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Eine junge Liebe und eine Reise ins Ungewisse.
Rhodesien, Afrika, 1956: Die Fotografin Olivia lernt im Livingstone Nationalpark den attraktiven Edward kennen. Beide verlieben sich Hals über Kopf ineinander. Doch Edward wird Afrika in ein paar Wochen verlassen. Er will den Traum seines verstorbenen Onkels verwirklichen und einen Zoo für bedrohte afrikanische Tiere in Australien eröffnen. Kurzerhand beschließen Olivia und Edward zu heiraten und gemeinsam den Aufbruch in ein neues Leben zu wagen. Doch kaum sind sie auf dem roten Kontinent angekommen, geschieht ein fürchterliches Unglück ...
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Rhodesien, Afrika, 1956: Die Fotografin Olivia lernt im Livingstone Nationalpark den attraktiven Edward kennen. Beide verlieben sich Hals über Kopf ineinander. Doch Edward wird Afrika in ein paar Wochen verlassen. Er will den Traum seines verstorbenen Onkels verwirklichen und einen Zoo für bedrohte afrikanische Tiere in Australien eröffnen. Kurzerhand beschließen Olivia und Edward zu heiraten und gemeinsam den Aufbruch in ein neues Leben zu wagen. Doch kaum sind sie auf dem roten Kontinent angekommen, geschieht ein fürchterliches Unglück …
ELIZABETH HARAN
JENSEITSDERSÜDLICHENSTERNE
Aus dem australischen Englisch von Kerstin Ostendorf
Victoria Falls holds special significance to me. I have wonderful memories of spending time there in the late 1980s with two very special people – my sister Kate Mezera and my brother Peter Haran – but also as children with our parents in the 1950s. It is truly one of the great wonders of the world, and indescribably beautiful. I feel so privileged to have been born in such a wonderful country.
Victoria Falls hat für mich eine besondere Bedeutung. Ich habe wunderbare Erinnerungen an die Zeiten, die ich dort mit für mich sehr besonderen Menschen verbracht habe: In den späten 1980ern war ich dort mit meiner Schwester Kate Mezera und mit meinem Bruder Peter Haran; in den 1950ern waren wir dort als Kinder mit unseren Eltern. Es ist einer der bezauberndsten Orte auf dieser Welt und unbeschreiblich schön. Ich bin sehr dankbar, in solch einem wundervollen Land geboren zu sein.
Rhodesien – 1956
»Hier drüben, Boss«, flüsterte Chibuzo Tafari dem leitenden Ranger Edward Mason zu. Er deutete auf eine große, unverwechselbare Spur am Fuße eines schattigen afrikanischen Ebenholzbaumes.
Sie befanden sich im Livingstone Wildpark inmitten eines Meeres von trockenem Elefantengras, das auch Löwen auf der Jagd perfekt als Tarnung diente. Edward wusste, dass sie jeden Moment aus dem Hinterhalt angegriffen werden konnten, und verstärkte unwillkürlich den Griff um sein geladenes Gewehr. Er war ein hervorragender Schütze, aber das würde ihm bei einem Überraschungsangriff wahrscheinlich wenig nützen. Sie verstießen gerade gegen gleich mehrere Regeln, die ein Ranger niemals brechen sollte: Sie hatten ihr Fahrzeug in einiger Entfernung zurückgelassen, sie durchquerten ein dicht bewachsenes Gebiet mit kurzer Sichtweite, und es war schon später Nachmittag – bald würden sich die Löwen auf die Jagd begeben.
Die Sonne sank bereits am Horizont und ließ den Himmel in kräftigem Rot, warmen Orangetönen und goldenen Farbstreifen leuchten. Die heiße Luft des Tages kühlte allmählich ab, und in Kürze würde sich Dunkelheit über die Steppe senken. Als sie in der Ferne das Gebrüll eines Löwen hörten, dicht gefolgt von den Warnschreien mehrerer Affen, wurden sich Edward und Chibuzo einmal mehr der Gefahr bewusst, in der sie sich befanden.
»Wir sollten zum Wagen zurückkehren. Aber wir sind so dicht dran, das spüre ich.« Edward hockte hinter Chibuzo und tippte den Zeigefinger seiner rechten Hand auf einen nassen Fleck auf dem Boden: Urin, noch warm und sehr wahrscheinlich von dem ausgewachsenen südlichen Breitmaulnashornweibchen, dessen Spur sie schon seit zwei Tagen verfolgten. Er ließ seinen erfahrenen Blick über das Elefantengras jenseits der Bäume schweifen. Teile davon waren plattgedrückt – ein Zeichen dafür, dass erst kürzlich ein sehr großes Tier darübergetrampelt war.
»Sie ist hier entlang gegangen«, sagte Chibuzo aufgeregt, der noch mehr Spuren bemerkte. »Ist noch nicht lange her.«
Edward hielt seinen Zeigefinger in die warme Brise und stellte erleichtert fest, dass der Wind von vorne kam. Nashörner hatten einen ausgezeichneten Geruchssinn und dazu noch ein feines Gehör, womit sie ihre geringe Sehkraft ausglichen. Es galt, so leise wie möglich zu sein, denn im Busch lauerten auch die farblich ähnlichen, aber kleineren und vor allem aggressiveren Spitzmaulnashörner. Sie gingen aus einer Auseinandersetzung meist als Sieger hervor, selbst gegen Menschen in Fahrzeugen, und konnten eine Geschwindigkeit von bis zu fünfundsechzig Stundenkilometern erreichen.
Edward und Chibuzo bewegten sich vorsichtig durch das Gras. Plötzlich hielt Chibuzo inne und studierte aufmerksam den Boden. »Sie hat ein Kalb dabei«, flüsterte er schließlich aufgeregt.
Auf Edwards Gesicht breitete sich ein breites Lächeln aus. »Bist du dir sicher?«, fragte er leise und in der Hoffnung, dass sein Assistent recht hatte.
»Ja, Boss. Schau, die kleinen Fußabdrücke.« Chibuzo deutete auf den äußeren Rand der großen Fußspuren auf dem Boden. Als Edward sich vorbeugte, konnte er die leichtere Vertiefung ausmachen.
Äußerst behutsam schlichen sie weiter, da eine wachsame Nashornmutter selbst das leiseste Geräusch hören würde. Ihr Kalb war wehrlos gegen einen Löwenangriff, und sie würde es ohne zu zögern mit ihren tausenden Kilogramm an Muskelmasse verteidigen. Plötzlich stieß Chibuzo Edward mit dem Ellbogen an und deutete mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht voraus. »Ich sehe sie«, flüsterte er.
Ein paar Meter weiter öffnete sich das hohe Gras zu einer Lichtung. Die Nashornmutter schnüffelte und schnaubte, sie roch die Eindringlinge. Die beiden Männer verharrten reglos auf der Stelle. Das Tier kannte den leitenden Ranger und seinen Partner, und so hofften sie, es möge verstehen, dass sie in guter Absicht kamen.
Auf diesen wunderbaren Moment des Wiedertreffens hatten Edward und Chibuzo seit sechzehn Monaten gehofft, und sie wurden nicht enttäuscht. Das kleine Kalb, offensichtlich ein Männchen, war einfach prachtvoll. Es spielte sorglos in der Nähe seiner schützenden Mutter im Gras am Rande der Lichtung.
»Es ist ungefähr zwei Wochen alt«, flüsterte Edward voller Ehrfurcht.
Chibuzo nickte. »Zehn Tage, vielleicht zwei Wochen, Boss. Gut einhundert Kilogramm schwer.«
Im Park wurde jede Geburt gefeiert, bei Nashörnern aber war die Freude besonders groß. In diesem Jahr hatten Wilderer bereits drei dieser Tiere erlegt, um ihre Hörner auf dem chinesischen Schwarzmarkt zu einen guten Preis zu verkaufen. Im selben Zeitraum waren fünf Elefanten für ihre Stoßzähne umgebracht worden. Auch die bewaffneten Männer, die Edward zur Bewachung der Parkgrenzen eingestellt hatte, hatten nichts genützt. Jeder Verlust eines Tieres war für ihn wie ein Messerstich ins Herz. Alle waren ihm wichtig, aber die Elefanten und Nashörner bedeuteten ihm besonders viel.
In Momenten wie diesem wünschte Edward, er würde eine Kamera bei sich tragen anstatt eines Gewehrs. Das unschuldige Babynashorn tollte mit sorgloser Hingabe um seine Mutter herum. Als es dabei beinahe über seine eigenen Füße stolperte, konnte Edward ein Lachen nur mit Mühe unterdrücken. Das weibliche Nashorn war ruhig und friedlich, und er wollte nichts tun, was das änderte.
Über alle Tiere des Parks wurde ein Logbuch geführt, deswegen wusste Edward, dass das weibliche Nashorn sieben Jahre alt war und dieses ihr zweites Kalb war. Sie würde ein Lebensalter von fünfunddreißig Jahren erreichen können, wenn sie nicht vorher von Wilderern getötet wurde. Laut des Logbuchs hatte dieses Schicksal ihre Mutter vor vier Jahren ereilt. Edward schob den belastenden Gedanken beiseite. Er wollte diesen wunderschönen Moment genießen. Jetzt hoben sich die Mutter und ihr prachtvolles Kalb als Silhouetten gegen den leuchtenden Himmel ab, es war ein atemberaubendes Bild. Vorzeitlich in ihrem Aussehen, waren die beiden ein wahres Symbol Afrikas – des Afrikas, das der in England geborene Edward zu lieben gelernt hatte. Ein Afrika, in dem die ausgewachsenen Nashörner nahezu keine Feinde hatten, abgesehen von Jägern mit leistungsstarken Gewehren.
In diesem Moment war erneut das Brüllen eines Löwen zu hören, und dieses Mal war das Geräusch viel näher als zuvor.
»Wir sollten gehen, Boss«, drängte Chibuzo.
Edward wusste, dass er recht hatte, auch wenn er seinen Blick nur schwer von dem Babynashorn lösen konnte. Wenn sie den Sonnenaufgang erleben wollten, mussten sie so schnell wie möglich zum Auto gelangen, und das stand nicht gerade in der Nähe.
Die Nashornmutter spürte die Gefahr ebenfalls. Sie drehte sich um und trabte in die entgegengesetzte Richtung davon. Das Kalb rannte neben ihr her.
Die Sonne sank jetzt schnell, und mit ihr schwand zunehmend das Licht. Edward und Chibuzo liefen stetig und wachsam in Richtung des Fahrzeugs, immer in Sorge, den Weg eines Löwen zu kreuzen. Die zehn Minuten, bis der Land Rover in Sichtweite kam, waren voller Anspannung, in der jedes Geräusch besonders laut und beunruhigend klang. Mit rasenden Herzen näherten sie sich dem Wagen, als plötzlich beängstigend nah das unverkennbar kehlige Knurren eines Löwen erklang. Die beiden Männer blieben abrupt stehen. Edward hob das Gewehr und horchte, ebenso wie sein Vertreter, angespannt in den afrikanischen Busch hinein. Chibuzo deutete nach vorn, und Edward war sofort klar, dass er glaubte, der Löwe befände sich auf der anderen Seite des Fahrzeugs.
Ihnen blieben nur wenige Sekunden, um den Land Rover zu erreichen. Sie preschten los, rannten die letzten Meter so schnell sie konnten, sprangen in den Wagen, zogen die Türen hinter sich zu und ließen sich schwer atmend auf ihre Sitze fallen. Direkt vor dem Auto standen zwei Löwinnen, die ihnen im abnehmenden Licht durch die Frontscheibe direkt in die Augen blickten. Dann trat ein männlicher Löwe hinzu, und die drei kamen näher. Edward war zutiefst beunruhigt, denn der abnehmbare Canvas auf dem Dach des Land Rovers bot kaum Schutz vor hungrigen Löwen. Wieder blieben ihm nur Sekunden, um zu reagieren. Er startete den Motor und ließ ihn aufheulen, dann schaltete er die Scheinwerfer an. Die erschrockenen Löwen verschwanden eilig in die heraufziehende Dunkelheit.
»Das war knapp, Boss.« Chibuzo war noch außer Atem, und seine Haut glänzte vor Schweiß.
»Aber das war es wert, oder?«, meinte Edward im Hinblick auf das Babynashorn.
Chibuzo nickte lächelnd.
Um Mitternacht saß Edward noch immer an seinem Schreibtisch. Ein Teil seiner umfassenden Aufzeichnungen über jedes der von ihm betreuten Tiere umfasste ihre Bewegungsmuster, ihre Lebensräume und die Bevölkerungsstatistik. Es war eine sehr schmerzhafte Aufgabe, den Tod eines Tieres zu vermerken, aber die Information über die Geburt eines Babynashorns hinzuzufügen war ein Vergnügen, die gute Seite des Jobs. Heute hatten er und Chibuzo die Geburt gefeiert, indem sie sich eine Flasche Bier geteilt hatten, nachdem der Rest des Personals ihre Büros schon verlassen hatte. Es war nicht üblich, mit einem schwarzen Angestellten zu trinken, aber Edward brach gerne eine weitere Regel. Es war ein sehr glücklicher Anlass, und Chibuzo war ein besonderer Angestellter.
Nun war Edward müde, aber eine Sache würde er noch erledigen: Er wollte erneut einen Brief an die Regierung schreiben mit der Bitte um weitere Ressourcen für den Kampf gegen die Wilderei im Park. Er brauchte gut ausgebildete, gut ausgestattete und motivierte Männer, um die Tiere schützen zu können, und er würde nicht aufhören darum zu bitten, bis er sie bekam.
Salisbury, Südrhodesien
»Kommen Sie rein, Mr Mason.« Bill Singleton stand im Eingangsbereich seines im zweiten Stock gelegenen Büros in der Lobengula Street im Zentrum von Salisbury, der Hauptstadt von Südrhodesien.
»Hallo, Mr Singleton.« Edward gab ihm die Hand und trat ein.
Durch die geöffneten Fenster waren gedämpft die Geräusche des Verkehrs auf der Straße unter ihnen zu hören, aber ohne auch nur den Hauch einer hereinwehenden Windbrise hingen die Vorhänge so schlaff herunter wie wochenalter Blattsalat. In einer Zimmerecke war ein surrender Ventilator auf den Schreibtischstuhl des Anwalts ausgerichtet. Edward war dankbar für die Luftbewegung, denn was Bill an Körpergröße fehlte, glich er durch seine Breite aus, und dementsprechend viel schwitzte er.
Edward war sehr gespannt, warum der Anwalt seines verstorbenen Patenonkels ihn sehen wollte, aber er würde sich nicht mehr lange gedulden müssen.
»Danke, dass Sie gekommen sind, Mr Mason«, sagte Mr Singleton. »Ich weiß, dass Walters Beerdigung erst gestern war und ich Ihnen nicht viel Zeit gegeben habe, seinen plötzlichen Tod zu verarbeiten. Ich dachte aber, es sei gut, jetzt mit Ihnen zu sprechen, sodass Sie zu einem späteren Treffen nicht extra noch einmal aus Victoria Falls anreisen müssen. Mir selbst kommt das auch ganz gut gelegen, da ich heute Morgen etwas Zeit zwischen zwei Gerichtsterminen habe und morgen schon zu einem dringend nötigen Urlaub nach Durban aufbreche.«
Edward nickte. »Die Andacht gestern war sehr gut, fanden Sie nicht?«
»Ja, das war sie. Und es waren viele Leute da, auch aus Bulawayo, was mich aber eigentlich nicht gewundert hat. Walter wurde von allen, die ihn kannten, geliebt und respektiert.«
Die Kirche in der Fifth Street war brechend voll gewesen, und draußen hatten noch einmal genauso viele Menschen gestanden. Darunter auch Walters Freunde aus seinem Heimatort sowie seine Angestellten, bei denen er sehr beliebt gewesen war.
Bill trat hinter den Schreibtisch und ließ sich auf seinen Stuhl fallen, der unter seinem Gewicht ächzte. Er forderte Edward auf, sich ebenfalls hinzusetzen. »Die Trauerrede, die Sie gehalten haben, war wirklich bewegend. Ich finde, Sie haben Walters Leben hervorragend wiedergegeben.«
»Danke. Es war gar nicht so leicht, eine so unglaubliche Lebensgeschichte auf ein paar Seiten zusammenzufassen, aber ich habe mein Bestes gegeben. Ich fand es immer schade, dass Walter nie geheiratet und Kinder bekommen hat. Er wäre ein wunderbarer Ehemann und Vater gewesen. Für mich jedenfalls war er nach dem Tod meiner Eltern immer wie ein Vater.«
»Ich bin froh, dass Sie das sagen, denn in gewisser Weise ist das der Grund, weshalb ich Sie treffen wollte.«
Edward wusste nicht, worauf er hinauswollte.
»Als Walters Anwalt ist es meine Aufgabe, seine Angelegenheiten nach seinem Willen zu regeln.«
»Verstehe. Kann ich Ihnen dabei irgendwie behilflich sein?«
Bill bedachte ihn mit einem langen Blick, bevor er sagte: »Das klingt fast, als wüssten Sie gar nicht, dass Sie der Haupterbe sind und den Großteil seines Besitzes bekommen.«
Edward starrte ihn verblüfft an. »Nein, ich hatte keine Ahnung! Ich dachte, er hätte sein Geld einer der Wohltätigkeitsorganisationen für Tiere oder Wildparks überlassen.«
Bill musterte ihn neugierig. »Hat er Ihnen gesagt, dass er das vorhatte?«
»Nein, ich habe das einfach angenommen, weil er sich so leidenschaftlich für den Schutz afrikanischer Wildtiere eingesetzt hat.«
»Stimmt, da war er wirklich sehr engagiert. Aber er war gleichzeitig auch enttäuscht darüber, wie sein gespendetes Geld ausgegeben wurde. Er war der Meinung, zum Schutz bestimmter Tiere könnte viel mehr getan werden. Sie wissen ja, dass er immer befürchtete, es könnte eines Tages, vielleicht in hundert Jahren, in diesem Land keine Elefanten und Nashörner mehr geben, und allein die Vorstellung hat ihm das Herz gebrochen.«
»Das ist schwer vorstellbar, aber die Wilderei und das Jagdgeschäft nehmen zweifelsohne zu«, sagte Edward verstimmt. »Vielleicht hatte er ja recht mit seinen Zukunftsvorhersagen.«
»Das war zumindest der Grund, warum er Ihnen den Großteil seines Besitzes vermacht hat.«
»Ich verstehe das nicht. Sind Sie wirklich sicher?«
»Ja, als ich sein Testament aufsetzte, haben wir seine Wünsche ausgiebig besprochen. Als leitender Ranger im Livingstone Wildpark arbeiten Sie mit genau den Tieren, für die Walter sich so eingesetzt hat, und er sagte, dass Sie seine Ansichten teilen.«
»Wir tun unser Bestes, die Tiere des Wildparks zu schützen, aber bei einem so großen Gebiet und mit so wenigen zur Verfügung stehenden Mitteln ist das sehr schwierig. Die Regierung ist in dieser Hinsicht leider auch keine Hilfe, auch wenn ich immer wieder nachfrage.«
»Walter glaubte, dass Sie einen Weg finden würden, seinen Träumen nachzugehen, und dass sie sein Land gut nutzen werden.«
Edward war wie vor den Kopf geschlagen. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
»Ich nehme an, Sie wissen, dass er in Nordaustralien ein beachtliches Grundstück gekauft hat, in der Hoffnung, es eines Tages als Zufluchtsstätte für Nashörner und Elefanten nutzen zu können.«
»Natürlich. Er hat das Land bei einem Besuch im Nordterritorium 1935 spontan gekauft. 1938 kehrte er nach Australien zurück und baute dort ein Haus. Er brannte darauf, seine Pläne zu verwirklichen, aber als dann 1939 der Krieg ausbrach, musste er erst einmal alles auf Eis legen. Walter wurde Fluglehrer bei der rhodesischen Luftwaffe – und ich einer der von ihm trainierten Piloten.«
»Aber nach dem Krieg ging er wieder nach Australien, oder?«, fragte Bill.
»Ja, aber erst nach 1948. Darwin wurde während des Krieges evakuiert und von den japanischen Bomben nahezu komplett zerstört. Die Bevölkerung kam nur sehr langsam zurück, und der Wiederaufbau zog sich dahin. Da auch der nördliche Teil Australiens Bombenangriffen ausgesetzt war, erwartete Walter, sein Haus in Trümmern vorzufinden. Doch wie durch ein Wunder war es völlig unbeschädigt.«
»Das war wirklich großes Glück. Was hielten Sie damals von seiner Idee, dort eine Schutzzone für afrikanische Tiere aufzubauen?«
»In der Theorie fand ich seine Idee wundervoll, aber ich war skeptisch, ob es logistisch möglich sein würde, so große Tiere über den Indischen Ozean nach Australien zu transportieren. Gerade von einem Gebiet wie Rhodesien aus, das von Festland umgeben ist. Ich weiß, dass Walter das anders sah. Und er musste sich mit der Regierung und deren Vorschriften auseinandersetzen, sie waren eine unüberwindbare Hürde. Das hat ihn sehr enttäuscht.«
»Wann haben Sie das letzte Mal mit ihm über das Thema gesprochen? Ich frage, weil in Bezug auf seine Pläne doch der Durchbruch gelungen ist.«
»Wirklich?« Das hatte Edward nicht gewusst und auch nicht erwartet. »Ich habe ihn seit seinem Besuch in Victoria Falls anlässlich meiner Feier zur Beförderung zum leitenden Ranger letztes Jahr nicht gesehen. Es ist schon traurig: Ich hatte vor, ihn in drei Wochen zu besuchen, um seinen siebzigsten Geburtstag mit ihm zu feiern. Bei unserem letzten Treffen erzählte er tatsächlich, er versuche immer noch, die Genehmigungen der Regierung zum Transport seiner Tiere aus dem Land zu bekommen. Damals noch vergeblich, was ihn sehr ärgerte.«
»Es ist ihm erst vor zwei Wochen gelungen, die Erlaubnis für die Umsiedlung der Tiere zu bekommen. Ich schätze, er hat die gute Nachricht aufgespart, um sie Ihnen an seinem Geburtstag mitzuteilen.«
»Oh, das ist ja wirklich erstaunlich! Wie hat er das denn letztendlich geschafft?«
»Er musste der Regierung eine ordentliche Stange Geld zahlen. In seinen Augen war das Bestechung, und er war sehr erbost darüber.«
Edward konnte sich Walters Wut nur zu gut vorstellen. »Armer Walter. Nach all den Jahren des Kampfes gegen diese lächerlichen Regulierungen der Regierung und den zahlreichen nervenaufreibenden Formalitäten hat er endlich Erfolg – und dann stirbt er. Manche Dinge im Leben ergeben überhaupt keinen Sinn.«
»Das stimmt leider. Aber letztendlich hat er die Genehmigungen bekommen, und die sind unbefristet. Er hatte sich auch schon Gedanken zum Transport der Tiere gemacht und war sehr zufrieden mit der geplanten Lösung. Im Prinzip war nur noch die Frage der Auswahl offen, und ich glaube, er plante, Sie in dieser Sache um Rat zu fragen. Er war sehr aufgeregt, vielleicht etwas zu aufgeregt, und das hat seinen Herzinfarkt begünstigt.«
»Sein Tod hat alle, die ihn kannten, zutiefst getroffen.«
Bill blickte auf die Papiere, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen. »Sein Besitz ist schon beachtlich: Da ist zum einen die Farm, die sehr groß und von ziemlich hohem Wert ist, weil sie nur wenige Kilometer von Salisbury entfernt liegt. Dazu kommen noch die Ausstattung und die vielen Geräte und Fahrzeuge.«
Edward nickte.
»Außerdem ist da noch das Grundstück in Australien, das er Zendaya genannt hat.«
»Wie kam er auf diesen Namen?«, fragte Edward überrascht.
»Das habe ich ihn auch gefragt. Zendaya ist offenbar der Name von Mosis jüngster Tochter. Sie wissen schon: Mosi, der viele Jahre bei ihm angestellt war. Walter sagte, dass er Zendaya besonders gern mochte. Als Kind war die Tochter sehr krank, aber nun ist sie selbst schon Mutter.«
Edward hatte auf der Beerdigung mit Mosi gesprochen und erinnerte sich, dort auch dessen Familienmitglieder gesehen zu haben. Er fragte sich, was nun mit Mosi passieren würde.
»Zendaya Zoo klingt doch gut, finden Sie nicht?«, fragte Bill.
»Ja.« Edward fand es schade, dass es seinem Onkel nun nicht mehr gelingen würde, seine Pläne in die Tat umzusetzen.
»Ich möchte Ihnen noch mitteilen, dass Walter einen Teil seines Vermögens einer Tierschutzorganisation vermacht hat sowie einen weiteren Teil Mosi persönlich, damit er in den Ruhestand gehen und sorgenfrei leben kann. Er ist fast siebzig und nicht mehr ganz gesund, es war also eine nette und großzügige Geste von Walter. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
»Natürlich nicht.« Edward freute sich für Mosi.
»Das Grundstück in Australien ist zweitausend Morgen groß. Walter hat es als wunderschön beschrieben«, fügte Bill hinzu.
Edward starrte ihn ungläubig an.
»Ich kann mir vorstellen, dass das jetzt sehr viel für Sie ist, Mr Mason«, sagte Bill ruhig, »aber ich werde versuchen, es so einfach wie möglich zu machen. Alles, was ich von Ihnen brauche, sind ein paar Unterschriften. Und dann sorge ich dafür, dass die beiden Grundstücke auf Sie übertragen werden. Sobald Sie mir Ihre Bankverbindung mitgeteilt haben, überweise ich das Geld von Walters Konto auf Ihres und lasse Walters Konto schließen.« Er reichte ihm die zu unterzeichnenden Papiere, und Edward erfüllte seine Pflicht in einem tranceähnlichen Zustand. Anschließend zog Bill eine Tasche aus der großen Schublade seines Schreibtisches und schob sie über den Tisch.
»Das hier sind Walters Tagebücher. Sie waren ihm sehr wichtig. Ich habe strikte Anweisung, sie Ihnen nach seinem Tod persönlich zu überreichen.«
»Danke.« Edward nahm die Tasche an sich. Er hatte nicht gewusst, dass sein Onkel Tagebuch geführt hatte.
In diesem Moment klopfte Bills Sekretärin und steckte ihren Kopf zur Tür herein.
»Es tut mir leid, Sie stören zu müssen, Mr Singleton, aber Sie müssen in zwanzig Minuten bei Gericht sein.«
»Danke, Claire.« Bill erhob sich mühsam aus seinem Schreibtischstuhl und reichte Edward die Hand. »Ich werde Walter sehr vermissen«, sagte er traurig. »Wenn Sie das nächste Mal in Salisbury sind, melden Sie sich gerne bei mir, dann stoßen wir mit einem Bier auf Walter an.«
»Sehr gerne.« Edward verabschiedete sich und verließ aufgewühlt das Bürogebäude. Sein Flug zurück nach Victoria Falls ging erst in zwei Stunden vom Belvedere Flughafen, ihm blieb also noch Zeit für ein kaltes Bier – und das konnte er jetzt wirklich gebrauchen. Er machte sich auf den Weg zum Meikles Hotel im Zentrum von Salisbury, in dessen Biergarten mit Blick auf den Cecil Square er und Walter viele glückliche Stunden verbracht hatten.
In der Hotelbar bestellte Edward einen Pint Lager und setzte sich an ein Fenster, von dem aus er auf den Square gucken konnte. Er dachte an die Ereignisse der letzten Woche und an das, was gerade passiert war. Das alles erschien ihm vollkommen unwirklich. Insbesondere den Umstand, dass er als Haupterbe auch der Besitzer von Tausenden Morgen Land in Nordaustralien war, die für Walters Zukunftstraum standen, konnte er nicht glauben. Plötzlich füllten sich seine Augen mit Tränen. Er vermisste Walter so sehr! Warum nur hatte er jetzt sterben müssen?
Walter war auf den Feldern unterwegs gewesen, um seine Getreideernte zu überprüfen, als er den Herzinfarkt erlitt. Die Ärzte vermuteten, dass der Tod schnell eingetreten war, doch mit Sicherheit sagen konnten sie es nicht. Mosi hatte das Geschrei von Pavianen gehört und sofort nachgesehen, somit war Walter schnell gefunden worden. Die Paviane hatten sich um Walters Körper versammelt, ihn aber nicht berührt. Laut Mosi hatte Walter die Paviane oft gefüttert, sie hatten ihn also gut gekannt. Walter war sogar der Meinung, sie hätten individuelle Persönlichkeiten. Mosi war sicher, dass die Paviane so aufgeregt waren, weil ihnen bewusst war, dass Walter in ernsthaften Schwierigkeiten steckte. Er hatte schließlich Fackeln anzünden müssen, um die Tiere zu verscheuchen und sich Walters Leichnam nähern zu können.
Edward trank sein Bier aus und suchte die Toilette auf. Doch bei der nächstgelegenen Örtlichkeit an der Bar fand er einen Klempner vor, der an den Rohren arbeitete. Also machte er sich auf den Weg zu den Toiletten im Biergarten. Seine Gedanken rasten. Wie sollte er die Wünsche seines Patenonkels erfüllen? Er konnte keine wilden afrikanischen Tiere nach Australien schiffen. Das war ganz sicher ein unerfüllbarer Traum, abgesehen davon, dass er schon die Verantwortung für seine Arbeit im Wildpark trug.
Edward betrat den großen, mit Weinreben bedeckten Hof mit einem Wasserspiel, einem Brunnen, zahlreichen Topfpflanzen und gemütlichen Sitzgruppen. Hier hatte er schon viele glückliche Stunden mit Freunden und seinem Patenonkel verbracht. Er kannte diesen Biergarten wie seine Westentasche, doch plötzlich stieß er vollkommen unerwartet gegen eine Vogelstange, die sofort umfiel.
»Verdammt«, murmelte er und rieb sich das Schienbein. Er hatte nicht nur sich selbst, sondern auch den Vogel, der dort gesessen hatte, erschreckt. Der blaugoldene Ara schrie laut, bevor er sich durch eine Lücke im vom Wein umrankten Gitter davonmachte.
»Jetzt schauen Sie, was Sie angerichtet haben«, schimpfte eine verärgerte weibliche Stimme. »Wie kann man nur so ungeschickt sein?«
Edward wandte sich überrascht um. »Verzeihung?«
Etwa drei Meter entfernt stand eine Frau hinter einem Kamerastativ und funkelte ihn wütend an. Sie war sehr groß, gertenschlank und hatte honigfarbenes, lockiges Haar, das wild von ihrem Kopf abstand und ihr die Aura eines Freigeistes verlieh. »Ich habe Stunden gebraucht, um ein gutes Verhältnis zu diesem übellaunigen Vogel aufzubauen. Dann war endlich auch das natürliche Licht hier draußen perfekt. Ich stand so kurz davor, ein fantastisches Bild zu schießen! Aber nein, da stürmen Sie durch die Tür und veranstalten dieses Durcheinander. Jetzt ist mein gesamter Morgen verschwendet! Und der Vogel ist auch abgehauen, wahrscheinlich erwartet der Hotelbesitzer sogar, dass ich ihn ersetze. Dabei kostet ein exotischer Papagei zweifellos ein kleines Vermögen!«
Edward versuchte sich zu sammeln. »Es … es tut mir leid, ich war auf dem Weg zur Toilette und in Gedanken versunken«, sagte er. »Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass hier ein Vogel im Weg stehen würde.«
»Jetzt ist es auch noch meine Schuld?«, erwiderte die Frau empört.
»Haben Sie den Ständer hier hingestellt?«
»Ja, das Licht ist hier besser. Aber er ist doch groß genug, dass man ihn sieht.«
»Na ja … Ja, wenn man darauf achtet, schon.«
»Nun, Sie sollten schon auf den Weg achten. Und drinnen gibt es auch eine Toilette.« Die Frau trat einen Schritt näher, während sie mit den Augen das mit Weinreben bedeckte Gitter nach dem Papagei absuchte. Schließlich stand sie so dicht neben Edward, dass er den Duft ihres Shampoos nach Vanille und Pfirsich riechen konnte.
»Drinnen repariert gerade ein Klempner die Rohre.« Edward hob die Stange auf und ertappte sich bei dem Gedanken, dass er zu gerne wüsste, wer diese Frau war.
Sie schnaubte. »Ich suche jetzt mal den Hotelbesitzer und bringe ihm bei, dass er wahrscheinlich keinen Papagei mehr hat. Das Tier kommt bestimmt nicht zurück.«
Edward kannte den Hotelbesitzer gut, wusste aber nichts davon, dass dieser sich einen Papagei zugelegt hatte. Auch er machte sich daran, das Gitter mit den Augen abzusuchen, und nahm mit einem Mal etwas Blaugoldenes darüber wahr. »Bitte warten Sie noch, ich denke, dass ich ihn wieder herunterlocken kann.«
»Sie haben offensichtlich keine Ahnung von Vögeln«, behauptete die Frau. »Sonst wüssten Sie, dass sie bei abrupten Bewegungen erschrecken.«
Edward wandte sich ihr erstaunt zu. »Ich … war in Gedanken«, murmelte er.
»Das hatten wir schon, aber das hilft uns nicht weiter.«
Irgendetwas an dieser Frau brachte Edward dazu, sich wie ein unartiger Schuljunge zu fühlen. Er bemühte sich, das Gefühl beiseitezuschieben und seiner Stimme einen festen Klang zu geben. »Ich will mal versuchen, ob ich den Vogel herunterbekomme.« Eilig machte er sich auf den Weg zur Bar, um ein paar ungesalzene Erdnüsse zu holen.
Die attraktive Frau, die in den Dreißigern sein musste, war davon bei seiner Rückkehr wenig beeindruckt. »Das hier ist ein Papagei, kein Affe. Meine Güte, Sie haben wirklich keine Ahnung, oder?«
»Nun, ich kann es ja mal versuchen.« Edward war fest entschlossen, sich nicht unterkriegen zu lassen. »Bitte nehmen Sie doch wieder Ihren Platz in der Nähe Ihrer Kamera ein.«
Sie bedachte ihn mit einem wütenden Blick, bevor sie sich umwandte und begann, ihre Ausrüstung in eine Tasche zu packen. Edward hingegen zog einen Stuhl unter die Stelle, an welcher der Vogel auf dem Gitter saß, und kletterte hinauf. Vorsichtig streckte er seine Hand durch das Gitter und bot dem Papagei eine Erdnuss an. Der Vogel ergriff sie sofort mit einer seiner Klauen und fing an, sie zu kauen.
»Guter Junge. Das schmeckt, nicht wahr?«, sagte Edward besänftigend.
»Als ob er Sie verstehen würde«, hörte Edward die misbilligende Stimme der Frau.
Edward kletterte vom Stuhl und streckte seinen Arm mit einer weiteren Erdnuss in der Hand hinauf. »Wenn du noch eine haben möchtest, musst du herunterkommen«, sagte er zu dem Papagei. Er war sich bewusst, dass die Frau ihn beobachtete.
»Er wird nicht herunterkommen«, sagte sie skeptisch.
Der gelbblaue Kopf des Papageis erschien zwischen den Weinreben. Der Vogel stieß ein Krächzen aus, und ein paar Sekunden später sprang er auf Edwards Hand.
»Oh. Seien Sie vorsichtig. Bewegen Sie sich dieses Mal langsam«, wies die Frau ihn an.
Edward ließ den Vogel vorsichtig auf die Sitzstange hinab und belohnte ihn dann mit einer weiteren Erdnuss. Er war mit sich zufrieden und hoffte insgeheim, dass auch die Frau beeindruckt sein würde. Aber da hatte er sich getäuscht.
»Scheint, als hätten Sie Glück gehabt«, sagte sie kurzangebunden.
Vermutlich ist sie immer noch enttäuscht, dass sie die Fotos eben nicht machten konnte, dachte Edward. »Wahrscheinlich kann der Vogel gutem Essen nicht widerstehen, genau wie Menschen«, sagte er. »Ich bin übrigens Edward Mason, Miss … Mrs …« Er streckte seine Hand aus, die sie aber nicht nahm. »Ich lasse die Erdnüsse hier«, sagte Edward schließlich. »Vielleicht können Sie ja doch noch ein gutes Bild von dem Vogel machen.«
»Nicht nötig. Das Licht ist nicht mehr richtig, und ich habe meine Ausrüstung schon eingepackt.«
»Es tut mir wirklich leid«, sagte Edward schuldbewusst. »Aber vielleicht kann ich das wiedergutmachen?«
Die Frau starrte ihn an. »Wenn Sie meinen, ein Getränk oder ein Abendessen würde die verschwendeten Stunden hier ausgleichen, dann irren Sie sich«, blaffte sie ihn an.
Das hatte Edward nicht gemeint. Unwillkürlich musste er grinsen. »Das ist gut zu wissen, aber eigentlich wollte ich Ihnen vorschlagen, eine Tour durch den Livingstone Wildpark zu machen, um ein paar wirklich gute Fotos von den Tieren dort zu schießen«, sagte er.
Die Frau blickte ihn überrascht an, fing sich aber schnell wieder. »Nun, danke für Ihren Vorschlag, aber ich war schon einmal in einem Wildpark, und dort hat mir ein Pavian mein teuerstes Objektiv gestohlen.«
»Ja, Paviane sind blitzschnell und sehr stark. Aber ich kenne das Personal im Livingstone Wildpark zufällig sehr gut und kann Ihnen garantieren, dass Ihnen das bei einer Tour dort nicht passieren wird«, sagte Edward. »Vor wenigen Wochen ist im Park ein Babynashorn zur Welt gekommen. Ich wette, es ist ein wunderbares Motiv.«
»Reden Sie vom Wildpark in der Nähe von Victoria Falls?«
»Ja, genau. Das Baby ist einen Ausflug dorthin wert.«
Die Frau schenkte ihm einen Blick, der deutlich machte, dass sie ihm nicht glaubte, und Edward entschied, jetzt endgültig die Toilette aufzusuchen.
»Ich werde Sie nicht weiter aufhalten, Miss … Es tut mir leid, dass ich Bertie erschreckt habe.« Er wandte sich um, bereit zu gehen.
»Bertie?«
Edward deutete auf das Namensschild an der Sitzstange des Papageis.
»Oh.« Der Vogel war so unkooperativ gewesen und hatte sie so oft zu beißen versucht, dass die Frau das kleine Namensschild übersehen hatte. Jetzt ließ sie den Verschluss ihrer Tasche mit der Ausrüstung zuschnappen.
»Es war eine dieser Wochen …«, sagte sie gedankenverloren.
»Ja, das war es.« Edward nickte traurig, in Gedanken bei Walter.
Die Frau sah ihn an. »Ich brauche das Foto von Bertie, um einen Kalender zu vervollständigen, an dem ich gerade arbeite. Aber es scheint, als müsste ich mir ein anderes Motiv suchen.« Sie ging, bevor er noch einen weiteren Vorschlag machen konnte.
»Ich habe das Breitmaulnashorn und ihr Kalb vor vier Tagen noch gesehen, Boss«, sagte Chibuzo zu Edward. Sie fuhren über einen Bergkamm, von dem aus sie gut auf das Wasserloch blicken konnten. Dort tranken an diesem späten Nachmittag Kudus, Antilopen, Zebras und Büffel gemeinsam mit Tausenden von Vögeln. Es war ein sehr friedliches Bild.
»Ich würde mich gern noch mal vergewissern, dass es den beiden gutgeht.« Edward suchte die Umgebung mithilfe seines Fernglases ab. Er entdeckte zwei Geparden, die sich im hohen gelben Gras unweit des Wasserlochs versteckten. Offensichtlich waren sie nicht hungrig, oder ihnen war zu warm zum Jagen, denn sie zeigten keinerlei Interesse an den trinkenden Tieren.
»Lass uns dahin fahren, wo du sie zum letzten Mal gesehen hast. Sehr wahrscheinlich sind sie irgendwo in der Nähe.«
Sie befuhren einen Weg, den sie schon unzählige Male genommen hatten. Plötzlich bemerkte Edward Bussarde, die am Himmel ihre Kreise zogen, dann sah er zwei weitere in den oberen Ästen einer dornigen Akazie. Das war kein gutes Zeichen. Edward überkam ein ungutes Gefühl, und sein Herz schlug schneller. Er lenkte den Wagen eine Anhöhe hinauf, stieg aber mit einem Mal in die Bremsen, sodass der Land Rover ruckartig stehen blieb.
»O Gott, nein«, stieß er entsetzt hervor.
Ein paar Sekunden lang starrten Edward und Chibuzo auf den großen grauen Hügel auf der Straße vor ihnen, der von Bussarden umgeben war. Beiden war sofort klar, dass es nur das Nashornweibchen sein konnte. Edward stellte den Motor aus, er war vor qualvollem Entsetzen wie gelähmt. Dann erweckte ein mitleiderregender Laut seine Aufmerksamkeit. Das leidvolle Geräusch kam von dem Babynashorn, das er aber nirgendwo sehen konnte. War es ebenfalls verletzt oder von den Bussarden angegriffen worden? In diesem Moment tauchte es in Edwards Sichtfeld auf. Auf den ersten Blick unverletzt, wenn auch orientierungslos, trat es zu seiner Mutter, doch die Bussarde drängten es zurück. Die Schreie des Jungtiers brachen Edward das Herz und weckten ihn aus seiner Erstarrung.
»Verdammt«, knurrte er und schlug mit den Fäusten auf das Lenkrad.
»Verfluchte Wilderer!« Chibuzo kletterte aus dem Wagen und rannte zu dem Kadaver des Nashornweibchens, wobei er wild mit den Armen wedelte und schrie, um die Vögel zu verscheuchen. Widerwillig rückten sie in die nahegelegenen Bäume ab und gaben den Blick frei auf den Nashornkopf, von dem ein Horn abgehackt war. In der Schulter war ein Einschussloch zu sehen. Das Tier war also erschossen worden, doch um ein Nashorn zu töten, war eine bestimmte Art von Kugel notwendig, die nur selten verwendet wurde. Chibuzo vermutete, dass das Tier noch nicht tot gewesen war, als das Horn entfernt wurde. Er fluchte und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht.
Edward stellte sich neben ihn. Er hatte dieses Bild schon oft gesehen, keuchte aber dennoch angesichts der Grausamkeit, die sich ihm darbot. Auch er fluchte wütend, während ihm die Tränen über das Gesicht strömten. »Bastarde!«, murmelte er immer wieder. Ihm war durchaus klar, dass er die Wilderer ohne zu zögern erschossen hätte, wenn sie noch in der Nähe gewesen wären.
»Sie ist erst vor wenigen Stunden gestorben, Boss«, sagte Chibuzo niedergeschlagen.
Edward wandte sich zu dem Babynashorn um, das zu seiner Mutter wollte.
Er führte Chibuzo am Arm weg, und sofort rannte das junge Nashorn zu seiner Mutter. Es schnüffelte an ihr und legte dann seine vorderen Beine über ihren Nacken, als Zeichen des Schutzes und der Nähe. Wie sorgenfrei das Tier doch bei unserer letzten Begegnung war!, dachte Edward. Er sah die beiden vor seinem inneren Auge, erinnerte sich an das perfekte Bild, das sie vor dem Hintergrund der untergehenden Sonne abgegeben hatten. Diese grausame Szene hier drängte seine wunderschöne Erinnerung beiseite.
Edward zwang sich, zurück zum Fahrzeug zu gehen und die Zentrale zu kontaktieren, um die Abholung des Babynashorns zu organisieren und so für seine Sicherheit zu sorgen. Er hinterließ auch eine Nachricht, dass die Wächter nach den Wilderern Ausschau halten sollten, die wahrscheinlich noch im Park waren. Er hielt seine Leute an, erst zu schießen und später Fragen zu stellen.
Zwei Stunden darauf befand sich das Babynashorn in einem sicheren Gehege. Chibuzo versuchte, es mit warmer Milch aus der Flasche zu füttern, doch es nahm sie nicht an. Das Tier war außer sich vor Kummer und der Erfahrung, gefangen zu sein. Das war nicht ungewöhnlich, es würde mit der Zeit zur Ruhe kommen, und dafür würde Chibuzo ihm die Nanny-Ziege zur Seite stellen, die sie schon des Öfteren mit verwaisten Tieren zusammengebracht hatten. Ihre freundliche Gesellschaft hatte schon viele verwaiste Tiere beruhigt, selbst junge Elefanten.
Edward war außer sich vor Wut und untröstlich. Er versuchte, das Logbuch auszufüllen, doch der erste Eintrag für das Babynashorn war auf der gegenüberliegenden Seite, und er konnte nicht umhin, daran zu denken, was für ein glücklicher Moment es für ihn gewesen war, diese Geburt zu vermerken. »Ich kann diesen Job nicht mehr machen, Chibuzo«, sagte er, als sein Assistent zu ihm ins Büro trat. »Tiere auf diese Art leiden und sterben zu sehen ist einfach zu hart.«
Chibuzo wusste, dass das zu dieser Art von Arbeit dazugehörte, aber das machte es nicht leichter.
»Diese Regierungsbürokraten sollten sehen, was wir uns ansehen müssen«, sagte Edward wütend. »Dann würden sie vielleicht endlich Leute zur Verfügung stellen, die diese Tiere bewachen.«
»Werden Sie etwa als leitender Ranger zurücktreten, Boss?«, fragte Chibuzo besorgt.
»Ich kann das nicht mehr«, sagte Edward. »Ich gehe jetzt erstmal nach Hause.«
In den nachfolgenden Stunden trank Edward fast eine ganze Flasche Royal Navy Rum. Er hatte gehofft, dadurch den quälenden Schmerz in seinem Herzen betäuben zu können, aber es brachte nicht mal ansatzweise den gewünschten Erfolg. In seinem Kopf tauchte immer wieder das Bild des Nashornweibchens auf, und ihm wurde schlecht bei dem Gedanken daran, wie sehr das Tier hatte leiden müssen und dass das arme Babynashorn alles mitangesehen hatte. Er hatte schon viel zu oft tote Nashörner sehen müssen und schwor sich jetzt, dass dieses Weibchen das letzte sein würde. Er konnte es schlicht nicht länger ertragen, Zeuge dieser sinnlosen Verschwendung kostbaren Lebens zu sein. Er war wütend, vor allem aber enttäuscht und desillusioniert. Es war seine Aufgabe, die Tiere im Park zu bewachen und zu beschützen, und doch scheiterte er immer wieder daran. Er konnte die Wilderer nicht aufhalten. Es gab einen profitablen Schwarzmarkt für Hörner und Elfenbein, auch wenn nicht viele Afrikaner davon wussten. Die Auftraggeber boten den armen Dorfbewohnern für deren Beschaffung hohe Geldsummen, mehr als sie in ihrem Leben sonst je verdienen würden. Dafür würden sie ihr Leben riskieren – egal, wie viele Wächter den Park patrouillierten oder wie viele Wilderer bei dem Versuch getötet wurden. Die Situation war aussichtslos. Edwards Gedanken wanderten zu Walter. Sein Patenonkel hatte recht gehabt: Das würde erst aufhören, wenn es keine Nashörner und Elefanten mehr gab.
Edward stieß einen Seufzer aus und beschloss, Walters Tagebücher zu lesen. Bisher hatte er sich noch nicht dazu durchringen können, doch nun holte er sie hervor. Er hatte den Rat seines Patenonkels nie dringender gebraucht als in diesem Moment.
In der Tasche, die Bill Singleton ihm gegeben hatte, waren drei Tagebücher sowie das Dokument mit der Erlaubnis, wilde Tiere aus dem Land auszuführen. Edward überflog das Schreiben und stellte fest, dass die Zusage unbefristet war, genau wie Bill gesagt hatte. Er öffnete das Tagebuch, das mit 1935 datiert war, dem Jahr, in dem Walter das erste Mal nach Australien gereist war.
März, 1935
Die Regenzeit in Nordaustralien geht gerade zu Ende. Es nieselt. Ich sitze auf der hinteren Veranda von Vince Carlisles Hof und blicke auf ein Land von unendlicher Schönheit.
Vince Carlisle war ein Schulfreund von Walter aus Nottingham. Als Walter sowie Edwards Eltern 1920 nach Afrika gezogen waren, war Vince nach Australien ausgewandert, aber sie hatten den Kontakt immer gehalten.
Der Hof führt dreitausend Shorthornrinder, und wir haben sie gerade zusammengetrieben. Dazu mussten wir ein Lager aufbauen, sechzehn Kilometer weit draußen. Das ist ein logistischer Albtraum, weil alles, was man für einen Monat braucht, zu diesem Lager transportiert werden muss. Zum Glück hat Vince ein tolles Team, das gut zusammenarbeitet. Er hat den Betrieb viele Jahre lang alleine geleitet und außerdem noch seine beiden Söhne alleine großgezogen, weil seine erste Frau vor ein paar Jahren gestorben ist. Ich bewundere die Stärke, mit der er das alles macht. Seine zweite Frau Sally sorgt jetzt dafür, dass wir im Lager alle Vorräte haben, die wir brauchen, aber sie kommt nicht mit hinaus, weil sie auf die drei kleinen Kinder aufpasst. Bernard Cobb, oder Cobber, wie er hier gerufen wird, ist der Koch des Camps, und er ist sehr gut organisiert. Er bringt auf dem Campingherd wirklich gutes »Tucker« zusammen, das ist das australische Wort für »Essen«. Vince und seine Leute haben mir viel australischen Jargon beigebracht.
Heute ist Sonntag, der einzige Ruhetag auf der Blackmore River Downs Station. Vince und ich haben gerade ein kaltes Bier getrunken, und während er ein wohlverdientes Nickerchen hält, habe ich Gelegenheit, über meine Zeit in Australien nachzudenken. Das Grundstück ist überwältigend. Vor sechs Wochen hatte ich die Chance, ein benachbartes Grundstück für wenig Geld zu erwerben, und mir kam eine ganz besondere Idee, zu der ich gleich mehr schreibe.
Die nordaustralische Landschaft ähnelt der afrikanischen sehr, allerdings mit feinen Unterschieden. Das Klima ist mit einer Trockenzeit und einer stürmischen Regenzeit auch ähnlich. Es gibt tödliche Schlangen und viele Insekten, die beißen, aber alles in allem gibt es hier keine großen, für den Menschen bedrohlichen Tiere. Keine Löwen, Geparden oder angreifende Nashörner, vor denen man sich hüten müsste. Die Schönheit des Landes und seine Tauglichkeit für afrikanische Wildtiere haben mich auf die Idee gebracht, hier ein Schutzgebiet für Nashörner und Elefanten einzurichten: ein Gebiet, in dem keine natürlichen Feinde leben und ganz bestimmt auch keine Jäger mit Gewehren. Jawohl: Ich plane, afrikanische Tiere nach Australien zu bringen, damit sie hier auf meinem Land in Frieden und Sicherheit leben können. Ich möchte den Anblick dieser Tiere mit Australiern teilen, die ansonsten nie die Chance hätten, sie aus der Nähe zu sehen, außer in einem Zoo unten im Süden, wo sie aber in engen Käfigen gehalten werden. Das Schutzgebiet soll als Zoo mit Freiwildgehege geführt werden. Der Zendaya Zoo.
April
Ein Monat ist jetzt vergangen, und ich habe einen Großteil der Zeit damit verbracht, mein Land zu betrachten. Es ist perfekt für den Zweck, einen Zoo mit Freiwildgehege zu eröffnen. Der größte Teil meines Grundstücks besteht aus sanften Hügeln, aber es gibt auch einige Kalkstein-Aufschlüsse. Die Erde ist nährstoffreich und besteht vor allem aus sandiger Tonerde über rotem und gelbem Lehm, gleichzeitig ist sie mit zahlreichen Arten von essbaren Gräsern bewachsen, die gut als Futter für grasende Tiere geeignet sind. Außerdem gibt es viele Eukalytpusgewächse, Laubbäume und verschiedene Gamander-Arten. Auch drei natürliche, von einer Quelle gespeiste Dämme sind auf dem Grundstück. Eine perfekte, sichere Wasserquelle für die Tiere! Zudem fließt auch der Blackmore River auf seinen 25 km von der Quelle in den Wild Horse Plains bis in den Hafen von Darwin über mein Grundstück. Ich habe mir in seinem Verlauf den Lebensraum von Wasservögel-Brutkolonien und die Schlafplätze von Zugvögeln angesehen sowie große Gebiete von Überschwemmungsebenen aus Salz-Schlickgras.
Im Flusssystem gibt es Salzwasserkrokodile, aber ich glaube nicht, dass sie zum Problem werden, solange wir nicht im Fluss schwimmen gehen. Ich bin mir sicher, dass die australischen Wildtiere, einschließlich der Kängurus und Emus – das sind flügellose Vögel, die kleiner sind als ein Strauß –, wunderbar mit Nashörnern, Elefanten und anderen Spezies der afrikanischen Wildtiere zusammenleben können. Sie sind nicht im Mindesten aggressiv. Ich habe viele verschiedene Vogelarten auf dem Grundstück beobachtet, darunter auch Papageien und die einzige australische Kranichart, bekannt als Jabiru. Falls ich in der Zukunft Löwen nach Australien bringen sollte, würde ich ein Gehege bauen, das die Sicherheit der australischen Wildtiere gewährleisten könnte.
Auch den perfekten Platz für ein Haus habe ich auf dem Grundstück gefunden: in einer erhöhten Lage mit wunderschönem Blick auf den Fluss. Gästequartiere für Übernachtungsbesucher im Zoo möchte ich auch noch bauen. Und ich plane, Touren durch den Park in einem Land Rover oder einem kleinen Truck anzubieten, und später auch Bootstouren auf dem Fluss. Mein Geist sprüht vor aufregenden Ideen! Nicht allzu weit von meinem Grundstück entfernt liegen ein paar Kleinstädte wie zum Beispiel die ehemalige Goldgräberstadt Berry Springs. Darwin City ist nur 80 Kilometer weg, deswegen hoffe ich, dass auch Tagestouristen in den Zoo kommen. Was die Übernachtungsbesucher betrifft: Sie werden ihr Abendessen unter den Sternen genießen, mit Elefanten und Nashörnern im Hintergrund. Auch einen Zeltplatz möchte ich errichten. Die Einnahmen aus dem Eintritt werden hoffentlich irgendwann die laufenden Kosten decken, aber der wichtigste Aspekt des ganzen Zoos ist natürlich die Sicherheit der Tiere. Zu wissen, dass sie sicher vor der sinnlosen Wilderei sind, wird mir alles bedeuten. Zu wissen, dass ihre Spezies nicht aussterben werden und dass ihre Populationen wieder wachsen können, erfüllt mich mit Freude. Es ist zu schade, dass das in Afrika nicht möglich ist.
Edward klappte das Tagebuch zu und trat vor die Tür seines Cottage, das im Park in der Nähe der Büros lag. Er lief in Richtung der Gehege, in denen die verwaisten Tiere gehalten wurden. Die Nanny-Ziege schlief auf einem Bett aus Heu, aber das Babynashorn, dem sie den Namen Kabali gegeben hatten, stand in der Mitte des Geheges im Mondlicht. Beim Anblick der verlorenen Silhouette füllten sich Edwards Augen mit Tränen.
»Ich habe dich im Stich gelassen, Kabali«, flüsterte er traurig.
Kabali machte ein mitleiderregendes, schniefendes Geräusch. Der Kleine musste seine Mutter schrecklich vermissen.
Und in diesem Moment war Edward sich mit einem Mal sicher, dass er die Wünsche seines Patenonkels erfüllen würde. »Ich konnte deine Mama nicht retten, Kabali, aber dich kann ich retten«, sagte er sanft. »Und das werde ich.«
Schon am nächsten Tag übergab Edward den Parkbesitzern seine Kündigung, die in knapp zwei Monaten in Kraft treten sollte, wenn sie einen Nachfolger für ihn gefunden hatten.
Edward sah auf, als es an der Tür seines Büros klopfte, und erblickte das freundliche Gesicht von Beryl Brown, der Empfangsdame des Wildparks.
»Ich bin gerade noch mal die gebuchten Touren für heute durchgegangen, Sir. Eigentlich hätte Chibuzo heute Morgen eine Gruppe führen sollen, aber nachdem er gestern umgeknickt ist, ist sein Knöchel stark angeschwollen. Er kann weder laufen noch fahren. Terry ist vor einer halben Stunde schon mit einer Gruppe losgezogen, und von den restlichen Rangern kann keiner seine anderen Pflichten verschieben. Wenn Sie diese Tour nicht übernehmen, muss ich sie leider absagen. Ich glaube, die Gruppe für die Tour hat letzte Nacht im Victoria Falls Hotel übernachtet, vielleicht kann ich sie noch telefonisch erreichen, bevor sie sich auf den Weg hierher machen.«
Edward sah auf die Uhr: Es war halb zehn. »Dafür ist es zu spät, Beryl. Ich führe die Gruppe.« Er konnte eine Pause von der Verwaltungsarbeit gebrauchen.
»In Ordnung, Sir. Ich sage Ihnen Bescheid, wenn die Besucher hier sind.«
In den vergangenen zwei Wochen waren Edwards Gedanken fast ausschließlich um seine Zukunftspläne gekreist. Die Tiere, die er für die Reise nach Australien ausgewählt hatte, waren von den Tierärzten des Parks untersucht worden, um sicherzugehen, dass sie gesund waren. Auch Kabali würde ihn begleiten. Edward sah mehrmals täglich nach ihm, und das kleine Nashorn wurde dank der Flaschenfütterung stetig kräftiger. Außerdem bereitete Edward gerade den Verkauf von Walters Farm und dessen Fahrzeugen vor. Es gab so vieles, was er in den nächsten sechs Wochen vor seiner Abreise nach Australien erledigen und organisieren musste.
Edward arbeitete sich durch den Papierkram, bis Beryl eine halbe Stunde später erneut an seine Tür klopfte.
»Die Gruppe für Ihre Tour ist hier, Sir«, sagte sie.
»Danke, Beryl.« Edward stand auf und nahm seinen Hut vom Ständer in der Zimmerecke.
Er folgte ihr in den Empfangsraum des Gebäudes, in dem drei Personen auf ihn warteten: ein Ehepaar – Edward schätzte sie auf Ende sechzig – und eine jüngere Frau, die sich über einen Koffer mit Fotoausrüstung beugte.
»Sir, das sind Mr und Mrs Tremayne«, sagte Beryl.
Edward gab zuerst Mr Tremayne die Hand. »Edward Mason, leitender Ranger«, sagte er.
»Es freut mich, Sie kennenzulernen, Edward. Sie können Ted zu mir sagen. Und das ist meine Frau, Alice.«
Edward gab auch Alice die Hand, während Ted sich zu der jüngeren Frau umdrehte.
»Olivia!«
»Ich kann das Objektiv nicht finden«, murmelte sie. »Ich bin mir sicher, dass es hier drin … ah, da ist es ja.«
»Olivia, das hier ist Edward Mason, der leitende Ranger«, sagte Ted. »Edward, das ist unsere Tochter, Olivia, eine begeisterte Fotografin.«
Olivia war in Gedanken und streifte Edward lediglich mit dem Blick, als sie seine Hand nahm, die er ihr anbot. Edward erkannte sie sofort.
»So sieht man sich wieder«, sagte er überrascht.
Olivia betrachtete ihn interessiert. Das Gesicht kam ihr bekannt vor, die Ranger-Uniform aber hatte sie nie zuvor gesehen. »Kennen wir uns?« Dann kam ihr ein Gedanke. »Oh«, stieß sie hervor. »Mister Ungeschickt!«
»Ich dachte eher Mister Keineahnung«, erwiderte Edward amüsiert.
Ted und Alice starrten ihre Tochter an. »Olivia! Mr Mason ist der leitende Ranger hier«, mahnte Ted. Er würde sich nie daran gewöhnen, dass seine Tochter selbst in den unpassendsten Momenten ihre Meinung frei heraus kundtat. Diese Eigenschaft würde noch dazu führen, dass sie eine alleinstehende Geschiedene blieb.
»Sie … Sie sind Parkranger?« Olivia starrte ihn ungläubig an, während sie sich daran erinnerte, wie oft sie ihm Ratschläge zum Verhalten des Vogels gegeben und ihm vorgeworfen hatte, keine Ahnung zu haben. Mehrfach, daran gab es nichts zu rütteln.
»Genau.« Edward gefiel ihre Bestürzung. »Irgendwie habe ich trotz meiner offensichtlichen Ahnungslosigkeit, was gefiederte und pelzige Kreaturen angeht, den Job des leitenden Rangers bekommen.« Er zuckte mit den Schultern, als sei das ein Glücksfall gewesen.
Ted und Alice keuchten, während das hübsche Gesicht ihrer Tochter ein etwas blasseres Pink annahm als die Bluse, die sie trug. »Ich sollte böse auf Sie sein.« Sie lachte, um ihre Verlegenheit zu überspielen.
»Das wäre nicht das erste Mal«, sagte Edward mit einem Lächeln als Zeichen, dass er nicht beleidigt war.
»Sie hätten mir sagen können, dass Sie Ranger in einem Wildpark sind. Stattdessen haben Sie mich weiterdozieren lassen wie eine peinliche Besserwisserin«, rügte Olivia ihn schuldbewusst.
»Ich bezweifle, dass Sie mir geglaubt hätten, nachdem ich Bertie von seiner Stange gestoßen hatte. Aber ich bin froh, dass Sie meinem Rat gefolgt und hierhergekommen sind. Der ursprünglich vorgesehene Tourenführer hat sich leider am Knöchel verletzt, deswegen springe ich ein. Ich garantiere Ihnen, dass Sie ein paar wunderschöne Bilder machen werden. Wollen wir los?«
Edward schritt voran, während Alice ihre Tochter leise fragte, wo die beiden sich schon einmal gesehen hatten.
»Im Meikles in Salisbury«, flüsterte Olivia.
»Du hast nie erzählt, dass du einen gut aussehenden Mann kennengelernt hast.«
»Er hat, wie du vielleicht mitbekommen hast, nicht gerade einen guten ersten Eindruck hinterlassen.«
»Wie sollte so ein attraktiver Mann einen schlechten Eindruck hinterlassen? Kein Wunder, dass dich nie jemand ausführt.« In Alice’ Stimme klang Verzweiflung mit.
In diesem Moment erreichten sie den Land Rover, und Olivia musste die Entgegnung herunterschlucken, die ihr auf der Zunge lag.
»Haben Sie schon immer als Parkranger gearbeitet?«, fragte Ted. Er saß vorne neben Edward, während Olivia und Alice auf den Sitzen hinter ihnen Platz genommen hatten.
»Nein, ich war mal Pilot bei der Airforce. Ich habe während des Krieges in der rhodesischen Luftwaffe in Ägypten gedient. Nach dem Krieg habe ich an der Universität meinen Abschluss als Bachelor of Science in Biologie gemacht«, sagte Edward. »Dann wurde ich Parkranger und habe zehn Jahre lang in vier verschiedenen Wildparks gearbeitet. Vor vier Jahren habe ich hier eine Stelle angenommen und wurde vor einem Jahr zum leitenden Ranger befördert.«
»Dann kennen Sie sich also gut mit Flora und Fauna aus.« Alice stieß ihrer Tochter mit dem Ellbogen in die Seite.
»Das liegt im Auge des Betrachters«, sagte Edward lächelnd.
Auf dem Rücksitz wand Olivia sich unter seiner Bemerkung.
»Das muss ein toller Beruf sein«, kommentierte Ted.
»Ja. Wir untersuchen das Verhalten von Wildtieren, verrichten aber auch viele andere Arbeiten, wir prüfen zum Beispiel die Wasserqualität und gewährleisten die Sicherheit der Parkbesucher. Und wir versuchen, beständig neue Strategien zum Schutz der Natur zu entwickeln. Aber die Leitung des Parks birgt auch eine Menge Herausforderungen, die machen nicht immer Spaß«, sagte Edward.
Ted nickte. »Da haben Sie auch wieder recht.«
»Aber ich finde es immer toll, Touren zu führen. Das ist eine schöne Seite des Jobs.« Kurz darauf brachte er den Wagen zum Stehen. »Haben Sie die Kamera griffbereit, Olivia?«, fragte er leise.
»Ja«, flüsterte sie, voller Vorfreude.
Edward zeigte durch eine Lücke zwischen einigen Büschen am Wegrand.
Olivia bemerkte in dieser Richtung erstaunt einen großen männlichen Löwen. Aufgeregt hob sie die Kamera, blickte durch die Linse und passte die Einstellungen an. Als sie scharfstellte, füllte der prachtvolle Kopf des Löwen das Bild aus. Er legte sich in den Schatten eines Baumes, Herr und Meister seines Gebiets.
»Dieses Rudel besteht aus siebzehn Löwen«, erzählte Edward. »Sehen Sie die Jungen, Olivia?«
»Ja, sie toben dort drüben herum. Dieses Männchen ist wirklich prächtig.«
»Er ist im besten Alter, in voller Blüte.«
Ehrfürchtig betrachtete Olivia die dichte goldene Mähne und die aufmerksamen bernsteinfarbenen Augen des Löwen. So eine wunderschöne Kreatur hatte sie noch nie gesehen. Sie machte mehrere Fotos, bevor sie die Kamera schließlich absetzte.
Edward drehte sich kurz zu ihr um, bevor er den Motor startete, und lächelte ihr zu. Sie konnte kaum glauben, dass ihr bei ihrem ersten Treffen nicht aufgefallen war, wie gut er aussah. Ihre Mutter stieß sie erneut an und hob ihre Augenbrauen als Zeichen ihrer Anerkennung, aber Olivia tat, als wäre sie unbeeindruckt.
Als Nächstes hielten sie auf einer Anhöhe, von der aus eine Elefantenherde zu sehen war, die friedlich graste. Unter ihnen waren auch drei Kälber unterschiedlichen Alters, die nahe bei ihren beschützenden Müttern blieben. Olivia stieg aus dem Auto, um weitere Bilder zu machen, doch Edward warnte sie, in der Nähe zu bleiben.
»Leben Sie weit vom Park entfernt, Edward?«, fragte Alice.
»Mein Cottage wird mir vom Park gestellt. Es liegt nur zwanzig Schritte von meinem Büro entfernt«, antwortete er.
»Ach so. Wie gefällt es denn Ihrer Frau und Ihrer Familie, in einem Wildpark zu leben?«
Olivia stand ein paar Schritte entfernt und fotografierte, hörte aber die Frage ihrer Mutter. Die so offensichtliche Nachfrage gefiel ihr nicht, dennoch wartete sie gespannt auf Edwards Antwort.
»Ich lebe allein«, antwortete er.
»Das muss ziemlich einsam sein, oder?«, bemerkte Alice mit kaum vehohlener Begeisterung. »Gerade an den Abenden.«
»Ich stehe zwanzig Angestellten vor, und es gibt viel Verwaltungsarbeit zu erledigen, an der ich oft abends zu Hause noch sitze.«
»Verwaltungsarbeit kann wohl kaum die Gesellschaft einer Frau ersetzen.«»Nein, wohl kaum«, gab Edward zu.
Sie fuhren eine Stunde lang herum und trafen auf Giraffen und verschiedene Antilopen-Arten, auf kniende Warzenschweine, die saftiges Gras fraßen, einen Leoparden, der auf einen Baum kletterte, und Nilpferde, die im Sambesi badeten. Dann hielt Edward an einer wunderschönen Stelle an, an der ein Baumhaus mit einer beeindruckenden Aussicht über den Fluss stand. Er öffnete den in der Buchung enthaltenen Picknickkorb, schenkte den Gästen Tee ein und teilte Sandwiches und Kuchen aus. Dann deutete er auf einen Geparden, der in einem Baum knapp zwanzig Meter entfernt von ihnen lag.
»Die Zahl der Geparde sinkt, daher sind wir froh, drei gute Zuchtpaare zu haben. Die Jungen dieses Paares sind jetzt sechs Monate alt.«
Olivia fotografierte sie begeistert. »Geparde sind umwerfend«, bemerkte Olivia und betrachtete das Tier erneut durch die Kameralinse. »Wie könnte ihnen jemand etwas Böses wollen?«
»Sie werden wegen ihres Fells gejagt«, erklärte Edward. »Und Waisen, die in Gefangenschaft aufgewachsen sind, überleben in der Wildnis nicht, daher können sie nicht freigelassen werden.«
»Und warum überleben sie nicht?«, fragte Ted.
»Um das Jagen zu lernen, brauchen sie die Anleitung ihrer Mutter. Das ist nichts, was wir ihnen beibringen können.«
Nach der Pause machten sie sich gemächlich wieder auf den Weg durch den Park. »Stopp!«, rief Olivia plötzlich eindringlich.
Edward bremste hart, und der Land Rover kam zum Stehen. »Haben Sie ein Tier gesehen, das Sie fotografieren möchten?« Er wandte sich zu Olivia um und erblickte dicht hinter ihr auf dem Weg einen riesigen männlichen Elefanten. Sehr dicht hinter ihnen.
»Er ist beeindruckend!« Olivia erhob sich in dem offenen Fahrzeug und nahm ihre Kamera, um ein einzigartiges Foto zu knipsen.
In diesem Moment schlug der Elefant mit seinen Ohren und trompetete laut mit erhobenem Rüssel.
»Oh nein«, stieß Edward hervor. »Setzen Sie sich und halten Sie sich fest!« Er fuhr mit halsbrecherischer Geschwindigkeit los. Olivia wurde in ihren Sitz geschleudert und hätte fast ihre Kamera fallen gelassen. Sie wollte Edward für seine wahnsinnige Fahrweise rügen, doch als sie sich noch einmal umdrehte, schrie sie auf. Der Elefant kam immer näher in dem Staub, den das Fahrzeug aufwirbelte.
»Was ist denn passiert?« Olivia hielt sich mit weiß hervortretenden Knöcheln an der Autotür fest. »Warum verfolgt er uns?« Wieder blickte sie hinter sich und bemerkte entsetzt, dass der Elefantenbulle sie fast eingeholt hatte.
»Schneller!«, rief Ted. Auch Alice schrie jetzt.
Olivia hob mit ihrer freien Hand kurz die Kamera und richtete sie auf den Elefanten, aber der Land Rover federte auf dem Weg und schlingerte in den Drehungen und Kurven. Sie drückte ein paar Mal auf den Auslöser, gab dann jedoch auf und hielt sich stattdessen mit beiden Händen fest.
Edward fuhr so schnell er konnte. Ab und an warf er einen Blick in den Rückspiegel, um zu sehen, ob der aggressive Elefant sie immer noch verfolgte. Nach ein paar Hundert Metern schien der Elefant endlich zu ermüden und wurde langsamer. Gerade noch rechtzeitig, denn ein Stück vor ihnen blockierten Büffel – ebenfalls unberechenbare Tiere – den Weg, und sie mussten anhalten.
»Warum wollte der Elefant uns angreifen?«, fragte Ted.
»Er ist gerade in der Musth.«
»Musth? Das habe ich noch nie gehört.«
»Sind Ihnen die feuchten Sekretabsonderungen an der Außenseite seines Kopfes aufgefallen? Das kommt von den zeitweise angeschwollenen Schläfendrüsen.«
»Ich habe nur schlagende Ohren und mehrere Tonnen wütenden Elefant gesehen, der uns verfolgt hat. Ich war ehrlich gesagt geschockt – nicht zuletzt, weil die anderen Elefanten, die wir gesehen haben, so friedlich wirkten.«
»Ein männlicher Elefant in der Musth kann Menschen und anderen Tieren sehr gefährlich werden. Er ist voller Testosteron und in einer Phase der Erregung. Es gibt sogar dokumentierte Fälle, in denen Elefanten Nashörner in Wildparks getötet haben, ohne dass diese sie provoziert hätten.«
»Meine Güte, das kann ich mir kaum vorstellen.« Alice legte eine Hand auf ihr pochendes Herz.
»Doch, sie versuchen, ihre Dominanz zu demonstrieren. Wenn allerdings in der Herde ein älterer männlicher Elefant lebt, kommen die jungen Bullen irgendwie nicht in die Musth, wobei niemand genau weiß, warum. Unglücklicherweise wurde vor etwa einem Monat ein älterer männlicher Elefant für seine Stoßzähne getötet, daher hatten wir schon erwartet, dass einer der jüngeren in die Musth kommen würde.«
»Ist Wilderei hier denn ein Problem?«, fragte Olivia.
»Ja, leider«, antwortete Edward. Er hupte mehrere Male, bis die Büffel sich verzogen, und fuhr schließlich weiter.
Eine Weile hingen alle schweigend ihren Gedanken nach. »Sie haben mir von einem Babynashorn erzählt«, sagte Olivia schließlich. »Ich würde es gern fotografieren, wenn wir es finden.«
»Ich kann Sie zu ihm bringen. Es ist in unserem Waisenhaus in der Nähe der Büros.«
»Waisenhaus!«, rief Olivia entsetzt. »Was ist passiert?«
Edward räusperte sich. »Kurz nachdem ich aus Salisbury zurückkam, habe ich seine Mutter tot aufgefunden. Sie wurde wegen ihres Horns von Wilderern getötet.« Der Schmerz war seiner Stimme deutlich anzuhören.
»Das ist ja schrecklich!«, sagte Olivia traurig.
»Haben Sie denn Wächter im Park?«, fragte Ted.
»Ja, aber bei einem so großen Gebiet können wir nicht alle Tötungen verhindern. Es ist ernüchternd.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Haben Sie denn im Moment viele Waisen zu versorgen?«, wollte Olivia wissen.