Irresistibly Perfect - Julie Saman - E-Book

Irresistibly Perfect E-Book

Julie Saman

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Beschreibung

Der gefeierte Rockstar Greyson besitzt alles, was das Herz begehrt: Erfolg, Reichtum und treue Freunde. Doch sein Herz sehnt sich nach einer Frau, die unerreichbar scheint – Fallon, die Schwester seines engsten Freundes und zudem bereits verlobt. 

Fallon führt ein Leben, das von den Erwartungen ihrer Eltern geprägt ist, auch wenn sie dabei ihre eigenen Emotionen unterdrücken muss. Als sie die Wahrheit über ihren Verlobten erfährt, ergreift sie mutig die Chance zur Flucht aus ihrem goldenen Käfig. Greyson bietet ihr an, ihn auf seiner Europatour zu begleiten, in der Hoffnung, ihr Herz zu erobern. 

Entschlossen gibt er in dieser Woche alles, um die Frau zu gewinnen, die er über alles liebt. Eine Reise voller Risiken und Möglichkeiten beginnt, und Greyson ist bereit, jedes Hindernis zu überwinden, um Fallon für sich zu gewinnen ... 

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Der gefeierte Rockstar Greyson besitzt alles, was das Herz begehrt: Erfolg, Reichtum und treue Freunde. Doch sein Herz sehnt sich nach einer Frau, die unerreichbar scheint – Fallon, die Schwester seines engsten Freundes und zudem bereits verlobt. 

Fallon führt ein Leben, das von den Erwartungen ihrer Eltern geprägt ist, auch wenn sie dabei ihre eigenen Emotionen unterdrücken muss. Als sie die Wahrheit über ihren Verlobten erfährt, ergreift sie mutig die Chance zur Flucht aus ihrem goldenen Käfig. Greyson bietet ihr an, ihn auf seiner Europatour zu begleiten, in der Hoffnung, ihr Herz zu erobern. 

Entschlossen gibt er in dieser Woche alles, um die Frau zu gewinnen, die er über alles liebt. Eine Reise voller Risiken und Möglichkeiten beginnt, und Greyson ist bereit, jedes Hindernis zu überwinden, um Fallon für sich zu gewinnen ... 

Über Julie Saman

Julie Saman ist USA-Today-Bestsellerautorin und süchtig nach Cola Light, sauren Bonbons und Indie-Rock. Sie flucht viel zu viel (vor allem nach einem Glas Wein) und hat eine Vorliebe für Sarkasmus (zumindest sagen das ihr Mann und ihre Kinder gerne).

 Sie ist vor allem bekannt für ihre witzigen und emotionalen Second Chance Romances mit intelligenten, starken Frauen und sexy Alpha Männern.

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Julie Saman

Irresistibly Perfect

Aus dem Amerikanischen von Sabine Neumann

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

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Prolog — Greyson

1 — Greyson

2 — Fallon

3 — Fallon

4 — Greyson

5 — Greyson

6 — Fallon

7 — Fallon

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Epilog — Fallon

NACHWORT

Impressum

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Prolog

Greyson

Ich werde von einem Geräusch wach, stöhne, wälze mich im Bett herum und stecke den Kopf wieder unter das Kissen. Es ist noch nicht Zeit zum Aufstehen. Ich weiß nicht einmal, wie spät es ist, sondern nur, dass es verdammt früh sein muss. Fallon ist anlässlich meines Konzerts nach Chicago gekommen, und dann haben wir die ganze Nacht geredet und sind erst gegen vier Uhr morgens ins Bett gekommen.

Und selbst da wollte ich eigentlich noch nicht schlafen gehen.

Schlaf fühlt sich an wie Zeitverschwendung, wo ich doch nur so wenig Zeit mit ihr habe.

Bei diesem Gedanken stöhne ich erneut, wälze mich auf den Rücken und öffne widerstrebend die Augen. In meiner Hotelsuite ist es furchtbar hell, und ich mache sie sofort wieder zu angesichts der blendenden Morgensonne, die durch die offenen Vorhänge fällt.

»Fall Girl?«, rufe ich, denn das Geräusch, das mich geweckt hat, muss von ihr gekommen sein. Sie hat sich geweigert, mit mir im Bett zu schlafen, selbst als ich ihr sagte, ich würde brav sein und sie nicht anfassen. Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns sehen, ohne zu vögeln, und auch wenn sie es nicht glaubt, bin ich durchaus in der Lage, mich zu beherrschen.

Zumindest gerade so.

Seit ich vierzehn bin, will ich Fallon Lark, kann sie aber nicht haben. Sie war das Mädchen von nebenan. Ihre Familie zog im Nachbarhaus ein, völlig ahnungslos, dass es neben ihnen in dem hübschen alten Herrenhaus die Hölle auf Erden war. Eines Nachts saß ich auf dem Dach, starrte über den Charles River auf die funkelnden Lichter von Boston und klimperte auf meiner Gitarre herum, als sie heraufkam, sich zu mir gesellte und sich mir mit den Worten vorstellte, sie sei das Mädchen, von dem ich immer bereuen würde, es nicht kennengelernt zu haben.

Genau das hat sie gesagt und mich damit sofort in ihren Bann gezogen.

Darüber hinaus war sie verdammt schön.

Das war nicht zu leugnen. Ich sah sie an, und mein Herz tobte wie wild in meiner Brust. An diesem Sommerabend saß sie stundenlang neben mir, hörte mir beim Spielen und Singen zu, erzählte mir von den Büchern, die sie gern las, und davon, dass sie eines Tages die Welt bereisen und sich in einem Land nach dem anderen verlieren wollte. Sie wollte Ärztin werden, sie wollte Leben retten und etwas bewirken – und das ist ihr gelungen, denn nach ihrem Medizinstudium macht sie jetzt ihre Facharztausbildung als Kinderärztin in Miami.

Damals wurde mir unsere Situation erst am nächsten Tag klar.

Als ich ihren Zwillingsbruder Dillon kennenlernte, freundete ich mich gleich mit ihm an – zumindest bis ein lebensverändernder Unfall uns zu Feinden machte. Mit ihm konnte ich reden. Mit ihm konnte ich befreundet sein, weil jeder Junge diesen einen Freund hat, den seine Eltern hassen, aber es dennoch durchgehen lassen, weil sie wissen, dass er ihm schon bald entwachsen sein wird.

Mit ihr ging das nicht.

Als Tochter eines äußerst wohlhabenden und einflussreichen Senators und einer Erbin aus dem alten Geldadel war ihr Leben bereits vorgezeichnet. Wie es sich für ein braves Mädchen gehörte, durfte sie keine Zeit mit dem bösen Jungen verbringen, der davon träumte, ein Rockstar zu werden, und sich schon gar nicht auf ihn einlassen.

Das hat uns all die Jahre über weder davon abgehalten, Freunde zu sein, noch, uns zu treffen, üblicherweise, indem sie zu meinen Konzerten kam, so wie gestern Abend.

Es versteht sich von selbst, dass alles geheim bleiben musste.

Ihre Familie darf immer noch nichts von unserer Freundschaft erfahren. Und ganz sicher nichts davon, dass unsere Freundschaft gelegentlich Grenzen verwischt und nicht mehr rein platonisch ist.

»Fall?«, versuche ich es noch einmal, als ich keine Antwort bekomme und nichts aus ihrer Richtung höre. Vielleicht ist sie rausgegangen, um Kaffee oder Frühstück zu holen? Sie hat darauf bestanden hat, dass ich im Bett schlafe und sie auf der Couch. Echt nervig! Wahrscheinlich hat sie auf diesem Ding total beschissen geschlafen. Ich stehe auf und gehe ins Badezimmer, um mir das Gesicht zu waschen und mir die Zähne zu putzen. Mein nächstes Konzert ist morgen Abend in Indiana, und ich bin dankbar für den freien Abend heute. Seit einem halben Jahr bin ich jetzt schon nonstop auf Tour und stand so gut wie jeden Abend auf der Bühne.

Vielleicht kann ich Fall überreden, noch eine Nacht zu bleiben.

Dies könnte für eine Weile meine letzte Chance sein, Zeit mit ihr zu verbringen. Ihre Arbeit als Assistenzärztin nimmt sicher all ihre Zeit in Anspruch. Nichtsdestotrotz bin ich richtig stolz auf sie.

Als ich ins Schlafzimmer zurückkomme, schlüpfe ich in eine Jogginghose und mache mich dann auf die Suche nach Fallon. Das Wohnzimmer ist leer, die Couch, auf der sie geschlafen hat, ist aufgeräumt, die Decken sind zusammengefaltet, und die Kissen liegen ordentlich darauf.

Aber das ist nicht der Grund, warum mir der Atem stockt.

Ihre Sachen sind weg. Der kleine Koffer, den sie bei sich hatte, ist nirgends zu sehen. Ihre Handtasche auch nicht. Ist sie gegangen, ohne sich zu verabschieden?

Nein. Das kann nicht sein. So etwas würde Fall nicht machen. Niemals.

Ich starre auf das Kissen hinunter, auf dem sie geschlafen hat, und fahre mir mit den Händen durchs Haar. Hat sie deshalb darauf bestanden, auf der Couch zu bleiben und mich im Bett schlafen zu lassen? Um unbemerkt verschwinden zu können?

Ich wirbele herum, um mein Handy vom Nachttisch zu holen und sie anzurufen, als mir etwas ins Auge fällt. Mein Name. Auf einen Zettel des Hotelblocks gekritzelt, der mitten auf dem Schreibtisch liegt. Nein, es ist nicht nur ein Blatt, es sind mehrere. Mein Herz beginnt zu hämmern, ein gnadenloser, heftiger Sturm schlägt schmerzhaft gegen meine Rippen. Ich lecke mir die Lippen, und meine Hände zittern, als ich den Zettel vom Schreibtisch nehme.

Erst kann ich mich nicht dazu durchringen, ihn zu lesen.

Sie ist gegangen, ohne sich zu verabschieden. Diese Notiz ist ihr verdammter Abschiedsbrief, und ich kann nicht … Scheiße! Ich habe …

Ich atme zitternd aus und lasse mich auf die Couch sinken, auf der sie letzte Nacht geschlafen hat. Meine Ellbogen graben sich in meine Oberschenkel. Die Blätter sind nass. Voller Tränen. Mein Gott, Fall Girl, was hast du nur getan?!

Ich wische mir über den Mund und beginne zu lesen.

Grey,

heute Morgen stand ich viel zu lange in der Tür zum Schlafzimmer und habe dir beim Schlafen zugeschaut. Ich selbst habe nicht geschlafen. Keine Sekunde. Ich habe gehört, als du eingeschlafen bist, und da begann ich zu weinen. Seit Jahren ist das mit uns beiden ungeklärt. Eine jahrelange Freundschaft, von der niemand etwas wissen durfte. Jahrelange Treffen wie ein Liebespaar, das wir nie sein konnten.

Schon vor Dillons Unfall haben meine Eltern deutlich gemacht, der Ansicht zu sein, dass du Ärger bedeutest und ich mich von dir fernhalten muss. Ich habe es versucht. Irgendwie. Es ist mir nicht besonders gut gelungen. Den ganzen Tag habe ich dich auf dem Schulflur ignoriert, und dann bin ich nach Hause gekommen, habe aus meinem Fenster zu deinem hinübergestarrt und mich gefragt, was du wohl gerade machst. Musik, deine Hausaufgaben oder mit irgendeinem Mädchen herum. Du hast mir wahnsinnig gefehlt.

Nachts habe ich mich in dein Zimmer geschlichen, und wir haben stundenlang geredet, und manchmal schlief ich anschließend neben dir ein. Wenn es warm war, kletterte ich zu dir aufs Dach, und du hast etwas für mich gespielt. Wir haben telefoniert oder uns SMS geschrieben, wann immer wir konnten, und dabei geheime Pseudonyme in unseren Handys benutzt, damit meine Eltern es nicht mitbekamen. Ich habe noch nie mit jemandem so gelacht wie mit dir. Ich habe noch nie jemandem außer dir meine Geheimnisse erzählt. Du warst mein Lieblingsmensch.

Der Einzige in meinem Leben, der mir jemals zugehört hat. Niemanden hat es je interessiert, was in mir vorgeht. Niemanden außer dir.

Wir waren zwei verlorene und einsame Seelen, die einander gefunden haben. Die sich gesehen haben. Die sich verstanden haben. Deine Freundschaft hat mir alles bedeutet. Manchmal kam sie mir vor wie das einzig Wahre in meinem Leben. Das Einzige, das real und nur für mich war.

Dann ereignete sich Dillons Unfall, und alles wurde noch schlimmer. Meine Eltern haben dir die Schuld gegeben. Und du dir selbst auch. Wir konnten nicht nur nicht länger befreundet sein, sondern ich durfte dich nicht mal mehr kennen oder mit dir reden. Deine Freundschaft wurde noch verbotener, als sie es ohnehin schon war.

Das hat mich nicht davon abgehalten, an dir festzuhalten, als du ausgezogen bist, um mit Central Square ein großer Rockstar zu werden, und es hat mich nicht davon abgehalten, an dir festzuhalten, als du danach Solokünstler wurdest. Bis jetzt. Feige wie ich bin, schreibe ich dir nun einen Brief, weil ich nicht den Mut habe, dir irgendetwas davon ins Gesicht zu sagen. Ich wusste, dass ich es nie schaffen würde und es tun muss. Ich muss.

Auch wenn es mir das Herz bricht, muss ich Abschied nehmen. Von dir. Von unserer Freundschaft. Von allem. Gestern Abend hast du mich zum letzten Mal gesehen. Ich werde nicht mehr bei deinen Konzerten auftauchen. Ich werde weder anrufen noch dir SMS schicken. Ich werde nicht mehr zu dir kommen. Es muss so sein. Ich muss einen Schlussstrich ziehen. Mein Herz schützen.

Sei dir immer deines Wertes bewusst. Sei dir immer bewusst, wie unglaublich du bist, nicht nur als Künstler. Du bist der liebste Mensch, den ich kenne. Ich bin so, so stolz auf dich und alles, was du erreicht hast. Du bist für immer in meinem Herzen und für immer mein bester Freund. Auch wenn unsere gemeinsame Zeit so endet. In einem anderen Leben bist du alles, was ich mir jemals wünschen würde.

Pass auf dich auf.

In Liebe

Dein Fall Girl

Das Herz schlägt mir bis zum Hals, und ich balle die Zettel in meiner Faust zusammen. Ich bin fertig. Wütend. Ersticke unter der erdrückenden Last dieses Schlags.

Warum? Warum jetzt? Warum nach all den Jahren?

Ja, das mit uns war unmöglich. Unsere Freundschaft. Unsere Liebe. Alles. Als perfekte Lark-Prinzessin würde sie sich für mich nie gegen ihre Familie stellen.

Das war mir klar. Das habe ich immer gewusst.

Sie hat recht. Wir waren heimlich Freunde. Freunde, die auf dem Telefon des anderen einen falschen Namen hatten, sich aber trotzdem ständig anriefen und SMS schrieben. Freunde, die sich nur nachts trafen. Doch diese Freundschaft war konstant und überall. Eine lebenswichtige Quelle, die mich durch die schwierigsten Momente meines Lebens begleitet hat.

Deshalb habe ich ihr nie gesagt, wie sehr ich sie liebe. Wie sehr ich schon immer in sie verliebt war. Wir hatten keine Chance, und ich habe mein Herz vor dieser Zurückweisung geschützt. Aber das hat mich nicht von ihr ferngehalten.

Und sie nicht von mir.

Für sie war es Freundschaft. Für mich war es immer etwas anderes. Vor allem, als wir älter wurden, mit all diesen gestohlenen Momenten.

Wieso macht sie das? Das hätte sie nicht tun müssen, verdammt noch mal!

»Was soll das, Fallon?!«, sage ich laut, mit heiserer Stimme. In einem anderen Leben bist du alles, was ich mir jemals wünschen würde. »Verdammt! Nein!«

Warum kann es nicht dieses Leben sein? Warum können wir uns nicht haben? Warum können wir nicht zusammen sein?

Ich kann sie nicht verlieren. Ich liebe sie, und ich habe bereits so viel verloren. Nein. Das wird nicht passieren.

Ich springe von der Couch, haste ins Schlafzimmer und schlüpfe in ein Shirt und Turnschuhe. Stopfe mir Portemonnaie und Handy in die Taschen meiner Jogginghose und renne dann aus der Tür, in den Aufzug und auf die Straße, wo ich in den Wagen des Hotels springe.

Die Fahrt zum Flughafen durch den Verkehr von Chicago dauert ewig, und ich drehe fast durch. Ich bin unruhig. Nervös. Da ich irgendetwas tun muss, anstatt stillzusitzen und mich in Geduld zu üben, rufe ich sie auf dem Handy an, aber es geht sofort die Mailbox dran, und ich lege auf. Ich kann keine Nachricht hinterlassen. Ich kann das nicht telefonisch erledigen. Ich muss sie finden, und ich muss es ihr sagen.

All die Jahre der Liebe und Sehnsucht nach ihr.

Nach einer Ewigkeit erreichen wir den Flughafen, und dann stehe ich in der Schlange und weiche den neugierigen Blicken der Leute aus, die sich fragen, was ich hier mache oder ob ich es wirklich bin. Einer der ewigen Nachteile des Berühmtseins besteht darin, ständig erkannt zu werden, und im Augenblick habe ich überhaupt keine Lust darauf.

Ich möchte nur ihren Flieger erreichen. Ich möchte nur mein Mädchen zurückbekommen.

Als ich endlich am Schalter stehe, erfahre ich, dass ich ihren Flug verpasst habe. »Der nächste Flug nach Miami geht in drei Stunden«, sagt die Frau hinter dem Schalter zu mir.

»Ich kann keine drei Stunden warten. Gibt es eine andere Fluggesellschaft?«

»Lassen Sie mich nachsehen.«

Klick, klick, klick, ihre Nägel auf der Tastatur treiben meine ohnehin schon angespannten Nerven bis zum Äußersten. »Ja, es gibt einen Flug, der in einer halben Stunde geht.«

»Buchen Sie den für mich.«

»Aber Sie werden nicht genug Zeit haben, um –«

»Buchen. Sie. Den. Für. Mich. Bitte«, füge ich hinzu.

Sie macht ein finsteres Gesicht angesichts meines unfreundlichen Tonfalls und meiner unfreundlichen Art, tut aber, was ich verlange. Noch mehr Klicken, dann gebe ich ihr meine schwarze Amex und meinen Führerschein, und eine Minute später überreicht sie mir ein Ticket für die erste Klasse. Ich habe sie nicht einmal darum gebeten. Ich hätte alles getan, um in dieser Maschine mitfliegen zu können.

»Danke.«

»Sie müssen sich beeilen.«

»Das habe ich vor.«

Und das tue ich. Ich rase durch die Sicherheitskontrolle und entschuldige mich bei jeder Person in der PreCheck-Schlange, an der ich mich einfach vorbeidrängele. Da ich nichts bei mir habe, komme ich schnell durch, und dann renne ich so schnell ich kann durch den Flughafen, bis ich endlich schwitzend, keuchend und mit brennender Lunge das Gate erreiche.

Ich schaffe es gerade noch ins Flugzeug, lasse mich in den Ledersitz sinken und schließe die Augen. Meine Gedanken schweifen ab und lassen alles von letzter Nacht noch einmal Revue passieren. Alles, worüber wir gesprochen haben. Ich kann mir keinen Reim darauf machen. Abgesehen davon, dass sie mir nicht körperlich nahekommen wollte, kann ich keinen Moment ausmachen, in dem ich das Gefühl hatte, dass etwas nicht stimmte oder dies ein Abschiedsbesuch war.

Sie hat mit mir gelacht. Sie hat gelächelt. Wir haben uns berührt, geflirtet, geredet. Verdammt, wir haben über alles Mögliche geredet! So wie immer.

Keinen Sex zu haben, war enttäuschend, aber nicht ungewöhnlich.

Bei all den Treffen über all die Jahre haben wir nicht jedes Mal miteinander geschlafen. Manchmal war sie einfach da, hielt mich fest und hielt mich zusammen, wenn mein Leben auseinanderfiel. Sex war immer ein Nebenprodukt unserer Freundschaft. Unserer Zusammengehörigkeit und Verbundenheit.

Ihr Brief zerknittert in meiner Hand, die scharfen Kanten des Papiers graben sich in meine Faust. Ich seufze und fahre mir mit meiner ruhelosen Hand durch die Haare, während ich aus dem Fenster ins Leere starre. Interessierte Flugbegleiterinnen bieten mir Essen und Getränke an, und ich lehne alles ab.

Ich bin zu aufgeregt. Zu nah dran, den Verstand zu verlieren.

Warum? Das ist das Einzige, was ich nicht verstehe. Das Einzige, was in dem Brief nicht erklärt wurde.

Ich falte ihn auseinander, lese ihn immer wieder durch und analysiere ihn. Lerne ihn auswendig. Präge mir jedes Wort und jeden Buchstaben ganz genau ein.

Was werde ich tun, wenn sie mich abweist?

Wenn sie mich mit Mitleid und Reue im Blick ansieht und mir sagt, dass wir niemals zusammen sein können?

Als wir schließlich über Miami mit dem Sinkflug beginnen, habe ich das Gefühl, ich würde mit uns untergehen. Ich habe im Kopf hundert Reden formuliert. Verdammt, ich würde nach Miami ziehen, wenn ich müsste! Aber als ich aus dem Flugzeug steige, den Flughafen verlasse und in die blendend heiße Sonne und feuchte Schwüle hinaustrete, weiß ich insgeheim, dass das keinen Unterschied machen wird.

Ich schalte mein Handy ein, starre auf das Display hinunter und überlege.

Es wäre nicht schwierig, sie hier zu finden. Dafür bräuchte ich höchstens ein paar Telefonate.

Mein Magen verkrampft sich schmerzhaft, meine Brust fühlt sich an wie in einem Schraubstock gefangen. Ich steige in ein Taxi und sage dem Fahrer, er solle mich zum Strand bringen. Er erkennt mich und unterhält sich sofort mit mir über meine Musik und tausend andere Dinge, die ich nur halb mitbekomme.

Mein Herz ist zu ungeschützt, und ich ziehe den Kopf ein, um zu Atem zu kommen. Ich habe alles zurückgelassen und spontan den nächsten Flieger genommen, und wofür? Damit mir in Live Action das Herz gebrochen wird, anstatt ungestört und allein? Damit ich Antworten verlangen kann, die den Ausgang unserer Geschichte nicht ändern, und zusehen kann, wie sie zusammenbricht?

Ich weiß, dass es ihr wehtut. Ich habe ihre Tränen gesehen.

Das war nicht einfach für sie, was es umso nachhaltiger macht.

Der Taxifahrer setzt mich vor einem Nobelhotel ab, das ich nie betrete. Stattdessen gehe ich zum Strand und schaue auf das unruhige Wasser und die Wellen hinaus, die zu meinem Inneren passen. Lasse mich auf den glühend heißen Sand sinken, schwitze und starre auf das endlose Meer hinaus.

Ihre Ausbildung, ihr Leben, ihre Zukunft, alles ist für sie geplant. Bei ihrer Familie ist alles eine Strategie. Eine Gleichung, in die ich nie hineinpasse. Sie hassen mich. Sie hassen meine Familie.

Sie wird sich nicht für mich entscheiden, und ich kann sie nicht bitten, mich ihnen vorzuziehen. Ich weiß bereits, dass sie es nicht tun wird.

Das ist unsere Wirklichkeit.

Wenn ich sie liebe, muss ich sie gehen lassen. Ich bin nicht der, den sie braucht. Ich bin nicht der, den irgendjemand braucht. Ein beschissener Bad-Boy-Rockstar für eine perfekte Prinzessin. Ich verdiene sie nicht, und ich würde sie bloß ruinieren. Hat Dillon das nicht an jenem Abend vor so langer Zeit zu mir gesagt, als ich ihm alles gestanden habe?

In einem anderen Leben bist du alles, was ich mir jemals wünschen würde.

In einem anderen Leben. Nur nicht in diesem.

Anstatt sie aufzuspüren, bleibe ich also hier sitzen. Trauere. Gehe kaputt. Und als ich meinen elenden, armseligen Hintern aus dem Sand hieve und zum Flughafen zurückfahre, gelobe ich, ihr das Leben zu ermöglichen, das sie haben soll. Auch wenn es nicht an meiner Seite ist.

1

Greyson

Drei Jahre später

»Kann ich ein Autogramm haben?«, fragt die Kellnerin, die die oberen beiden Knöpfe ihrer Uniform geöffnet hat, nachdem sie mich und meinen älteren Bruder erkannt hatte. Ihr Lächeln sagt mir, dass sie mir alles geben würde, einschließlich ihres Körpers, wenn wir wollten.

»Klar«, sage ich mit einem schmalen Lächeln, stelle verstimmt meine Kaffeetasse ab und werfe einen sehnsüchtigen Blick auf mein Frühstück. Ich bin am Verhungern, weil ich um fünf Uhr aufgewacht bin und gehofft hatte, heute früh einen Song schreiben zu können. Wie an jedem anderen Morgen dieser Woche habe ich es versucht, aber mir ist nichts eingefallen. Das passiert mir zum ersten Mal, und es belastet mich.

»Großartig!« Sie springt auf und ab und schreit dabei förmlich. »Du bist mein absoluter Lieblingskünstler. Ich habe alle deine Alben, auch die von Central Square.« Sie lacht und klimpert mit den Wimpern. »Was wohl bedeutet, dass ich auch deine Alben habe.« Sie zeigt mit ihrem Stift auf meinen Bruder Zax.

»Vielen Dank dafür«, sage ich und meine es auch so. Hungrig oder nicht, ein Fan ist ein Fan, und ich liebe meine Fans! »Das ist sehr nett von dir.« Ich nehme den Stift aus ihrer ausgestreckten Hand. »Wo soll ich unterschreiben?«

»Auf jeden Fall auf meinem Dekolleté, damit ich es später meinem Freund zeigen kann, und dann …« Sie schaut sich suchend um, als würde sich vor ihren Augen gleich etwas materialisieren. »Ich schätze, einfach auf meinem Block hier?«

»Ähm.« Ich urteile nicht über ihren Wunsch, dass ich ihre Titten für ihren Freund signiere – das ist ihre Sache –, doch wir sind hier in einem öffentlichen Restaurant, nicht auf einer Afterparty oder in einem Club. »Bist du dir da sicher?«

»Auf jeden Fall«, ruft sie und nickt nachdrücklich mit dem Kopf.

Ich zucke mit den Schultern und tue, was die Dame verlangt, bevor ich ihr den Stift zurückgebe.

Sie beäugt mein Werk. »Vielen Dank. Das ist großartig. Es erinnert mich an dieses eine Mal, als ich zu …«

»Wir würden jetzt gern frühstücken«, mischt sich Zax mit einem schroffen, aber irgendwie gleichzeitig höflichen Tonfall ein.

»Oh.« Sie errötet. »Natürlich. Klar. Lasst es euch schmecken.« Sie schüttelt selbstironisch den Kopf und macht sich dann davon.

»Danke«, sage ich zu Zax, widme mich endlich meinem Omelett und schiebe mir ein Stück in den Mund, wobei ich ein zufriedenes Stöhnen unterdrücke. Mein Magen hätte eine Revolution angezettelt, wenn ich nicht in den nächsten zehn Sekunden etwas zu essen bekommen hätte.

»Du musst härter zu ihnen sein, sonst halten sie dich für eine leichte Beute und beschlagnahmen dich komplett.«

Ich nicke kauend. »Ich weiß«, murmele ich mit dem Mund voll Ei, Spinat und Speck, ehe ich das Ganze mit einem Schluck Kaffee herunterspüle. »Aber ich bin nicht gut darin. Suzie hat mir immer gesagt, dass Fans eben Fans sind und man ohne sie nichts ist – was stimmt – und dass sich das Gerücht, du wärst ein Arsch, schneller verbreitet als Chlamydien auf einer Verbindungsparty, wenn man anfängt, sie abzuwerten oder ihnen das Gefühl zu geben, unwichtig zu sein.«

Zax verschluckt sich an seinem Ei. »Musst du beim Essen über Chlamydien reden?«

Ich werfe ihm einen belustigten Blick zu und konzentriere mich dann wieder auf mein Omelett.

»Weißt du, wenn du eine feste Freundin hättest, würden sich die Frauen mehr zurückhalten.«

Ich lache, weil das wirklich lustig ist. »Du weißt, dass das nicht stimmt. Du warst auch mal ein Rockstar, und die Frauen sind dir nachgelaufen, obwohl du damals mit Suzie zusammen warst. Nach ihrem Tod wurde es noch schlimmer, während du getrauert hast. Den Frauen, die einen Rockstar ficken wollen, nur um einen Rockstar zu ficken, ist es egal, ob du oder sie bereits vergeben sind. Diese Kellnerin hat mich gerade ihre Titten signieren lassen, und sie hat einen Freund. Außerdem gibt es da draußen niemanden, mit dem ich gern ausgehen würde.«

»Bist du dir da sicher?«

»Worüber jetzt genau?«, erwidere ich.

Er verdreht die Augen.

»Ja, da bin ich mir sicher. Was ist hier los? Nur weil du wieder jemanden gefunden hast, musst du nun dafür sorgen, dass es dem Rest von uns genauso geht? Monogamie passt im Moment nicht zu meinem Lebensstil«, sage ich zu meinem Bruder und beiße in meinen Toast. »Ich habe mein bisher erfolgreichstes Album herausgebracht. Eden Dawson, meine Produzentin, und Lyric Rose, die Geschäftsführerin meiner Plattenfirma, sagten mir, es sei auch mein bisher bestes Album. Ich muss da dranbleiben und das nächste Album noch besser machen.« Ich unterdrücke die aufkommende Panik, die sich bei diesem Gedanken in mir breitmacht. »Ich muss auf Tour gehen, um für meine Musik zu werben, was bedeutet, dass ich ständig wochen- oder gar monatelang unterwegs bin. Da passt Dating nicht gut rein. Unter den gegebenen Umständen verbringe ich zu viel Zeit damit, mich anbaggern zu lassen, nur weil ich Greyson Monroe bin. Das ist nicht das, was ich mir von einer Frau wünsche, und bis ich die Richtige treffe, lasse ich das mit dem Dating einfach ganz sein.«

Zax lacht. Ein echtes Lachen, was bei Zax viel heißt. Er hat Suzie verloren, seine Freundin, die Frau, der er einen Heiratsantrag machen wollte. Sie hat unter der Dusche einen Schlaganfall erlitten. Mit zweiundzwanzig. Es war tragisch und herzzerreißend. Ihr Verlust, besonders die Art und Weise, wie es passiert ist, hat ihn über acht Jahre lang zerstört. Schließlich hat er die Position unseres Vaters als CEO von Monroe Fashion, dem Luxusmodelabel unserer Familie, übernommen, nachdem unser beschissener Vater ein paar skrupellose Dinge getan hatte. Letztes Jahr wurde unsere Ex-Stiefschwester Aurelia seine Designpraktikantin, und nach jeder Menge Drama haben sich die beiden ineinander verliebt. Und jetzt lächelt und lacht er plötzlich wieder so viel und bringt auch mich damit zum Lächeln und Lachen.

Bevor Aurelia in sein Leben trat, war er immer mies drauf.

Suzie war wie eine große Schwester für mich. Wir standen uns so unglaublich nahe. Unsere Band Central Square war unser gemeinsames Baby. Der Traum, den wir beide teilten, sie, unsere Managerin, und ich, der Frontmann.

»Abgesehen davon, dass wir beide wissen, dass es da draußen bereits die perfekte Frau für dich gibt.«

Und plötzlich bricht die Welt um mich herum zusammen.

»Du könntest sie ausfindig machen«, fährt er beiläufig fort, als würde er mich damit nicht total aufwühlen.

»Fick dich!«, knurre ich, während sich meine Hand um das Messer verkrampft. Er weiß, dass er mir so lieber nicht mit ihr kommen sollte. Es ist eine Sache, wenn unser Freund und ehemaliger Bandkollege Asher Witze macht, aber Zax? Nein. Nicht cool.

Er nippt lässig an seinem Kaffee. »Ich meine es ernst.«

Ich starre ihn extraböse an, damit er genau weiß, was für ein Idiot er ist – eine zwölf auf einer Skala von eins bis zehn, falls ihr es genau wissen wollt. »Kann ich nicht. Du weißt, dass ich es nicht kann.« Ich habe mich Hunderte Male gezwungen, es nicht zu tun. Es gibt für mich nichts zu gewinnen, wenn ich es tue. Es ändert sich nichts, außer dass alte Wunden wieder aufgerissen werden. Nein danke. Am liebsten würde ich ihnen für den Rest meines Lebens aus dem Weg gehen.

Zax’ Blick wandert nachdenklich über meine Schulter hinweg zum Ausgang des Restaurants. Aber für mich gibt es nichts zu überlegen. Nicht, was sie betrifft. Meine beste Freundin oder wohl eher meine ehemalige beste Freundin. Sie ist eine Obsession, die ich in den fünfzehn Jahren, seit ich sie zum ersten Mal gesehen habe, nicht loswerden konnte.

Doch als ich sie zum letzten Mal gesehen habe …

»Wo wohnt sie jetzt?«

»Fick dich!«, wiederhole ich, ohne mir die Mühe zu machen, meine Stimme zu senken. Wir erregen Aufmerksamkeit, da bin ich mir sicher, aber im Moment ist es mir egal. »Hör auf, Zax. Ich mache keine Witze darüber. Nicht über sie, Bruder.«

Die Frau, die mir niemals gehören wird. Und das weiß er genau.

Er seufzt. Dann steht er auf und wischt sich mit der Serviette den Mund ab, bevor er sie auf seinen halb geleerten Teller fallen lässt. »Ich muss telefonieren. Und dann muss ich wahrscheinlich los. Also …« Sein Blick richtet sich wieder auf den Ausgang. »Ja. Wir sehen uns. Ruf mich an. Ich bin für dich da, und ich liebe dich. Vergiss das nicht.«

Ich runzele die Stirn und sehe mit einem Was soll das?-Gesichtsausdruck zu, wie mein Bruder aus dem Restaurant spaziert und mich allein hier sitzen lässt, nachdem er mir kurz auf die Schulter geklopft hat. Aber es dauert keine zwei Sekunden, bis mir klar wird, warum er das getan hat.

Am Nachbartisch nimmt eine Frau Platz. Ich starre sie an. Bekomme plötzlich keine Luft mehr. Meine Lunge ist leer. Mein Verstand ist wie benebelt. Mein Herz rast …

Dann atme ich aus. Gleichmäßig und langsam. Wärme durchströmt mich langsam wie eine Droge, und ich muss grinsen.

Ich habe sie seit drei Jahren nicht mehr gesehen, seit der Nacht, als sie zu meinem Konzert in Chicago kam. Damals haben wir die ganze Nacht nur geredet, weil sie mir gesagt hat, es könne nicht mehr passieren, und nach diesem Gespräch hat die Frau, die ich für meine beste Freundin hielt, die Person, der ich all meine dunkelsten Geheimnisse erzählte, die mich in- und auswendig kannte, in die ich wahnsinnig, verstörend, unheilbar verliebt war, mir einen Abschiedsbrief hinterlassen.

Doch jetzt ist sie hier, zu Hause in Boston, und sitzt mir in irgendeinem beliebigen Café gegenüber.

Ohne zu zögern, stehe ich auf, lege etwas Bargeld auf den Tisch und lasse mich dann direkt neben ihr auf die Bank fallen.

Sie zuckt zusammen, ihr Kopf fährt herum, offensichtlich schockiert über den dreisten Fremden, der sich einfach neben sie setzt, bis sie mich schließlich erkennt. Ihre lilafarbenen Augen – die schönsten Augen der Welt – werden groß wie Untertassen, ihre rosa glänzenden Lippen öffnen sich in einem überraschten Atemzug. Ihre Haare, die viel kürzer sind als vor drei Jahren, fließen ihr wie schwarze Tinte über die Schultern.

»Hi«, sage ich. »Ist hier noch frei?«

»Greyson.«

»Fallon«, entgegne ich und mache mich damit darüber lustig, wie sie meinen Namen gesagt hat. Wir haben uns noch nie bei unseren vollständigen Namen angesprochen. »Was für eine Überraschung, dich hier zu sehen! Dabei frühstückst du doch gar nicht gern.«

Sie schluckt hörbar. »Ich … inzwischen schon.«

»Wirklich?«

Sie lacht, und ihr Blick fällt kurz auf mich, ehe sie ihn durch das Restaurant wandern lässt. »Nein. Eigentlich nicht. Eier sind so schleimig, und bei Pancakes habe ich immer das Gefühl, als würde ich ein mit Zucker übergossenes Brot essen. Das einzig Gute am Frühstück ist Speck. Und Toast. Aber das muss unser kleines Geheimnis bleiben.«

»Darin sind wir gut«, sage ich und stupse sie an. »Kleine Geheimnisse zu haben. Und sogar einige größere. Es ist ewig her, Fall. Geht es dir gut? Also mir schon«, sage ich zu ihr, denn das war schon immer unser Ding. »Du siehst wunderschön aus.«

Ihre Augen funkeln, und ein Lächeln spielt um ihre Lippen, während wir in unsere alten Gewohnheiten zurückfallen. »Mir geht es gut. Und dir, Grey? Jedenfalls siehst du blendend aus, wie eh und je.«

Ich zwinkere ihr zu und nehme ihre Hand von ihrem Schoß, wobei ich versuche, nicht daran zu denken, wie glatt und weich sie sich anfühlt, und lege sie zwischen uns auf die Bank. Dann hake ich unsere kleinen Finger ineinander.

»Seit wann bist du in der Stadt?«

Diese Frage löst in ihr etwas Unerwartetes aus, und plötzlich starrt sie mich so eingehend an, dass ich all die violetten und lavendelfarbenen Flecken und sogar einen Hauch von Blau in ihren Augen sehen kann. Es schmerzt mich, dass ich sie so lange nicht gesehen habe. Ich drücke ihren Finger, aber ich spüre ihren Widerstand, ihren Drang, sich zurückzuziehen.

Sie blinzelt und blinzelt dann noch einmal. Und in diesem Blinzeln erkenne ich, dass sie mir etwas verheimlicht hat, und es tut weh. Sogar sehr weh.

»Ich … ähm.« Sie leckt sich die Lippen, ihr Kopf neigt sich leicht, ihre Stimme ist angespannt vor echtem Bedauern. »Ich war immer hier, Grey.«

»Hier?«

Sie sackt noch mehr in sich zusammen und sagt: »In Boston.«

»Seit wann, Fall Girl?«

Ihr kleiner Finger klammert sich an meinen, während ihr Blick auf das leere Gedeck vor ihr fällt. »Seit ich mein Medizinstudium abgeschlossen habe.«

Der Schlag geht direkt in die Magengrube. Mir gefriert das Blut in den Adern. »Wow!«

»Ich weiß.«

»Wirklich, Baby? Du hast mir erzählt, du würdest deine Facharztausbildung in Miami machen. Du hast mich angelogen.«

»Ja. Stimmt«, gibt sie zu. Scham zeichnet sich auf ihrem Gesicht ab, auch wenn sie sich dabei ganz leicht an mich lehnt und wir jetzt Schulter an Schulter sitzen. »Ich habe meine Facharztausbildung am Boston Children’s Hospital und bei Hughes Healthcare gemacht.«

»Großer Gott!« Ich fahre mir mit der freien Hand über das Gesicht. »Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Die ganze Zeit? Warum? Warum hast du es mir nicht gesagt?«

Ihre Stimme spiegelt Verletzlichkeit und Bestürzung wider, als sie sagt: »Es tut mir leid. Ich habe mich für die Lüge gehasst, und ich habe mich dafür gehasst, dass ich wieder zurück in Boston war und es dir nicht erzählt habe, vor allem, wenn ich wusste, dass du hier bist.« Ihr Blick wandert wieder zu meinen Augen hoch. »Es hat verdammt wehgetan. Dich nicht zu sehen, es dir nicht zu sagen, dir so etwas vorzuenthalten. Aber ich hatte keine andere Wahl, Grey.«

»Du hättest mir die Wahrheit sagen können.«

»Nein, hätte ich nicht«, beharrt sie, doch ihre Entschlossenheit bröckelt vor mir zusammen. Plötzlich sieht sie abgekämpft und erschöpft aus. Sie lässt sich gegen mich sacken und legt den Kopf auf meine Schulter. Scheiß drauf, ob gerade jemand Fotos macht oder nicht! Sie drückt erneut meinen kleinen Finger, legt den Kopf schief und starrt mich reumütig an. »Wenn du gewusst hättest, dass ich hier bin, hätten wir uns gesehen. Aber das hätte ich nicht gekonnt. Es war schwer genug für mich, mich zurückzuhalten.« Sie schluckt schwer, und dann landet ihr Blick auf unseren miteinander verhakten kleinen Fingern. »Ich habe es dir gesagt, als ich dich das letzte Mal gesehen habe …«

»Nein, du hast mir einen Brief hinterlassen, in dem kein Grund stand«, widerspreche ich. »Ich bin in diesem Hotelzimmer aufgewacht und habe festgestellt, dass die Couch, auf der du hättest schlafen sollen, leer war. Alles, was ich vorfand, war deine Nachricht auf dem Hotelblock.«

Irgendwann habe ich diesen Abschiedsbrief verbrannt, weil es geradezu selbstzerstörerisch war, ihn immer wieder zu lesen. Nicht, dass ich den eigentlichen Brief brauchte. Ich habe ihn auswendig gelernt. Jeden Buchstaben eines jeden mit Tinte geschriebenen Wortes genauestens studiert.

Ich bin ihr nachgeflogen. Das weiß sie nicht einmal. Ich bin in den Flieger nach Miami gestiegen, wo sie noch nicht einmal war. Scheiße! Einfach scheiße!

»Ich bin verlobt«, platzt sie heraus und richtet sich wieder auf.

Ich starre sie an und glaube, mich verhört zu haben. »Verlobt? Seit wann?«

»Seit zwei Wochen. Diese Woche geben wir es öffentlich bekannt. Wir haben aus politischen Gründen gewartet, da die Zwischenwahlen bevorstehen und unsere beiden Väter für die Wiederwahl zum Senator kandidieren.« Sie stößt einen traurigen Seufzer aus. »Ich hätte es dir sagen sollen, ich weiß. Ich habe so oft darüber nachgedacht, aber ich …«

Sie verstummt, als sich die Tür zum Restaurant öffnet und ein Typ hereinkommt, dem seine adlige Abstammung schon von Weitem anzusehen ist. Seine blauen Augen funkeln, sein kurzes blondes Haar ist perfekt frisiert, und sein Monroe-Anzug – der in mir von sofort den Wunsch weckt, ihn umzubringen, da es die Marke meiner Familie ist – ist maßgeschneidert. Sein Blick wandert durch das Restaurant und findet Fallon nicht sofort, aber ich weiß, dass er nach ihr sucht.

Ich weiß es mit der gleichen Gewissheit, mit der ich jedes Lied, das ich einmal gehört habe, ohne Noten spielen kann.

»Mit ihm?« Ich zeige ungläubig auf ihn. Fallons andere Hand umfasst meine und legt sie zurück auf meinen Schoß. Ich nehme ihre Hand, halte sie fest und berühre den Ring an ihrem Finger. Mein Magen fühlt sich an wie mit Blei gefüllt. Es ist ein großer Diamant, das muss ich dem Arschloch lassen.

»Ja. Grey … ich …«

Schließlich sieht er Fallon, und bei dem Lächeln, das sich auf seinem Gesicht ausbreitet, verkrampft sich mein kompletter Kiefer. Warum hat Zax mich nicht hier rausgeschleppt, als er sie hereinkommen sah? Warum hat er mich nicht davor gerettet? Ich sollte – könnte – aufstehen und gehen. Einfach nur raus aus diesem verdammten Restaurant, aber ich kann meine Beine nicht bewegen. Sie ist verlobt? Wie zum Teufel ist das passiert?

Sie wird diesen Typen heiraten? Seine Frau werden? Nein, das kann nicht sein.

»Bacchus«, murmelt sie, lässt meine beiden Hände los und steht auf.

Ich stoße ein ersticktes Lachen aus. Bacchus? Ernsthaft?!

»Dumpling!«

»Dumpling?«, wiederhole ich, und sie tritt mir unter dem Tisch gegen das Schienbein, bevor sie auf ihn zugeht, ihn mit einem Kuss auf die Wange begrüßt – nicht auf die Lippen, wie ich bemerke – und sich dann wieder neben mich setzt.

»Und wer ist das?«, fragt er, setzt sich auf den Stuhl uns gegenüber und legt sich die Serviette in den Schoß. Er beäugt mich mit einem Blick, den ich nur allzu gut kenne. Einem, der mir sagt, dass er genau weiß, wer ich bin, und dass es ihm kein bisschen gefällt.

»Greyson, das ist mein Verlobter, Bacchus Hastings Astley IV. Bacchus, das ist Greyson Monroe –«

»Das Original«, unterbreche ich sie. Fallon entfährt ein leises Lachen, aber sie unterdrückt es schnell. Bacchus Astley. Sohn eines Senators. Natürlich. Ich strecke die Hand aus, und er ergreift sie, doch sie fühlt sich schlaff an im Vergleich zu dem Todesgriff, mit dem ich zudrücke. Ich lächle. Es ist kein freundliches Lächeln. Er erwidert es, und wir schauen uns kurz an, wie Männer das so machen, wenn sie einander abschätzen.

Er lässt zuerst meine Hand los, und ich gewinne, obwohl es hier für mich keinen Sieg zu erringen gibt.

»Schön, Sie kennenzulernen, Greyson. Fallon hat Sie noch nie erwähnt. Wie lange kennt ihr euch bereits, denn ich nehme an, ihr habt euch nicht erst gerade eben kennengelernt?«

»Komisch. Sie hat Sie mir gegenüber auch nie erwähnt.«

Er gibt einen unzufriedenen Laut von sich, und Fallon kneift mir in den Oberschenkel.

Ich wechsele das Thema. »Ich kann mir vorstellen, dass sie Ihnen nichts von mir erzählt hat. Ihre Familie mag mich nicht besonders. Fallon und ich waren mal Nachbarn. Ich war vor dem Unfall mit ihrem Bruder Dillon befreundet.«

Fallon bewegt sich neben mir, ihr Fuß berührt meinen. Sie hasst es, wenn ich mir selbst die Schuld an Dillons Unfall gebe. Ich möchte meinen Arm um ihre Schulter legen oder wieder ihre Hand nehmen, doch ich halte mich zurück. Gerade so.

»Wie lange seid ihr beide schon zusammen?« Ich wende mich ihm zu, bin mir aber ziemlich sicher, dass ich die Antwort bereits kenne. Ich habe nie nach ihr gesucht, denn ich hatte nie den Mut dazu. Nun kommt es mir allerdings dumm vor.

»Drei Jahre«, sagt er hochmütig zu mir, und ja, jetzt fügt sich alles zusammen.

»Interessant. Vor genau drei Jahren habe ich sie das letzte Mal gesehen.« Noch ein Kniff in den Oberschenkel, diesmal härter, und ja, das hätte ich wahrscheinlich nicht sagen sollen. Vor allem da ihre Familie nicht wissen darf, dass wir in Kontakt geblieben sind, nachdem ich als Teenager zu Hause ausgezogen bin.

»Hmmm«, macht er und mustert mich, indem er den Kopf neigt und die Augen zusammenkneift. Nach einer Pause verziehen sich seine Lippen zu einem selbstgefälligen Lächeln, und er schnippt auf diese »Aha«-Art mit den Fingern, als wäre ihm gerade erst klar geworden, wer ich bin. So ein Arschloch! »Sie waren in dieser Rockband, oder? Die, die sich vor all den Jahren auflöste, nachdem dieses Mädchen gestorben war.« Fallon versteift sich neben mir bei der Erwähnung von Suzies Tod, aber ihr Dreckskerl-Verlobter merkt es nicht, bevor er mit der Frage fortfährt: »Wie hieß sie noch mal … Harvard Square?«

»Central Square«, korrigiert sie ihn für mich.

Er sieht sie scharf an. »Bist du etwa ein Fan von ihm?«

»Das weißt du doch genau, Bacchus. Ich habe sein Band-Shirt in meinem Schrank und seine Musik auf meinem Handy. Du warst schon mehrmals dabei, als ich sie gehört habe.«

Das verschafft mir mehr Befriedigung, als es sollte.

»Ah, nun weiß ich auch, warum.«

»Das ist gute Musik«, mische ich mich ein, um sie aus der Schusslinie zu nehmen. »Sie sollten auch mal reinhören. Jetzt spiele ich als Solokünstler. Was machen Sie?«

Er strafft die Schultern und legt die Fingerkuppen aneinander. »Ich bin Partner in einer Anwaltskanzlei, aber eines Tages hoffe ich, in die Fußstapfen meines Vaters treten und für ein Amt kandidieren zu können.«

Ich grinse. »Natürlich. Die Larks hätten ihre Tochter mit niemand anderem zusammengebracht.«

»Woher wissen Sie, dass sie uns zusammengebracht haben?«

»Greyson«, zischt Fallon leise, und ich muss damit aufhören, ehe es noch böse für sie endet.

»Das war nur geraten, aber wie klein ist bitte die Welt, dass ich hier auf Fallon stoße.« Ich drehe mich um und sehe sie an. Will weiterhin wütend und feindselig sein, doch das ist unmöglich. Ich kenne Fallon. Und zwar so viel besser, als dieser Idiot es tut oder jemals tun wird. Ich weiß, warum sie mir nicht gesagt hat, dass sie hier ihre Facharztausbildung macht, und ich weiß, warum sie mit diesem Kerl verlobt ist.

Ich will sie fragen, ob sie ihn wirklich liebt. Ob er der Richtige für sie ist und ob sie glücklich ist. Wenn sie glücklich ist, dann wäre es zumindest leichter zu schlucken. Ich habe mir immer geschworen, dass ich nicht ein weiterer Mensch in ihrem Leben sein würde, der etwas von ihr verlangt. Vor allem Dinge, von denen ich weiß, dass sie sie mir nicht geben kann.

Wie sich selbst. Ihre Zeit. Ihr Herz.

Und jetzt … jetzt wird sie ihn heiraten, und ich kann nichts dagegen tun. Egal wie sehr sich der Gedanke anfühlt, als würde jemand mit einem gezackten Messer auf mich einstechen und es in meiner Brust herumdrehen. Ich muss mich schützen. Sie hat es versucht, und nun, wo ich diesen Kerl ansehe, bin ich bloß noch ein einziges Wrack.

Nichts, womit ich gut umgehen kann, also tue ich das, was ich am besten kann, und mache dicht. Nur funktioniert es dieses Mal nicht. Dieses Gefühl. Es weigert sich, weggewischt oder weggesperrt zu werden. Es ist ein zwanzig Tonnen schwerer Felsbrocken auf meiner Brust, der meine Atmung einschränkt und dafür sorgt, dass alles höllisch wehtut.

Ich räuspere mich. »Also, dann lasse ich euch mal in Ruhe frühstücken.« Ich stehe auf, und ihr Blick folgt mir und sagt mir so viele Dinge. Dinge wie Es tut mir leid und Es tut weh und Du fehlst mir und Ich wünschte, es wäre anders gelaufen. »Pass auf dich auf, Fall.« Ich wende mich an ihren Verlobten, der uns aufmerksam beobachtet. »Schön, Sie kennengelernt zu haben, Mann.«

Ich klopfe ihm auf die Schulter und gehe zum Ausgang, spüre mein Herz überall, auch in meinen Füßen, wo es meine Schritte schwer macht. Plötzlich bleibe ich stehen, blinzele in die Sonnenstrahlen, die durch die Glastür fallen, und denke nach. Bevor ich es mir ausreden kann, ziehe ich mein kleines Notizbuch und den Stift, mit denen ich gelegentlich Songtexte aufschreibe, aus der Gesäßtasche meiner Hose und kritzele eine kurze Nachricht nieder. Dann reiße ich das Blatt heraus, falte es in Viertel und verberge es in meiner Handfläche.

Eine weitere Chance werde ich nicht bekommen. Also sollte ich sie nutzen. Sie hat mir eine Nachricht hinterlassen, und nun revanchiere ich mich. Obwohl meine ganz anders ist als ihre.

Als ich mich wieder umdrehe, merke ich, dass sie mich immer noch beobachtet, während sie mit ihm spricht. Ich lächle, denn sie raubt mir einfach den Atem, und anschließend kehre ich zu ihrem Tisch zurück. »Wie unhöflich von mir! Ich habe vergessen, dir zu deiner Verlobung zu gratulieren. Ich hoffe, du bist so glücklich, wie du aussiehst.«

Ich beuge mich vor und drücke ihr meine Lippen auf die Wange, während ich gleichzeitig ihre Hand ergreife und ihr das gefaltete Stück Papier zustecke. Sie nimmt es entgegen und zieht fragend die Brauen zusammen. Ihr stockt der Atem. Ihre Hand schließt sich um den Zettel, und ich lasse sie los.

Verlasse das Restaurant.

Diesmal drehe ich mich nicht noch einmal um. Meine Nachricht wurde zugestellt. Jetzt weiß sie es, und ich fühle mich besser, weil es so ist. Nach unserer heutigen Begegnung werde ich sie nie wiedersehen, da bin ich mir sicher.

2

Fallon

Ein halbes Jahr später

»Just hear those sleigh bells ring …«

»Es ist April«, sagt der Typ, der an mir vorbeigeht, und sein Blick zeigt mir, dass er kein Fan von Weihnachtsmusik ist.

»Na und?« Es ist nicht meine Schuld, dass das Kind, das ich heute behandelt habe, die ganze Zeit Jingle Bells gesungen hat, um sich zu beruhigen. Ich brauche es nur einmal zu hören, und schon läuft es auf Dauerschleife in meinem Kopf. Zum Glück für das Kind und im Gegensatz zu dem Grinch, der da gerade an mir vorbeigeeilt ist, mag ich Weihnachtsmusik. Auch wenn gerade April ist.

Allerdings ein kalter und regnerischer April.

Ich kuschele mich tiefer in meinen Mantel, während mir ein nasser Windstoß ins Gesicht schlägt. Dennoch kann das miese Wetter weder meiner guten Laune noch dem japanischen Essen etwas anhaben, das ich gerade als Überraschung geholt habe und das unglaublich lecker riecht.

Bloß noch zwei Gebäude, bis ich Bacchus’ Büro erreiche, und dann können wir endlich zusammen essen. In den letzten Wochen haben wir uns nicht oft gesehen. Zugegeben, mein Terminkalender im Krankenhaus war voll. Viele Nachtschichten. Es kommt mir vor, als würde ich damit überhäuft werden, seit ich öffentlich gemacht habe, dass ich gehe. Und Bacchus arbeitet auch gerade an einem großen Fall, bevor er den Job hier ebenfalls an den Nagel hängt.

Heute war mein letzter Arbeitstag als Fachärztin im Boston Children’s Hospital.

Morgen in zwei Wochen werden wir heiraten, und dann, nach unserem zweiwöchigen Honeymoon auf Hawaii, ziehen wir nach Philadelphia. Bacchus stammt ursprünglich von dort, und da er eine Karriere in der Politik anstrebt, wollte er, dass wir dort leben.

Aus Boston bin ich schon öfter weggezogen, aber dieses Mal trifft es mich hart. Ich habe mir immer vorgestellt, mich mal hier niederzulassen. Hier als Ärztin zu praktizieren. Eine Vorstellung, die Bacchus nicht so gut in den Kram passte. Eine Kinderärztin kann jederzeit und überall Arbeit finden, hat er gesagt und mir so irgendwie die Wahl genommen. Ganz zu schweigen davon, dass sowohl meine Eltern als auch Bacchus eigentlich sogar von mir erwarten, dass ich meinen Beruf aufgebe, um die perfekte Ehefrau für meinen Politiker-Mann zu sein.

Allerdings habe ich überhaupt nicht vor, aufzuhören zu arbeiten, egal ob er Senator, Kongressabgeordneter oder Präsident wird. Ich bin gern Ärztin. Ich liebe die Arbeit mit Kindern. Das Philadelphia Children’s Hospital wird unglaublich sein. Das weiß ich.

In meiner Tasche klingelt mein Handy und reißt mich aus meinen Gedanken. Es ist Kaplan Fritz. Er stammt aus einer Milliardärsfamilie hier in Boston. Er und seine fünf Brüder sind allesamt Ärzte. Rina, die jüngste und einzige Tochter, ist eine hervorragende Krankenschwester auf der Intensivstation. Unsere Familien sind befreundet, daher kenne ich sie sowohl privat als auch beruflich. Früher waren sie für mich wie entfernte, ältere Cousins. Mit seinem jüngsten Bruder Oliver habe ich auch mal bei Hughes Healthcare zusammengearbeitet. Er war einer der Oberärzte, als ich noch Assistenzärztin war.

»Hey«, melde ich mich, überrascht von den Gefühlen, die plötzlich in mir hochkommen. Ich werde diese Stadt und diese Menschen so sehr vermissen.

»Hey«, sagt er am anderen Ende der Leitung. »Tut mir leid, dich an einem Freitagabend zu belästigen, aber ich wollte dich wissen lassen, dass ich mir den Patienten angesehen habe, den du zu mir überwiesen hast. Der kleine Junge mit dem pathologischen Herzgeräusch.«

»Oh. Bitte sag mir nicht, dass er operiert werden muss.«

»Doch, muss er. Die Klappeninsuffizienz ist zu groß, um medikamentös behandelt zu werden. Ich habe ihn für Anfang nächster Woche eingeplant.«

Uff. »Nun, ich bin froh, dass du es machst. Du bist der Einzige, den ich an die winzigen kaputten Herzen meiner kleinen Patienten heranlasse.«

Er lacht leise. »Das ist mein Job.« Eine Pause. »Alles okay bei dir? Du klingst … seltsam.«

Ich zwinge mich zu einem Lächeln, auch wenn er es nicht sehen kann. »Ich bin einfach ein bisschen melancholisch. Heute war mein letzter Tag vor dem Umzug.«

»Oje, das tut mir leid. Das ist hart. Du wirst uns hier fehlen. Sag Bescheid, wenn du etwas brauchst. Du gehörst für uns zur Familie, und wir kümmern uns umeinander.«

Ich atme tief aus, seine Worte berühren mich tief im Inneren. »Danke. Das weiß ich wirklich sehr zu schätzen.«

»Jederzeit. Pass auf dich auf! Wir sehen uns dann in zwei Wochen bei der Hochzeit.«

Wir legen auf, und ich verstaue mein Handy wieder in meiner Tasche, gerade als ich die Tür zu Bacchus’ Bürogebäude erreiche. Sie öffnet sich mit einem leisen Rauschen, und ich winke dem Wachmann zu, ehe ich den Aufzug betrete, den zwanzig Leute soeben verlassen haben. Alle anderen machen sich auf den Heimweg und können es kaum erwarten, ihr Wochenende zu beginnen, aber mein Verlobter ist immer noch hier und arbeitet selbst an einem Freitagabend bis spät in die Nacht.

Als ich oben ankomme, werde ich von einem fast menschenleeren Stockwerk begrüßt. Es sind nur noch ein paar Nachzügler übrig, doch auch sie machen sich auf den Heimweg, während ich in Richtung Bacchus’ Büro gehe. Im Näherkommen höre ich seine Stimme und merke, dass er telefoniert. Mit einem tiefen Seufzer halte ich inne und lehne mich an die Wand, um zu warten, bis er fertig ist. Ich habe so einen Hunger!

Wenigstens ist niemand mehr da und sieht mich hier so stehen.

Er hasst es, wenn ich seine geschäftlichen Telefonate unterbreche, und da es sich um einen Überraschungsbesuch handelt, weiß ich, dass er alles andere als begeistert sein würde, wenn ich jetzt reinplatze.

»Verarsch mich nicht, Tommy. Du weißt, dass ich diesem Deal nicht zustimmen kann. Es ist nicht nur kompletter Blödsinn, sondern mein Mandant lässt es auch nicht zu. Du bist der Bundesanwalt für diesen Fall. Ich brauche mehr als das, wenn du einen Deal machen willst.«

Er schweigt, während er seinem Gesprächspartner zuhört, und dann höre ich, wie er sich bewegt, aufsteht und sein Telefon auf laut stellt. »Es ist ein fairer Deal, Astley«, sagt Tommy. Tommy ist einer von Bacchus’ engsten Freunden. »Mehr, als dein beschissener Mandant verdient hat.«

»Darüber lässt sich streiten.«

»Da bin ich mir sicher, und genau das machst du ja schon, indem du die Angelegenheit immer weiter hinauszögerst. Aber wir erreichen beide die Deadline, und niemand möchte, dass die Sache vor Gericht endet.« Er schweigt eine Weile. »Wie wäre es, wenn wir das im besten Interesse aller machen? Dein Mandant zahlt dreißig statt vierzig Millionen, und ich versüße das Angebot mit zusätzlichen zwanzig Riesen für dich.«

In Bacchus’ Glas klirren Eiswürfel, und ich höre, wie er einen Schluck nimmt. »Versuchst du gerade, mich zu bestechen?«

»Niemals.« Tommy lacht. »Sieh es einfach so: Du tust einem alten Kumpel von der juristischen Fakultät einen Gefallen, und alle gehen da als Gewinner raus. Vor allem du. Was meinst du? Zwanzig für dich und der Deal ist unterzeichnet.«

»Meinetwegen. Aber ich will es bis nächsten Freitag haben, sonst ist der Deal hinfällig.«

Ich keuche hinter vorgehaltener Hand auf. Was Tommy und er da gerade getan haben, ist illegal. Dafür könnte ihnen die Zulassung entzogen werden. Und wie lässig sie das durchgezogen haben. Ohne einen Anflug des Zweifelns, Überlegens oder Zögerns, ohne die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen noch einmal zu überdenken.

Tommy lacht erneut. »Weil das dein letzter Arbeitstag ist, bevor du den Bund fürs Leben schließt?«

Bacchus stöhnt, und das Leder seines Stuhls knarzt, als er sich wieder setzt. »Erinnere mich nicht daran.«

Meine Augen weiten sich, während stille Angst in mir hochsteigt. Angestrengt lausche ich auf jedes Wort, das als Nächstes kommt.

»Was?«, ruft Tommy entsetzt. »Wie kannst du das sagen! Das ist alles, was du und dein alter Herr wolltet, oder? Bekommst du wegen Fallon kalte Füße?«

»Ich weiß nicht, Mann.« Das Glas klirrt leise, als er es auf seinem Schreibtisch abstellt. »Nicht direkt.« Er verstummt, und dann höre ich, wie er sich auf seinem Stuhl hin- und herbewegt. »Wie schaffst du es nur, nicht fremdzugehen? Für mich waren dreieinhalb Jahre schon hart genug.«

Mir gefriert das Blut in den Adern, während ich mich weiterhin an die Wand drücke. Mein Puls rast wie wild in meiner Kehle, ein schmerzhaftes Pochen, das ich durch die Haut hindurch spüre.

»Wer sagt, dass du das musst? Ich bin sowieso entsetzt, dass du es so lange geschafft hast.«

Bacchus räuspert sich. »Fallon hält absolut gar nichts von Betrügereien. Ihre Eltern führen eine richtig hässliche Ehe, und das will sie für uns nicht. Ich war die ganze Zeit treu, weil ich Angst hatte, sie würde mich dabei erwischen, wie ich sie verarsche, und ich konnte es mir nicht leisten, das mit ihr zu vermasseln. Aber jetzt, kurz vor der Hochzeit, kann ich an nichts anderes mehr denken. Ich kann dieses Versprechen auf keinen Fall halten, wenn wir verheiratet sind.«

»Liebst du sie?«

Bacchus lacht, als ob das eine lächerliche Vorstellung wäre. Ein Geräusch, das mein Inneres durcheinanderbringt und mir die Tränen in die Augen treten lässt. »Klar tue ich das. Sie ist perfekt. Süß und schön, wenn auch etwas dick.«

»Hey, Frauen sind heutzutage nicht mehr dick. Sie sind kurvig.«

Bacchus lacht. Er nimmt einen Schluck von seinem Drink und stellt das Glas dann wieder ab. »Wirklich? Ihr fetter Hintern und ihre fetten Hüften sagen da was anderes. Wie auch immer. Es ist mir egal, dass sie dick ist, besonders wenn es um ihre schönen Titten geht. Den Rest kriegt man schon irgendwie hin – durch eine Operation oder eine Diät oder was auch immer. Fallon wird die perfekte Politikergattin sein, und genau das brauche ich. Sie ist meine Eintrittskarte ins Weiße Haus. Aber sie kann manchmal so verdammt langweilig sein. Sowohl im als auch außerhalb des Bettes. Ich muss mich immer wieder daran erinnern, dass es nicht um ihr Aussehen und ihr Wesen geht, sondern um ihre Abstammung.«