Jeder heiße Kuss, jede heiße Nacht … - Cathy Gillen Thacker - E-Book

Jeder heiße Kuss, jede heiße Nacht … E-Book

Cathy Gillen Thacker

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Beschreibung

Der Hubschrauber landet - der Ärger beginnt! Auf keinen Fall darf der reiche Wade McCabe erfahren, dass Josie ohne das Wissen ihres Vaters die Ölbohrarbeiten übernommen hat! Es fällt Josie schwer zu lügen. Denn sie verliebt sich in Wade, und jeder heiße Kuss, jede süße Nacht macht den Betrug schwerwiegender ...

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IMPRESSUM

Jeder heiße Kuss, jede heiße Nacht … erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1999 by Cathy Gillen Thacker Originaltitel: „Wildcat Cowboy“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 201 - 2003 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: M. R. Heinze

Umschlagsmotive: gpointstudio/GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733754754

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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1. KAPITEL

Sobald der Hubschrauber hinter dem einen Kilometer entfernten Wohnhaus der Golden-Slipper-Ranch landete, war Josie Wyatt klar, dass Ärger auf sie zukam. Und genau der tauchte Minuten später in Gestalt von Wade McCabe auf, Multimillionär aus Houston.

Er stellte den schwarzen Geländewagen neben den vier Wohnwagen der Ölbohrfirma Wyatt mit der Aufschrift Wyatt Drilling und dem zehn Meter hohen Bohrturm ab, stieg aus und musterte missbilligend die altmodische Vorrichtung für Drehbohrer. Josie bekam beim Anblick des hoch gewachsenen Investors Herzklopfen. Die Hände in die Hüften gestützt, stand er einen Moment da, ehe er energisch auf sie zuging.

Er trug eine schwarze Jeans und ein hellgrünes Hemd mit einer dunkelgrünen Krawatte. Den schwarzen Stetson hatte er tief in die Stirn gezogen. Eine Fliegersonnenbrille verbarg die Augen. Kräftige Wangenknochen, die gerade Nase und die maskuline Kinnpartie warnten davor, sich mit diesem Texaner anzulegen.

Ein Lächeln erschien auf seinem sinnlichen Mund, als er Josies Hand ergriff. „Wade McCabe. Ich suche Big Jim Wyatt.“

Genau das hatte sie befürchtet. Leider hatte sie schlechte Neuigkeiten für ihn. Obwohl sie seinen kraftvollen Händedruck sehr erotisch fand, zog sie die Hand zurück. „Big Jim ist in Südamerika.“

„Und er hat mich vorher nicht einmal angerufen?“, fragte Wade gereizt und nahm die Sonnenbrille ab.

Josie blickte in die schönsten dunkelbraunen Augen, die sie je gesehen hatte. „Er musste überraschend weg, aber es besteht kein Grund zur Sorge. Auf Ihrem Feld arbeiten weiterhin vier Leute, mich mitgerechnet.“

Wade McCabe schüttelte den Kopf, nahm den Stetson ab und musterte Josie vom Scheitel bis zur Sohle. „Haben Sie denn schon Öl gefunden?“, fragte er spöttisch.

Josie ließ sich nicht von dem Eigentümer des Landes einschüchtern. „Wir werden bald Erfolg haben“, versicherte sie.

„Ach ja?“ Wade McCabe strich sich durchs hellbraune Haar und setzte den Hut wieder auf. „Holen Sie mir Big Jim sofort ans Telefon“, verlangte er und kam näher.

„Das geht nicht.“ Josie zog sich vorsichtshalber in den Wohnwagen zurück, den sie als Büro und Labor benützten.

„Warum nicht?“, fragte Wade McCabe gereizt und folgte ihr die Stufen hinauf.

„Weil er sich in einer einsamen Gegend aufhält, meilenweit von jedem Telefon entfernt.“ Josie störte sich nicht an dem durchdringenden Blick aus seinen braunen Augen und hielt ihm die Tür zu dem vollklimatisierten Wagen auf. „Ich kann ihm nicht einmal eine Nachricht zukommen lassen, sondern muss warten, bis er sich wieder meldet.“

Wade McCabe schloss die Tür hinter sich und lehnte die breite Schulter dagegen. „Und er hat es nicht für nötig gehalten, mich darüber zu informieren, obwohl ich ihm den unterschriebenen Vertrag für die Bohrungen zugeschickt habe?“

Big Jim hatte keine Ahnung von diesem Vertrag, der erst eingetroffen war, als er mit seiner Mannschaft schon nach Südamerika aufgebrochen war. Zu dem Zeitpunkt hatte sie bereits das Midland-Odessa-Büro geleitet.

„Sie wissen, dass Sie der Ölbohrfirma Wyatt vertrauen können“, betonte Josie. In der Vergangenheit hatte Big Jim mehrere Verträge mit Wade McCabe abgeschlossen und war bei jeder Bohrung sehr rasch auf Öl gestoßen.

„Das dachte ich bisher tatsächlich“, entgegnete Wade und stieß sich von der Tür ab. „Sonst hätte ich die Papiere nicht unterschrieben und zusammen mit einem hohen Scheck geschickt, ohne vorher mit Big Jim zu sprechen.“

Josie ordnete die Unterlagen auf dem Schreibtisch. „Wir werden Sie bestimmt nicht enttäuschen“, beteuerte sie.

„Das könnte ich noch glauben, würde hier ein moderner Bohrturm stehen“, erwiderte er schärfer. „Woher haben Sie bloß diesen ganzen Schrott da draußen?“

Josie warf einen Blick auf den Turm hinaus, der mehr oder weniger die Form eines Sendemastes besaß. Zwei Treppen führten zur Plattform hinauf. Stahltrossen hielten die Aufhängung des Bohrers. Außerdem befanden sich dort oben zwei Verschläge. In dem einen wurde das Werkzeug aufbewahrt, in dem anderen befanden sich die Motoren für den Bohrer. Auf Erdniveau gab es noch die Schlammgrube und die dazugehörige Pumpe.

„Dieser Schrott, wie Sie ihn so wenig freundlich nennen, stammt aus Big Jims Lagerhaus“, erwiderte Josie. „Und er hat eine glorreiche Vergangenheit hinter sich.“

Wade rieb sich das Kinn und blickte aus dem Fenster. „Was Sie nicht sagen.“

„Big Jim ist mit diesem Bohrturm auf seine erste Quelle gestoßen.“ Genau deshalb hoffte sie, dass sie damit auf ihre erste Quelle stoßen würde. „Außerdem sollte es Sie freuen, dass dieser Turm nur ein Zehntel der Unkosten mit sich bringt, die Sie bei früheren Bohrungen hatten.“ Das sollte doch einem Mann gefallen, der stets darauf aus war, Geld zu verdienen.

Er musterte sie ausgiebig. „Was sagten Sie? Wie ist Ihr Name?“

Bisher hatte sie ihn noch gar nicht genannt. „Josie, Josie Lynn Corbett“, entgegnete sie zögernd und verzichtete bewusst auf den zweiten Teil des Doppelnamens, den sie ihren Eltern verdankte, die sich noch nie auf etwas geeinigt hatten.

„Also, Josie“, erklärte Wade. „Richten Sie Big Jim aus, dass ich nie lange erfolglose Bohrungen finanziert habe. Ich halte auch nichts von minderwertiger Ausrüstung und zweitklassigen Mitarbeitern. Da dies alles hier der Fall ist, steige ich aus dem Vertrag aus.“

„Moment!“, protestierte Josie heftig, kam hinter dem Schreibtisch hervor und packte ihn am Arm. „Das können Sie nicht machen!“

Wade warf einen Blick auf die Hand, die sich um seinen Bizeps spannte. „Und ob ich das kann.“

Sie versperrte ihm den Weg zur Tür. „Wenn Sie jetzt aussteigen, war unsere ganze harte Arbeit völlig umsonst!“

„Wenn wir schon von Arbeit sprechen – welche Rolle spielen Sie hier eigentlich?“, erkundigte er sich.

Josie ging an Telefonen, Funkgerät, Computer, Drucker, Faxgerät und Kopierer vorbei, griff nach den Unterlagen der Bohrung und den Rechnungen und reichte sie ihm. „Ich überwache die Bohrung, kümmere mich um das Finanzielle und erledige die unvermeidlichen Büroarbeiten.“

Wade prüfte die Unterlagen sorgfältig, hatte offenbar nichts daran auszusetzen und musterte Josie schließlich vom Scheitel bis zur Sohle. Dabei betrachtete er sehr eingehend die hauteng sitzende Bluejeans, das hellblaue T-Shirt und die staubigen roten Cowboystiefel, ehe er ihr wieder ins Gesicht sah. „Ich dachte, dass Big Jim keine Frauen beschäftigt.“

„Leider traf das in der Vergangenheit zu.“

„Warum hat er Sie eingestellt?“, hakte Wade nach und sah ihr dabei tief in die Augen.

Es reizte sie, dass ihre Fähigkeiten offenbar angezweifelt wurden. „Weil ich selbst ins Ölgeschäft einsteigen will. Ich sagte ihm, dass ich bei dem besten Ölsucher in ganz Texas von der Pike auf lernen will. Und da ich hartnäckig bin, wenn ich etwas will, habe ich ihn überredet.“

Wades anerkennendes Lächeln machte ihr Mut. Entspannt lehnte sie sich an den Schreibtisch.

„Dann kam auch noch dieser Notfall in Südamerika“, fuhr sie fort. „Big Jim und der Großteil seiner Leute mussten hinfliegen. Darum brauchten sie Hilfe für Gus, unseren Experten für die Geräte, Dieter, unseren Geophysiker, und Ernie, unseren Ölexperten.“

„Hätte man dafür nicht jemand anderen einstellen können?“

„Ich kann in vieler Hinsicht helfen. Dazu bin ich durchaus in der Lage.“ Big Jim hätte das auch erkennen müssen, als er sie vor sechs Monaten einstellte. Stattdessen hatte er sie lediglich ans Telefon gesetzt und Akten ablegen lassen.

Wade McCabe betrachtete sie wieder zweifelnd. „Nun ja, mag schon sein, aber ich steige trotzdem aus.“

„Warten Sie“, verlangte Josie und ärgerte sich darüber, dass McCabe sich genauso chauvinistisch aufführte wie ihr Vater. „Wyatt Drilling hat für Sie doch bisher noch jedes Mal Öl gefunden, nicht wahr?“

„Deshalb habe ich Big Jim Wyatt und keinen anderen mit dieser Bohrung beauftragt. Schließlich werfe ich nicht Tausende von Dollars zum Fenster hinaus, wenn es kein schwarzes Gold gibt.“

„Hier gibt es Öl“, versicherte Josie eisern.

„Das bezweifle ich nicht“, entgegnete Wade. „Sonst hätte ich das Land ja auch nicht gekauft. Aber wenn Big Jim mit seinen Spitzenleuten in Südamerika ist und hier nur die zweite Wahl arbeitet, zahle ich nicht.“ Er holte den von Big Jim unterschriebenen Vertrag hervor und zerriss ihn. „Das Geschäft ist geplatzt.“

Josie sah Wade verzweifelt an, als er ihr den zerrissenen Vertrag in die Hände drückte. „Bitte, tun Sie das nicht“, flehte sie.

„Ich bin auch nicht glücklich über die Situation“, versicherte er. Diese Frau lenkte ihn in einer Weise ab, die er ganz und gar nicht brauchen konnte. „Wissen Sie, Josie Corbett, ich habe Ihrem Boss immer vertraut, aber jetzt hat er mich schwer enttäuscht.“

Nachdem sie den Vertrag achtlos auf den Tisch gelegt hatte, sah sie ihn erneut flehend an und wiederholte: „Wyatt Drilling hat Sie bisher noch nie enttäuscht.“

„Das wäre jetzt vermutlich auch so, wäre Big Jim hier.“ Da er ihre Enttäuschung, die er schließlich ausgelöst hatte, nicht ertrug, lenkte er den Blick zur geöffneten Post auf dem Schreibtisch. Dabei fiel ihm ein Umschlag auf, aus dem zahlreiche aus Zeitschriften ausgeschnittene Bilder hübscher Kleider gerutscht waren. „Steht eine wichtige Verabredung ins Haus?“, fragte er trocken. Zu seiner Überraschung gefiel es ihm nicht, dass Josie mit einem Mann ausgehen könnte.

„Unsinn“, erwiderte sie so gereizt, als würde sie lieber tot umfallen, anstatt sich herauszuputzen. „Wenn Sie glauben, ich hätte die Bilder ausgeschnitten, liegen Sie völlig schief.“

Von sich aus wäre Wade gar nicht auf die Idee gekommen, Josie könnte sich ähnlichen Träumen wie Aschenputtel hingeben. Zwar fand er sie sagenhaft attraktiv, aber sie war der reinste Wildfang. Das schimmernde dunkelbraune Haar hatte sie zum Pferdeschwanz zusammengebunden. Nur einige wenige seidige Strähnen fielen auf ihren schlanken Hals und rahmten ihr hübsches Gesicht ein. Auf Make-up hatte sie offenbar verzichtet, brauchte aber auch keines bei der makellosen gebräunten Haut, den hohen Wangenknochen, die an ein Model erinnerten, den dichten Wimpern und den weichen und üppigen Lippen.

„Meine Mutter hat mir diese Bilder geschickt“, erklärte sie verdrossen.

Prompt stellte Wade sie sich in einem Kleid vor, das reichlich Dekolleté hatte und die langen schlanken Beine betonte. Aufregend! Andererseits schmiegte sich das T-Shirt wie eine zweite Haut um ihre Brüste. Das Gleiche galt für die Jeans, die weder die schmale Taille noch die fraulichen Hüften und die Beine kaschierte.

Die Jeans, das T-Shirt und die staubigen roten Westernstiefel passten sogar besser zu Josies energischer und erregender Art, sich zu bewegen. Das war eine Frau, die sich zu behaupten wusste.

„Ihre Mutter will also, dass Sie sich fein machen?“, fragte er, während sie die Bilder einsammelte und in einer Schublade verschwinden ließ.

„Sie und mein Vater möchten mich unbedingt verheiraten“, erwiderte sie gelangweilt.

„Dann wollen die beiden vermutlich nicht, dass Sie hier draußen arbeiten.“

„Allerdings nicht.“ Josie seufzte. „Sie hoffen, dass ich mir endlich den Traum, Ölsucherin zu werden, aus dem Kopf schlage. Meine Mutter führt mir ständig vor Augen, dass ich den perfekten Mann nur finde, wenn ich in einer Großstadt lebe und wie die Frauen in den Zeitschriften herumlaufe.“

„Könnte sein, dass sie nicht ganz Unrecht hat“, meinte Wade lächelnd. „Mir zumindest gefallen Frauen in Seide und Satin besser.“

„Das ist nichts für mich“, wehrte sie ab.

Da sie dabei rot wurde, konnte er nicht widerstehen, sie ein wenig zu necken. „Kann ich mir gut vorstellen“, bemerkte er, weil es ihm undenkbar erschien, dass dieser texanische Wildfang tatsächlich eines der schönen Kleider auf den Fotos anzog.

„Wollen Sie damit sagen, dass ich nicht wie ein Mädchen auf einem Debütantinnenball aussehe?“, fragte sie sanft.

„Ja“, räumte er zögernd ein. Zumindest wäre keines der Mädchen, die er auf einem Debütantinnenball kennen gelernt hatte, auf die Idee gekommen, auf einem Ölbohrturm zu arbeiten.

„Das ist gut“, stellte Josie erleichtert fest. „Ich hatte noch nie den Wunsch, schöne Kleider wie ein Model oder eine Debütantin zu tragen.“

Wünschten sich das nicht alle Mädchen, solange sie noch klein waren? Um Josies Gefühle nicht zu verletzen, ging er jedoch darüber hinweg. „Für eine Debütantin sind Sie ohnedies zu alt.“

„Ich bin sechsundzwanzig, aber eigentlich geht Sie das nichts an.“

„Ich bin dreißig.“ Er lächelte trocken. „Aber eigentlich geht Sie das nichts an.“ Sein Handy klingelte. „Darf ich das Gespräch hier drinnen annehmen?“

„Bitte.“ Josie räumte ihren Schreibtisch auf, während er telefonierte. Als er fertig war, erkundigte sie sich: „Probleme?“

Wade nickte. „Meine Event-Organisatorin hat mir soeben gekündigt. Das habe ich wahrscheinlich dem Umstand zu verdanken, dass ich früher mit ihr ausgegangen bin.“

„Warum hat sie die Aufgabe übernommen, wenn sie nicht gern für Sie arbeitet?“

„Offenbar, um mir eine Lektion zu erteilen. Andrea will mir zeigen, wie es ist, wenn man im Stich gelassen wird. Und sie hat eigens darauf hingewiesen, dass es jetzt schon zu spät ist, um eine tüchtige Fachkraft zu finden, die in Laramie für mich die Party organisiert.“ Er steckte das Handy wieder ein. „Na ja, bei Andrea hätte ich damit rechnen müssen. Sie ist zu gefühlsbetont und achtet nicht auf Geld.“

„Und was soll das heißen?“, fragte Josie.

„Andrea ist eine ehemalige Debütantin mit einem beachtlichen Treuhandfonds im Rücken. Sie muss kein Geld verdienen. Mit ihrer Tätigkeit möchte sie sich nur neben dem Reichtum ihrer Familie und ihrer gesellschaftlichen Position eine eigene Identität schaffen.“

Josie war das Thema sichtlich unangenehm. Jedenfalls wandte sie sich hastig ab. „Wann findet denn diese Party statt?“

Er war froh, dass er nicht länger über seine Exfreundin sprechen musste. „Am Freitagabend.“

„An diesem Freitag?“, fragte sie überrascht und richtete die schönen Augen auf ihn. „In fünf Tagen?“

Wade nickte.

„Andrea hat bestimmt recht. Wir haben Juni, den beliebtesten Monat für Hochzeiten“, erklärte sie. „Alle zuverlässigen Party-Planer sind garantiert seit Monaten ausgebucht.“

„Dann kümmere ich mich eben selbst um die Sache“, entschied er.

Josie überlegte einen Moment. „Was ist das für eine Party?“

„Meine Eltern scheiden aus dem Laramie Community Hospital aus, und ich möchte für sie ein passendes Fest veranstalten.“

Mit Notizblock und Stift in der Hand ließ Josie sich auf den Drehstuhl hinter dem Schreibtisch fallen und legte die Füße auf den Tisch. „Hoffentlich haben Sie wenigstens schon die entsprechenden Räumlichkeiten gemietet.“

Wade nickte und zwang sich, ihre langen Beine nicht zu betrachten. „Das Laramie Community Center. Ich selbst habe dafür gesorgt, dass uns das Gemeindezentrum zur Verfügung steht.“

Sie notierte es. „Haben Sie schon einen Partyservice? Ein Thema?“, hakte sie nach, als er den Kopf schüttelte. „Dekoration? Musiker? DJ? Blumen? Tischdekoration?“

„Gar nichts“, gestand er. „Aber ich schaffe das wie alles, was ich mir vornehme.“

Josie machte sich noch einige Notizen. „Dann bleiben Sie also in der Stadt.“

„Das muss ich.“

„Gut.“ Sie blickte zu ihm hoch. „Weil nämlich …“

Hastig hob er die Hand. „Ich werde deshalb meine Einstellung zu dieser Bohrung nicht ändern. Ich steige aus.“

Josies Miene verriet eiserne Entschlossenheit. „Was ist, wenn Wyatt Drilling von jetzt an die Kosten der Bohrung übernimmt und dafür einen um zwei Prozent höheren Anteil an der geförderten Menge erhält, sofern wir auf Öl stoßen? Lassen Sie uns dann weitermachen?“

2. KAPITEL

Zu Josies größter Erleichterung geriet Wade McCabe sichtlich in Versuchung.

„Wie wollen Sie das durchsetzen, wenn Big Jim nicht zu erreichen ist?“, fragte er.

„Big Jim hat für Notfälle Absprachen mit seiner Bank und seinen Anwälten getroffen“, erklärte sie und legte einen lockenden Ton in ihre Stimme. „Ich setze mich sofort mit den entsprechenden Leuten in Verbindung. Big Jim war in solchen Dingen stets sehr vernünftig, und da es um den Ruf von Wyatt Drilling geht, liegt es in seinem Interesse, dass die Bohrung fortgesetzt wird.“

Die Tür des Wohnwagens flog auf, und ein grauhaariger Ölsucher, den sie fast wie ihren Vater liebte, kam herein. Er war nur einssechzig groß und damit etwas kleiner als Josie, aber kräftig gebaut. Ein rotkariertes langärmeliges Hemd, Jeans, Arbeitsstiefel, Bartstoppeln und das eigenhändig kurz geschnittene graue Haar waren ein perfektes Spiegelbild seines Wesens.

„Gus!“ Josie warf ihm einen warnenden Blick zu, weil der Mann dazu neigte, stets zu sagen, was er dachte. „Big Jim würde doch wollen, dass Mr. McCabe mit Wyatt Drilling zufrieden ist.“

„Ganz bestimmt“, versicherte Gus und wischte sich die öligen Hände an einem Lappen ab. „Ich bin auch der Meinung wie Josie, dass wir schon bald fündig werden. Wäre das nicht so, würde ich sofort aufhören. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort, McCabe.“

Wade seufzte. Wieso ließ er sich zu etwas überreden? Josies Bitten und Gus’ Zusicherung machten ihn weich, und das war seltsam, weil ihm das nicht entsprach, wenn es ums Geschäft ging. Außerdem wurde er das Gefühl nicht los, dass Josie ihm etwas verschwieg.

„Wyatt Drilling übernimmt von jetzt an die Kosten für die Bohrung, bis wir fündig werden“, stellte er klar.

„Wir holen die Erlaubnis ein und lassen die Verträge aufsetzen“, versprach Josie hastig.

„Stoßen wir nicht auf Öl“, fügte Gus hinzu, „beenden wir die Bohrung, ohne dass es Sie etwas kostet.“

„Also gut“, lenkte Wade ein und freute sich über das Funkeln in Josies Augen. „Einverstanden, aber für eine Erhöhung des Anteils um ein und nicht um zwei Prozent. Abgemacht?“

Josie und Gus wechselten einen Blick. „Abgemacht“, sagte sie schließlich, und sie besiegelten den Pakt per Handschlag.

„Ich fahre zu meinem Bruder Jackson ins Krankenhaus in Laramie. Sie finden mich dort oder auf der Ranch meiner Eltern.“ Wade McCabe schrieb beide Adressen und Telefonnummern auf ein Blatt Papier und reichte es Josie. Ihre Finger berührten sich für einen Moment. „Ich will über alles sofort informiert werden“, verlangte er und fragte sich, ob ihre Haut überall so glatt und weich war.

Josie nickte unendlich erleichtert und zog die Hand zurück. „Gus oder ich melden uns persönlich bei Ihnen“, versprach sie.

„Hast du den Verstand verloren?“, fragte Gus, sobald Wade McCabe fort war und Josie ihren Plan erläutert hatte. „Du willst deinen eigenen Treuhandfonds angreifen, um die Bohrung zu bezahlen?“

„Was bleibt mir denn anderes übrig?“, erwiderte sie. „Hätte ich ihm nicht angeboten, die Kosten zu übernehmen, hätte er die Bohrung sofort beendet.“ Sie ging an den Kühlschrank, fand den Behälter mit Eistee nahezu leer vor und begann, neuen zu machen.

„Nach allem, was bisher gelaufen ist, sollten wir vielleicht warten, bis dein Vater aus Südamerika zurückkommt“, warnte Gus.

„Fang du nicht auch noch an!“, wehrte sie heftig ab.

„Ich weiß, dass du eine gute Nase für Öl hast“, meinte er besänftigend, riss ein Küchentuch von der Rolle, befeuchtete es und wischte sich übers Gesicht. „Das wissen dein Vater und ich, seit du klein warst. Aber dein Vater häutet mich bei lebendigem Leib, wenn er Wind von der Geschichte kriegt, Mädchen. Das ist dir doch klar.“

„Er hat mich beauftragt, mich um alles zu kümmern“, erklärte Josie starrsinnig.

„Das hat er nur gemacht, weil er sicher war, dass es für dich nichts zu tun gibt. Schließlich hat er seine gesamte Ausrüstung eingesetzt – bis auf diesen alten Bohrturm, den er nur aus sentimentalen Gründen behält.“

Diesen Bohrturm hatte er benützt, als er sich selbstständig machte. Josie war damals fünf gewesen, und sie hatte ihren Vater besucht, als er auf einer eigenen Bohrstelle fündig wurde. Es war unglaublich aufregend gewesen, und Josie war fest entschlossen, jetzt so viel Mut und Durchhaltevermögen zu zeigen wie damals ihr Vater.

„Hast du McCabe deinen Familiennamen genannt?“, fragte Gus.

Sie holte eine Zitrone aus dem Kühlschrank. „Nur die erste Hälfte.“

„Also legst du ihn herein“, stellte Gus fest.

Sie schnitt die Zitrone in Scheiben, die sie kunstvoll in dem Behälter anordnete. Die Herstellung von Eistee gehörte zu den wenigen Tätigkeiten in der Küche, die sie beherrschte. „Hätte ich McCabe meinen Namen verraten, hätte er Bescheid gewusst. Niemand würde eine ehemalige Debütantin mit einer Ölbohrung beauftragen.“

Gus schüttelte den Kopf. „Das geht bestimmt böse aus.“

„Du machst dir zu viele Sorgen“, wehrte Josie ab und holte zwei Eiswürfelbehälter aus dem Kühlschrank.

„Und du machst dir zu wenige, Mädchen.“

Das stimmte nicht, aber Josie war stolz auf sich. Es war ihr stets schwer gefallen, Risiken einzugehen, und das war gerade in diesem Geschäft nötig. Wenn jetzt alles gutging, betrachteten ihre Eltern sie hoffentlich endlich in einem anderen Licht. Josie war es leid, Rollen zu spielen und Vater und Mutter zufrieden zu stellen. Für jeden von ihnen musste sie anders sein, und letzten Endes enttäuschte sie beide.

„Gus, ich weiß, was auf dem Spiel steht.“ Der Tee war durchgelaufen. Sie goss ihn über die Eiswürfel im Krug. „Falls ich hier versage, geht es nicht nur um mich, sondern auch um Big Jims Ruf.“

„Ganz abgesehen von meiner Freundschaft mit Big Jim, die schon fünfunddreißig Jahre dauert, wenn ich dich daran erinnern darf“, fügte Gus verdrossen hinzu.

Josie füllte zwei Gläser, tat Zitronenscheiben hinein und reichte eines davon ihrem Freund. „Und Big Jim wird irgendwann erfahren, was ich hinter seinem Rücken getan habe. Dann brauche ich gute Neuigkeiten, um den Schlag zu mildern.“

„Warum gibst du nicht sofort auf und gestehst alles, solange dein Dad noch rettend einspringen kann?“

„Weil das nicht nötig ist“, beteuerte sie. „Ich schaffe das. Ich finde Öl. Ich brauche nur mehr Zeit.“ Und sie war fest entschlossen, sich durchzusetzen, wie auch immer.

„Will sich keine mit dir am Freitagabend treffen und dir das Leben retten?“

Wade legte den Hörer auf das Telefon auf dem Schreibtisch seines Bruders Jackson. Genau wie er selbst hatte Jackson etliche Jahre in anderen Teilen von Texas gelebt. Jetzt war er einer der beiden neuen Chefchirurgen im Laramie Community Hospital. Darum war er zurückgekehrt und hatte schließlich die Liebe seines Lebens geheiratet.

„Ist es zu glauben?“ Wade war frustriert, weil keine seiner Freundinnen für ihn die Party am Freitag planen und sie dann auch noch mit ihm besuchen wollte. „Es ist, als hätten sie sich alle gegen mich verschworen.“

„Man stelle sich vor“, bemerkte Jackson nüchtern und hängte sein College-Diplom an die Wand hinter dem Schreibtisch.

Wade klappte das kleine schwarze Notizbuch zu und stand auf. „Alle behaupten, ich sei zu anspruchsvoll. Angeblich habe ich bei allen versucht, sie zu ändern. Dabei wollte ich ihnen nur helfen, das Beste aus sich herauszuholen.“

Jackson betrachtete ihn amüsiert. „Schwer zu begreifen, wieso ihnen das nicht geschmeckt hat.“

„Nur weil du vor wenigen Tagen die Liebe deines Lebens geheiratet hast“, entgegnete Wade, der genau wusste, wohin das Gespräch führte, „und unsere Eltern bald ihr Ehegelübde erneuern werden, heißt das noch lange nicht, dass wir restlichen McCabes auch heiraten müssen.“