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Nach dem Bestseller von Schwester Teresa Zukic "Lebe, lache, liebe" erscheint nun der Fortsetzungsband "Jetzt erst recht- lebe, lache, liebe!" Schwester Teresa Zukic ist unter anderem durch ihren Auftritt im TV als "Skateboard fahrende Nonne" bekannt. Mittlerweile hat sich die Ordensfrau als Buchautorin und Speaker bei Veranstaltungen einen Namen gemacht. Sie verbreitet Lebensfreude und gibt Menschen Hoffnung. Mit ihrem Buch "Lebe, lache, liebe" hat die bekannte Ordensschwester durch ihre Lebensfreude vielen Menschen Mut gemacht. In dem Nachfolgeband schreibt sie darüber, wie sie selbst durch eine schwere Krankheit an ihre Grenzen gekommen ist. Sie macht Mut, trotz Grenzerfahrungen und Herausforderungen die Hoffnung und den Lebensmut nicht zu verlieren. In "Jetzt erst recht" nimmt Teresa Zukic den Faden ihres Bestsellers wieder auf. Ein fröhliches Buch, das die schweren Seiten des Lebens nicht außer Acht lässt. Teresa Zukic berichtet ehrlich von eigenen Grenzerfahrungen und schwierigen Zeiten. Und davon, wie der Glaube an Gott ihr Halt gab und sie dadurch ihr Lächeln wiedergefunden hat. Ein Buch für alle, die in schwierigen Zeiten nach Lichtblicken suchen.
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Seitenzahl: 162
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TERESA ZUKIC
Heilsame Gedanken fürschwierige Zeiten
Sr. Teresa Zukic ist Mitgründerin der „Kleinen Kommunität der Geschwister Jesu“ und bekannt als „Schwester auf dem Skateboard“ oder, was ihr lieber ist, als „die kleine Ordensschwester mit dem großen Herzen für Jesus und die Menschen“.
Die ehemalige Leistungssportlerin ist vielfältig engagiert, u. a. als eine der Top-Keyspeakerinnen im deutschsprachigen Raum mit bis zu 200 Veranstaltungen im Jahr.
www.schwester-teresa.de
© 2022 Brunnen Verlag GmbH, Gießen
Lektorat: Stefan Loß
Umschlagfoto: Christian Poellmann
Umschlaggestaltung: Daniela Sprenger
Satz: Brunnen Verlag GmbH
ISBN Buch 978-3-7655-0764-9
ISBN E-Book 978-3-7655-7599-0
www.brunnen-verlag.de
Vorwort von Samuel Koch
1.Einführung – Jetzt erst recht – lebe, lache, liebe!
2.Wenn eine Diagnose zur Grenzerfahrung wird
3.Die rettende Operation und ein Schluck Champagner
4.Es gibt keine Antwort auf das Warum – aber eine erstaunliche Entdeckung
5.Kranke Menschen besser verstehen und Mut schenken: auf Ratschläge verzichten
6.Wenn Grenzen überschritten werden
7.„Ich will trotzdem leben!“
8.Unterwegs ins normale Leben
9.Die Grenzgängerin – Aufgeben ist keine Option
10.Versöhnt leben mit den eigenen Grenzen
11.Jetzt beginnt der wundervolle Rest Ihres Lebens
Der JETZT-ERST-RECHT-Energieriegel
Meine Liebeserklärung
Für alle, die eine schlimme Diagnose erhalten haben oder befürchten
Nachwort von Prof. Dr. med. Jalid Sehouli
Anmerkungen und Quellenverzeichnis
Liebe Schwester Teresa,
unsere gemeinsame Vergangenheit, „die Freude an Geschwindigkeit und Bewegung beim Kunstturnen“, hat uns wohl beide das Kämpfen gelehrt.
Doch wahrhaft essenziell verbindet uns – mehr als das Saltoschlagen und unsere ähnlichen Erlebnisse im Umgang mit Leid – „dieselbe geistige Blutgruppe“.
Schnelle Phrasen (wie „Kopf hoch, du bist ein Kämpfer“ oder „Du schaffst das!“) wirken eher entmutigend als hilfreich. Spätestens wenn der Ratschläger das Krankenzimmer verlassen hat, stellten wir uns vermutlich beide diese Fragen: „… und wenn ich es nicht schaffe, was dann? Bin ich ein Versager? Habe ich zu wenig Glauben?“
Ende gut, alles gut? Diese vermeintliche Weisheit ist schwer erträglich, beinahe ein (Rat-)Schlag ins Gesicht. Was, wenn das Ende zwar greifbar, aber weder erwünscht noch gut ist?
„Ich musste in den Abgrund schauen, mein Leben wurde auf den Kopf gestellt. Aber auch kopfüber war dieser wunderbare Gott zu finden.“
Dies ist eine Erfahrung und Gemeinsamkeit, die ich mit Dir teile, liebe Teresa.
Auch taugen wir beide nicht recht als Monument-Figuren, eher als solche, die auf DEN hinweisen, der Anfang und Ende in seiner Hand hält.
Bei ihm ist Klagen, sogar Anklagen, erlaubt und seine Liebe hört dadurch nicht auf.
Auf die Fragen: „Wie schaffst du das?“,
„Woher nimmst du die Kraft?“, geben wir gewiss die gleiche Antwort: Nicht allein!
Menschen, die wie im Römerbrief 12,15 mit den „Weinenden weinen“, sind uns beiden zweifelsohne die liebsten.
Ich bin froh, dass Du mit Deinem 24. Buch Deinen Wegbegleitern schenkst, was unser Leben lebenswert macht:
die Hoffnung
zu leben,
zu lachen und
zu lieben.
Dein Samuel
Gemeinsam beim Kongress 2019 in Bad Soden / Taunus
Es gibt ein Leben nach dem Tod.
Das glaube ich von ganzem Herzen.
Und es gibt ein Leben nach dem Krebs für mich. Halleluja.
Und so möchte ich es in die ganze Welt hinausschreien:
„Jetzt erst recht! Lebe, lache, liebe!“
Denn: Es gibt auch ein Leben vor dem Tod!
Dass ich noch lebe, verdanke ich natürlich meinem guten Gott, der sich ein abenteuerliches Rettungspaket für mich hat einfallen lassen, aber auch einem Buch, was für mich 2019 ein Geschenk vom lieben Gott war, es schreiben zu dürfen. „Lebe, lache, liebe … und sag den Sorgen gute Nacht“ wurde nicht nur ein Bestseller und erreichte bis jetzt die 8. Auflage, es hat auch vielen, vielen Menschen in der Coronapandemie neuen Mut und Hoffnung gegeben, manche sogar vor der Verzweiflung gerettet, wie mir geschrieben wurde. Vor allem aber hat es mir selbst geholfen.
Ja, Sie lesen richtig. Mir selbst. Der Autorin. Denn jedes Wort, das dort niedergeschrieben wurde, habe ich nicht nur am eigenen Leib mit Schmerz, Tränen und Wagnis überprüfen und ausprobieren dürfen, sondern im wahrsten Sinne ausgelitten. Es hat mich selbst zum Umdenken, Andersdenken und Freidenken gebracht. Ja sogar von Todesangst befreit.
Umso größer gilt meine Dankbarkeit dem Brunnen Verlag, dass Sie nun die Fortsetzung in den Händen halten.
Niemand hätte noch 2019 ahnen können, wie ein kleiner tückischer Virus 2020 unsere gesamte Welt auf den Kopf stellen sollte oder wir 2022 fassungslose, ohnmächtige Zuschauer eines Krieges auf europäischem Boden sein würden. Wir waren alle so in unserem alltäglichen, selbstverständlichen Alltag eingespannt, spulten unsere Termine herunter und funktionierten mehr oder weniger tadellos. Es gab keinen Stillstand.
2019 war für mich persönlich ein großartiges Jahr. Zu über 200 Veranstaltungen war ich als Rednerin eingeladen, unsere Kleine Kommunität feierte ihr 25-jähriges Bestehen, drei weitere Bücher durfte ich schreiben und komponierte gemeinsam mit den „Stimmen der Berge“ eine CD, um 2020 gemeinsam damit auf Tournee zu gehen. Genau zum Buch konzipierte ich den Vortrag „Lebe, lache, liebe dich frei“ und unsere wunderschönen Lieder mit großartigen Sängern umschmeichelten meine Worte. Die ersten Probekonzerte waren wundervoll. Was für eine Kombination! Die kleine verliebte Schwester mit den stimmgewaltigen „Jungs“ von den Stimmen der Berge. Bald nach Erscheinen des Buches Februar 2019 hatte der passende Vortrag zum Buch Premiere.
Das Besondere an „Lebe, lache, liebe …“ waren nicht nur die hilfreichen Ermutigungen, wie wir besser mit unseren Sorgen umgehen können. Wie wichtig das Lachen und der Humor in unserem Leben sind, um seelisch gesund zu bleiben. Ich hatte mich auch zum ersten Mal an das Thema Tod und Sterben herangewagt. Ich staune selbst, wie vielen Menschen ich damit Trost geben und Ängste nehmen konnte. Noch nie hatte ich so viele Rückmeldungen zu einem Buch erhalten.
„Ich danke Ihnen von Herzen – das Buch ist der absolute Hammer. Ich liebe es, darin zu lesen, wenn ich traurig bin, und es macht mich froh und meine Gedanken werden nicht mehr so düster.“ Oder: „Liebe Schwester Teresa, gestern bekam ich Ihr neues Buch. Als ich Ihre persönliche Widmung sah, war mein Herz berührt und ich musste anfangen zu lesen. Ich las in der Badewanne und auf dem Sofa und plötzlich war ich auf der letzten Seite. Eigentlich wollte ich mal kurz nach der Arbeit reinlesen, doch schwupp war ich am Ende angekommen. Es ist ein wunderbares Buch. Sehr inspirierend und wohltuend.“ Oder aber auch diese: „Ich bin zutiefst bewegt. Mir kamen die Tränen. Liebe Teresa, es ist sooooooo wichtig, dass Du den Tod, vor dem letztlich alle, alle Angst haben, thematisiert hast. Du hast es wundervoll gemacht und alles bedacht.“ Berührende, liebenswerte Worte erreichten mich über Monate, aber eine E-Mail wühlte mich so sehr auf, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte zu weinen. Wir waren gerade an einer Tankstelle in der Schweiz und ich überflog schnell meine Mails, während Pfarrer Franz tankte. Er erschrak, als er mich tränenüberströmt sah. Aber als er hörte, was mich so bewegt hatte, war auch er sehr ergriffen. Man hatte mir berichtet, dass liebe Frauen aus einer Gemeinde einer Dame, die ein großer Fan von mir wäre, mein Buch geschenkt hätten, bevor sie in die Klinik musste. Sie hätte sich so darüber gefreut. Aber sie verstarb einige Zeit später in der Klinik. Weil sie keine Angehörigen hatte, legten ihre Freundinnen „Lebe, lache, liebe“ mit in den Sarg, in ihre Arme, „das hätte sie so gewollt“. Ich war fassungslos ergriffen.
Eine Veranstalterin rief mich an, um unseren Vortragstermin zu besprechen, und erzählte mir, dass eine Frau, die mich sehr verehrt hat, mich schon vor acht Jahren buchen wollte und es leider damals nicht geklappt hat. Sie sei im Dezember 2021 an Brustkrebs verstorben und auf ihrem Grabstein würde „Lebe, lache, liebe …“ stehen! Wir hatten gerade ausgemacht, dass sie die Familie dieser lieben Frau einlädt, wenn ich komme, und dass ich an ihrem Grab ein Gebet sprechen werde und natürlich diesen Vortrag dort halten werde. Auch jetzt kullern Tränen über meine Wange.
Wie danke ich Gott auch dafür, als mich eine Mutter um ein signiertes Buch für ihre 16-jährige Tochter aus Südtirol bat, die während des ersten Lockdowns Todesängste bekam. Wochen später schrieb sie mir, dass ihr meine Worte sehr geholfen hätten. Dafür lebte ich doch, dafür hatte ich es geschrieben. Die Sorgen wahrzunehmen, sie aber nicht zu bewerten und ihnen keine Macht über unser Denken und unsere Gefühle zu geben. Besser sie abzugeben und in Zuversicht verwandeln zu lassen. Denn es nützt überhaupt nichts, sie verdrängen zu wollen. Es gibt wirklich keinen schlimmeren Satz, den wir jemandem antun können, als ihm zu empfehlen, sich keine Sorgen zu machen. Das nützt überhaupt nichts. Im Gegenteil, es verschlimmert sein Befinden nur noch mehr. Wenn wir besorgt sind, sind wir es! Wenn wir angstvolle Gedanken zugelassen haben, können sie uns so sehr bedrängen, so heftig und gewaltig werden, dass wir uns selbst nicht wiedererkennen. Nie und nimmer hätte ich ahnen können, dass meine eigens geschriebenen Worte in diesem Buch mich ein Jahr später selbst davor bewahren würden, an meiner eigenen Todesangst zu ersticken.
Ich hatte 2019 gewagt, mich mit dem Sterben auseinanderzusetzen. Mich meiner Angst zu stellen, als noch keine existenzielle Bedrohung im Raum stand. Als ich erfolgreich, gesund und putzmunter von Vortrag zu Vortrag düste und auch die Nacht zum Tage machte. Ich liebte mit jeder Faser meines Lebens meine Berufung und tat alles, was ich tun musste, schrecklich gerne. Außer vielleicht die Büroarbeiten mit den Steuererklärungen und die wöchentlichen Buchungen der Hotels. Was ich alles in Hotels erlebt hatte, davon könnte ich ein ganzes Buch füllen. Mein Leben war so abwechslungsreich und es gibt keine Region in Deutschland, wo ich nicht schon eingeladen war. Kindergottesdienste halten oder vor Schulklassen reden. Vorträge bei IT-Firmen, Sparkassen, Ärzten, Rotary Clubs oder Wirtschaftstagen. Christliche Gemeinden über alle Grenzen hinweg. Ob katholische, evangelische oder freikirchliche Gemeinden. Unzählige Frauenfrühstücke, Landfrauentage oder Verbände luden mich zu ihren Veranstaltungen ein. Große Neujahrsempfänge, Handwerkerinnungen oder TV-Sendungen. „Wenn es klingelt, ist es der liebe Gott!“, pflege ich zu sagen.
Durch die vielen Gespräche nach meinen Vorträgen hörte ich immer genau hin, was die Menschen gerade bewegte, was für sie dran war, und so entwickelte ich meine Bücher und Vorträge. Umso erstaunter war ich selbst, als ich den „Tod“ in mein Repertoire aufnahm. Im Kloster lebte ich immer schon mit dem Bewusstsein, dass wir immer so leben sollten, als wenn es der letzte Tag wäre. Deshalb versuche ich auch, jeden Tag immer mein Bestes zu geben, jeden Tag auszuschöpfen. Gutes für andere, aber auch für mich selbst zu tun, war meine Lebensphilosophie. Mich schon auf den Tag zu freuen, wenn ich die Augen aufschlug, und mich von Gottes Überraschungen tragen zu lassen. Ich war gewiss, dass ER da wäre und ganz gleich, was mich erwarten würde, es wäre nur ein Problem, eine Herausforderung im großen Abenteuer des Lebens.
Aber welch gewaltigen Unterschied macht es, ob man vom allgemeinen Sterben redet oder vom eigenen. Wenn ein Virus es schafft, dass sich plötzlich die ganze Welt fast tagtäglich mit dem Tod auseinandersetzen muss und du selbst geliebte Freunde verlierst. Wenn dir eine bedrohliche Diagnose über Nacht den Boden wegzieht. Wenn du plötzlich einen Krieg vor der Haustüre hast und mitansehen musst, wie Menschen ermordet werden, und wenn es nicht mehr um Leben, sondern um das nackte Überleben geht.
Geht das überhaupt – lebe, lache, liebe – trotz Grenzen? Trotz Pandemie? Trotz Krankheit? Trotz Krieg und Schrecken?
Oh JA! JA, jetzt erst recht!
Wir können und dürfen leben, ohne den Krieg, Krankheit, Sterben oder den Tod und alles Vergängliche zu ignorieren. Das Leben ist das größte Geschenk, das Gott uns gemacht hat. ER ist ein Liebhaber des Lebens und ER liebt jeden von uns am allermeisten. Wie tröstlich.
Deshalb: Jetzt erst recht noch intensiver und bewusster leben!
Tränen sind nicht nur erlaubt, sie vermindern den Stress, reinigen die Seele, schaffen Nähe und befreien. Sie sind notwendig, aber vor allem sind sie von Gott. Dafür muss man sich niemals schämen.
Und doch sind Lachen und Humor die beste Medizin, die Gott uns mitgegeben hat und die wir in den Glückshormonen selbst produzieren können.
Darum: Jetzt erst recht frei und gesund lachen!
Bei allen Enttäuschungen, die uns das Leben aufzwingt, allem Zweifeln und Verzweifeln, aller Ratlosigkeit und Ohnmacht ist die Liebe das Schönste, für das es sich zu leben lohnt!
Deswegen: Jetzt erst recht lieben. Weiterlieben.
In die Ewigkeit hineinlieben.
Darauf waren wir nicht vorbereitet.
Nicht vorgewarnt.
Nicht bereit.
Gott!
Aber Du hast auch nie gesagt,
dass „Christ sein“ bedeutet, bewahrt zu sein
vor Schwierigkeiten und Herausforderungen,
vor Krankheit, Leid oder Tod.
Nein, Du hast uns keine heile Welt versprochen,
kein sorgen-, schmerz- oder angstfreies Leben.
Nur wir, wir sind so töricht gewesen,
nie darüber nachzudenken.
Als wenn das Leben endlos wäre.
Es uns nie treffen könnte.
Dabei hat Dein Sohn es uns vorgelebt.
Sein Leben in Deine Hand gegeben.
Dir restlos vertraut. Sich zu Tode geliebt.
ER hat uns erlöst. Ein für alle Mal. Basta!
Wir leben auf die vollkommene, göttliche Liebe zu.
Seine pure Liebe möge uns täglich lehren,
in lebensbejahender Zuversicht zu leben
und den Tod und das Loslassen nicht zu fürchten.
Was würden Sie gerne „Jetzt erst recht“ tun?
Wenn ein Mensch einer extrem hohen psychischen oder körperlichen Belastung ausgesetzt ist, wird von Grenzerfahrungen gesprochen. Wir alle kennen Grenzen. Wir leben innerhalb von Grenzen und mit Grenzen und sind einfach in vielem begrenzt. Wir lernen von klein auf oder nach Krankheiten, unsere körperlichen Grenzen in den Griff zu bekommen, müssen mit den wertvollsten Ressourcen unserer verfügbaren, aber begrenzten Lebenszeit umgehen lernen und versuchen, mit unseren emotionalen Grenzen unsere Gefühlswelt zu schützen. Wir leben innerhalb von ethischen und sozialen Grenzen und müssen mit unterschiedlichen materiellen Begrenzungen unser Leben meistern.
Ein wunderbares Wort „meistern“. Ich habe dieses Wort neu schätzen gelernt. Im Grunde geht es darum, etwas zu bewältigen, zustande oder zuwege zu bringen, gebacken zu bekommen, zu schultern, zu packen oder – modern gesagt – zu „rocken“.
Und da sprichwörtlich „noch kein Meister vom Himmel gefallen ist“, so ist es auch überhaupt nicht schlimm, wenn wir das nicht so schnell oder so gut hinbekommen wie andere. Es ist unser Leben, unser Schicksal, es sind unsere Herausforderungen und unsere Grenzen. Das Leben ist eine lebenslange Schule, bis wir irgendwann an den Punkt gelangen, Lebenskünstler zu sein, unser Leben so zu bewerkstelligen, um stets das Beste aus jeder Situation zu machen. In allem Neuen, mit dem wir konfrontiert werden, sind wir eben Anfänger, bis wir mündig genug sind, mit vielen Erfahrungen bereichert, selbst ein Spezialist, ein Könner oder simpel gesagt, bravourös „erwachsen“ zu werden. Voraussetzung ist nun mal eine gehörige Portion Selbstbewusstsein – was ja nichts anderes bedeutet, als „sich seiner Selbst bewusst zu sein“. Um seine eigenen Stärken, aber auch um seine Schwächen oder Grenzen zu wissen. Aber wissen heißt noch lange nicht annehmen oder mit ihnen umgehen zu können. Ich durfte lernen, dass nicht unsere Grenzen das Problem sind, sondern das, was die Grenzen mit uns machen! Wer mit seinen Grenzen umgehen kann, kann eine Persönlichkeit werden, kreative Lösungen für alle Probleme finden und das Wichtigste: seelisch gesund bleiben. Selbst nach einer lebensbedrohlichen Diagnose.
Als hätten wir nicht schon genug Probleme gehabt mit dem Coronavirus. Wir waren alle eingeschüchtert von den weltweit täglichen Todeszahlen und dem Lockdown 2020. Die Krankenhäuser waren voll von Covid-Patienten. Niemand wollte freiwillig zum Arzt, wenn er nicht unbedingt musste. Und so verdrängte ich, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte. Nachdem die Corona-Zahlen im September sanken, ging ich doch zu meinem Hausarzt, denn ich spürte ein Ziehen im Bauch, und ein merkwürdiger Auslauf mit bräunlicher Farbe hatte mich doch sehr erschrecken lassen. Er überwies mich gleich zur Gynäkologin, die ein Myom feststellte. Ich wollte eine ehrliche Auskunft, ob etwas Ernsthaftes sein könnte, und sie war auch ganz ehrlich. Sie schickte mich sofort weiter zum Vorgespräch für eine Ausschabung in die Klinik.
Da saß ich nun und wartete. Wie bedrückend das alles hier aussah. Frauen saßen alleine mit viel Abstand und Masken vor den Türen und ein Licht leuchtete auf, wenn man an der Reihe war. Erst im Nachhinein wurde mir bewusst, dass man an ihrer Haltung sehen konnte, dass auch sie Schmerzen haben mussten.
Bis zu meinem 56. Lebensjahr war ich noch nie eine Patientin gewesen. Ich hatte höchstens mal einen leichten Schnupfen, einen vertretenen Fuß oder eine Kehlkopfentzündung durch die vielen Vorträge. Aber ich war noch nie stationär im Krankenhaus gewesen. Ich mied bis dahin konsequent Ärzte, einfach, weil ich keine brauchte, und es gab ja Dr. Google. Auch wenn ich meine Hausärzte sehr schätzte.
Es sollte eine „Ausschabung“ gemacht werden – was für ein grässliches Wort, wie ich finde. Es bedeutet nichts anders, als das Abtragen der Gebärmutterschleimhaut mit einer Art „Löffel“. Die Probe wird dann im Labor auf Auffälligkeiten untersucht. Es sollte an einem Vormittag unter Vollnarkose gemacht werden, aber ich könnte mittags schon nach Hause, hieß es. Gott sei Dank, dachte ich. Doch im Vorgespräch wurde mir mitgeteilt, dass ich so schnell keinen Termin bekommen würde. Es könnte 3–4 Wochen dauern. Durch Corona gäbe es eine lange Warteschlange, weil es bei mir ja „nur“ um eine Ausschabung ginge. Ernsthaftere Operationen würden den Vorzug bekommen.
„Aber ich habe Schmerzen“, sagte ich zaghaft – und weil meine Gynäkologin es ja dringend gemacht hatte. Ja, es täte ihnen leid, aber so wäre das. Warum mir in diesem Moment einfiel, dass ich ja eine Zusatzversicherung hatte, kann ich niemandem erklären. Ich hatte sie noch nie gebraucht, sie schlummerte tief in meinem Geldbeutel mit den anderen Karten. Es muss ein Stupser Gottes gewesen sein, dieser eine GEDANKE. Ich zog meine Karte heraus, wo draufstand, dass ich „Anspruch auf ein Zweibettzimmer hätte und mir ein Chefarzt für eine OP“ zustand. Die Ärztin änderte sofort die Tonlage, schaute sich meine Karte an, ging kurz aus dem Raum und als sie wiederkam, war plötzlich drei Tag später ein freier Termin für mich aufgetaucht. Ich müsste aber heute dableiben und alle Untersuchungen über mich ergehen lassen. „Natürlich“, sagte ich verwundert.
Zum Glück war meine Mitschwester vor der Tür und Pfarrer Franz wartete im Auto. Ich müsste nur Bescheid geben. Schwester Claudia musste in die Schule, aber ich würde anrufen, wenn ich fertig wäre. Pfarrer Franz wollte noch etwas warten, bis sicher war, dass ich niemanden brauchte. Sie wollten mir noch etwas zu essen besorgen, aber mir war nicht nach Essen zumute. Wasserspender gab es zum Glück reichlich. Aber das ganze Prozedere sollte ein paar Stunden dauern.
Ich sollte draußen warten, bis ich zum Blutabnehmen geholt würde. Da saß ich nun und starrte auf meine Karte. Dann wurde es mir erst bewusst.
Wer weiß, wann ich ohne sie an die Reihe gekommen wäre? Ich saß da und weinte. Was, wenn ich diese Karte nicht gehabt hätte? Ich sah mich um. Was ist mit all denen, die keine solche Karte hatten? Würde ich heute überhaupt noch leben? Bald schon würde ich erfahren müssen, dass ich einen schnell wachsenden, bösartigen Tumor in der Gebärmutter hätte und wenig Aussicht auf Überleben. Was wäre dann vier Wochen später gewesen?
Während ich das schreibe, empfinde ich noch meine Traurigkeit, eine Wut, ein Gefühl der Ungerechtigkeit, eine Vorahnung, was „ausgeliefert sein“ bedeuten kann, das damals in mir hochkam.