KAMPFSTERN GALACTICA, BAND 3 - Glen A. Larson - E-Book

KAMPFSTERN GALACTICA, BAND 3 E-Book

Glen A. Larson

0,0
10,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein großer Held ist auf die Galactica zurückgekehrt, um den Gegenangriff anzuführen und die Cylonen endgültig zu besiegen: Commander Cain, die lebende Legende im ganzen Kosmos. Doch die jungen Krieger auf dem Kampfstern Galactica beginnen an der Legende Cain zu zweifeln. Ist er wirklich jenes mythische Genie der Kriegsführung – oder nur ein exzentrischer Despot, verrückt geworden durch jene Wunden, welche die Zeit ihm zugefügt hat?

Kampfstern Galactica – die Romane zur legendären TV-Serie, von Christian Dörge neu und ungekürzt übersetzt. Der dritte Band der Reihe enthält die Romane Die lebende Legende, Krieg der Götter, Grüße von der Erde und Das Terra-Experiment.

Kampfstern Galactica – eine Science-Fiction-Legende kehrt zurück!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2021

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



GLEN A. LARSON/NICHOLAS YERMAKOV/RON GOULART

 

KAMPFSTERN GALACTICA

Band 3

 

 

 

 

Vier Romane in einem Band

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

1. DIE LEBENDE LEGENDE  

von Glen A. Larson und Nicholas Yermakov 

 

2. KRIEG DER GÖTTER  

von Glen A. Larson und Nicholas Yermakov 

 

3. GRÜSSE VON DER ERDE  

von Glen A. Larson und Ron Goulart 

 

4. DAS TERRA-EXPERIMENT  

von Glen A. Larson und Ron Goulart 

Das Buch

 

Ein großer Held ist auf die Galactica zurückgekehrt, um den Gegenangriff anzuführen und die Cylonen endgültig zu besiegen: Commander Cain, die lebende Legende im ganzen Kosmos. Doch die jungen Krieger auf dem Kampfstern Galactica beginnen an der Legende Cain zu zweifeln. Ist er wirklich jenes mythische Genie der Kriegsführung – oder nur ein exzentrischer Despot, verrückt geworden durch jene Wunden, welche die Zeit ihm zugefügt hat?

 

Kampfstern Galactica – die Romane zur legendären TV-Serie, von Christian Dörge neu und ungekürzt übersetzt. Der dritte Band der Reihe enthält die Romane Die lebende Legende, Krieg der Götter, Grüße von der Erde und Das Terra-Experiment.

Kampfstern Galactica – eine Science-Fiction-Legende kehrt zurück!

 

 

  1. DIE LEBENDE LEGENDE

  von Glen A. Larson und Nicholas Yermakov

 

 

 

Prolog

 

 

Troy saß vor der Konsole in seiner Kabine an Bord der Galactica. Er war allein, und er starrte auf den Bildschirm, auf dem das Gesicht eines sehr alten Mannes zu sehen war. Der Mann war Troys Adoptivgroßvater, und dieser war zu Lebzeiten Commander des Kampfsterns Galactica gewesen.

»Troy«, sagte die Stimme Adamas, »ich weiß, dass ich zu dir spreche, weil niemand sonst den Schlüssel zu diesem Programm besitzt. Wenn du dieses Programm zum erstenmal siehst, werde ich bereits gestorben sein. Vielleicht werde ich erst kurz zuvor meinen letzten Atemzug getan haben, vielleicht wird auch schon einige Zeit seit meinem Tode verstrichen sein; das kann ich nicht wissen. Niemand kann sagen, was die Zukunft bringt, und deshalb bleibt mir nur die Hoffnung darauf, dass du irgendwann einmal diese Worte hören wirst. Aber wenn du sie hörst, dann weiß ich, dass der Herr dich beschützt hat und dass du der neue Commander der Galactica bist.«

Er machte eine Pause.

»Während ich diese Worte spreche, weiß ich, dass ich bald sterben muss. Ich bin darauf vorbereitet. Mein Leben war lang und fruchtbar, und ich danke dem Herrn, dass er mir so viel Zeit gegeben hat. Mehr kann ich nicht verlangen, und ich bin zufrieden. Dennoch gab es eine Sache, die ich mir gewünscht hätte und die mir verwehrt wurde: dass meine Söhne nach mir sterben sollten. Ich - ich trage immer noch schwer an diesem Verlust. Wenn ich an all die Yahre denke, in denen Apollo unter mir gedient hat - der beste Viperpilot, den ich kenne, der tapferste Krieger - dann schmerzt es mich immer noch, dass ich ihm nie gesagt habe, wie sehr ich ihn liebe. Oh, er wusste, dass ich ihn liebte, ich weiß das, aber es hätte so viel mehr bedeutet, diese Worte einmal laut auszusprechen.«

Das Bild Adamas seufzte tief. Einen Moment lang befürchtete Troy, dass Adama nicht fortfahren könne, aber dann begann er wieder zu sprechen.

»Dein Vater war ein großartiger Mann, Troy. Du warst noch ein Kind, als er starb. Erinnerst du dich noch? Wir nannten dich immer Boxey. Ich weiß noch, wie sehr du diesen Namen hasstest, als du älter wurdest. Wir mussten einen anderen für dich suchen, denn wir hatten nie deinen richtigen Namen erfahren. Aber das gehört nicht hierher. Vergib einem alten Mann seine Zerstreutheit. Ich erinnere mich auch noch an jenen Tag, als Apollo nicht von seiner Mission zurückkehrte. Du versuchtest, nicht zu weinen. In gewisser Weise warst du damals klüger als ich, denn du wusstest die Wahrheit, während ich immer noch hoffte, dass er mir auf wunderbare Weise zurückgegeben würde wie das letzte Mal, als er nicht von seiner Mission zurückkehrte.«

Adama machte wieder eine Pause, versuchte, sich zu erinnern.

»Das war zu der Zeit, als wir Cain fanden«, sagte er. »Dein Vater ist an diesem Tag aus dem Totenreich wieder auferstanden, und er brachte uns noch jemanden mit. Cain war ein guter Freund von mir gewesen, und ich hatte ihn schon seit zwei Yahren tot geglaubt. Du warst damals noch jung, Troy, und ich weiß nicht, ob du dich daran erinnern kannst, doch er rettete damals unser Leben.

Aber das ist nur ein Kapitel in der Geschichte der Galactica. Ich hatte gehofft, dass mein Sohn mein Nachfolger als Commander werden würde, aber es sollte nicht so sein. Du bist nun Herr über die Galactica, Troy, und ihr Schicksal liegt in deiner Hand. Aber bevor du über die Zukunft dieses Schiffes entscheidest, solltest du seine Vergangenheit kennen.

Und diese Vergangenheit ist hier gespeichert, in diesem Programm, zu dem nur du allein den Schlüssel besitzt. Dies sind meine Tagebücher, Troy. Ich habe sie gewissenhaft geführt, seit dem Tag auf Caprica, als die Galactica in Auftrag gegeben und ich zu ihrem Commander ernannt wurde. Niemand außer mir hat in all den Yahren über sie entschieden, und jetzt lege ich sie in deine Hände. Niemand hat je meine Tagebücher gelesen, Troy. Du bist der erste. Was aus ihnen werden soll, wenn du sie gesehen hast, musst du entscheiden. Sieh sie dir nacheinander an, wenn es dir gefällt, vom Anfang bis zum Ende... oder von der Gegenwart bis zu ihrer Entstehung... oder nach deiner eigenen Erinnerung. Sollte es Ereignisse geben, die dich besonders interessieren, kann sie dir der Computer aus den Tagebüchern heraussuchen. Du musst nur fragen. Meine letzten Worte für dich, Troy, sind folgende: Die Umstände haben es dir verwehrt, eine einigermaßen normale Kindheit zu durchleben. Das bedauere ich immer noch, obgleich du zu einem Mann herangewachsen bist, den ich respektiere und achte. Wir haben versucht, den Kindern auf der Flotte das Leben so schön wie möglich zu machen, denn sie waren unsere Hoffnung für die Zukunft, aber in deinem Fall war das beinahe unmöglich. Du hast deine leiblichen Eltern bei der Zerstörung Capricas verloren. Du hast in Apollo einen neuen Vater gefunden, und du hast ihn geliebt, bis du ihn wieder verloren hast. Du hast in Serina eine neue Mutter gefunden, bis auch sie wieder starb. Zweimal verwaist, wurdest du ein sehr stilles Kind - so ganz anders, als du es früher gewesen warst.

Ich habe nichts unversucht gelassen, um dir ein guter Großvater zu sein, aber das war nicht genug. Nachdem du zweimal deine Eltern verloren hattest, bautest du Mauern um dich auf, die niemand durchdringen konnte. Du wolltest niemanden mehr lieben, weil du gefürchtet hast, ihn wieder zu verlieren. Es dauerte lange, bis jemand zu dir durchdrang. Ich glaube, mir vorstellen zu können, wie du dich gefühlt haben musst. Denn auch ich kannte diese Mauern.

Du hast deinen Vater niemals wirklich kennengelernt, Troy. Das musst du jetzt nachholen. Lerne diesen Mann kennen. Alles, was mir geblieben ist, ist in diesem Programm gespeichert. Aber bevor ich dich für immer verlasse, möchte ich dir noch einen sagen; ich Wollte es auch Apollo sagen, an diesem Tag mit Cain, aber ich tat es nicht, und ich habe es bis zum heutigen Tag bedauert. Ich habe es dir schon manchmal gesagt, aber ich möchte es noch einmal sagen: Ich liebe dich. Und lebe wohl.«

Der Bildschirm erlosch.

Troy saß lange schweigend davor. Schließlich beugte er sich vor, um Adamas Tagebücher durchzugehen.

Er würde mit Cain beginnen.

 

 

 

Kapitel 1: Eine unerwartete Begegnung

 

 

Es gab für einen Viperpiloten vom Kampfstern Galactica gab es keine Routinepatrouillen. Sowohl Starbuck als auch Apollo wussten, dass Routine Unaufmerksamkeit bedeutete. Sie konnten es sich nicht leisten, ihre Aufklärungsmissionen als einfache Routinepatrouillen zu betrachten. Gleichgültig, wie viele Missionen sie flogen, oder wie sehr sich viele dieser Missionen glichen.

Als Starbuck und Apollo als frischgebackene Kadetten zum erstenmal in die Cockpits ihrer Vipers geklettert waren, hatten sie noch jenen erregenden Kitzel gespürt, der jeden jungen Krieger vor seinem Jungfernflug überkam. Obwohl jeder Kadett die Möglichkeit hatte, vor seinem ersten Auftrag einen Alleinflug zu absolvieren, war das keinesfalls mit dem Gefühl zu vergleichen, zum ersten Mal als Viperpilot zu fliegen, ohne, dass jede Bewegung von einem Ausbilder überwacht und kontrolliert wurde. Sie haften gewusst, dass diesmal niemand auf sie Warten würde, wenn sie zurückkehrten, um sie zu loben oder um sie auf ihre Fehler hinzuweisen. Ihre nächste Prüfung würde von keinem Lehrer, sondern von den Cylonen bewertet werden. Und es würde keine Möglichkeit geben, einen Fehler zu korrigieren.

Und obwohl ihre Feuertaufe nicht gleich während der ersten Missionen stattfand, war das Gefühl, eine Viper zu steuern, noch immer berauschend gewesen. Erst viel später wurden sie sich der Gefahren bewusst, die die Routine mit sich brachte. Als Kinder hatten sie beide vom Raumflug geträumt, aber erst als Erwachsene erfuhren sie die bittere Wahrheit, dass Raumflug aus einem erheblichen Teil aus Langeweile bestand. Sobald das Gefühl des Neuen erstorben war, verschwand auch die Faszination. Für einen erfahrenen Viperpiloten war eine Aufklärungsmission so aufregend wie ein Spaziergang. Starbuck und Apollo beherrschten die komplizierten Maschinen, als Wären sie ein Teil ihres Körpers. Die meisten Handbewegungen führten sie automatisch aus, ohne sich ihrer bewusst zu werden, als setzten sie einen Fuß vor den anderen. Aber trotzdem durften sie sich nicht dem angenehmen Gefühl des Gewohnten hingeben. Jederzeit konnte ein cylonisches Kampfgeschwader aus dem Nichts auftauchen, und bei einem solchen Angriff war jedes Zögern ein Todesurteil. Erfahrene Piloten hatten ihre Unaufmerksamkeit mit dem Tod bezahlen müssen, nur weil sie sich für einen Augenblick in ihren Tagträumen verloren hatten. Jede Mission musste so geflogen werden, als könnte man jeden Moment auf den Feind treffen, selbst wenn in dem patrouillierten Sektor keine cylonischen Aktivitäten gemeldet waren. Ein Viperpilot hatte ununterbrochen wachsam zu sein. Paranoia war für einen Krieger eine nützliche Eigenschaft.

Aber sich dauernd mit allen Sinnen konzentrieren zu müssen, war aufreibend. Sobald ein Pilot ein Nachlassen seiner Konzentration verspürte, begannen seine Gedanken abzuschweifen. Um das zu vermeiden, unterhielten sich die Piloten während des ganzen Fluges miteinander. Es war die einzige Methode, die Entfernung zwischen ihren Vipers zu überbrücken, wachsam zu bleiben und das beruhigende Gefühl zu gewinnen, dass ein Freund in der Nähe war, der einem in der Not zur Seite stehen konnte. Die Kameradschaft, die aus diesem anscheinend unwichtigen Geschwätz resultierte, konnte nur ein Pilot wirklich verstehen. Nach Beendigung der Mission wäre es an der Zeit, sich zu entspannen, sich mit dem Bodenpersonal, den Freunden und Freundinnen zu unterhalten.

Für Captain Apollo würde es Zeit geben, mit seinem Sohn Boxey allein zu sein, wenn die Patrouille ergeben würde, dass der Galactica und ihrer zusammengeschusterten Flotte keine unmittelbare Gefahr von den Cylonen drohte. Manchmal gesellte sich auch seine Schwester zu ihm und Boxey, wenn sie es mit ihren Pflichten vereinbaren konnte. Apollo brauchte diese glücklichen Momente mit Boxey und Athena. Sie waren seine Familie. Obwohl er Boxey adoptiert hatte, weil der Junge seine Eltern bei einem Angriff der Cylonen auf Caprica verloren hatte, liebte Apollo den Kleinen, als wenn er sein leiblicher Sohn wäre. Seiner und der Serinas.

Seit dem Tag, an dem Serina gestorben war, fühlte sich Apollo innerlich ausgebrannt. Doch Apollo hatte inzwischen Wege gefunden, das erdrückende Gefühl der Verzweiflung zu vermeiden, wenn er an ein Leben ohne sie dachte. In der Hitze des Gefechts fühlte er ihren Verlust nicht mehr. Manchmal vergrub er sich auch in seine Pflichten an Bord der Galactica, um sich vor dem Schmerz zu schützen, aber alle seine Erfolge, seinem Kummer zu entkommen, waren bestenfalls von kurzer Dauer. Er versuchte sich einzureden, dass der Schmerz mit der Zeit vergehen würde. Aber niemand wusste, wieviel Zeit ihnen noch blieb. Der Krieg hatte sie beide zusammengebracht, und der Krieg hatte sie wieder getrennt. Die Zeit, die sie zusammen verbringen durften, war so unerträglich kurz gewesen...

Jedes Mal, wenn er an Serina dachte, traten Tränen in Apollos Augen, die er nur mit Mühe zurückhalten konnte. Er erlaubte sich nicht, während einer Mission oder vor seinen Kameraden zu weinen. Aber manchmal wachte er aus einem Alptraum in seinem Quartier auf und streckte seine Hand nach Serina aus. Und sie war nicht bei ihm. Und dann, wenn niemand ihn sehen oder hören konnte, gab sich Apollo seinem Schmerz hin. Er weinte über den Verlust von Caprica, den Verlust seiner Frau, über den Verlust der vertrauten Beziehung, die er einst mit seinem Vater gehabt hatte. Apollo liebte seinen Vater, und er wusste, dass sein Vater ihn liebte, aber ihre Beziehung konnte nie wieder so werden wie damals, bevor Apollo Pilot wurde, bevor ein Verräter sie zu Heimatlosen gemacht hatte. Das Band zwischen Vater und Sohn bestand immer noch, wie auch die Liebe, aber der Krieg bewirkte, dass Adama zuerst Apollos Commander und dann erst sein Vater war. Das hielt sie beide auf notwendige und doch schmerzhafte Distanz.

Adama trug die schwere Last der Verantwortung für die Überlebenden der Katastrophe. Ihr Wohlbefinden, ihr Überleben stand vor allem anderen. Und wenn das bedeutete, dass er seinen Sohn in den Tod schicken musste, würde Adama das tun. Das war seine Pflicht, wie es die Pflicht seines Sohnes war, sein Leben notfalls für die Flotte zu opfern. Der Vater wie auch der Sohn verstanden das. Und beide akzeptierten das. Sie hatten keine andere Wahl.

Starbuck dagegen hatte seine eigenen Methoden, die Zeit nach einer Mission zu verbringen, und aufgestauten Druck abzubauen. In gewisser Hinsicht war das für Starbuck nicht so schwer wie für Apollo, weil Starbuck unter Druck bessere Leistungen erbrachte. Wie zum Beispiel im Krieg. Und das war eines der größten Probleme für ihn. Starbuck mochte den Krieg nicht. Er hielt ihn für Wahnsinn. Er hasste den Krieg gegen die Cylonen mit einer Intensität, die auf der Galactica - vielleicht abgesehen von Apollo - einmalig war. Und trotzdem war Starbuck ein Krieger. Er wusste, dass er dazu geboren war. Während seiner Freizeit spielte er gern Karten oder veranstaltete mit den anderen Piloten Trinkgelage; er war gern mit Frauen zusammen, und die Frauen mochten ihn. Aber Starbuck wusste, dass sein eigentliches Leben in dem Cockpit seiner Viper ablief, im gefährlichsten Spiel überhaupt, im Spiel um Leben und Tod.

Wie Apollo war auch Starbuck während des Krieges geboren worden. Er hatte nie etwas anderes gekannt, wie niemand auf der ganzen Flotte etwas anderes gekannt hatte. Manchmal schien es ihm, als läge die menschliche Rasse schon seit ihrer Entstehung im Krieg mit den Cylonen, im Kampf gegen einen Feind, dessen Ziel es war, die ganze Menschheit auszurotten. Er wünschte sich Frieden. Und dennoch fragte er sich immer wieder, ob es in Friedenszeiten überhaupt noch einen Platz für ihn geben würde. Er war Krieger, Draufgänger, Spieler. In den seltenen Momenten, wenn er allein war, fragte er sich oft nach dem Sinn seines Lebens. Er fragte sich, woher plötzlich diese unglaubliche Vitalität kam, sobald er auf den Feind traf. Was trieb ihn dazu, Risiken einzugehen, vor denen jeder andere zurückscheute? Welcher verborgene Zug seiner Persönlichkeit drängte ihn immer wieder zum Wettkampf mit dem Tod, warum vollbrachte er immer tollkühne Heldentaten, nur um den Kitzel zu spüren, wenn er dem Tod wieder von der Klinge gesprungen war? Wenn er nachts nicht einschlafen konnte, fragte er sich oft, ob er wirklich nur lebte, um jedes Mal von neuem dem Tod zu entgehen. Er kannte die Antwort nicht und war sich nicht sicher, ob er sie jemals wissen wollte. Niemand wusste von diesem Zwiespalt in ihm. Für die Crew der Galactica war Lieutenant Starbuck ein sorgloser Draufgänger, ein ausgezeichneter Pilot, ein unverbesserlicher Spieler, ein Frauenheld und Bohemien. Der alte militärische Rat Niemals nirgendwo freiwillig melden war für die Frauen und Männer auf der Galactica zum Starbuck'schen Gesetz geworden. Und trotzdem wussten alle, die ihn genauer kannten, vor allem jene, die mit ihm zusammen flogen, dass er trotz seines Rufes als unbelehrbarer Egoist und Drückeberger immer jene Missionen flog, auf die, wie er es ausdrücken würde, niemand auch nur einen Chip setzen würde.

Es war ein hartes Leben. Ein Leben, das nur für den Augenblick gelebt werden durfte. Niemand konnte sich erlauben, Pläne für die Zukunft zu schmieden, denn in einem Hundertstel Centon konnte es schon keine Zukunft mehr geben. Sie flogen ihre Mission, die Augen auf die Instrumente geheftet, ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihre Aufgaben konzentriert.

Für die jüngeren Männer und Frauen auf der Flotte, vor allem für die Kadetten, schien das Leben eines Viperpiloten glorreich und voller Abenteuer zu sein. Starbuck und Apollo, beides erfahrene Kriegsveteranen, kannten die Wahrheit. Im Krieg gab es keine Glorie. Und die Abenteuerlust verblasste schnell, wenn der Adrenalinstoß vorbei war und sich Erschöpfung breitmachte, zusammen mit der Angst, die jeder Pilot kannte, die aber keiner jemals zugeben würde.

Apollo beherrschte die Armaturen in seinem Cockpit mit einer Leichtigkeit, die von langen Yahren ständiger Übung herrührte. Sein Blick wandte sich nie vom Abtaster. jeder Nerv war bis zum äußersten gespannt, und es war ein beruhigendes Gefühl, Starbucks Viper neben sich zu wissen. Die beiden Männer arbeiteten zusammen wie eine gutgeölte Maschine. Trotz ihrer denkbar unterschiedlichen Persönlichkeiten ergänzten sie sich als Viperpiloten perfekt.

Sie waren kurz davor, abzudrehen und ihre ergebnislose Aufklärungspatrouille zu beenden, als sich plötzlich Apollos Nackenhaare aufstellten.

»Starbuck?«, fragte er, den Blick auf den Abtaster geheftet.

»Ja.« Starbucks Stimme kam klar und deutlich aus den Lautsprechern in Apollos Helm.

»Ich weiß noch nicht, was es ist«, sagte Apollo. »Aber ich habe das unangenehme Gefühl, wir sind nicht allein hier draußen.«

Starbuck wandte seinen Blick für einen Moment von den Instrumenten und schaute zu Apollos Viper hinüber. Er hatte einen Spielerinstinkt, und kein Spieler durfte seine Intuition ignorieren. Starbuck war für sein Glück beim Spiel berüchtigt, aber manchmal überragte Apollos Kampfinstinkt sogar Starbucks legendäres Spielerglück.

»Ich habe nichts auf meinem Abtaster«, antwortete Starbuck vorsichtig.

In Apollos Cockpit tauchten zwei flimmernde Punkte auf dem Radarschirm auf. »Starbuck...«

Sein Teamgefährte kannte diesen Tonfall nur zu gut. »Oh, oh...« Starbuck strich nervös mit seiner Zunge über seine Lippen, die Augen wieder auf den Radarschirm gerichtet. Der Bildschirm war leer. Er beugte sich kurz vor, um die Richtung und die Entfernung genauer einzustellen. »Nichts zu sehen«, sagte er. »Vor uns befindet sich nicht das Geringste.«

»Ich habe den Abtaster auf Heck eingestellt«, informierte ihn Apollo. »Zwei Punkte, genau hinter uns...«

»Gut. Wie weit entfernt?« Starbuck schaltete Seinen Abtaster um, und im selben Augenblick lagen sie unter Feuer. Energiestrahlen blitzten überall um sie herum auf, gefährlich nah an ihren Schiffen. »So nah schon?«

»Sie holen schnell auf«, sagte Apollo. »Und wir haben nicht genug Treibstoff, um ein Ausweichmanöver zu versuchen. Es sieht nicht gut für uns aus. Ich nehme rechts...«

»Ich links««, antwortete Starbuck. Er spürte das vertraute Kitzeln, als Adrenalin in seine Adern schoss. »Viel Glück, Kumpel.«

»Das werden wir brauchen«, bestätigte Apollo. »Ich aktiviere den automatischen Notruf. Bis gleich...«

Apollo legte den Schalter um, der den Notruf zur Galactica aussandte. Er würde funken, bis er ihn wieder abschaltete, oder bis Apollos Schiff nicht mehr existierte.

Ein Licht auf der Konsole begann ängstlich zu blinken, als beide Piloten mit der Präzision eines Uhrwerks ihre Vipers in entgegengesetzte Richtungen abrollten, um dem Laserfeuer ihrer Verfolger zu entgehen.

 

Sheba fluchte leise, als sie beobachtete, wie sich die beiden Schiffe trennten und in entgegengesetzte Richtungen schwenkten. Sie waren noch zu weit entfernt, um sie genau zu fixieren, aber sie wusste, wie man mit cylonischen Schiffen umzugehen hatte. Die beiden Schiffe, die sie und ihr Flügelmann Bojay verfolgten, würden ihr nicht entkommen. Sie hatte gefeuert, sobald sich die beiden Schiffe in Schussweite befunden hatten, und sie war sicher, dass sie nicht voreilig gehandelt hatte. Trotzdem hatte sie sie verfehlt. Obwohl die beiden Schiffe überrascht worden waren, hatten sie sofort reagiert.

Beinahe als ob sie gewusst hätten, dass wir hinter ihnen her sind, dachte Sheba. Sie hatte das Gefühl, dass die Cylonen in denlangen Yahren des Krieges zu besseren Piloten geworden waren.Kein angenehmer Gedanke. Sie hörte Bojays überraschten Aufschrei durch die Sprechanlage, und sie wusste, dass auch er nicht

mit diesem plötzlichen Manöver ihres Gegners gerechnet hatte.

Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um die Flugkünste der feindlichen Piloten zu bewundern. Nachdem sie das Überraschungsmoment verschenkt hatten, gab es jetzt genug für sie zu tun.

»Ich übernehme den Rechten«, sagte Sheba und rollte nach rechts ab, um Apollos Viper zu verfolgen. In seinem Cockpit lächelte Bojay und berührte das pferdeköpfige Zeichen auf seinem Helm. Das war sein ganz persönlicher Aberglaube: Er hoffte, dass sich damit das Glück seines Commanders auch auf ihn übertrug.

»Der Linke ist schon so gut wie tot«, sagte Bojay. »Ich bin gleich zurück, um dir bei deinem zu helfen.«

»Falls ich Hilfe brauchen sollte«, antwortete Sheba.

Die verfolgenden Vipers trennten sich, schwenkten nach verschiedenen Seiten, und die Jagd begann. Hinter ihrem Gegner zu sein, verschaffte Sheba und ihrem Teamgefährten einen großen Vorteil. Das einzige, was cylonische Kampfschiffe mit Vipers gemeinsam harten, war, dass sie keine Heckgeschütze besaßen. Kampfflieger mussten so leicht wie möglich gebaut sein, aus wirtschaftliche Gründen und wegen ihrer speziellen Aufgaben. Ein leichteres Schiff konnte schneller startbereit gemacht werden, und es konnte schneller beschleunigen. Den größten Anteil am Gesamtgewicht stellte der Treibstoff. Kampfschiffe mussten schnell und beweglich sein. Eine Heckkanone einzubauen, hätte bedeutet, zusätzlichen Ballast zu tragen und Raum für Treibstoff zu verschenken. Ein Kampfschiff war dazu geschaffen, eine minimale Ausrüstung so schnell und so weit wie möglich zu transportieren. Es war nur mit dem Nötigsten ausgerüstet, um seine Aufgabe zu erfüllen, was im Augenblick Bojay und Sheba sehr zustatten kam, denn das bedeutete, dass ihre Gegner nicht feuern konnten, solange sie auf der Flucht waren. Die einzige Möglichkeit, in der augenblicklichen Situation das Feuer zu erwidern, bestand darin, zu trudeln und damit ihre Position zu verändern. Aber das würde bedeuten, dass sie während des Manövers ihrem Feind den ungeschützten Unterbauch zeigen mussten und eine ausgezeichnete Zielscheibe darstellen würden. Nicht einmal Cylonen waren so dumm. Ihre einzige Chance war, die Flucht fortzusetzen, in der Hoffnung, dass Bojay und Sheba eines ihrer Manöver nicht voraussahen. Dann konnten sie entweder fliehen oder einen Gegenangriff versuchen, indem sie sich hinter das Heck ihrer Verfolger klemmten. Aber Sheba hatte nicht die Absicht, ihnen diese Möglichkeit zu verschaffen. Sie gebrauchte all ihre Erfahrung und Intuition, die sie in den langen Yahren des Krieges angesammelt hatte, und sah jede Bewegung ihres Opfers genau voraus. Und sie brauchte auch all ihre Erfahrung. Sie kaute nervös auf ihrer Unterlippe. Mehr als einmal überraschte ihr Gegner sie mit einer unerwarteten Wendung.

Der Kerl ist verdammt gut, dachte sie. Besser als es ihr angenehm war. Aber sie hatte ihn die meiste Zeit im Griff. Er konnte ihr Feuer nicht erwidern, und jedes Ausweichmanöver ermöglichte es ihr, dichter aufzuschließen, solange ihr kein Fehler unterlief.

Bojay hatte es kaum leichter. Jedes Mal, wenn er den Feind ins Visier bekam, fiel dessen Schiff plötzlich ab, so dass sein Schuss ins Leere ging. Er bereute schon seine anfängliche Überheblichkeit, mit der er behauptet hatte, seinen Gegner in wenigen Augenblicken zur Strecke zu bringen. Er brauchte wesentlich länger. Der Pilot des gejagten Schiffes war ein erstklassiger Flieger, das musste er zugeben. Bojay schüttelte den Kopf. Er hatte schon seit Yahren keine so eleganten Manöver mehr gesehen.

Nicht mehr, seit...

Während Sheba langsam zu Apollos Schiff aufschloss, drückte sie einen Schalter, der ihr die Lebensform des gegnerischen Piloten anzeigte. Irgendetwas... stimmte nicht. Während sich der Abstand zwischen beiden Schiffen verringerte, entdeckte sie, dass ihr die Form des Kampfschiffes seltsam vertraut erschien. Entweder hatten die Cylonen ein völlig neues Schiff konstruiert, oder...

Sie blickte auf den Radarschirm, und ihre Augen weiteten sich erschrocken, als sie den Ausdruck durchlas.

 

LEBENSFORM... HUMANOID... HUMANOID... HUMANOID...

 

Bojay!Sie musste ihn aufhalten, ehe es zu spät war. Sie schrie in ihr Helmmikrofon: »Bojay! Feuer einstellen! Feuer einstellen!«

Seine Stimme antwortete ihr sofort aus dem Helmlautsprecher. »Feuer einstellen? Bist du verrückt geworden? Cain verspeist uns zum Frühstück, wenn wir diese Burschen entkommen lassen! Wir haben den Kontakt schon gemeldet, und ich habe

beinahe...«

»Es sind Menschen, Bojay!«

»Was?«

»Ich sagte, es sind Menschen!«

Bojay war sich nicht sicher, oh er richtig gehört hatte. »Das ist unmöglich«, sagte er. »Ein Trick. Oder ein Fehler des Abtasters...«

Er schaltete seinen eigenen Abtaster ein, um die Lebensform überprüfen zu lassen, und war perplex. Das konnte nicht wahr sein. Das konnte einfach nicht wahr sein.

»Das glaube ich nicht«, sagte er leise.

Shebas Stimme unterbrach ihn. »Ich schalte auf Unicom...«

Sie stellte die Frequenz ein, die ihre Botschaft auch zu den beiden anderen Schiffen übermitteln würde. Vipers. Das waren Vipers! 

»Achtung!« Shebas Stimme zitterte vor Aufregung. »Achtung... Achtung... Silver Spar Geschwaderführer fordert die Viperpiloten zur Kapitulation auf. Es gibt kein Entkommen...«

Das war ohne Zweifel eine menschliche Stimme, die aus seinem Helmlautsprecher kam. Noch während Starbuck versuchte, seinem Verfolger zu entkommen, arbeitete sein Gehirn fieberhaft. Silver Spar Geschwader? Was sollte das heißen? Das konnte ein Trick sein, ein Stimmensynthesizer, wie ihn die Cylonen schon häufig verwendet hatten. Wer immer sie sind, dachte Starbuck, sie sind jedenfalls verdammt gut. Zu gut. Was er auch versuchte, es gelang ihm nicht, seinen Verfolger abzuschütteln. Er schaltete seinen eigenen Heckscanner ein, um die Lebensformen in den Verfolgerschiffen überprüfen zu lassen. Das waren Menschen!

»Apollo!«

»Ich hab's gehört«, antwortete Apollo. »Und überprüft. Der Abtaster behauptet, dass es Menschen sind, aber das könnte ein neuer Trick sein. Vielleicht ist den Cylonen etwas Neues eingefallen, das sie jetzt ausprobieren. Aber wir haben keine

Chance, Starbuck. Wer immer sie sind, sie haben uns erwischt.«

Er schaltete seine Sprechanlage auf Unicom-Frequenz.

»Hier spricht Captain Apollo, Flug-Commander vom Kampfstern Galactica. Wer sind Sie?«

Er hörte der Frauenstimme in seinem Kopfhörer zu, die sich mit ihrem Flügelmann unterhielt.

»Bojay?«

»Ich hab's gehört. Aber das ist unmöglich. Sie sind alle tot. Es ist unmöglich, dass...«

Dann hörte er plötzlich Starbucks Stimme. »Bojay? Hat sie Bojay gesagt?«

»Starbuck?« Die Stimme Bojays klang, als hätte er eben einen Geist gesehen. »Bei allen Heiligen...«

Apollo hörte, wie der Mann, der Bojay hieß, einen Schrei ausstieß, der ihn fast betäubte.

»Apollo!« Starbucks Stimme klang ungläubig und schockiert. »Das ist Bojay! Kannst du dich nicht mehr erinnern? Er war in unserem Geschwader, bis...« Starbucks Stimme erstarb.

»...bis er zur Fünften Flotte versetzt wurde«, beendete Apollo den Satz für ihn. »Natürlich erinnere ich mich. Und er wurde in der Schlacht von Molecay getötet.«

»Das war vor zwei Yahren«, sagte Starbuck. »Entweder sie sind tot, oder...«

»Wir?«, fragte Apollo. »Pass auf, dass du nicht raumkrank wirst, Starbuck. Es muss eine rationale Erklärung dafür geben. Außerdem hätten sie uns inzwischen schon abschießen können, wenn sie uns umbringen wollten. Ich glaube, wir befolgen besser den Rat der jungen Dame.«

 

 

 

Kapitel 2: Die Pegasus 

 

 

Der erste Flug-Offizier Tolen blickte von dem Bildschirm auf der Kommandobrücke der Pegasus auf. »Benachrichtigen Sie Commander Cain«, sagte er zu einem der umstehenden Offiziere.

Die Patrouille eskortierte zwei Schiffe zum Kampfschiff. Zwei Vipers! Er schaltete das Intercom auf Empfang und saß wie erstarrt vor dem Empfangsgerät, während er der Unterhaltung der Patrouillenpiloten mit ihren Gefangenen lauschte.

»Bojay...« Der Mann, dessen Stimme aus dem Lautsprecher drang, wurde Starbuck genannt, ein Name, der etwas in Tolen wachzurufen schien. »Wenn du es wirklich bist, mein Gott, ich kann es einfach nicht glauben! Erzähl mir, was passiert ist. Wie zum Teufel hast du überlebt?«

Shebas Stimme unterbrach ihn. »Keine Kommunikation, bis wir auf dem Kampfstern Pegasus gelandet sind!«

»Die Pegasus!« Die neue Stimme, die Tolen jetzt hörte, gehörte Apollo. Sie ignorierten Shebas Schweigebefehl. Unter den gegebenen Umständen kann man ihnen das kaum vorwerfen, dachte Tolen. Das muss für sie mindestens ein ebenso großer Schock gewesen sein wie für mich.

»Es ist einfach unmöglich«, sagte Apollo.

»Die Pegasus war Cains Schiff«, sagte Starbuck.

»Der größte Commander, der jemals gelebt hat«, antwortete Apollo. »Er war mein Idol.«

Shebas zornige Stimme unterbrach ihn wieder. »Dein Idol wird dich sofort in tausend Stücke schießen lassen, wenn du nicht dein Sprechgerät abstellst. Ihr komischen Vögel wisst es vielleicht noch nicht, aber wir befinden uns hier in einem

Sektor, der von den Cylonen kontrolliert wird.«

»Oh, mein Gott...« Apollo redete weiter, als hätte er sie überhaupt nicht wahrgenommen. Sie waren soeben in Sichtweite der Pegasus gekommen, die majestätisch im Raum lag. »Das ist kein Traum«, sagte Apollo erschüttert. »Das ist die Pegasus! Commander Cains Flaggschiff!«

Die Pegasus war das Schwesterschiff der Galactica und glich Adamas Schiff bis ins kleinste Detail; die Pegasus war allerdings älter. Sie war einige Yahren vor Adamas Kampfstern in Auftrag gegeben worden. Und als sie sich der Pegasus näherten, konnte Apollo auch die Unterschiede zwischen den beiden Schiffen feststellen: Die Pegasus war vernarbt. Sie hatte schon mehrere schwere Treffer mittschiffs einstecken müssen. Die Schäden waren zwar wieder repariert worden, aber sie waren immerhin so schwer gewesen, dass ein anderes Schiff zurück zur Werft hätte gebracht werden müssen. Nur gab es keine Werften mehr. Die Verkleidung war an vielen Stellen verschrammt, verheult, verschmort. Die Pegasus wirkte wie ein alter, abgekämpfter Krieger. Die Schiffe der Kampfstern-Klasse waren das Stabilste, was die Kolonien jemals hervorgebracht hatten, Meisterwerke einer Technologie, die einigen Missbrauch vertrug. So wie die Pegasus jetzt aussah, stand fest, dass Commander Cain sie nicht mit Samthandschuhen angefasst hatte.

»Bei den Lords von Kobol!«, sagte Starbuck. »Sieh dir das an! Was um Gottes willen hält sie noch zusammen? Spucke?«

Sheba ballte schweigend ihre Hände zu Fäusten. Sie war wütend auf die Viperpiloten, die sie jetzt zur Pegasus eskortierte. Sie benahmen sich wie die Kinder. »Sie können einfach nicht ruhig sein«, sagte sie in ihr Mikrofon. Tolen war sich nicht sicher, oh sie ihn oder Bojay ansprach. »Sie benehmen sich, als würden sie vor einer Fata Morgana stehen.«

»Ich bin immer noch nicht sicher. ob es vielleicht nicht doch eine ist«, sagte Apollo.

 

Tolen war überzeugt, dass Cain die Unterhaltung in seinem Quartier mitanhörte. Er fragte sich, wie der Commander auf diese Überraschung reagieren würde. Hier standen sie, mitten im feindlichen Gebiet, und kämpften um ihr Leben, und plötzlich tauchten zwei Vipers aus dem Nichts auf. Woher kamen sie? Die Stimmen der Viperpiloten klangen menschlich, aber den Cylonen war auch so eine List durchaus zuzutrauen. Vielleicht handelte es sich um zwei Spione, die auf diese Weise in die Pegasus eingeschleust werden sollten. Vielleicht waren es sogar Roboter, die einen explosiven Mechanismus in sich trugen... Tolen beschloss, jedenfalls ein Kommando von Kriegern in den Viper-Hangar zu beordern.

Die vier Vipers wurden langsamer, schalteten dann ihre Bremstriebwerke ein, als sie den Landeanflug begannen. Sie reihten sich vor der großen Luke auf und warteten auf die Freigabe von der Brücke. Nach kurzem Zögern erteilte Tolen Landeerlaubnis.

Einer nach dem anderen steuerten sie ihre Schiffe in die riesige Luke, durch das Kraftfeld hindurch, das die Luftmoleküle davon abhielt, in den Raum auszuströmen, Millimikrons vor dem Kontakt mit dem Kraftfeld wurde die Landeautomatik, die in ihre Bordcomputer eingebaut war, automatisch eingeschaltet. Die Kraftfeldperimeter-Leuchten blinkten kurz auf, als die Vipers das Kraftfeld wie eine halb durchlässige Membrane durchstießen. Es ertönte jedes Mal ein kleiner Knall, wenn ein Schiff durch die Membrane stieß, weil ein bisschen Luft in den Raum entwich, obwohl es nur so wenig war, dass sich das auf das Klima im Hangar nicht auswirkte. Das Bodenpersonal leitete die Vipers auf die Abstellplätze, und kurz darauf klappten die Piloten ihr Verdeck zurück und kletterten zu den Kriegern hinunter, die ihre Schiffe umstellt hatten,

Apollo drehte sich langsam einmal im Kreis, den Kopf ungläubig schüttelnd. »Es ist wie ein Wunder, dies alles hier zu sehen«, stellte er schließlich fest.

Bojay trat neben ihn und nahm seine Hand. Während sie sie schüttelten, schauten sie sich gegenseitig mit einer Mischung aus Erstaunen und Unglauben an.

»Was glaubst du, wie wir uns fühlen«, sagte Bojay. »Vor mehr als zwei Yahren versuchten wir, Molecay und seine Satelliten vor den Cylonen zu retten. Seit diesem Zeitpunkt haben wir keine einzige menschliche Seele mehr gesehen.«

»Das heißt, der Rest der Fünften Flotte wurde...«

»...vernichtet«, ergänzte Bojay grimmig. »Wir sind die einzigen Überlebenden. Und wenn der alte Mann nicht gewesen wäre, hätte es überhaupt keine Überlebenden gegeben.«

Starbuck hatte sich durch die umstehenden Krieger gezwängt und sich zu ihnen gesellt. Er und Bojay stießen gleichzeitig einen Freudenschrei aus und fielen sich gegenseitig um den Hals, klopften sich auf den Rücken und umarmten sich, als wollten sie sich durch den physischen Kontakt vergewissern, dass der andere tatsächlich existierte.

»Ihr müsst Kurs ab von den Kolonien geflogen sein, um bis hierher zu kommen«, bemerkte Starbuck. »Warum?«

»Cains Idee«, antwortete Bojay. »Er wusste, dass die Cylonen das ganze Gebiet von Molecay bis zu den Kolonien überwachen würden, um uns in die Finger zu kriegen. Darum schlug er genau die entgegengesetzte Richtung ein, tiefer in den Raum hinein. Es gab keine andere Möglichkeit. Und seitdem sind wir fortwährend im Kampf mit ihnen.«

»Ihr seid also auf der Flucht«, sagte Apollo, der nur zu genau wusste, wie sie sich fühlen mussten.

»Flucht?« Bojay schenkte ihm ein nachsichtiges Lächeln. »Cain? Oh, Mann, er weiß gar nicht, was das Wort bedeutet. Wir fliegen rund um die Uhr Kampfeinsätze.«

»Kampfeinsätze?« Starbuck starrte ihn fassungslos an. »Seit zwei Yahren befindet ihr euch im Einsatz? Womit? Woher nehmt ihr euren Nachschub?«

Das war auch das größte Problem der Galactica, die sich auf der Flucht befand. Wo immer es nur möglich war, mussten sie haltmachen, um Lebensmittel oder wichtige Rohmaterialien zu erbitten. Und trotzdem hatte die Flotte einige der kleineren Schiffe opfern müssen, damit wenigstens die größeren überlebten. Und sie schätzten sich glücklich, solange sie sich noch verteidigen konnten. Die Pegasus war allein. Und im Einsatz. In der Offensive.

»Man könnte sagen, dass wir unseren Nachschub von den Cylonen beziehen«, mischte sich eine neue Stimme ins Gespräch. Tolen hatte unbemerkt in der Menge gestanden und der Unterhaltung gelauscht. Niemand hatte ihn bemerkt, aber als er zu sprechen begann, wurde ihm sofort ein Weg freigemacht. Er trat zu den beiden Piloten von der Galactica.

»Gentlemen.« Er begrüßte sie mit einem Kopfnicken. »Flug-Offizier Tolen. Ich weiß, dass Sie noch einige Fragen haben, aber Commander Cain würde Sie gern in seinem Quartier empfangen. Wenn Sie mir bitte folgen würden...«

Starbuck und Apollo warfen sich vielsagende Blicke zu und Schritten dann hinter Tolen her. Starbuck sagte leise etwas zu Apollo, als sie den großen Hangar durchquerten.

»Ich bin mit den Geschichten von Commander Cain aufgewachsen«, murmelte er. »Sie nannten ihn damals den Zerstörer.«

Apollo nickte. Cain war schon ein gefeierter Held gewesen, als er, Apollo, noch ein kleiner Junge war und davon träumte, einmal zum Krieger zu werden. »Es wird sein, als träfe man eine Legende«

Auf dem Weg zum Kapitänsquartier schauten sieh die beiden Männer aufmerksam um, versuchten, sich über den Zustand des Schiffes zu informieren und die Crew zu beobachten. Wie ein Lauffeuer hatte sich die Neuigkeit im Schiff verbreitet. Jeder starrte sie ungläubig an. Viele Crewmitglieder sahen aus, als wollten sie ein paar Wichtige Fragen stellen, aber die Gegenwart von Flug-Commander Tolen verbot jedes Gespräch. Es war offensichtlich, wohin er sie brachte. Und niemand ließ Commander Cain warten.

Die Viperpiloten hatten kein Bedürfnis mehr, sich zu unterhalten. Beide wussten ohnehin, was der andere dachte. Seit zwei Yahren führte die Pegasus allein Krieg gegen die Cylonen. Und obwohl man ihrer Außenhülle die Kampferfahrung ansah, war der Kampfstern immer noch in einer Verfassung, die einer Flotteninspektion standgehalten hätte. Auf den Gesichtern der Crewmitglieder war keine Spur von Kriegsmüdigkeit zu entdecken. Ihre Bewegungen wirkten militärisch, ihr Verhalten diszipliniert. Die Crew schien allzeit bereit zu sein, zu einer Parade anzutreten. Cain führte sein Schiff offensichtlich mit starker Hand und legte auf militärische Disziplin großen Wert.

Starbuck und Apollo wurde immer deutlicher bewusst, wie die Pegasus ihren langen und scheinbar aussichtslosen Kampf hatte durchstehen können: Sie lebte durch den eisernen Willen ihres Commanders.

Immerhin, dachte Apollo, dient die Crew unter einer lebenden Legende. Das ließ keine Schwäche zu.

Als sie Commander Cains Quartier erreicht hatten, stellte Apollo fest, dass seine Hände feucht waren. Endlich sollte er seinem Kindheitshelden gegenübertreten. Plötzlich kam er sich sehr jung und unerfahren vor. Tolen drückte auf den Summer,

um eingelassen zu werden. Von innen wurden sie von Cain darum gebeten, einzutreten.

Das Quartier wirkte keineswegs, als gehörte es dem Commander eines Kampfsterns. Adamas Quartier auf der Galactica konnte keinesfalls luxuriös genannt werden, aber Cains Kabine war bestenfalls spartanisch. Außer, dass sie ein wenig größer war, eine Konsole mit verschiedenen Bildschirmen sowie eine Sitzecke und einen großen, bequemen Sessel beherbergte, unterschied sie sich in nichts von der eines einfachen Kriegers. Außerdem hatte sie ein Fenster, das einen Blick in den Raum erlaubte. Das Licht in der Kabine war schwach. Ein Mann stand vor dem Fenster, den Rücken seinen Gästen zugewandt. Er trug die gleiche Uniform wie sie - die eines Viperpiloten.

Er wandte sich um und blickte sie an, aber er stand immer noch im Schatten, so dass sie seine Züge nicht deutlich erkennen konnten.

»Bringen Sie unseren Gästen etwas zu trinken, Tolen«, sagte er. »Sie sehen ein wenig blass aus.« Mit einer leichten Kopfbewegung deutete er auf die Sitzecke. »Machen Sie es sich bequem, meine Herren«, fuhr er fort. »Ich lege Wert auf Disziplin, aber nicht auf Zeremonien. Außerdem stehen Sie nicht gerade sicher auf ihren Beinen.«

Die beiden Männer ließen sich in der Sitzecke nieder. Apollo fuhr nervös mit der Zunge über seine Lippen. »Es ist mir eine Ehre, dass Sie mich empfangen, Commander«, begann er. »Eine sehr große Ehre.«

»Ja, ich kann mir vorstellen, dass es das ist«, erhielt er als Antwort.

Apollo wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Einen Augenblick lang herrschte peinliche Stille.

»Das war ein kleiner Anfall von Humor, Captain«, sagte Cain schließlich. »Sie müssen mich entschuldigen, aber ich habe mich nie daran gewöhnen können, dass mich die Leute anschauen wie einen Halbgott. Das bin ich nicht. Ich bin Soldat. Ein Krieger, genau wie Sie. Sicher kein schlechter Krieger, aber darum immer noch einer aus Fleisch und Blut.«

Das war eine unglaubliche Untertreibung. Als Cain ins Licht trat, konnten sie sehen, dass er mehr Orden und Auszeichnungen trug, als sie jemals gesehen hatten, eingeschlossen die Goldspange. Er trug ihn an einem Band um den Hals, so dass er zur Hälfte eine lange Narbe verdeckte, Cains einzige Verwundung. Die Goldspange wurde niemandem verliehen, der nur ein guter Soldat war; um ihn verliehen zu bekommen, musste man ein Held sein.

Es war irgendwie irreal für Apollo, seinem Kindheitsidol von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, einem Mann, den er seit langem tot geglaubt hatte. Cain war nicht groß. Er wirkte beinahe gedrungen, muskulös, mit eisengrauem Haar. Das Bemerkenswerteste in seinem Gesicht waren die stahlblauen Augen mit ihrem unangenehm scharfen Blick. Sein Gesicht schien aus Granit gehauen zu sein. Er war ein ansehnlicher Mann, zwar nicht mehr jung, aber von Kopf bis Fuß ein Commander.

»Ich hätte nicht gedacht, dass ich außer meinen Leuten auf der Pegasus noch einmal ein menschliches Gesicht zu sehen bekäme«, sagte Cain. »Und doch sind Sie hier. Die Frage ist, wo, bei den Lords von Kobol, kommen Sie her?«

»Von der Galactica, Sir«, meldete Apollo. Er fühlte sich beklommen, so vor Cain zu sitzen. »Unter der Flagge von Commander...«

»...Adama?« Cain beugte sich unvermittelt vor und musterte Apollo durchdringend.

»Ja, Sir. Mein Vater.«

»Ja... ja, ich kann die Verwandtschaft erkennen. Sie sind also Adamas Sohn. Wie geht's ihrem alten Herrn?«

»Nun«, antwortete Apollo zaghaft, »wenn man bedenkt, welche Last er seit der Zerstörung der Zwölf Welten zu tragen hat...«

Cain nickte. »Ja, das kann ich mir vorstellen. Und der Rest der Flotte?«

»Nur die Galactica hat überlebt, Sir. Unter ihrem Schutz stehen zweihundertzwanzig Schiffe verschiedener Klassifikationen, auf denen sich die letzten Überlebenden unseres Volkes befinden.«

»Mein Gott«, überlegte Cain erschüttert. »Ich dachte immer, wir hätten es schwer. Nur zweihundertzwanzig Schiffe? Und das ist alles, was von den Kolonien übriggeblieben ist?«

Apollo nickte.

Cain schien sich für mehrere Minuten in seine Gedanken zu verlieren. »Es gab da eine Frau...«, sagte er schließlich, mehr zu sich selbst als zu Apollo. Er ging langsam zu seinem Schreibtisch, auf dem ein kleiner Hologramm-Projektor stand. In seiner Stimme lag Härte, so als wollte er die Wahrheit erfahren und sich dennoch vor ihr fürchten. »Es ist ziemlich unwahrscheinlich, sagte er leise, »dass von all den Menschen der Kolonien ausgerechnet sie sich unter den Überlebenden befindet. Aber...« Er streckte seine Hand nach dem Projektor aus, ließ sie dann

aber zögernd darüber schweben.

»Wie heißt sie?«, fragte Starbuck sanft.

»Ihr Name war... Cassiopeia«, antwortete Cain.

Während er sprach, schaltete er den Projektor ein, und eine diffuse Lichtsäule stand im Raum. Cain schob das Projektionsmuster ein, und das holographische Bild von Cassiopeia erschien.

Apollo hörte, wie Starbuck scharf einatmete.

Das Bild neigte den Kopf und lächelte. »Ich werde dich nie vergessen, alter Kriegs-Daggit«, sagte es. »Komm zu mir zurück.«

Die beiden Männer saßen schweigend nebeneinander. Cassiopeias Blick und der Klang in ihrer Stimme waren unmissverständlich. Obwohl sie nie erwähnt hatte, dass sie Cain kannte. Aber es hatte sie auch keiner jemals danach gefragt.

Starbuck erinnerte sich an das erste Mal, als sie sich getroffen hatten. Das war kurz nach der Zerstörung Capricas gewesen. Obwohl die Cylonen einen Friedensvertrag unterschrieben hatten, waren ihre Basisschiffe in Angriffsposition gegangen. Als der Verrat entdeckt wurde, war es bereits zu spät.

Unter den wenigen Überlebenden, die Adama zusammengesammelt hatte, hatte sich auch eine Sozialatorin befunden, eine hochqualifizierte Kurtisane und bezahlte Begleiterin. Zwischen einer Sozialatorin und einer Prostituierten bestand ein Unterschied wie zwischen einer Viper und einer Raumfähre oder zwischen einem erfahrenen Krieger und einem grünen Kadetten. Es war ein altes und angesehenes Gewerbe, obwohl es Menschen gab, die Sozialatorinnen als einfache Prostituierte betrachteten.

Starbuck hatte damals versucht, sich vorzumachen, dass er Cassiopeia nur aus der Gegenwart dieser Menschen gebracht hatte, weil ihr Arm gebrochen war und sie medizinische Hilfe brauchte - und weil diese Menschen sie nicht geachtet, sondern missbraucht hatten. Aber es war mehr gewesen. Viel mehr. Er wusste, dass er Cassiopeia nicht für sich beanspruchen konnte, aber der Gedanke, dass Commander Cain sein Nebenbuhler war, beunruhigte ihn sehr. Wie hatte ihn Apollo bezeichnet - als lebende Legende? Wie sollte man dagegen ankommen?

»Ich stelle fest, dass sie bei ihnen dieselbe Reaktion auslöst wie damals bei mir«, sagte Cain, der ihre Stille missverstanden hatte. »Ganz offensichtlich haben Sie sie noch nie gesehen.«

Er wandte ihnen den Rücken zu, blickte die Projektion an. Auf die zwei Piloten wirkte das, als fühlte sich Cain beschämt, ihnen seine Gefühle gezeigt zu haben. Bevor einer von ihnen die Gelegenheit hatte, etwas zu sagen, wechselte Cain das Thema. »Wo wir von schönen Damen sprechen«, sagte er. »Haben Sie schon Bekanntschaft mit meiner Tochter geschlossen?« Cain schob ein neues Projektionsmuster in den Projektor, und das Abbild einer jungen, langbeinigen Brünetten mit blitzenden dunklen Augen erschien. Auf ihre eigene Weise war sie genauso reizvoll wie Cassiopeia. Ihre Schönheit war feurig, dunkel, und sie wirkte tatendurstig und aktiv. »Alles Gute zum Geburtstag«, sagte sie. »Ich liebe dich, Vater. Ich bin die glücklichste Tochter im ganzen Universum.«

Wenn die Botschaft noch weiterging, dann sollten sie es nicht erfahren. Cain schaltete den Projektor ab.

»Wenn ich diese junge Dame kennengelernt hätte«, sagte Apollo, »dann würde ich mich mit Sicherheit an sie erinnern.«

»Ihre Stimme kommt mir vertraut vor«, sagte Starbuck.

Cain konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. »Das sollte sie auch. Sie ist der Pilot, der beinahe Ihre Karriere beendet hätte, Captain Apollo. Wie der Vater so die Tochter, nicht wahr? Sie ist der beste Viperpilot an Bord der Pegasus.«

»Ich kann Ihnen nicht widersprechen«, sagte Apollo, der sich nur zu gut an das beklemmende Gefühl erinnerte, das sich seiner bemächtigt hatte, als er feststellen musste, dass er seinen Verfolger einfach nicht abschütteln konnte. Wenn sie ein Cylonen gewesen wäre, hätte sie ihn zu Staub zerblasen.

Cain lächelte noch einmal und drehte sich dann wieder dem Fenster zu, als suche er draußen etwas.

»Adama«, sagte er leise. »Wer hätte das gedacht! Die Galactica wird sicher eine Augenweide für diese müden Augen sein. Wir beide zusammen in der Offensive. Volle Kraft voraus gegen die Cylonen!«

Er wandte sich wieder zu Starbuck und Apollo um. »Meine Herren«, sagte er förmlich, »ich glaube, dass Ihre Sorgen unbegründet sind. Das Roboter-Imperium steht kurz vor seinem Untergang.«

 

 

 

Kapitel 3: Von den Toten auferstanden

 

 

Adama war erschöpft. Wenn sein Haar nicht schon vor Yahren ergraut wäre, dann würde es sicher jetzt damit beginnen, als Folge der Anstrengungen, die ihn seine Aufgabe kostete. Und nicht nur der Druck des Kommandos ließ Adama jetzt sein Alter fühlen, wie er es noch nie zuvor gespürt hatte. Obwohl er kein junger Mann mehr war, konnte Adama Energiereserven aktivieren, mit denen nicht einmal der jüngste Krieger unter seinem Kommando mithalten konnte. Er musste! Die Last des Kommandos, die er als oberster Herr eines Kampfsterns zu tragen hatte, war nichts, verglichen mit der Schwere der Verantwortung, die auf seinen Schultern lastete. Die Aufgabe, eine baufällige Flotte durch den Raum zu leiten, die aus Schiffen bestand, die niemals für den Einsatz im tiefen Raum gedacht waren, wäre auch ohne die fortwährende Bedrohung durch das Cylonische Imperium schwer genug gewesen,

Sie waren unnachgiebig. Ihre Führer hatten sich geschworen, die menschliche Rasse auszulöschen, und die cylonischen Krieger waren unermüdlich darum bemüht, die Befehle ihrer Vorgesetzten auszuführen. Und sie konnten tatsächlich nicht ermüden. Sie waren wie gedankenlose Insekten, darauf programmiert, die Menschen zu zerstören, und sie würden ihr Programm durchführen oder bei dem Versuch zugrunde gehen. Das war alles, was sie wussten. Und diese Beschränktheit machte sie zum gefährlichsten Gegner, dem die Menschheit jemals gegenübergestanden war.

Wenn es nicht ausgerechnet Cylonen gewesen wären, hätte Adama ihre Hartnäckigkeit sogar bewundert; er hätte die feindlichen Soldaten vielleicht als ebenbürtige Gegner respektiert. Aber Adama konnte keine Gefühle gegenüber einer Gesellschaft aufbringen, für die die Ideen des freien Willens völlig absurd waren. Sie waren fremd. Das war vielleicht das beste Wort, mit dem man Cylonen beschreiben konnte. Sie waren die fremdesten Wesen, die Adama in seinem ganzen Leben begegnet waren. Menschen konnten nicht einmal versuchen, sie zu verstehen. Das Wenige, was sie von der cylonischen Rasse wussten, war beängstigend genug. Was sie nicht wussten, war wahrscheinlich noch schrecklicher.

Die Struktur der cylonischen Gesellschaft hatte viel mit einem Insektenstaat gemeinsam. Die niedrigste Gesellschaftsschicht, die die Menschen kannten, waren die Krieger. Ein cylonischer Krieger zählte wenig mehr als eine Maschine. In ihrer Rüstung erinnerten sie sogar an Roboter, und niemand wusste, wo die Rüstung endete und der Cylonen begann. Sie waren ein kybernetischer Organismus, Lebewesen, die ein Teil der Rüstung waren, die sie trugen. Jeder einzelne Cylone war durch die ausgereifte Rüstungstechnik Teil eines unermesslichen Kommunikationssystems. Sie waren wie Figuren, die von ihren Führern auf einem riesigen Schachbrett hin und her geschoben wurden. Aber die Größe ihrer Organisation war hinderlich für sie. Es wurde so viel Information eingespeist, dass den Führern nichts weiter blieb, als die Informationen zu sortieren und auf die wichtigsten Vorgänge zu reagieren. Obwohl die cylonischen Führer mehrere Gehirne besaßen, die sie bei dieser Aufgabe unterstützten, war es doch ein Glück für Adama, dass sie keine Computer waren.

Ihnen konnten Fehler unterlaufen.

Cylonen hatten Schwierigkeiten, selbständig zu handeln. Ihre Abhängigkeit von ihren Führern verschaffte den Menschen einen Vorteil. Die Cylonen kannten nichts, was der menschlichen Initiative entsprach. In den Schlachten gingen sie streng methodisch vor, während menschliche Piloten improvisieren und sich auf ihre Intuition verlassen konnten. Bei einem Kampf zwischen zwei Schiffen stand der Sieger von vornherein fest, aber die Cylonen kämpften niemals Schiff gegen Schiff. In einer Schlacht funktionierten ihre Krieger wie ein komplizierter Schaltkreis, bei dem jede Schaltung mit jeder anderen Schaltung verbunden war. Erst dadurch wurden ihre Karussellattacken so gefährlich. Selbst Piloten wie Starbuck oder Apollo brauchten Yahre, um die Reaktionen ihrer Kameraden so gut zu kennen, dass sie wie ein zusammengehöriges Ganzes arbeiteten. Cylonen gelang dies automatisch.

Adama konnte fast verstehen, warum sie die Menschen für eine Bedrohung halten mussten. Ihre Vorstellung von Perfektion schloss eine Gesellschaft ein, in der die Individualität dem Gemeinwohl untergeordnet Wurde. Vor langer Zeit hatte es auch menschliche Philosophen gegeben, die denselben Ideen anhingen, aber die Cylonen hatten dieses Prinzip his zum Extrem weiterentwickelt. In der cylonischen Gesellschaft existierte kein Individuum. Jeder einzelne Organismus war nur ein Rädchen in der gewaltigen cylonischen Maschinerie. So gelang es ihnen, eine perfekte Ordnung aufzubauen, aber zu einem Preis, den kein Mensch zahlen würde. Und aus diesem Grund, glaubte Adama, mussten nach Meinung der cylonischen Führer die Menschen ausgerottet werden. Es war nicht genug, die Kolonien zu zerstören: Die Menschheit musste vollkommen ausgelöscht werden; nicht ein Mensch durfte überleben.

Adama fragte sich immer wieder, warum die Cylonen die Menschen eigentlich so fürchteten, wenn ihre Ordnung tatsächlich so stabil war, wie sie behaupteten. Er glaubte, die Antwort zu kennen, aber sie behagte ihm nicht.

Adamas Aufgabe hatte sich auf ein einziges Wort beschränkt: überleben. Um jeden Preis überleben. Er konnte es sich nicht erlauben, nicht mehr zu hoffen. Er musste stark erscheinen, sodass die Besatzung Vertrauen zu ihm haben konnte und ihre Hoffnung nicht aufgab. Aber in der augenblicklichen Situation war es sehr schwer, optimistisch zu wirken. Die Chancen standen unzweifelhaft gegen sie. Und auch die letzten Berichte waren keineswegs ermutigend.

»Wir sind fast am Ende, Commander«, sagte Flug-Sergeant Jolly. »Ich habe jedes Schiff in der Flotte überprüft. Überall lebt man von den Notrationen. Wenn wir nicht bald landen...«

Adama wollte seine Augen schließen und nichts mehr damit zu tun haben. Er brauchte all seine Kräfte, um vor den Monitoren auf der Kommandobrücke der Galactica auszuharren. Wieder einmal standen sie kurz vor der Katastrophe, aber Adama durfte seine Furcht nicht zeigen. Er war der Commander. Die Menschen blickten zu ihm auf, warteten auf eine Lösung. Das einzige, zu dem Adama aufblicken konnte, war sein Vertrauen ins Schicksal.

»Vielen Dank, Sergeant Jolly«, sagte er und schaltete den Monitor ab. Es gab nichts weiter zu sagen.

Colonel Tigh stellte sich neben ihn. Adama blickte auf, dankbar für seine Anwesenheit. Es kostete ihn viel Kraft, sich zu beherrschen.

»Das ist einfach unglaublich«, meinte er sarkastisch. »Einen so weiten Weg zurückzulegen, um dann keinen Treibstoff mehr zu haben.«

»Das ist noch nicht einmal das Schlimmste«, sagte Tigh, der sich wünschte, dass er seinem Commander bessere Nachrichten bringen könnte. Aber die Nachrichten, die er hatte, waren wirklich schlecht.

»Oh?«, sagte Adama. »Meinen Sie damit, Schiffe zurückzulassen, sie auszuschlachten und doppelt so viele Menschen wie bislang in den Lagerräumen zusammenzupferchen, ist nicht das Schlimmste? Was könnte noch schlimmer sein?«

»Wir haben Funksprüche aufgefangen, Sir«, erwiderte Tigh.

Adama erstarrte. »Aber das würde bedeuten, dass wir uns in der Nähe einer Zivilisation befinden.«

»Ja, Sir. Aber die Funksprüche sind cylonisch.«

»Guter Gott«, stöhnte Adama. »Das hat uns noch gefehlt! Erst geht uns der Treibstoff aus, und dann fangen wir Funksprüche von einem Basisstern auf!«

»Nein, Sir, kein Basisstern«, antwortete Tigh. »Viele der Funksprüche... sind zivil.«

»Zivil? Aber Wir sind ein ganzes Sternensystem von Cylon entfernt.«

»Ich weiß, Commander. Ich kann es nicht erklären, aber über die Funksprüche besteht kein Zweifel.« Tigh seufzte schwer. »Irgendwo da draußen, nicht weit von uns entfernt, befindet sich eine Stadt. Eine cylonische Stadt.«

Omega näherte sich im selben Augenblick, als Tigh seine Meldung abgegeben hatte. »Das könnte auch erklären, warum unsere Aufklärungspatrouille so lange ausbleibt«, sagte Omega.

»Wer fliegt die Patrouille?«, fragte Adama, der das Schlimmste befürchtete.

»Lieutenant Starbuck und Captain Apollo, Sir«, gestand Tigh tonlos.

Adama drehte ihnen den Rücken zu, weil er nicht wollte, dass sie jetzt seinen Gesichtsausdruck sehen konnten. »Wie lange dauert es, bis die Patrouille keinen Treibstoff mehr hat?«, fragte er.

»Wenn sie seit dem Start ununterbrochen geflogen sind«, erklärte Tigh, »dann geht ihnen in diesem Augenblick der Treibstoff aus.«

Adama sackte zusammen. Er ballte eine Faust, hob sie langsam hoch und ließ sie schwach zurückfallen. »Dann ist es vorbei«, sagte er leise.

Tigh und Omega tauschten einen Blick aus. Sie konnten sich vorstellen, wie sich Adama in diesem Augenblick fühlte. Sie hatten beide ihre Familien im cylonischen Krieg verloren.

»Sir«, sagte Tigh, »wenn wir eine Suchfähre ausschicken...«

Adama richtete sich auf und wandte sich wieder ihnen zu. Es war ihm klar, dass er nichts mehr für Apollo und Starbuck tun konnte. Er musste jetzt an die Flotte denken. »Wir haben nicht genug Treibstoff, um uns das leisten zu können. Wir müssen jeden Tropfen sparen, um das Lebenserhaltungssystem in den Schiffen aufrechtzuerhalten. Setzen Sie die beiden Namen auf die Vermisstenliste.«

Flug-Offizier Rigel blickte vom Radarschirm auf. »Sir, ich habe hier etwas Merkwürdiges auf dem Schirm...«

»Was ist es?«, fragte Tigh, der sofort zu ihr hinübereilte.

»Ich weiß nicht. Es scheint eine Art Echo-Effekt zu sein. Das Bild der Galactica scheint von einem Feld - vielleicht einem Ionenfeld - reflektiert zu werden...«

Tigh schüttelte den Kopf. »Ich werde das übernehmen, Commander«, sagte er. »Sie ist neu am Monitor. Ich werde mir das einmal ansehen. Legen Sie das Bild auf den Brückenmonitor, Rigel.«

Das Bild des Radarschirmes tauchte auf dem großen Brückenmonitor auf. Adama und Tigh starrten ungläubig darauf. Das Bild ähnelte tatsächlich einem Kampfstern. Tigh beugte sich vor und rief über das Intercom den Technikerraum.

»Überprüfen Sie sofort den Abtasterturm«, sagte er. »Wir haben offensichtlich eine Fehlfunktion, Commander. Kontrolle... hohe Auflösung auf Abtaster, bitte...«

Nach kurzem Zögern tanzte das Bild auf dem Monitor plötzlich auf und ab, wurde größer und deutlicher, Es gab keinen Zweifel. Das war ein Kampfstern. Und das war unmöglich.

»Wenn das ein visuelles Echo ist«, sagte Adama, »ist es die deutlichste Übertragung, die ich jemals gesehen habe.«

Tigh schüttelte den Kopf. »Wir müssen eine alte Übertragung aufgefangen haben, Commander. Das Bild muss seit Yahren im Raum umherfliegen. Das ist die einzige Erklärung, die überhaupt Sinn gibt. Aber trotzdem...«

Omega blickte plötzlich von der Konsole auf. Ihr Gesicht war bleich.

»Sir, wir erhalten ein Signal über Flotten-Com-Leitung Alpha.«

Adama warf Omega einen offen ungläubigen Blick zu. »Das ist nicht möglich. Die Com-Leitung ist ein automatischer Kanal, der nur zwischen Kampfsternen funktioniert. Und wir sind das einzige noch existierende Kampfstern. Überprüfen Sie alle Systeme, irgendwo muss...«

In diesem Augenblick verschwand der Kampfstern von dem Monitor, und Commander Cains Gesicht erschien. »Hallo, Adama, Sie alter Haudegen, ich hätte mir schon denken können, dass Sie hier mit Ihrer Flotte durchs Weltall segeln.«

Adama starrte auf den Schirm, die Augen ängstlich geweitet. Langsam sank er in seinen Kommandostuhl zurück. »Cain! Bei allem, was uns heilig ist...«

Cain kicherte. »Oh, Sie wissen doch Adama - mir ist nichts heilig, alter Knabe. Was ist los mit Ihnen? Sie sehen aus, als hätten Sie einen Geist sehen. So schlecht kann ich doch auch nicht aussehen.«

Die Brückenbesatzung versammelte sich um Adama. Alle Augen waren auf den Bildschirm gerichtet. Es gab keinen unter ihnen, der noch nichts von Commander Cain gehört hätte. Aber allen Berichten zufolge war dieses Schiff vor über zwei Yahren vernichtet worden.

Der Schirm zeigte Cain, wie er gemütlich in seinem Kommandosessel auf der Pegasus saß. In einer Hand hielt er einen Offiziersstab, mit dem er sich geistesabwesend gegen den Schuh schlug.

»Adama! Wachen Sie auf! Wollen Sie einfach so sitzenbleiben und mich durch deine Flotte pflügen lassen, oder erhalte ich vielleicht irgendwann Rendezvous-Koordinaten?«

Adama hatte endlich den Schock verarbeitet, einen Mann vor sich zu sehen, den er schon lange für tot gehalten hatte. »Ja, ja, natürlich. Colonel Tigh, machen Sie alles für die Landung von Commander Cain bereit und weisen Sie der Pegasus eine Position zu, in der sie unsere Flanke deckt. Es ist ein Wunder, Cain. Ein gesegnetes Wunder...«

»Ich vollbringe meine eigenen Wunder«, erwiderte Cain trocken. »Aber Sie können es bezeichnen, wie Sie wollen. Ich komme in wenigen Centonen an Bord.«

»Ich werde einen besonderen Krug Ambrosia für Sie bereitstellen«, sagte Adama.

Cain grinste. »Na, das will ich doch hoffen.«

Sein Gesicht verschwand vom Monitor.

Tigh schüttelte den Kopf. »Mein Gott. Er lebt. Ich habe geglaubt, er sei vor zwei Yahren mit der fünften Flotte untergegangen.«

»So vollbringt er eben seine Wunder, Colonel«, sagte Adama. »Das Unmögliche. Ich glaube, wir sind wieder einmal gerettet.«

Die Männer und Frauen auf der Brücke brachen in wilden Applaus aus.

 

Die Türen der Fähre glitten zur Seite, und Cain trat auf das Landedeck der Galactica, begleitet von zwei Kriegern in voller Ausrüstung. Die Menschen, die sich auf dem Landedeck drängten, jubelten ihm zu. Sie waren wie eine Familie, die den lang verlorenen Sohn grüßte.

Adama eilte zu Cain und umarmte ihn. »Gott segne Sie, alter Freund«, sagte er. »Sie können sich nicht vorstellen, wie ich mich in diesem Augenblick fühle. Mir fehlen die Worte.«

»Mir geht es genauso«, gestand Cain. Er tätschelte Adamas Schulter. »Es ist gut, dich wiederzusehen, alter Freund. Und ich habe dir auch ein spezielles Geschenk mitgebracht.« Er wandte sich zu seinem Adjutanten um. »Wo sind diese Weltraum-Rumtreiber, die wir aufgelesen haben? Bringt sie her!«

Adama glaubte seinen Augen nicht zu trauen, als sein Sohn und Starbuck aus der Fähre traten. Er kämpfte mit den Tränen, als er Apollo umarmte.

»Apollo! Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen.«

»Das hätten Sie auch nicht«, sagte Cain, »wenn meine Tochter sie nicht aufgehalten hätte. Sie waren direkt auf dem Weg nach Gomorrha.«

»Gomorrha? Ich dachte nicht, dass wir so nahe am Delphischen Imperium sind.«

»Es war das Delphische Imperium«, entgegnete Cain. »Jetzt ist es die jüngste cylonische Kolonie. Sie haben ein Muster-Beispiel für technische Effizienz daraus gemacht.«

»Aber... auf Gomorrha lebten mehr als fünfzig Millionen Lebewesen«, sagte Adama.

Cain schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht mehr«

Auf dem Landedeck herrschte betretenes Schweigen, als den Menschen die Bedeutung seiner Worte bewusst wurde. Die Cylonen hatten eine ganze Spezies ausgerottet.

»Ich schätze, Sie nicht mehr besonders gut unterrichtet«, sagte Cain. »Nun ja... Also, alter Freund, wo ist das versprochene Ambrosia?«

 

In Adamas Privatquartier schien Cain plötzlich wie verwandelt. Unruhig spielte er mit dem Stiel seines Ambrosia-Glases. »Als die Fünfte Flotte vernichtet war«, berichtete er, »nahm ich jeden Überlebenden, den ich finden konnte, an Bord der Pegasus; wir flogen direkt nach Gomorrha, der nächstliegenden Nachschubbasis. Ich hatte keine andere Wahl. Jeder Versuch, die Kolonien zu erreichen, hätte zur Zerstörung meines Schiffes geführt. Die Cylonen warteten schon auf mich. So beschloss ich, Gomorrha anzulaufen, aber als wir den Planeten erreicht hatten, mussten wir feststellen, dass die Delphier von den Cylonen ausgerottet worden waren. Glücklicherweise sind die Cylonen noch dabei, ihre neue Kolonie aufzubauen. Die Basis hat noch nicht ihre volle Schlagkraft erreicht. Seitdem leben wir von den Cylonen, wie Piraten. Wir können nichts anderes tun. Wir überfallen sie, um Nachschub zu rauben, und ich sehe keine Möglichkeit, zu den Kolonien zurückzukehren.«

»Es ist unglaublich«, kommentierte Adama erschüttert. »Wenn sie Gomorrha erobert haben, dann bedeutet das, dass sich ihr Imperium über das halbe Universum erstreckt.«

Cain nickte. »Wir sind umzingelt, Das einzige, was mir bleibt, ist, ihre Basis so oft wie möglich anzugreifen, damit sie dort nicht genügend Kräfte konzentrieren können, um mich zu schlagen. Bis jetzt habe ich viel Glück gehabt; ich habe nur nie verstanden, warum sie nicht einfach ein Geschwader von Basissternen schicken, das Schluss mit uns macht. Aber jetzt ist mir der Grund dafür klar.«

»Sie meinen, wir sind der Grund.«

»Jetzt ergibt das Ganze erst Sinn«, stimmte Cain zu. »Ich konnte es bis jetzt nicht verstehen, aber jetzt weiß ich, dass Ihre Flotte Vorrang vor allem anderen hat. Sie wollen euch unbedingt vernichten. Es ist mir leider nie gelungen, ihren Kommunikations-Code zu entschlüsseln. Ich wusste daher nicht, dass es noch andere Überlebende gibt.«

»Ebenso wenig wie ich«, sagte Adama. »Ihr Auftauchen gibt meinen Leuten wieder Hoffnung.«

»Und es wird den Cylonen gar nicht gefallen«, ergänzte Cain grimmig. »Gemeinsam... können wir sie besiegen, Adama! Das ist der Wendepunkt!«

Adama schüttelte müde den Kopf. »Alter Freund... Das einzige, was wir hoffen können, ist, ihnen Treibstoff abzunehmen. Ein militärischer Sieg ist utopisch.«

Cain zuckte zusammen. »Wovon reden Sie da? In diesem Sektor habe ich sie in die Knie gezwungen, obwohl ich nur einen Kampfstern habe! Mit zweien - können wir sie vernichten! Wenigstens auf Gomorrha.«

»Und was dann?«

»Dann... haben wir jede Menge Treibstoff zur Verfügung«, ereiferte sich Cain. Er setzte sein Glas so heftig auf den Tisch, dass es einen Sprung bekam. »Und eine Basis, von der aus wir angreifen können.«

Adama seufzte. Cain hatte sich nicht verändert. Wie früher war er zu stürmisch, sofort bereit, alle Bedenken in den Wind zu schlagen.

»Cain, wir könnten diesen Planeten nicht verteidigen. Die Basissterne, die Sie vermisst haben, sind geschwaderweise hinter mir her gewesen. Wir können nur hoffen, ihnen Treibstoff zu rauben und dann weiterzufliehen.«