Keine Sekunde länger - Katja Fiona Graf - E-Book

Keine Sekunde länger E-Book

Katja Fiona Graf

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Beschreibung

Als Viola am Morgen erwacht, wird ihr schlagartig klar, dass sie es keine Sekunde länger mit Josh aushält. Keine Sekunde länger in dieser Beziehung, keine Sekunde länger in diesem Haus. Sie muss hier weg! Heute noch! Schnell ist ein Plan gefasst, der zur logistischen Meisterleistung wird. Gerade als Viola aufgeben will, kommt ihr Thomas Hofer wie ein rettender Engel zur Hilfe. Thomas, der Mann mit den starken Armen und den eisblauen Augen. Doch plötzlich ist da auch Lars, ihr gut aussehender Nachbar, der ihr nicht mehr aus dem Kopf gehen mag. Eine Liebesgeschichte mit Umwegen und über den Mut, etwas Neues zu beginnen.

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Über das Buch

Als Viola am Morgen erwacht, wird ihr schlagartig klar, dass sie es keine Sekunde länger mit Josh aushält. Keine Sekunde länger in dieser Beziehung, keine Sekunde länger in diesem Haus. Sie muss hier weg! Heute noch! Schnell ist ein Plan gefasst, der zur logistischen Meisterleistung wird.

Gerade als Viola aufgeben will, und sich fragt, ob ihre übereilte Flucht nicht eine riesige Schnapsidee ist, kommt ihr Thomas Hofer wie ein rettender Engel zur Hilfe. Thomas, der Mann mit den starken Armen und den eisblauen Augen, die sie sanft anschauen und ihr zum ersten Mal an diesem Tag das Gefühl geben, dass tatsächlich alles gut werden kann. Dass sie den Demütigungen entfliehen kann, die sie all die Jahre über sich ergehen lassen musste.

Aber Thomas ist nicht der, der er zu sein scheint und plötzlich ist da Lars, ihr gut aussehender Nachbar, der ihr nicht mehr aus dem Kopf gehen mag und der ihr Leben für immer verändert.

Eine Liebesgeschichte mit Umwegen und über den Mut, etwas Neues zu beginnen.

Alle Figuren im Buch sowie die Handlung sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder mit Orten sind Zufall.

Inhaltsverzeichnis

Josh

Solidarität

Marathon

Thomas

Einsamkeit

Der Morgen danach

Lars

Nebel über den Feldern

Wolken am Himmel

Bewährungsprobe

Unerwarteter Besuch

Neustart

Sonne über der Stadt

Neuland

Goldener Regen

Erfolgsaussichten

Dezember

Weiße Weihnacht

Heiliger Abend

Ein Fest der Liebe

Silvester

Jahreswechsel

Epilog

Josh

Als Viola erwachte, wurde es draußen gerade hell. Der Wecker zeigte kurz vor sieben. Wie jeden Morgen war Josh schon wach, sie hörte das Plätschern der Dusche – nur das Plätschern der Dusche. Josh hasste den Gedanken, die Geräusche, die er bei der täglichen Körperpflege verursachte, könnten bei Viola Kopfkino auslösen. Die Vorstellung, dass sie das Schmatzen von Duschschaum unter seinen Achseln hören könnte, verursachte ihm Schweißausbrüche. Schlimmer noch, das Wissen, das Viola die Geräusche zuordnen konnte, die er beim Waschen seines Hinterteils oder anderer intimer Stellen machte.

Was das anging, war Josh ein ziemlich verklemmter Typ. Wenn sie beim Fernsehen saßen, benutzte er grundsätzlich nur die obere Toilette und drehte den Fernseher extra laut. Sollte er nachts einmal raus müssen, verstand es sich von selbst, dass er extra den weiten Weg nach unten nahm.

Viola hörte, wie das Wasser abgestellt wurde. Sie wartete auf die Geräusche, die ihr so vertraut waren: Das leise Öffnen der Tür, der Versuch, auf Zehenspitzen ins Schlafzimmer zu trippeln. Sie tat ihm den Gefallen und drehte sich nicht um, stellte sich schlafend, starrte mit offenen Augen durch das geschlossene Fenster. Es gab ihm den Freiraum sich von dem um die Hüften geschlungenen Handtuch zu befreien. Viola kannte seine Verrenkungen, die er sonst vollführte, um in seine Unterwäsche zu steigen.

Sie waren jetzt fünf Jahre zusammen und noch immer zierte er sich. Sich vor Viola nackt zu zeigen, kostete ihn große Überwindung. Selbst beim Sex war dieses Thema noch immer schwierig. Obwohl sie sich auch bei Tageslicht oder im Mondschein liebten, verstand es Josh, sich jedes Mal unter einer Decke zu verstecken.

Für den Sex, wie für alles Andere, gab es klare Anweisungen. Sie liebten sich Dienstag, Freitag und Sonntag. Nach festen Regeln und immer zur gleichen Zeit. Es musste sich vorher wie nachher geduscht werden und im Allgemeinen war ihr Liebesspiel nicht besonders kreativ. Josh war ein zuvorkommender, zärtlicher Liebhaber, dem aber leider jegliche Leidenschaft fehlte. Der Sex mit ihm war durchschnittlich, führte zum Erfolg, blieb aber selten im Gedächtnis.

Noch immer wühlte Josh im Kleiderschrank. Viola kannte seine Rituale nur zu gut. Gleich würde er nach seinen frischen Socken greifen und sie im Bad über der Badewanne ausschütteln. Er war überzeugt davon, dass Socken viel zu viele Flusen in die Luft abgaben und sie deshalb im feuchten Klima im Bad am besten gebunden werden konnten. Obwohl die Haushälterin, Frau Regler, jeden Tag zum Saubermachen kam, vermied Josh alles, was Schmutz machte.

Sie hörte ihn die Wanne sauber machen, dann seine Schritte auf der Treppe nach unten.

Endlich konnte sie sich umdrehen, die Schockstarre aufgeben.

Wie jeden Morgen legte Josh ab sofort alles daran, Krach zu machen. Er hasste es, dass Viola länger liegen bleiben konnte als er. Als Freiberuflerin hatte sie die Freiheit, erst um 9 Uhr am Schreibtisch zu sitzen um an ihren Manuskripten und Texten zu arbeiten. Die Verleger und Auftraggeber riefen selten vor 10 Uhr an und das auch nur in der Woche vor Abgabeschluss.

Josh schaltete die Kaffeemaschine ein. Das Hightech-Monster begann sofort mit seinem ohrenbetäubenden Spülvorgang, während Josh sich keine Mühe gab leise zu sein. Morgens Kaffee zu trinken, Zeitung zu lesen, ein Müsli zu essen, gehörte zu den Dingen, die er um diese Zeit für angemessen hielt. Er sagte Viola oft genug, dass es eigentlich ihre Aufgabe sei, ihm das Frühstück zu richten, den Kaffee zu kochen, und ihn an der Haustür zu verabschieden. Anständige Frauen machten das so.

„Ich bin aber nicht anständig!“, hatte Viola ihm entgegnet und versucht, es anzüglich klingen zu lassen, aber wie immer war er nicht auf ihre kleine Anspielung eingegangen.

Das Mahlwerk der Kaffeemaschine setzte sich in Gang. Wäre sie nicht schon wach gewesen, hätte es sie spätestens jetzt aus dem Bett geworfen. Viola blieb still, sie tat ihm nicht den Gefallen, am Treppenabsatz aufzutauchen. Er hätte es sowieso nicht gebilligt. Menschen in Schlafanzügen verloren Hautschuppen sowie Haare, die ihnen in der Nacht ausgegangen waren. Es war unter Strafe verboten, im Nachthemd die Küche zu betreten. Solange Viola nicht frisch geduscht und sauber angezogen war, brauchte sie ihm also gar nicht unter die Augen zu kommen. Es würde nur Streit vom Zaun brechen, und darauf hatte sie heute überhaupt keine Lust.

Von unten drangen die Geräusche des klappernden Löffels in der Müslischale sowie das Rascheln der Zeitung zu ihr hoch. Josh hatte das Haus vor 2 Jahren für sie beide gekauft. Trotz seiner Angst vor peinlichen Geräuschen gab es nur wenige Türen. Die Küche war zum Flur hin offen, von hier ging es direkt nach oben. Die offene Treppe endete vor dem Schlafzimmer. Einer der wenigen Räume mit Tür, die aber immer offen stand. Neben Bad und WC waren alle anderen Räume zum Flur hin offen.

Endlich hörte sie das Scheppern der Spülmaschine, wusste, dass Josh sein Geschirr einräumte. Auch das gehörte zu seinen Ritualen. Dann das Klackern von Schuhen auf den schiefergrauen Natursteinfliesen im Gang, schließlich die Tür, die ins Schloss fiel.

Viola schwang ihre Beine aus dem Bett. Die letzten Sekunden hatte sie die Luft angehalten. Es war ein Gefühl, in ihrer Brust aufgestiegen, das sie nicht eine Sekunde länger unterdrücken konnte. Am liebsten hätte sie geschrien. Stattdessen stand sie jetzt, so schnell sie konnte, auf. Klemmte sich, auf dem Weg nach unten, ihr schneeweißes Notebook unter den Arm.

In der Küche angekommen setzte sie zuerst die Kaffeemaschine wieder in Gang, stellte eine der großen Cappuccinotassen unter den Auslauf, drückte auf Start. Dann setzte sie sich in ihrem verwaschenen T-Shirt, das sie zum Schlafen trug, an die Kochinsel und schlug ihr Notebook auf. An Joshs Gesicht mochte sie gar nicht denken, wenn er sie dabei erwischte, wie sie in Socken, mit ungekämmten Haaren, in der Küche saß. Noch nicht einmal die Zähne hatte sie sich geputzt. Es war ihre kleine gemeine Rache für all seine Macken und Verbote.

Sie tippte im Internet den Namen einer Webseite ein und wurde schnell fündig -

Zwei Zimmer Luxuswohnung mit Garten! - Der Preis war utopisch und mit Violas kleinen Nebeneinkünften kaum realisierbar, aber das war ihre einzige Chance.

Sie musste hier weg. Heute noch! Auf der Stelle. Sie hielt es keine Sekunde länger in diesem Haus aus, keine Sekunde länger mit Josh. Es war vorbei. Der Gedanke, dass er jetzt zur Tür hereinkommen könnte, schnürte ihr die Kehle zu. Sie würde schreien, weglaufen, um sich schlagen. Alles in ihr verkrampfte sich bei dem Gedanken, ihn nur noch eine Sekunde länger ertragen zu müssen.

Nur eine Wohnung im höheren Preissegment würde sofort zur Verfügung stehen. Auf kleine bezahlbare Wohnungen wartete man Monate im Voraus und Zeit für eine Renovierung hatte sie auch nicht. Es musste schnell gehen. Jetzt. Sofort. Sie fühlte sich gehetzt, irgendwas in ihrer Brust schien ihr die Luft zu nehmen. Sie hielt es kaum noch aus. Keine Sekunde länger konnte sie mit Josh unter einem Dach leben. Sie musste weg und diese Erkenntnis trieb sie an, wie noch nie etwas zuvor in ihrem Leben.

Schnell wählte Viola die angegebene Nummer des Immobilienbüros. Es klingelte lange, dann sprang ein Anrufbeantworter an, der einen Rückruf anbot. Dafür hatte Viola keine Zeit. Sie googelte den Namen der Inhaberin: Cynthia Sullivan Immobilien. Sie fand tatsächlich eine alte Webseite, selbe Telefonnummer, aber keine weiteren Angaben. „Verflixt“, dachte Viola, suchte weiter. Was Recherche anging, war sie eigentlich gut, so schnell würde sie nicht aufgeben. Tatsächlich fand sie einen weiteren Eintrag. Der verwaiste Eintrag auf Google+ zeigte ein altes Logo, aber gehörte eindeutig zu Cynthia Sullivan Immobilien. Die Mailadresse und Telefonnummer waren gleich und endlich fand Viola, wonach sie suchte: eine Handynummer!

Mit zittrigen Fingern wählte Viola die Nummer. Unsicher, wie sie Cynthia Sullivan von ihrem Notfall überzeugen sollte, aber es war zu spät, um sich einen Schlachtplan zurechtzulegen. Frau Sullivan hatte das Gespräch bereits angenommen.

„Ja, Sullivan?“, sagte eine angenehm rauchige Frauenstimme. Viola war die Dame am anderen Ende der Leitung irgendwie sympathisch. Sie würde Erfolg haben, da war sie sich plötzlich sicher.

„Guten Tag, Frau Sullivan. Mein Name ist Viola Bergmann, ich interessiere mich für ihre Wohnung in der Blumenstraße“, versuchte Viola es im geschäftsmäßigen Ton.

Am anderen Ende war es einen Moment still. „Ich nehme an, man hat Ihnen in meinem Büro diese Nummer gegeben? Nun, es tut mir leid, aber ich kann Ihnen erst nächste Woche einen freien Termin anbieten“, sagte Cynthia Sullivan etwas bedauernd.

„Nein, Sie verstehen nicht, es handelt sich um einen Notfall. Ich brauche die Wohnung sofort!“, sagte Viola jetzt mutig und wartete einen Moment.

Als Cynthia Sullivan nicht antwortete, traute sie sich weiter vor, und begann erneut zu sprechen: „Ich muss heute noch aus dem Haus ausziehen, mein Mann, nun wir….“, sie geriet ins Stocken und wusste nicht weiter, „ich muss heute noch hier weg, bitte helfen Sie mir. Gibt es gar keinen Weg, die Wohnung noch heute anzuschauen? Ich bin mir sicher, dass ich sie nehmen werde. Die Bilder waren sehr aussagekräftig, im Grunde könnten Sie den Mietvertrag und den Schlüssel gleich mitbringen, ich bin mir sicher, dass sie mir gefallen wird. Wie gesagt es ist ein Notfall!“

Inzwischen schossen Viola kleine Tränen aus den Augen, sie hatte sich so in Rage geredet, dass sich ein dicker Kloß in ihrem Hals gebildet hatte.

Violas erstickte Stimme und der ungebremste Redefluss hatten ihre Wirkung nicht verfehlt.

„Ok, wenn es wirklich so ernst ist“,sagte Cynthia Sullivan zögernd,“schiebe ich Sie zwischen zwei Terminen ein. Können Sie um 10 Uhr hier sein?“

Solidarität

Es war nicht ganz eine Stunde später, als Viola in ihr kobaltblaues Cabrio stieg. Sie hatte geduscht, sich die Beine rasiert und eine Haarkur aufgetragen die ihre Haare glänzen ließ, wie flüssige Seide. Ihr Outfit hatte sie sorgsam ausgewählt und sich schließlich für eine Designerjeans und ihren teuren, kobaltblauen Pullover entschieden. Dazu trug sie einen braunen Ledergürtel. Sie hatte den Pullover nur vorne in die Hose gesteckt, so wie es gerade Mode war. Die hohen hellbraunen Stiefel hatten die gleiche Farbe wie ihr Gürtel und die dazu passende großformatige Handtasche. Ihre langen, dunkelbraunen Haare trug sie zu einem modischen Pferdeschwanz. Wie immer hatte sie viel Aufmerksamkeit für ihr Make-up verwendet. Auch wenn man es auf den ersten Blick kaum sah. Nudelook, war der angesagte Trend und man versuchte, möglichst natürlich zu wirken, auch wenn man Stunden im Bad zugebracht hatte. Viola war Meisterin im Schminken von glossy Make-up und den neuen Trends. Sie hatte ihr Gesicht akkurat modelliert, die Brauen spannten sich in perfekten Bögen über ihre wassergrünen Augen. Niemand würde vermuten, dass sie einen Teil der Brauen mit winzigen Strichen aufgefüllt hatte. Sie wirkte wie ein Model aus einem Modemagazin. Es war genau der Look, den sie brauchte, um Cynthia Sullivan davon zu überzeugen, dass sie sich eine Wohnung im Villenviertel und im obersten Preissegment durchaus leisten konnte.

Wie immer war Viola etwas zu früh dran. Sie rollte langsam durch die Straße und fand auf Anhieb den Eingang, der zum Haus Nummer 10 führte. Das Haus lag in einer lang gezogenen Kurve mit ausreichend Parkplätzen auf der Straße. Auf dem Gehsteig wartete bereits eine Frau, die mit ihrem wasserstoffblonden Haaren wirklich alle Klischees einer Maklerin erfüllte. Viola parkte hinter einem knallroten Cabrio, gleiches Modell und Baujahr wie ihr Wagen und musste grinsen. Sie war sich hundertprozentig sicher, dass das auffällige Cabrio Cynthia Sullivan gehörte.

Langsam stieg Viola aus, ließ sich Zeit, rückte die elegante Sonnenbrille betont langsam zurecht, griff dann in das Innere ihres Autos nach der Handtasche. Jede ihrer Bewegungen war leicht und elegant. „Du musst nach Geld aussehen“, ratterte es in ihrem Kopf, „nach viel Geld!“

Mit einem filmreifen Lächeln kam sie schließlich bei Cynthia Sullivan an, streckte ihr die perfekt manikürte Hand entgegen und übernahm direkt die Führung des Gesprächs.

„Sie müssen Frau Sullivan sein. Ich danke Ihnen, dass Sie es so kurzfristig einrichten konnten“, flötete Viola charmant und nahm schließlich die teure Chanel Brille ab.

Ihr Auftritt verfehlte seine Wirkung nicht. Die blonde Frau mit der altmodischen Hochsteckfrisur und dem viel zu knalligen, pinkfarbenen Lippenstift reichte Viola eine schlaffe Hand mit langen künstlichen Fingernägeln, die neonpink lackiert waren.

„Nun, sie kamen mir ziemlich entschlossen vor“, sagte Frau Sullivan jetzt etwas schmunzelnd und legte den Kopf leicht schief um Viola aus zusammengekniffenen Augen zu mustern.

„Wollen wir hineingehen?“, fragte jetzt Viola, die es tatsächlich kaum erwarten konnte.

„Möchten Sie sich nicht erst die Anlage von außen ansehen? Wie gefällt Ihnen die Fassade?“, versuchte es jetzt die Maklerin, und schien langsam in ihren Verkaufsmodus zu wechseln.

Viola tat ihr den Gefallen, blickte für zehn lange Sekunden auf das zweistöckige, moderne Mehrfamilienhaus, das im Stil einer Villa erbaut war. Dann gab sie ungeduldig zu verstehen, dass sie es kaum aushielt, noch länger zu warten. Cynthia Sullivan nickte nur kurz mit einem Grinsen, bat Viola dann in geschäftigen Ton, ihr zu folgen, während sie endlich auf den Eingang zuging.

Das Haus war tadellos gepflegt. Weiße Briefkästen hingen vor der großflächigen, gläsernen Eingangstür. Frau Sullivan sperrt die moderne Haustür auf und ließ Viola in einen weiß gefliesten Flur eintreten. Ein großer, glänzender Aufzug führte in die oberen Stockwerke. Die Maklerin steuerte die rechte Wohnungstür im Erdgeschoss an und schloss auf. Das Erste was Viola sah, waren die sonnig, orangefarbenen Wände im Eingangsbereich, die sie bereits auf den Bildern gesehen hatten. Ähnlich wie im Hausgang war die ganze Wohnung weiß gefliest. Es gefiel Viola, genau, wie sie es erwartet hatte. Sie wurde direkt ins Schlafzimmer geführt, das zu Straßenseite ging. Hier war eine Wand in dunklem Violett gestrichen, was Viola freudig zur Kenntnis nahm. Josh hasste Farben. Sein Haus war weiß! Weiße Wände, weiße Böden, abgewechselt von ein bisschen Schiefergrau im Eingangsbereich und im Bad.

„Das Schlafzimmerfenster geht zu Straße hinaus, ich hoffe, das stört Sie nicht“, sagte Frau Sullivan jetzt entschuldigend. „Die Fenster sind schalldicht und die Straße ist eine 30er-Zone, die kaum befahren ist. Von der Straße hören Sie nichts“, bemerkte sie jetzt im Verkaufston.

Viola sagte nichts, vielleicht konnte sie den Preis drücken, ihre Entscheidung war längst gefallen, noch wollte sie die stark geschminkte Maklerin aber zappeln lassen.

Sie gingen weiter ins Wohnzimmer, ein großer Raum von mindestens 25 qm in dem sich auch die rote, offene Küche befand, die Viola schon auf den Fotos so gut gefallen hatte. Viola ging zum großen Terrassenfenster und blickte hinaus in den herbstlichen Garten. Hier gab es nur eine Hecke, die das kaum 40qm große Rasenstück eingrenzte. Vor der Tür lagen einfache graue Platten, die die Terrasse bildeten. Es würde schön sein, im Sommer hier zu sitzen, dachte Viola und drehte sich um, um die Küche zu betrachten. Sie war zweizeilig und bestand aus buchefarbenen Schränken mit roten Lackfronten. Der vordere Teil der Küche hatte eine hohe Arbeitsplatte, die gleichzeitig als Frühstückstresen genutzt werden konnte. Es gab sogar zwei hochbeinige Stühle mit weißen Schalensitzen, die davor standen. Die Wohnung war wirklich perfekt.

Viola ließ den Blick über den Wohnraum schweifen und erlebte eine Überraschung. Das hatte sie auf den Bildern offensichtlich übersehen.

„Wow!“ Viola biss sich auf die Unterlippe. Sie bereute sofort, dass sie mit ihrer Begeisterung nicht hinter dem Berg halten konnte. An der Wand, gegenüber der Terrassentür gab es tatsächlich einen offenen Kamin mit einer weißen Holzumrandung mit einer breiten Stellfläche für Kerzen und allerhand Dekoration. Im Geiste richtete Viola die Wohnung schon ein und jetzt war sie absolut sicher, dass sie die Wohnung haben MUSSTE, auch wenn diese weit über ihrem Budget lag.

„Bezaubernd, nicht wahr?“, fragte die Maklerin, „Und das Beste ist“, fuhr sie fort und griff nach einem kleinen Kästchen auf dem Kaminsims, „dass er voll automatisch ist“. Sie drückte auf einen Knopf auf der Fernbedienung und schon züngelten leise knisternde Flammen zwischen den Holzscheiten hervor.

Viola blickte überrascht in die Flammen und trat näher an den Kamin um hinter dessen Geheimnis zu kommen.

„Gas“, meine Liebe. „Das ist das Neueste auf dem Markt. Die Holzscheite sind aus Vulkangestein und sehen täuschend echt aus. Über die Fernbedienung können Sie einstellen, wie groß das Feuer sein soll, je nach dem, wie warm Sie es gerne hätten. Drei Flammen oder fünf? Hohes Feuer oder romantisches Knistern. Das alles können Sie hier einstellen. Und das Erstaunlichste: Es macht keinen Dreck und keine Arbeit. Was sagen Sie, ist das nicht großartig?“

Cynthia Sullivan reichte ihr die Fernbedienung mit einem Lächeln. Dass die Maklerin noch so ein Ass im Ärmel hatte, hatte Viola nicht erwartet. Ihr Plan, den Preis zu drücken, war jetzt endgültig vereitelt. Sie würde ihren Bausparvertrag beleihen müssen, wenn alle Stricke reißen, dachte Viola voller Zuversicht. Ihr Sparbuch würde für ein paar neue Möbel und eine vernünftige Kaffeemaschine ausreichen. Es gab immer einen Weg, das war Violas Motto. Wenn man etwas wirklich will, dann findet man einen Weg und Viola wollte nur eins: Diese Wohnung und endlich frei sein. Sie konnte es kaum erwarten, in ihr neues Leben zu starten.

„Zeigen Sie mir bitte noch das Bad“, verlangte Viola jetzt und versuchte, ihr Pokerface wieder aufzusetzen.

„Natürlich, meine Liebe!“, das Lächeln auf Cynthia Sullivans Gesicht war geschäftsmäßig und wirkte künstlich. Sie öffnete Viola eine kleine, schmale Tür im Flur, die sich nach außen öffnete. Viola steckte ihren Kopf in den winzigen Raum.

„Zum selber Einrichten?“, fragte Viola belustigt, als sie den Kopf wieder aus dem winzigen Raum zog.

„Ha, nein meine Liebe, das ist die Abstellkammer. Ein Platz für ihren Staubsauger, Putzeimer, Vorräte. Ist das nicht hervorragend?“

„Ich könnte mir vorstellen, es als Schuhschrank zu nutzen“, sagte Viola ernst.

‚„Eine zauberhafte Idee, ein begehbarer Schuhschrank, das können nicht viele Leute von sich behaupten, einen begehbaren Schuhschrank zu haben. Das hat Stil. Das gefällt mir“, lachte die Maklerin jetzt. „Das muss ich mir direkt für meine zukünftigen Besichtigungen merken, einen Abstellraum als Schuhschrank zu verkaufen. Ein herrlicher Einstieg in ein Gespräch, finden Sie nicht?“, sie lachte jetzt ein wenig, wirkte weniger streng und angespannt.

„Hier geht es in ihr neues Badezimmer“, flötete Cynthia Sullivan jetzt und öffnete eine weitere Tür in dem weitläufigen Flur um Viola eintreten zu lassen.

Es hatte ein kleines Bild auf dem Onlineportal der Immobilienfirma gegeben. Das Bad war innen liegend, das wusste Viola bereits vom Grundriss, der ebenfalls zum Download bereitgestanden hatte. Auf dem Foto hatte das Bad mit den dunklen Fliesen klein und dunkel gewirkt, aber was sie jetzt erwartete, war eindeutig reiner Luxus. Die dunkelbraunen Bodenfliesen in der Farbe von schwarzem Kaffee harmonierten hervorragend mit den sandfarbenen, großformatigen Fliesen an den Wänden. Moderne, rechteckige Regale aus dunklem Holz bildeten den Unterbau für die beiden großen quadratischen Waschbecken, die vor einem gigantischen Spiegel hingen, der nahezu die gesamte Wandlänge ausfüllte. Ein weiteres Regal stand an der Längsseite daneben. Im Gegensatz zu den Waschtischunterbauten, die an der Wand schwebten, stand das deckenhohe Regal auf dem Boden und bot ihr ausreichend Stauraum. Die Badewanne war groß genug für zwei und hatte zwei lederbezogene Kopfpolster und in der übergroßen Raindance Dusche konnte man Fangen spielen. Viola war baff. Absolut baff. Die indirekte Beleuchtung unter den Waschtischen tauchte den Raum zudem in ein edles Licht, das dem Raum noch mehr Eleganz verlieh. Schmetterlinge tanzten in Violas Bauch. Das alles würde in wenigen Minuten ihr Reich sein. Sie konnte es kaum noch aushalten.

Der Maklerin, Frau Sullivan, war offensichtlich Violas unterdrückter Freudenschrei entgangen. Sie führte Viola in den letzten Raum, die separate Toilette. Diese stand im Luxus und Ambiente dem Bad in Nichts nach. Hier gab es ebenfalls einen dunklen Boden aus den gleichen, kaffeebraunen Fliesen wie im Bad, helle Wände in mattem weiß und eine umlaufende LED Beleuchtung, die eine Art Fries bildete und die Decke beleuchtete. Im Gegensatz zum Badezimmer hatte der Raum sogar ein winziges quadratisches Fenster, da er an der Außenwand zur Straße lag.

Viola hatte genug gesehen. Sie gingen zurück in die Küche, wo der Mietvertrag und die Schlüssel bereits auf dem Tresen lagen.

„Ich nehme die Wohnung!“, verkündete Viola feierlich und musste ein lautes Quietschen unterdrücken. Sie wäre vor Freude am liebsten laut schreiend durch die Wohnung gesprungen, aber das war in diesem Fall wohl nicht angebracht. Also versuchte sie, ruhig zu atmen und so zu tun, als wäre es für sie nichts Besonderes, einen Mietvertrag für eine Traumwohnung zu unterzeichnen.

„Gut, es freut mich sehr, dass Sie ihr erster Eindruck nicht getrogen hat“, entgegnete Cynthia Sullivan.

„Den Mietvertrag habe ich bereits ausgefüllt, wie Sie es gewünscht hatten und hier wären dann Ihre Schlüssel. Herzlichen Glückwunsch!“, die Maklerin streckte Viola ihre künstlichen langen Krallen entgegen und Viola schlug ein.

„Jetzt brauche ich nur noch Ihre Verdienstnachweise der letzten drei Monate und die Schufa Auskunft und schon haben wir es geschafft“, flötete sie geschäftstüchtig, während Viola das Herz in die Hose rutschte.

Fieberhaft suchte Viola nach einem Plan B, den es nicht gab. Sie hatte ja nicht mal einen richtigen Plan A! Um Zeit zu schinden, las sie sich den Mietvertrag betont langsam und aufmerksam durch, den Cynthia Sullivan ihr über den Tisch geschoben hatte.

„Der Garten muss gemacht werden. Falls Sie das selber erledigen möchten, würde Ihnen der Vermieter einen Nachlass gewähren. Anderenfalls würde im nächsten Frühjahr ein Gärtner beauftragt werden“, erklärte die Maklerin jetzt geschäftstüchtig. „Zudem sollten die Wände eigentlich auch neu gestrichen werden, bevor die neuen Mieter einziehen. Sie könnten sich die Farbe selber aussuchen, es sei denn, Sie verzichten auf eine Renovierung, dann kann ich noch einmal einen besseren Preis für Sie rausholen“, bot Cynthia freundschaftlich an.

„Ich mag die Farben“, antwortete Viola ehrlich,„und der Garten ist ja nicht so groß. Ich denke, das schaffe ich ohne Gärtner.“

Bevor Viola weitersprechen konnte, hatte die Maklerin bereits ihr Mobiltelefon gezückt und eine eingespeicherte Nummer angerufen. Sie gab Viola ein Zeichen, sich ruhig zu verhalten.

„Hello Mister Kleinert! Cynthia Sullivan hier!“, sie hatte ihre Stimme angehoben und klang noch schriller und überzogener als sie es sowieso schon tat. Viola fiel auf, dass sie absichtlich eine Mischung aus Deutsch und Amerikanisch sprach. Offensichtlich war es eine ihrer Maschen, genauso wie sie Viola immer wieder „meine Liebe“ genannt hatte, eine in Deutschland eher unübliche Anrede, mit der sie wohl auf ihre amerikanische Herkunft aufmerksam machen wollte.

„Stellen Sie sich vor, ich stehe hier mit ihrer zukünftigen Mieterin! Eine reizende und äußerst solvente junge Dame. Wie ich es vorausgesehen habe, müssen wir aber dringend etwas am Preis machen. Ich habe Einhundert Euro Nachlass angeboten, dafür erledigt Frau Bergmann selbst die Bepflanzung des Gartens und die Renovierung. Was sagen Sie?“

Offensichtlich war der Herr am anderen Ende der Leitung „not so amused“, wie Cynthia es gehofft hatte. Sie verdrehte genervt die Augen und betrachtete ihre falschen Fingernägel.

„Hören Sie Herr Kleinert, Sie können die Wohnung noch weitere 6 Monate leer stehen lassen, dann verlieren Sie noch mehr Geld. Sie wissen genauso gut, wie ich, dass wir im Mietspiegel an der obersten Grenze liegen. Wir hatten über 50 Besichtigungen für das Objekt. Ich bin wirklich dafür, dass wir jetzt den Sack zumachen. Frau Bergmann wird ihnen gefallen. Sie ist sicher die perfekte Mieterin und wird ihnen keinen Kummer machen.“

Sie zwinkerte Viola zu, die bereits Schweißausbrüche hatte. Wie sollte sie der Maklerin klar machen, dass sie keine Verdienstnachweise hatte? Jetzt, nachdem sich diese so für sie ins Zeug gelegt hatte?

„Gut, dann sind wir uns einig. Ich mache den Vertrag hier fertig und faxe ihn in einer Stunde an Ihr Büro. Danke Herr Kleinert, ich melde mich dann.“

Cynthia legte auf und begann mit einem Kugelschreiber den Mietvertrag zu vervollständigen. Dann reichte sie Viola den Stift.

„Falls Sie keine weiteren Fragen mehr haben, müsste ich dann los. Sie wissen ja, dass ich Sie nur eingeschoben habe, und jetzt läuft mir wirklich langsam die Zeit davon. Es tut mir schrecklich leid. Haben Sie die Schufa-Auskunft unterschrieben? Die Verdienstnachweise könnten Sie mir auch morgen im Büro vorbeibringen, falls Sie heute nichts dabei haben“, die Maklerin lächelte gewinnend.

„Ich könnte Ihnen gerne die Miete für ein Jahr im Voraus bezahlen, wenn Sie Angst haben, Ihr Geld nicht zu bekommen“, versuchte es Viola. Es war ihre einzige Chance, das würde zwar ihre gesamten Ersparnisse aufbrauchen, aber eine bessere Idee hatte sie im Moment nicht. Cynthia Sullivan zog interessiert eine Augenbraue in die Höhe.

„OK, lassen Sie mich raten, Sie leben in Scheidung und hoffen auf die Unterhaltszahlungen Ihres Mannes?“, fragte Cynthia etwas überrascht.

„Nein, ich bin Freiberuflerin. Ich weiß, dass Sie das nicht so gerne hören. Darum kann ich auch keinen Verdienstnachweis bringen. Ich kann Ihnen einen Auszug aus meinem Bausparvertrag anbieten oder meinem Sparbuch, ich zahle gerne die Miete für ein Jahr im Voraus, aber bitte geben Sie mir diese Wohnung. Ich bin wirklich in einer schwierigen Situation und Sie sind gerade meine letzte Hoffnung. Sicher würde mein Vater auch für mich bürgen, wenn das notwendig sein sollte“, versuchte Viola es flehend.

„Ich habe nichts gegen selbstständige Frauen, ich bin selber eine“, lachte Cynthia Sullivan. „Machen Sie sich keine Gedanken, wenn die Schufa-Auskunft passt, dann ist alles ok. Ansonsten müssten wir uns noch einmal zusammensetzen. Das bekommen wir schon in den Griff. Wir Frauen müssen doch zusammen halten!“, sie zwinkerte Viola zu, griff nach ihrer Tasche und dem unterzeichneten Mietvertrag und war im nächsten Moment schon aus der Tür verschwunden.

Marathon

Viola stand in ihrer ersten eigenen Wohnung und konnte ihr Glück kaum fassen. Sie stand noch immer an Ort und Stelle, blickte der Maklerin nach, die schon längst die Wohnung verlassen hatte. Einer plötzlichen Eingebung folgend, ging sie zum Fenster und sah Cynthia Sullivan gerade noch wegfahren. Endlich konnte Sie ihrer Freude Luft machen und sprang mit ausgebreiteten Armen durch die Wohnung und schrie wie ein kleines Mädchen, das ein Pony geschenkt bekommen hatte. Ja, das war definitiv die beste Entscheidung ihres Lebens, da war sich Viola sicher. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es bereits kurz vor 11 Uhr war. Sie hatte einen Umzug zu organisieren, und das war gar nicht so einfach. Im Haus war derzeit noch Frau Regler beschäftigt, sie konnte die Termine also nicht von Zuhause aus organisieren. Frau Regler kam jeden Tag vorbei. Sie hatte den Auftrag, täglich die Böden zu wischen, die Bäder und Toiletten sowie die Küche zu putzen. Donnerstags blieb Frau Regler immer länger und machte die Wäsche, wusch alle Türen und Heizkörper ab, neben der üblichen Grundreinigung wie Staubwischen und Bettenbeziehen, das zweimal die Woche zu ihren Aufgaben gehörte. Josh mochte es gründlich und sauber und er überließ nichts dem Zufall. Alles war akribisch geplant. Es gab für jeden Tag einen ausgearbeiteten Putzplan, abgesehen davon, dass er selber eigentlich nie Dreck machte und sogar jeden Morgen das Spülbecken mit einem Küchenkrepp auswischte, nachdem er es benutzt hatte.

Zuhause, Viola ließ das Wort einen Moment auf sich wirken. Das hier war jetzt ihr Zuhause. Sie war hier zuhause. Noch gab es keinen Tisch und kein Bett um darin zu schlafen, aber in Kürze würden hier ihre Sachen stehen. All die liebenswerten Kleinigkeiten, die sie so liebte und die Josh alle nicht in seinem Haus hatte haben wollen. Ein Großteil ihres Hausstands stand in Kisten verpackt im Keller, was es ihr jetzt nur umso leichter machte, auszuziehen. Sie würde nicht viel zu packen haben. Die sechseckigen Sektgläser, die sie von ihrer Mutter zum Einzug bekommen hatte, die großen braunen Cappuccinotassen, die sie sich zum Geburtstag gewünscht hatte und die Josh, „billig“ fand. Ihre Bücher, den altmodischen weißen Sekretär. Sie freute sich schon darauf, wenn alle ihre Sachen hier waren. Ihr altes Sofa stand ebenfalls im Keller. Ein kleines weißes Zweisitzer-Sofa mit abnehmbaren Bezug und Bettfunktion. Darauf würde sie die erste Zeit schlafen. Ihre hellen Möbel würden perfekt in den lichtdurchfluteten Raum passen und Viola konnte es kaum erwarten, ein Umzugsunternehmen zu engagieren. Voller Vorfreude zückte sie ihr Handy und suchte nach geeigneten Anbietern. Der erste Treffer war die Umzugsfirma „Ruckzuck“ und Viola hoffte, dass der Name Programm war, und wählte die angegebene Nummer. Auf der Homepage war zu lesen, dass sie einen „Rundumservice“ mit Verpackung des gesamten Hausrates anboten, genau das Richtige für Viola. Erwartungsgemäß meldete sich schon nach dem zweiten Klingeln eine freundliche Dame. Ruckzuck eben, dachte Viola und war bester Laune.

„Guten Tag, mein Name ist Bergmann, ich bräuchte ein Umzugsunternehmen für heute Nachmittag, hätten Sie da noch einen Termin frei?“, fragte Viola hoffnungsvoll.

Am anderen Ende der Leitung war es erst still, dann begann die Dame am anderen Ende zu lachen.

„Heute Nachmittag? Lassen Sie mich sehen - NEIN!“, sagte sie sarkastisch und war plötzlich gar nicht mehr so freundlich. „Hören Sie, wir haben Termine bis sechs Wochen im Voraus. Ist das hier einer dieser Scherzanrufe oder was?“, jetzt klang sie wirklich genervt und Violas gute Laune war auf der Stelle verflogen.

„Entschuldigung! Ich wusste nicht, dass die Wartezeiten so lange sind“, etwas Anderes fiel Viola im Moment nicht ein, darum verabschiedete sie sich knapp und legte auf. Das nächste Unternehmen warb auf seiner Homepage ebenfalls mit einem Einpackservice, und kurzfristigen Terminen. Das klang doch gut. Viola tippte auf den Button, um direkt anzurufen.

„Fa. Schmellinger, Umzüge aller Art, was darf ich für Sie tun?“, flötete ein sehr junges Mädchen ins Telefon. Diesmal war Viola cleverer.

„Guten Tag, ich suche ein Umzugsunternehmen, allerdings bräuchte ich Sie wirklich kurzfristig. Nämlich quasi heute“, druckste Viola vorsichtig herum.

„Oh?“, die junge Dame am anderen Ende schien überrascht. Offensichtlich kam es nicht besonders häufig vor, dass Kunden von jetzt auf gleich umzogen, schoss es Viola durch den Kopf.

„Für heute? Das tut mir sehr leid, aber so kurzfristig kann ich Ihnen keinen Wagen anbieten. Nächste Woche Mittwoch hätte ich zwei Leute frei, wenn Sie noch so lange warten könnten? Ist es denn viel? Aus wie vielen Quadratmetern ziehen Sie um? Muss eine Küche ausgebaut werden? Und wie groß ist der Haushalt?“, fragte das Mädchen jetzt geschäftstüchtig.

Hoffnung keimte in Viola auf, das war es! Sie hatte doch bestenfalls nur ein paar Kartons, das konnte man sicher einschieben. Vielleicht lag es sogar auf dem Weg, zu einer anderen Tour überlegte sie.

„Na ja, ich ziehe bei meinem Freund aus, mir gehört nicht viel im Haus, es handelt sich nur um ein paar Kartons, Kleider und ein kleines Sofa“, sagte Viola freundlich, und war sich fast sicher, dass die junge Angestellte irgendwo eine Lücke in den Terminen fand, um ihre wenigen Habseligkeiten zu transportieren.

„Dann ist der kommende Mittwoch perfekt, ich kann Ihnen zwei Mann schicken und der Kleinlaster mit 3,5 Tonnen ist auch frei. Das würde gehen. Darf ich Sie eintragen?“

Violas gute Laune sank auf den Nullpunkt.

„Nein, danke, ich suche weiter, ich muss wirklich heute hier weg. Danke für Ihr Angebot.“

Das nächste Unternehmen in der Liste hieß „Franz Heinzelmann - Spedition und Umzüge“ der kleine Fuhrunternehmer hatte keine Homepage, lediglich eine Mobiltelefonnummer. Viola wählte, inzwischen mit deutlich weniger Erwartung. Es dauerte lange, bis ein alter Mann mit kratziger Stimme und starkem Dialekt ans Telefon ging.

„Heinzelmann hier!“, blökte er ins Telefon und es klang alles andere als freundlich.

„Viola Bergmann, guten Tag. Ich suche eine Spedition, die mir heute noch ein paar Umzugskartons transportieren kann. Hätten Sie evtl. einen Termin frei?“

Der alte Heizelmann hustete in das Telefon, dann hörte man ein Rascheln in der Leitung und Wind pfiff in die Sprechmuschel.

„Na, also Fräulein, heit werd des nix mehr, Madla. Mir fahrn ja bald bloß no Waschmaschiner und Kühlschränk, ich mach ja privat gar nix mehr. Elektronik, weiße Ware, des liefern mir aus. An Umzuch hammer seit 10 Jahr nimmer g´fahrn. Da sanns bei mir falsch junge Frau“, Viola hörte noch ein lautes Schnauben, dann ein genuscheltes „Vergelt´s Gott“, und dann hatte der Herr Heinzelmann aufgelegt.

Es war gut, dass in der Wohnung zumindest zwei Stühle standen. Sie plumste resigniert auf den einen und legte den Kopf in die Hände. Verdammt! Sie war sich irgendwie sicher gewesen, dass sie heute alles schaffen konnte, aber da hatte sie sich wohl getäuscht.

Ihre anfängliche Euphorie wich einer tiefen Ernüchterung. Was, wenn das alles hier eine riesige Schnapsidee war?

Vielleicht sollte sie mit Joachim reden, anstatt einfach abzuhauen? Er hatte es nicht verdient, dass Viola sich aus dem Haus stahl, als müsste sie vor ihm fliehen. Sie konnten reden. Und dann hätte sie Zeit. Und dann? Wo würde sie heute Nacht schlafen? In Joachims staubfreien Wohnzimmer auf dem Sofa? Nie würde Joachim erlauben, dass sie auf dem Sofa schlief! NIE! Nicht weil er sich um ihren Rücken sorgte. Nein, es waren zu viele Hautschuppen, die sie verlieren würde, zu viele Haare, zu viele Flusen durch den Schlafanzug und, und, und.

Wie oft hatten sie schon versucht zu reden? Wie oft? Viola erinnerte sich an den Morgen nach dieser unglaublichen Nacht, den Morgen, nachdem sie den heißesten Sex aller Zeiten gehabt hatten. Viola hatte mit ihm darüber reden wollen. Aber Josh war nur ausgewichen. Er hatte sie wie ein kleiner Junge angesehen und mit zartem Kinderstimmchen gesagt: „Ich weiß nicht, was du meinst, ich habe gar nichts gemacht“. Für einen Moment hatte Viola versucht, auf sein Spiel einzugehen. Aber es wurde nur immer peinlicher. Josh war nicht in der Lage über Sex zu reden. Selbst dann nicht, wenn er ihr, so wie in dieser Nacht, sprichwörtlich die Grütze aus dem Hirn gevögelt hatte.

„Ich kann nicht zurück, niemals!“, flüsterte Viola leise vor sich hin. Tränen rollten ihr über die Wangen, sie wollte das alles nicht mehr, sie ertrug es nicht mehr. Es war aus und vorbei und sie wollte ihm nicht mehr unter die Augen treten. Die Gewissheit, dass er wieder diesen wirren Blick bekommen würde, der sie so sehr erschreckte. Dieser Blick, den er immer aufsetzte, wenn fremde Menschen zu ihm in den Fahrstuhl einstiegen. Diesen Blick, den er angeblich von seinem Hund gelernt hatte und der ihn wachsam machte. Dieser total verrückte Ausdruck in seinen Augen, der Viola Angst machte. Nein, sie konnte ihm das nicht ins Gesicht sagen. Sie konnte nicht in seiner Nähe sein und zusehen, wie sein Gesicht den Ausdruck der tiefen Verletzung annahm. Sie konnte seine Tränen nicht ertragen und nicht den Hass, den er ihr entgegenschleudern würde. Sie hatte das alles schon mal erlebt. Damals, als sich Joshs Freundin Klara sich von ihm getrennt hatte. Klara hatte zahlreiche Affären unterhalten, und als Josh schließlich dahinter kam, stand er vor Violas Tür um sich auszuheulen. Nie würde sie vergessen, wie viel Angst ihr sein verrückter Blick damals gemacht hatte. Nie würde sie vergessen, welche Angst sie gehabt hatte, als seine Enttäuschung von einer Sekunde auf die andere in tiefen Hass umgeschlagen war und Formen angenommen hatte, die Viola nie für möglich gehalten hatte.

Josh hatte Pläne gehabt Klara und ihren Liebhaber zu töten und hatte sich groteske Szenarien ausgedacht. Dass sich Viola trotzdem in ihn verliebt hatte, war wohl dem Umstand geschuldet, dass ihr damaliger Freund Markus ähnlich untreu wie Klara war und sie in Josh einen Verbündeten gesehen hatte. Es war ein riesen Fehler gewesen, sich in diese Beziehung zu stürzen, das wusste Viola heute.

Das Smartphone lag noch immer vor ihr auf dem Küchentresen. Viola drückte auf den Knopf. Die Liste mit den Umzugsunternehmen aus der Umgebung war noch offen. Die einzige Nummer, die sie noch nicht angerufen hatte, war: Andreas Kallenbacher - Umzüge aller Art.

Viola fasste Mut, versuchte nicht zu verzweifeln und wählte die Nummer. Während es klingelte, überschlug sie im Kopf die Menge an Kartons, die sie brauchte. Andreas Kallenbacher meldete sich nach dem zweiten Klingeln. Seine Stimme war ruhig, nett und freundlich.

„Viola Bergmann hier, Herr Kallenbacher, ich hoffe Sie können mir helfen, ich bin wirklich in einer Notlage und bräuchte jemand, der mir ca. 20 Kartons und eine kleine Couch transportieren kann. Ich weiß, dass es verdammt kurzfristig ist, aber es sind wirklich nur ein paar Kartons und ein Sofa und es ist wirklich dringend. Denken Sie, Sie könnten mir irgendwie helfen?“, die freundliche, warme Stimme von Andreas Kallenbacher hatte ihr Mut gemacht. Vielleicht gab es ja doch noch Hoffnung.

„Ähm? Sie reden von heute, wenn ich Sie richtig verstehe?“, fragte Herr Kallenbacher und sein Tonfall sagte Viola, dass sie verloren hatte. Sie konnte nur resigniert mit dem Kopf nicken und ein kleinlautes „Hm“ hervorpressen. Mühevoll unterdrückte Viola die Tränen, als sie weitersprach.

„Ich weiß ich hätte rechtzeitig einen Termin buchen sollen, aber heute Morgen wusste ich ja selbst noch nicht, dass ich bei meinem Freund ausziehen muss. Ich weiß einfach nicht mehr was ich machen soll, ich muss aus der Wohnung raus und niemand will mir helfen, ich weiß nicht wie ich das alleine schaffen soll! Alle Umzugsfirmen sind ausgebucht“, tatsächlich schossen ihr, wie schon einmal am heutigen Tag, die Tränen aus den Augen. „Bitte Herr Kallenbacher, helfen Sie mir“, flehte Viola jetzt wirklich verzweifelt, was seine Wirkung nicht verfehlte. Herr Kallenbacher wurde erst ganz still, dann hörte sie, wie er lange und tief einatmete.

„Also, habe ich das richtig verstanden? Sie ziehen bei ihrem Freund aus? Und es sind wirklich nur Kartons zu transportieren. Keine Küche, keine Waschmaschine oder ein Kleiderschrank?“

„Nur ein paar persönliche Sachen. Ein paar Gläser, Kleider, Bücher und ein winziges Sofa, damit ich heute Nacht irgendwo schlafen kann“, antwortete Viola verheult.

„Und Sie brauchen Kartons, oder?“

„Das wäre gut!“

Viola hielt die Luft an vor Spannung.

„Ok, ich gebe Ihnen jetzt die Nummer von meinem Schwager, der ist zwar Bauunternehmer, aber ich habe kein Auto frei. Rufen Sie ihn an und sagen Grüße von mir. Ich kann ihm zwei Mann bereitstellen und er kann die Kartons bei mir abholen. Beten Sie, dass er Zeit hat. Er fährt hin und wieder einen kleinen Auftrag für mich.“

Thomas Hofer, war ein einfacher Mann mit einer kräftigen, freundlichen Stimme. Er hatte sich am Telefon mit „Thomas“ gemeldet und auf der Stelle zugesagt. Thomas hatte nicht viele Fragen gestellt, er hatte sich Violas Adresse geben lassen und nach dem Umfang des Haushaltes gefragt. Sie hatten sich für 14 Uhr am Haus verabredet und Viola konnte es nicht glauben, dass sie tatsächlich so kurzfristig ein Transportunternehmen gefunden hatte. Andreas Kallenbacher hatte ihr geholfen. Es gab nicht viele Menschen, die das gemacht hätten. Viola nahm sich vor, Herrn Kallenbacher in Kürze, persönlich zu besuchen und für seine Mannschaft eine Kiste Bier und eine Brotzeit springen zu lassen. Das war wirklich großartig. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es inzwischen beinahe zwölf war. Sie konnte also nach Hause fahren. Nach Hause, da war es wieder, diese Wort, das so gar nicht mehr zu dem Ort passte, an dem zwar ihre Sachen standen, aber an dem sie nicht mehr leben wollte.

Das Haus in der Lärchensiedlung lag still und verlassen da. Frau Regler, die Haushaltshilfe, war längst gegangen und Viola konnte endlich in Ruhe ihre wenigen Habseligkeiten zusammensuchen. Viola parkte ihr Cabrio in der Einfahrt, dann konnte sie später schneller verschwinden. Rasch ging sie ins Haus, zerrte voller Ungeduld ihre Sporttasche und zwei kleinere Reisetaschen aus der Abstellkammer und raste nach oben. Bevor die Umzugsleute kamen, wollte sie ihre persönlichen Sachen verstauen. Im Schlafzimmer riss sie deshalb zunächst all ihre Dessous aus den Schubladen und stopfte sie in eine der Reisetaschen. Viola hatte Wäsche in allen Farben. Teure Dessous aus französischer Spitze und edler Seide, aber nichts davon hatte Josh nur einziges Mal gewürdigt. Er war viel zu verklemmt gewesen um einen Kommentar zu ihrer Aufmachung abzugeben und Viola hatte es bald aufgegeben, sich für ihn chic zu machen. Er bevorzugte Sex sowieso im Dunkeln, da war es ganz egal, was sie dabei anhatte. Sie achtete darauf, die edlen Teile nicht zu sehr zu verknittern, auch wenn sie es eilig hatte. Dann kam das Badezimmer dran. Viola räumte alle Duschgels, Shampoos und ihre gesamte Kosmetik in eine weitere Reisetasche. Ihr Make-up war schon immer in einem riesigen, professionellen Alukoffer verstaut, was sich jetzt als ungemein praktisch erwies. Sie eilte zurück ins Schlafzimmer, nahm ihren großen Reisekoffer aus dem Wandschrank und begann ihre Pullover und Hosen in den Koffer zu packen. Schnell war dieser jedoch randvoll und sie musste sich eingestehen, dass sie doch einige, der von Herrn Hofer angebotenen, Kleiderkartons brauchen würde. Nachdem sie alle ihre Taschen gepackt hatte, eilte Viola ins Arbeitszimmer und begann mit Post-its die Schränke zu bekleben, so wie Herr Hofer sie gebeten hatte. Das würde das Kistenpacken gleich leichter machen. Also lief sie jetzt von einem Zimmer ins nächste und suchte die wenigen Dinge, die ihr gehörten, zusammen. Es war nicht viel. Im Bad war sie fertig. Im Schlafzimmer klebte sie an die linke Schranktür einen Zettel auf dem KLEIDER stand. Im Arbeitszimmer gehörte ihr genau eine Reihe Bücher. Sie klebte ein Post-it an den Regalboden und malte einen Pfeil nach unten darauf, damit die Männer nicht die falschen Bücher einpackten. Ihr Schreibtisch musste mit, das hatte sie Herrn Hofer zum Glück schon am Telefon gesagt. Er schien nicht sonders beeindruckt. Er hatte Zeit, ein freies Auto und sein Schwager stellte ihm zwei Männer zur Verfügung. Mehr hatte ihn nicht interessiert. Das Viola am Telefon vor Erleichterung geweint hatte, war sicher auch mit ein Grund dafür, dass Herr Hofer ihr keinen Wunsch abschlagen konnte.

Violas Schreibtisch war zudem nur ein schmaler, moderner Sekretär, der zwar romantisch verschnörkelt war, aber in Wahrheit aus einfachem Holz bestand und nicht besonders schwer war. Zur Not konnte sie ihn alleine die Treppe runter tragen. Auch er bekam ein Post-it, genauso wie ihr weißer Schreibtischstuhl. Violas Laptop war schon seit dem Vormittag in ihrem Kofferraum, dort würde er auch bleiben. Schnell verteilte sie weitere der kleinen gelben Klebezettel im Haus. Es war Viola noch immer ein Rätsel, dass jemand mit dieser so simplen Idee Geld machen konnte. Warum war ihr nur nicht so etwas Geniales eingefallen? Dann wäre sie jetzt Millionärin, sinnierte sie vor sich hin.

Sektgläser, schreib Viola auf den nächsten Zettel und klebte ihn an die polarweiße Hochglanzfront des Küchenoberschrankes. Sie wollte sich Joshs Gesicht gar nicht erst vorstellen. Sie konnte förmlich hören, wie er zu toben anfing, dass man die Kleberreste auf den Schränken nie mehr abbekam, was natürlich völliger Unsinn war, da sie sich rücktandslos ablösten. Zettel mit der Aufschrift: Gewürze, Töpfe links, Kochbücher, Vorräte und Tupperdosen, folgten. Die Einzelteile aus den Schränken stellte Viola in die Mitte der Kochinsel, wie auch ihr Besteck, das sie aus Joshs Besteckkasten aussortierte. Als es an der Tür klingelte, war Viola bereits mit der Beschriftung der Küche fertig.

Thomas

Thomas Hofer war ein großgewachsener Mann mit hellen, kurz geschnittenen Haaren und einem sympathischen Drei-Tage-Bart. Das Auffallendste an Thomas Hofer waren jedoch seine leuchtenden blauen Augen. Aus diesen strahlte er jetzt Viola an, die wie vom Donner gerührt in der Tür stand und in eben diese blauen Augen starrte. Viola hatte einen grobschlächtigen Bauarbeiter erwartet. Was ihr jetzt jedoch gegenüberstand, war ein Adonis, wie man ihn selten fand. Der Mann im roten Holzfällerhemd mit den kräftigen Oberarmen gefiel ihr und war ihr auf Anhieb sympathisch.

„Thomas Hofer, ich glaube, wir haben einen Termin!“, sagte er lächelnd und reichte ihr eine große warme Hand, die Viola am liebsten nicht mehr losgelassen hätte. Alles an diesem Händedruck war tröstlich und warm. Viola wünschte sich mit einem Mal, dass sie nur einmal am heutigen Tag jemand in den Arm nahm und ihr sagte, dass alles gut werden würde und dass sie das Richtige tat.

„Nennen Sie mich Tom!“, sagte der blonde Hüne mit den strahlenden Augen jetzt freundlich.

„Viola, freut mich“, sagte Viola ehrlich. Diesen Mann schickte der Himmel.

„Danke, dass Sie mir helfen, Tom, ohne Sie wäre ich aufgeschmissen.“

„Leider haben wir nicht viel Zeit, aber das wird schon, machen Sie sich keine Sorgen, ok?“, er sah ihr tief in die Augen. Irgendetwas Tröstliches lag in seinem Blick. Dieser große und starke Mann, gab Viola das Gefühl, dass tatsächlich alles gut werden konnte und das machte ihr Mut. Er war kräftig genug, um das Haus alleine auszuräumen, aber glücklicherweise musste er das nicht. Hinter ihm erschienen zwei Männer, die von der Laderampe des kleinen LKWs kletterten und Kartons ausluden. Der erste hatte das Haus erreicht und putzte sich lange und umständlich die Schuhe ab.

„Das sind Vladi und Marek, kommt schon rein Jungs, wir haben nicht ewig Zeit“, stellte er die Mannschaft vor und trieb sie zur Eile an. Vladi und Marek hatten beide mehrere zusammengefaltete Umzugskartons unter dem Arm und blieben unschlüssig vor der Tür stehen. Viola führte die Männer mit dem osteuropäischen Akzent ins Haus. Sie grüßten freundlich, schienen aber sonst nicht viel zu reden. Für einen Moment war es komisch mit drei wildfremden Männern im Haus zu sein. Was wenn sie zu einer Verbrecherbande gehörten und sie ausraubten? Für Zweifel war es jetzt aber leider zu spät. Tom sah sich anerkennend im Haus um und verteilte dann die Arbeit.

„OK, Vladi, du bleibst in der Küche und packst die Sachen ein. Marek kommt mit mir und holt das Sofa, das laden wir zuerst ein. Zeigen Sie uns bitte den Weg, Viola?“

Viola nickte nur stumm und führte die beiden Männer dann in den Keller, dort zeigte sie Tom das kleine alte Sofa, das in ihrer ersten Wohnung gestanden hatte und das sie so sehr liebte. Außerdem zeigte sie den Männern die Kartons mit den Büchern und dem Geschirr, das sie nie hatte benutzen dürfen und das seit Jahren darauf wartete, ausgepackt zu werden. Bei Ihrem Rundgang fand sie zudem einen alten Schuhschrank und einen Garderobenhaken, den sie auch mitnehmen wollte. Während die Männer das Sofa nach oben trugen, ging Viola weiter in die Waschküche. Hier waren noch einige ihrer Pullover auf der Leine, Viola nahm sie ab und legte sie in einen leeren Wäschekorb. In der Wäschetonne fand sich noch eins ihrer T-Shirts und eine Jeans. Keine besonders große Ausbeute. Joshs Wäschesäcke standen in einer Ecke, und warteten darauf gewaschen zu werden. Eine seiner weiteren Macken! Keiner dufte seine Schmutzwäsche anfassen. Seine dreckigen Socken und Unterhosen sammelte er in Wäschenetzen und wusch sie selber. Seine Angst, jemand könnte irgendetwas riechen, was ihm peinlich war, war so groß, dass es unter Strafe verboten war, seine Sachen zu waschen, solange er nicht das OK gegeben hatte. Akribisch sortierte er die Kleidung, die durch den Wäscheschacht nach unten abgeworfen wurde und selbst Frau Regler war es verboten, seine Unterwäsche anzufassen, selbst wenn diese gewaschen war.

Viola warf einen kurzen Blick in den Raum. Ihre Kleidungsstücke hatte sie ordentlich in den Wäschekorb gestapelt. Auf den Regalen standen große Mengen unterschiedlicher Waschpulver und Weichspüler. Viola nahm sich eine Flasche Vollwaschmittel und eine von dem Feinwaschmittel und legte sie zu sich in den Korb. Sie brauchte noch Geschirrtabs und Salz, das durfte sie nicht vergessen. Mit dem Waschkorb in der Hand ging sie deshalb nach oben in die Küche. Auf der Treppe begegneten ihr Tom und Marek, die im Keller bereits fertig waren und nach ihr gesucht hatten. Tom nahm ihr den Korb aus der Hand.

„Ist das alles?“, fragte er, als er merkte, wie leicht der Korb war und Viola musste grinsen.

„Nein, im Schlafzimmer sind noch jede Menge Kleider, aber ich wollte erst mal oben noch Putzmittel einpacken, sonst vergesse ich das“, sagte sie fröhlich.

„Gut, dann macht Marek das Arbeitszimmer und Sie zeigen mir bitte die Kleider. Vladi ist auch schon fertig, er kann vielleicht im Wohnzimmer weitermachen“.

Gemeinsam gingen sie in die Küche, wo Viola Geschirrtabs, Salz nebst Klarspüler einpackte und im Schnelldurchlauf die Schränke inspizierte. Vladimir hatte gute Arbeit geleistet und die gewünschten Sachen fachgerecht verpackt.

„Zettel hab ich abgemacht“, sagte Vladimir jetzt und strich zärtlich mit der Hand über die Oberflächen, um zu testen, ob Klebereste übrig geblieben waren. Dann lehnte er sich vor, um gegen das Licht zu blicken.

„Sieht man nix, alles gut!“, sagte er und Viola musste sich ein boshaftes Grinsen verkneifen. Die Vorstellung, von Joachims Gesicht, wenn er beobachtet hätte, wie Vladimir, der kleine Pole mit den ungepflegten langen Haaren, der beim Lachen einige schwarz verfärbte Zähne zeigte, mit seinen schwieligen, dreckigen Händen über seine Küchentüren wischte, löste in Viola um ein Haar einen Lachkrampf aus.

„Hast du die Kartons beschriftet?“, Thomas schnappte sich den ersten Karton, blickte hinein und schloss schließlich den Deckel.

„Hier, ich überall KUCHE geschrieben!“, sagte Vladimir pflichtbewusst. Tatsächlich stand auf allen Kartons in großen Lettern „KUCHE“ und schon wieder musste Viola lächeln. Vladimir war irgendwie süß. Viola mochte ihn von Anfang an.

„Gut, Vladi. Dann bring bitte die Kartons ins Auto und komm dann mit nach oben, wir haben noch einen Schreibtisch zum Runtertragen“, bestimmte Thomas und blickte auf die Uhr.

Im Schlafzimmer angekommen, zeigte Viola den Männern die linke Schrankhälfte mit ihren Kleidern.

„Das ist alles?“, Thomas blickte auf die leeren Schrankböden und schien sich zu wundern.

„Ich habe schon ein paar Sachen in den Koffer gepackt“, verteidigte sich Viola.

„Das erklärt Einiges! Sie wären die einzige Frau, die zwei Regalböden in Ihrem Kleiderschrank hat, die ungenutzt wären“, grinste er frech.

Viola ging lachend auf seine kleine Stichelei ein, „keine Angst, ich bin ganz normal!“

Marek hatte inzwischen einen der praktischen Kleiderkartons mit der integrierten Aufhängung zusammengebaut und Thomas machte sich sofort daran, die Sachen auf den Bügeln in den Karton zu hängen. Es ging ruckzuck und Viola war total begeistert. Wenn sie die Kartons behalten konnte, würden diese ihr in der Anfangszeit den Kleiderschrank ersetzen. Das war ungemein praktisch. Vladimir kam die Treppe hoch und brachte noch weitere der tollen Kleiderkartons.

„Wo ist Schreibtisch?“, fragte er und schien voll motiviert.

Viola führte Thomas und Vladi in ihr Arbeitszimmer, wies auf die Regalreihe hin, mit ihren wenigen Büchern und zeigte den schmalen Sekretär.

„Ich schaff‘ alleine Cheffe!“, sagte Vladi und Thomas und Viola gingen direkt wieder nach nebenan, um Marek mit den Kleidern zu helfen.

„Das nur Kleider!“, stellte Marek trocken fest. Es war das erste Mal, dass der schüchterne Pole etwas zu Viola sagte. Ähnlich wie Vladimir, hatte er viel zu langes, braunes Haar, das ihm in die Augen fiel und schiefe Zähne, die an manchen Stellen schwarz verfärbt waren. Trotzdem war er Viola sympathisch. Sie mochte die beiden Männer, die höflich und grinsend durchs Haus eilten und äußerst sorgsam ihren Hausrat verpackten. „Wo ist Rest? Schuhe, Handtaschen, Jacken, Schmuck“, fragte er jetzt und riss die Arme in die Höhe um einen großen Haufen anzudeuten, und Viola war sich sicher, dass er vor allem auf die Menge an Schuhen anspielte, die eine Frau normalerweise besaß.

„Unten im Eingangsbereich“, sagte Viola und es war ihr etwas peinlich. Tatsächlich hatte sie eine Menge Schuhe. Eine große Menge Schuhe! Und zum ersten Mal war sie froh darüber, dass sie ihre Pumps immer in den dazugehörigen Kartons aufbewahrte. Das war ihre kleine Macke. Sie stellte die teuren Abendschuhe nicht zur Schau, sondern beließ sie in ihrem Seidenpapier, sicher verpackt, wo sie weder verstauben, noch verkratzt werden konnten.

Belustigt trug Marek die großen Kleiderkartons nach unten. Viola folgte ihm mit einer der Reisetaschen. Thomas trug schließlich den großen Koffer und ihre prall gefüllte Sporttasche mit den Kosmetikartikeln. Vladi bildete den Schluss der Truppe mit einem Bücherkarton. Nachdem sie alles auf der Laderampe abgestellt hatten, machte Vladi sich daran, die Kartons platzsparend und kippsicher einzuschlichten. Marek und Viola gingen zurück ins Haus und inspizierten den großen Einbauschrank im Eingangsbereich, in dem sich Violas Schuhe, Handtaschen, Jacken und Mäntel befanden. Inzwischen hatte auch Viola verstanden, wie die Kartons zusammenzufalten waren und steckte die ersten Schachteln zusammen, die Marek sofort mit Schuhen belud. Thomas kam zurück ins Haus, schnappte sich einen leeren Karton und packte Viola vorsichtig am Arm.

„Das schafft Marek alleine. Zeigen Sie mir lieber, was im Wohnzimmer noch fehlt“, damit schob er sie sanft in den nächsten Raum.

Eigentlich gehörte alles hier Josh. Seine Science-Fiction-Romane, seine CDs, auf welchen sich ausschließlich Rockmusik befand und seine hässliche Figurensammlung von Superhelden.

„Ich glaube, hier brauche ich gar nichts“, sagte Viola, öffnete ein paar Schranktüren, nur um sie direkt wieder zu schließen. Hier waren seine Action- und Rollenspiele, nichts was Viola interessierte.

„Gut, dann lasse ich einen Karton hier und trage den Rest aus dem Schlafzimmer runter“, sagte Thomas und war schon aus der Tür verschwunden.

Viola blieb einen Moment im Raum stehen, blickte sich unschlüssig um. Hier gab es tatsächlich nicht ein Teil, das ihr gehörte. Sie inspizierte das CD-Regal, überlegte, was davon ihre CDs waren. Aber sie konnte nur eine Einzige finden: Dire Straits - Alchemy. Viola hatte die CD zum Geburtstag bekommen und sich gewundert, warum Josh sich ausgerechnet für Dire Straits entschieden hatte. Nicht dass sie Mark Knopfer und seine Band nicht schätzte. Aber Viola hätte einigen anderen Musikern durchaus den Vorzug gegeben. Auf Violas Nachfrage, warum er ihr ausgerechnet Dire Straits geschenkt hatte, antwortete Josh: „Das war das Einzige, was dir gefällt, was man sich anhören kann“. Nie würde Viola vergessen, wie enttäuscht sie gewesen war. Nie würde sie vergessen, wie sehr sie mit den Tränen gekämpft hatte. Es war IHR Geburtstag! Nicht nur, dass er sie beleidigte, nein er gab offen zu, dass er ihr kein Geschenk machte, um ihr eine Freude zu machen, sondern dass ER etwas aussuchte, was IHM gefiel. Es war niederschmetternd gewesen. Viola nahm die CD aus dem Regal und trug sie in die Küche und versenkte sie lautscheppernd im Mülleimer. Frau Regler hatte alle Abfallbehälter des ausziehbaren Müllsortierers ausgeleert. Es wird ihm auf jeden Fall auffallen, dachte Viola schadenfroh.

Sie hatte einen sehr erlesenen Musikgeschmack, den nicht zuletzt ihr Exfreund Sebastian geprägt hatte. Sebastian hatte auf dem Konservatorium studiert und arbeitete als Studiomusiker an vielen bekannten Aufzeichnungen mit. In seiner Freizeit war er Saxofonist und Bandleader einer Jazz-Funk Band, die regional sehr erfolgreich war. Durch Sebastian hatte Viola ein sehr feines Gehör entwickelt und kannte sich sehr gut im Bereich der anspruchsvollen Musik aus. In ihrem CD-Regal standen Größen wie Dave Grusin, Lee Ritenour, Stanley Clarke und nicht zu vergessen: David Sanborn. Ihr vorzuwerfen, dass man die Musik, die sie hörte, nicht anhören konnte, war einfach der Gipfel der Frechheit gewesen. Schon immer standen Violas CDs oben im Regal neben ihrem Schreibtisch. Schon immer war Josh intolerant und als Viola anfing, ihre Musik digital einzukaufen, und sich ein Download Konto einrichtete, räumte sie ihre guten Schätze sicher verpackt in den Keller. Wieder ein Karton, den sie nicht hatte packen müssen, sondern der bereits fertig gepackt bereitgestanden hatte und den Thomas schon in den Umzugswagen geladen hatte. Vielleicht, habe ich schon immer gewusst, dass ich eines Tages ausziehen werde, dachte Viola. Es schien, als hätte sie unterbewusst schon immer ihre Sachen getrennt aufbewahrt. Vielleicht war es aber auch Josh selbst gewesen, der ihre Sachen einfach nicht mit seinen vermischt haben wollte. Der ihr keinen Platz in seinem Regal anbot, der ihr Geschirr nicht in seinen Küchenschrank duldete und ihre Musik aus dem Wohnzimmer verbannt hatte. Vielleicht, war es schon immer Josh, der sich die Trennung gewünscht hatte, weil sie einfach zu verschieden waren. Und doch liebte er Viola, davon war sie überzeugt. Seine rasende Eifersucht sprach Bände. Seine Art, wie er sie ansah, wenn sie sich anzog, um mit einer Freundin etwas Trinken zu gehen. Und die Art, wie er sie nach und nach von ihrem Freundeskreis getrennt hatte, um sie ganz für sich alleine zu haben. Er mochte Violas Freunde nicht und die Angst, dass Sebastian noch immer einen Einfluss auf Viola haben könnte, saß tief. Nach und nach hatte er ihren Freundeskreis ausgedünnt, in dem er Verabredungen platzen ließ, kurzfristig absagte oder Viola auf jede kleine Unzulänglichkeit aufmerksam machte, die ihre Freunde hatten. Er studierte Violas Geburtstagskalender und machte ausgerechnet an den Wochenenden mit seinen Geschäftspartnern etwas aus, an welchen Geburtstagsfeiern zu erwarten waren, um Viola daran zu hindern, ihre Freunde zu besuchen. Das war auch der Grund, warum Viola jetzt alleine dastand. Niemand würde ihr helfen. Sie hatte sich viel zu lange nicht gemeldet und Josh hatte sie bei den meisten Freunden unmöglich gemacht. Sie würde sich einen neuen Freundeskreis aufbauen müssen, sobald sie dieser Hölle hier entflohen war.

„Wenn Sie weiter nichts haben, dann sind wir hier fertig!“, riss Thomas sie aus ihren Gedanken. ‚Viola stand noch immer in der Küche und blickte in den offenen Mülleimer. Mit einem kräftigen Stoß schob sie die Tür zu. Nur schade, dass die Einzugsdämpfer ein lautes Zuschlagen der Auszüge vermieden. Sie hätte gerne ihrem Ärger Luft gemacht.

„Ich glaube, ich habe alles“, sagte Viola.

„Gut, dann gehen Sie bitte noch mal durchs Haus, wir verzurren inzwischen die Ladung auf dem LKW. Sollte noch etwas sein, rufen Sie mich einfach, ok?“ Thomas blickte erneut auf seine Uhr und verschwand dann nach draußen. Viola ging ein letztes Mal nach oben, durchsuchte die Schränke, blickte in die Abstellkammer, in ihr altes Arbeitszimmer und konnte nichts entdecken, was ihr gehörte. Auch im Keller fand sie keine weiteren Kartons. Alles war in Josh säuberlicher Normschrift beschriftet. Keiner ihrer Kartons war dazwischen. Marek und Thomas hatten bereits alles eingepackt. Auch in der Küche und im Wohnzimmer gab es nichts mehr zu tun. Im Flur stand Violas Handtasche und da lag ihr Schlüssel. Einen Moment betrachtet sie den Schlüsselbund, zog dann die beiden Schlüssel für das Haus und den Briefkasten ab, nahm ein letztes Mal die Post-its zur Hand und kritzelte eine Nachricht für Josh darauf.

Ich kann das hier nicht mehr! Viola

Viola klebte den Zettel auf die leere Kücheninsel und legte die Schlüssel daneben. Für einen Moment betrachtete sie die Wirkung des skurrilen Stilebens. Sie konnte sich Joshs Schock vorstellen. Das Symbol war eindeutig. Man musste den Zettel nicht lesen, um zu wissen, was darauf stand.

Bedauernd und niedergeschlagen wandte sie sich zum Gehen. Es war traurig, dass es so enden musste, dachte Viola, aber sie hatte den Punkt überschritten, an dem ein Zurück möglich gewesen wäre. Nicht heute, nein, sie hatte ihn schon längst überschritten. Damals, als Josh ihr von seinen Phobien erzählt hatte, davon, wie viel Angst ihm andere Menschen machten. Als er anfing, fremde Menschen mit hochgezogenen Lefzen zu