Karriere an der Fachhochschule - Martina van de Sand - E-Book

Karriere an der Fachhochschule E-Book

Martina van de Sand

0,0
20,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: UTB
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Die Attraktivität der Fachhochschule erkennen! Fachhochschulen bieten jungen Forscher:innen und Dozent:innen spannende Karrierewege. Martina van de Sand stellt diese vor: Zu Beginn skizziert sie die Historie sowie die Entwicklung der Fachhochschullandschaft und geht auf deren Aufstieg im Zuge des Bologna-Prozesses ein. Sie zeigt auf, was Fachhochschulprofessor:innen zu Leistungsträger:innen macht und was bei der Personalgewinnung und -entwicklung von Seiten der Hochschule und von Seiten der Bewerber:innen zu beachten ist. Das Buch richtet sich gleichermaßen an Entscheider: innen in Fachhochschulen sowie an Interessierte aus Wissenschaft und beruflicher Praxis.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 182

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Martina van de Sand

Karriere an der Fachhochschule

Wege zur FH-Professur

UVK Verlag · München

Dr. Martina van de Sand war 25 Jahre im Wissenschaftsmanagement dreier Universitäten tätig. Im Zuge dessen leitete sie Zentren für den wissenschaftlichen Nachwuchs an der Universität Frankfurt und an der Freien Universität Berlin. Seit fünf Jahren berät sie wissenschaftliche Einrichtungen.

 

Umschlagabbildung: © vm | iStock

 

DOI: https://doi.org/10.36187/9783838559100

 

© UVK Verlag 2022— ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.narr.deeMail: [email protected]

 

Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung

 

utb-Nr. 5910

ISBN 978-3-8252-5910-5 (Print)

ISBN 978-3-8463-5910-5 (ePub)

Inhalt

Was Sie vorher wissen sollten!1 Die Fachhochschule – Historie, Rolle und Entwicklungen2 Die Fachhochschulen im deutschen Hochschulsystem2.1 Entstehungsgeschichte der Fachhochschulen2.2 Entwicklung bis zum Jahr 19982.3 Fachhochschulen im internationalen SystemvergleichBinäre HochschulsystemeStratifizierte HochschulsystemeFranzösches HochschulsystemRahmenbedingungen an Hochschulen3 Der Aufstieg ab der Jahrtausendwende3.1 Bedeutungszuwachs durch hohe Nachfrage3.2 Bologna-Prozess als Katalysator der Aufwertung3.3 Zunehmende gesellschaftliche Relevanz4 Die Professor:innen als die Leistungsträger:innen4.1 Qualifizierungsanforderungen für FH-Professuren4.2 Herausforderungen bei der Personalgewinnung4.3 Entwicklung des Angebots an Professuren5 Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung5.1 Information und Marketing5.2 StellenausschreibungenEigene Erhebung zur aktuellen Zahl der AusschreibungenAnalyse der Ausschreibungen5.3 Proaktives Recruiting5.4 Maßnahmen zur Unterstützung des Einstiegs5.5 Beratungsangebote für HochschulenBei welchen Anliegen kann eine Beratung sinnvoll sein?6 Personalentwicklung für Karrierewege zur FH-Professur6.1 ForschungsqualifikationPromotion an einer UniversitätKooperative IndividualpromotionKooperative Graduierten-, Forschungs- und PromotionskollegsPromotionsrecht für Fachhochschulen6.2 Pädagogische EignungLehrerfahrungDidaktische Qualifizierung6.3 Modelle zur besseren Verschränkung mit der BerufspraxisTandem-ProgrammeProfessional Tenure TrackHAW Tenure TrackHAW 3+3Modellprogramm des Landes NRW6.4 Implikationen für die UmsetzungKarrierewege für angehende Professor:innen7 Der Weg zur FH-Professur7.1 Die Besetzung von Professuren – ein Blick in die Hochschulgesetze der Bundesländer7.2 BerufungsverfahrenVerhandlungen zwischen Hochschule und FachbereichEinsatz einer BerufungskommissionErarbeiten des Ausschreibungstextes und AusschreibungSichtung der BewerbungenSitzung der Kommission, Anhörung und FachgesprächVergleichende Gutachten und BerufungslisteAbschlussbericht, Beschluss und formale Prüfung7.3 Hinweise für die Bewerbung7.4 Beratungsangebote für angehende Professor:innenBei welchen Anliegen kann eine Beratung sinnvoll sein?8 Fazit und AusblickLiteraturverzeichnisRegister

Was Sie vorher wissen sollten!

Die Einrichtung der Fachhochschulen (FHs) bzw. Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAWs) ist eine Folge der BildungsexpansionBildungsexpansion der 1950er- und 1960er-​Jahre, als dem steigenden Bedarf an Studienplätzen u. a. durch die Einführung eines eher anwendungsorientierten Studiums an den neu gegründeten Fachhochschulen begegnet werden sollte.

Wissen | Mittlerweile ist die Zahl der Studierenden an HAWs auf knapp 1,2 Millionen gestiegen; das entspricht einem Anteil von 40 %. Das Wachstum ist im Vergleich zu den Universitäten überproportional, und es ist absehbar, dass bis Ende der 2020er-​Dekade mehr als die Hälfte aller Studierender an einer HAW ausgebildet wird.

Diese Entwicklung erfordert einen erheblichen Ausbau der Zahl an HAW-​Professuren. Seit Mitte der 2000er-​Jahre bestehen jedoch zunehmend Engpässe, offene Professuren zeitnah und adäquat zu besetzen. Ein zentrales Hemmnis bildet die geforderte DreifachqualifikationDreifachqualifikation aus:

ForschungForschung,

LehreLehre und

außerhochschulischer BerufspraxisBerufspraxis.

Die damit einhergehende zweimalige intersektorale Mobilität erschwert die Gewinnung beruflich erfolgreicher Spezialist:innen aus der Praxis und konterkariert die Etablierung systematischer KarrierewegeKarrierewege zur FH-​Professur.

Eine im Rahmen dieser Arbeit im Jahr 2021 durchgeführte Dokumentation der Stellenausschreibungen über einen Zeitraum von zwei Monaten ergibt Hinweise darauf, dass der Besetzungsbedarf fast doppelt so hoch liegen könnte, wie in der Literatur angegeben. Daraus folgt, dass nicht nur deutlich höhere Anstrengungen, sondern vor allem eine stärkere adressatenspezifische Ausrichtung von Informations- und Marketingkampagnen sowie eine Anpassung der Rekrutierungspraxis erforderlich sind, um Erfolge in Besetzungsverfahren substanziell zu verbessern.

Um den auch für die nächsten Jahre zu erwartenden anhaltend hohen Bedarf an HAW-​Professuren zu decken, bedarf es mittelfristig neuer Konzepte der PersonalentwicklungPersonalentwicklung. Diese müssen einerseits alle drei QualifikationsbausteineQualifikationsbausteine berücksichtigen und andererseits genügend FlexibilitätFlexibilität für die individuellen Erfordernisse des Einzelfalls lassen. Ein zentrales Element in diesem Kontext bildet die Kooperation mit Unternehmen und außerhochschulischen Einrichtungen. Dieses Buch gibt einen Überblick über Vorschläge aus der Literatur, ergänzt diese um eigene Ideen und schafft somit eine Gesamtübersicht, mit deren Hilfe individuelle KarrierewegeKarrierewege modulartig zusammengestellt werden können.

Am Ende des Buches werden für Interessent:innen an und potenzielle Bewer-​ber:innen auf Professuren an HAWs die Anforderungen an eine BewerbungBewerbung vorgestellt, Berufungsverfahren beschrieben und Hinweise für die Bewerbung gegeben.

1Die Fachhochschule – Historie, Rolle und Entwicklungen

Die Fachhochschulen (FHs) bzw. Hochschulen für angewandte Wissenschaft (HAW) haben sich seit ihrer Gründung in den 1970er-​Jahren zu einer unverzichtbaren Säule des deutschen Hochschulsystems entwickelt. Mittlerweile streben über 49 % der Studienanfänger:innen an eine Fachhochschule (BMBF, 2020a), und es zeichnet sich ab, dass noch vor Ende der Dekade 2020 mehr als 50 % aller Studierenden an einer Fachhochschule eingeschrieben sein werden.

Aber nicht nur in quantitativer Hinsicht spielen die Fachhochschulen eine zunehmend wichtige Rolle. Vielmehr erfüllen sie einen zentralen bildungspolitischen AuftragAuftrag, bildungspolitischer als die Institutionen für:

die IntegrationIntegration von Personen mit Migrationshintergrund,

den BildungsaufstiegBildungsaufstieg von Personen nichtakademischer Herkunft sowie bei

der AkademisierungAkademisierung von Ausbildungsberufen.

In wirtschaftlicher Hinsicht ist darüber hinaus vor allem die Zusammenarbeit mit Unternehmen von Bedeutung, insbesondere mit Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMUKleinere und Mittlere Unternehmen (KMUs)s), die sich keine eigene ForschungForschung leisten können. Von dem hieraus erwachsenden WissenstransferWissenstransfer profitieren Studierende, Hochschulen und die Unternehmen gleichermaßen. Insbesondere an Standorten fernab der Ballungszentren bzw. in strukturschwachen Regionen bilden die Fachhochschulen einen bedeutsamen regionalen WirtschaftsfaktorWirtschaftsfaktor.

Es ist daher völlig unstrittig, dass eine wichtige hochschulpolitische Aufgabe der nächsten Jahre darin bestehen muss, die Rolle der HAWs zu stärken und diese weiter auszubauen, damit sie ihren Bildungsauftrag auch weiterhin erfolgreich erfüllen können.

Wissen | Eines der zentralen Stellglieder für die künftige Weiterentwicklung bildet der Bereich PersonalentwicklungPersonalentwicklung. Vergleicht man die Personalstruktur mit der von Universitäten, so fällt auf, dass ein wissenschaftlicher MittelbauMittelbau, wissenschaftlicher, aber auch das WissensmanagementWissensmanagement bisher nur in Ansätzen vorhanden sind.

Dem steht ein weites Spektrum an Aufgaben gegenüber, die Fachhochschulen erfüllen sollen: Neben der LehreLehre sind dies vor allem anwendungsorientierte ForschungForschung, anwendungsorientierte, Transfer und Weiterbildung.Weiterbildung. Mangels personeller Unterfütterung durch MittelbauMittelbau, wissenschaftlicher und Management konzentrieren sich die Aufgaben in erster Linie auf die Professor:innen. Diese sind aber aufgrund der hohen Lehrverpflichtung von 18 Semesterwochenstunden (SWS), die doppelt so hoch ist wie für ihre Kolleg:innen an den Universitäten (8–9 SWS), bereits mit der Lehre stark ausgelastet, so dass alle anderen Aufgaben deutlich in den Hintergrund treten. Die hohe Lehrbelastung schmälert bei vielen Personen die Attraktivität einer HAW-​Professur. Gleichzeitig ist die BesoldungBesoldung auf W2 gedeckelt – W3 ist den Universitäten vorbehalten – und kann mit Gehältern in der Industrie häufig nicht konkurrieren. Selbst in wirtschaftsnahen Fächern wie den Ingenieurwissenschaften oder der Betriebswirtschaftslehre bestehen meist keine Verhandlungsspielräume. Zusätzlich ist die ReputationReputation von FH-​Professuren mangels ForschungForschung und Publikationsoutput – dem Goldstandard in der akademischen Welt – i. d. R. deutlich geringer als von Universitätsprofessuren. All dies führt dazu, dass eine Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaft für viele Personen nicht attraktiv ist.

Wissen | Ein weiteres Hindernis besteht darin, dass die Karriereoption FH-​Professur vor allem bei Personen, die in Unternehmen oder in anderen Einrichtungen außerhalb der Akademia tätig sind, vielfach völlig unbekannt ist. In den letzten beiden Dekaden ist es zunehmend schwierig geworden, geeignete Fachkräfte für die Besetzung von Professuren zu gewinnen. Neben den oben genannten gibt es hierfür zwei weitere zentrale Gründe: Zum einen bedeutet die Voraussetzung einer mindestens dreijährigen BerufspraxisBerufspraxis außerhalb der Universitäten einen doppelten Bruch in der BiografieBruch, doppelter in der Biografie (In der Smitten et al., 2017), nämlich den Ausstieg aus der Hochschule nach der Promotion und die Rückkehr nach einer beruflichen Tätigkeit außerhalb. Diese intendierte intersektorale Mobilität hat zum anderen zur Folge, dass geregelte KarrierewegeKarrierewege zu einer Professur an der Fachhochschule – im Gegensatz zur Universität – nicht existieren.

Für die laufende Dekade kann davon ausgegangen werden, dass sich die BesetzungsschwierigkeitenBesetzungsschwierigkeiten weiter zuspitzen werden; hierfür sind vor allem zwei Entwicklungen ursächlich:

Die kontinuierlich ansteigende Zahl der Studierenden an Fachhochschulen erfordert einen weiteren personellen Ausbau.

Der prognostizierte Ersatzbedarf an FH-​Professor:innen infolge altersbedingten Ausscheidens wird sich zwischen 2020 und 2029 von 500 auf 920 pro Jahr erhöhen, dies entspricht einem Plus von 82 % (Statistisches Bundesamt, 2020b).

Tipp | Damit dürften die Fachhochschulen in den nächsten Jahren vor nie dagewesene Herausforderungen hinsichtlich der RekrutierungRekrutierung ihres professoralen Personals gestellt werden. Es ist also zwingend erforderlich, geeignete Gegenmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, da andernfalls die Leistungsfähigkeit der Institution Fachhochschule Schaden nehmen könnte.

Dieses Buch will einen Beitrag zur Lösung dieser Thematik leisten. Dabei stehen die folgenden Fragen im Fokus:

Wie lässt sich die Attraktivität der FH-​Professur erhöhen, und wodurch könnte der Erfolg bei der Personalrekrutierung gesteigert werden?

Wie könnten geregelte KarrierewegeKarrierewege zur FH-​Professur etabliert werden, und worauf ist dabei zu achten?

Welcher Maßnahmen der PersonalentwicklungPersonalentwicklung bedarf es, und welche Implikationen für die Beratung ergeben sich hieraus?

Ziel ist es, Handlungsoptionen aufzuzeigen, die dazu beitragen können, Rekrutierungserfolge durch gezielte PersonalentwicklungPersonalentwicklung zu verbessern.

Gleichzeitig leistet das Buch den Beitrag, zu informieren und das Interesse an der Karriereoption HAW-​Professur zu steigern. Der zweite Teil des Buches richtet sich daher vor allem an diejenigen Personen, die die Hochschule nach Abschluss ihrer Promotion verlassen haben und seither in Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen tätig sind. Mit zunehmender Zahl an Jahren in Berufsfeldern außerhalb der akademischen Welt findet ein allmählicher Entfremdungsprozess statt. Dieser Personenkreis sieht daher die jeweilige berufliche Zukunft überwiegend im gewählten Feld und zieht die Möglichkeit zur Rückkehr an eine Hochschule aufgrund von Informationsdefiziten häufig nicht einmal in Erwägung.

Dieses Buch möchte dem entgegenwirken: Es werden deswegen die Anforderungen für HAW-​Professuren beschrieben, der Prozess von der AusschreibungAusschreibung bis zur Besetzung von Professuren dargestellt und Hinweise für die BewerbungBewerbung gegeben.

2Die Fachhochschulen im deutschen Hochschulsystem

Die Hochschulwelt in Zahlen

Der HochschulsystemHochschulsystem in Deutschland ist binär strukturiert (Kreckel, 2008), es gliedert sich in einen universitären Bereich und einen Fachhochschulbereich. Von den insgesamt 423 Hochschulen (Stand 2020/21) gehörten 182 Einrichtungen zum universitären Bereich (108 Universitäten und 74 gleichgestellte Hochschulen: pädagogische, theologische und Kunsthochschulen). Der Fachhochschulbereich ist mit insgesamt 241 Einrichtungen, 211 Fachhochschulen und 30 Verwaltungshochschulen (Statistisches Bundesamt, 2021) demgegenüber deutlich größer. Trotz der höheren Zahl an FH-​Einrichtungen entfällt der größere Anteil der Studierenden auf den Universitätsbereich: Von insgesamt ca. 2,95 Millionen Studierenden im Wintersemester 2020/21 waren 1,19 Millionen an Fachhochschulen eingeschrieben, das entspricht einem Anteil von 40,3 %.

Laut Statistischem Bundesamt (2020c) waren im Jahr 2019 insgesamt ca. 48.500 hauptamtliche Professor:innenProfessor:in, hauptamtliche:r im Hochschulbereich beschäftigt – davon knapp 27.500 (57,2 %) im Universitätsbereich (einschließlich Juniorprofessuren) und 21.000 (42,8 %) im Fachhochschulsektor. Beim nebenamtlichen Lehrpersonal (Lehrbeauftragte, Honorarprofessuren, Privatdozent:innen) sind von insgesamt 100.900 Personen 56 % (56.500) an Fachhochschulen tätig; die Zahl des nebenamtlichen LehrpersonalsLehrpersonal, nebenamtliches übersteigt damit die der Professoren fast um das Zweifache (Statistisches Bundesamt, 2020c; eigene Berechnungen).

Das zeigt, dass an den Fachhochschulen regelhaft externe Personen aus der Praxis in die LehreLehre eingebunden sind, was ihrem Auftrag der praxisorientierten Lehre entspricht. Es könnte aber auch ein Hinweis darauf sein, dass die Lehre durch das dauerhaft beschäftigte Lehr-​Personal nicht ausreichend abgedeckt werden kann.

2.1 Entstehungsgeschichte der Fachhochschulen

Während die Entstehung der ersten Universitäten bis ins Mittelalter zurückreicht – die älteste Universität auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik ist die im Jahr 1386 gegründete Universität Heidelberg – sind Fachhochschulen deutlich jüngeren Datums. Es handelt sich bei ihnen um akademische Einrichtungen neuen Typs, die aus der BildungsexpansionBildungsexpansion der 1950er- und 1960er-​Jahre hervorgegangen sind. Ein Auslöser für diese Entwicklung war u. a. der sog. Sputnik-​SchockSputnik-​Schock, der Start des ersten künstlichen Erdsatelliten im Oktober 1957, mit dem die Sowjetunion in der Hochzeit des Kalten Krieges der westlichen Welt ihre technologische Überlegenheit demonstrierte. Die Reaktion der USA auf diesen Schock bestand in Aufrüstung, nicht nur militärisch, sondern auch im Bildungsbereich (Holuscha, 2012).

Auch wenn die Reaktionen in der Bundesrepublik Deutschland deutlich gemäßigter ausfielen, so kann dennoch davon ausgegangen werden, dass der kontinuierliche Ausbau der sekundären und tertiären Bereiche des BildungssystemsBildungssystem ohne den Schock weniger steil verlaufen wäre. Die Anfänge der BildungsexpansionBildungsexpansion liegen in den 1950er-​Jahren, als das einsetzende WirtschaftswunderWirtschaftswunder nicht nur mehr, sondern auch vermehrt hochqualifizierte Arbeitskräfte benötigte. Hatte die Studienanfänger:innenquote in der Bundesrepublik zu Beginn der 1950er-​Jahre noch bei unter 5 % gelegen, stieg sie bis 1960 auf knapp 10 % und bis Mitte der 1970er-​Jahre auf ca. 20 % (Merkator & Teichler, 2010). Der kontinuierliche Anstieg der StudierendenzahlenStudierendenzahlen führte zu einem stetigen Wachstum der Universitäten mit der Gefahr einer baldigen Ausschöpfung der Kapazitäten.

Für den Verlauf der BildungsexpansionBildungsexpansion sind die bildungspolitischen Debatten der 1960er-​Jahre von besonderer Bedeutung: Vor allem die Beiträge von Georg PichtPicht, Georg (1964: Bildungsnotstand heißt wirtschaftlicher Notstand) und Ralf DahrendorfDahrendorf, Ralf (1965: Bildung ist Bürgerrecht) stießen auf erhebliche politische und gesellschaftliche Resonanz. DahrendorfDahrendorf, Ralf, stellvertretendes Gründungsmitglied und später Professor an der Universität Konstanz, übernahm im Jahr 1967 den Vorsitz einer Arbeitsgruppe des baden‐württembergischen Kultusministeriums zur Entwicklung eines Hochschulgesamtplans für Baden-​Württemberg. Die Empfehlungen zur Reform von Struktur und Organisation der wissenschaftlichen Hochschulen, Pädagogischen Hochschulen, Kunsthochschulen, Ingenieurschulen und höheren Fachschulen (DahrendorfDahrendorf, Ralf, 1967) haben als sog. Dahrendorf‐PlanDahrendorf‐Plan in der Folge alle weiteren bildungspolitischen Debatten in Deutschland maßgeblich geprägt, denn erstmals wurde ein Gesamtkonzept für die bundesdeutsche Hochschullandschaft umrissen.

Der Grundgedanke bestand in einer Differenzierung zwischen wissenschaftlicher Ausbildung und Bildung durch Wissenschaft und daraus abgeleitet eine Gliederung des Studiums in ein dreijähriges Kurzstudium mit dem Abschluss Bakkalaureus für die Mehrzahl der Studierenden und ein Langstudium für besonders Qualifizierte (Der Spiegel, 1967). Der Dahrendorf‐PlanDahrendorf‐Plan entwarf mit dem Modell Gesamthochschule eine neue Hochschulart, die durch Verschmelzung der unterschiedlichen Institutionen entstehen sollte, mit einer Binnendifferenzierung in Allgemeiner Hochschulbereich und Fachhochschulbereich (Holuscha, 2012); zu Letzterem sollten die Ingenieur- sowie alle weiteren Höheren SchulenHöhere Schulen gehören.

Dieses Zusammendenken von Universitäten und anderen postsekundären Bildungseinrichtungen stellte nach Bartz (2007) eine Innovation dar und trug dazu bei, die Vorstellung eines umfassenden tertiären BereichsBereich, tertiärer zu entwickeln.

Wissen | Im Juli 1968 einigten sich die Ministerpräsidenten der elf Länder auf die Einführung von Fachhochschulen, drei Monate später wurde das Abkommen zur Vereinheitlichung auf dem Gebiet des Fachhochschulwesens geschlossen (Holuscha, 2012). Ab 1969 entstanden die ersten Fachhochschulen, und bis 1971 waren die meisten der heute auf dem Gebiet der sog. alten Bundesländer existierenden Einrichtungen gegründet. Dabei handelte es sich vielfach nicht um Neugründungen, sondern um die Überführung von Ingenieurschulen, Akademien und höheren Fachschulen mit jeweils langer, teilweise bis ins 18. Jahrhundert zurückreichender Tradition (Schreiterer, 2016). Insbesondere die damals 144 Ingenieurschulen und die Wirtschaftsschulen hatten sich stark für die Aufwertung ihres Status engagiert.

Auf dem Gebiet der ehemaligen DDRDDR wurden vor dem Hintergrund eines steigenden Bedarfs an neuen QualifikationenQualifikationen im Technologiebereich in den 1960er-​Jahren zahlreiche Ingenieurschulen aus dem Fachschul- in den Hochschulstatus überführt, eine Entwicklung, die nach Rolfes (2006) mit den Fachhochschulgründungen in der Bundesrepublik vergleichbar ist. In den 1970er- und 1980er-​Jahren stiegen einige Pädagogischen Institute und Ingenieurhochschulen in den Rang von Hochschulen auf, was zu „einer Verdichtung der Hochschullandschaft der DDR“ (Lütke, 2006) führte. Nach der Wiedervereinigung sind Fachhochschulen in den neuen Ländern ab 1990 als neuer Hochschultyp eingeführt worden; sie entstanden aus den Ingenieurhochschulen und den Technischen Hochschulen der DDR (Lütke, 2006).

2.2 Entwicklung bis zum Jahr 1998

Die erste Version des Hochschulrahmengesetzes (HRG)Hochschulrahmengesetz (HRG), das 1976 in Kraft trat, sah vor, alle bestehenden Hochschulen perspektivisch zu Gesamthochschulen zusammenzuführen (Merkator & Teichler, 2010). Die Fachhochschulen sahen sich daher als Provisorium im Übergangsstatus an. Diese Wahrnehmung war kontraproduktiv in Hinblick auf die Konkretisierung ihres im Abkommen zwischen den Ländern von 1969 (Ministerium des Innern Nordrhein-​Westfalen, 1982) sehr allgemein formulierten Auftrags:

„Sie vermitteln eine auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Bildung, die zu staatlichen Abschlussprüfungen führt und zu selbständiger Tätigkeit im Beruf befähigt“.

Es erschwerte ihre Bemühungen, ein eigenständiges Profil zu entwickeln und als neuer Hochschultyp Anerkennung zu finden (Holuscha, 2012).

Die Idee der Gesamthochschule verlor jedoch spätestens ab 1977 an Popularität, bis dahin waren lediglich sechs integrierte Gesamthochschulen – davon fünf in Nordrhein-​Westfalen – etabliert worden. Die Bezeichnung wurde im Laufe der Jahre aufgegeben und die betreffenden Einrichtungen später als Universitäten weitergeführt (Merkator & Teichler, 2010). Das HRG-​Leitmodell der Verbindung von Universität und Fachhochschule wurde 1985 endgültig verworfen (Müller-​Bromley, 2014). Seither wurde die Entwicklung der Fachhochschulen nach Holuscha (2012) vor allem von drei Themen bestimmt:

der Namensgebung,

dem Verhältnis zu und der Abgrenzung von den Universitäten sowie

dem Ausmass der Wissenschaftlichkeit und daraus abgeleiteten Forschungsaktivitäten der Fachhochschulen.

Das Lehrdeputat der vormaligen Lehrkräfte an den Höheren SchulenHöhere Schulen sank von 24 bis 28 auf 18 bis 19 Wochenstunden. Die Lehrkräfte stiegen in den Rang von Professoren auf und wurden entsprechend von der A- in die C-​BesoldungBesoldung übergeleitet (ab 2002 Einführung der W-​Besoldung). Beides entsprach einer deutlichen Aufwertung und war insbesondere von den Ingenieur- und Wirtschaftsschulen im Vorfeld massiv betrieben worden (Holuscha, 2012). Allerdings erfolgte die Besoldung der neuen FH-​Professoren lediglich auf dem Niveau C2 bzw. C3 (WR, 1981). Die Kategorie C4 war allein den Lehrstuhlinhaber:innen an Universitäten vorbehalten. Zur Distinktion von ihren FH-​Kolleg:innen tendierten Professor:innen an Universitäten zunehmend zur Einführung der Bezeichnung Universitäts-​Professor:in.

Die Fachhochschulen boten dreijährige Studiengänge mit ggf. ergänzenden Prüfungs- und Praxisphasen an, die mit dem Diplom – versehen mit dem Zusatz (FH) – abgeschlossen wurden. Ab 1990 wurde die Studiendauer nicht mehr als dreijährig, sondern als vierjährig einschließlich der Prüfungs- und Praxisphasen definiert (Merkator & Teichler, 2010).

Die Zahl der Studierenden an Fachhochschulen wurde zum Wintersemester 1972/73 erstmals erfasst und lag bei knapp 110.000, was einem Anteil von ca. 17 % der Studierenden entsprach. Hierbei dürfte es sich überwiegend um Schüler:innen der vormals Höheren SchulenHöhere Schulen gehandelt haben, die nun in den Status von Studierenden übergeleitet wurden. Nach zehn Jahren war die Zahl der Studierenden auf rund 285.000 gestiegen, das entsprach einem Anteil von knapp 24 % der Studierenden (BMBF, 2020a, siehe auch → Abb. 1).

In seinen ersten Empfehlungen zu den Fachhochschulen hob der WissenschaftsratWissenschaftsrat (WR, 1981) deren spezifische Merkmale anerkennend hervor (verkürzt):

(i)

hoher Grad an Verbindlichkeit in den Studienplänen,

(ii)

Studienbegleitende Leistungsnachweise,

(iii)

LehreLehre in kleinen Gruppen,

(iv)

anwendungsbezogene Komponenten in der Ausbildung,

(v)

längere Vorlesungszeiten,

(vi)

Berücksichtigung regionaler Bedürfnisse und

(vii)

spezifische Qualifikation des Lehrkörpers.

Der WissenschaftsratWissenschaftsrat attestiert den Fachhochschulen eine wichtige Stellung im Bildungs- und Beschäftigungssystem. Gleichzeitig kritisiert er die Höherbewertung theoretisch-​wissenschaftlicher QualifikationenQualifikationen, die Benachteiligung der Absolvent:innen im öffentlichen Dienst und die geringe Bereitschaft der Politik, anwendungsbezogene ForschungForschung im Fachhochschulbereich zu fördern:

„[Daher] sollte den Investitionen für die Fachhochschulen die jeweils sachlich gebotene Priorität eingeräumt werden. In jedem Fall müssen die Fachhochschulen in die Lage versetzt werden, die ihnen übertragenen Aufgaben in vollem Umfang wahrzunehmen“ (WR, 1981).

Wissen | Obwohl die StudierendenzahlenStudierendenzahlen an Fachhochschulen zwischen 1982/83 und 1994/95 um 78 % auf ca. 502.000 anstiegen, stagnierte ihr Anteil an der Studierendenschaft bei ca. 25 % (→ Abb. 1). Merkator & Teichler (2010) nennen als Grund hierfür geringe Kapazitäten und eine nur geringfügige Erweiterung des ursprünglichen (klassischen) Fächerspektrums.

Der WissenschaftsratWissenschaftsrat hatte sich 1990 und 1993 für einen vorrangigen Ausbau der Fachhochschulen ausgesprochen und u. a. eine Erweiterung des Fächerspektrums gefordert (WR, 1990; WR, 1994). Er konstatierte jedoch 1994:

„Ungeachtet aller verständlichen Gründe […] ist die Zwischenbilanz der fachlichen Erweiterung der Studienangebote an Fachhochschulen wenig befriedigend. Wenn es gelingen soll, die Fachhochschulen zu einer mit den Universitäten vergleichbar großen zweiten Säule des Hochschulsystems auszubauen, müssen die historisch gewachsene Verteilung der Fächergruppen auf beide Hochschulen verändert und das Fächerspektrum der Fachhochschulen erheblich verbreitert werden. Dieses Ziel muss künftig mit größerer Intensität und noch größerem Mut zu InnovationenInnovationen verfolgt werden als bisher“ (WR, 1994).

Abb. 1:

Entwicklung der StudierendenzahlenStudierendenzahlen an Fachhochschulen 1972 bis 1998 | Datenquelle: BMBF-​Datenportal, 2020a; eigene Berechnungen und Darstellung.

2.3Fachhochschulen im internationalen Systemvergleich

Die Einrichtung von Fachhochschulen ist kein deutscher Sonderweg, wie eine vergleichende Untersuchung von acht Hochschulsystemen (in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Österreich, Schweden, Schweiz und den USA) durch Kreckel (2008) dokumentiert: Seit den 1960er-​Jahren waren alle untersuchten Systeme mit einem hohen Anstieg der StudierendenzahlenStudierendenzahlen konfrontiert und standen vor der Herausforderung, Mass Higher Education mit den Aufgaben in ForschungForschung und NachwuchsförderungNachwuchsförderung zu verbinden. Kreckel (2008) unterscheidet drei typische Lösungswege:

Binäre HochschulsystemeHochschulsystemHochschulsystem, binäres

Binäre Hochschulsysteme differenzieren zwischen:

einem lehrintensiven (und kostengünstigeren) Fachhochschulbereich und

einem universitären Bereich, der darüber hinaus und schwerpunktmäßig ForschungForschung- und NachwuchsförderungNachwuchsförderung betreibt.

Dieses Modell gilt für fünf europäische Hochschulsysteme: Deutschland, Schweden (Högskole), Österreich (Fachhochschulen seit 1993), die Niederlande (Hogescholen voor Hoger Beroepsonderwijs seit 1993) und die Schweiz (Fachhochschulen seit 1997).