Jene Nacht im "Shangri-La" - Paula Roe - E-Book

Jene Nacht im "Shangri-La" E-Book

Paula Roe

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Beschreibung

Er spürt ihren Mund auf seinem, ringt nach Atem, während sie eine Spur aus warmen Küssen über seine Haut zieht. Ihr seidiges Haar, die sanften Rundungen … Immer wieder muss der Unternehmer Cal Prescott an Ava und jene fantastische Nacht im Shangri-La-Hotel denken, nach der Ava spurlos verschwunden ist. Dabei sollte er sie vergessen und eine Ehefrau finden! Sonst verliert er die Firma, so hat es sein Stiefvater festgelegt. Als das Telefon klingelt, hebt Cal lächelnd ab. Der Detektiv hat Ava ausfindig gemacht! Aber … sie erwartet sein Kind? Und wollte es ihm vorenthalten?

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG,

20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Redaktion und Verlag:

Brieffach 8500, 20350 Hamburg

Tel.: 040/347-25852

Fax: 040/347-25991

Geschäftsführung:

Thomas Beckmann

Redaktionsleitung:

Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)

Cheflektorat:

Ilse Bröhl

Lektorat/Textredaktion:

Daniela Peter

Produktion:

Christel Borges, Bettina Schult

Grafik:

Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,

Marina Grothues (Foto)

Vertrieb:

asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg

Telefon 040/347-29277

Anzeigen:

Christian Durbahn

Es gilt die aktuelle Anzeigenpreisliste.

© 2009 by Paula Roe

Originaltitel: „The Magnate’s Baby Promise“

erschienen bei: Silhouette Books, Toronto

in der Reihe: DESIRE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: BACCARA

Band 1633 (21/2) 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Übersetzung: Angelika Beecken-Klevesath

Fotos: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format im 10/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN-13: 978-3-86295-024-9

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

BACCARA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

Aus Liebe zur Umwelt: Für CORA-Romanhefte wird ausschließlich 100% umweltfreundliches Papier mit einem hohen Anteil Altpapier verwendet.

Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, HISTORICAL MYLADY, MYSTERY, TIFFANY HOT & SEXY, TIFFANY SEXY

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42 Cent/Min. aus dem Mobilfunknetz

www.cora.de

Paula Roe

Jene Nacht im „Shangri-La“

1. KAPITEL

Das ist meine Firma. Ganz allein meine.

Wie ein Mantra hämmerte der Satz in Cal Prescotts Kopf, bis er frustriert die Hände auf den Tisch schlug und aufsprang.

Victor hatte es diesmal tatsächlich geschafft – nicht nur dass er seine Söhne bei der Nachfolge in VP Tech gegeneinander ausspielte. Nein, er forderte bei dieser Gelegenheit auch noch einen Erben! Tief atmete Cal ein und drehte sich um. Er ließ den Blick schweifen und hatte die herrliche Aussicht auf Sidneys Circular Quay und die Botany Bay. Im Vordergrund spannte sich die blaugrau schimmernde Harbour Bridge über das Wasser. Doch selbst der ungewöhnlich sonnige Junimorgen trug nicht dazu bei, Cals Ärger zu mildern; Victors direkte Art machte ihm immer noch zu schaffen.

Ihr müsst beide heiraten und für einen Erben sorgen. Wer es als Erster geschafft hat, bekommt die Firma.

Zac, sein Stiefbruder, hatte VP Tech nicht verdient. Zwar war er Victors leiblicher Sohn, aber er hatte der Familie schon vor Jahren den Rücken gekehrt. Es war Cal, der sich um familiäre Angelegenheiten gekümmert, der bis in die Nacht hinein geschuftet hatte, um die Firma zu vergrößern, bis es ihm schließlich im vergangenen Jahr gelungen war, mit seinem Software-Programm „One-Click-Office“ den größten Anbieter in Australien zu überflügeln.

Cal Prescott war nicht davongelaufen. Niemals. Er hatte jede wache Minute, jeden Tropfen Schweiß investiert und alles für die Firma seines Stiefvaters getan. Schrecklich, wenn sie ihm jetzt durch die Lappen gehen würde!

Mit großen Schritten marschierte Cal zu dem unauffälligen Wandfach, drückte einen Knopf und die gut bestückte Bar war geöffnet.

Ruhig schenkte er sich ein Glas Whisky ein, pur.

Geld zu machen, sagte er sich, ist schon so lange meine alles beherrschende Leidenschaft, dass ich mich kaum noch an eine Zeit erinnern kann, in der ich nicht dafür gelebt habe. Und bei jeder Million, die er eingenommen, bei jedem Abschluss, den er abgewickelt hatte, hätte Cal schwören können, in Victors zerfurchtem Gesicht Stolz aufblitzen gesehen zu haben. Er fühlte sich anerkannt, wenn der schroffe, emotionslose Mann ihm ein kurzes Lob schenkte.

Offensichtlich bin ich gut genug, um Millionen einzubringen, aber nicht gut genug, um ein Prescott zu sein und damit auch VP Tech anvertraut zu bekommen.

Ungewohnte Bitterkeit überkam ihn, er verzog das Gesicht. Victor hatte nicht einmal den Anstand gezeigt, ihm eine Erklärung zu geben; er hatte einfach das Ultimatum gestellt und war dann auf Geschäftsreise gegangen, hatte die Bombe platzen lassen und ihn dann stehen lassen.

Als das Telefon klingelte, setzte Cal sich und griff noch in der Bewegung nach dem Hörer.

„Es gibt da eine Frau, und ich möchte, dass du sie kennenlernst“, sagte Victor zur Begrüßung.

Wenn man vom Teufel spricht. „Du bist zurück?“

„Ja. Erinnerst du dich an Miles Jasper, den Herzchirurgen aus Melbourne?“

Es war zwecklos, Victor ebenbürtig sein zu wollen. Cal presste die Lippen aufeinander. „Nein.“

Ohne darauf einzugehen, fuhr Victor fort: „Er hat eine Tochter. Sie ist siebenundzwanzig, blond, attraktiv und …“

„Das ist mir völlig egal, und wenn sie Miss Universum ist“, fiel Cal ihm ins Wort. „Ich bin kein preisgekrönter Deckhengst auf einer Auktion. Es mag sein, dass ich dieser lächerlichen Abmachung zugestimmt habe, aber ich werde mir meine Frau selbst aussuchen.“ Es krachte befriedigend, als Cal den Hörer aufknallte.

Nach einer Weile hatte er sich beruhigt, nahm einen versiegelten Briefumschlag aus seiner Schreibtischschublade und schob ihn langsam, mit großer Sorgfalt auf die Mitte der Tischplatte.

Dank eines Detektivs und eines hilfreichen Taxifahrers könnte er seine Besessenheit für die rätselhafte Ava Reilly jetzt in den Griff bekommen.

In den letzten neun Wochen hatte Cal sich bemüht, nicht an sie und an jene eine unglaubliche Nacht zu denken. Vielmehr hatte er das Erlebnis immer wieder mit einer Effizienz, für die er bekannt war, aus seinem Gedächtnis verbannt. Doch jetzt, als Cals Gedanken zu jener Zufallsbegegnung zurückwanderten, begannen die Dämme zu brechen.

Schon die Erinnerung an ihre langen Beine, das weiche, schwarze Haar und ihre strahlend blauen Augen machte ihn verrückt. Ava. Der Name eines Filmstars, ein Name, bei dem man unwillkürlich eine Frau mit Haltung, Eleganz und großer Ausstrahlung vor sich sah.

Sie war ihm unter die Haut gegangen. Ava hatte einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen, sodass er bei den unpassendsten Gelegenheiten – bei Kundenterminen – an sie denken musste. Am schlimmsten war es frühmorgens vor Sonnenaufgang. Wieder und wieder hatte Cal Mühe, die tiefen, erotischen Träume abzuschütteln, in denen er ihren Mund auf seinem spürte, ihre Lippen, mit denen sie eine Spur aus warmen Küssen über seine Brust zog … in denen er ihre seidige Haut unter seinen Händen fühlte. Viel zu oft quälte ihn das schmerzhafte Verlangen.

Er hatte sich dazu entschlossen, sie zu vergessen, nicht mehr an jene Nacht zu denken, war ja nicht mehr als ein One-Night-Stand gewesen war.

Ironischerweise war sein Wunsch vor drei Tagen in Erfüllung gegangen. Vor drei Tagen, als ihm sein Stiefvater das Ultimatum gestellt hatte. Und für zweiundsiebzig Stunden, in denen VP Tech Cals Gedanken beherrscht hatte und in denen seine Stimmung zwischen Teilnahmslosigkeit, rasender Wut und großer Nervosität hin und her geschwankt war.

Energisch riss er den Briefumschlag auf und überflog den Bericht.

Nach zu vielen ruhelosen Nächten und Tagen der Konzentrationslosigkeit hatte er etwas unternommen. Nun machte er sich auf die Konfrontation mit der harten Wahrheit gefasst, um sich nicht wieder seinen Fantasien hinzugeben. Ava könnte verheiratet oder verlobt sein. Allein die Vorstellung verdarb Cal die Laune. Möglicherweise war er Avas letzte Affäre gewesen, bevor sie ihre Jugendliebe geheiratet hatte, um eine Familie zu gründen.

Nachdem er die ersten Absätze überflogen hatte, hielt er verblüfft inne. Ava Reilly besaß ein kleines Hotel auf dem Land, im westlichen New South Wales.

Cal griff nach der Computermaus, ging online und gab „Jindalee Retreat“ in die Suchmaschine ein. Sekunden später landete er auf der Homepage des Hotels.

Kein Wunder, dass sie bei der Bank bis zum Hals in Schulden steckt und im nächsten Monat vor der Zwangsversteigerung steht, dachte Cal. Der Besitz lag in einer kaum bekannten, nicht weiter bemerkenswerten kleinen Stadt im Outback, die weniger als fünfhundert Einwohner hatte.

Er wandte sich wieder dem Bericht zu, machte sich ein Bild über ihre Finanzen, bis er zu der Zusammenstellung von Avas wöchentlichen Besorgungen kam. Ärgerlich stieß Cal den Atem durch die Zähne aus. Der Detektiv war gründlich, das musste man ihm lassen.

Ungefähr seit acht Wochen schwanger.

„Was zum Teufel …?“

Die Bürowände schienen plötzlich bedrohlich näher zu rücken, es wurde so eng und stickig im Raum, dass Cal schlucken musste.

Mit einer einzigen heftigen Bewegung knüllte er das Papier zusammen und schleuderte es quer durchs Büro, bis es mit einem sanften Laut gegen die Wand prallte. Nein. Auf keinen Fall. Nicht schon wieder.

Zitternd atmete er ein, der Schock war ihm zweifellos in die Glieder gefahren. Das hatte er schon einmal erlebt. Ein Baby. Sein Baby. Ein Kind, das in seine Fußstapfen treten sollte, das er aufziehen und lieben wollte. Das er mit seinem Reichtum und seiner Erfahrung überhäufen wollte, um sicherzustellen, dass sich die Vergangenheit niemals wiederholte. Er war wie im Rausch gewesen, als Melissa es ihm erzählt hatte. Verwundbar.

Dumm.

Sie hatte alles nur vorgetäuscht. Damals hatte er sich geschworen, so einen Fehler nicht noch einmal zu begehen.

Aber das hier … Das hier änderte alles.

Jeder seiner Muskeln war angespannt, Cal presste die Zähne aufeinander. Nachdem sie sich wahnsinnig leidenschaftlich geliebt hatten, war Ava wie ein Dieb in der Nacht davongeschlichen. Wäre da nicht dieser schwarze Slip, den Cal zwischen den zerwühlten Laken in seinem Bett gefunden hatte, hätte das alles ein herrlicher, erotischer Traum gewesen sein können.

Seine Gedanken rasten, als ihn die erregenden Erinnerungen überfielen. Nachdem er sich jeden Seufzer, jede Berührung wieder vor Augen geführt hatte, wich der anfängliche Schock einer bösen Ahnung. Schnell ließ Cal sich die verschiedenen Möglichkeiten durch den Kopf gehen: Zufallsbegegnung oder eine wohl überlegte Annäherung? Vielleicht gehörte es zu einem ausgeklügelten Erpressungsplan?

Sein hartes Lachen hallte durch das stille Büro. Wenn es sein Kind war, bot sich ihm hier eine hübsche Lösung für all seine Probleme.

Er knallte sein Glas auf den Tisch und griff nach dem Telefon. „Jenny … Lassen Sie meinen Wagen kommen, und informieren Sie den Flughafen, dass ich in einer Stunde fliegen werde.“

Bewusst langsam legte er den Hörer auf und stand leise fluchend auf.

Mein Baby.

Plötzlich versetzte der Gedanke, dass es sein Kind war, ihm einen solchen Stich, dass es ihm fast den Atem raubte. Wenn Ava dachte, dass er nur bezahlen und sich aus ihrem Leben halten würde, war sie schwer im Irrtum. Trotz allem, was er erreicht hatte, vergaß Cal keinen einzigen Tag lang, wer er war und wo er herkam. Und keine noch so langbeinige, dunkelhaarige Verführerin mit großen, blauen Augen konnte seine Überzeugungen erschüttern.

Mit quälender Sorge erkannte Ava, dass sie den Tatsachen ins Auge sehen musste: Jindalee trudelte in den finanziellen Abgrund, und sie fand keinen Ausweg, um diese Entwicklung aufzuhalten.

Sie betrachtete die auf ihrem Küchentisch ausgebreitete Abschlussbilanz und seufzte. Geistesabwesend strich Ava sich durch das wirre Haar, das sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte. Sie war sicher gewesen, dass die Leute ihre Ferien liebend gern in einem romantischen, abgelegenen Landhotel verbringen wollten. Ava war sich so sicher gewesen, dass sie das ganze Geld aus der Lebensversicherung ihrer Eltern in das Projekt gesteckt hatte. Sie hatte das Wohnhaus der Farm in Rezeption und Speiseraum umgewandelt, einen Fünfzimmeranbau vornehmen und die Küche renovieren lassen.

All das hatte zu ihren spektakulären Ruin geführt.

An den meisten Wochenenden standen ihre Gästezimmer leer. Ava hatte weder Geld noch die nötige Erfahrung, um weiter Werbung zu machen. Obwohl sie fest entschlossen war, den Klatsch in der Stadt zu ignorieren, wusste sie, dass sich die Leute auf ihren Misserfolg stürzen würden. Bis ihr Bauch runder werden würde, dann würde die Gerüchteküche in Gum Tree Falls erneut brodeln: „Habt ihr schon das Neueste über Ava Reilly gehört?“

Ihre Wangen schienen zu glühen, als Ava aufstand, die Schultern lockerte und tief Luft holte. Behutsam legte sie sich die Hand auf den nach wie vor flachen Bauch.

Ein Baby. Ihr Baby.

Vor Verwunderung und Ergriffenheit stockte ihr der Atem. Ava versuchte, sich zu beherrschen, doch ihr stiegen Tränen in die Augen. Schnell wischte sie sie wieder fort. Sie hatte sich nicht auf die Suche nach einem Mann für eine Nacht gemacht. Trotzdem hatte der Fremde an jenem Abend im Blue Horizon, der exklusiven Cocktail-Lounge im Shangri-La-Hotel, ihren Blick gefangen genommen. Sobald er sich auf den Barhocker neben sie gesetzt hatte, war sie von seiner Präsenz gefangen genommen worden. Mit jeder Faser seines engen, maßgeschneiderten Anzugs bis zu dem kurz geschorenen, fast militärisch geschnittenen Haar hatte er so viel Selbstsicherheit und Wohlstand ausgestrahlt, als ob er sich um rein gar nichts im Leben zu sorgen bräuchte. Da war jedoch noch etwas anderes, etwas leicht Verletzliches gewesen, das Ava hinter dieser Fassade erkannt hatte.

Erst nachdem sie um zwei Uhr nachts in die Wohnung ihrer Freundin zurückgeschlichen war, hatte Ava seine wahre Identität entdeckt. Der Mann, der ihre Welt sprichwörtlich aus den Angeln gehoben hatte, war Mr. One-Click – offenkundig der Erbe des Technologie-Imperiums von Victor Prescott. Cal Prescotts Computerprogramm war die Nummer eins auf dem nationalen Markt.

Mein Gott, dachte Ava, und ich habe gerade meinen Computer mit der neuesten Version aufgerüstet.

Sie seufzte angesichts dieser Ironie. Cal Prescott war einer der reichsten Männer unter fünfunddreißig, ein Mann, der sich normalerweise mit Topmodels und anderen prominenten Frauen traf. Er galt als ein Mann, der emotionale Verstrickungen mied und sein Junggesellenleben genoss. Wären langes Arbeiten und So-lange-wie-möglich-Single-Bleiben olympische Disziplinen gewesen, hätte er ein Regal voller Goldmedaillen besitzen müssen.

Es war gut, dass du gegangen bist. Eine kluge Entscheidung. Die richtige Entscheidung. Dennoch, ein leiser Zweifel nagte an Ava. Wie konnte sie ohne Hilfe für ein Baby sorgen – bei ihrem Leben mit den hohen Schulden, die bald extreme Ausmaße annahmen und sie womöglich obdachlos machten?

In den vergangenen Wochen hatte sie immer wieder absolute Freude und völlige Verzweiflung gespürt. Und jedes Mal war Ava auf die eine Erkenntnis zurückgekommen: Es war ihr Los. Karma. Schicksal. Wie auch immer man es nennen wollte. Das Universum gab ihr zu verstehen, dass dieses Baby ihre Bestimmung war.

Ava Rose, das Leben legt dir nichts in den Weg, das du nicht bewältigen kannst.

Beim Gedanken an den Lieblingssatz ihrer Mutter musste Ava kurz lächeln, bevor die Trauer wieder in ihr aufstieg. Einen Moment lang ließ sie die Gedanken an den Verlust zu, verdrängte sie dann jedoch. Tod und Tragödie hatten sie bisher nicht in die Knie gezwungen. Ein neues Leben würde das genauso wenig.

Sie griff nach den Papieren auf dem Tisch und schob sie zusammen. Schluss mit dem Selbstmitleid. Es war Zeit, etwas zu unternehmen und ihr Leben wieder zu ordnen. Irgendwie.

„Wie ich sehe, kümmerst du dich gerade um den Papierkram.“

Ava wirbelte herum. Beim Klang der herrlichen Stimme erschauerte sie warm. Eine Millisekunde darauf überkam Nervosität Ava.

Cal Prescott stand an der Tür, in voller Größe und tadellos gekleidet in seinem dunkelgrauen Anzug, sein Blick war frostig. Diese Augen, die damals so wahnsinnig leidenschaftlich geglänzt hatten, wirkten jetzt so kalt, dass Ava sich fast fragte, ob sie sich die Nacht vor zwei Monaten in Sydney nur eingebildet hatte. Sie sah doch in dieselben Augen, die er zusammengekniffen hatte, als sie sich in der Penthouse-Suite des Shangri-La-Hotels leidenschaftlich geküsst hatten? Es hatte so ein brennendes Verlangen in seinem Blick geflackert, als er ihr die Träger des Kleides von den Schultern geschoben hatte …

Sie verschloss sich vor diesen Erinnerungen, war kaum in der Lage, mehr als ein Krächzen herauszubringen. „Cal.“

„Ava.“

Seine Stimme, dieser leicht raue Klang, der sie so schnell, so ganz und gar erregt hatte, war die gleiche, doch irgendetwas war anders. Sein Gesicht war ein Musterbeispiel völliger Selbstbeherrschung. Sein Blick wirkte distanziert, Cal beobachtete sie genau, während er ruhig dastand. Obwohl sie relativ weit von der Tür entfernt saß, erschien Ava ihre Küche jetzt irgendwie klein.

Sie war allein mit Cal Prescott. Erneut.

Die Luft wurde stickig, die Stimmung erwartungsschwer. Zwischen ihren Beinen verspürte Ava ein warmes Pochen, und sie unterdrückte ein einziges, verzweifeltes Aufstöhnen.

„Was …“, stieß sie heiser hervor und räusperte sich. „Was machst du hier?“

Den Mund verzogen, aber schweigend, stand er dort, eine den ganzen Raum einnehmende, angespannte Gestalt, die scheinbar fest entschlossen war, den Moment noch weiter in die Länge zu ziehen. Ava wappnete sich innerlich, als Cal sie mit funkelndem Blick gründlich musterte. Sie erinnerte sich an ihre Würde, stand auf und strich sich das widerspenstige Haar glatt. Doch er verfolgte ihre unruhigen Bewegungen aufmerksam, bis Ava verlegen die Hände in die Hintertaschen ihrer Hose schob.

Cal stieß einen derart verächtlichen Laut aus, dass Ava vorsichtshalber einen Schritt zurückwich. „Bist du schwanger von mir?“

Der Satz traf sie wie ein Schlag. Ava stützte sich auf die Arbeitsplatte. Woher wusste er das? Sie hatte selbst bisher kaum Zeit gehabt, sich an den Gedanken zu gewöhnen. Um einen Schwangerschaftstest zu machen, war sie nach Parkes gefahren und hatte sich anschließend in einer freien Klinik untersuchen lassen. Niemand wusste davon, nicht einmal ihrer Tante Jillian.

Sprachlos öffnete sie den Mund. Sie brachte kein Wort hervor. Wie ein Idiot stand sie da und konnte nur schockiert blinzeln.

„Wer … Wie …?“, stammelte sie.

„Spiel nicht die Ahnungslose, Ava.“ Er blickte sie finster an. „Antworte mir jetzt!“

Trotz seiner sanften Betonung waren die subtile Drohung, die Wut, die seine ganze Körperhaltung ausdrückte, unverkennbar. Ava spürte, wie ihre Wangen vor Zorn glühten, und wie aus der Pistole geschossen entgegnete sie: „Denkst du, dass ich das geplant habe? Ich wusste überhaupt nicht, wer du bist, bis ich …“ Sie hielt inne.

„Bis du weggelaufen bist?“, fragte er in schneidendem Ton.

Um Haltung bemüht, sah sie ihn an. Ava wollte ihm nicht zeigen, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. Ihre Gedanken rasten, bis es ihr schließlich wie Schuppen von den Augen fiel. „Darum bist du hier! Du denkst, ich will Geld von dir.“ Sie war so aufgebracht, dass ihr übel wurde. „Verschwinde aus meiner Küche!“, stieß sie mühsam hervor.

„Ich werde nirgendwo hingehen. Ist es mein Baby?“

Einen Herzschlag lang zog sie ernsthaft in Erwägung zu lügen, aber genauso schnell verwarf Ava die Idee. Abgesehen von der Tatsache, dass sie eine miserable Lügnerin war, wollte sie es nicht. Nicht bei so einer wichtigen Sache. Mit Ehrfurcht vor dem ungewohnten, flatternden Herzschlag in ihrem Bauch nickte sie und antwortete langsam: „Ja, Cal. Es ist dein Kind.“

„Ein Vaterschaftstest wird das beweisen.“

„Ja“, erwiderte sie fest. „Das wird er.“

Seine kalte Miene zerlief, und seine Gesichtszüge wurden so grob, dass Ava unwillkürlich weiter zurückwich.

Als er auf sie zukam, stand er so dicht vor ihr, dass sie seine Nähe kaum aushalten konnte. Er war Cal Prescott, er war hier, genau hier. Und erstaunlicherweise verspürte sie das unbändige Bedürfnis, ihn zu berühren, seinen Duft tief einzuatmen. Sie sehnte sich danach, ganz und gar mit ihm zu verschmelzen, ihm so nah zu sein, dass sie nicht mehr hätte sagen können, wo ihr Körper endete und seiner begann.

Doch sie nahm seine unverhohlene Wut wahr, die sie hart traf und alle anderen Gedanken vertrieb. Im nächsten Moment drehte Cal sich leise fluchend um und strich sich mit den Fingern durchs Haar. Durch das Haar, das seine harten, markanten Gesichtszüge betonte und eine perfekte Harmonie zu seinen dunkelbraunen Augen bildete. Seine Miene wirkte jetzt wieder auf schmerzhafte Weise distanziert, in jedem Zug und jeder Linie so unverschämt kontrolliert und kraftvoll.

„Was willst du?“, fragte er und fixierte sie mit scharfem Blick.

Instinktiv legte sie sich die Hände auf den Bauch, wodurch sie jedoch nur seine Aufmerksamkeit darauf lenkte. Sobald Ava sich dessen bewusst war, schob sie die Hände wieder in die Hosentaschen. „Von dir? Nichts.“

Er starrte sie finster an „Lüg mich nicht an. Nicht jetzt.“

„Ich lüge nicht. Ich wusste bis vor einer Woche selbst nicht, dass ich schwanger bin.“

„Das ist also die Art, wie du damit umgehen willst.“

Zunehmend frustriert erkannte sie, dass er von ihrer Schuld vollkommen überzeugt war. „Mir ist völlig egal, was du denkst!“, rief sie aufgebracht. „Das geht dich nichts an.“

Ohne etwas zu erwidern, sah er sie an. Und es wurde so still, dass es Ava so erschien, als würde alles mit angehaltenem Atem auf eine Reaktion von ihm warten.

Cal lächelte, allerdings so triumphierend, dass sie schauderte. Es war das Lächeln eines Manns, der daran gewöhnt war, seinen Willen durchzusetzen, eines Manns, der Millionen-Dollar-Geschäfte abwickelte und seine Gegner einfach niederwalzte. Es war ein Lächeln, das ihr sagte, dass er gewonnen hatte. Aber was hatte er gewonnen?

„Es geht mich also nichts an, dass du ein Kind von mir bekommst?“, fragte er höhnisch. „Im Gegenteil. Ich habe mir darüber eine Menge Gedanken gemacht. Das Kind braucht einen Vater. Wir werden heiraten.“

Tief unter der Oberfläche schien die Bombe zu platzen. Ava jagten Schockwellen durch Mark und Bein.

Ohne die Wirkung seiner Worte abzuwarten, klappte Cal sein Handy auf und tippte eine Nummer ein. „Ich habe mich schon um die Formalitäten für die Hochzeit gekümmert, mein Notar wird einen Ehevertrag aufsetzen. Große Verlobungspartys kann ich nicht ausstehen, darum werden wir das auslassen. Aber ich habe einen Tisch im Tetsuya’s reserviert, um mit meinen Eltern morgen Abend zu essen, so gegen …“

Schließlich fand sie ihre Stimme wieder. „Was hast du gemacht?“

„Hm?“

„Bist du verrückt geworden?“

„Was?“ Als er die Hand über das Mikrofon legte und Ava wie einen lästigen Störenfried anblickte, sah sie rot.

„Du kannst mich nicht zwingen, dich zu heiraten!“ Empört stemmte sie die Hände in die Hüfte und schrie so laut, dass sich ihre Stimme überschlug.

Langsam beendete Cal die Verbindung. Er zwang sich, nicht die Beherrschung zu verlieren. Ava ballte die Hände auf der Hüfte zu Fäusten, auf der Hüfte, die in der engen Jeans derart betont wurde, dass es fast unanständig war. Sein Blick glitt höher, über das ausgeblichene Hemd, unter dem sich Avas Taille abzeichnete, zu dem hochgekrempelten Ärmel auf ihrer braun gebrannten Haut und zu dem reizvollen Dekolleté.

Schließlich richtete er seine Aufmerksamkeit auf ihr Gesicht, das er so oft in seinen Träumen, in den tiefen Qualen seiner Leidenschaft, gesehen hatte. Ihr seidiges, schwarzes Haar war halb zusammengebunden, halb zerzaust, Strähnen hatten sich aus dem Haarband gelöst und fielen ihr auf die Wangen. Avas Miene verriet nicht nur, wie stur und widerspenstig sie sein konnte, sondern zeigte Cal vor allem eins: Sie war starr vor Wut.

In die wohlhabende Prescott-Familie einzuheiraten, das war kein schlechtes Angebot. Er mochte ihr bei dem Erpressungsversuch zuvorgekommen sein, doch dafür wurde Ava ja wohl sehr großzügig entschädigt. Warum, zum Teufel, war sie so verärgert? Fassungslos betrachtete Cal ihren Mund.

Es machte ihn fertig, wieder ihre vollen Lippen zu sehen, die feinen Linien ihrer Mundwinkel, die verrieten, dass Ava viel Zeit an der frischen Luft verbrachte. Aber Cal konnte nur daran denken, wie weich ihre sinnlichen Lippen waren. Wie sie seine Brust mit glühend heißen Küssen übersät hatte, mit der Zunge eine prickelnde Spur zu seinem Bauch gezogen hatte, bevor sie …

Dass er leise fluchte und die Augen zusammenkniff, brachte sie anscheinend nur noch mehr auf.

„Ich werde dich nicht heiraten.“ Sie betonte jedes Wort und sprach so deutlich, als hätte er eine andere Sprache gesprochen.

„Warum nicht?“

Sie verdrehte die Augen. „Erstens erzählt man jemandem nicht, dass man ihn heiraten wird, sondern man fragt ihn. Zweitens kennen wir uns überhaupt nicht. Und drittens: Ich will dich nicht heiraten.“

„Ich weiß, dass du Geld brauchst, um dein Hotel hier zu retten. Ich mache dir einfach ein Angebot.“ Als sie nichts erwiderte, stellte Cal klar: „Du bekommst dein Geld und ich eine Frau.“

„Ich brauche dein Geld nicht.“

„Weil du so viel andere Angebote bekommen hast, ja? Dein Nachbar … Sawyer?“ Er warf ihr einen spöttischen Blick zu. „Er ist mit so hohen Hypotheken belastet, dass er das Geld ja kaum in diesem Leben zurückzahlen kann.“ Cal sah, dass sie blass wurde, und setzte nach: „Was, das wusstest du nicht?“

Ihr war die Überraschung anzusehen. Dann betrachtete Ava ihn anklagend mit den leuchtend blauen Augen.

„So wie ich es sehe, hast du keine Wahl“, erklärte er. „Ich gebe dir bis morgen Zeit, um die Sache zu überdenken. Aber wir beide kennen deine Antwort.“

Ava war fassungslos, seine ungeheure Arroganz machte sie sprachlos. „Wenn dich das so sehr kümmert, warum ziehst du dann nicht wegen des Sorgerechts vor Gericht?“, flüsterte sie schließlich. „Warum heiraten?“