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Tauche ein in Käpten Sturms zweites Abenteuer! Was soll Lenny bloß tun? Seine Klassenkameraden machen ihm das Leben richtig schwer. Zur Schule zu gehen ist eine Qual. Wie gut, dass Anne zu ihm hält! Zusammen entdecken die Geschwister weitere Teile der Logbücher von Käpten Sturm: Die Gräfin schwebt in Lebensgefahr! Hilfe gegen ihre Krankheit verspricht eine Heilpflanze, die im brasilianischen Regenwald zu finden ist. Käpten Sturm sticht mit seiner Mannschaft in See - doch auf dem Weg nach Brasilien lauern viele Gefahren. Nicht zuletzt stellt sich der Grüne Pirat den Seefahrern entgegen. Kann die Gräfin rechtzeitig gerettet werden?
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Seitenzahl: 190
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SCM ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.
ISBN 978-3-417-27006-8 (E-Book)
ISBN 978-3-417-28921-3 v(lieferbare Buchausgabe)
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Soweit nicht anders angegeben,
sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:
Hoffnung für alle ® Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®.
Verwendet mit freundlicher Genehmigung des
Herausgebers Fontis – Brunnen Basel.
Seite 159: eigene Übertragung
Das Lied auf S. 13 stammt von Martin Luther.
Umschlaggestaltung: Sybille Koschera, Stuttgart
Titelbild und Illustrationen: Elke Broska, Wiesbaden
Satz: Katrin Schäder, Velbert
Vorgeschichte
1. Der geheime Keller
2. Eine seltsame Krankheit
3. Aufbruch ins Abenteuer
4. In der Räuberhöhle
5. Neue Erfahrungen und heimliche Ängste
6. Die Räuber kehren zurück
7. Streit
8. In der Falle
9. Frieden
10. Umstellt
11. Ein schlechter Start
12. Über den Atlantik
13. Der Grüne Pirat
14. Der Kampf gegen die Ungerechtigkeit
15. Ankunft am Amazonas
16. Tief im Regenwald
17. Anne greift ein
18. In Lebensgefahr
19. Ein geheimer Tunnel und eine tolle Erfindung
20. Dinge wieder in Ordnung bringen
21. Die Wunderblume
22. Die Suche nach dem dritten Logbuch
Lenny11 Jahre altRuhiger als seine Schwester AnneEr kann sehr schnell rennen und weit springen, aber ganz schlecht Bälle werfen.
Anne8 Jahre altLieblingsfach: Deutsch Hassfach: MatheObwohl sie oft mit ihrem Bruder Lenny streitet, hält sie immer zu ihm, wenn es drauf ankommt.
Wilbert Boynen SturmKapitän der Esmeralda21 Jahre altBeste Freunde: Seebär und Brummel
Safira Alminetti11 Jahre altArtistinSie hasst es, das Schiffsdeck zu schrubben.
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Der zehnjährige Marc stand neben seinem Vater an der Reling eines Segelschiffs. Sein Vater war der Kapitän.
Heute war ein besonderer Tag, denn Marc bekam einen wichtigen Auftrag: „Mein Sohn! Gleich geht die Sonne auf. Alle Matrosen sind in den nächsten zwei Stunden beschäftigt. Du bist der Einzige, der Zeit hat, um aufzupassen. Deshalb musst du deine Sache wirklich gut machen!“
Marc schaute seinen Vater mit großen Augen an. „Was kann ich tun?“
Der Kapitän legte seine Hände auf die Schultern seines Sohnes. „Wir sind hier sehr nah an Afrika. Und in diesem Teil von Afrika wohnen die Korsaren. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht von ihnen überfallen werden.“
„Was sind Korsaren, Vater?“, fragte Marc neugierig.
„Korsaren sind Piraten, mein Sohn. Sie besitzen Piratenschiffe, mit denen sie andere Schiffe angreifen.“
Marc sah ihn erschrocken an. „Und wie können wir das verhindern?“
„Zum Glück haben wir ein sehr schnelles Schiff. Wenn wir sie rechtzeitig bemerken, können wir ihnen davonsegeln. Aber wenn wir nicht aufpassen, dann …“ Sein Vater hielt inne.
„Was ist dann?“, fragte Marc ängstlich.
„Dann rauben sie uns aus und versenken unser Schiff“, antwortete sein Vater. „Und wir verlieren alles, was wir haben, vielleicht sogar unser Leben.“
„Das ist furchtbar.“
„Genau, Marc. Deshalb musst du gut achtgeben. Sobald du Schiffe am Horizont siehst, schlägst du Alarm. Wenn wir sie früh genug entdecken, dann können wir ihnen entkommen. So, und jetzt steig rasch zum Ausguck hinauf und beobachte das Meer. Hier, nimm dieses Fernrohr!“
Marc kletterte auf den Mast. Es war zwar noch dunkel. Aber der Mond schien so hell, dass er sehr weit sehen konnte. Marc gab sich große Mühe. Ja, er schaute rundherum in alle Richtungen: von Osten nach Norden, von Norden nach Westen, von Westen nach Süden und von Süden wieder nach Osten.
Und als es langsam dämmerte, weil die Sonne bald aufgehen würde, verbesserte sich die Sicht sogar noch. Nun war Marc sicher, dass er wirklich jedes Schiff erkennen würde, das sich ihnen näherte.
Doch als dann die Sonne tatsächlich im Osten aufging, blendete sie ihn. Marc strengte sich sehr an, gegen die Sonne zu schauen. Aber weil sie noch so tief stand, war es unmöglich, den östlichen Horizont zu beobachten. Alle anderen Richtungen hatte er weiterhin sehr gut im Blick.
Nach einer halben Stunde wurde Marc schließlich nicht mehr geblendet. Nun konnte er wieder ungehindert nach Osten schauen.
Doch was war das? Nicht weit entfernt von ihnen entdeckte er drei Segelschiffe, die genau auf sie zusteuerten.
Schnell nahm Marc das Fernrohr in die Hand und blickte hindurch. Oben am Mast des ersten Schiffes hing eine Fahne.
Marc lief es heiß und kalt den Rücken hinunter. Es war eine schwarze Flagge mit einem Totenkopf.
Die Segelschiffe waren Piratenschiffe! Und die Piraten waren schlau. Sie wussten, dass man sie nur schwer sehen konnte, wenn die Sonne tief stand. Deshalb griffen sie bei Sonnenaufgang immer aus dem Osten an. Und bei Sonnenuntergang kamen sie vom Westen her.
Durch diesen Trick war es ihnen auch jetzt gelungen, dem Schiff sehr nahe zu kommen.
„Piratenschiffe! Piratenschiffe!“, schrie Marc, so laut er konnte. „Alarm! Piratenschiffe in Sicht!“
Sofort geriet auf Deck alles in Bewegung. Sein Vater, der Kapitän, gab Befehle: Es wurden zusätzliche Segel gesetzt, die dem Schiff noch mehr Geschwindigkeit geben sollten.
Doch schon waren die Kanonen der Piratenschiffe zu hören und ein paar Kugeln schlugen dicht neben ihnen im Wasser ein. Eines der Geschosse traf sogar den Schiffsrumpf. Glücklicherweise richtete es nicht viel Schaden an.
Die Piratenschiffe kamen immer näher.
Zwar war ihr eigenes Schiff äußerst schnell, aber es dauerte eine Weile, bis es die Höchstgeschwindigkeit erreichte.
Voller Entsetzen schaute Marc zu den feindlichen Schiffen hinüber. Er sah, wie eine Kanone direkt auf seinen Mast gerichtet wurde. Ein Pirat steckte die Zündschnur an, die sogleich abbrannte. Ein lauter Knall folgte und die Kugel flog in Marcs Richtung.
Sie verfehlte den Mast nur knapp, traf aber ein Tau in der Takelage. Dieses wurde durchtrennt und fiel herunter, direkt auf Marc.
Marc verlor den Halt und stürzte aus großer Höhe vom Ausguck ins Wasser hinunter. Er schlug hart aufs Wasser auf und tauchte sehr tief unter.
Im ersten Moment war er benommen und wusste nicht, wo oben und unten war.
Dann riss er die Augen weit auf und sah über sich Licht. Das musste die Wasseroberfläche sein!
Marc ruderte mit Armen und Beinen, um sich nach oben zu kämpfen. Es gelang ihm, und mit ein paar Schwimmzügen versuchte er, sich über Wasser zu halten. Doch die See war rau und die Wellen gingen hoch.
Zum Glück konnte Marc gut schwimmen.
Aber dann sah er voller Entsetzen, dass sich das Schiff seines Vaters bereits ein großes Stück von ihm entfernt hatte. Und das Schlimmste war: Offenbar hatte dort niemand bemerkt, dass er ins Wasser gefallen war!
Marcs Vater schaute erleichtert auf die Piratenschiffe, die jetzt nicht mehr mit ihnen mithalten konnten. Sein eigenes Schiff hatte inzwischen volle Fahrt aufgenommen und war dadurch schneller als alle anderen. Ja, auf sein Segelschiff konnte er sich verlassen! Es war eines der besten, die es auf See gab. Nur die Esmeralda von Käpten Sturm war noch ein wenig schneller.
Sie hatten es also tatsächlich geschafft, den Korsaren zu entkommen, stellte Marcs Vater zufrieden fest.
Doch was war das?
Er nahm sein Fernrohr in die Hand und schaute hindurch.
Und was er nun sah, verschlug ihm den Atem: Im Wasser schwamm ein Junge. Es war Marc.
Voller Bestürzung musste der Kapitän mitansehen, wie die Piraten seinen Sohn aus dem Wasser fischten und an Bord holten.
Er wusste, dass sie ihn auf ihre Festung bringen würden. Er war verzweifelt.
Mehrere Tage später schaute Marc von einem Gefängnisturm auf die blaue See hinaus. Keine Wolke war zu sehen, während die Sonne in prächtigem Rot am Horizont unterging. Eine leichte Meeresbrise wehte durch das schmale Fenster und legte dem Jungen einen feinen Salzgeschmack in Mund und Nase.
Auch wenn das Fenster keine Gitter hatte, so war an Flucht leider nicht zu denken: Vom Kerker aus ging es zwanzig Meter senkrecht nach unten. Es war einfach nicht möglich, aus dieser Höhe zu entkommen.
Marc schloss die Augen und dachte an das, was passiert war. Sehnsucht packte ihn. Wie gerne wäre er jetzt auf ihrem heiß geliebten Segelschiff bei seinem Vater! Aber stattdessen war er hier – ein Gefangener der Korsaren. Was würde mit ihm geschehen?
Plötzlich hörte er, wie sich ein Schlüssel im Schloss drehte. Die Tür wurde geöffnet und der Kapitän des Korsarenschiffs trat in den Raum.
„Schau mich nicht so an, du dummer Junge“, brummte er. „Leider ist uns euer Schiff entwischt. Aber dafür haben wir dich. Du wirst hart arbeiten müssen und deine Heimat niemals wiedersehen.“
Damit wandte er sich ab und verließ den Raum wieder.
Marc war so verzweifelt, dass er zu beten begann. „Bitte hilf mir doch, lieber Gott! Rette mich!“, flehte er.
Da fiel ihm ein Lied ein, das ihm seine Mutter beigebracht hatte, und er sang es leise vor sich hin:
Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen.
Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen.
Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren;
es streit’ für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren.
Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ.
Nach diesem Lied und dem Gebet fühlte Marc sich etwas besser, obwohl sich ja eigentlich noch nichts geändert hatte. Er legte sich auf seine Matte, machte die Augen zu und fiel in einen unruhigen Schlaf.
Mitten in der Nacht wachte Marc plötzlich auf, weil er von draußen ein Geräusch gehört hatte. Er stand auf, lief zum Fenster und schaute hinaus.
Was war das? Er konnte nichts Ungewöhnliches erkennen.
In diesem Moment erklang unter dem Fenstersims eine Stimme: „Pst! Sei leise, sonst hört man uns!“
Überrascht lehnte Marc sich aus dem Fenster.
Direkt vor sich sah er ein Mädchen mit rötlich braunen, lockigen Haaren, das auf einem Steinabsatz stand, der aus dem Turm herausragte. Sie hielt sich an einem Seil fest, das an einer robusten bogenförmigen Eisenstange oberhalb des Turmfensters befestigt war.
„Wer bist du?“, flüsterte Marc erstaunt.
„Ich heiße Safira.“
„Wie bist du hier heraufgekommen? Ich meine … es ist einfach unglaublich. Die Turmwand ist zwanzig Meter hoch! Mir wird ja fast schon schwindlig, wenn ich nur aus dem Fenster hinausschaue. Wie hast du das geschafft?“
Das Mädchen grinste. „Ich bin einfach die Wand hinaufgeklettert.“
Marc betrachtete das Tau, das von der Eisenstange herabhing. „Hast du dich etwa an diesem Seil hochgehangelt?“
„Nein, ich bin ohne Hilfsmittel heraufgeklettert.“
Marc klappte vor lauter Erstaunen der Unterkiefer hinunter. „Ohne Seil?“
„Ja, das Seil, das du hier siehst, habe ich selber heraufgebracht und dort befestigt.“
„Und wie hast du das hingekriegt? Das schwere Tau hat dich doch sicherlich beim Klettern gestört.“
Safira zuckte mit den Achseln. „Ich hatte einen leichten Strick dabei, an dessen Ende das schwere Tau befestigt war. Als ich oben war, habe ich es einfach nachgezogen.“
„Aber was machst du hier überhaupt?“
Safira wurde ungeduldig. „Du bist ein Plappermaul! Falls du es noch immer nicht begriffen hast – wir sind hier, um dich zu befreien.“
„Wir?“, wiederholte Marc fragend.
Ohne weitere Worte zu verlieren, zeigte Safira auf einen Felsen am Strand, der nicht weit entfernt war.
Marc schaute hinüber und entdeckte einen Mann, der ihnen vom Felsen aus zuwinkte. Safira winkte zurück.
Verblüfft fragte er: „Wie sollen wir dort hinüberkommen?“
Safira brauchte jedoch gar nicht erst zu antworten. Denn der Mann hatte das andere Ende von Safiras Seil in der Hand. Nun zog er daran, bis es straff war und vom Turm aus den Strand überspannte. Dann befestigte er sein Ende des Taus an einem noch höher gelegenen Felsen.
Da begriff Marc endlich, was Safira und ihr Begleiter vorhatten: Sie beide sollten sich am gespannten Seil vom Turm aus zum Felsen hinüberschwingen.
Zum Glück war Marc schwindelfrei. Safira drückte ihm einen stabilen Riemen in die Hand und gab ihm ein Zeichen. Daraufhin kletterte er auf den Fenstersims, legte den Riemen über das gespannte Seil und schwang sich wagemutig hinab.
Es ging blitzschnell, und am unteren Ende wurde er von einem Mann mit langen blonden Haaren und Seefahrerhut aufgefangen.
Safira wartete, bis Marc in Sicherheit war. Dann folgte sie ihm und brauchte, im Gegensatz zu Marc, keine Hilfe, als sie das andere Ende des Taus erreichte.
„Wer bist du?“, fragte Marc den Mann, der ihn aufgefangen hatte.
Dieser nahm seinen Hut ab und grüßte ihn freundlich: „Mein Name ist Kapitän Wilbert Boynen Sturm. Ich bin der Kapitän der Esmeralda.“
Safira, die jetzt direkt neben Marc stand, erklärte: „Ja, wir sind gekommen, um dich zu deinem Vater zurückzubringen. Er hat uns von deinem Unglück erzählt.“
„Und wie erreichen wir euer Schiff?“, fragte Marc. „Müssen wir schwimmen?“
Käpten Sturm schüttelte den Kopf. „Nein, die Esmeralda liegt nicht weit von hier in einer versteckten Bucht. Wir müssen uns allerdings beeilen, von hier fortzukommen, bevor die Korsaren entdecken, dass du nicht mehr da bist.“
„Also nichts wie weg!“, flüsterte Safira.
Wenig später erreichten sie Käpten Sturms Schiff, setzten die Segel und legten ab. Zwei Tage danach übergaben sie Marc seinem Vater, der sein Glück nicht fassen konnte:
„Käpten Sturm, Safira! Ich bin einfach sprachlos, dass ihr meinen Sohn aus der Hand der Korsaren befreit habt! Ich werde euch ewig dankbar sein. Wenn ich euch irgendwann auch einmal helfen kann, dann werde ich nicht zögern, es zu tun.“
„Darauf komme ich gerne mal zurück!“, lächelte Käpten Sturm.
„Ist doch gern geschehen“, fügte Safira hinzu.
Dann verabschiedeten sie sich von Marc und dem Kapitän und stachen erneut in See.
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Der elfjährige Lenny und seine achtjährige Schwester Anne waren erst vor Kurzem nach Bodenwald an der Ostsee gezogen. Ihre Eltern hatten dort ein altes Schmugglerhaus gekauft, das sich mitten im Wald befand.
Gleich in der ersten Nacht nach dem Einzug war Lenny auf einen Geheimgang gestoßen, der von seinem Zimmer zum Dachboden führte. Und es gab Hinweise, dass dies wohl nicht der einzige Geheimgang war. Nein, in diesem alten Schmugglerhaus schien es von verborgenen Räumen nur so zu wimmeln! Man musste sie nur entdecken.
Auf dem Dachboden hatten Lenny und Anne eine uralte Seefahrerkiste aufgestöbert, in der sich neben Kleidungsstücken aus der Seefahrerzeit auch ein Logbuch befand. Das Logbuch war Ende des 18. Jahrhunderts von einem geheimnisvollen Kapitän geschrieben worden. Er nannte sich Käpten Wilbert Boynen Sturm.
Opa Abraham hatte den Kindern geholfen, die altmodische Handschrift, in der diese Einträge verfasst waren, zu entziffern. Zusammen mit Oma Sarah, Papa und Mama hatten sie sich vor den Kamin gesetzt, um aus dem Logbuch vorzulesen. Und mit großer Begeisterung hatten sie all die spannenden Abenteuer verfolgt, die Käpten Sturm und seine Mannschaft erlebt hatten.
Am Schluss waren sie alle traurig, dass es nicht weiterging. Denn nachdem sie sämtliche Papierstapel, aus denen sich das erste Logbuch zusammensetzte, entdeckt hatten, fand sich kein weiteres mehr.
Gab es etwa keine Fortsetzung? Waren die nächsten Abenteuer von Käpten Sturm nirgends festgehalten?
Lenny und Anne hofften, dass es vielleicht doch noch eine Möglichkeit gab: Der Geheimgang, den sie erkundet hatten, führte von Lennys Zimmer aus nicht nur zum Dachboden. Sondern über eine Wendeltreppe konnte man außerdem in einen geheimen Keller gelangen.
Dort endete der Gang vor einer massiven Holztür, die sich nicht öffnen ließ. Einen Schlüssel für das Schloss hatten sie bisher nicht gefunden.
Doch die Geschwister hatten ihren Opa eingeweiht, und dieser war auf eine geniale Idee gekommen: Er hatte sich in der Werkstatt des Hauses einen Dietrich angefertigt. Das war ein kleiner Gegenstand aus Metall, mit dem man so ziemlich jedes Schloss alter Bauart öffnen konnte.
Würden sie nun endlich imstande sein, den geheimen Keller zu betreten? Was sich wohl darin verbarg?
Noch heute Abend vor dem Schlafengehen wollten Anne, Lenny und Opa Abraham das gemeinsam herausfinden.
Durch die Geheimtür in Lennys Zimmer schlüpften sie in den Geheimgang, wandten sich nach rechts und stiegen die Wendeltreppe hinab. Kurz darauf standen sie vor der verschlossenen Tür.
Opa Abraham kramte den Dietrich hervor, schob ihn ins Schlüsselloch und versuchte, damit das Schloss zu öffnen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen gelang es ihm dann endlich: Mit einem lauten Knarren ließ sich die schwere Tür aufschieben.
Vor lauter Aufregung hielten die beiden Kinder die Luft an.
Opa Abraham nahm seine Taschenlampe in die Hand und ging voran.
Anne und Lenny blieben ihm dicht auf den Fersen. Es roch ein wenig muffig, unter ihren Füßen knirschten Steinplatten. Nach wenigen Metern mündete der schmale Gang schließlich in einen kleinen Raum.
„Sieht aus wie ein Weinkeller“, stellte Opa Abraham fest.
„Ein Weinkeller ohne Wein!“, kicherte Lenny, während er mit seiner Taschenlampe die Wände ableuchtete.
Opa Abraham schaute auf einen Tisch, der mitten im Raum stand. Drum herum waren einige Stühle gruppiert. „Dafür gibt es hier aber ein nettes Mobiliar. Tisch und Stühle sind bestimmt sehr alt.“
„Vielleicht saßen dort vor mehr als zweihundert Jahren mal Käpten Sturm, Brummel, Seebär und Safira beisammen“, flüsterte Lenny.
„Das kann durchaus sein“, bestätigte Opa Abraham. „Und ich muss zugeben, dass ich diesen Gedanken wirklich aufregend finde.“
Opa Abraham hatte das Herz eines Abenteurers: Schon als Kind hatte er davon geträumt, geheime Gänge und verborgene Schätze zu entdecken. Leider hatte sich dazu nie eine Möglichkeit geboten. Doch nun – zusammen mit seinen beiden Enkelkindern – schien es endlich zu klappen!
Anne, die schon ziemlich müde war, zog einen der Stühle zurück und setzte sich darauf.
Plötzlich stieß sie mit ihrem Fuß an etwas Hartes. „Moment mal! Was ist denn das?“
Sie sprang auf, schob den Stuhl zur Seite, schaltete ihre Taschenlampe an und leuchtete unter den Tisch. „Hey, Leute! Schaut mal, was ich gefunden habe!“
Lenny wandte den Kopf. „Was denn?“
„Eine Kiste!“
Sofort waren Opa Abraham und Lenny zur Stelle und wuchteten die Kiste unter dem Tisch hervor. Dann betrachteten sie das Fundstück.
„Eine Seefahrerkiste!“, riefen alle wie aus einem Mund.
„Ist da … ist da … ist da vielleicht das zweite Logbuch von Käpten Sturm drin?“, stotterte Anne.
Lenny war schon dabei, den Deckel der Kiste zu öffnen. Alle drei schauten hinein.
Und tatsächlich – ganz oben in der Kiste lag ein Logbuch.
Opa Abraham las laut vor, was auf dem Einband stand: „Zweites Logbuch von Käpten Wilbert Boynen Sturm!“
Er lächelte. „Wir haben es tatsächlich gefunden!“
„Wir wollen gleich anfangen, es zu lesen!“, rief Anne mit leuchtenden Augen.
„Ja, genau!“, bekräftigte Lenny.
Doch Opa Abraham bremste die beiden. „Nein, tut mir leid, dafür reicht die Zeit heute nicht mehr. Es ist spät geworden und ihr müsst schleunigst ins Bett. Am besten lassen wir die Kiste vorerst hier stehen. Und morgen überraschen wir eure Eltern und Oma Sarah mit dem zweiten Logbuch.“
Sie verließen den Keller wieder, schlossen die Tür und gingen in Lennys Zimmer.
Wenig später lagen Anne und Lenny in ihren Betten. Anne schlief sofort ein, während Lenny noch eine ganze Weile wach lag. Er musste dauernd an das Logbuch denken, das sie im Keller gefunden hatten. Wie aufregend, dass die Geschichte nun tatsächlich weiterging!
Allmählich packte ihn dann doch die Müdigkeit. Ohne dass er es merkte, schlief er ein und träumte von Seefahrern, Abenteurern und Piraten.
Am anderen Morgen saßen Mama, Papa und Oma Sarah am Frühstückstisch und wunderten sich darüber, dass die anderen noch nicht erschienen waren. Normalerweise waren die beiden Kinder immer als Erste wach. Auch Opa Abraham war ein Frühaufsteher.
„Sollen wir sie wecken?“, fragte Papa.
Mama lächelte. „Nicht nötig! Ich höre sie schon die Treppe herunterstürmen.“
Lenny und Anne redeten gleichzeitig, während sie die Küche betraten. Opa Abraham folgte ihnen auf dem Fuß.
„Schaut mal, was wir entdeckt haben!“ Mit diesen Worten legte Lenny das zweite Logbuch auf den Esstisch.
Mama und Papa starrten ihn erstaunt an.
Oma Sarah sprach laut aus, was die beiden gerade dachten: „Wo habt ihr denn das gefunden?“
„Äh … in einer Seefahrerkiste hier im alten Schmugglerhaus“, erwiderte Lenny schnell.
Bevor die Eltern genauer nachfragen konnten, lächelte Opa Abraham verschmitzt und erklärte: „Dieses Haus birgt noch viele Geheimnisse. Man darf die Suche eben nur nicht zu schnell aufgeben. Lenny, Anne und ich haben es gemeinsam gefunden.“
Dann setzte er sich an den Tisch. „Lasst uns frühstücken. Ich habe einen Bärenhunger. Und nach dem Frühstück lesen wir …“
„Käp-ten Sturm, Käp-ten Sturm, Käp-ten Sturm …“, riefen Anne und Lenny gleichzeitig und klatschten dazu im Takt.
Mama und Papa nickten vergnügt, und Papa trommelte sogar im passenden Rhythmus auf die Tischplatte.
Als der Lärm schließlich nachließ, holte er ein kleines Buch hervor. Daraus las er jeden Morgen einen Bibelvers vor. Familie Schmidt fand nämlich, dass dies eine gute Art war, den Tag zu beginnen. Außerdem sprachen sie vor dem Essen noch ein Tischgebet.
Dann griffen sie nach den frischen Brötchen, die Oma Sarah für sie gebacken hatte. Anne und Lenny bekamen eine große Tasse Kakao mit etwas Schlagsahne drin.
„Irgendetwas fehlt!“, stellte Anne jedoch gleich darauf fest.
Alle anderen schauten sie fragend an.
Lenny begriff als Erster, was seine Schwester meinte: „Wir haben keine Birnenmarmelade auf dem Tisch.“
„Oh, nein – das geht ja gar nicht“, sagte Papa lachend. „Los, Lenny, hol uns ein Glas aus der Speisekammer.“
Das ließ sich der Junge nicht zweimal sagen, dazu mochte er diesen Brotaufstrich viel zu sehr.
Mama wandte sich an Oma Sarah: „Also, deine Birnenmarmelade ist echt der Hit. Wir haben jetzt schon drei Gläser aufgebraucht. Ich fürchte, du musst bald neue machen.“
„Kannst du uns mal das Rezept geben?“, fragte Anne mit vollem Mund, nachdem sie sich ihr Brötchen dick mit Birnenmarmelade zugekleistert hatte.
Oma Sarah setzte ihre Kaffeetasse ab. „Das ist gar nicht so kompliziert!
Man nimmt reife Birnen und schält sie. Pro Kilogramm Birnen (ohne Schale) schüttet man ein halbes Kilo Gelierzucker dazu. Aber Achtung! Es darf nicht 2:1-Gelierzucker sein! Nein, es muss 3:1-Gelierzucker sein, sonst wird die Birnenmarmelade nicht fest genug! Mit einem Pürierstab (oder einer Küchenmaschine) püriert man Birnen und Zucker zu Birnenmus. Nun kocht man das Birnenmus zehn Minuten auf und rührt es dabei immer wieder kräftig durch. Anschließend füllt man das gut durchgekochte Birnenmus in Marmeladengläser ab, verschließt diese und lässt sie kühl und fest werden. Und schon hat man Birnenmarmelade!
So einfach ist das.“
Alle begannen spontan zu klatschen.
Als alle satt waren, nahm Opa Abraham das Logbuch in die Hand und begann zu lesen. Auf den Gesichtern der Familie machte sich ein Lächeln der Vorfreude breit.
Mein Name ist Wilbert Boynen Sturm. Ich bin 21 Jahre alt und ein Seefahrer. Mein Vater und meine Mutter sind leider schon sehr früh verstorben. Aber mein Vater hat mir vorher alles beigebracht, was ein Kapitän wissen muss, und mir auch sein Schiff vererbt. Deshalb bin ich jetzt schon Kapitän, obwohl ich noch sehr jung bin. Ich habe eine tolle Mannschaft, die mit mir durch dick und dünn geht. Mit ihr habe ich unglaubliche Abenteuer erlebt und diese in meinen Logbüchern aufgeschrieben. Eine meiner großen Seereisen fing so an …