John Sinclair 1898 - Daniel Stulgies - E-Book

John Sinclair 1898 E-Book

Daniel Stulgies

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Beschreibung

"Lass uns gehen." Scotts Magen zog sich zusammen, als er sah, wie die Fremde ihren Körper gegen den seines Bruders drückte. Diese Frau und der Keller, in dem sie sich befanden, waren ihm unheimlich. Er wollte endlich weg hier. Bevor Ben dazu kam, Scott zu antworten, drückte die dunkelhaarige Schönheit ihre Lippen auf seinen Mund. Scott fluchte und wandte sich zum Gehen. "Wir sehen uns oben..." Plötzlich ließ ihn eine Art Röcheln innehalten. Langsam drehte er sich um. Im Schein der Taschenlampe offenbarte sich etwas so Grauenhaftes, dass Scott glaubte, den Verstand zu verlieren. Die Frau hielt Ben noch immer mit ihren Armen umschlungen. Allerdings hatte sich ihr Äußeres verändert ...

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 140

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Inhalt

Cover

Impressum

Betörende Bestie

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/InnervisionArt

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-0553-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Betörende Bestie

von Daniel Stulgies

Scott Tremayne stellte den Motor des Wagens ab und starrte einen Moment lang nach draußen. Über London war die Nacht hereingebrochen. Ruhig und finster. Kein Mond war am Himmel zu sehen. Das waren die perfekten Voraussetzungen …

Sein Bruder Ben saß neben ihm und wühlte in seinem Rucksack.

»Was vergessen?«, wollte Scott wissen

»Nein, nein … alles okay.« Ben verzog seine schmalen Lippen zu einem Grinsen. »Ich wollte nur noch mal auf Nummer sicher gehen. Du weißt schon, damit wir keine bösen Überraschungen erleben.«

Dass die Überraschungen viel grausamer sein würden als alles bisher Erlebte, ahnte keiner der beiden …

Scott und Ben stiegen aus. Scott hatte den Wagen in einer unauffälligen Seitengasse geparkt.

»Wir müssen da lang.« Er zeigte die Straße runter.

»Warum hast du den Wagen denn so weit weg geparkt?«

»Das ist sicherer.«

»Um die Uhrzeit merkt doch keiner was.«

»Darauf verlasse ich mich nicht«, knurrte Scott.

Die in seiner Stimme liegende Schärfe verfehlte ihre Wirkung nicht. Sein jüngerer Bruder verstummte sofort und trottete die nächsten Minuten still und folgsam neben ihm her. Zwei graue Schatten, einer von beiden fast zwei Köpfe größer als der andere.

Ben war wirklich ein Riese von einem Kerl. Er hatte mehr Muskeln als Verstand.

Scott war eher schmächtig gebaut. Trotzdem war er es, der den Ton angab. Nachdem ihre Mutter vor fünfzehn Jahren endgültig ihrer Alkoholsucht verfallen war, hatte er alles darangesetzt, nicht von seinem Bruder getrennt zu werden. Sie waren ein Team. Er war das Gehirn, Ben die Muskeln. Das Wiesel und der Gorilla.

Nach dem Kinderheim hatten sie sich eine Zeit lang mit Diebstählen und kleineren Überfällen durchgeschlagen, bis sie ihre wahre Berufung gefunden hatten …

Scott blieb stehen und deutete auf ein großes Haus. Es war keine Villa, aber wer auch immer darin lebte, bezog mit Sicherheit keine Sozialhilfe. Es stand etwas versetzt zu den anderen Häusern. Der großzügige Abstand zum nächsten Nachbarn schützte sie vor all zu neugierigen Blicken.

Die beiden Brüder ignorierten die Haustür und schlichen zu einem der Fenster an der Westseite. Scott zog sich die mitgebrachte Skimaske über den Kopf, dann streifte er die Lederhandschuhe über. Ben tat es ihm gleich.

Verdeckt von Bäumen und Sträuchern, machten sie sich daran, den Kunststoffrahmen mithilfe des von Ben mitgeführten Werkzeugs aufzuhebeln. Ein geübter Einbrecher schaffte das bei einem Standardfenster innerhalb einer Minute. Ben benötigte keine zwanzig Sekunden, ehe die Beschläge brachen und das Fenster lautlos aufschwang.

»Gut gemacht.« Scott klopfte seinem Bruder anerkennend auf die Schulter. »Ein neuer Rekord.«

Ben grunzte zufrieden.

Die zwei Einbrecher stiegen durch das nun geöffnete Fenster ins Innere des Gebäudes. Das Erste, was Scott auffiel, war der Geruch. Offenbar hielten die Bewohner nicht viel vom Lüften. Er sah seinen Bruder an, der ebenfalls die Nase rümpfte und mit seinem Mund stumm ein Wort formte.

»Ekelhaft.«

Scott zog das Fenster hinter sich zu. Er hätte es aufgrund des Geruchs zwar lieber offen gelassen, wollte aber jegliches Risiko vermeiden.

»Und weiter?«, fragte Ben flüsternd.

»Das Schlafzimmer ist oben.«

Er war sich nicht zu hundert Prozent sicher und verließ sich in diesem Fall ganz auf die Beobachtungen, die er während der gestrigen Observation gemacht hatte. Nachdem die Lichter im Erdgeschoss längst erloschen waren, hatte in einem Zimmer im ersten Stock das Licht bis circa dreiundzwanzig Uhr gebrannt, bis auch dieses ausgegangen war.

Scott schaltete die Taschenlampe ein und ließ den Lichtkegel über den Boden wandern. Irgendetwas kam ihm seltsam vor, aber bevor er realisieren konnte, was das komische Gefühl in ihm hervorrief, zog sein Bruder plötzlich einen Hammer aus dem Rucksack.

Auf Scotts skeptischen Blick, zuckte er mit den massigen Schultern. »Nur für alle Fälle.«

»Landry will keine Schweinerei.«

»Ich bin vorsichtig.«

»Mit einem gottverfluchten Hammer?«, zischte Scott.

»Der wirkt halt einschüchternd.«

Bens Blick fiel auf ein paar an der Wand hängende Familienfotos. Die Aufnahmen umfassten mindestens zwei Jahrzehnte. Das offensichtlich aktuellste zeigte Ahmad Bagheri, den Hausherren, seine Frau Soraya und die gemeinsame Tochter, deren Namen Scott nicht kannte.

Während Bagheri und seine Frau ihre besten Tage schon hinter sich hatten, schätzte Scott die Tochter auf zwanzig.

»Sieht scharf aus.« Ben schnalzte mit der Zunge. »Ist die heute auch hier?«

»Wenn ja, dann ist sie für dich Tabu«, stellte Scott klar.

»Du darfst ja auch mal ran.«

Scott erwiderte darauf nichts und ging voran. Dabei war er sehr darauf bedacht, keine verräterischen Geräusche zu machen. Normalerweise verübten sie ihre Einbrüche nicht bei Nacht, sondern tagsüber. Immer dann, wenn die Bewohner bei der Arbeit waren. So ersparte man sich eine Menge Ärger. Dieses Mal lagen die Dinge etwas anders. Komplizierter, dachte er bei sich, aber auch lohnender.

Die Treppe in den ersten Stock war mit Teppichboden ausgelegt, was ihre Schritte dämpfte. Oben fanden sie drei Türen vor. Die zum Badezimmer stand halb offen.

Scott wunderte sich über den gewaltigen Berg Schmutzwäsche, der neben der Waschmaschine in die Höhe zu wachsen schien. Jetzt verstand er auch, was ihm im Erdgeschoss so komisch vorgekommen war. Alles wirkte verwahrlost. So als wäre den hier lebenden Menschen alles egal.

»Die scheinen nicht viel auf Sauberkeit zu geben …«

»Scheint so«, murmelte Ben. Er sah sich schwerfällig um. »Wohin jetzt?«

»Links.« Scott bewegte sich lautlos zu der Tür, hinter der sich vermutlich das Schlafzimmer befand und legte ein Ohr an das Holz. »Alles ruhig.« Er machte seinem Bruder platz. »Und denk daran, keine Schweinerei.«

Während Ben die Tür vorsichtig öffnete, ging Scott noch einmal den weiteren Ablauf durch. Wenn alles nach Plan verlief, wären Bagheri und seine Frau durch den nächtlichen Besuch so eingeschüchtert, dass sie brav mitspielen würden. Sollte der Mann auf die Idee kommen, den Helden zu spielen, würden sie ihm damit drohen, seiner Frau die Kniescheiben zu zertrümmern.

Ein gleißend heller Lichtstrahl riss ihn aus seinen Gedanken zurück ins Hier und Jetzt. Geblendet taumelte er rückwärts und hörte seinen Bruder laut vor Schmerzen aufschreien. Er blinzelte die Lichtpunkte vor seinen Augen weg und sah, wie ein nur mit einer Jogginghose bekleideter älterer Mann mit einer Stabtaschenlampe auf Ben eindrosch.

Der jüngere Tremayne versuchte, sein Gesicht mit den Armen zu schützen, während der Alte, bei dem es sich offensichtlich um Bagheri handelte, erneut ausholte. Ein Mann von Scotts Statur hätte längst am Boden gelegen, wohingegen sein Bruder die Attacken um einiges besser wegsteckte und schließlich zum Gegenschlag ausholte, indem er Bagheri die Faust in die Magengrube rammte.

Dieser krümmte sich vor Schmerzen. Die Taschenlampe fiel ihm aus der Hand und knallte auf den Boden.

»Na, wie gefällt dir das?« Ben riss den nach Luft schnappenden Alten an den Haaren hoch und versetzte ihm einen weiteren Schlag. Dieses Mal ins Gesicht.

Das Knacken der Nase war deutlich zu hören. Blut floss in Strömen, aber Bagheri kümmerte sich nicht weiter darum. Er riss sich mit einem Schrei von Ben los und stürzte nach vorne auf die Treppe zu.

Scott stellte sich ihm in den Weg, geriet aber ins Straucheln, als der sehnige Körper des Alten gegen ihn prallte. Er versuchte noch, sich am Geländer festzuhalten, trat ins Leere und stürzte im nächsten Moment gemeinsam mit Bagheri die Stufen herunter.

***

Scott stöhnte. Er fühlte sich wie überfahren. Vor allem sein Rücken tat höllisch weh. Lass bitte nichts gebrochen sein, dachte er und richtete sich vorsichtig auf.

»Scott!« Das Licht wurde eingeschaltet, und Ben stampfte die Treppe runter. »Alles okay?«

»Geht so …«

Scott tastete sich ab. Wenigstens die Knochen schienen heil geblieben zu sein. Sein Blick fiel auf den reglos, mit dem Gesicht nach unten liegenden Bagheri. Er berührte den Alten an der Schulter. Zuerst behutsam, dann etwas gröber.

»Können Sie mich hören?« Er beugte sich über den Mann und rollte ihn auf den Rücken. Beim Anblick des blutverschmierten Gesichts, stieß er einen Fluch aus.

Keine Schweinerei anzurichten war ihnen somit schon mal nicht gelungen.

Mittlerweile war Ben unten angekommen. »Ist er tot?«

»Ich denke nicht …« Scott beobachtete, wie der Brustkorb des Bewusstlosen sich langsam hob und wieder senkte. »Der scheint einiges auszuhalten.«

»Der Schweinepriester muss mitgekriegt haben, wie wir eingebrochen sind …«

»Was ist mit seiner Frau und der Tochter?«

»Die scheinen nicht da zu sein.«

»Oder die zwei haben sich versteckt …«

»Dann müssen wir sie eben rauslocken.« Er drehte sich zur Treppe um. »Hey! Wenn ihr nicht sofort aus eurem Versteck kommt, schlag ich dem Alten den Schädel ein! Na, wie findet ihr das?«

»Schrei doch noch lauter, du Genie!«

»Ich glaub nicht, dass die beiden hier sind …«

Scotts Miene verdüsterte sich. Unter Bens verständnislosem Blick machte er sich daran, Bagheris Taschen zu durchwühlen. Darin fand er, neben einem Schlüsselbund, auch ein Handy, das er sich etwas genauer ansah.

»Was machst du?«

»Ich schau mir die Liste der abgehenden Anrufe an. Mal sehen, ob der Alte die Polizei verständigt hat.«

Ben fluchte und verschränkte dabei die Hände hinter dem Kopf. »Und?«

»Warte …« Es vergingen einige quälende Sekunden, ehe Scott erleichtert aufatmete. »Der letzte Anruf ist eine halbe Ewigkeit her.« Er ließ sich von seinem Bruder wieder auf die Beine helfen. »Aber vielleicht gibt’s auf der ersten Etage noch ein Telefon.«

»Alles klar.« Ben verschwand nach oben. Als er nach knapp zwei Minuten wieder zurückkam, schüttelte er seinen massigen Kopf. »Oben ist kein Apparat. Und auch keine Spur von den Weibern. Vielleicht hat seine Alte ihn sitzen lassen und ist mit der Tochter abgehauen.«

Scott nickte. Die Theorie seines Bruders klang gar nicht mal so abwegig und erklärte gleichzeitig den Saustall, den sie hier vorgefunden hatten. Er tippte Bagheri, der immer noch ohnmächtig dalag, mit der Schuhspitze an. Zuerst leicht, dann fester. Als der Mann nicht reagierte, ging Scott in die Knie und schlug ihm leicht ins Gesicht.

»Aufwachen, Schlafmütze … na komm … wir haben schließlich nicht die ganze Nacht Zeit.«

Bagheris Augen öffneten sich einen Spalt. Er stöhnte leise.

»Ihre Frau und Tochter. Wo sind die?«

Als die Lider des Verletzten sich wieder senkten, schlug Scott erneut zu. »Wurden Sie von den beiden verlassen?«

Bagheri brachte ein kaum verständliches »Ja« zustande.

Scott lächelte unter seiner Maske. »Mister Bagheri, mein Partner und ich sind leider etwas in Eile, weshalb wir Ihnen dankbar wären, wenn Sie uns sagen könnten, wo die Schatulle ist.«

Bagheris Lippen bewegten sich, brachten aber kein verständliches Wort zustande. Stattdessen hustete er plötzlich Blut. Nicht all zu viel, aber genug, um jeden Arzt in Alarmbereitschaft zu versetzen.

»Der macht es nicht mehr lange«, bemerkte Ben trocken.

Scott überhörte den Kommentar. »Mister Bagheri? Wir würden Sie gerne in ein Krankenhaus fahren, aber das können wir erst, wenn Sie uns gesagt haben, wo die Schatulle ist. Haben Sie das verstanden?«

»Ich weiß nicht, wovon Sie reden …« zischte Bagheri, während Blut und Speichel ihm die Mundwinkel herabflossen. »Gehen Sie, bitte …«

»Machen Sie es uns und sich selbst doch nicht unnötig schwerer, als es sowieso schon ist. Ich verspreche Ihnen, dass wir ganz schnell verschwinden, sobald wir haben, weshalb wir hier sind. Vorher verständigen wir selbstverständlich noch einen Krankenwagen. Na, was halten Sie davon?«

»Ich kann Ihnen Geld geben …«

»Aber wir wollen Ihr Geld nicht, Mister Bagheri.« Scott warf seinem Bruder einen warnenden Blick zu.

Er wusste, dass Ben anders darüber dachte und sich die Taschen gerne mit den Wertgegenständen vollgestopft hätte, die es hier bestimmt in Massen gab. Bevor sie heute aufgebrochen waren, hatte es deswegen sogar Streit gegeben.

Ben traute Landry nicht über den Weg und befürchtete, dass er sie übers Ohr hauen könnte. Unter normalen Umständen hätte Scott ihm zugestimmt, aber in diesem Fall lagen die Dinge etwas anders.

Er hatte die Gier in Landrys Augen gesehen, als dieser ihm den Auftrag erteilt hatte, die Schatulle zu beschaffen. Was auch immer sich in ihr befand, musste für den reichen Sack einen enormen Wert haben. Warum sonst wäre er bereit gewesen, so viel Geld dafür zu zahlen?

Bagheri spuckte erneut Blut und stammelte wirres Zeug.

»So wird das nichts …« Ben schnaubte. »Soll ich es mal versuchen?«

Scott schüttelte den Kopf. »Aus dem kriegen wir heute nichts mehr raus.«

»Also auf die herkömmliche Tour?«

»Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig.«

Er holte den Kabelbinder aus seiner Tasche und fesselte Bagheri. Dabei ging er mit wenig Feingefühl vor. Anschließend teilten Ben und er sich auf und machten sich daran, die einzelnen Zimmer auf den Kopf zu stellen.

Scott ärgerte sich maßlos. Ursprünglich war geplant gewesen, Bagheri im Schlaf zu überraschen und mit Drohungen und eventuell ein wenig Folter dazu zu bringen, ihnen das Versteck der verdammten Schatulle zu verraten. Jetzt zog sich die ganze Aktion unnötig in die Länge.

Das Wohnzimmer sah von allen Räumen noch am saubersten aus, wenngleich auch hier alles von einer dicken Staubschicht überzogen war. Der Boden war mit Perserteppichen ausgelegt, an den Wänden hingen bunte Malereien, die arabisch aussahen.

Scott musste automatisch an sein Lieblingsbordell, das Erotic Palace denken. Die Einrichtung der einzelnen Zimmer dort orientierte sich an verschiedenen Kulturen. Unter anderem gab es in dem Freudenhaus auch einen Raum, der den Märchen aus Tausendundeiner Nacht nachempfunden war.

Wenn weitere böse Überraschungen ausblieben und sie die Schatulle fanden, würde er sich mit dem Geld von Landry dort für die nächsten Tage einquartieren und sich von den Girls verwöhnen lassen.

Er durchwühlte gerade einen der Schränke, als Ben das Zimmer betrat. »Ich glaube ich habe was gefunden …«

Ben führte ihn zu einer Tür, die sich im hinteren Teil des Hauses befand. »Die ist verschlossen«, sagte er und rüttelte an der Klinke, als wolle er seinen Worten mehr Nachdruck verleihen.

Scott kramte den Schlüsselbund, den er Bagheri abgenommen hatte, hervor und fand auf Anhieb den richtigen Schlüssel. »Dann wollen wir doch mal sehen, was unser persischer Freund hier versteckt hält.«

***

Die Tür schwang auf und gab den Blick frei auf eine nach unten führende Treppe.

»Der Keller.« Scott verzog das Gesicht, als er den stechenden Geruch wahrnahm. »Ich fresse deine Shorts, wenn die Schatulle sich nicht dort unten befindet.«

»Zusammen mit einem Haufen Spinnen …«, klagte Ben.

Scott grinste. Im Alter von acht oder neun Jahren, war sein Bruder mit einem seltsamen Geschmack im Mund aufgewacht. Beim Blick in den Spiegel hatte er die Überreste einer wahrscheinlich recht großen Spinne entdeckt, die in der Nacht in seinen Mund gekrabbelt war. Bis heute ahnte Ben nicht, dass die Spinne nicht von alleine ihren Weg in seine Mundhöhle gefunden hatte …

»Dem Gestank nach zu gehen«, sagte er, »hält sich dort unten nichts Lebendes mehr auf.«

»Vielleicht hat er seine Frau und seine Tochter ja abgemurkst und ihre Leichen dort unten verscharrt …«

»Möglich ist alles.«

Scott ging voran. Als der Gestank intensiver wurde, war er froh, eine Maske zu tragen. Ohne die schützende Stoffschicht vor Mund und Nase, wäre es wohl noch um einiges schlimmer gewesen.

Ben würgte. »So, wie das stinkt, hat er sich gar nicht erst die Mühe gemacht, die beiden zu begraben.«

Unten spendete eine einzelne, von der Decke hängende Glühbirne etwas Licht. Gerade genug, um nicht gegen die zahlreichen Kartons und alten Küchengeräte zu stoßen, die hier lagerten.

Scott wunderte sich über die Größe des Raumes. »Etwas klein, oder spinne ich?«

Er ließ den Kegel seiner Taschenlampe über das nur schwach beleuchtete Mauerwerk gleiten. Die Wand gegenüber der Treppe war mit so viel Unrat vollgestellt, dass sich dahinter leicht etwas verstecken ließ. Dieser Ahnung ging er sofort nach.

Als sie kurz darauf einen Durchgang freilegten, lachte Ben dumpf. »Du bist wirklich nicht auf den Kopf gefallen.«

»Ich kann nur hoffen, dass wir die Schatulle bald finden. Dieser widerliche Gestank treibt mir die Tränen in die Augen.«

Der Gang führte die zwei in einen wesentlich größeren Raum, der vollgestellt war mit alten Statuen, Vasen und anderen, teilweise teuer aussehenden Antiquitäten.

»Jackpot.« Ben nahm eine herumstehende Vase in die Hand und betrachtete sie neugierig. »Woher stammt dieser Bagheri noch mal?«

»Aus dem Iran.« Scott suchte nach einem Lichtschalter und musste sich dann doch auf seine Taschenlampe verlassen. »Das ganze Zeug hier muss ein Vermögen wert sein.«

»Wenn Landry nur die Schatulle will, dann können wir uns die Sachen hier doch unter den Nagel reißen!«, meinte Ben.

»Es ist zumindest eine Überlegung wert«, entgegnete Scott, um keine weitere Diskussion aufkommen zu lassen. Er wollte sich nicht länger in diesem Haus aufhalten als nötig.

Als der Strahl seiner Taschenlampe auf etwas Goldenes fiel, schlug sein Herz augenblicklich schneller. Er bahnte sich einen Weg zwischen den teils mannshohen Statuen hindurch, stieß dabei sogar eine um und blieb schließlich vor einem bis zur Decke reichenden Metallregal stehen, das vollgestellt war mit kleinen Vasen, Truhen und anderem, wahrscheinlich wertvollem, altem Plunder.