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Claus Leggewie

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Beschreibung

Wie wir Populisten, Autokraten und Rassisten entgegentreten können. Es stapeln sich die Abhandlungen darüber, warum »Populisten auf dem Vormarsch« sind und wie »Demokratien sterben«. Einem guten Dutzend neuer Autokraten rund um den Globus ist es gelungen, mit trivialem Gerede, überraschenden Coups und unsäglichen Drohungen alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Trump und Co. auf allen Kanälen: Gebannt verfolgen auch Kritiker deren Schachzüge, als käme die nächste Staffel einer Serie im Fernsehen. Oder sie schalten deprimiert ab. In diesem Buch geht es um etwas ganz anderes: um Opposition, Protest und Widerstand. Es soll zweierlei nahebringen: dass die Freiheitsverluste in Russland, der Türkei und den Vereinigten Staaten, aber auch in Polen und Ungarn auch unsere Freiheiten zerstören. Und dass eine ähnliche Entwicklung auch in Deutschland keineswegs ausgeschlossen ist, vielleicht schon begonnen hat. Der Aufstieg der Autokraten ist aufhaltsam. Das Buch führt vor, wie sich Protest, Opposition und Widerstand in Parlamenten und auf den Straßen, in Gerichtssälen und Kommunen, in religiösen Gemeinschaften und Gewerkschaften, in der Wissenschaft, in den Medien und in den Künsten regt. Und es fasst zusammen, wie Verweigerung funktioniert und, wenn alle Stricke reißen, staatliche Willkür zu bekämpfen ist.

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Claus Leggewie

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Opposition Protest Widerstand

Kurzübersicht

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Titelseite

Über Claus Leggewie

Über dieses Buch

Inhaltsverzeichnis

Impressum

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Über Claus Leggewie

Claus Leggewie, geboren 1950, ist Politikwissenschaftler.

Von 2007 bis 2018 Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen, Mitherausgeber der »Blätter für deutsche und internationale Politik«.

Von ihm erschienen bis heute zahlreiche Bücher zu politischen Themen, u.a. »Der Geist steht rechts« (1987), »Multikulti. Spielregeln der Vielvölkerrepublik« (1990), »Die Türkei und Europa« (2004), »Anti-Europäer – Breivik, Dugin, al-Suri & Co.« (2016), »Europa zuerst. Eine Unabhängigkeitserklärung« (2017).

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Über dieses Buch

Es stapeln sich die Abhandlungen darüber, warum »Populisten auf dem Vormarsch« sind und wie »Demokratien sterben«. Einem guten Dutzend neuer Autokraten rund um den Globus ist es gelungen, mit trivialem Gerede, überraschenden Coups und unsäglichen Drohungen alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

In diesem Buch geht es um etwas anderes: um Opposition, Protest und Widerstand. Es zeigt zweierlei: dass die Freiheitsverluste in Russland, der Türkei und den Vereinigten Staaten, aber auch in Polen und Ungarn auch unsere Freiheiten bedrohen. Und dass eine ähnliche Entwicklung in Deutschland keineswegs ausgeschlossen ist, vielleicht schon begonnen hat.

Aber der Aufstieg der Autokraten ist aufhaltsam. Das Buch führt vor, wie sich Protest, Opposition und Widerstand in Parlamenten und auf den Straßen, in Gerichtssälen und Kommunen, in religiösen Gemeinschaften und Gewerkschaften, in der Wissenschaft, in den Medien und in den Künsten regt. Und es fasst zusammen, wie Verweigerung funktioniert und, wenn alle Stricke reißen, staatliche Willkür zu bekämpfen ist.

Inhaltsverzeichnis

Griff nach der Notbremse

Es ist hier geschehen

Artikel 20

Falsche Analogien, später Alarm

Variationen zivilen Ungehorsams

Mutmaßungen über X

Es kann überall geschehen

Russland: Rebellionslust und Revolutionsangst

Tamam: türkische Opposition in der Diaspora

Polen und Ungarn: EUropa gegen die Autokratie

Trump und das andere Amerika

Es muss nicht geschehen

Kontext und Kulisse

Belebung im Hohen Haus?

Opferschutz

Wir sind mehr!

Mit Rechten reden

Sagen, was ist

Ausblick: Wie man Autokraten los wird

Hoffnungszeichen

Nicht rechts, nicht links?

Der Thunberg-Effekt

Anmerkungen

Griff nach der Notbremse

Ein Vorwort

»Marx sagt, die Revolutionen sind die Lokomotiven der Weltgeschichte. Aber vielleicht ist dem gänzlich anders. Vielleicht sind die Revolutionen der Griff des in diesem Zug reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse.«

Walter Benjamin

Greta Thunberg hat die eindrucksvollste Bewegung des Jahres 2018 angestoßen. Millionen Menschen in der ganzen Welt wissen jetzt, dass die 16-Jährige, um die Gleichgültigkeit im Kampf gegen gefährlichen Klimawandel zu überwinden, freitags die Schule schwänzte und einen Sitzstreik vor dem Parlament in Stockholm machte. Sie forderte die Verantwortlichen auf, endlich die Notbremse zu ziehen: »Wenn ein paar Kinder es schaffen, Schlagzeilen auf der ganzen Welt zu bekommen, indem sie einfach nicht zur Schule gehen, dann stellen Sie sich mal vor, was wir alles erreichen könnten, wenn wir es wirklich wollten.«[1] Dieser individuelle Akt zivilen Ungehorsams breitete sich aus wie ein Lauffeuer. In Deutschland gingen Schüler und Studierende über Wochen hinweg auf die Straße, Gruppen wie Extinction Rebellion, die das nicht minder gravierende Problem des Artensterbens bewegt[2], blockierten Straßen und Brücken. Für den September 2019 ist »Earth Strike« angesetzt, der bis dato größte Klimaprotest weltweit. Das ist naiv – im Sinne Immanuel Kants, der Naivität als »Ausbruch der der Menschheit ursprünglichen Aufrichtigkeit wider die zur anderen Natur gewordenen Verstellungskunst« gewürdigt hat. Damit ist man gern im Bunde.[3]

Aber wie soll es weitergehen? Protestbewegungen flauen ab, ihr Erfolg bemisst sich auf mittlere Sicht an politischen Kurswechseln. So wichtig also Korrekturen am Lebensstil sind, die Greta Thunberg konsequent vorexerziert, so unabdingbar bleibt doch eine Gesetzgebung, für die man Mehrheiten braucht. 2019 drohte die Europäische Union eine Menge Jungwähler zu verlieren, die sich über die im Europäischen Parlament beschlossene Reform des Urheberrechts geärgert hatten. Genau wie versäumter Klimaschutz beförderte auch diese zu wenig erklärte Reform die Parteiverdrossenheit. Doch würde ein Absentismus aus Protest genau die Kräfte stärken, die menschengemachten Klimawandel leugnen und das Internet für Propaganda und Manipulation missbrauchen.

Gretas Beispiel leitet hier kein Buch über Klimaschutz ein, es geht um Formen des Widerstands gegen autoritäre Regime und Tendenzen. Beides hängt stärker zusammen, als es auf den ersten Blick erscheint. Dass die Energiewende in Schweden nicht vorankommt, liegt an der Schwerfälligkeit der dortigen Innenpolitik, aber vor allem daran, dass die Regierungen der Vereinigten Staaten, Russlands und Brasiliens, als Hauptverursacher von CO2-Emissionen unverzichtbar für die Einhaltung des Pariser Abkommens, die Verringerung von CO2-Emissionen verweigern und sich aus der multilateralen Klimapolitik verabschiedet haben. Die Rechte proklamiert Heimatschutz und setzt wider besseres Wissen die Heimat heutiger und künftiger Generationen aufs Spiel.[4]

Gretas mutige Aktion ist also auch ein Anstoß für den Widerstand gegen den »Rechtspopulismus«, genauer: den völkisch-autoritären Nationalismus, der alte und neue Demokratien in ihrem Kern angreift. Thunbergs bohrende Frage, warum wir »nichts unternommen haben, obwohl noch Zeit dazu war«, richtet sich auch an alle, die der Aushöhlung ihrer demokratischen Rechte widerspruchs- und tatenlos zusehen. »Stellen Sie sich mal vor, was wir alles erreichen könnten, wenn wir es wirklich wollten!«

Hier wird die politische Komfortzone verlassen. Richtete sich das Interesse zuletzt auf die mehr oder weniger akademische Frage, »wie Demokratien sterben«[5], ist es nun höchste Zeit zu verstehen, wie Autokratien zu bekämpfen und zu überwinden sind. Sie werden nicht irgendwann implodieren oder von außen zerstört – beherzte Opposition, Protest und Widerstand sind notwendig, jetzt. »S’brent! Briderlekh, s’brent! oy, unzer Shtetl brent!« An diesen Alarmruf angesichts der Pogrome vor hundert Jahren wird jetzt im Blick auf den neuen Antisemitismus verschiedenster Provenienz in Deutschland erinnert. »Brennt die Stadt oder bereiten sich die Brandstifter erst vor? Die Brandgefahr besteht jedenfalls – doch die Feuerwehr darf nicht in die falsche Richtung geschickt werden.«[6] Der 1933 aus Nazideutschland geflüchtete Sozialwissenschaftler Albert O. Hirschman hat ein berühmtes Theorem über »Loyalität, Abwanderung und Widerspruch« entwickelt: Normalerweise verhalten sich Menschen loyal, als Bürger zu ihren Mitbürgern und zum Staat, als Beschäftigte zu ihrem Unternehmen, als Kunden zu ihrer Marke, als Partner zu Partnern – auf dieser Vertrauensbasis funktioniert Gesellschaft. Doch gibt es Momente, wo Widerspruch notwendig wird, sofern man nicht ausweicht und die Exit-Option, d.h. die Ab- oder Auswanderung, wählt.[7] Auf dieses so einfache wie ingeniöse Konzept werde ich im Folgenden immer wieder zurückkommen und eine vierte Option – Widerstand – anfügen. In Zeiten reaktionärer Vergangenheitsseligkeit und blinden Zukunftsvertrauens ist Geistesgegenwart gefragt, es braucht »eine Unterbrechung, einen Riss, einen Sprung, eine Sprengung der Zeit«.[8] Während sich Gesellschaften in Kategorien langer Dauer und Zyklen bewegen, handelt Politik im richtigen Moment (kairós) oder tut im Bewusstsein einer irreversiblen Vorentscheidung das Notwendige. Mit einer solchen »Politik der Präsenz« werden neue Anfänge möglich.[9]

 

Erste Skizzen dieses Buches entstanden 2012 nach einem Gespräch mit dem französischen Widerstandskämpfer, Diplomaten und Autor Stéphane Hessel im bis auf den letzten Platz gefüllten »Lichtburg«-Kino in Essen. In seinen Streitschriften »Empört Euch!« und »Engagiert euch!« hatte der damals 94-Jährige ein radikales Umdenken gefordert. Muss man, fragte auch ich mich, heute Widerstand leisten? Oder ist der Begriff »Résistance« ein Anachronismus und die Sache schon vergebens? Damals schienen der Klimawandel noch leichter aufhaltbar, die Massenflucht aus dem globalen Süden regelbar, die liberale Demokratie lebendig und ein vereintes Europa garantiert. Heute steht das alles auf dem Spiel. Auf Reisen nach Süd- und Osteuropa, an die europäische Peripherie und in die Vereinigten Staaten habe ich mir ein Bild zu machen versucht, wie sich dort Opposition, Protest und Widerstand formieren. Die autokratische Reaktion in vielen Ländern ist kein normaler Pendelausschlag auf der politischen Rechts-links-Achse, sie strebt wie im Krebsgang einen radikalen Bruch mit der liberalen Weltordnung an, die Revision aller liberalen und progressiven Errungenschaften: der Überwindung der heterosexuellen Normativität, der Gleichstellung der Frauen, der Beseitigung der weißen Suprematie und der Prinzipien multilateraler Kooperation, des allgemeinen und gleichen Wahlrechts, der Abschaffung der Zensur und selbst der Unversehrtheit der Person. Die autoritäre Welle ist in der Bundesrepublik Deutschland angekommen und stellt vieles von Grund auf infrage, wofür die nach 1945 Geborenen gelebt und gekämpft haben.

Wie also kann man Widerstand leisten? Das erste Kapitel erinnert an historische Fälle von Widerstand gegen die NS- und SED-Diktaturen in Deutschland und die vielfältigen Traditionen zivilen Ungehorsams bis in die Gegenwart. Im zweiten Kapitel vergleiche ich Formen der Opposition gegen fünf Autokratien der Gegenwart: Wladimir Putins Russland, Recep Tayyip Erdoğans Türkei, Viktor Orbáns Ungarn, Jarosław Kaczyńskis Polen und Donald Trumps Amerika und erörtere ihre Optionen und Chancen. Das dritte Kapitel befasst sich damit, wie sich entsprechende Tendenzen in Deutschland darstellen und bekämpft werden können. Gewidmet ist das Buch den Aktivisten, die 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Beijing unter Einsatz ihres Lebens für Demokratie gekämpft haben, und den algerischen Freunden, die gerade einen der dienstältesten Autokraten der Welt losgeworden sind. Mögen wir mit ihnen das Licht am Ende des Tunnels sehen.

Gießen im Juli 2019

 

Für Recherchen, Ratschläge und Korrekturen danke ich Hans-Jürgen Bömelburg, Stefano Bottoni, Gábor Egry, Abdullah Erdoğan, Mischa Gabowitsch, Maciej Gduła, Masha Gessen, Ken Gude, Pawel Karolewski, Basil Kerski, Noémi Kiss, László Kontler, Ferenc Laczo, Erik Meyer, Dóra und Reka Kinga Papp, Maximilian Roth, Sigrid Ruby, Greg Sargent, Karl Schlögel, Michael Selee, Gerhard Seufert, Scott Shuchart, Michał Sutowski, Kristóf Szombati, Csaba Tóth, Balázs Trencsényi, Yunus Ulusoy, Michael Werz. Alle Fehler gehen auf mein Konto. Dank geht auch an meinen Lektor Helge Malchow und die Universität Gießen, die mir ausgezeichnete Forschungsmöglichkeiten bietet.

Es ist hier geschehen

»Mir fällt zu Hitler nichts ein.«

Karl Kraus (1933)

Artikel 20

Der 30. Mai 1968 war ein aufregender Tag: Im Bundestag wurde dem deutschen Volk das Recht auf Widerstand gewährt. Der neu in Artikel 20 GG eingefügte Absatz 4 soll die freiheitlich-demokratische Grundordnung schützen: »Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.« Der Absatz war im Rahmen der am selben Tag beschlossenen Notstandsgesetze in die Verfassung aufgenommen worden. Konservative hielten den Zusatz für überflüssig oder tendenziell gefährlich, Linke sahen darin nur eine Augenwischerei angesichts der Vorkehrungen für den »inneren Notstand«, da die Bundeswehr im Notfall von nun an auch gegen bewaffnete Aufständische eingesetzt werden konnte. Schon zwei Wochen zuvor hatten Zehntausende auf einem Sternmarsch in die damalige Bundeshauptstadt Bonn gegen die Notstandsverfassung protestiert, in der nicht wenige die Gefahr eines neuen Faschismus erblickten.[10] Für die APO, in dieser Angelegenheit ein echtes Bündnis aus Studenten und Gewerkschaften, zielte Artikel 20 auf ebenjene, die wirklich Widerstand leisteten. Ulrike Meinhof drückte es besonders prägnant aus: »Protest ist, wenn ich sage, das und das paßt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, daß das, was mir nicht paßt, nicht länger geschieht. Protest ist, wenn ich sage, ich mache nicht mehr mit. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, daß alle andern auch nicht mehr mitmachen.«[11] Inspiriert war sie durch ein Teach-in mit radikalen Black Panthers in Westberlin. Wenig später ging die Journalistin in den selbst erklärten Widerstand der RAF, bei dem »natürlich geschossen« (Meinhof) werden durfte.

Dass die »BRD« auf einen neuen Faschismus zusteuerte, war eine krasse Fehldeutung. Die Zeit um 1968 entpuppte sich eher als Aufbruch aus der autoritären Republik in eine Fundamentalliberalisierung, wie Jürgen Habermas das Erreichte später resümierte. Gegen die Notstandsgesetze zu opponieren, war im Blick auf das eilige Durchpauken des Pakets im Bundestag durch die Große Koalition durchaus nachvollziehbar, ebenso gute Gründe gab es für den parallelen Protest gegen den Vietnamkrieg, der nicht zuletzt von US-Militärbasen in Deutschland geführt wurde. Und ja, es gab Zustände im deutschen Alltag und institutionelle Missstände, die den Ruf nach einer »großen Weigerung« (Herbert Marcuse) plausibel machten. Doch für militanten Widerstand gegen die durchaus reformbereite Große Koalition unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) und Außenminister Willy Brandt (SPD) bestand kein Anlass.

Heute kommt die pathetische Resistance-Rhetorik von den Rechtsradikalen, die »1968 ausknipsen« (Marion Maréchal) und die »rot-grün versiffte Republik« (Jörg Meuthen) stürzen wollen. Sie maßen sich an, gegen die »Umvolkung«, den angeblichen Verrat am deutschen Volk durch unkontrollierten Zustrom von Migranten, den Widerstand auszurufen. Der primitive Wutausbruch »Merkel muss weg!« ist die Übersetzung des Schlachtrufs der Trump-Follower gegen Hillary Clinton: »Lock her up!« (Sperrt sie ein!) Ganz rechts findet eine seltsame Mimikry statt: Mit 68er-Methoden gegen Errungenschaften von 68. 2016 berief sich ein Konvent des identitären Instituts für Staatspolitik auf ebenjenes in Artikel 20 Absatz 4 gewährte Widerstandsrecht, um die demokratisch gewählte Regierung aus dem Amt zu jagen.[12] In diesem Geiste unterzeichneten auch Zigtausende die in den sozialen Medien verbreitete »Gemeinsame Erklärung 2018«: »Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschädigt wird. Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die friedlich dafür demonstrieren, dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird«.[13] Friedliche Restauration? Bei solchen Demos wird auch mal ein (natürlich immer nur symbolisch gemeinter) Galgen mitgeschleppt. Die ehrenwerten Bürger, die sich hinter den Initiatoren Vera Lengsfeld, Henryk M. Broder, Uwe Tellkamp, Thilo Sarrazin und Matthias Matussek versammelten, ließen an ihren bereitwillig mitgelieferten Berufsbezeichnungen erkennen, dass Widerstandslust nicht von ganz unten kommt, sondern im Mittelstand wurzelt. Selbstverständlich ist es jedem unbenommen, gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zu demonstrieren, doch es ist hanebüchen, dafür ein Widerstandsrecht in Anspruch zu nehmen, weil hier keine Regierung geltendes Recht gebrochen oder gar gegen das Naturrecht verstoßen hat.[14]

Der im Folgenden behandelte Widerstand richtet sich umgekehrt gegen solche völkisch-autoritären Bewegungen, Parteien und Regime, die liberale Demokratien rund um den Globus herausfordern. Während »#Resist!« eine gängige Losung der demokratischen Opposition gegen Präsident Donald Trump geworden ist, klingt der Begriff in deutschen Ohren pathosverdächtig nach dem historischen Widerstand gegen die Diktatur der Nationalsozialisten. Subjektiv befinden sich freilich Demonstranten gegen die Abholzung des Hambacher Forstes ebenso im Modus eines existenziellen Widerstands gegen den weiteren Abbau von Braunkohle wie der Schwarze Block gegen den G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017. Offenbar muss man den schillernden Begriff genauer ausloten, ihn historisch erden und seine heutigen Kontexte sortieren.

Wer an Leib und Leben Schaden zu nehmen droht, darf sich wehren – an dem Gemeinplatz wird niemand zweifeln, aber lässt sich das auf eine Obrigkeit, eine demokratisch gewählte Regierung, übertragen? Wenn Tyrannei droht, ja, hieß es in der Antike. 514 v. Chr. wurde in Athen der Tyrann Hipparchos durch Harmodios und Aristogeiton ermordet. Einen ungerechten Herrscher, der großes Unheil anrichtete, zu beseitigen, um weiteren Schaden für das Gemeinwesen zu vermeiden, gilt Verfechtern des Tyrannenmordes seither als natürliches Recht. Ein Attentat wiegt dann weniger schwer als die dauernde Hinnahme von Unterdrückung, Gewalt und Massenmord. Zweifel an dieser Abwägung blieben, auch die Befürchtung, politischer Mord könne bloßer Vorwand für eigenes Machtstreben oder eine private Abrechnung sein (wie das übrigens schon im Fall des Hipparchos vermutet wurde). Auch der »Kreisauer Kreis« stritt heftig über die Frage, ob man Adolf Hitler, einen offensichtlichen Willkürherrscher, Kriegsverbrecher und Völkermörder, mit Gewalt beseitigen dürfe, wozu sich die aus diesem Kreis hervorgegangenen Attentäter des 20. Juli 1944 dann ohne letzten Erfolg durchrangen.

Das Widerstandsrecht fand Eingang in richtungweisende Verfassungsdokumente seit der Magna Charta von 1215. Im etwa zeitgleichen Sachsenspiegel hieß es: »Der Mann muß auch seinem König und Richter, wenn dieser Unrecht tut, Widerstand leisten und helfen, ihm zu wehren in jeder Weise, selbst wenn jener sein Verwandter oder Lehnsherr ist, und damit verletzt er seine Treupflicht nicht.« Die Monarchomachen, eine Gruppe calvinistischer Publizisten, leiteten im 16. Jahrhundert daraus die generelle Begrenzung der Staatsgewalt ab und proklamierten ein Recht der Stände, Herrscher auf friedlichem Wege abzusetzen – im Notfall auf unfriedliche Art und Weise. Friedrich Schiller versetzte sich in die aufständischen Niederländer: »Groß und beruhigend ist der Gedanke, daß gegen die trotzigen Anmaßungen der Fürstengewalt endlich noch eine Hilfe vorhanden ist, daß ihre berechnetsten Pläne an der menschlichen Freiheit zuschanden werden, daß ein herzhafter Widerstand auch den gestreckten Arm eines Despoten beugen kann.«[15] So hat Schiller den »W-Punkt« bedacht und abgewogen, wann der kairós, der richtige Moment zum Widerstand gegen einen Tyrannen, gekommen ist.

Das Schwanken des Widerstandsgedankens zwischen Legalität und Legitimität kann man exemplarisch darlegen am philosophischen Fernduell zwischen John Locke und Immanuel Kant. Der Engländer leitet im »Second Treatise on Goverment« (1689) das Recht auf Widerstand gegen Willkürherrschaft aus dem (fiktiven) Gesellschaftsvertrag ab: Wenn Bürger aus dem Naturzustand treten, delegieren sie ihr natürliches Recht auf Selbstverteidigung an eine Regierung, die Leben, Freiheit und Eigentum des Einzelnen schützen soll. Wenn diese versagt oder sich selbst aufführt wie Räuber, Piraten und Fremdherrscher, fällt das Selbstverteidigungsrecht an die Bürger zurück, die sich wehren dürfen, wenn sonstige Mittel des Rechtsschutzes ausgeschöpft sind. Dagegen wandte Immanuel Kant ein Jahrhundert später in der Metaphysik der Sitten (1797) ein, das Volk könne egoistische Ziele verfolgen, die sich ständig verändern; da wäre es nicht logisch, dem Souverän eine alleroberste Instanz, das Volk selbst, überzuordnen. Nur die Geltung positiven Rechts könne den Rückfall in den Naturzustand vermeiden. Lockes Zeithintergrund war der konfessionelle Bürgerkrieg in England, Kant schrieb vor dem Hintergrund der Wende der Französischen Revolution in die Terreur und der Gegenrevolution der Vendée. Er gab dem »Gebrauch der Feder« den Vorzug, der Ausübung von Gedanken- und Meinungsfreiheit im Rahmen der geltenden Gesetze.

Das Recht auf Widerstand ist in vielen Verfassungen verankert, nur wozu nutzt es, wenn eine Diktatur bereits errichtet und keine Richter mehr vorhanden sind? Ist man dann wie Georg Elser, der einsame Attentäter des Jahres 1939, der Adolf Hitler im Münchner Bürgerbräukeller in die Luft jagen wollte, auf die individuelle Gewissensentscheidung zurückverwiesen?[16] Das Dilemma, wer letztlich über die Legitimität eines extralegalen Widerstandsaktes entscheiden soll, haben moderne Verfassungsstaaten aufzulösen versucht, indem sie das Prinzip der Gewaltenteilung als Wall gegen Machtwillkür institutionalisierten, mit dem Exekutive, Legislative und Judikative sich wechselseitig kontrollieren und die Verselbstständigung der Herrschaft durch parlamentarische Aufsicht und eine unabhängige Justiz unterbunden wird. Diesen Selbstschutz konnte man lange für einigermaßen gesichert halten, doch kommen erneut auch in gefestigten Demokratien Zweifel an seinem Funktionieren auf. Das Erste, was potenzielle Autokraten attackieren, sind unabhängige Gerichte, die freie Presse und die Opposition.

Was hat die Gewährung des Widerstandsrechts am 30. Mai 1968 gebracht? Die Kommentatoren des Grundgesetzes sind durchweg skeptisch und müssen dies angesichts der zitierten anti- und neofaschistischen Fehldeutungen von Artikel 20 Absatz 4 auch sein: »Das Recht auf Widerstand ist in der Praxis schwer zu realisieren. Dennoch behält es eine wichtige symbolische Funktion: Es vermittelt uns Bürgern die Zuversicht, daß wir uns ungerechten Herrschern oder Regenten widersetzen dürfen«.[17] An welchem Punkt (nennen wir ihn wieder den W-Punkt) können naturrechtlich begründete Werte sich über positives (Un-)Recht erheben, wo verlaufen die »roten Linien« für die Aufbegehrenden? Wie universal gültig ist ein Widerstandsrecht, wenn ganz unterschiedliche, zum Teil konträre Konzepte der Menschen- und Personenwürde aufeinanderprallen? Ein weltweit identisches Verständnis von Gerechtigkeit wird man nicht unterstellen können, aber vielleicht die Minimalprämisse, dass alle Menschen verwundbar und auf Kooperation angewiesen sind, ebenso das Gebot der »Einbeziehung des anderen« bei der Verfolgung persönlichen Glücks, das ein Zusammenleben in Differenz erst möglich macht.

Falsche Analogien, später Alarm

Wer heute zum »Widerstand gegen rechts« aufruft, gerät schnell in den Verdacht falscher Analogien zum »Dritten Reich« und in den Ruf des Alarmismus – zu hoch gegriffen und zu früh agiert. Doch gibt es auch die spiegelbildliche Alles-wird-gut-Haltung in der trügerischen Gewissheit, Europa werde wie alle Krisen nach 1945 auch diese unbeschadet überstehen. Es geht darum, Augenmaß und Urteilskraft in der Zeitdiagnose zu gewinnen, um Panik ebenso zu vermeiden wie Indifferenz. Geschichte bietet die Chance, ohne Schaden klug zu werden. Aus der Geschichte könne man alles beweisen, lautet das Gegenargument. Damit werden Kenntnis der und Erinnerung an die zwischen 1933 und 1945 gegen den Nationalsozialismus gerichteten Aktivitäten nicht wertlos. Sie reichten vom passiven Nicht-Mittun-Wollen bei dem, was im »Dritten Reich« erwünscht und gefordert war, über weltanschaulich begründete Gegenpositionen bis zum informellen oder organisierten Einsatz des eigenen Lebens im Kampf gegen Institutionen und Vertreter des »Dritten Reiches«. Die Attentäter des 20. Juli, eine Gruppe hoher Offiziere um Claus Graf von Stauffenberg, dienten lange als vornehmster Beweis, dass es ein anderes, besseres Deutschland gegeben hatte,[18] dabei sind die »Verschwörer« bis heute umstritten: Waren das nicht Landesverräter, setzten sie nicht das Leben Unschuldiger aufs Spiel, hingen sie nicht selbst autoritären Weltanschauungen an?[19]

Erst spät wurden Widerstandskämpfer anderer Couleur, vor allem aus der kommunistischen Arbeiterbewegung, gewürdigt. So sah beinahe jedes Jahrzehnt Widerstand mit anderen Augen, interpretierte ihn aus der jeweiligen Gegenwart neu und zog unterschiedliche Lehren für die Zukunft. In ihrem 1964 aus Anlass des Prozesses gegen den Schreibtischtäter Adolf Eichmann verfassten Essay »Was heißt persönliche Verantwortung unter einer Diktatur?« stellte Hannah Arendt am Beispiel der Befehlsverweigerer die autonome Urteilskraft als Antrieb des Widerstands heraus: »Diejenigen, die nicht teilnahmen und von der Mehrheit als unverantwortlich bezeichnet wurden, waren die einzigen, die es wagten, selber zu urteilen. (…) Sie stellten sich die Frage, inwiefern sie mit sich selbst in Frieden leben könnten, wenn sie bestimmte Taten begangen hätten; und sie zogen es vor, nichts zu tun. (…) Nicht weil sie das Gebot ›Du sollst nicht töten‹ streng befolgt hätten, lehnten sie es ab zu morden, sondern eher deshalb, weil sie nicht willens waren, mit einem Mörder zusammenzuleben – mit sich selbst.«[20] Man musste nicht mitmachen, sich an Verbrechen beteiligen oder diese decken, man konnte etwas tun oder unterlassen, wenn man sich auf sein eigenes Urteil verließ.

Widerstand hat viele Facetten. Eine verallgemeinerbare Definition bezeichnet ihn als »… eine Provokation, welche die Toleranzschwelle des … Regimes unter den jeweils gegebenen Umständen bewusst überschreitet, mit einer Handlungsperspektive, die auf eine Schädigung oder Liquidation des Herrschaftssystems abzielt«.[21] Noch allgemeiner wird »Resistenz« definiert als ein schlichtes Nicht-Einverstanden-Sein, aber Widerstand ist mehr als ein Flüsterwitz im privaten Kreis: Es ist eine (meist sehr einsame) Haltung der Verweigerung, die zur Handlung drängt und damit ein hohes persönliches Risiko eingeht.

Wie kommt man zu diesem »point of no return«? Die Lebenswege der Widerständler zeigen unterschiedlichste Motivlagen, Aktionsformen und Zielgruppen[22]: Es gab den politisch motivierten Widerstand, speziell der linken Arbeiterbewegung, den religiös begründeten Widerstand der christlichen Kirchen, vor allem gegen die Euthanasie, auch der Zeugen Jehovas, und den verzweifelten jüdischen Widerstand. Es gab praktische Hilfe für Verfolgte, vor allem Juden und besonders unter Beschuss geratene Berufsgruppen, die Empörung junger Menschen wie der Swing-Begeisterten, der Weißen Rose oder der Edelweiß-Piraten, nicht zuletzt Saboteure und Deserteure, denen die Anerkennung nach 1945 hartnäckig verweigert blieb. Im Widerstand waren auch NSDAP-Mitglieder, Einzelgänger vom Typ des bereits erwähnten Georg Elser, Gelehrte wie aus dem ordoliberalen Freiburger Ökonomenkreis und klandestine Freundeskreise wie die sogenannte Rote Kapelle. Gegen die Übermacht und Terrorgewalt des Nationalsozialismus traten nicht zuletzt »einfache Menschen« an, denen das Regime den Sinn für Menschlichkeit oder – mit Arendt – die Urteilskraft nicht austreiben konnte. Im Widerstand waren Menschen aktiv, die ihr Leben lang Politik gemacht hatten, genauso wie solche, die sich dafür nie im Leben interessiert hätten, wäre Hitler ihnen nicht als existenzielle Gefahr für sich, ihre Familien und die ganze Menschheit erschienen. Wie Otto und Elise Hampel, die Hans Fallada 1947 in dem Roman »Jeder stirbt für sich allein« nach dem authentischen Fall eines Ehepaares geschildert hat, das in Berlin bis 1942 handgefertigte Postkarten-Flugblätter gegen Hitler ausgelegt hatte und nach einer Denunziation festgenommen und hingerichtet wurde.

Vom »W-Punkt« war schon die Rede. Wie erkennt man den richtigen Moment, wann sagt man »jetzt«? Der aus dem katholischen Zentrum kommende Eugen Bolz schrieb noch 1932 in einem Brief an seine Frau nach einem Treffen mit dem NSDAP-Chef: »Mein Eindruck über Hitler war ein besserer, als ich vermutete. Seine Äußerungen waren konsequent und klar, und seine Auffassungen decken sich im Allgemeinen weitgehend mit den unseren.«[23] Man sieht hier exemplarisch, wie schwankende oder abwiegelnde Positionen zu einer aufziehenden Diktatur existierten und oft noch länger Bestand hatten, bevor einer wie Bolz dann doch noch zum Widerstand des 20. Juli stieß. Am 23. Januar 1945 starb auch er in Berlin-Plötzensee unterm Fallbeil.

Nehmen wir also eine andere zeitliche Perspektive ein: nicht das bald aussichtslos scheinende Aufraffen gegen den schon an der Macht befindlichen Reichskanzler, sondern die Beurteilung des Hasardeurs der 1920er-Jahre, dessen aufhaltsamen Aufstieg man in jeder Etappe hätte verhindern können. Wer zur heutigen Renaissance einer völkisch-autoritären Rechten ein »neues 33« an die Wand wirft, erliegt sicher einem Kurzschluss, von einer »Machtergreifung« ist die AfD meilenweit entfernt. Betrachten muss man ihren aktuellen Erfolg aber ohne Weiteres im Licht des Aufstiegs der Kleinstpartei NSDAP von 1925 zur führenden Reichstagsopposition 1930. Wenn eine derart skurrile Splitterpartei, die bei den Reichstagswahlen im Mai 1928 ganze 2,63 % der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen konnte, bis Juli 1932 auf 37,23 % anwuchs, muss man fragen, wie Hitler und die NSDAPvor 1933 gesehen und bewertet wurden – wer sie aus welchen Gründen verkannte und wer mit größerem Spürsinn hinschaute. Dass man die Bewegung zu diesem Zeitpunkt falsch einschätzte, führte zu katastrophalen Irrtümern der bürgerlichen wie kommunistischen Parteien, die stets andere Kalküle verfolgten und Hitler damit ungewollt stärkten. Die KPD erklärte die »Sozialfaschisten« der SPD zum Hauptfeind und machte mit den Nazis bisweilen gemeinsame Sache, Bürgerliche (wie Bolz) sahen stets die größere Gefahr von links kommen und zogen Hindenburgs konservative DNVP als Bündnispartner vor, die dann 1932/33 der NSDAP den Steigbügel hielt.

Der Untergang der Weimarer Republik wird landläufig als fatales Resultat der Weltwirtschaftskrise gedeutet. Auch wenn soziale Notlagen zur Radikalisierung beitrugen, hat vornehmlich die Schwäche der bürgerlichen Mitte und ihre Verachtung der Sozialdemokratie den fassbaren Aufstieg der NSDAP beschleunigt. Und ihr zwischen 1928 und 1933 Nichtwähler zugetrieben, die – das mag einem wieder bekannt vorkommen – als Protestwähler gegen das ihnen verhasste politische System der Ersten Republik, aus Verachtung für die Eliten, aus Judenhass, Homophobie und patriarchalen Komplexen rechts votierten. Auch die NSDAP war zu Teilen eine Spielart des früher entstandenen und – man muss es wohl so sehen – bis heute grassierenden Populismus, der stets die völkisch-autoritären Wahnideen mitschleppt, die der gesamte europäische Faschismus propagiert und grausam exekutiert hat.

Wir haben Menschen wie Eugen Bolz wahrlich nicht für ihre partielle Blindheit zu kritisieren. Denn was tun wir gerade, um der sich klar abzeichnenden Gefahr eines autoritären Rückfalls in Europa entgegenzuwirken? Die meisten wiegeln ab, haben andere Sorgen oder sie stimmen teilweise zu. Besonders verbreitet ist, auf »objektiven« Fehlern und Verhältnissen herumzureiten, die den Aufstieg der Rechten angeblich verursacht haben, statt diesen als politische Subjekte entschieden zu begegnen. Sind wir klarsichtiger, mutiger, wirkungsvoller als der antifaschistische Widerstand vor 1933? Nochmals: in den Jahren 1925, als die NSDAP