Inshallah - Axel Rudolph - E-Book

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Axel Rudolph

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Beschreibung

Auf einem Zwischenstopp bei seinem Indienflug lernt der Pilot Detlev Ring in Aden die resolute amerikanische Journalistin Joy Cawler kennen, aber nicht nur sie, auch die geheimnisvolle Laila, die sich als unter Arabern lebende Deutsche entpuppt und ihn sehr bald in einen Strudel gefährlicher Verwicklungen und diplomatischer Intrigen zwischen Briten und Arabern hineinzieht. Es wird brenzlig für Ring, zum Glück hat er seinen Kameraden und Bordmonteur Fritz Moll bei sich, der ihm in allen Gefahren beisteht – und sein rekordverdächtiges Flugzeug, die "Arja". AUTORENPORTRÄT Axel Rudolph (1893–1944) wurde als einziges Kind einer dänischen Mutter und eines schwedischen Vaters in Köln-Nippes geboren. Seine Kriminal- und Abenteuerromane, dessen Themen er aus seinem abenteuerlichen Leben schöpfte und verfremdet in ferne Länder verlegte, spielen in der Arktis, auf den Ölfeldern Venezuelas, auf hoher See, im Himalaya, in den USA, Asien oder den Großstädten Deutschlands und in Dänemark. Seinen Lebensweg kreuzten zahlreiche illustre und bekannte Personen, darunter der Afrika-Sachbuchautor Hermann Freyberg, unter dessen Namen er nach dem Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer – was praktisch ein Berufsverbot bedeutete – weitere Romane veröffentlichte. Rudolph veröffentlichte unter seinem Namen und den Pseudonymen Heinrich Weiler und Richard Erden. Silvester 1943 wurde der Autor verhaftet, weil er – trotz seiner unbeschwerten Literatur – während des zweiten Weltkriegs privat kein Blatt vor den Mund nahm. Dies kostete ihn letztendlich das Leben: Am 18. Juli 1944 stand er vor dem "Volksgerichtshof" und wurde zum Tode verurteilt. Am 30. Oktober starb er unter dem Fallbeil der Nationalsozialisten im Zuchthaus Brandenburg-Görden. Doch nun werden Axel Rudolph und seine Werke aus der ungebührlichen Vergessenheit zurück in die Gegenwart geholt. Exklusiv für Sie wiederentdeckt: Axel Rudolph, mitreißend wie noch nie zuvor!

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Axel Rudolph

Inshallah

Ein Flieger-Roman vonHeinrich Weiler

Saga

1. Kapitel.

„Stop! Hallo! Stop, Madam!“

Der baumlange schwarze Polizeisoldat sah ärgerlich der jungen Dame nach, die unter seinen weitausgebreiteten, die neugierige Menge zurückhaltenden Armen hindurchgeschlüpft war.

Joy Cawler hörte auf den Ruf nicht. Sie lief schon weit vorne über den von der Sonnenglut hartgebackenen Lehm des Flugplatzes, dahin, wo eine Gruppe von Menschen das eben gelandete Flugzeug umdrängte.

„Glad to see you, Mr. Ring!“

„Eine wundervolle Leistung!“

„Im Namen des Britischen Gouvernements heiße ich Sie herzlich willkommen in Aden!“

Der wettergebräunte Sportflieger mit dem lachenden Jungengesicht schüttelte sich durch die Menge der ihm entgegengestreckten Hände. Joy Cawler stand ganz hinten und reckte den Hals. Vor ihr drängten sich die üblichen „Spitzen der Behörden“: Offiziere in Weiß und Khaki, dazwischen das Dunkelblau einer Marineuniform, Beamte der Hafen- und Zivilverwaltung, Piloten von der Flugstation. Auch die Kollegen von der großen Presse waren da. Natürlich! Mr. Webster von der „Times“ und Mr. Chilhurst vom „New York Herald“! Die ignorierten in der Gesellschaft ihrer hochmögenden Freunde vom „Officers“ und „Royal Yacht Club“ jede Absperrung. Vorläufig mußten sie sich allerdings wie Joy Cawler damit begnügen, die Hälse zu recken, denn erst kam einmal die offizielle Begrüßung des Fliegers.

Joy Cawler warf einen Blick seitwärts und sah grade in das eingefrorene Buster-Keaton-Gesicht des großen Chilhurst, und plötzlich bekam sie eine unbändige Lust, dem Kollegen einen Streich zu spielen. Sie drängte sich rücksichtslos nach vorne durch. Man warf ihr unwillige und befremdende Blicke zu, aber man machte ihr Platz. Einer Dame macht man immer Platz, besonders wenn sie jung und schön ist wie Joy Cawler.

Detlev Ring, der mit stillem Entsetzen eben beobachtet hatte, wie der Vertreter des Gouverneurs sich zu einer längeren Begrüßungsrede anschickte, schmunzelte plötzlich ganz vergnügt. Zwischen den hochoffiziellen Gesichtern tauchte da ein schmaler, gutgeschnittener Mädchenkopf auf, und ein Paar lustige Augen lachte ihn an.

„Zwei Worte nur, Mr. Ring!“

„Bitte, Madam! Jetzt ist nicht die Zeit...“ Einer der Herren vom Begrüßungskomitee suchte die Vorlaute beiseitezuschieben, natürlich ohne Aufsehen zu erregen, aber der deutsche Flieger reckte auf einmal ebenso den Hals, wie es Joy Cawler vorhin getan hatte, und die Augen in seinem braungebrannten Gesicht waren blank wie Messingknöpfe.

„Sie sprechen Deutsch, Madam?“

„Jawohl, Mr. Ring!“ Joy Cawler schüttelte die Hand des unwilligen Herrn mit dem offiziellen Gesicht von ihrem Arm. „Was wollen Sie denn? Sie hören doch, daß Mr. Ring sich mit mir zu unterhalten wünscht!“ Und ohne sich um die peinlich betroffenen Gesichtern des Empfangskomitees zu kümmern, nickte sie dem jungen Flieger kameradschaftlich zu. „Meine Mutter war eine Deutsche. Ich selber bin in Minneapolis, U. S. A., geboren, dreiundzwanzig Jahre, ledig, zwei Semester in Berlin studiert, zurzeit Vertreterin der ‚Western Eveningpost‘. Genügt Ihnen das? All right! Dann geben Sie mir bitte auch ein Interview!“

„Gern!“ Detlev Ring hatte Mühe, nicht laut herauszulachen. „Aber erst muß ich die Gentlemen ...“ Ergeben wandte er sich dem Mikrofon zu, das man vor ihm hinhielt, und sprach ein paar freundliche Worte hinein. Joys Bleistift fuhr über den Notizblock. „Vierte Etappe des Asienfluges ... von Bombay über den Indischen Ozean ... Non-stop-Flug von 3000 Kilometern in zwölf Stunden vierzig Minuten ... Durchschnittsgeschwindigkeit fast 250 Kilometer ... Dank für den überaus freundlichen Empfang ...“ Jetzt sprach der Vertreter des Gouverneurs wieder. Die üblichen Begrüßungsworte. „Hervorragende Leistung ... Neuer Triumph der Flugtechnik ... Wir sind stolz darauf, den Indienflieger in unserer Stadt ...“

„Eigentlich müßte man jetzt davonflitzen,“ dachte Joy Cawler, „sich ebenso rücksichtslos wieder rückwärtsdrängen wie vorhin hier in die erste Reihe. Die most honorable gentlemen da allein das ‚God save the King‘ und das Deutschlandlied anhören lassen. Im Telegrafenamt schnell den Bericht loskabeln, bevor Mr. Chilhurst die Empfangsfeierlichkeiten verdaut hat. Vorsprung von dreißig Minuten vor dem ‚New York Herald‘! Ein Rekord!“

Aber mitten in der feierlichen Rede des Regierungsvertreters sandte Detlev Ring einen vergnügten, augenzwinkernden Blick seitwärts zu der unverschämten kleinen Amerikanerin. Da blieb sie.

Tusch. Drei Hurras. Neues Händeschütteln. Endlich, während die Offiziellen mit wirklicher oder erheuchelter Sachkenntnis sich dem Flugzeug zuwandten und sich von Fritz Moll, dem ölbeschmierten Bordmonteur, die „Arja“ zeigen ließen, konnte Detlev Ring wieder ein paar Worte mit der kleinen Journalistin sprechen. Joy Cawler hatte schon ihren Bleistift gezückt.

„Haben Sie Sturm gehabt unterwegs, Mr. Ring? Eine Taifun?“

„Fabelhaft,“ lächelte der Flieger. „So ein paar Worte Deutsch sind bei der Landung ein schönerer Gruß als alle fremden Lobreden! Wie meinen Sie? Ach so, Ihre Frage? Nee, was meinten Sie? Ich hab eben nur ein bißchen der Heimatsprache nachgehorcht. Sie sprechen famos Deutsch, Miß ...“

„Joy Cawler! Deutsch sprechen manche Leute hier in Aden. Haben Sie keinen Taifun erlebt?“

„Das grade nicht. Ungefähr über Sokotra gab’s allerdings ’ne tüchtige Mütze voll Wind. Wir mußten ordentlich hochgehen, um ihm auszuweichen und nicht zuviel Zeit zu verlieren.“

„Taifungefahr über dem Indischen Ozean,“ notierte Joy begeistert. „Flieger entkommen durch Schnelligkeit der Vernichtung durch Wirbelsturm.“

„Machen Sie’s halbwegs, ja!“ bat Detlev Ring lachend. „So doll war’s nun nicht.“

„Ich muß einen interessanten Bericht bringen.“ Joy sah ihn komisch bittend an. „Wenn Sie keinen Sturm auf Lager haben, dann erzählen Sie mir bitte etwas anderes aus Ihrem Leben!“

„Nachher gern!“ Detlev wandte sich einen Augenblick um und beantwortete höflich eine Frage. „Sie sehen ja, jetzt komme ich unmöglich los. Frühstück im Kasino der Fliegerstation, hat mir eben einer der Gentlemen das Programm erklärt. Das ist nicht schlecht. Ich hab ’nen ordentlichen Hunger, und Fritz Moll, mein Monteur, knirscht schon förmlich mit den Zähnen vor Hunger. Aber wenn Sie ’ne kleine Stunde warten wollen ...? Ich zeig Ihnen dann gern meine ‚Arja‘ und erzähl Ihnen, was Sie wollen.“

„Abgemacht, Mr. Ring. Und ich zeig Ihnen dann Aden! Falls Sie es nicht vorziehen, in einem Regierungsauto durch die Stadt geschaukelt zu werden.“

„Brrr! Denn schon lieber ...“

„Mr. Ring!“ — „Sagen Sie bitte ...“ Das Gedränge um Detlev nahm wieder zu. Er mußte Fragen beantworten, Liebeswürdigkeiten dankend quittieren, Auskünfte geben. Auch die anderen Presseleute verlangten ihr Teil von ihm.

„Hallo, Fritz!“ Detlev hob sich auf den Zehenspitzen und winkte seinem Monteur zu. „Komm schon! Futter schütten!“ Die Gruppe der Herren hatte sich schon langsam in der Richtung auf das langgestreckte, flachdachige Gebäude der Fliegerstation hin in Bewegung gesetzt. Fritz Moll schüttelte den Kopf.

„Schicken Sie mir ’n Paar Stullen rüber, Ring!“

„Unsinn! Die Policemen bewachen die ‚Arja‘. Sie können ruhig mitkommen!“

„Sicher ist sicher.“ Fritz Moll warf einen mißtrauischen Blick auf die Polizeisoldaten, die drüben in langer Kette das Flugfeld gegen die Neugierigen absperrten. „Ick bleib man lieber selber hier. Dann kann uns keener. Aber vergessen Sie nicht die Stullen, Ring! Mir jauchzen förmlich die Gedärme danach!“

Joy Cawler blieb bei dem Flugzeug stehen und sah dem Flieger nach, der inmitten der Offiziere und Beamten über das Rollfeld schritt. Einmal wandte er sich um und winkte mit der Hand, aber es war nicht zu erkennen, ob das ihr galt oder dem Monteur. Schlaff und müde hingen in der Gluthitze von den langen Flaggenmasten die britischen und deutschen Fahnen. Um so lebhafter aber winkten drüben hinter der Absperrkette die Taschentücher und Hüte.

Einen Augenblick dachte Joy bedauernd an das Telegrafenamt und an Mr. Chilhurst, der sicher jetzt drüben vom Kasino aus bereits telefonisch seinen Bericht aufgab. Sie zuckte die Achseln. Mochte er! Es war schon besser, hier zu bleiben und zu warten. Erstens konnte man von Mr. Ring persönlich vielleicht aufregende Einzelheiten erfahren für einen Bericht, der selbst Mr. Chilhursts Reportage in Schatten stellen würde, und zweitens war dieser deutsche Asienflieger ein verteufelt gut aussehender netter Junge.

Vom Kasino her kam ein brauner Araberboy, bepackt mit einem Korb, Flaschen und Früchten. Fritz Molls Mund verzog sich zu erschreckender Breite. Er nickte der jungen Dame, die neben dem Flugzeug stand, vertraulich zu.

„Sehen Sie, Miß, das ist Kameradschaft! Ring kriegt nicht halb so viel da drüben im Kasino. Der muß zwischen zwei Bissen jedesmal fünf neugierige Fragen beantworten. Na, dann woll’n wir mal auspacken. Allah segne dich, mein Sohn!“ Er gab dem Braunen den leeren Korb zurück und hieb heißhungrig in die Leckerbissen ein. Mitten im Kauen sandte er der lächelnd zusehenden Joy einen Blick.

„Hab eben gehört, daß Sie Deutsch sprechen, Miß. Die beste Legitimation bei uns! Sind Sie vom Konsulat oder von der deutschen Kolonie hier?“

„Keines von beiden. Ich bin Journalistin.“

„Aha! Interview! Da brauchen Sie nicht erst zu warten, bis Ring wiederkommt. Hier, Fritz Moll aus Berlin kennt die Walze auswendig. Sie brauchen nicht mal zu fragen. Flugzeug ‚Arja‘, Pilot Detlev Ring und sein hervorragender tüchtiger Monteur Fritz Moll. Rundflug quer durch Asien. Erste Etappe: Ankara - Teheran. Ohne Zwischenlandung quer über den Taurus. Zweite Etappe: Teheran-Lahore. Panne bei Mesched. War ’ne böse Sache, Miß. Wenn Ring es nicht geschafft hätte mit dem Werkzeugkasten, hätten wir uns mitsamt der ‚Arja‘ in der verdammten Salzsteppe begraben lassen können, denn Reparaturwerkstätten sind da oben leider noch nicht angelegt. Dritte Flugstrecke: Tja, eigentlich wollte ich so’n bißken über den ollen Himalaya. Das Wetter war gut, und von oben sahen die Bergketten gar nicht so schlimm aus. Aber Ring war nicht dafür zu haben, und da hat er wieder mal recht gehabt. Als wir über Hindostan flogen, sahen wir, wie um die Berghäupter in Nepal der Schnee nur so emporstob. Muß ’ne eisige Sache sein da über dem Tschomulongma, und für Polarstürme ist unsere Maschine nicht eingerichtet. Wir kamen halbtot vor Hitze in Kalkutta an, allerdings mit fünfstündiger Verspätung. Das war das einzige Mal auf der Reise, wo wir nicht die Stundenkilometer rausgeholt haben, die wir uns vorgenommen. Achtundvierzig Stunden Aufenthalt in Kalkutta, dann ging’s wieder westwärts nach Bombay. Tadelloser Flug ohne Zwischenfälle. Na, und nun haben wir auch den Indischen Ozean geschafft. Aber Sie schreiben ja gar nicht, Miß?“

Joy hatte den Bleistift, den sie unwillkürlich zur Hand genommen, längst wieder sinken lassen. Diese einzelnen Phasen des deutschen lndienfluges kannte sie bereits auswendig. Funk und Telegraf hatten die Presseleute in aller Welt auf dem laufenden gehalten über die Stationen des Fluges.

„Wenn Sie das nicht interessiert,“ fuhr Fritz Moll gekränkt fort, „mehr wird Ihnen mein Kamerad Ring auch nicht erzählen können!“

Joy lächelte. „Ich warte auch deshalb nicht auf ihn. Sondern weil ich ihm Aden zeigen will, und weil er ...“ Sie zögerte eine Sekunde und fühlte eine Wärme in den Wangen, aber als ihr Blick das verdrießlich mißtrauische Gesicht des Monteurs traf, fügte sie freimütig hinzu: „Weil er mir gefällt!“

„Det is ’n Wort, Fräulein!“ Fritz Molls Ärger verflog im Nu. „Da haben Sie den richtigen Spurius, kann ick Ihnen flüstern, ’n besseren Kameraden gibts überhaupt nicht mehr auf dem Globus. Pferde stehlen kann man mit Detlev Ring. Ick könnt Ihnen Sachen erzählen, Sachen ...“ Er beendete den Satz nicht, sondern hob die Hand schattend vor die Augen. „Nanu? Da kommt er ja, senkrecht auf uns zu! Schon? Da hat er mindestens zwei Festreden ungenossen gelassen. Ick kenn doch die Brüder, wenn sie mal losgelassen sind!“

Detlev Ring kam mit langen Schritten über das Rollfeld gestelzt, rechts und links flankiert von zwei britischen Offizieren. Ein Fliegerkapitän und Captain Nicholls vom Kamelreiterkorps — stellte Joy fest, die bereits so ziemlich sämtliche Herren der Garnison vom Sehen kannte.

„Hat’s geschmeckt, Fritz?“ Detlev warf lachend einen Blick in den fast leeren Korb. „Also, die ‚Arja‘ kommt in den Schuppen dort drüben. Hier, der Captain, wird Ihnen behilflich sein, Fritz. Die Ruhetage, die wir hier haben, wollen wir benutzen, um die Maschine gründlich zu überholen.“

„Hat sie nicht nötig, Ring. Die fliegt unbesehen bis nach Tempelhof zurück.“ Detlev machte ein zweifelndes Gesicht.

„Ich weiß nicht, in den letzten Stunden wollte mir die Musik nicht recht gefallen.“

„Det macht die Hitze, Ring, ’n paarmal kam mir’s auch so vor, als ob der Motor ’nen anderen Ton hätte, aber det klingt nur anders hier in der Backofenluft.“

„Na, vorläufig also mal die ‚Arja‘ unterbringen.“

„Mach ich alleine, Ring. Geh’n Sie man ruhig ins Städtchen. Das Fräulein hier wartet schon ’ne halbe Stunde auf Sie!“

Aber Joy mußte noch länger warten. Der junge Flieger war einfach taub für den freundlichen Vorschlag des Monteurs. Erst als die „Arja“ wohlgeborgen im Schuppen stand, verabschiedete er sich von den britischen Offizieren und trat, lustig salutierend, zu der jungen Dame.

„Melde mich zur Stelle, Miß Cawler.“

*

Sie fuhren in einem der leichten Pferdewägelchen durch die Stadt. Viel gab es nicht zu sehen. Der falsche Pomp der langweiligen Verwaltungsgebäude und Kasernen ließ in Detlev nur eine wehmütige Sehnsucht aufsteigen nach den Türmen von Lahore und Delhi, dem rosenroten Dschaipur und dem göttlichen Marmorwunder des Taj Mahal.

Riesige Hafenanlagen, schwarze Kräne und Loren hinter den endlosen rußbedeckten Planken der Kohlenstation, Lagerschuppen, Zollgebäude, breite, mit rotem Sand bedeckte Promenaden, an denen die Palmen staubbedeckt und müde Spalier bildeten. Eselkarren, Lastwagen, schreiende, heulende Wagenlenker und Händler, Menschen aller Schattierungen, vom hellen Braun der Wüstensöhne Arabiens bis zum Ebenholzschwarz des Numidier. Flatternde Burnusse, halbverhüllte Gesichter, nackte braune Kinder und zerlumpte Weiber vor den Türen halbzerfallener, lehmgebackener Häuser im Eingeborenenviertel. In krassem Gegensatz dazu die vornehm abgeschlossenen Villen der Engländer in der Victoria Street, die sich von weißgekleideten braunen Boys bedienen ließen. Gegenüber, auf dem Vorplatz irgend eines Instituts. spielten arabische Zöglinge Fußball.

„Bei der Hitze!“ Detlev trocknete sich unwillkürlich beim Anblick der mit wildem Elan gegen das Tor stürmenden Fußballer den Schweiß von der Stirn. „Unsereins graut schon bei dem Gedanken, sich in dieser Glut überhaupt bewegen zu müssen!“

„Wenn es Ihnen zu heiß ist, Mr. Ring, fahren wir zum Hotel. Sie wohnen doch im ‚Majestic‘, nicht wahr?“

„Ja. Man hat dort Zimmer für uns bestellt. Ich möchte zwar lieber im Schuppen bei meiner Maschine kampieren, aber das kann man ja wohl den Leuten nicht antun.“

Der Wagen mußte jählings halten. Eine Straßenkreuzung war förmlich verstopft von einem Zug, der langsam sich den Weg bahnte durch eine rasch zusammenströmende Menge brauner Menschen. Im ersten Augenblick sah Detlev nichts als ein Meer von wehenden Tüchern und aufwirbelndem Staub, durch den scharfer Kamelgeruch und das Geschrei der Treiber drang. Erst allmählich unterschied er die einzelnen Gestalten, die da hoch auf dem Rücken der Kamele über die neugierig herandrängende Menge schaukelten. Prächtige Wüstengestalten, Bronzegesichter in schweigender Verachtung, Entenflinten, malerisch verziertes Sattelzeug, ballenbepackte Lasttiere, funkelnde Frauenaugen über den verschleierten Tüchern. Plötzlich zuckte Detlev, der sich im Wagen aufgerichtet hatte, zusammen.

Die Frau dort auf dem mit roten Decken behangenen Kamel! Sie trug den Schleier wie die Araberinnen und war wie sie in einen weißen Burnus gehüllt. Aber der leichte Schleier schien mehr Schutz gegen den fliegenden Sand zu sein, als ein Mittel zum Verbergen. Ruhig und ungeniert sahen über dem Schleier ein Paar große, blaue Augen auf die Menschenmenge herab, und das Haar, das sich unter der Kapuze hervorstahl, war blond. Eine Europäerin! Eine weiße Frau! Detlev Ring faßte erregt den Arm seiner Begleiterin.

„Sehen Sie! Dort! Was ist das?“

„Leute aus dem Jemen!“ Joy zuckte die Achseln. „Anscheinend eine vornehme Arabergesellschaft. Vielleicht sogar eine Gesandtschaft des Imans. Seitdem die Wahabiten im Hedschas eingefallen sind, wimmelt es hier bei den britischen Behörden von offiziellen und geheimen Wüstendiplomaten.“

„Ja! Aber die Frau! Die Weiße! Haben Sie sie nicht gesehen?“

„Doch. Ich hatte sogar den Eindruck, daß sie im Vorbeireiten eben sehr interessiert zu Ihnen herüberblickte. Kennen Sie die Dame?“

„Keine Spur. Ich hatte nur ein so sonderbares Gefühl. Eine weiße Frau, ohne Begleitung mitten unter den Arabern!“

„Hm. Ich wunderte mich auch.“ Joy sah nachdenklich dem Zuge nach, der hinter Wolken rötlichen Staubes eben in einer Seitenstraße verschwand. „Besonders darüber, daß die Leute von der Straße keinen Anstoß daran nahmen. Die Araber pflegten sonst schamvoll und beleidigt wegzublicken, wenn eine Weiße ihnen so ‚herausfordernd’ ihr Gesicht zeigt.“

„Ich möchte wissen, wer sie ist.“ Detlev vergaß ganz, sich wieder niederzusetzen. Er war im Wagen stehen geblieben und blickte sinnend der Entschwundenen nach. Joy sah ihn etwas gekränkt von der Seite an.

„Die Durchfahrt ist frei. Wenn Sie sich jetzt nicht hinsetzen, Mr. Ring, fallen Sie mir noch in den Schoß, sobald der Wagen anzieht. Wer die auf arabisch aufgezäumte Dame ist, werde ich Ihnen spätestens morgen früh sagen können.“

„Wirklich?“

Joy lachte geringschätzig. „Wird nicht schwer herauszukriegen sein. Vielleicht wohnt sie sogar im selben Hotel wie Sie, Mr. Ring. Was hier in Aden einigermaßen prominent ist, wohnt im ‚Majestic‘. Wenn Ihnen also so viel daran liegt ...“

„Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Es war da in dem Gesicht der Frau irgend etwas ... ich weiß nicht, wie ich mich ausdrücken soll ... Sie sah mich an ...“

„Ich wickle mich nächstens auch in so ein Bettlaken und halte mir eine Gardine vor den Mund.“ Die junge Amerikanerin schnitt eine lustige Grimasse. „Also schön, Mr. Ring. Ich werde Ihnen eine Probe meiner journalistischen Fixigkeit geben. Aber dafür müssen Sie mir auch allerhand versprechen.“

„Wenn ich Ihnen dienlich sein kann, — gern.“

„Sie können es. Erstens versprechen Sie mir, morgen mittag mit mir zu lunchen, sofern Sie nicht grade um die Zeit zum Gouverneur eingeladen sind. Zweitens nehmen Sie mich mit auf einem kleinen Rundflug, bevor Sie nach Europa starten. Wollen Sie? Großartig! Heute abend, spätestens morgen früh werde ich Ihnen melden, wer die schöne Pseudo-Araberin mit dem blonden Haar ist.“

2. Kapitel.

„Darf ich Ihnen den jungen Helden des Indienfluges vorstellen, Mrs. Soelter? Das ist Mr. Ring, der erst heute morgen mit seinem Flugzeug hier gelandet ist!“

Colonel Blake machte eine verbindliche Handbewegung, und Detlev Ring vergaß fast, seine Verbeugung zu machen. Er starrte überrascht in zwei große, direkt auf sein Gesicht gerichtete, blauschimmernde Augen. Die Frau, die der Colonel Mrs. Soelter genannt hatte, trug hier auf dem Gartenfest im „Majestic“ eine europäische Abendtoilette, die nicht anders war als die der übrigen Damen, aber Detlev wußte sofort: Ein Irrtum war unmöglich! Das waren die blauen Augen, die ihn heute mittag vom Kamelsattel herab angesehen hatten.

„Sie sind Deutscher, Herr Ring?“

In Detlevs Kopf begann sich sachte ein gewisses Mühlrad zu drehen bei dieser Frage, die eine tiefe, volle Altstimme in tadellosem Deutsch aussprach. Heiliger Wetterfrosch! Sprachen denn hier im englischen Aden alle Damen Deutsch? Erst die lustige kleine Amerikanerin! Und jetzt stand da diese schöne Unbekannte, die er vor wenigen Stunden als einzige weiße Frau inmitten einer Karawane von Wüstensöhnen gesehen hatte, und sprach ihn ganz gelassen in seiner Muttersprache an. Beinahe kam seine Überzeugung, daß Mrs. Soelter die geheimnisvolle Unbekannte sei, ins Wanken.

„Sie sehen mich so sonderbar an, Herr Ring. Überrascht es Sie so, daß ich Deutsch spreche?“

Detlev riß sich zusammen. „Allerdings, gnädige Frau. Denn ich glaube, Sie bereits heute vormittag gesehen zu haben, und zwar in einer rein arabischen Gesellschaft.“

„Sagen Sie bitte nicht ‚gnädige Frau‘ zu mir. Ja, ich sah Sie auch. Wenn mich nicht alles täuscht, sind wir ziemlich gleichzeitig hier in Aden angekommen. Sie mit Ihrem Flugzeug, und ich aus Mareb!“

Ein Lauschen war plötzlich in dem Gesicht der Frau. Sie sprach die letzten Worte fast mechanisch aus, als seien ihre Gedanken ganz wo anders. Einer der vornehmen Araber, die mit ihren weißen Mänteln eine Abwechslung in das Bild der Smokings und Uniformen brachten, strich eben dicht an ihnen vorüber.

„Die Hitze fängt an, mich Gespenster sehen zu lassen,“ dachte Detlev Ring ärgerlich, „oder ist es die ganze romantische Atmosphäre des Orients, die einen allerlei Geheimnisvolles vorgaukelt?“ Er glaubte eben gehört zu haben, daß der Araber Mrs. Soelter im Vorbeigehen ein paar Worte zuflüsterte, ohne sie auch nur eine Sekunde dabei anzusehen.

„Entschuldigen Sie mich, Herr Ring! Ich hoffe, daß wir nachher noch Gelegenheit finden, ein wenig zu plaudern.“

Da stand Detlev wieder allein. Verblüfft sah er ihr nach, wie sie sich mit geschmeidiger Sicherheit durch den von fröhlich plaudernden Menschengruppen bevölkerten Garten wand. Er sah sich um. Jemand fragen, wer diese Mrs. Soelter eigentlich sei? Den Colonel vielleicht oder einen der britischen Fliegerkameraden? Aber im nächsten Augenblick verwarf er den Gedanken. Warum nicht sie selbst fragen? Ihr helles Kleid verschwand eben im Dunkel des Parks, der sich außerhalb der von bunten Lichtern bestrahlten Gartenterrasse hinter dem Hotel dehnte. Detlev schlug die gleiche Richtung ein, aber es dauerte noch etwa zehn Minuten, bevor er unauffällig in den Park kommen konnte. Einige Seeoffiziere hielten ihn auf und verwickelten ihn in ein freundschaftliches Gespräch über seinen Indienflug.

Als Detlev endlich in den Park gelangte, war von Mrs. Soelter weit und breit nichts zu sehen. Wahrscheinlich war sie längst an irgend einer anderen Stelle wieder in die Gesellschaft zurückgekehrt. Detlev folgte mißmutig dem gewundenen Pfad zwischen den Palmen und Gebüschen. Er sah schon die Mauer auftauchen, die den Park rückwärts abschloß, als er sich plötzlich an der Hand gefaßt fühlte und zu seinem grenzenlosen Staunen Joy Cawler erkannte, die dicht neben dem Weg hinter einem Busch kauerte.

„Still!“ unterbrach die Journalistin seine erstaunte Frage. „Sie ist dort vorne, dort an der Gartenpforte! Sehen Sie nicht?“

Detlevs Augen bohrten sich in den Samtteppich der Tropennacht. Dicht an der Gartenpforte, im Schatten einer Sykomore stand Mrs. Soelter. Aber nicht allein. Neben ihr gewahrte er die Umrisse eines Mannes, der eifrig im Flüsterton auf sie einzusprechen schien. Ein paar harte Kehllaute drangen herüber, dann Mrs. Soelters etwas lautere, klangvolle Altstimme.

„Sie sprechen arabisch,“ flüsterte Joy. „Es hat keinen Zweck, sich näher heranzupirschen. Außer den Alltagsbrocken, die man hier im Straßenverkehr aufschnappt, versteh ich die Sprache doch nicht. Außerdem würden sie uns bemerken. Hinter der Mauer stehen draußen auf der Straße nämlich noch so ein paar braune Burschen, die den Garten beobachten, anscheinend um die beiden zu warnen, wenn jemand kommt.“

„Aber wie kommen Sie denn hierher?“

Joy sah ihn vorwurfsvoll an. „Hab ich Ihnen nicht versprochen, morgen früh zu berichten, wer die Unbekannte ist?“

„Ich weiß es schon!“

„Na, na, Mr. Ring. Wir wollen uns mal ein bißchen darüber unterhalten, ja? Aber nicht hier. Kommen Sie, wir drücken uns rückwärts durch die Büsche und mischen uns drüben in das Gartenfest. Ich hab sowieso einen höllischen Durst auf eine Limonade.“

„Aber ...“ Joy fing den besorgten Blick auf, den Detlev nach den beiden Gestalten an der Pforte warf und lächelte. „Ihre Besorgnis ist überflüssig. Die braunen Gentlemen da tun der Dame bestimmt nichts. Soweit meine Kenntnis der morgenländischen Sitten reicht, haben sie sie vorhin mit allen Anzeichen ergebenster Ehrfurcht begrüßt.“

An einer Biegung, die sie den Blicken der Späher an der Gartenmauer entzog, betraten Detlev und Joy wieder den Weg und schlenderten der Terrasse zu, von der lustiges Lachen und eine schelmischwehmütige Banjoweise herüberklangen.

„Sagen Sie mal, Miß Joy, sind Sie eigentlich eingeladen? Ich meine zu diesem ‚prominenten‘ Gartenfest.“

„Yes,“ sagte die Amerikanerin trocken. „Und zwar von einem der prominentesten Gäste, dem berühmten deutschen Flieger Mr. Ring persönlich. Ich möchte den sehen, der auch nur mit einer Spur von Befremden mich anschielt, wenn ich in Ihrer Begleitung jetzt auftauche.“

Es war in der Tat so. Niemand dachte daran, Anstoß an Joys Gegenwart zu nehmen oder nach ihrer Einladungskarte zu fragen, wie der peinlich korrekte Detlev im stillen befürchtet hatte. Captain Nicholls vom Kamelreiterkorps, der gleich bei ihrer Rückkehr auf die Terrasse Detlev entgegenkam, ließ sich seiner Dame vorstellen und war sofort mit Joy in ein lustiges Wortgeplänkel engagiert. Mitten in einem Satz brach er jedoch ab. Mrs. Soelter war wieder da. Weder Detlev noch Joy hatten sie aus dem Garten kommen sehen, aber sie stand plötzlich inmitten einer Gruppe von älteren Herren, unter denen Detlev Sir John Donegal, den Vertreter des Gouverneurs, und Colonel Blake erkannte. Er sah jetzt auch, was ihm vorhin, als er ihr gegenüberstand, in seiner Überraschung entgangen war: daß Mrs. Soelter zu ihrem europäischen Abendkleid einen typischen Araberschmuck in den Ohren trug und daß ihr ernstes Gesicht gar nicht recht zu dem sorglos-heiteren Ton dieses Gartenfestes paßte.

„Entschuldigen Sie mich einen Augenblick, meine Herrschaften. Ich muß Mrs. Laila ... Teufik Bey vom Türkischen Generalkonsulat bat mich, ihm eine Unterredung mit ihr zu vermitteln.“

Joy pfiff halblaut wie ein ungezogener Gassenjunge vor sich hin, als der Captain eilig auf Mrs. Soelter zuging. Detlev faßte sich unwillkürlich an die Stirn.

„Was soll nun das wieder bedeuten? Wie nannte der Captain eben die Dame? Laila? Ich denke, sie heißt Mrs. Soelter?“

„Ist das alles, was Sie über unsere Araberin herausgekriegt haben, Mr. Ring?“

„Ja ... das heißt: Colonel Blake nannte sie so, als er mich vorstellte. Ich habe kaum zwanzig Worte mit ihr gewechselt.“

Joy sah ihn mitleidig an. „Da kann ich Ihnen mit mehr dienen.“

„Also los, Miß Cawler! Spannen Sie mich nicht auf die Folter. Ich brenne vor Neugierde!“

„Nur vor Neugierde? Also schön. Aber erst müssen Sie mir die Limonade besorgen. Eher rede ich keinen Ton.“

Als Detlev das Getränk vom Büfett brachte, saß Joy in einer Ecke der Terrasse, die einen guten Überblick bot, und sah nachdenklich zu Mrs. Soelter hinüber, die neben einem eifrig auf sie einredenden türkischen Herrn ihr grade gegenüber an der Brüstung stand.

„Das tat gut.“ Joy gab das leere Glas zurück und nickte Detlev zu. „Setzen Sie sich ein wenig neben mich, Mr. Ring. Ich hab Ihnen eine Menge zu erzählen.“

„Sie wissen, wer die Dame ist?“

„Well. Sie heißt Mrs. Soelter. Lydia Soelter, wenn Sie es ganz genau wissen wollen, und von den Arabern, die ihren Namen nicht aussprechen können, wird sie Laila genannt.“

„Laila?“

„Ja. Gefällt Ihnen der Name, Mr. Ring? Er duftet so nach Romantik, nicht? Nach arabischen Wundernächten, orientalischen Märchen, Haremsgittern und Fata Morgana.“

„Sie spotten, Miß Cawler.“

„Durchaus nicht. Es liegt tatsächlich ein Hauch von Geheimnis um die Dame. Sie soll die Tochter eines deutschen Arztes und Forschers sein, der irgendwo im Jemen gestorben ist. Sie soll selber schon seit Jahren dort oben leben, als einzige Europäerin bei den Jemeniten.“

„Sie betonen das ‚sie soll‘, Miß Cawler. Weiß man es denn nicht genau?“

Joy zuckte die Achseln. „Genau weiß man überhaupt nichts auf diesem Planeten. Hier in Aden ist sie heute zum ersten Male aufgetaucht, im Gefolge einer offiziellen Gesandtschaft des Imam, die bei den Engländern Hilfe gegen die Wahhabiten suchen soll. Man erzählt sich allerlei Geheimnisvolles von ihr, aber persönlich ist sie bisher niemand hier bekannt gewesen. Die Araber ... hm ... die wissen vielleicht mehr von ihr, aber sie schweigen sich aus.“

„Und was ist Ihre eigene Meinung, Miß Cawler?“

Joy sah ihn einen Augenblick ernst an. „Daß Sie besser tun, sich nicht um Mrs. Soelter oder Mrs. Laila zu kümmern, lieber Herr Ring. Es kümmern sich genug andere um sie.“

„Wie meinen Sie das?“

„Well, diese merkwürdige Dame muß irgendwie eine Ausnahmestellung bei den Jemeniten einnehmen. Welcher Art, das ist mir auch noch unklar. Aber Tatsache ist, daß man sie, eine Europäerin, im Gefolge der Gesandtschaft des Imam duldet, obwohl gerade die Jemeniten sich sonst streng von allem Europäischen abschließen.“

Detlev fühlte einen schmerzlichen Stich in der Brust. „Meinen Sie etwa, daß Lai ... daß Mrs. Soelter mit irgendeinem der braunen Würdenträger — verheiratet sein kann?“

„Kaum. Denn dann würde man ihr nicht gestatten, nach Aden zu reisen und sich ohne Schleier hier zu zeigen. Aber einfach eine Europäerin, die sich im Jemen angesiedelt hat, ist sie bestimmt auch nicht. Strengen Sie doch Ihre Augen an, Mr. Ring. Haben Sie nicht bemerkt, daß sie gradezu