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Entdecke die Kraft der Atmung Wir alle atmen – automatisch und unbewusst. Doch Atmen ist mehr als nur Luft zu holen. Eine zu flache Atmung kann Kopfschmerzen, Verspannungen und Müdigkeit verursachen. Eine bewusste Atmung dagegen beeinflusst die Psyche positiv und lindert Schmerzen, indem sie die Selbstheilungskräfte anregt. Yogatherapeutin und Heilpraktikerin Birgit Feliz Carrasco erklärt, warum richtiges Atmen so wichtig ist. Sie erläutert die Prozesse, die dabei im Körper ablaufen, und zeigt, welche Techniken und Übungen helfen, um mentale und körperliche Beschwerden zu beheben wie · Müdigkeit, · Stress, Konzentrationsmangel, · Verspannungen, · Erkältungen, · Verdauungsbeschwerden oder · ein geschwächtes Hormon- oder Immunsystem. Die Anleitungen werden durch Meditationen, Affirmationen und Empfehlungen für die Anwendung ätherischer Öle begleitet. Finde so zu deiner inneren Mitte zurück, unterstütze Heilungsprozesse und verbessere deine Gesundheit ganzheitlich.
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Seitenzahl: 261
Birgit Feliz Carrasco
JUSTBREATHE
Birgit Feliz Carrasco
JUSTBREATHE
Wie du mit richtiger Atmung dein Immunsystem stärkst, mentale und körperliche Spannungen löst und neue Energie gewinnst
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
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Für Fragen und Anregungen
Wichtige Hinweise
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Originalausgabe
1. Auflage 2021
© 2021 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Türkenstraße 89
80799 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
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Redaktion: Ulrike Reinen
Umschlaggestaltung: Manuela Amode
Umschlagabbildungen: shutterstock/GingerKitten; shutterstock/Serhii Mudrevskyi
Fotos: Susanne Heiker: 192, alle anderen Bilder von shutterstock: Ginger Kitten: 12–13, 32–33, 42–43, 54–55, 127l, 156; Natalia Shmatova: 51; Pixel-Shot: 58; maxpetrov: 62; Yolya Ilyasova: 68; Evgeny Karandaev: 73; Kristina Kokhanova: 75; asharkyu: 79; ZephyrMedia: 81; oOhyper-blaster: 87; Merla: 94; Pheelings media: 102; fizkes: 108, 125, 131, 143, 150, 164, 179; ViDI Studio: 114; Prostock-studio: 119; Yekaterina Gurina: 127r; Veles Studio: 137; jdpphoto: 138; AlesiaKan: 158l; Alexey Seafarer: 158M, 158r; irina owl: 173
Illustrationen: alle Illustrationen von shuttertsock: BlueRingMedia: 15; first vector trend: 19; SciePro: 21; Aldona Griskeviciene: 23; Magic mine: 133, 159
Satz: Satzwerk Huber, Germering
eBook: ePUBoo.com
ISBN Print 978-3-7423-1847-3
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-1566-0
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-1567-7
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Vorwort: Die Welt atmet
Atmen ist das neue Yoga
1 Der Körper atmet
Sauerstoff – der Stoff des Lebens
Atmung – der Rhythmus des Lebens
Prana – der feinstoffliche Lebenshauch
Atem – die Heilung des Körpers
2 Der Geist atmet
Verweilen im Hier und Jetzt
Denkpausen im Alltag
Inspiration im Alltag
Meditation im Alltag
3 Die Heilkraft der Atmung entdecken
Atmung als Spiegelbild des Seins
Wichtige Empfehlungen für deine Atemübungen
Kombiniere Atemübungen mit Aromatherapie
4 Atmen und heilen – die Übungen
Atemübungen auswählen
Aura visualisieren
Beckenboden kräftigen
Blutdruck ausbalancieren
Entspannung ritualisieren
Erkältungen vorbeugen
Gelassenheit finden
Hormonsystem fördern
Jung bleiben
Konzentration optimieren
Kopf frei machen
Kreislauf anregen
Müdigkeit vertreiben
Nacken lockern
Rücken flexibilisieren
Schlaf harmonisieren
Stoffwechsel erhöhen
Verdauung stimulieren
Verspannungen lösen
Wirbelsäule befreien
Zufrieden und glücklich sein
Nachklang: Du bist Atmung
Übersicht der Atemübungen und ihrer Wirkung
Quellen und Empfehlungen
Über die Autorin
Du atmest gerade. Du liest diese Zeilen und atmest währenddessen. Es geschieht ohne dein Wissen, ohne dein Dazutun, ohne deine bewusste Wahrnehmung ... Und doch ist jeder Atemzug und das, was er in deinem Körper bewirkt, ein Wunder, das der Beachtung wert ist. Atmung ist der fantastische wiederkehrende Rhythmus des Lebens. Du kannst etwas tun und gleichzeitig atmen, ganz unbewusst.
Warum also ein Buch über das Atmen, wenn dies ohnehin geschieht? Muss Atmung überhaupt erklärt und geübt werden?
Ja, und zwar um durch deine Aufmerksamkeit den Leben spendenden Atemvorgang zu ehren und um dir deiner meist unbewussten Lebendigkeit gewahr zu werden. Mit bewusster Atmung kannst du dein Immunsystem stärken, kannst körperliche wie mentale oder emotionale Spannungen lösen und Energie gewinnen. Durch bewusste Atmung verbindest du dich bewusst mit deinem Körper – mit körperlichen Regionen oder Vorkommnissen, die deiner Aufmerksamkeit bedürfen. Durch Aufmerksamkeit wird immer Energie freigesetzt, die dein Körper dafür verwendet, Symptome auszuheilen und sich selbst zu gesunden.
Und darüber hinaus? Was bringt dir Atembewusstheit noch? Sie hilft dir, dich mit deiner individuellen Atemweise zu beschäftigen, weil zwar jeder Mensch atmet, dies aber nicht bei allen gleich abläuft. Manche Leute atmen flach, manche schnell, andere ruhig und tief. Die Art und Weise, wie du atmest, sagt viel über dich aus. In der Atmung liegt Wahrheit. Natürlich atmest du immer ausreichend – dafür sorgt dein Körper quasi automatisch –, aber wie du atmest, kannst du jederzeit qualitativ durch Intensität und Bewusstheit verbessern, um dein gesamtes Körper-Geist-System zu vitalisieren.
Die Atmung deines Körpers verbindet dich außerdem mit der Welt, denn auch die Welt atmet und du atmest die Welt. Die Atemluft ist deine Allianz mit der Natur. Ohne die Sauerstoffproduktion von Pflanzen und Bäumen könntest du kein Leben auf Erden führen und ohne deine Ausatemluft könnten wiederum Bäume und Pflanzen nicht existieren. Die Welt atmet und du atmest – das ist der Deal zu beiderseitigem Nutzen.
Just breathe bedeutet nicht allein »nur atmen«. Die Übungen in diesem Buch zeigen dir, wie du deine Lebendigkeit mittels deiner Atmung vergrößerst und deine mentale und emotionale Verfassung harmonisierst. Sie unterstützen dich dabei, dir selbst und auch deiner Mitwelt im Alltag mehr Achtsamkeit zu schenken. Vielleicht mag dieser Weg für dich sogar zu einer Philosophie werden, der dich mit der atmenden Welt enger verbindet und dir dabei hilft, dich selbst und deinen Platz zu finden. Deswegen meint just breathe etwas, das du just – im Sinn von »genau jetzt« – und bewusst mithilfe dieses Buches tun kannst.
»Atem fürwahr ist noch wichtiger als Hoffnung, denn der lebendige Atem ist in alles eingefügt. Das Leben geht vonstatten durch den Atem. Der Atem gibt das Leben, gibt es, um zu leben.«
Upanishaden (altindische Schriftenreihe um 700 bis 200 vor Christus)
Seit über 20 Jahren beschäftige ich mich mit bewusster Atmung – atmen tue ich auf dieser Erde allerdings schon etwas länger. Im Rahmen meiner Tätigkeiten als Heilpraktikerin und Yoga-Therapeutin studiere ich sozusagen Atmung, also den physiologischen Vorgang, und ihre psychosomatische Bedeutung für den Menschen. An Patienten, die mich aufsuchten und mir über ihre körperlichen Symptome berichteten, fiel mir immer wieder auf, dass mit diversen physischen Beschwerden eine unruhige, vor allem flache Atemweise einherging, beispielsweise bei Rückenbeschwerden. Mental-emotionale Verbindungen waren zudem im Zusammenhang mit der Atemweise auffällig. »Etwas macht die Brust schwer«, »Es verschlägt einem den Atem« oder »Etwas lastet auf dem Rücken« – so sagt der Volksmund, wenn man mit Sorgen und Ängsten belastet ist. Der Körper drückt solche Lasten mit flacher oder arrhythmischer Atmung aus, was Symptome nach sich zieht: Die Atemmuskulatur ist in Minderfunktion, Muskeln des Bewegungsapparates verspannen sich dagegen, die Aufnahme von Sauerstoff und Abgabe von Kohlendioxid sind minimiert oder der Stoffwechsel ist reduziert.
Ich begann also um die Jahrtausendwende, mich neben der Praxis von Asanas (Yogaübungen) intensiver mit dem Feld der Atemübungen des Yoga zu befassen, um ihre Heilkraft am eigenen Leib auszuprobieren und um die positiven Effekte von bewusster Atempraxis zu therapeutischen Zwecken an Ratsuchende weiterzugeben. Erstaunliche Dinge passierten mit mir. Ich fühlte mich mit täglichen, gezielten Atemübungen vitaler, kraftvoller, gesünder und auch wacher, sogar wachsamer und »heller«. Tiefe, gedankenfreie Momente des Seins und losgelöste Trancezustände erreichte ich durch spezifische Atmungspraktiken. Die Welt um mich herum nehme ich seither ausgeprägter wahr und unterstütze meine fortwährende Entwicklung mit täglichen Atemmeditationen. Meine Hellfühligkeit ist inzwischen vollends ausgeprägt und ich spüre über die sichtbare Welt hinaus die uns umgebenden feinstofflichen Energiefelder und Schwingungen und nehme höhere Dimensionen der unsichtbaren Welt wahr.
Meinen Patienten und hier in diesem Buch zeige ich ganz pragmatische Atemübungen, um beispielsweise Rückenmuskeln von Verspannung zu befreien, Erkältungen entgegenzuwirken, die Konzentration zu fördern oder erholsamen Schlaf und innere Zufriedenheit zu finden. Atemübungen weiten unter anderem die Muskulatur des Oberkörpers und vertiefen auf diese Weise das Atemvolumen und verlängern den Atemrhythmus. So erinnert sich der Körper daran, wie es früher war zu atmen – ohne Lasten, ohne Sorgen und ohne Stress. Wer tief atmet, empfindet Gelassenheit und Ruhe. Und wer wiederum in sich ruht, hat keine Sorgen und verspannt auch nicht.
Bewusste Atemübungen bringen dich wieder näher mit deiner Seele zusammen, deren Existenz im Alltag nur allzu leicht in Vergessenheit gerät. Es gibt keine unharmonische Seele und das geflügelte Wort »unglückliche Seele« ist schlichtweg nicht wahr. Wenn jemand unglücklich ist, liegt das an der Überforderung des Körpers und Eigenmächtigkeit des Verstandes, der aus der Vertrauensspur geraten ist. Beide, Körper und Verstand, sind dann unharmonisch in ihrem Sein und nicht im Einklang mit der Seele. Deiner Seele geht es immer gut, sie ruht in sich, und wenn du deine Seele nahe bei dir spürst, bist du bereits ruhiger und vertrauensvoller und gesünder.
Atemwahrnehmung und gezielte Atmung helfen, um sich das verwobene Netz aus Psyche, aus Gefühlswelt und physischer Verfassung (wieder) bewusst zu machen. Die Praxis von Atemübungen ist der einfachste Weg, das Netz wieder neu zu flechten und tragfähig zu machen.
Just breathe.
Deine Birgit Feliz Carrasco
Für Gaia, die uns täglich Luft zum Atmen schenkt
Seit einiger Zeit berichten internationale Magazine und auch renommierte nationale Tageszeitungen über den neuen Wellnesstrend »Atmung«. Genauer gesagt über Atemarbeit, über Atemkurse, über Selbstversuche der schreibenden Redakteure und über die tollen Effekte des ganzen Hypes. Alle sind auf der Suche nach fundamentalem Wohlgefühl – körperlich, mental wie emotional. Bewegungs- und Wellbeing-Trends entstehen irgendwo auf der Welt und breiten sich wellenförmig über den Globus aus. Menschen in Europa haben in neuerer Zeit einige dieser Wellen enthusiastisch aufgenommen und in ihre Freizeit integriert, so wie beispielsweise Aerobic in den 1980er-Jahren, Inlineskaten in den 1990ern oder Stand-up-Paddling im letzten Jahrzehnt. Nun ist es »Breath- work«, das als hipper Trend erkoren und als das neue Yoga bezeichnet wird. Steigende Popularität in den nächsten Jahren ist sicher, weil zu atmen so essenziell wie naheliegend ist, als selbstverständlich wie eigentlich ganz einfach erscheint und als tägliches Workout relativ einfach umzusetzen ist.
Ab den 1970er-Jahren, mit der Hippie-Zeit und New-Age-Bewegung, begann sich Yoga weltweit auszubreiten und begeisterte fortan auch Praktizierende in Europa. Die segensreichen Heilwirkungen dieser uralten indischen Gesundheits- und Bewegungslehre sind für jede Person ab der ersten Yogasession spürbar – weil Yoga eine körperliche Heilweise ist, aber auch oder besonders weil authentisch angeleitete Yogapraxis eng mit bewusster und intensiver Atmung verbunden ist.
»Im Yoga wird Entspannung als eine Kunst und Atmung als eine Wissenschaft gelehrt.«1
Indra Devi (1899–2002)
Breathwork ist jetzt zwar hip, aber keinesfalls neu, denn die Kunst der Atembeherrschung und Optimierung des Atemvorgangs praktizierten Yogis bereits vor über tausend Jahren. Pranayama wird diese Disziplin des Yoga genannt, was mit »Kunst der Atemlenkung« oder »Beherrschung der Lebensenergie« aus der altindischen Sprache des Sanskrit übersetzt wird. Mit Pranayama werden Körper und Geist bewusst zusammengeführt. Die bekannteste Disziplin des Yoga ist die der Körperbewegung, die über die Ausübung von Asanas (Körperpositionen) landauf, landab in Yogastudios gelehrt wird. Mit der Asana-Praxis wird bereits die Atemfähigkeit vertieft, mit der weiterführenden Disziplin des Pranayama die Art der Atmung zur Kunst erhoben und als Verlängerung der Lebensenergie gelehrt. Nun wird Atemarbeit (eine etwas unglückliche Bezeichnung, denn atmen ist mehr Wonne als Arbeit) zum neuen Yoga. Warum?
Unsere Gesellschaft, unsere Art zu leben ist von Kurzatmigkeit geprägt. Kurzatmigkeit im Sinne von Hetze, von Leistungsdruck, von Leben in Eile, von schnellen Ortswechseln und andauernder Kommunikation. Die Kurzatmigkeit der Leistungsgesellschaft führt zur Sehnsucht und zur Notwendigkeit nach einem schnellen Frischekick im Alltag, der üblicherweise in Form von Kaffee, Energydrinks oder Drogen angeboten und dem Körper zugeführt wird. Oder der Frischekick entsteht – und das ist die wesentlich gesündere und kostengünstigere Abkürzung – durch Atmung als Wellnesserlebnis. Überall machbar, jederzeit verfügbar und einfach zu vollziehen. Atemluft ist (noch) kostenlos und frei verfügbar.
Aber ist es nur der Energiekick, der die Atemarbeit populärer werden lässt? Wahrscheinlich (und hoffentlich!) geht es den suchenden Menschen auch darum, der Eile als allgegenwärtiges Lebenstempo zeitweilig zu entfliehen, durchzuatmen und vom beständigen Tun innezuhalten. Mit bewusster Atmung zu entspannen, um das wirkliche Leben zu spüren und die Lebendigkeit, die sich mit der Atmung ausdrückt, zu ehren. Die Coronapandemie, so bedrückend ihre Auswirkungen auch sind, richtete sehr plötzlich unser aller Fokus auf die durchaus anfällige Körperfunktion der Atmung und macht die essenzielle Wichtigkeit des blockadefreien Atemvorgangs auf dramatische Weise bewusst.
Atmen, ohne gleichzeitig etwas anderes zu tun. Wie himmlisch, wie erholsam das klingt! Es ist ein Versprechen von (zeitweiliger) Freiheit. Etwas tun, nämlich atmen, ohne den Körper einem Sportpensum zu unterwerfen, sondern ihn nahezu bewegungslos ruhen zu lassen und vor allem den beständig taktenden Geist zeitweilig abzuschalten. Berechtigte körperliche Bedürfnisse nach Stressabbau, nach Gesundheitsstärkung und Krankheitsprävention, nach Stoffwechselantrieb und Immunoptimierung sind die Grundgedanken und auch Populärmacher vieler trends. Die Praxis des neuen Atemtrends schenkt dem Praktizierenden darüber hinaus noch einiges mehr als die Optimierung körperlicher Funktionen. Eine weitere Ebene des Seins wird mithilfe von bewussten Atemübungen initiiert, die ich als Findung von innerem Frieden und Wahrnehmung der Seele beschreibe. Atme dich frei. Atme dich heil und high.
Auf der Basis der ehrwürdigen, überlieferten Yogatradition und der yogischen Ausrichtung auf Atmungsqualität und -intensität entstanden in den letzten Jahrzehnten diverse Atmungstechniken mit einerseits verschiedenen und andererseits doch gleichen Zielsetzungen, die hier in Kurzform erwähnt seien:
Rebirthing:
Leonard Orr entwickelte diese Atemtechnik in den 1960er-Jahren mit der Zielsetzung, durch intensives Ein- und Ausatmen ohne Atempause in den Urzustand vor der Geburt zurückzugelangen, um aus diesem Zustand wiedergeboren zu werden und auf diese Weise »bewusstes Bewusstsein« ohne blockierende Prägungen zu erreichen.
Holotropes Atmen:
Stanislav Grof, Psychotherapeut und Psychiater, entwickelte Ende der 1970er-Jahre diese Atemtechnik, die im Rahmen einer Psychotherapie aus seiner Sicht bis dahin unzureichend integrierte Persönlichkeitsanteile mittels hyperventilierender Atmung (willentlich verstärkte Ausatmung) aus dem Unterbewussten ins Bewusstsein hebt. Sie wird deswegen von Grof als »Hinbewegung auf die Ganzheit« bezeichnet (
holos
ist griechisch und bedeutet »ganz«).
Vivation:
Eine Meditationsform, die unter anderem intensive Atemtechnik einsetzt. Ziel ist es, eine Harmonisierung aller Gefühle zu erreichen, um so im Leben die Fähigkeit zum Glücklichsein zu stärken. Jim Leonard begann ab 1979 Vivation (»Belebung«) als Methode zur Erlangung inneren Friedens zu lehren.
Zen Yoga Breathing:
Eine buddhistische Meditationslehre, die über die wertfreie, also nicht beurteilende Wahrnehmung der Atmung zum gedankenfreien Verweilen im jetzigen Moment in absoluter Bewusstheit anleitet. Dies führt zu vollkommener Präsenz und höchster Achtsamkeit ohne Empfinden von Raum und Zeit. Mit dieser Meditationsform sind bekannte Namen wie Thích Nhất Hạnh, Jon Kabat-Zinn oder Sam Harris verbunden.
Breathwork:
»Atemarbeit« hat keine eindeutige Herkunft, wird aber derzeit als durchaus sinnvolle Ergänzung zu Yoga, jedoch meist verbunden mit Coaching für leistungsorientierte Menschen, angeboten, um sich selbst zu optimieren. Einhergehend mit diesem Trend werden Ausbildungen zum Breathwork-Therapeuten für Kosten bis zu 4000 Euro angeboten.
Und jetzt komme ich mit einem charmanten Zwinkern und sage: »Just breathe.« Die Übungen in diesem Buch kannst du ganz einfach und effektiv auch im Alltag einsetzen. Nutze sie …
für deine Heilung und Gesunderhaltung,
zur Stärkung deines Immunsystems,
um mentale Unruhe in innere Ruhe zu verwandeln,
um emotionale wie körperliche Spannungen zu lösen,
für deine Wellness und für deine tiefe Regeneration,
um frische Energie für deinen Alltag zu gewinnen und – so gewünscht –
für dein spirituelles Erwachen.
Der atmende Körper ist eine Selbstverständlichkeit und doch ist dieser Vorgang von zentraler und im wahrsten Sinne lebenswichtiger Bedeutung. Rund 20 000-mal pro Tag atmet der Körper ein und aus, ohne dass dies bewusst bemerkt wirkt. Dass der Körper atmet und wie und was er atmet, ist der Wertschätzung wert. Dieses Wissen verändert die Einstellung zum Leben.
Atmen ist wahrhaftiges Sein im Moment. Wenn du jetzt kurz mit dem Lesen des Buches innehältst und zwei bis drei bewusste Atemzüge vollziehst, bist du ganz und gar präsent in diesem Moment. Wenn du dich kurzzeitig oder meditierend länger nur auf deine Atmung konzentrierst, kannst du in diesem Zeitfenster an nichts anderes denken, nichts anderes tun und nichts anderes als Atmung fühlen. Allein dies wirkt bereits beruhigend, innehaltend und entspannend und schenkt dir das Gefühl von Freiheit. Du bist dann ganz und gar dein Körper, bist ganz im Sein des Jetzt ... Und doch ist dein Körper gleichzeitig ein Teil der ganzen Welt, die dir Sauerstoff zum Leben schenkt.
Im Weltraum schwebt der Planet Erde in einem weiten, unendlichen Raum ohne Geräusche, ohne Licht und ohne Luft. Elemente und Gase sind stets mit Planeten oder Sternen verbunden – so auch auf dem Urplaneten Erde. Anfänglich kalt, unwirtlich und ohne Atmosphäre beginnt die Sonne unseres Sonnensystems, allmählich die mineralischen Elemente miteinander zu verschmelzen. Das innere wie äußere Urmeer des noch jungen Planeten wird zusätzlich von immer wieder einschlagenden Meteoriten aus dem Weltall angeheizt, bis alles brodelt, kocht und Gase entstehen, die aufsteigen und eine Atmosphäre um den noch heißen Planeten kreieren. Kohlendioxid, Stickstoff und Wasserdampf sind die gasförmigen Elemente der Urzeitatmosphäre um die Erde, die jedoch noch lange nicht bereit ist für körperliche Wesen, die atmen.
Es folgt eine Zeitspanne von rund einer Milliarde Jahre, während derer der Planet sich langsam abkühlt, sodass sich eine krustige Oberfläche auf unterirdisch flüssigem, stets bewegtem Magma ausbildet. Die Auskühlung und Verfestigung der Mineralien setzt Wasserdampf frei, erste Wolken kommen auf und bilden einen Zwischenraum zwischen Weltraum und Erdhülle. Globale Gewitter entstehen und enorme Regengüsse prasseln auf die Erdkruste, die dadurch weiter abkühlt und riesige Urmeere aus Wasser hervorbringt. Imposante Blitzentladungen verbinden chemische Substanzen zu komplexen Molekülen. Wild peitschendes Wasser spült Sand und Gestein von der Erdkruste in die Meere. Alle Zutaten reichern sich nach und nach in den Meeren an und erschaffen eine wahrlich außergewöhnliche Ursuppe des Lebens auf der Erde. Und dann beginnen, sich im Wasser ausbreitende Meeresalgen und erste pflanzliche Einzeller etwas komplett Neues, etwas sehr Bedeutungsvolles zu kreieren: die Fotosynthese. Vor Urzeiten beginnt mit der Fotosynthese der biochemische Kreislauf der Sauerstoffproduktion und ist bis heute das Herzstück allen körperlichen Lebens auf Erden. Eines Tages, vor langer Zeit, war die Atmosphäre der Erde mit genügend Sauerstoff angereicht, um atmendes Leben willkommen zu heißen und um weitere, immer komplexere Lebensformen zu schaffen.
Der Kreislauf der Fotosynthese
Der biochemische Kreislauf der Fotosynthese verbindet dich mit dem Licht der Sonne und den Pflanzen der Erde. Im großen Umfang geben vor allem Bäume und Pflanzen an Land und Algen sowie Cyanobakterien vom Wasser aus Sauerstoffmoleküle in die Atmosphäre um die Erde ab, die du Luft nennst und die wir alle einatmen. Der physiologische Prozess der Fotosynthese benötigt die Zutaten Licht (altgriechisch phos) und energieärmerer Bio-Moleküle wie Kohlenstoffdioxid (CO2), Wasser (H2O) sowie lichtabsorbierende Farbstoffe wie Chlorophyll (altgriechisch chloros für »frisch, hellgrün«). Diese Zutaten werden beim biochemischen Vorgang der Fotosynthese in energiereiche Elemente wie Kohlenhydrate und Sauerstoff synthetisiert. Dieser magische Prozess findet weltweit in jeder Sekunde statt und ist philosophisch betrachtet weit mehr als ein biochemischer Kreislauf. Es ist vielmehr ein Deal, ein Versprechen zu gegenseitigem Gunsten für den Erhalt des Lebens. Du atmest Kohlendioxid aus, die grüne Natur verwandelt mithilfe des Sonnenlichts daraus Kohlenhydrate zum Wachstum der Pflanzen und schenkt dir dafür Sauerstoff zum Einatmen. Der Begriff »Dein Freund, der Baum« spiegelt die Wirklichkeit. Grüne Bäume, Pflanzen, Algen und Cyanobakterien sind unsere Lebenspartner und wir sind ihre.
Richte deine Aufmerksamkeit bitte kurz auf dein Innerstes. Atme bewusst einige Atemzüge und spüre deine körperliche Lebendigkeit. Fühle die agile Tätigkeit deiner Körperzellen: Hautzellen, Blutzellen, Organzellen. Nimm die unablässige Vibration in deinem Organismus wahr, die dich daran erinnert, das du lebst.
Zum Leben benötigt dein Körper Energie – physische, feststoffliche Energie, Moleküle, die dich nähren, und zwar in Bioverfügbarkeit, also heruntergebrochen auf das molekulare Milieu im Inneren deines Körpers. Es ist ein staunend machender Vorgang, der unablässig in deinem Inneren stattfindet, um die zugeführte Nahrung – seien es nun beispielsweise ein Cheeseburger, eine Portion Spaghetti mit Pesto, ein Gemüsegericht oder Obstsalat nebst Getränken – in Einzelteile zu zerlegen und bis hin zu winzigsten Molekülen aufzusplitten. Letztlich werden alle unterschiedlichen Moleküle sortiert, hier und da eingebaut oder es wird mit ihnen etwas aufgebaut oder ergänzt und insbesondere Glukosemoleküle dazu verwendet, den energetischen Antriebsstoff des Körpers zu produzieren: Adenosintriphosphat (ATP) – das »Benzin des Körpers«.
Der sogenannte Citratzyklus (oder auch Krebszyklus nach seinem Entdecker Hans A. Krebs benannt) beschreibt, wie Verstoffwechselung und Energiebereitung auf zellulärer Ebene stattfinden. Vereinfacht dargestellt werden Glukosemoleküle aufgespalten und über die essenzielle Zufuhr von ausreichend Sauerstoffmolekülen in Adenosintriphosphat sowie in einige weitere Abgabeprodukte wie beispielsweise Pyruvat und auch Kohlendioxid verwandelt. Dieser faszinierende Vorgang findet in den Mitochondrien (winzigste Zellorganellen innerhalb einer Körperzelle) statt, die auch als Kraftwerke der Zelle bezeichnet werden. Zellen können ohne reibungslosen Ablauf des Citratzyklus, ohne die sogenannte Zellatmung, nicht leben, können sich nicht regenerieren und der Körper könnte keine neuen Zellen für ein Jahrzehnte andauerndes Leben generieren. Ohne den Sauerstoff durch Fotosynthese und ohne ATP durch den Citratzyklus ist körperliche Existenz unmöglich.
Wertschätzt du das Wunder reiner, frischer Atemluft? In den Großstädten ist sie kaum noch zu finden. Die Erdatmosphäre besteht zu 78 Prozent aus Stickstoff, zu 21 Prozent aus Sauerstoff, zu einem Prozent aus Wasserdampf und Edelgasen wie Argon und einigen Spurenelementen wie Neon, Helium und Wasserstoff. Stickstoff wird im Körper zum Aufbau von Aminosäuren und Proteinen benötigt, allerdings auch wieder abgeatmet, Sauerstoff für die Zellatmung, welche die Verbrennung von Nährstoffen möglich macht und Lebensenergie produziert.
»Die wirksamste Medizin ist die natürliche Heilkraft, die im Inneren eines jeden von uns liegt.«
Hippokrates von Kos (460–370 vor Christus)
Die reine, frische Atemluft wird in den letzten Jahren immer mehr von Feinstaub und ehemaligen Spurenelementen wie Methan und Kohlendioxid kontaminiert, die heutzutage in sehr bedenklichem Ausmaß in der Atmosphäre der Erde zu finden sind. Der Anteil des gasförmigen Moleküls Methan (CH4) ist von 1950 bis heute um 150 Prozent gestiegen. Der Anteil von CO2 in der Erdluft stieg aufgrund zunehmender industrieller Luftverschmutzung seit den 1950er-Jahren bis heute um 400 Prozent an. Irgendwann, in sehr naher oder naher Zukunft, wird der atembare Sauerstoff knapp, insbesondere dann, wenn die grüne Natur, die Chlorophyll und Sauerstoff produziert, weiter von der Menschheit zerstört wird.
Der seit Urzeiten währende Kreislauf der Fotosynthese heißt nämlich deswegen Kreislauf, weil Kohlendioxidmoleküle im laufenden Kreis gegen Sauerstoffmoleküle ausgetauscht werden. Dafür werden nicht nur neue Moleküle gebildet, sie fließen lediglich von hier nach dort und wieder zurück. Ein einziger einatmender Atemzug versorgt dich mit 25 trilliarden Molekülen aus der Atemluft – das ist die Zahl 25 mit 21 Nullen. Darunter sind auch Sauerstoff- oder Stickstoffmoleküle, die bereits die Dinosaurier oder Albert Einstein geatmet haben. Alles ist im Rhythmus des Kommens und Gehens miteinander verbunden.
Molekulare Zusammensetzung der Einatemluft
Molekulare Zusammensetzung der Ausatemluft
Atemkapazität des Menschen
• 78 % Stickstoff (N2)
• 21 % Sauerstoff (O2)
• 1 % Wasserdampf und Edelgase
• 78 % Stickstoff (N2)
• 17 % Sauerstoff (O2)
• 4 % Kohlendioxid (CO2)
• 1 % Wasserdampf und Edelgase
• 20 000 Atemzüge pro Tag
• 12 Kubikmeter Atemluft (12 000 Liter)
• 5–6 Liter Luftfassungsvermögen der Lungen
• 0,5 Liter Atemzugvolumen pro Ein- und pro Ausatmung
• 2 Liter Atemaustauschvolumen mit Atmungstraining möglich
• 3–4 Liter Atemluft verbleiben in der Lunge je nach Atemzugvolumen
Alles innerhalb der Schöpfung, organisch oder anorganisch, ist spezifischen Rhythmen unterworfen, die aus Phasen des Entstehens, des Seins und des Vergehens bestehen. Im Universum sind es Sterne und Galaxien, die kommen und gehen, auf Erden geologische und evolutionäre Perioden des Entstehens und Vergehens. Licht und Dunkelheit sind der planetare Zyklus von Tag und Nacht in unserem Sonnensystem. Florale Existenzen finden im jahreszeitlichen Rhythmus von Geburt, Wachstum, Sein und Vergehen statt und auch dein komplexes körperliches Sein ist von Rhythmen geprägt: Zellabbau und Zellgeneration, Nahrungsaufnahme und Ausscheidung, Herzrhythmus und Pulswellen sowie dein über allem stehender, alles beeinflussender, unabdingbarer Rhythmus der Atmung.
Auch deine Sprache, alle Worte, die du formulierst, entstehen im Rhythmus deiner Atmung und stellen Schwingungen dar, die mal weniger harmonisch, mal harmonisch klingen. Mit jedem Ton, jedem Wort, jedem Satz wird die wertvolle, lebenserhaltende Atemluft mit den Zuhörern geteilt. Verbale Kommunikation ist eine Ehrerbietung an die Mitwelt. Ich empfehle, Sprache und Worte stets möglichst sanft fließen zu lassen und bewusst mit dem Atemvorgang zu verbinden, denn so verschwendest du nicht deine Energie. Der Atemrhythmus ist die stetig wiederkehrende, verbindende Frequenz zwischen dem Innen und dem Außen, zwischen dir und der Welt.
Beim Thema Atmung denkt man meist an die Lungen als zentrales Atemorgan, allerdings sind die Lungen nicht das einzige Atemorgan deines Körpers, denn die Lungen allein könnten gar nicht ein- und ausatmen. Eine Vielzahl weiterer Körperteile und Organe werden für den komplexen Vorgang der Atmung in einem präzise abgestimmten Zusammenspiel involviert, um deine Lebendigkeit zu garantieren. Die Liste der Mitspieler ist lang und beeindruckend.
Die Atemorgane des Menschen
Offensichtliche Ein- und Austrittspforte der Atemluft und Organ zur Geruchswahrnehmung. Die Innenwände der Nase sind intensiv durchblutet, um die eintretende Atemluft auf Körpertemperatur zur erwärmen und gegebenenfalls mittels Sekretion virale oder bakterielle Angriffe abzuwehren. Nasenhöhlen im knöchernen Bereich links und rechts der Nase dienen dem voluminöseren Wechsel der Ein- und Ausatemluft zur Reinigung, Anfeuchtung und Erwärmung der Luft sowie nötigenfalls Immunabwehr. Kalte Einatemluft ist für alle Atemorgane unverträglich, somit ist deine Nase ein Hüter deiner Gesundheit.
Der Mund hat die Fähigkeit, Atemluft aufzunehmen und abzugeben, ist jedoch kein originäres Atemorgan, sondern zur Aufnahme von Essen und Vorbereitung der Nahrung zur Verdauung gedacht. Die Fähigkeit zur Artikulation und Geschmackswahrnehmung sind zusätzliche Aufgaben des Mundes. Atme mit deiner Nase und esse mit dem Mund.
Der Rachen ist der Übergangsbereich zwischen Nase, Mund und Luftröhre. Dieser Raum erfüllt ebenfalls Abwehraufgaben; die Mandeln sind essenzielle Auffangstationen des lymphatischen Systems. Zerkaute Speisen werden in die nach unten laufende Speiseröhre transportiert, Luft in die zu den Lungen führende Luftröhre und wieder hinaus geführt. Manchmal vermischen sich diese Vorgänge, wenn man sich »verschluckt«. Atme achtsam und esse bedächtig, ohne zu reden.
Der elastische Schlauch, etwa 10 bis 15 Zentimeter lang (je nach Körpergröße), liegt im Brustraum vor der Speiseröhre und ist umzäunt von knochigen Spangen, um sie an Ort und Stelle zu halten. Die Luftröhre befördert die Atemluft aus den Bronchien in deinen Körper und wieder hinaus.
Wie zwei umgestülpte Baumkronen und mit vielen Verästelungen liegen die Bronchien im Brustraum. Sie führen die Atemluft nach links und rechts in die Lungenflügel und benötigen für den Austausch der Gase Sauerstoff (O2) und Kohlendioxid (CO2) eine enorme Oberfläche, die mittels vieler Verästelungen (Bronchiolen) erreicht wird. Die Bronchiolen deines Körpers ergeben, auf eine theoretische Distanz ausgerollt, rund 700 Meter Länge.
Die Alveolen hängen wie winzig kleine Beeren an den bronchialen Verästelungen und fungieren als faszinierende Schranke zwischen Luftgasen und Blut, denn sie sind die Eintrittspforten von O2 ins Blutsystem des Körpers und Austrittspforten von CO2 vom Blutsystem aus dem Körper. Ihre Hüllen sind hauchdünn, ähnlich wie Seifenblasen, um die Passage der Atemgase zu ermöglichen. In beeindruckender Anzahl von rund 300 Millionen sind diese Lungenbläschen in deinem Körper zu finden, deren summierte Oberflächen rund 80 Quadratmeter ergeben würden.
Jeder Mensch hat nicht nur eine, sondern zwei Lungen (links und rechts) beziehungsweise fünf Lungenlappen. Dies dient, wie manch andere doppelt im Körper vorhandenen Organe, zur Absicherung: Sollte ein Lungenflügel oder -bereich infiziert werden und ausfallen, kann separates Lungenfunktionsgewebe die lebenswichtige Funktion der Atmung weiter aufrechterhalten. Das Lungengewebe wird intensiv durchblutet, damit der wertvolle Sauerstoff über die Blutzellen ohne Unterlass im Organismus verteilt werden kann. Je nach Körpergröße und Atemintensität fließen pro Tag 10 000 bis 20 000 Liter Luftvolumen in deinen Lungen ein und aus.
Rote Blutzellen sind nur ein Bestandteil dessen, was du als Blut bei kleinen Schnittwunden wahrnimmst, weil ihre Färbung alle anderen Blutbestandteile farblich dominiert. Rote Blutzellen sind sozusagen Lastwagen en miniature, die immerfort durch den Körper sausen, um an den Alveolen Kohlendioxidmoleküle abzuladen und gleichzeitig aus den Lungenbläschen austretende Sauerstoffmoleküle auf ihre Transportflächen aufzuladen. Das können Blutkörperchen, weil sie unter anderem aus Hämoglobinmolekülen gebaut sind, die mit eisenhaltigen Proteinkomplexen die Fähigkeit besitzen, sich mit Sauerstoffmolekülen zu verbinden. Aus der mineralischen Lehre wissen wir: Eisen plus Sauerstoff rostest. Rost ist rötlich – und so wird auch eine Blutzelle rot und die Flüssigkeit deines Bluts schmeckt leicht rostig, da eisenhaltig.
Nicht zuletzt ist auch deine Haut ein essenzieller Mitspieler des Atemvorgangs. Sie ist als ein großflächiges Atemorgan anzusehen, wenn auch nur rund ein Prozent deines Atembedarfs über die Hautporen aufgenommen wird und in den darunterliegenden feinsten Blutgefäßen mit den roten Blutzellen weitertransportiert wird.
Für den physiologischen Atemvorgang ist eine aufwendige Muskelchoreografie nötig, denn ohne das Dazutun diverser Muskulaturen wären die oben aufgeführten Atemorgane nicht zum Luftaustausch imstande. Erstaunlich viele Muskeln sind neben dem Hauptatemmuskel Zwerchfell als sogenannte Atemhilfsmuskulatur am Meisterwerk der Ein- und Ausatmung aktiv oder passiv beteiligt.
Das Zwerchfell ist der alles entscheidende und für das Überleben wichtigste Hauptatemmuskel, von dem jede Atembewegung initial ausgeht und mit dem jede Atembewegung endet. Der Wortteil »Zwerch« hat nichts mit Zwergen zu tun, sondern stammt vom altdeutschen Wort für »quer« ab, das mit, ebenfalls altdeutsch, fel für »Haut« verbunden wurde. Die medizinische Bezeichnung für das Zwerchfell ist »Diaphragma« (altgriechisch für »Trennwand«), denn diese im Inneren des Bauchraums gelegene Querhaut ist ein kräftiger Muskel, der wie eine Trennwand deinen Oberkörper mittig teilt. Oberhalb des Zwerchfells liegen Lungen und Herz, unterhalb Magen, Leber und Gallenblase, Bauchspeicheldrüse und Darm. Das Zwerchfell ist wie ein aufgespannter Regenschirm geformt. Du kannst es mit spezifischen Atemübungen trainieren.
Das Zwerchfell ist der Hauptatemmuskel.
Links und rechts von Nacken und Hals sind die Treppenmuskeln (Muskelansätze an den oberen Halswirbeln sowie oberen drei Rippen) sowie die Kopfwendemuskeln (Muskelansätze jeweils links und rechts hinter den Ohren, an Schlüsselbeinen und Brustbein) aktiv am Atemvorgang beteiligt. Diese Muskelstränge heben unter anderem die Schultern und bewirken so die Ausdehnung der Lungenspitzen, damit sie sich mit Atemluft füllen. Während der Ausatmung senken sich die Schultern durch passives Entspannen dieser Atemhilfsmuskulatur. Wenn du verspannte Hals- und Schultergürtelmuskeln hast, kannst du diese durch gezielte, tiefe Atemübungen lockern.
Jeweils links und rechts vom Brustbein befinden sich Strukturen, die große und kleine Brustmuskeln genannt werden. Sie sind auf jeder Körperseite mit den Schlüsselbeinen, den Oberarmen, dem Brustbein sowie mit den Rippen verbunden. Die Brustmuskeln heben und senken den Brustraum und sorgen im Brustkorb für die nötige Weite zum Einatmen, damit die sich ausdehnenden Lungen Luftvolumen aufnehmen können. Brustmuskeln sind durch die nach vorn gerichtete Körperhaltung am Schreibtisch oft nicht mehr dehnbar genug, was das Atemvolumen vermindert. Durch Atemübungen gewinnt dein Brustkorb wieder Freiraum und die Fähigkeit zu qualitativ hochwertiger Atmung.
Über den Rippen liegen Muskelstrukturen, die wegen ihres gezackten Geflechts Sägemuskeln oder Sägezahnmuskeln heißen. Am Rücken setzen sie unter jedem Schulterblatt sowie jeweils links und rechts an der ersten bis neunten Rippe an. Die Sägemuskeln verleihen deinem rückwärtigen Brustkorb Bewegungsfähigkeit. Durch Anhebung der Schulterblätter und Rippen sind die Sägemuskeln aktiv am profunden Atemvorgang beteiligt. Mit vorwärtsbeugenden und seitlich drehenden Yogaübungen kannst du die Sägemuskeln flexibel halten, insbesondere wenn du während deiner Yogapraxis sehr tief ein- und ausatmest.
»Atem ist eine verbindende Kraft. Sie schafft im Leiblichen Ausgleich und Gleichgewicht und hilft uns, die Eindrücke von innen und außen wandelbar zu machen. Sie verbindet den Menschen mit der Außenwelt und das Außen mit seiner Innenwelt. Atem ist Urbewegung und damit unmittelbares Leben.«2
Ilse Middendorf (1910–2009)