Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen -  - E-Book

Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen E-Book

0,0

Beschreibung

Das Buch zu Jahreslosung 2022: Abgewiesen. Ausgestoßen. Links liegen gelassen. Gemobbt. Wer solche Erfahrungen schon einmal gemacht hat, wird sich bei der Jahreslosung 2022 wiederfinden. Über 40 bekannte Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft erzählen von ihren Erfahrungen mit dem Text der Jahreslosung 2022, "Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen" (Joh 6,37). Sie berichten von eigenen Erfahrungen, (nicht) abgewiesen worden zu sein, aber auch davon, wie schwer es ist, manche Menschen nicht selbst nicht irgendwann wegzuschicken, weil "es einfach nicht mehr geht" oder weil alle Mühe aussichtslos erscheint. Bei Gott, bei Jesus ist das nie der Fall. Auch nicht, wenn Menschen zum ersten Mal zu ihm kommen und "anklopfen". Das haben auch viele der über 40 bekannten Persönlichkeiten erlebt, die bei diesem Band mitgeschrieben haben. Sie haben erlebt, bei Gott wird niemand abgewiesen und jeder ist willkommen. . Die persönlichen Zeugnisse und biblischen Besinnungen lassen die Jahreslosung zum Begleiter durch das Jahr werden – nicht nur für das eigene Leben, sondern auch als Fundgrube für die Gemeindearbeit.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 188

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



CHRISTOPH MORGNER (HRSG.)

Jesus Christus spricht:

Wer zu mir kommt, denwerde ich nicht abweisen.

Johannes 6,37

Das Lesebuch zur Jahreslosung 2022

Der Vers zur Jahreslosung wird abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen (ÖAB), Berlin.

Der Vers der Jahreslosung wird, wenn nicht anders angegeben, nach der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart (EIN) wiedergegeben.Sonstige Bibelverse folgen, wenn nicht anders angegeben, der Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart (LUT).

Sonst:NGÜ: Neue Genfer Übersetzung – Neues Testament und Psalmen.Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft;HfA: Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983,1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®. Verwendet mit freundlicherGenehmigung des Herausgebers Fontis.das buch: Das Buch. Neues Testament – übersetzt vonRoland Werner, © 2009 SCM R.Brockhaus im SCM-VerlagGmbH Co. KG.

© 2021 Brunnen Verlag Gießen

Lektorat: Uwe Bertelmann

Umschlagabbildung: Eberhard Münch

Umschlaggestaltung: bene!

Satz: DTP Brunnen

ISBN Buch 978-3-7655-0768-7

ISBN E-book 978-3-7655-7605-8

www.brunnen-verlag.de

Ich widme dieses Buch meinem Doktorvater,

Prof. Dr. theol. Eberhard Winkler,

Martin-Luther-Universität

Halle-Wittenberg,

und seiner Frau

Dr. med. Gisela Winkler.

Das Ehepaar Winkler hat im August 2021

seine Diamantene Hochzeit gefeiert.

Inhalt

Vorwort

Ralf Albrecht

Gib deinem Herzen einen Stoß!

Wolfgang Becker

Nie mehr hinausgeworfen. Garantiert.

Matthias Clausen

Auf der Klippe

Marianne Dölker-Gruhler

„Lasset die Kinder zu mir kommen …!“

Klaus Douglass

Tönerne Füße

Tobias Eißler

„Kommen Sie rein, kein Problem!“

Alexander Garth

Jesus und die Bösewichter

Klaus Göttler

Willkommenskultur

Clemens Hägele

„Das kann doch keiner vergeben …“

Frank Heinrich

„Käpt’n“ oder: Kein Gast wird abgewiesen!

Eva Hobrack

Ausgedrückt in Metern und Euro?

Reinhard Holmer

Den Riss schließen

Steffen Kern

Der Soldat und das Ei

Ursula Koch

Ausgestoßen

Gerhard Krömer

Gott will alle

Martin Landmesser

Jeder wusste es

Cornelia Mack

Jesus hat mich nicht abgewiesen

Jürgen Mette

Ich werde keinen hinausstoßen!

Jörg Michel

Die Schönheit der Schöpfung gesehen

Christoph Morgner

„Eine große Schande“

Luitgardis Parasie

„Ich fühle eure Liebe nicht“

Ulrich Parzany

Jesus am Kreuz – Gott mit ausgebreiteten Armen

Annegret Puttkammer

„Systemsprenger“

Martin Reppenhagen

Porta Patet – Cor Magis

Ralf Richter

Tanzkurs

Martin Scheuermann

Hoffnungshäuser in Schwäbisch Gmünd

Reinhardt Schink

Von „geistlichen Naturgesetzen“ und einem verlorenen iPhone

Hartmut Schmid

Jesus – oder nur seine Gaben?

Theo Schneider

„Hier wird niemand abgewiesen!“

Manfred Siebald

Das Zögern vor der Tür

Frank Spatz

Nicht abgelehnt, aber übersehen

Gerdi Stoll

Wo bleibt die Kirche? Oder: Die Tür ist offen

Silke Traub

Rückblick im Lockdown

Iris Völlnagel

Beherbergungsverbot aufgehoben

Gerold Vorländer

Radikale Gastfreundschaft als geistlicher Weg

Ernst Günter Wenzler

Das Weiße Haus

Elke Werner

Orientalische Gastfreundschaft

Bärbel Wilde

Nähe braucht den Willen zur Begegnung

Birgit Winterhoff

Tratsch im Treppenhaus

Christoph Zehendner

Vergebung für den Beinahe-Mörder

Peter Zimmerling

Sehnsucht nach Heimat

Vorwort

In jedem Jahr die gleiche Prozedur: Im Februar treffen sich mehrere Dutzend Verantwortliche aus unterschiedlichen christlichen Kirchen, Verbänden und Einrichtungen. Sie haben die Aufgabe, die sog. Ökumenische Bibellese festzulegen, die innerhalb von vier Jahren durch das gesamte Neue Testament sowie durch die wichtigsten Teile des Alten Testaments führt. Darüber hinaus treffen sie die Entscheidung über die Monatssprüche. Und vor allem: über die jeweilige Jahreslosung. Gerade sie wird mit großer Sorgfalt ausgewählt, wird sie doch später auf vielfältige Weise an die Öffentlichkeit gebracht: in großen Plakaten bis hin zu kleinen Briefaufklebern. Und sie wird künstlerisch gestaltet, wie z. B. von Eberhard Münch als Covermotiv dieses Buchs.

Bei der Auswahl muss manches bedacht werden: Die Jahreslosung soll verständlich und einprägsam sein, aussagekräftig für Jüngere wie für Ältere. Sie soll denen etwas sagen, die bereits im christlichen Glauben zu Hause sind, aber auch denen, die sich noch skeptisch oder ablehnend verhalten. Ob reich oder arm, ob krank oder gesund – die Jahreslosung soll möglichst jeden ansprechen. In ihr soll erkennbar werden, wie Gott sich jedem Menschen in Liebe zuwendet und was er von jedem erwartet.

Die Jahreslosung sollte auch möglichst kurz ausfallen, wird sie doch häufig auf Tassen, Kerzen, Kugelschreibern und anderen Utensilien aufgedruckt. Man soll sie täglich vor Augen haben.

Nun erscheint das Buch zur jeweiligen Jahreslosung zum zwölften Mal. Es hat mittlerweile weite Kreise gezogen und ist Ungezählten zum Segen geworden. Es wird reichlich gelesen und ist auch aus zahlreichen Häusern und Gemeinden nicht mehr wegzudenken. Das Buch erweist sich als vorzügliches Lesebuch, aber auch als Fundgrube und wird deshalb gern als Vorbereitungsmaterial für Hauskreise und andere Veranstaltungen genutzt. Manche Prediger entnehmen dem Buch anregende Gedanken und Beispiele für ihre Verkündigung. Die unterschiedlichen Autorinnen und Autoren vermitteln ein breites Spektrum an Erfahrungen und Einsichten.

Ich danke allen, die sich mit ihren Artikeln in das neue Jahreslosungsbuch eingebracht haben. Mein besonderer Dank gilt Uwe Bertelmann, dem theologischen Lektor im Brunnen Verlag. Daneben danke ich meiner Frau Elfriede, die auch diesmal ebenso geduldig wie sorgfältig die Korrekturen gelesen hat.

Dr. Christoph Morgner, Garbsenim Juni 2021

RALF ALBRECHT

Gib deinem Herzen einen Stoß!

Ausgestoßen

Sie wirft ihre Schultasche ins Eck. Endlich Wochenende. Schlendert hinüber in die Küche, und vorher wirft sie noch einen kurzen Blick in den Süßigkeitenschrank. Jetzt eine kleine Belohnung für den ganzen Schulstress dieser Woche! Ah, der Vater ist auch schon daheim. Eigentlich arbeitet er, seit er geschieden ist, viel zu viel. Flüchtet sich regelrecht in die Arbeit. Ist ja auch, das muss sie zugeben, nicht immer vergnügungssteuerpflichtig, mit den Launen eines Teenies umzugehen. Sie ist nach der Trennung mit zu ihm gezogen. Für einen langen Moment hat sie damals überlegt. Und sich dann für den Vater entschieden. Oder präziser: gegen die Mutter. Und das klappt so lala. Aber heute ist er gut drauf. Das merkt sie. Und trotzdem liegt was in der Luft, ist was unausgesprochen. Sie setzt sich für einen Moment an den Küchentisch. Und merkt, wie er rumdruckst. „Du, heute Abend, da hab ich eine Bitte.“ Sie schaut ihn verdutzt an, denn so kommt er sonst nie ins Gespräch. Und sie merkt, wie es ihm sichtlich schwerfällt. Sie zieht die Augenbrauen hoch, und er gibt sich einen Ruck und fährt fort: „Ich hab jemand kennengelernt. Sie kommt heut Abend.“ Bevor sie überlegen kann, was das jetzt mir ihr macht, fällt der verhängnisvolle weitere Satz: „Du, kannst Du gucken, dass Du heute Abend nicht da bist, denn ich will nicht, dass sie vielleicht gleich einen Rückzieher macht, weil sie merkt, dass ich eine Tochter habe …“ Sie spürt den Stoß gegen ihre Seele. Kein Wort fällt mehr. Nur der Eindruck frisst sich sofort in ihr fest: Hier werde ich rausgestoßen. Hier bin ich nicht gewollt. Hier steht niemand zu mir.

Umgestoßen

Sie haben damals Jesus einen „Fresser und Weinsäufer!“ genannt. Sie kommen nicht damit zurecht, wie er mit Menschen umgeht. Ehebrecherinnen begnadigt er ohne Wenn und Aber. Zu Zoll- und Steuerunternehmern, die Menschen übers Ohr hauen, lässt er sich ins Haus einladen und feiert mit ihnen. Und anstatt am heiligen Tag Ruhe zu geben, heilt er Blinde und Lahme und führt sie zu einem neuen Leben. Jesus verstößt nicht nur gegen Konventionen. Er stößt vieles, wenn nicht alles, um, was sich eingegraben hat an Ansichten und Einsichten. Seine Botschaft ist eine ganz andere: „Kommt her zu mir alle …“ Darauf lässt er sich festnageln. Und lebt das bis in die letzten Winkel. Alles stößt ihm zu. Als sie seinem Leben ein Ende machen wollen und seine Hände ans Kreuz binden, breitet er sie ganz weit aus. Jesus sorgt für seine Mutter. Er weist seinen Lieblingsjünger an, sich um sie zu kümmern. Und er begnadigt einen Verbrecher, der gar nichts mehr wiedergutmachen kann, und verspricht ihm das Paradies. Ganz zuletzt schreit er es hinaus: „Es ist vollbracht“ – und trägt die Schuld der ganzen Welt. Damit stößt er endgültig um, was eigentlich gilt: Unsere Verfehlungen bringen uns eigentlich von Gott himmelweit weg. Jeder Verstoß ist ein Strafstoß, der uns von Gott und voneinander entfremdet. Aber Jesus bringt den Himmel wieder zur Erde. In seinem Leben, Leiden, Sterben, Auferstehen stoßen sie zusammen – und jede und jeder kann zu Gott zurückfinden. Der Weg ist frei, und nie mehr muss über unserem Leben das Etikett „ausgestoßen“ kleben. Niemand kann uns je mehr die Würde nehmen und uns in den Dreck ziehen. Bedingungslos nimmt Jesus an. Das Zeichen dafür ist: Die Frauen kommen zum Grab und wollen den toten Jesus beweinen. Aber der Stein vor dem Grab, der Stein des Ausgestoßenseins vom Leben, ist umgestoßen. Jetzt ist alles neu. Und das Versprechen wird mit Engelszungen gegeben: „Ihr werdet IHN sehen, er lebt.“ Und genauso kommt es. Sie werden zu ihm kommen. Und er zu ihnen und wird sie annehmen und sagen: „Friede sei mit Euch!“

Anstoß der Liebe

Jesus spricht: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen“. Wortwörtlich: den werde ich „nicht ausstoßen raus“. Luther übersetzte „hinausstoßen“ – ein hartes Wort. Aber Jesus dreht es einmal komplett um. Und macht aus diesem aggressiven „Rauswurf“ die größte Einladung, die man sich überhaupt nur vorstellen kann. Damit ist etwas völlig Neues angestoßen.

Wird sie es glauben können? Sie fühlt sich doch von ihrem Vater rausgeworfen. Ausgestoßen. Abgestoßen. Entwürdigt. Und wir alle haben das eine oder andere Erlebnis, das sich bei uns tief eingegraben hat, in dem wir so ähnlich oder anders beleidigt und verletzt wurden.

Wird sie es glauben können? Werden wir darauf vertrauen können? Es gibt einen, der ist anders. Gott ist anders. In Jesus stößt er nie weg. Und wir sind eingeladen, die liebende Gegenwart Gottes zu erleben. Gib dem Herz einen Stoß. Komm. Erleb den ewigen Moment. Du bist ganz angenommen.

Ralf Albrecht ist Prälat der Ev. Landeskirche in Württemberg in Heilbronn.

WOLFGANG BECKER

Nie mehr hinausgeworfen. Garantiert.

„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ – Eine Form der Abweisung empfinde ich in den letzten Jahren als besonders gemein: die Telefonwarteschlange. Theoretisch bin ich willkommen. So behauptet es zumindest eine mechanische Stimme in der Leitung. Aber praktisch gibt es Anschlüsse, bei denen ich nie zum gewünschten Gesprächspartner durchdringe. Zumindest nicht in der Zeit, bis mein Geduldsfaden reißt. Da helfen auch die schönste Begleitmusik und aufmunternde Appelle nichts.

Wie gut, dass die Verbindung zum lebendigen Gott durch Jesus Christus garantiert ist. Dass er abnimmt, wenn ich anrufe. Dass ich zu ihm kommen darf, was auch immer ich im Gepäck habe.

Der Zusammenhang dieses Satzes, den Jesus gesprochen hat, macht allerdings deutlich, dass es hier um mehr geht als um eine lose Kontaktaufnahme, ja sogar um mehr als um einen dringenden Notruf. Das „Abweisen“ unserer Übersetzung meint mehr ein „Hinauswerfen“ dessen, der gekommen ist. Darum nennt Gerhard Maier dieses Jesuswort einen wichtigen Anker unserer Heilsgewissheit. Wer sein Leben Jesus Christus anvertraut hat, braucht keine Sorge zu haben, jemals wieder hinausgeworfen zu werden.

Das ist anders als in allen anderen Beziehungen, in denen wir stehen. Wie vielen Paaren habe ich als Pfarrer das Versprechen abgenommen, dass sie einander treu sein wollen, bis der Tod sie scheidet. Da war wohl niemand, der das in dem Moment nicht ernsthaft versprach. Trotzdem gab und gibt es in dieser wichtigsten menschlichen Beziehung manches Scheitern. Wie tief reichen die Verletzungen gerade bei dem, der „hinausgeworfen“ wird. Wer das erlebt und erlitten hat – bei sich oder bei anderen –, der wird vorsichtig. Soll ich mich (noch einmal) wirklich ganz investieren?

Nun verspricht Jesus: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht wieder aus der Gemeinschaft mit mir hinauswerfen. Ja, diese Gemeinschaft ist schon ein Teil des ewigen Lebens, das dann in der himmlischen Herrlichkeit in Gottes unmittelbarer Gegenwart vollendet wird. Mehr geht nicht.

Diese Gemeinschaft stellt Jesus nicht nur her, sondern er garantiert auch ihren dauernden Bestand von seiner Seite aus. Dafür ist er ans Kreuz gegangen. Dieses Versprechen hat er mit seinem Blut unterschrieben.

In einer sehr schweren Zeit in meinem Leben habe ich das mühsam durchbuchstabiert. Auch wenn ich nichts mehr von Jesu liebevoller Nähe spüre, wenn ich das Gefühl habe, dass meine Stimme bei ihm nicht ankommt und mich die fromme Begleitmusik in der Dauerwarteschleife nur noch nervt, dann gilt sein Versprechen trotzdem. Denn es hängt nicht daran, ob ich es gerade spüre, auch wenn das eine hilfreiche Begleiterscheinung ist. Es hängt einzig daran, dass Jesus es am Kreuz sichtbar garantiert und er es mir durch das Wort der Heiligen Schrift sogar schwarz auf weiß gibt. So lehrt die Anfechtung auch an dieser Stelle „aufs Wort merken“ (Luther).

„Wenn ich auch gleich nichts fühle

von deiner Macht,

du führst mich doch zum Ziele

auch durch die Nacht:

So nimm denn meine Hände

und führe mich

bis an mein selig Ende

und ewiglich!“

(Julie Hausmann, „So nimm denn meine Hände“,

Strophe 3, z.B. in EG 376)

Dr. Wolfgang Becker ist Pfarrer und Rektor der Stiftung Hensoltshöhe (Gunzenhausen).

MATTHIAS CLAUSEN

Auf der Klippe

Ein Grasflecken auf einer Felsenklippe im Nordatlantik, die See braust, die Gischt spritzt meterhoch bis an meine Nase, die Sonne strahlt durch den aufgewühlten Himmel. Die Orkney-Inseln sind ein großartiges Stück Schöpfung, als wollte Gott hier besonders zeigen, was er kann.

Da sitze ich, Theologiestudent in den ersten Semestern, bin quer durch Schottland bis an die Nordspitze getrampt und habe die Fähre hierhin genommen, campiere in einem „Independent Youth Hostel“, ein geducktes Häuslein aus uralten Felssteinen, dessen einziger Gast ich bin, selbst der Herbergsvater kommt erst von anderswoher angefahren, nachdem ich ihn unter der krakelig an die Holztür gemalten Nummer angerufen habe.

Da sitze ich also unweit des Hostels auf der Klippe, unter mir der Ozean, über mir der dramatische Himmel. Allein mit mir und – Gott. Und: Ich entscheide mich für Jesus.

Ich spreche zu Jesus, vertraue ihm mein Leben an. Nicht zum ersten Mal, so oder ähnlich habe ich es schon mehrfach vorher gemacht. Nicht dass ich ein „Wiederholt-nach-vorne-Geher“ wäre, der ständig neue Entscheidungsrituale suchte. Ich weiß schon, dass beim Christsein das Ergebnis der Entscheidung entscheidend ist und nicht der Weg dahin. Manche entscheiden sich plötzlich, manche prozesshaft, alles in Ordnung, solange die geistliche Richtung stimmt, hin zu Jesus.

Und trotzdem: Ein bisschen will ich wohl doch auf Nummer sicher gehen, will nochmals für mich selbst besiegeln, wofür Gott sich schon längst entschieden hat. Im Gepäck auf meiner Tour durch Schottland habe ich einen Schmöker und ein klar und geradeaus geschriebenes modernes Buch über Nachfolge. Das hat mich inspiriert. Ich bin schon lange dabei, bin in einem im besten Sinne kirchen- und glaubensfreundlichen Umfeld aufgewachsen, aber zu einem bewussten, engagierten und persönlichen Glauben habe ich erst als Jugendlicher gefunden, inspiriert durch Gespräche und Erfahrungen in meiner Jugendgruppe, inspiriert auch durch Bücher, die mir die Glaubwürdigkeit des Glaubens vor Augen geführt haben.

Dieser Prozess ist also schon lange im Gange, sonst hätte ich auch kaum mit meinem Theologiestudium angefangen. Er war aber auch nicht vorgezeichnet, menschlich gesprochen jedenfalls nicht; ohne die Zeit in meiner Jugendgruppe hätte ich wohl eine „normalere“ volkskirchliche Laufbahn absolviert, in der man sich mit zunehmendem Abstand zur Konfirmation den Glauben Stück für Stück abgewöhnt, sodass er irgendwann ausdrücklich abgelegt oder jedenfalls steril wird, sozusagen geruchsneutral und weitgehend wirkungslos.

„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen“, sagt Jesus; irgendwann in den Jahren zuvor muss mir dieser Satz neu bewusst geworden sein. In so vielen evangelistischen Büchern ist er zu lesen, auf so vielen der damals gängigen „Bedienungsanleitungen“ für die eigene Entscheidung für Jesus. Klar gibt es dafür eigentlich keine einfache „Anleitung“, dafür ist das Leben zu unvorhersehbar. Aber der Satz von Jesus aus Johannes 6, der ist wichtig. Daran kann man sich halten, ganz wörtlich festhalten, auch wenn vieles noch unklar scheint. Denn der Satz bedeutet ja zweierlei:

Erstens: Man ist eben nicht automatisch bei Jesus, man kommt erst zu ihm. Zu Jesus kommen ist ein Vorgang, auf den man irgendwann zurückblicken kann. Selbst wenn man nicht einen Finger auf einen bestimmten Zeitpunkt legen kann („am 17. März um 18.03 Uhr …“), wird man irgendwann doch an sich sebst „bemerken“: Es gab eine Zeit, da war ich – eigentlich – noch nicht bei ihm angekommen. Und jetzt bin ich es.

Zweitens, wer immer zu ihm kommt, wird nicht hinausgestoßen. Jesus fragt nicht nach den geistlichen Voraussetzungen, nach der religiösen Gefühlstemperatur auf dem Weg zur Entscheidung, er fragt auch nicht, wie gradlinig oder zögerlich der Weg zu ihm war. Wer immer zu ihm kommt, ist willkommen. Denn lange bevor wir uns für ihn entschieden haben, hat Gott sich für uns entschieden. „Meine Entscheidung war aus Gummi, Gottes Gnade ist aus Metall“, hat der Pfarrer und Volksmissionar Klaus Teschner das einmal genannt.

Damals auf der Klippe wusste ich das meiste davon schon. Und doch war es wichtig, mir wichtig und für mich hilfreich, es noch dieses eine Mal klar und deutlich auszusprechen. Selbst wenn es außer mir nur das Meer und der Sturm gehört haben. Und Gott.

Dr. Matthias Clausen ist Professor für Systematische Theologie und Praktische Theologie an der Evangelischen Hochschule Tabor.

MARIANNE DÖLKER-GRUHLER

„Lasset die Kinder zu mir kommen …!“

Eigentlich war ich ein braves Kind. Fand ich zumindest. Bis ich in die Pubertät kam, damals meist noch „Flegeljahre“ genannt. Und die waren bei mir wohl ziemlich ausgeprägt. Nun war sicher so manches dem ganz natürlichen Abnabelungsprozess von den Eltern geschuldet, aber ich weiß noch sehr gut, wie ich mich immer wieder selber empfand: rotzfrech und oft genug richtig fies und gemein, auch meinen Geschwistern gegenüber.

Genau in dieser Zeit passierte in der Nähe unsres Dorfes ein schrecklicher Unfall, bei dem mehrere Jugendliche ums Leben kamen. Für mich war das der Schock meines Lebens, denn zum ersten Mal realisierte ich: Auch junge Menschen können sterben! Dann war da plötzlich die übermächtige Frage: Was würde mit mir passieren, wenn ich jetzt sterben würde? Mir war ganz klar: So wie ich bin, würde Gott mir sicherlich nicht auf die Schulter klopfen und sagen: „Alles prima gemacht. Komm rein!“

Was konnte ich tun? Leider hatte mir noch niemand erklärt, wie man mit Gott ins Reine kommt, und ich fand es zu peinlich, jemanden danach zu fragen. So lebte ich eine Zeit lang in ziemlicher Angst und Unsicherheit.

In dieser Zeit fragte mich eine Mitarbeiterin unserer Kirchengemeinde, ob ich mit ihr zusammen einen Kindertreff starten würde. Klar, das würde ich – vielleicht konnte ich damit sogar ein paar Punkte im Himmel sammeln?! Meine Konfirmation fiel in diese Zeit. Der Konfi-Unterricht brachte bezüglich meiner Fragen keine neuen Erkenntnisse. Dagegen mein Konfirmationsspruch (nicht selbst ausgesucht): „Christus spricht: Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür auftut, zu dem werde ich hineingehen …“ (Offenbarung 3,20). Ich ahnte, dass da ein Stück Antwort drinsteckte. Aber: Wie konnte ich Jesus die Tür meines Lebenshauses öffnen?

Wenige Wochen später gab es einen Kindernachmittag für unsere und ein paar andere Kindergruppen. Der Referent erzählte anschaulich und lebendig von Nikodemus (Johannes 3), den offensichtlich ähnliche Fragen plagten wie mich. Am Ende lud er ein, bei einem Nachgespräch Jesus in sein Leben einzuladen, um wirklich zu Gott zu gehören. In mir tobte ein Kampf: Sollte ich hingehen? Was aber, wenn womöglich auch Kinder aus unserer Gruppe dort wären? Ich war ja immerhin Mitarbeiterin …!

Meine Sehnsucht nach Klarheit und Frieden siegte. Als ich in dem Raum ankam, traf ich dort zu meiner großen Überraschung keins unsrer Kinder an – dafür aber drei weitere Mitarbeiterinnen anderer Jungscharen in einem ähnlichen Alter wie ich!

Jede von uns lud mit einem Gebet Jesus in ihr Leben ein – und ich hüpfte anschließend befreit und fröhlich nach Hause. Das war tatsächlich der Beginn einer spannenden Reise mit Jesus, die bis heute andauert, immer mal wieder umkämpft und erneuert – aber erlösend.

Ich war so froh und dankbar, dass da endlich jemand meine (nicht geäußerten Fragen) beantwortete und mir schlicht und einfach erklärte, wie man zu Jesus „kommen“ kann, der keinen, der kommt, hinausstößt.

Später, vor allem dann als Kinder- und Jungscharreferentin, durfte ich selber Kindern und Jugendlichen den Weg zu Jesus zeigen und immer wieder einmal miterleben, was sich dadurch veränderte. Ich denke an Daniel, der auf einer Jungscharfreizeit Jesus sein Leben anvertraute. Als er nach einem schlichten Gebet wieder die Augen öffnete und sich umschaute, meinte er: „Irgendwie scheint die Sonne a bissle heller!“

Oder an Simon (Name geändert), der mit zwei Brüdern auf einer Jungscharfreizeit dabei war. Alle drei waren ziemliche Chaoten und forderten uns als Mitarbeitende ganz schön heraus. Eines Abends, die anderen Kinder waren bereits auf ihren Zimmern verschwunden, schlich Simon immer noch um mich herum. Schließlich fragte er (für mich total unvermittelt): „Hab ich das richtig verstanden, dass man nur zu Gott gehört, wenn man an Jesus glaubt?“ Ich konnte und kann mich nicht erinnern, dass wir das auf dieser Freizeit so oder ähnlich formuliert hatten, setzte mich aber mit ihm in eine Ecke und versuchte ihm anhand eines vierfarbigen Handschuhs zu erklären, warum Jesus auf diese Erde kam: vor allem für Menschen, die spüren, dass sie so, wie sie sind, nicht zu Gott passen. Deshalb wurde Jesus die Brücke und der Weg zu Gott, dem Vater. Ich endete in etwa mit den Worten: „Ob jemand über diese Brücke gehen, also Jesus in seinem Leben haben möchte, das muss jeder selbst entscheiden.“ Darauf stand er auf, sagte: „Okay, vielen Dank, das hab ich jetzt verstanden. Gute Nacht!“ – Und damit verschwand er. Ich blieb einigermaßen perplex zurück.

Am nächsten Tag, nach irgendeinem Programmpunkt, blieben wieder er und ich allein übrig. Ich war leider ein wenig schwer von Begriff. Als ich ihn fragend ansah, meinte er: „Also, ich will das auch!“ „Ääh – was denn?“ „Na, das mit Jesus!“ – So setzten wir uns wieder in eine Ecke und Simon lud mit eigenen Worten Jesus in sein Leben ein. Welche Freude!

Leider konnte ich den drei Brüdern (ihr ständiger Clinch erklärte sich ein Stück weit aus einer schwierigen Situation als Patchworkfamilie) vor Ort keine Jungschargruppe vermitteln, bemühte mich aber, wenigstens mit Simon brieflich in Kontakt zu bleiben. Aber nach ein paar Monaten riss auch der ab.

Etwa zwei Jahre später war ich bei einem Frauen-Wochenende eingeladen und sollte unter anderem ein wenig aus meiner Arbeit berichten. Das tat ich auch – und bat die Frauen am Ende, doch für Simon und andere Kinder zu beten.

Etwa eine Woche später konnte ich es nicht fassen: Nach 1½ Jahren Pause lag ein Brief von Simon in meinem Briefkasten! Darin schrieb er: „Falls du nicht mehr