In Texas wartet die Hölle - John Gray - E-Book

In Texas wartet die Hölle E-Book

John Gray

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Er hatte es immer gehaßt, früh aufzustehen. Auch jetzt fühlte er sich unwohl. Seit Tagen befand er sich in einem Zustand, in dem ihm alles egal war. Arbo Bannister sog die kühle Luft tief in seine Lungen. Ein grauer Morgen. Aus den Sümpfen klang das dumpfe Glucksen des Wassers, das Rascheln der Vögel im Schilf und das Quaken der Ochsenfrösche. Die richtige Zeit, um zu sterben? Bannister schritt durch das hohe, vom Tau schwere Gras der Waldwiese. Er spürte, wie die Nässe seine Hosenbeine tränkte. Vor sich sah er den Mann, den er töten wollte. Bannister blieb stehen. Er war ein großer Mann. Er hatte breite Schultern und einen schweren Körperbau. Sein Kopf wirkte massig, was der ungepflegte, dichte, dunkelblonde Vollbart noch unterstrich. Er trug ein weich gegerbtes Hirschlederhemd mit langen Fransen an den Nähten. Nakina hatte es für ihn gefertigt. Arbo Bannister verdrängte jeden Gedanken an sie. Sein Gegner war ein grober, gemeiner Kerl aus der Nachbarschaft. Er züchtete Kampfhähne. Er nannte sich Rooster Baines, Baines, der Hahn. Wie er wirklich hieß, wußte kein Mensch. Baines grinste Bannister entgegen. Er bleckte sein gelbes, lückenhaftes Gebiß. Die Fäuste hatte er herausfordernd in die Hüften gestemmt. »Ich dachte schon, du kommst nicht«, sagte er. Bannister antwortete nicht. Er blickte sich zu den Sekundanten um. Einer trug einen schmalen Holzkoffer. Er stellte ihn ins Gras und klappte ihn auf. Matt schimmerten die Läufe der beiden Johnson-Pistolen im ersten Morgenlicht. Die Sekundanten nahmen die Pistolen heraus und luden sie fachgerecht. Sie stopften Pulver, Blei und Schußpflaster hinein und setzten Zündhütchen auf

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Die großen Western – 222 –

In Texas wartet die Hölle

John Gray

Er hatte es immer gehaßt, früh aufzustehen. Auch jetzt fühlte er sich unwohl. Seit Tagen befand er sich in einem Zustand, in dem ihm alles egal war.

Arbo Bannister sog die kühle Luft tief in seine Lungen. Ein grauer Morgen. Aus den Sümpfen klang das dumpfe Glucksen des Wassers, das Rascheln der Vögel im Schilf und das Quaken der Ochsenfrösche.

Die richtige Zeit, um zu sterben?

Bannister schritt durch das hohe, vom Tau schwere Gras der Waldwiese. Er spürte, wie die Nässe seine Hosenbeine tränkte. Vor sich sah er den Mann, den er töten wollte. Bannister blieb stehen. Er war ein großer Mann. Er hatte breite Schultern und einen schweren Körperbau. Sein Kopf wirkte massig, was der ungepflegte, dichte, dunkelblonde Vollbart noch unterstrich. Er trug ein weich gegerbtes Hirschlederhemd mit langen Fransen an den Nähten. Nakina hatte es für ihn gefertigt. Arbo Bannister verdrängte jeden Gedanken an sie.

Sein Gegner war ein grober, gemeiner Kerl aus der Nachbarschaft. Er züchtete Kampfhähne. Er nannte sich Rooster Baines, Baines, der Hahn. Wie er wirklich hieß, wußte kein Mensch.

Baines grinste Bannister entgegen. Er bleckte sein gelbes, lückenhaftes Gebiß. Die Fäuste hatte er herausfordernd in die Hüften gestemmt.

»Ich dachte schon, du kommst nicht«, sagte er.

Bannister antwortete nicht. Er blickte sich zu den Sekundanten um. Einer trug einen schmalen Holzkoffer. Er stellte ihn ins Gras und klappte ihn auf.

Matt schimmerten die Läufe der beiden Johnson-Pistolen im ersten Morgenlicht. Die Sekundanten nahmen die Pistolen heraus und luden sie fachgerecht. Sie stopften Pulver, Blei und Schußpflaster hinein und setzten Zündhütchen auf die Pistons.

»Ihr kennt die Regeln««, sagte der eine.

»Beeil dich«, sagte Rooster Baines. »Ich muß meine Hähne füttern. Wir können auf das ganze Theater verzichten. Ich will jetzt eine von diesen Kanonen haben, damit die Sache erledigt wird.« Er starrte Arbo Bannister an. »Ein ganz schöner Aufwand für eine Rothaut.«

Bannister schwieg. Seine Augen wurden schmal.

»Bevor ich dich umlege, Bannister«, sagte Baines, »sollte ich dir vielleicht eines sagen: Es hat nicht mal Spaß gemacht, mit ihr zu schlafen. Obwohl ich ihr pausenlos in die Fresse gehauen habe, hat sie nicht stillgehalten. Hat sie sich bei dir genauso benommen?«

Bannister sagte kein Wort. Er drehte Baines den Rücken zu, als einer der Sekundanten ihm eine Pistole in die Faust gab. Das Gewicht der Waffe gab ihm eine kühle Sicherheit. Der Sekundant trat dicht an ihn heran. Er flüsterte: »Du kannst noch immer alles abblasen, Arbo. Baines ist ein Stück Dreck. Du riskierst…«

»Wir können anfangen«, unterbrach Bannister ihn.

»Glaubst du auch an Seelenwanderung wie die Rothäute, Bannister?« fragte Baines hinter ihm. »Hey, vielleicht fährst du in einen meiner Hähne, und deine Nakina sitzt schon als Huhn auf der Stange in meinem Stall.«

Er lachte dröhnend. Er lachte auch noch, als er und Bannister jeweils fünfzehn Schritte gingen und sich umdrehten.

Bannister fühlte eisige Kälte in den Adern. Das metallische Knacken des Pistolenhahns klang überlaut in seinen Ohren. Er hob die Pistole und zielte kurz. Daß Baines bereits angelegt hatte, kümmerte ihn nicht.

Ein Schuß zerriß den Morgen. Bannister blickte in eine orangefarbene Feuerwolke und drückte im selben Moment ab.

An seiner linken Hutkrempe gab es einen scharfen Ruck. Der breitrandige Hut rutschte ein Stück nach hinten und blieb schief auf Bannisters Kopf sitzen.

Bannister fühlte das harte Zucken der Waffe in seiner Faust. Im aufstiebenden Pulverdampf sah er Rooster Baines stürzen.

Die mächtige 54er Kugel hob Baines von den Beinen und stieß ihn zurück. Baines breitete die Arme aus. Er verlor seine Pistole und fiel hart auf den Rücken.

Bannister ließ die Pistole sinken. Die beiden Sekundanten eilten zu Baines. Bannister folgte langsam.

Baines röchelte. Seine Brust war voller Blut. Sein großporiges Gesicht verfiel zusehends. Einer der Sekundanten stützte seinen Kopf und versuchte, ihm Whisky einzuflößen. Der Alkohol rann Baines zu den Mundwinkeln wieder heraus. Unvermittelt bäumte sein Körper sich auf und sackte dann zurück.

»Tot«, sagte der Mann neben ihm. Er war ein Freund von Baines. Er starrte tückisch zu Bannister hoch. »Ich glaube, Sie haben zu früh geschossen.«

»Ich glaube, ich habe besser geschossen«, versetzte Bannister kühl. »Er hat auf meinen Kopf gezielt. Das war ein Fehler. Ich habe auf seine Brust gezielt. Das ist ein größeres Ziel.«

Er wandte sich ab. Der andere Sekundant hastete neben ihm her.

»Du kannst nicht hierbleiben, Arbo.« Er deutete zu dem anderen Sekundanten zurück. »Der wird dafür sorgen, daß alle Welt erfährt, daß du Baines ermordet hast. Baines Bruder Chad wird das ganze County aufhetzen. Nakina war eine Cherokee. Die Leute mochten dich nicht, weil du sie geheiratet hattest.«

»Durfte dieses Schwein sie vergewaltigen, weil sie eine Cherokee war?« Bannister blieb stehen und blickte den anderen kalt an. »Er war seit zwei Jahren hinter ihr her. Er hat die erste Gelegenheit genutzt, als ich nicht da war, um in mein Haus zu kommen und über Nakina herzufallen wie ein Tier. Du hättest sehen müssen, wie er sie zugerichtet hat. Als er gegangen ist, hat sie sich aufgehängt.«

»Ich bin ganz auf deiner Seite, Arbo. Aber die Leute hier werden das anders sehen. Sie werden sagen…«

»Es ist mir egal.« Bannister ließ den anderen stehen und schritt über die Lichtung davon. Im Osten ging die Sonne auf. Der Sumpfwald schimmerte geheimnisvoll. Auf den sattgrünen Hügeln im Norden und Westen lag ein heller Glanz.

Bannister erreichte sein Pferd, das er im Unterholz stehengelassen hatte. Er schwang sich in den Sattel und ritt davon, ohne sich umzusehen.

*

Als Bannister sein Haus am Saline betrat, erhob sich sein Sohn aus der Ecke, wo das Ofenholz lag. Mangas war sechzehn. Ein kräftiger Bursche. Hochgewachsen und sehnig. In seinen Zügen erkannte Bannister deutlich Nakina. Mangas war ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Er war ein Halbblut mit dunkler Haut, schwarzem Haar und den hellen Augen seines Vaters.

»Er ist tot«, sagte Bannister nur.

Mangas nickte. Bannister trat auf ihn zu. Er sah dem Jungen selten an, was er fühlte. Mangas besaß die innere Ruhe eines Cherokee, ein weiteres Erbe seiner Mutter.

»Wir werden fortgehen«, sagte Bannister. Er legte Mangas die Hände auf die Schultern und sah ihn fest an. »Noch heute.«

»Wohin?« Mangas wirkte nicht überrascht.

»Nach Texas.« Bannister setzte sich an den grob gezimmerten Tisch und sah sich um. Er hatte die Hütte mit eigenen Händen gebaut, nachdem er jahrelang in einem Dorf der Cherokee gelebt hatte. Er war mit Nakina hier eingezogen, nachdem sie die Trauungszeremonie im Indianerlager vollzogen hatten. Das war nahezu solange her, wie Mangas auf der Welt war. Von da an war er fast täglich in die Sümpfe gezogen, um Sumpfratten, Iltisse, Füchse, Ottern und Biber zu jagen und deren Pelze zu verkaufen. Die meisten Einrichtungsgegenstände hatte er selbst angefertigt. Trotzdem wirkte jetzt alles fremd. Nakina fehlte. Ihre Gegenwart hatte der Hütte Leben gegeben.

Er, Nakina und Mangas hatten ein ruhiges Leben geführt, jahrelang. Etwas zurückgezogen, zugegeben, aber die anderen Siedler des Countys hatten sie nicht interessiert. Deshalb war es ihm egal gewesen, daß sie ihn als Squawman mieden. Dann war Rooster Baines gekommen und hatte alles zerschlagen, was so sicher und unzerstörbar gewesen war.

»Wo ist Curly?«

»Er ist auf die Weide gegangen. Er holt die Pferde. Er hat gesagt, daß wir von hier weggehen werden.«

»Curly weiß alles, wie?« Bannister erhob sich und nahm eine langläufige Kentucky-Rifle von der Wand. Aus einer Truhe holte er zwei bullige Aston-Sattelpistolen und das dazugehörende Holster. Er trug ein Bowie-Messer mit einer zwölf Inch langen Klinge im Gürtel und sah, daß Mangas sich eine ebensolche Waffe an den Gürtel schnallte.

Draußen waren Hufgeräusche zu hören. Bannister trat zur Tür. Curly ritt am Fluß hoch. Er war ein Neger. Vermutlich Mitte Dreißig. Ein Mann wie ein Baum. Sein Vater war noch Sklave gewesen. Drüben in Louisiana. Curly war frei. Der Himmel allein wußte, wie er das geschafft hatte. Er redete nicht darüber.

Curly führte ein Pferd und ein Maultier am. Zügel. Er hatte es eilig. Bannister verließ das Haus. Curly zügelte die Pferde vor ihm und sprang zu Boden.

»Ich habe Männer von Lockesburg kommen sehen. Zwanzig oder mehr. Chad Baines ist bei ihnen. Ich habe seinen Sombrero gesehen. Sie sind auf dem Weg zu uns.«

»Wieviel Zeit haben wir?«

»Höchstens zwei Stunden.«

Sie packten die Vorräte ein, die sich im Haus befanden. Darunter war auch ein Bündel feinster Biberpelze und ein Lederbeutel mit ein paar Goldmünzen. Es war nicht viel, aber für Bannister, Mangas und Curly würde es reichen. Sie beluden das Maultier und bestiegen die Pferde.

Am Grabhügel von Nakina hielten sie kurz an. Dann ritten sie durch eine Furt des Saline Creek nach Westen. Von einer Anhöhe aus sahen sie die Reiter aus den Wäldern im Osten auftauchen. Wenig später stieg am Fluß eine Rauchsäule hoch.

Arbo Bannister empfand nichts bei diesem Anblick. Er ritt mit Mangas und Curly weiter westwärts. Am Rand des Sumpfgebiets schwenkten sie nach Süden um.

Sie ritten ohne Rast. Die Sonne stieg höher. Die feuchte, ungesunde Luft umwaberte sie wie ein schleimiger Hauch. Es roch nach Moder und Fäulnis. Das Atmen wurde schwer, auch für die Pferde.

Die Männer schwitzten. Sie sprachen nicht. Sie konzentrierten sich auf den Weg. Der Boden war tückisch. Unter dichtem Sumpfgras, das mit üppig blühenden Blumen durchsetzt war, verbarg sich schlüpfriger, morastiger Grund. Grillen schwirrten, Mückenschwärme ballten sich über süß duftenden, farbenprächtig blühenden Gewächsen. Fette, bläulichglänzende Fliegen umkreisten die Reiter. Das Geschrei der Sumpfvögel erfüllte die Luft.

Sie waren sicher, daß sie noch immer verfolgt wurden. Aber ihre Sturen würden schwer zu finden sein. Nur wenige Männer in Lockesburg kannten sich so gut in den Sümpfen aus wie Bannister. Die meisten fürchteten den tödlichen Morast.

Rooster Baines hatte viele Freunde gehabt, obwohl er ein Dreckskerl gewesen war. Es gab so wenig, was die Siedler tief im Süden von Arkansas tun konnten, wenn sie der knochenharten Arbeit des Wälderrodens entfliehen wollten. In Lockesburg gab es eine Kneipe, in der ein scharf gebrannter Whisky ausgeschenkt wurde, der die Schleimhäute flattern ließ. Berufsspieler verirrten sich nie hierher – die Leute hatten zuwenig Geld. Also blieben die Hahnenkämpfe zum allgemeinen Vergnügen. Ein Vergnügen nach Art der rauhen Lebensweise, bei dem Blut floß. Rooster Baines war mit seinen Kampfhähnen ein berühmter Mann gewesen. Daß er eine Cherokee-Squaw vergewaltigt hatte, nahm ihm niemand übel.

Die Nacht kam schnell, fast ohne Übergang. Sie hielten auf einer Lichtung des Sumpfwaldes an. Kaum fünf Meilen vom Red River entfernt.

»Die Grenze soll gut bewacht werden«, sagte Curly. »Ich habe gehört, daß die Mexikaner wie die Schießhunde aufpassen, daß niemand mehr nach Texas rübergelangt.«

Curly hörte vieles, dabei sprach er kaum mit jemandem. Curly war ein Rätsel.

»Wir schaffen es«, erwiderte Bannister.

»Wo gehen wir hin?« fragte Mangas.

»In Texas ist viel Platz. Die Kolonien am Brazos sind schon ziemlich dicht besiedelt. Aber weiter im Süden und im Westen gibt es noch viel gutes Land.«

»Aber auch Comanchen, Wacos und Tawakonis«, entgegnete Curly. »Das sind keine Cherokees, Bannister. Das sind Krieger.«

»Ich bin immer mit allen Indianern ausgekommen«, erwiderte Bannister. »Es wird davon gesprochen, daß die Texaner bald eine Revolution machen und die Mexikaner rauswerfen. Dann ändert sich ohnehin vieles.«

Plötzlich war Hufschlag zu hören. Und dann geisterten Fackeln durch die Dunkelheit.

»Sie haben uns eingeholt.« Curly sprang auf und hielt die Pferde fest. Arbo Bannister warf Mangas eine Pistole zu und nahm seine Kentucky Rifle. Sie hielten den Atem an.

»Sie waren schneller, als ich gedacht habe.«

Zwei Reiter brachen durch das Unterholz und erreichten die Lichtung. Sie sahen am anderen Ende des Platzes im milchigen Mondschimmer die Pferde und stießen laute Alarmschreie aus.

Arbo Bannister hob die Kentucky Rifle an die Schulter und feuerte. Der Sumpfwald erstickte den Knall zu einem dumpfen Krachen, das nicht sehr weit hallte. Einer der Reiter wurde aus dem Sattel geworfen. Sein Pferd steilte mit schrillem Wiehern und tänzelte davon. Der andere Mann riß sein Tier herum. Bannister füllte mit schnellen, geübten Bewegungen Pulver in den Lauf und stieß eine Kugel im Kaliber 54 nach, die in ein gefettetes Schußpflaster gewickelt war. Als er das Zündhütchen aufsetzte, tauchten weitere Reiter am anderen Ende der Lichtung auf.

»Da drüben müssen sie sein!«

Bannister schoß abermals. Der Mündungsblitz zuckte grell durch die Nacht. Der Todesschrei eines Pferdes folgte der Detonation.

Im nächsten Moment peitschten mehrere Gewehre auf. Ein Bleihagel prasselte hoch über den Köpfen der Bannisters und Curlys in das dichte Blätterdach.

Arbo Bannister lud ohne erkennbare Erregung seine Rifle erneut. Bevor er fertig war, preschten fünf oder sechs Männer über die Lichtung.

Mangas hob die Pistole und wartete, bis die Reiter die halbe Distanz überwunden hatten. Dann drückte er ab und traf einen der Männer. Arbo Bannister ließ seine Rifle fallen und zog ebenfalls eine Pistole. Er feuerte. Es war aber nicht feststellbar, ob die Kugel Wirkung hatte, da die Reiter ihre Pferde herumrissen und wieder zurückpreschten. Auch der Verletzte hing noch im Sattel.

Curly hatte bereits die Pferde ins Unterholz zurückgeführt. Arbo Bannister und Mangas folgten. Bei den Verfolgern blieb es still.

»Wir gehen tiefer in den Sumpf«, entschied Bannister. Sie stiegen in die Sättel und ritten davon, ohne daran gehindert zu werden. Als sie die Geräusche der Jäger wieder wahrnahmen, hatten sie bereits einen großen Vorsprung gewonnen, der inmitten des immer dichter werdenden Waldes kaum noch aufzuholen war.

Nach knapp einer Stunde stiegen Bannister, Mangas und Curly ab. Sie gingen zu Fuß weiter, die Pferde am Zügel führend. Der Boden unter ihren Füßen gab immer wieder nach, und die Stiefelabsätze lösten sich mit schmatzenden Lauten aus dem Morast. Der Verfolger waren zurückgeblieben.

*

Corabess war blond wie ein Engel. Sie hatte hohe Wangenknochen und leicht schrägstehende grüne Katzenaugen. Ihr Mund war voll und sinnlich und schimmerte so rot wie eine reife Kirsche.

Die Petroleumlampe auf dem Tisch flackerte und warf tanzende Schatten auf Corabess, die sich mit leicht schwingenden Hüften durch den Raum bewegte und mit unnachahmlicher Grazie die Verschnürungen ihres Korsetts löste. Ihr Anblick erinnerte an eine sich häutende Schlange.

Der Teniente im Sessel neben der Tür rutschte unruhig hin und her. Auf seiner Stirn perlte Schweiß. Er hatte seinen Uniformrock ausgezogen und den goldgeränderten Tschako auf einen Haken gehängt. Trotzdem wurde ihm immer heißer.

Er hatte ein breites, pausbäckiges, schwammiges Gesicht und ein stark hervortretendes Doppelkinn.

Als Corabess das Korsett fallen ließ und neben der Petroleumlampe stehenblieb, quollen dem Teniente fast die Augen aus den Höhlen.

Seine Blicke wanderten über ihre langen, schlanken Beine aufwärts. Sie verhielten einen Moment an dem dunklen Dreieck zwischen ihren Schenkeln, dann an ihrem kleinem, flachen weißen Bauch. Schließlich wurden sie wie magisch von den prallen, herausfordernd hochgewölbten Brüsten angezogen, die in ihrer Form an reife Äpfel erinnerten.

Der Teniente befeuchtete seine Lippen mit der Zungenspitze. Corabess ging mit aufreizend langsamen Bewegungen durch den Raum und ließ sich auf das bereitstehende Bett sinken. Sie breitete die Arme aus und ließ die Beine gespreizt. Das blonde Haar umfloß ihren Kopf auf dem weißen Kissen wie eine golden schimmernde Flut.

»Na los«, sagte sie mit zuckersüßer Stimme. »Du hast gesagt, du willst mir noch etwas beibringen. Zeig es mir.«

Der Teniente stemmte seinen fetten Körper aus dem abgewetzten Sessel hoch. Seine Hände zitterten. Er riß sich fast die Knöpfe des Hemdes ab und öffnete seinen Gürtel. Schließlich stand er in Unterhosen da. Er sah aus wie eine Qualle.

»Ist das alles?« fragte Corabess. Sie starrte seine Unterhose an. Er schwitzte immer stärker.

»Verdammte Puta«, flüsterte er. Er tappte zum Bett und beugte sich über sie. Seine Hände tasteten gierig über ihren Körper und schlossen sich um ihre Brüste.

Als er sich auf sie setzte, lachte sie und begann sich zuckend unter ihm zu winden.

Der Teniente kicherte. Er warf sich über sie. Sie griff nach seinen Schultern. Alles war weich und schwammig. Aber der Teniente hatte Kraft, obwohl sie keine Muskeln fühlen konnte. Mit seinem Gewicht preßte er sie auf das Laken. Keuchend begann er sich zu bewegen. Er schnaufte und ächzte, während sie nicht aufhörte, zu kichern und sich zu winden.

»Mehr kannst du nicht?« Sie lachte. »Du solltest Nachhilfe bei deinem Sargento nehmen. Das ist ein Kerl mit Muskeln wie ein Büffel und der Kraft eines Stiers. Als er vor zwei Nächten bei mir war, konnte ich morgens kaum noch laufen. Schlaf nicht ein, Teniente!«

Er grunzte wie ein wütendes Schwein und bewegte sich immer heftiger, obwohl ihm die Luft ausging.

Dann sackte er neben sie auf das Bett. Sein Brustkorb hob und senkte sich. Corabess erhob sich, ging zum Schrank, holte eine Flasche heraus, schenkte etwas Tequila ein und kam mit dem Glas in der Hand zum Bett zurück.