diener, immer noch nicht ganz verstehend, wie ihm an diesem Tage geschah. Er drückte die Reisetasche fest an sich, immer noch ergriffen von der unglaublichen Menge an Bargeld, für die er die Verantwortung trug. Stück für Stück versuchte er in Gedanken, die Geschehnisse des heutigen Tages zu verarbeiten. Dann plötzlich, der Zug war noch nicht über Sydenham hinausgekommen, schrie er in Verzweiflung auf!
»Was fehlt Ihnen?«, fragte Fogg überrascht.
»Ich habe in der Eile und Verwirrung vergessen…«, schrie Passepartout und schwieg dann betroffen.
»Was denn?«, drängte Fogg.
»Den Gashahn in meinem Zimmer zuzudrehen!«
Fogg lehnte sich wieder entspannt zurück und warf den Blick wieder aus dem Fenster in die Nacht: »Nun dann, mein Junge, dieser wird auf Ihre Kosten brennen.«
Die Abreise von Phileas Fogg schlug bald hohe Wellen. Die Reise um die ganze Welt in nur 80 Tagen fand das Interesse weit über die Kreise des Reform Clubs hinaus. Sie fand ihren Niederschlag in jeder Zeitung, jedem Magazin, wurde in jeder Diskussion und in jedem Gespräch erwähnt und durchdrang das gesamte Vereinigte Königreich.
Jeder, der sich dafür interessierte, ergriff alsbald Partei. Die einen für Phileas Fogg, die Mehrzahl jedoch gegen ihn. Eine Reise um die Erde, in dieser geringen Frist, mit den heutzutage in Gebrauch befindlichen Transportmitteln, das mochte theoretisch möglich sein, würde aber praktisch scheitern müssen.
Unmittelbar in den erregten Streitgesprächen über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit des Unterfangens wurden auch die Buchmacher aktiv. Wetten wurden angenommen und erreichten sogleich hohe Umsätze. Sogar ein Wertpapier auf das Unternehmen wurde an der Börse eingetragen, sodass man ‚Phileas Fogg‘ kaufen, oder gegen ihn Optionsgeschäfte abschließen konnte.
Während der ersten Tage waren noch einige besonders kühne Geister, insbesondere Frauen, auf seiner Seite, zumal die Illustrated London News ein Foto von ihm auftreiben und veröffentlichen konnte. Aber im Laufe der Diskussionen verloren seine Anhänger ihren Optimismus und die Unterstützung schwand.
Schon nach wenigen Tagen erklärten sich die Times, der Standard, der Evening Star und sogar der Morning Chronicle mit wohl zwanzig anderen Journalen gegen Fogg. Nur der Daily Telegraph stand auf seiner Seite. Die meisten beschrieben Phileas Fogg als einen wahnsinnigen Narren, seine Kollegen vom Reform Club wurden dafür getadelt, dass sie eine solche Wette angenommen hatten, die doch nur in der Geistesschwäche ihres Wettgegners begründet lag.
Dann kam es noch schlimmer: Am fünften Tag nach seiner Abreise, am siebten Oktober, erschien im Bulletin der Königlichen Geographischen Gesellschaft ein langer Artikel, der diese Frage aus allen Gesichtspunkten heraus betrachtete und das Unsinnige dieses Unternehmens klar hervorhob. Nach der Meinung dieser Experten stand wirklich alles dem Reisenden entgegen. Sollte dieses Projekt gelingen, so mussten die Ankunfts- und Abfahrzeiten perfekt mit den Fahrplänen übereinstimmen. Natürlich konnte man in Europa, mit den kurzen Bahnstrecken und geringen Entfernungen, die Schiffe zurücklegten, mit präzisen Zeiten rechnen. Aber drei Tage durch Indien zu fahren oder sieben Tage durch die Vereinigten Staaten, das würde jegliche Berechnung über den Haufen werfen müssen.
Wie wahrscheinlich war ein Ausfall der Maschine, wie häufig wurde über Entgleisungen berichtet, das schlechte Wetter, Schneefall in dieser Jahreszeit, Überfälle auf die Eisenbahnen, all dies sprach gegen Phileas Fogg. Was wäre mit Nebel und Sturm auf See, Ereignisse, die regelmäßig die Postschiffe verzögerten. Selbst die besten Segler auf den überseeischen Linien verzögern sich immer wieder um zwei oder drei Tage. Eine einzige Verspätung bereits würde die empfindliche Kette zerreißen lassen, unweigerlich musste Fogg verspätet sein. Spätestens mit diesem Artikel schwand die Zahl seiner Unterstützer, fast alle Zeitungen druckten ihn ab und die Wetten auf Fogg und seine Aktien sanken von Stunde zu Stunde.
Als einziger Anhänger blieb ihm der alte Lord Albermale. Dieser Gentleman war von der Gicht an den Sessel gefesselt und hätte alles darum gegeben, diese Reise selbst zu machen. Er wettete 5.000 Pfund auf Phileas Fogg. Und wenn man ihn auf die Vergeblichkeit des Projektes hinwies, so sagte er: »Ist die Reise machbar, so ist es gut, dass es ein Engländer war, der es als erster unternommen hat!«
Dann allerdings, urplötzlich, traf eine Nachricht ein, die jegliche Hoffnung zerstörte. Die Wetten auf Phileas Fogg fielen ins Bodenlose.
Diese unglaubliche Nachricht kam aus Suez und nur Walter Ralph war gar nicht so sehr überrascht.
Der Mann, der am Kai stand, konnte in der flimmernden Luft immer noch nichts erkennen und spürte, wie mit jeder Minute mehr Ärger in ihm emporstieg. Er mochte es nicht, in Suez zu sein. Er hasste die Hitze, empfand die Landschaft Ägyptens als öde und langweilig, verabscheute die Wüste.
Unter seinen Füßen spürte er die unangenehme Temperatur der Pflastersteine durch die dünne Ledersohle seiner Schuhe, der verschwitzte Stoff der Hose rieb bei jeder Bewegung an seiner Haut.