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„Kenelm Chillingly“ von Edward Bulwer-Lytton ist die Geschichte eines jungen Aristokraten im 19. Jahrhundert auf der Suche nach Selbstfindung. Kenelm, der Protagonist, ist eine ungewöhnliche Figur, die von einer Mischung aus Melancholie und Witz geprägt ist. Er widersetzt sich den konventionellen Erwartungen der Gesellschaft und begibt sich nach einer tiefen existenziellen Krise auf eine Reise durch England. Auf seinem Weg trifft er verschiedene Charaktere aus unterschiedlichen Lebensbereichen, wobei jede Begegnung sein Verständnis von der Welt und sich selbst bereichert. Insbesondere seine Begegnung mit der jungen und schönen Cecilia hat großen Einfluss auf Kenelms Denken und Empfinden. Dieser Roman ist nicht nur eine Geschichte über persönliches Wachstum, sondern auch ein Kommentar zur viktorianischen Gesellschaft, ihren Normen und dem Konflikt zwischen traditionellen Werten und modernen Ideen. Kenelms Reise ist auch eine Liebesgeschichte, die von seinen tiefen und komplexen Gefühlen für Cecilia geprägt ist, einem Symbol für die ideale viktorianische Frau. Die Erzählung, die reich an philosophischen Dialogen und scharfen Beobachtungen ist, bietet einen satirischen und doch aufschlussreichen Einblick in die menschliche Natur und Gesellschaft. Letztendlich gipfelt die Geschichte darin, dass Kenelm seinen Platz in der Welt findet, nicht durch Konformität, sondern durch ein tieferes Verständnis der Komplexität des Lebens. Dies ist der zweite von drei Bänden.
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Seitenzahl: 374
Veröffentlichungsjahr: 2024
Edward Bulwer-Lytton
Kenelm Chillingly
Roman
Band 2
In der überarbeiteten Übersetzung
von
Emil Lehmann
KENELM CHILLINGLY wurde in der englischsprachigen Originalfassung zuerst 1873 veröffentlicht.
Diese Ausgabe wurde aufbereitet und herausgegeben von
© apebook Verlag, Essen (Germany)
www.apebook.de
2024
V 1.0
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar.
Band 2
ISBN 978-3-96130-653-4
Buchgestaltung: SKRIPTART, www.skriptart.de
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Inhaltsverzeichnis
Kenelm Chillingly. Band 2
Impressum
Zweiter Band
Drittes Buch.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebentes Kapitel.
Achtes Kapitel.
Neuntes Kapitel.
Zehntes Kapitel.
Elftes Kapitel.
Zwölftes Kapitel.
Dreizehntes Kapitel.
Vierzehntes Kapitel.
Fünfzehntes Kapitel.
Sechzehntes Kapitel.
Siebzehntes Kapitel.
Achtzehntes Kapitel.
Neunzehntes Kapitel.
Zwanzigstes Kapitel.
Einundzwanzigstes Kapitel.
Viertes Buch.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebentes Kapitel.
Achtes Kapitel.
Neuntes Kapitel.
Zehntes Kapitel.
Fünftes Buch.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel.
Achtes Kapitel.
Neuntes Kapitel.
Zehntes Kapitel.
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Zu guter Letzt
Kenelm Chillingly. Zweiter Band
Drittes Buch.
Erstes Kapitel.
Wenn es auf der Welt ein Mädchen gab, welches dazu geschaffen schien, Kenelm Chillingly mit den süßen Beschwerden der Liebe und den anmutigen Zwistigkeiten des ehelichen Lebens auszusöhnen, so hätte man allen Grund gehabt anzunehmen, Cecilia Travers sei dieses Mädchen. Sie hatte ihre Mutter in früher Kindheit verloren und stand als einzige Tochter in einem Alter, in welchem die meisten Mädchen noch ihre Puppen zu Bette bringen, dem Haushalte ihres Vaters vor und hatte sich dadurch zeitig jenes Gefühl der Verantwortlichkeit und die Gewöhnung, sich auf sich selbst zu verlassen, angeeignet, welche selten verfehlt, dem Charakter einen gewissen Adel zu verleihen, wenn sie auch fast ebenso oft bei Frauen um den Preis zarter Weiblichkeit erkauft wird.
Bei Cecilia Travers aber hatte jene Gewöhnung nicht diese Wirkung geübt, weil sie so durchaus weiblich war, daß selbst die Handhabung ihrer Macht ihrem Wesen nichts Männliches zu geben vermochte. Ihre innerste Natur war so ganz Süßigkeit, daß, in welcher Richtung auch immer ihr Geist wandern und arbeiten mochte, er immer Honig bereitete.
Sie hatte einen Vorteil vor den meisten Mädchen in gleicher gesellschaftlicher Stellung voraus: sie war nicht gelehrt worden, die Anlagen zu höherer Bildung, welche ihr die Vorsehung verliehen hatte, in den unfruchtbaren Nichtigkeiten zu vertändeln, die man weibliche Talente nennt. Sie malte nicht Figuren in dürftigen Wasserfarben, sie hatte nicht Jahre ihres Lebens auf die Erlangung der Fähigkeit verwandt, einem höflichen Auditorium die Qual des Gesanges italienischer Bravourarien zu bereiten, welche sie von jeder Sängerin von Profession in irgend einem Concertsaal der Hauptstadt besser singen hören konnten. Ich fürchte, sie hatte keine andern weiblichen Talente als die, mit welchen die Näherin und die Stickerin ihr tägliches Brod verdienen. Diese Art von Arbeit tat sie gern und geschickt.
War aber Cecilia nicht nutzlos von Privatlehrern geplagt worden, so war sie doch besonders begünstigt gewesen durch die von ihrem Vater getroffene Wahl einer Erzieherin, was übrigens seinerseits auch kein großes Verdienst war. Er hatte ein Vorurteil gegen eigentliche Gouvernanten, und es traf sich glücklich, daß zu seinen Familienbekanntschaften eine gewisse Frau Campion gehörte, eine Dame von nicht gewöhnlicher Bildung, deren Gatte eine hohe Stellung in der Verwaltung bekleidet und zu seiner eigenen großen Genugtuung eine sehr schöne Einnahme ganz verbraucht hatte, sodaß er bei seinem Tode zum großen Erstaunen Anderer keinen Heller hinterlassen hatte.
Glücklicherweise waren keine Kinder da, für die hätte gesorgt werden müssen. Der Wittwe wurde von der Regierung eine kleine Pension bewilligt, und da sie das Haus ihres Mannes zu einem der angenehmsten in London gemacht hatte, erfreute sie sich einer solchen Beliebtheit, daß sie von zahlreichen Freunden auf deren Landsitze eingeladen wurde. Unter diesen befand sich auch Herr Travers. Sie kam zu ihm mit der Absicht, vierzehn Tage zu bleiben. Nach Verlauf dieser Zeit hatten sie und Cecilia sich so an einander attachiert und war ihre Gegenwart ihrem Wirte so angenehm und so nützlich geworden, daß er sie dringend bat, ganz bei ihm zu bleiben und die Erziehung seiner Tochter zu übernehmen. Nach einigem Zögern willigte Frau Campion dankbar ein, und so hatte Cecilia sich von ihrem achten Jahre an bis zum gegenwärtigen Augenblick, wo sie neunzehn Jahre alt war, des unschätzbaren Vorteils erfreut, in der beständigen Gesellschaft einer Frau von reich gebildetem Geist zu leben, welche gewöhnt gewesen war, die besten Urteile über die besten Erzeugnisse der Literatur zu hören, und welche mit einer nicht geringen literarischen Bildung die feinsten Manieren und jene Art von klugem Urteil verband, welches das Ergebnis eines regelmäßigen Verkehrs mit einem intelligenten und anmutig weltklugen gesellschaftlichen Kreise ist, sodaß Cecilia selbst, ohne im mindesten gelehrt oder pedantisch zu sein, eins jener seltenen jungen Mädchen wurde, mit welchen ein gebildeter Mann sich wie mit geistig Gleichstehenden unterhalten kann, von welchen er ebenso viel empfängt, als er mitteilen kann, während ein Mann, der, ohne sich viel aus Büchern zu machen, doch die Reize eines feingebildeten weiblichen Wesens zu schätzen weiß, in ihrer Gesellschaft das Vergnügen genoß, sich in seiner Muttersprache mit ihr unterhalten zu können, ohne Gefahr zu laufen, hören zu müssen, daß dieser oder jener Prediger ein Wichtigmacher sei oder daß ein Gartenfest furchtbar amüsant gewesen sei.
Mit einem Wort, Cecilia war eins von jenen Mädchen, welche der Himmel zur helfenden Genossin eines Mannes erschaffen hat, welche, wenn ihr Mann reich und in hoher gesellschaftlicher Stellung wäre, als seine Genossin über diesen Reichtum und diese Stellung neuen Glanz verbreiten und den Genuß derselben durch die Erfüllung der durch sie gebotenen Pflichten erhöhen würde, und welche nicht minder, wenn der von ihr erwählte Gatte arm wäre und mit dem Leben ringen müßte, ihn ermutigen, aufrecht erhalten und besänftigen, ihm einen Teil seiner Bürde abnehmen und die Bitterkeit des Lebens mit der für Alles entschädigenden Anmut ihres Lächelns lindern würde.
Cecilia hatte bis jetzt noch wenig an Liebe und Liebhaber gedacht. Sie hatte sich noch nicht einmal eins jener Ideale gebildet, welche den meisten Mädchen, wenn sie heranreifen, vorzuschweben pflegen. Aber von zwei Dingen war sie innerlich durchdrungen: daß sie niemals ohne Liebe würde heiraten können und daß, wenn sie einmal liebe, es für ihr ganzes Leben sein werde.
Und nun will ich diese Skizze mit einem Bilde der Erscheinung des Mädchens beschließen.
Sie ist eben aus ihr Zimmer gegangen, nachdem sie die Vorbereitungen für die Festlichkeit getroffen hat, welche ihr Vater seinen Pachtern und ländlichen Nachbarn zu geben im Begriff steht. Sie hat ihren Strohhut beiseite gelegt und den großen Korb, den sie von Blumen geleert hat, niedergesetzt. Sie steht still vor dem Spiegel, um die rauh gewordenen Flechten ihres Haares wieder zu glätten, ihres kastanienbraunen, seidenweichen, üppigen Haares, das noch nie mit Haaröl in Berührung gekommen ist. Ihr Teint, der gewöhnlich jene milde Frische hat, welche zur Blässe neigt, ist jetzt durch Bewegung und die Einwirkung der Sonne von blühendem Rot. Ihre Züge sind fein und weiblich, ihre Augen dunkel und mit langen Wimpern besetzt, ihr Mund von eigentümlicher Schönheit, mit einem Grübchen zu beiden Seiten und jetzt eben halb geöffnet durch ein von einer angenehmen Erinnerung hervorgerufenes Lächeln, wobei kleine wie Perlen glänzende Zähne zum Vorschein kommen. Aber der eigentümliche Reiz ihres Gesichts besteht in einem Ausdruck heiterer Glückseligkeit, jener Art von Glückseligkeit, die uns anmutet, als wäre sie nie von einem Kummer unterbrochen, nie von einer Sünde gestört worden, jener heiligen Glückseligkeit, die das Teil der Unschuldigen, das von einem friedlichen Herzen und einem reinen Gewissen zurückgestrahlte Licht ist.
Zweites Kapitel.
Es war ein lieblicher Sommerabend, an welchem das ländliche Fest des Squire stattfand. Herr Travers hatte mit einigen Logirgästen des Festes wegen früh zu Mittag gegessen und stand jetzt mit ihnen kurz vor sechs Uhr auf dem Rasen.
Das Haus war von unregelmäßiger Bauart. Zu verschiedenen Zeiten, von der Regierung Elisabeth's bis zu der Victoria's waren Veränderungen mit demselben vorgenommen oder neue Teile angebaut worden. An dem einen Ende, dem ältesten Teil, befand sich ein Giebel mit gotischen Fenstern; an dem andern Ende, dem neuesten Teil, ein Flügel mit flachem Dach und mit modernen, bis auf den Boden reichenden Fenstern; der dazwischen liegende Bau war zum großen Teil durch eine mit Schlingpflanzen bewachsene Veranda verdeckt. Der Rasen bildete eine geräumige, nach Westen gelegene Fläche, in deren Hintergrund ein grüner, sanft ansteigender Hügel lag, dessen Gipfel die Ruinen einer alten Abtei krönten. An der einen Seite des Rasens zog sich ein ursprünglich von Repton angelegter Blumengarten hin. An den gegenüber liegenden Ecken des Rasens waren zwei große Zelte errichtet, das eine zum Tanzen, das andere für das Abendessen. Nach Süden hin, wo die Aussicht frei war, blickte man auf einen alten englischen Park, der nicht grade von der vornehmsten Art, nicht von alten Alleen durchschnitten oder mit nutzlosem Farrenkraut als Lager für das Wild bekleidet, vielmehr der Park eines umsichtigen Landwirts war, der das Nützliche mit dem Angenehmen vereinigt. Der Rasen darin war gehörig drainiert und gepflegt, sodaß junge Ochsen in unglaublich kurzer Zeit darauf gemästet werden konnten; der Anblick des Ganzen wurde durch verschiedene, mit Drahtgittern umzäunte Plätze einigermaßen beeinträchtigt. Herr Travers war ob seiner geschickten Bewirtschaftung und der vorteilhaftesten Verwendung des Bodens überhaupt berühmt. Er war noch ein Kind gewesen, als er in den Besitz seines Gutes gelangte, und hatte sich so der von Jahr zu Jahr wachsenden Ersparnisse, wie sie eine lange Unmündigkeit mit sich bringt, zu erfreuen gehabt. Im Alter von achtzehn Jahren war er bei den Garden eingetreten und war, da er über mehr Geld zu verfügen hatte als die meisten seiner Genossen, wenn sie auch vielleicht vornehmer und die Söhne reicherer Leute waren, viel umworben und viel geplündert worden. Im Alter von fünfundzwanzig Jahren war er einer der Löwen des Tages, besonders berühmt wegen seiner rücksichtslosen Verwegenheit, wo immer es ein gefährliches Unternehmen galt, bei dem Ehre zu holen war; ein Wettrenner, dessen Wagnisse ruhigen Leuten die Haare zu Berge stehen machten; ein Reiter, der Sprünge machte, welche mancher kühne Jäger sorgfältig vermieden haben würde. Gleich bekannt in Paris und in London, war er von Damen bewundert worden, deren Lächeln ihm Duelle zugezogen hatte, von welchen noch jetzt rühmliche Narben auf seinem Gesichte erzählten. Niemals schien Jemand noch vor dem dreißigsten Jahre sicherer seinem Ruin entgegenzugehen; denn als er das siebenundzwanzigste Jahr erreicht hatte, waren bereits alle während seiner Minorität angesammelten Ersparnisse draufgegangen, sein Gut, das bei Eintritt seiner Mündigkeit kaum dreitausend Pfund Sterling jährlich einbrachte, aber völlig schuldenfrei war, über und über belastet.
Seine Freunde fingen an die Köpfe zu schütteln und ihn »armer Kerl« zu nennen; aber bei all seinen Fehlern und bei all seiner Ausgelassenheit hatte Leopold Travers sich doch von den beiden Lastern, von denen ein Mann sich nicht leicht wieder losmacht, völlig frei gehalten. Er hatte nie getrunken und nie gespielt. Seine Nerven waren nicht zerrüttet, sein Gehirn nicht verdummt. Es war noch eine Fülle von geistiger und körperlicher Gesundheit in ihm. In der kritischen Periode seines Lebens heiratete er aus Liebe und seine Wahl war eine höchst glückliche. Das Mädchen seines Herzens hatte kein Vermögen, aber auch, obgleich schön und von vornehmer Familie, keinen Sinn für ein verschwenderisches Leben und kein Verlangen nach anderer Gesellschaft als der des Mannes, den sie liebte. Als er daher zu ihr sagte: »Laß uns auf dem Lande leben und nach besten Kräften versuchen mit einigen hundert Pfund auszukommen, zurückzulegen und das Gut schuldenfrei zu machen«, stimmte sie freudig zu. Und nun erschien es allen fast wie ein Wunder, wie dieser wilde Leopold Travers sich häuslich niederließ, wie er sein eigenes Land mit seinen Leuten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang wie ein kleiner Pachter bewirtschaftete, wie er es möglich machte, die Zinsen seiner Hypothekschulden zu bezahlen und sich über Wasser zu halten. Nach einigen Lehrjahren in dieser Schule der Sparsamkeit, während deren er sich regelmäßige Lebensgewohnheiten aneignete und seinen Charakter stählte, wurde Leopold Travers plötzlich wieder reich durch seine Frau, die er so verständiger Weise ohne andere Mitgift als ihre Liebe und ihre Tugenden geheiratet hatte. Ihr einziger Bruder, Lord Eagleton, ein schottischer Pair, war mit einer jungen Dame verlobt gewesen, die für ein großes Loos in der Heiratslotterie galt. Die Partie ging unter sehr ungünstigen Umständen zurück; man erwartete aber, daß der junge, hübsche und liebenswürdige Lord baldigst in einer anderen Verbindung Trost suchen werde. Man hatte sich jedoch geirrt; er fing an zu kränkeln, starb als Junggeselle und hinterließ seiner Schwester Alles, was er dem entfernten Verwandten, der seinen Grundbesitz und seinen Titel erbte, zu entziehen vermochte, eine schöne Summe, welche nicht allein hinreichte, die auf Neesdale-Park haftenden Hypothekschulden abzuzahlen, sondern ihrem Besitzer noch einen Überschuß ließ, welchen er vermöge seiner jetzt erworbenen landwirtschaftlichen Erfahrungen mit außerordentlichem Erfolge auf die allgemeine Verbesserung seines Guts zu verwenden im Stande war. Er ersetzte alte verfallene Pachterwohnungen durch Neubauten, welche nach den bewährtesten Principien errichtet wurden, kaufte verschiedene unordentliche und unzuverlässige Pachter ab oder pensionierte sie, legte verschiedene kleine Höfe zu großen Höfen, wie sie seinen Bauten entsprachen, zusammen, kaufte hier und da kleine Strecken Landes, die für die anstoßenden Höfe gut zu benutzen waren und seinen gesammten Grundbesitz noch besser abrundeten, ließ nutzlose Waldungen, welche den Wert nahegelegenen Ackerlandes dadurch verminderten, daß sie Sonne und Luft absperrten und Legionen von Kaninchen beherbergten, ausroden, schaffte sich dann unternehmende und bemittelte Pachter und konnte so seine ursprüngliche Pachteinnahme mehr als verdoppeln und den Marktwert seines Grundbesitzes mehr als verdreifachen. Zugleich mit dieser Verbesserung seiner Vermögensverhältnisse trat er aus dem ungastlichen und ungeselligen Dunkel, zu welchem ihn seine frühere Armut gezwungen hatte, hervor, nahm tätigen Anteil an den Grafschaftsangelegenheiten, erwies sich als ein vortrefflicher Redner in öffentlichen Versammlungen, unterschrieb reichlich zu Jagden und beteiligte sich gelegentlich daran als ein weniger kühner, aber weiserer Reiter denn ehedem. Kurz, wie Themistokles sich rühmte, einen kleinen Staat groß machen zu können, so konnte Leopold Travers sich mit gleichem Rechte rühmen, durch seine Energie, sein Urteil und das Gewicht seines persönlichen Ansehens sich als Besitzer eines Gutes, welches bei seiner Übernahme desselben zu den Gütern dritten Ranges in der Grafschaft gehört hatte, zu einer so geachteten Persönlichkeit aufgeschwungen zu haben, daß kein Edelmann in der Grafschaft gegen seinen Willen ins Parlament hätte gewählt werden können und daß er selbst, wenn er sich um einen Parlamentssitz hätte bewerben wollen, ohne Kosten gewählt worden sein würde.
Aber er erklärte, als man ihn bat, sich als Wahlcandidaten aufstellen zu lassen: »Wenn ein Mann sich einmal ganz der Bewirtschaftung und Verbesserung seines Grundbesitzes gewidmet hat, so hat er weder Zeit noch Herz für irgend etwas Anderes. Ein Gut ist eine Einnahmequelle oder ein Königreich, je nachdem der Besitzer es auffaßt. Ich fasse es als ein Königtum auf und kann nicht roi fainéant mit einem Verwalter als Majordomus sein. Ein König geht nicht ins Haus der Gemeinen.«
Drei Jahre nach dieser Erhebung auf der gesellschaftlichen Stufenleiter erkrankte Frau Travers an einer Lungenentzündung und starb nach wenigen Tagen. Leopold verwand ihren Verlust nie ganz. Obgleich noch jung und schön, wies er doch den Gedanken an die Verbindung mit einer andern Frau mit ruhigem Hohn von sich. Er war ein zu männlicher Charakter, um mit seinem Kummer zu paradieren. Nur in den ersten Wochen verschloß er sich in seinem Zimmer und vermied jede Berührung mit der Außenwelt so sehr, daß er selbst seine Tochter nicht sehen wollte. Aber eines Morgens erschien er wieder wie gewöhnlich auf dem Felde, und von diesem Tage an nahm er seine alten Gewohnheiten und allmälig auch den herzlichen, gastfreundlichen Verkehr wieder auf, durch den er sich, seit er reich geworden, ausgezeichnet und beliebt gemacht hatte. Gleichwohl fühlten die Leute, daß der Mann verändert sei; er war schweigsamer, ernster geworden; wenn er auch wie immer gerecht gegen alle war, so neigte er sich doch einer härteren Auffassung der Dinge zu, während er zu Lebzeiten seiner Frau die mildere Seite hervorzukehren pflegte. Für einen Mann von starkem Willen ist vielleicht der regelmäßige Verkehr mit einer liebenswürdigen Frau besonders wünschenswert bei solchen Gelegenheiten, wo der Wille die Güte seiner Beschaffenheit grade durch die Leichtigkeit beweist, mit welcher er sich beugen läßt.
Man kann wohl sagen, daß Leopold Travers einen solchen Verkehr in dem vertrauten Umgang mit seiner eigenen Tochter hätte finden können. Aber sie war noch ein reines Kind, als seine Frau starb, und sie wuchs zu unmerklich zur Jungfrau heran, als daß er die Veränderung hätte inne werden können. Überdies kann eine Tochter einem Mann, der in seiner Frau sein Alles gefunden hat, nie deren Stelle ersetzen. Grade der pflichtschuldige kindliche Respekt schließt ein rückhaltloses Vertrauen aus und eine Tochter kann einem Mann nicht die beständige Genossin sein, die ihm seine Frau war. Jeden Tag kann ein Fremder erscheinen und sie ihm fortnehmen. Wie dem auch sei, Leopold Travers gestand Cecilia nicht den sänftigenden Einfluß zu, den ihre Mutter auf ihn geübt hatte. Er liebte sie, war stolz auf sie und ging bereitwillig auf ihre Wünsche ein; aber dieses Eingehen hatte seine sehr bestimmten Grenzen. Was sie für sich verlangte, gestand er ihr ohne weiteres zu; was sie in Angelegenheiten, die ihrer Natur nach unter weiblicher Obhut stehen, in Betreff des Haushaltes, der Dorfschule, der Almosenempfänger wünschte, konnte auf seine mildeste Berücksichtigung rechnen. Aber so oft sie von einem Untergebenen außer dem Hause, der sich etwas hatte zu Schulden kommen lassen, oder von einem kleinen, mit seiner Rente rückständigen Pachter gebeten wurde, sich zu seinen Gunsten zu verwenden, setzte Herr Travers ihrem Versuche, sich ins Mittel zu legen, regelmäßig ein festes, wenn auch in mildem Ton ausgesprochenes Nein entgegen und begleitete dasselbe mit einem Aphorismus des Inhalts, daß es in der Welt keine strenge Gerechtigkeit, keine Ordnung und Disciplin geben würde, wenn ein Mann den Bitten einer Frau in irgend einer geschäftlichen Angelegenheit zwischen Männern nachgäbe. Man sieht also, daß Herr Lethbridge den Wert der Bundesgenossenschaft Cecilia's in der Unterhandlung betreffs der Übertragung des Ladens von Frau Bawtrey überschätzt hatte.
Drittes Kapitel.
Wenn Du, lieber Leser, nachdem Du eben vernommen, was ich über das Leben und die geistige Natur von Leopold Travers mitgeteilt habe, ihm in diesem Augenblick, wo er den Mittelpunkt der ihn auf seiner Terrasse umgebenden Gruppe bildet, vorgestellt würdest, so würdest Du wahrscheinlich überrascht sein, ja vielleicht zu Dir selbst sagen: So habe ich mir den Mann durchaus nicht gedacht. In dieser schlanken Gestalt von noch nicht mittler Größe, in diesem hübschen Gesicht, das im Alter von achtundvierzig Jahren eine fast weiblich schöne Zartheit der Züge und des Teints zeigt und dessen friedlicher, ruhiger Ausdruck auf den ersten Blick die Vorstellung fast weiblicher Milde erweckt, würde es schwer gewesen sein, den Mann zu erkennen, der in seiner Jugend wegen seiner waghalsigen Kühnheit berühmt gewesen war, der sich in reiferen Jahren durch solide Besonnenheit und zielbewußte Entschlossenheit ausgezeichnet hatte und den in seinen Fehlern wie in seinen Tugenden ein entschieden männliches Wesen charakterisierte.
Herr Travers hörte eben einem jungen Manne von etwa zweiundzwanzig Jahren zu, dem ältesten Sohn des reichsten Edelmannes in der Grafschaft, der sich bei den nahe bevorstehenden allgemeinen Wahlen als Grafschaftscandidat zu präsentieren gedachte. Herr George Belvoir war hochgewachsen, zur Beleibtheit geneigt und hatte alle Aussicht, bei den Wahlen auf seine Hörer einen guten Eindruck zu machen. Er hatte die Art von sorgfältiger Erziehung genossen, welche ein englischer Pair meistenteils dem Sohne angedeihen läßt, der einst seinen Namen zu tragen und damit die Verantwortlichkeit seiner hohen Stellung zu übernehmen bestimmt ist. Wenn älteste Söhne oft keine so große Rolle in der Welt spielen wie ihre jüngeren Brüder, so hat das seinen Grund nicht etwa darin, daß sie weniger gut erzogen wären, sondern darin, daß sie weniger treibende Motive zum Handeln haben. George Belvoir war wohlbelesen, besonders in den Wissenszweigen, deren Kenntnis einem künftigen Gesetzgeber not tut, Geschichte, Statistik, Nationalökonomie, soweit diese unglückliche Wissenschaft mit dem landwirtschaftlichen Interesse vereinbar ist. Er hatte auch gute Grundsätze, einen stark ausgeprägten Sinn für Disciplin und Pflicht und war in der Politik bereit, Alles, was von seiner Partei ausging, energisch als das Rechte zu vertreten und Alles, was von der anderen Partei ausging, als Unrecht zu verwerfen. Jetzt war er noch etwas laut und lärmend in der Art, seine Ansichten geltend zu machen, wie es junge eben von der Universität gekommene Männer gewöhnlich sind. Es war Herrn Travers' geheimer Wunsch, daß George Belvoir sein Schwiegersohn werden möchte, nicht sowohl wegen seines Reichtums und Ranges, wenn auch diese Vorzüge einem so praktischen Manne wie Leopold Travers keineswegs verächtlich erschienen, als wegen persönlicher Eigenschaften, welche einen vortrefflichen Ehemann zu verheißen schienen.
Frau Campion und drei Damen, die Frauen benachbarter Gutsbesitzer, saßen auf Bänken von Drahtgeflecht dicht vor der Veranda, aber noch von deren duftenden Laubgewinden beschattet. Cecilia stand in einer kleinen Entfernung von ihnen, über einen Terrier mit langem Rücken, den sie auf seinen Hinterbeinen zu stehen lehrte, gebeugt.
Aber eben trafen die Gäste ein.
Wie plötzlich hat sich der grüne Plan, der noch vor zehn Minuten so einsam dalag, gefüllt und belebt! Der Park bot jetzt in der Tat ein sehr lebendiges Bild dar: Gesellschaftswagen, Chaisen und Einspänner folgten sich in einer ununterbrochenen Reihe auf dem sich schlängelnden Wege; Fußgänger drangen von allen Seiten her in Schwärmen auf das Haus zu. Die Heerden von Rindern, Schafen und Ziegen in ihren verschiedenen Umzäunungen unterbrachen sich in ihrer Beschäftigung des Grasfressens, um die ungewohnten Eindringlinge anzustarren; aber das ordnungliebende Wesen des Wirtes flößte auch den roheren unter seinen Gästen Respekt für Ordnung ein; selbst die wildesten Jungen versuchten es nicht, über die Zäune zu steigen oder hindurchzukriechen; alle gingen einer nach dem andern durch die Tourniquets, welche von einer umzäunten Wiese zur andern führten.
Herr Travers sagte zu George Belvoir gewandt: »Da sehe ich des alten Pachters Steen gelbes Gig. Achten Sie wohl auf das, was Sie zu dem sagen, George. Er steckt voll Launen und Grillen, und wenn Sie einmal etwas sagen, was ihm gegen den Strich ist, wird er es Ihnen nachtragen wie ein rachsüchtiger Papagei. Aber er ist der Mann, der Ihnen bei der Wahl secundieren muß. Kein anderer Pachter gilt so viel bei seinen Standesgenossen.«
»Wenn Herr Steen der beste Mann ist, um mir bei der Wahl zu secundieren«, sagte George, »so ist er wohl ein guter Redner?«
»Ein guter Redner ist er allerdings in gewissem Sinn. Er sagt nie ein Wort zu viel. Das letzte Mal, als er dem Manne, dessen Nachfolger Sie jetzt werden wollen, secundierte, hielt er folgende Rede: ›Wähler, seit zwanzig Jahren bin ich einer der Preispachter bei unserer Grafschafts-Viehausstellung gewesen; ich weiß ein Tier vom andern zu unterscheiden. Wenn ich mir die Exemplare ansehe, die hier heute vor uns stehen, muß ich sagen, keins von ihnen ist in seiner Art so gut, wie ich es anderswo gesehen habe; aber wenn Ihr Sir John Hogg wählt, so könnt Ihr Euch getrösten, nicht grade nach der schlechtesten Sau gegriffen zu haben!‹«
»Wenigstens«, sagte George, nachdem er über dieses Beispiel schmuckloser Beredtsamkeit gelacht hatte, »wenigstens läßt sich Herr Steen bei seiner Empfehlung eines Candidaten keine Schmeicheleien zu Schulden kommen. Aber welchen Eigenschaften verdankt er denn sein großes Ansehen bei den Pachtern? Ist er ein besonders ausgezeichneter Landwirt?«
»Was Sparsamkeit betrifft, ja, im Schritthalten mit den Fortschritten der Zeit aber nicht! Er sagt, alle kostspieligen Experimente seien gut für vornehme Landwirte. Er ist eine Autorität für andere Pachter, erstens, weil er ein sehr scharfer Kritiker ihrer Grundherren ist, zweitens, weil er seinem eigenen Grundherrn gegenüber seine Unabhängigkeit strengstens zu behaupten weiß, und drittens, weil man von ihm glaubt, daß er sich mit der politischen Bedeutung von Fragen, die das Interesse der Grundbesitzer berühren, gründlich beschäftigt habe, und weil er mehr als einmal von Commissionen beider Häuser des Parlaments über solche Fragen als Sachverständiger vernommen worden ist. Da kommt er her. Merken Sie sich, wenn ich Sie mit ihm allein lasse: erstens, daß Sie sich zu vollständiger Unwissenheit in Bezug auf praktische Landwirtschaft bekennen müssen. Nichts empört ihn mehr als die Anmaßung, ein selbstwirtschaftender Gentleman, wie ich einer bin, sein zu wollen. Zweitens, daß Sie ihn um seine Ansicht über die Veröffentlichung statistischer Angaben in Betreff landwirtschaftlicher Verhältnisse befragen und dabei bescheidentlich zu verstehen geben müssen, daß Sie, soweit Sie es zu beurteilen vermögen, der Ansicht sind, daß inquisitorische Nachforschungen über die Geschäfte eines Mannes den Principien der britischen Verfassung widersprechen. Und auf Alles, was er etwa über die Pflichtversäumnis der Grundherren im Allgemeinen und Ihres Vaters im Besonderen sagt, erwidern Sie nichts, sondern hören mit einer Miene melancholischer Beistimmung zu. – Wie geht es Ihnen, Herr Steen, und was macht Ihre Frau? Warum haben Sie sie nicht mitgebracht?«
»Meine gute Frau liegt wieder auf der Nase, Herr Travers. Wer ist der junge Mann?«
»St! Lassen Sie mich Ihnen Herrn Belvoir vorstellen.«
Herr Belvoir reicht dem Pachter die Hand.
»Nein, mein Herr!« ruft Steens, indem er beide Hände auf den Rücken legt. »Nehmen Sie es nicht übel, junger Herr, aber ich gebe meine Hand nicht bei der ersten Begegnung einem Mann, der eine Stimme aus derselben herausschlagen möchte. Nicht daß ich irgend etwas gegen Sie wüßte, aber wenn Sie ein Freund der Pachter sind, Kaninchen sind es nicht; und Ihr Herr Vater ist ein großer Beschützer der Kaninchen.«
»Da irren Sie sich wirklich«, ruft George mit leidenschaftlichem Ernst. Herr Travers stößt ihn an, als wolle er sagen: »Schweigen Sie!« George verstand den Wink und ließ sich demütig von Herrn Steen durch die einsamen Anlagen führen.
Die Gäste erschienen jetzt in immer größerer Menge. Sie bestanden nicht nur aus Travers eigenen Pachtern, sondern auch aus Pachtern mit ihren Familien, die drei Stunden im Umkreise des Parks wohnten, und aus einigen wenigen Mitgliedern des benachbarten Adels und der Geistlichkeit. Auf die Arbeiter war es bei diesem Feste nicht abgesehen. Denn Herr Travers hatte eine specielle Abneigung gegen die Sitte, Bauern zur Fütterungszeit zur Schau zu stellen, als ob sie eine Heerde von gezähmten Tieren einer niederen Gattung wären. Wenn er seinen Bauern ein Fest gab, so machte er es ihnen auf ihre Weise behaglich, und Bauern fühlen sich behaglicher, wenn sie nicht nötig haben, sich begaffen zu lassen.
»Nun, Lethbridge«, sagte Herr Travers, »wo ist der junge Gladiator, den Sie mir mitzubringen versprachen?«
»Ich habe ihn mitgebracht und er ging noch vor einer Minute an meiner Seite. Er ist mir plötzlich entwischt – abiit, evasit, erupit. Ich sah mich eben vergebens nach ihm um, als Sie auf mich zutraten.«
»Ich hoffe, er hat unter meinen Gästen niemand gesehen, dem er entfliehen möchte.«
»Das will ich nicht hoffen«, antwortete der Pfarrer in zweifelndem Ton. »Er ist ein sonderbarer Mensch, aber ich glaube, er wird Ihnen gefallen, das heißt, wenn wir ihn finden. Ah, Herr Saunderson, wie geht es Ihnen? Haben Sie Ihren Gast nicht gesehen?«
»Nein, Herr, ich komme eben erst. Meine Frau, Herr Travers, und meine drei Töchter, und dies ist mein Sohn.«
»Seien Sie mir alle herzlich willkommen«, sagte der Grundherr im freundlichsten Ton. »Und«, fuhr er zu Saunderson junior gewandt fort, »ich hoffe, Sie tanzen gern? Suchen Sie sich eine Tänzerin, wir wollen den Ball gleich beginnen lassen.«
»Ich danke Ihnen, Herr Travers, aber ich tanze nie«, sagte Saunderson junior mit einer Miene strenger Erhabenheit über eine Unterhaltung, welche die fortschreitende Bildung als veraltet verurteilte.
»Dann werden Sie weniger zu regrettieren haben, wenn Sie einmal alt geworden sind. Aber die Musik fängt zu spielen an, wir müssen uns ins Zelt begeben. George«, rief Herr Travers George Belvoir zu, der sich von Herrn Steen losgemacht hatte und eben wieder erschienen war, »wollen Sie Cecilia, mit der Sie ja, glaube ich, zur ersten Quadrille engagiert sind, den Arm geben?«
»Ich hoffe«, sagte George zu Cecilia, als er sie ins Zelt führte, »daß Herr Steen kein Durchschnittsexemplar der Wähler ist, bei denen ich mich zu bewerben habe. Ob er in der Ehrfurcht für seine eigenen Eltern erzogen ist, wage ich nicht zu sagen, aber er scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, mich zu lehren, die meinigen nicht zu ehren. Nachdem er meinen Vater auf die ungegründete Behauptung hin, daß er Kaninchen mehr liebe als Menschen, moralisch vernichtet hatte, fing er an meine unschuldige Mutter wegen ihrer religiösen Ansichten anzugreifen und fragte mich, wann sie zur katholischen Kirche übergehen werde, indem er diese Frage auf die Behauptung stützte, daß sie ihre Kundschaft einem protestantischen Krämer entzogen und einem katholischen zugewandt habe.«
»Das sind günstige Anzeichen, Herr Belvoir. Herr Steen leitet eine beabsichtigte Freundlichkeit immer mit sehr viel unhöflichen Reden ein. Ich bat ihn einmal, mir sein Pony zu leihen, da mein eigenes plötzlich lahm geworden war, und er benutzte diese Gelegenheit, mir zu sagen, daß mein Vater ein Betrüger sei, weil er sich anmaße, etwas vom Vieh zu verstehen, daß er ein Tyrann sei, der seine Pachter schraube, um einer verschwenderischen Gastfreundschaft fröhnen zu können, und gab dabei zu verstehen, daß wir es als eine große Gnade zu betrachten haben würden, wenn wir nicht noch einmal dahin kämen, uns an ihn wenden zu müssen, nicht wegen eines Ponys, sondern wegen einer Gemeindeunterstützung. Ich verließ ihn entrüstet, aber er schickte mir das Pony. Ich bin überzeugt, er wird Ihnen seine Stimme geben.«
»Inzwischen ermutigt es mich, glauben zu dürfen, daß Ihre Wünsche mich begleiten«, sagte George, mit einem schwachen Versuch, galant zu sein, als sie jetzt die Quadrille zu tanzen anfingen. »Wenn die Damen, wie Mill es empfiehlt, ihre Stimmen abzugeben hätten, nun, dann –«
»Nun, dann würde ich stimmen wie Papa«, sagte Cecilia anspruchslos. »Und wenn die Frauen Stimmrecht hätten, würde es, fürchte ich, schlecht um den Frieden eines Hauses stehen, in welchem sie nicht stimmten, wie es das männliche Haupt der Familie wünschen würde.«
»Aber ich glaube doch am Ende«, sagte der Bewerber um einen Parlamentssitz ernsthaft, »daß die Freunde des weiblichen Stimmrechts dasselbe auf solche Frauen beschränken würden, die nicht unter männlicher Obhut stehen, Wittwen und alte Jungfern, die kraft des Rechts ihres unabhängigen Grundbesitzes stimmen würden.«
»Auch in diesem Fall«, sagte Cecilia, »glaube ich, würden sie sich noch immer nach der Ansicht eines Mannes, zu dem sie Zutrauen hätten, richten, oder wenn sie das nicht täten, eine sehr alberne Wahl treffen.«
»Sie unterschätzen die Einsicht Ihres Geschlechts.«
»Das hoffe ich nicht. Werden Sie die Einsicht der Männer unterschätzen, weil die klügsten Männer bei den überwiegend meisten Dingen des täglichen Lebens sagen: Das überlassen wir besser den Frauen? Aber Sie passen nicht auf, Sie sind an der Reihe, cavalier seul.«
»Beiläufig«, sagte George in der nächsten Tanzpause, »kennen Sie einen Herrn Chillingly, den Sohn Sir Peter's von Exmundham in Westshire?«
»Nein. Warum fragen Sie mich das?«
»Weil es mir vorkam, als ob sein Gesicht im Fluge an mir vorübergekommen wäre; es war grade in dem Augenblick, als Herr Steen mich mit sich in die Anlagen zog. Aber nach dem, was Sie sagen, muß ich annehmen, daß ich mich geirrt habe.«
»Chillingly? Ganz richtig; gestern bei Tische sprachen einige Herrn von einem jungen Mann dieses Namens, der wahrscheinlich bei der nächsten Wahl als Candidat für Westshire auftreten werde, der aber bei Gelegenheit seiner Mündigkeitserklärung eine sehr unpopuläre und excentrische Rede gehalten habe.«
»Eben derselbe – ich war mit ihm zusammen auf der Universität – ein wahres Original. Er gilt für gescheidt, gewann mehrere Preise, bekam beim Examen einen guten Grad und würde, wie es allgemein hieß, einen noch viel höheren Grad davongetragen haben, wenn nicht eine seiner schriftlichen Arbeiten versteckte Scherze über den Gegenstand oder über die Examinatoren enthalten hätte. Es ist ein gefährliches Ding, im praktischen, besonders im öffentlichen Leben den Humoristen zu spielen. Man sagt, Pitt habe von Natur sehr viel Witz und Humor besessen, habe aber in seinen parlamentarischen Reden weislich jede Spur davon unterdrückt. Es sieht Chillingly recht ähnlich, die Festlichkeiten zu Ehren seiner Mündigkeit, ein Ereignis, das in seinem ganzen Leben nicht wiederkehren kann, ins Lächerliche zu ziehen.«
»Es wäre ein Beweis von schlechtem Geschmack, wenn er es absichtlich getan hätte«, sagte Cecilia. »Aber vielleicht ist er nicht verstanden worden oder hat die Äußerungen unversehens getan.«
»Nicht verstanden, das wäre möglich, aber unversehens, nein. Er ist der kühlste Mensch, der mir je vorgekommen ist. Nicht daß ich ihm sehr oft begegnet wäre. In Cambridge lebte er zuletzt sehr einsam. Man behauptete, er studiere sehr viel. Aber ich bezweifle das, denn meine Zimmer lagen gerade über den seinigen, und ich weiß, daß er viel öfter aus als in dem Hause war. Er schweifte viel in der Gegend umher. Ich bin ihm, wenn ich von der Jagd zurückgeritten kam, auf Feldwegen meilenweit von der Stadt entfernt begegnet. Er liebte das Wasser und war ein ausgezeichneter Ruderer, lehnte es jedoch ab, zu unserm Universitätsclub zu gehören; wenn aber je eine Schlägerei zwischen Studenten und Bootsleuten stattfand, so war er sicherlich dabei. Ja, er war wirklich ein sehr sonderbarer Mensch, voll von Widersprüchen! Denn einen milderen, ruhigeren Kameraden, als er im gewöhnlichen Leben war, konnte es nicht geben; und was die Scherze betrifft, die er sich in seinen schriftlichen Arbeiten fürs Examen erlaubt haben soll, so würde schon sein Gesicht allein hingereicht haben, ihm bei jeder unparteiischen Jury eine Freisprechung von dieser Anklage zu erwirken.«
»Sie entwerfen da ein ganz interessantes Bild von ihm«, sagte Cecilia. »Ich wollte, wir kennten ihn; es möchte der Mühe wert sein.«
»Und wenn Sie ihn einmal gesehen hätten, würden Sie ihn nicht leicht wieder vergessen, mit seinem dunkeln, schönen Gesicht, seinen großen melancholischen Augen und mit einer jener mageren schlanken Gestalten, bei welchen ein Mann seine Kraft verborgen halten kann, wie ein betrügerischer Billardspieler sein Spiel verbirgt.«
Während dieser Unterhaltung hatte der Tanz aufgehört und unser Paar ging jetzt auf dem Rasen mitten im Gedränge der Gäste langsam auf und ab.
»Wie gut Ihr Vater diesen Landleuten gegenüber die Rolle des Wirtes spielt!« sagte George mit geheimem Neide. »Sehen Sie doch, wie ruhig er es dem schüchternen jungen Pachter da behaglich macht und wie freundlich er jetzt der lahmen alten Dame beim Niedersetzen auf die Bank behülflich ist und wie er ihr einen Schemel unter die Füße setzt. Der würde es verstehen, sich bei den Wahlen zu bewerben! Und wie jung er noch aussieht und wie fabelhaft hübsch!«
Dieses letztere Compliment sprach George aus, als Travers, nachdem er es der alten Dame bequem gemacht hatte, auf die drei Fräulein Saunderson zugetreten war und ihnen die Huld seines Lächelns gleichmäßig zu Teil werden ließ, anscheinend ohne etwas von den bewundernden Blicken zu merken, welche manche andere ländliche Schöne ihm zuwarf, während er vorüberging. Das ganze Wesen des Mannes hatte etwas unbeschreiblich Feines, eine natürliche Anmut, ohne eine Spur von jener Affektation forcierter Herzlichkeit oder herablassender Höflichkeit, welche nur zu oft die wohlgemeinten Bemühungen der Großen, sich Personen von niedrigerer Lebensstellung und Bildung anzubequemen, charakterisiert. Es ist ein großer Vorteil für einen Mann, wenn er seine Jugend in jener gleichheitlichsten und gebildetsten aller Demokratien, der besten Gesellschaft großer Hauptstädte, verlebt hat. Und mit diesem erworbenen Vorteil verband Leopold Travers die angeborenen Eigenschaften, welche den Menschen gefallen.
Später am Abend redete Travers Lethbridge wieder mit den Worten an: »Ich habe mich mit Saundersons viel über den jungen Mann unterhalten, der uns den unschätzbaren Dienst geleistet hat, die wilde Bestie in Ihrer Gemeinde, Tom Bowles, abzustrafen, und Alles, was ich höre, hat das Interesse, welches schon Ihr Bericht mir eingeflößt hatte, noch so erhöht, daß ich in der Tat sehr gern seine Bekanntschaft machen würde. Hat er sich noch nicht wieder blicken lassen?«
»Nein, ich fürchte, er ist fortgegangen. Aber in diesem Fall, hoffe ich, werden Sie seinen großmütigen Wunsch, meinem armen Korbmacher zu dienen, in wohlwollende Erwägung ziehen.«
»Drängen Sie mich nicht. Es fällt mir so schwer, Ihnen eine Bitte abzuschlagen. Aber ich habe meine eigene Theorie in Betreff der Verwaltung eines Guts, und mein System läßt keine Vergünstigung zu. Ich würde mich darüber gern gegen den jungen Fremden selbst näher aussprechen. Denn ich halte Mut so sehr in Ehren, daß es mir unangenehm wäre, wenn ein so tapferer Mensch diese Gegend unter dem Eindrucke verließe, Leopold Travers sei ein unliebenswürdiger Flegel. Vielleicht aber ist er noch nicht fort. Ich will einmal selbst sehen, ob ich ihn nicht finde. Bitte, sagen Sie Cecilia, daß Sie jetzt genug mit dem Adel getanzt habe und ich dem Sohn von Pachter Turby, einem hübschen jungen Menschen und einem vorzüglichen Reiter, gesagt habe, ich erwarte von ihm, er werde meiner Tochter zeigen, daß er ebenso gut tanzen wie reiten könne!«
Viertes Kapitel.
Mit diesen Worten verließ Travers Lethbridge und begab sich raschen Schrittes nach dem einsameren Teil des Gartens. Er fand den Gesuchten nicht in den Gängen der Anlagen und nahm nun, indem er ganz um sein Gut herumging, seinen Rückweg nach dem Rasen durch eine abgelegene kleine Felsschlucht hinter dem Zelte, welche zu einer Farrenanpflanzung benutzt worden war. Hier blieb er plötzlich stehen; denn vor ihm saß auf einem grauen Felsstück, das Gesicht ganz vom Monde beleuchtet, ein Mann, der mit ruhigem und melancholischem Auge nach oben blickte und offenbar in tiefes Nachdenken versunken war.
Travers, der sich der Beschreibung des Fremden, wie sie Herr Lethbridge und Saundersons ihm gegeben hatten, erinnerte, war sofort überzeugt, daß er ihn endlich hier gefunden habe.
Er trat sachte auf ihn zu, und Kenelm, denn niemand anders war es, der durch die hohen Farrenkräuter sehr verdeckt war, sah ihn nicht eher, bis sich eine Hand auf seine Schulter legte und er nun, als er sich umwandte, vor sich ein Gesicht mit gewinnendem Lächeln sah und eine angenehme Stimme vernahm.
»Ich irre mich wohl nicht«, sagte Leopold Travers, »wenn ich annehme, daß Sie der Herr sind, den Herr Lethbridge mir vorzustellen versprochen hat und der bei meinem Pachter Herrn Saunderson zum Besuch ist?«
Kenelm stand auf und verbeugte sich. Travers sah sofort, daß das die Verbeugung eines Mannes von seiner gesellschaftlicher Bildung sei und nicht zu dem Sonntagscostüm eines kleinen Pächters passe. »Nein«, sagte er, »lassen Sie uns sitzen.« Damit setzte er sich auf das Felsstück und machte neben sich Platz für Kenelm.
»Vor allem«, begann Travers wieder, »muß ich Ihnen für den Dienst danken, den Sie uns dadurch geleistet haben, daß Sie die brutale Gewalt, welche lange Zeit die Gegend hier tyrannisiert hat, zu Boden geworfen haben. In meiner Jugend habe ich oft schmerzlich empfunden, wie sehr man durch zu kleinen Wuchs und mangelnde Muskelkraft in den häufigen Fällen im Nachteil ist, wo es sehr erwünscht sein würde, durch Anwendung der primitiven Waffen des Menschen einem Streite ein Ende zu machen oder ein indolentes Benehmen zu züchtigen; aber niemals habe ich meine körperliche Schwäche mehr beklagt als bei verschiedenen Gelegenheiten, wo ich meinen kleinen Finger darum gegeben hätte, wenn ich im Stande gewesen wäre, Tom Bowles durchzuprügeln. Es war eine ebenso große Schande für mein Gut, daß es so lange von diesem Eisenfresser unsicher gemacht werden konnte, wie es für den König von Italien ist, daß er mit all seinen Armeen nicht im Stande ist, des Brigantentums in Calabrien Herr zu werden.«
»Verzeihen Sie, Herr Travers, aber ich gehöre zu jenen seltenen Menschen, die nicht gern schlecht von ihren Freunden reden hören. Herr Thomas Bowles ist ein specieller Freund von mir.«
»Was!« rief Travers entsetzt. »Freund? Sie scherzen.«
»Sie würden mich keines Scherzes für fähig halten, wenn Sie mich kennten. Aber Sie haben es doch sicherlich selbst erfahren, daß es wenige Freunde gibt, die man herzlicher liebt und die man sorgfältiger respectieren muß als den Feind, mit dem man sich eben wieder vertragen hat.«
»Wohl gesprochen und ich erkenne Ihre Zurechtweisung als verdient an«, sagte Travers mehr und mehr überrascht. »Ich habe gewiß weniger Recht als Sie, schlecht von Herrn Bowles zu reden, da ich nicht den Mut gehabt habe, mich mit ihm zu schlagen. Um auf einen weniger verfänglichen Gegenstand zu kommen – Herr Lethbridge hat mir von Ihrem liebenswürdigen Wunsche, einem jungen Paar in seiner Gemeinde, Will Somers und Jessie Wiles, zu dienen, und von Ihrem großmütigen Anerbieten gesagt, das Geld, welches Frau Bawtrey für die Übertragung ihres Mietcontracts verlangt, zu bezahlen. Zu dieser Abmachung aber bedarf es meiner Zustimmung und diese Zustimmung kann ich nicht geben. Soll ich Ihnen sagen, warum?«
»Bitte, tun Sie das. Vielleicht lassen sich Ihre Gründe bestreiten.«
»Jeder Grund läßt sich bestreiten«, sagte Travers, den die ruhige Sicherheit eines jungen Fremden, der einem erfahrenen Grundbesitzer gegenüber die Principien der Verwaltung seines eigenen Gutes im voraus für bestreitbar erklärte, ergötzte. »Indessen will ich Ihnen meine Gründe mitteilen, nicht um darüber zu streiten, sondern um mich wegen meines anscheinenden Mangels an Höflichkeit gegen Sie zu rechtfertigen. Es war eine sehr schwierige Aufgabe für mich, die Einnahme meines Gutes auf die Höhe seines wahren Wertes zu bringen. Um das zu erreichen, habe ich mich genötigt gesehen, ein einheitliches System in gleicher Weise auf meinen größten wie auf meinen kleinsten Pachthöfen zur Anwendung zu bringen. Dieses System besteht darin, daß ich mir die besten und sichersten Pachter, die ich finden kann, sichere und sie den von einem Taxator, zu dem ich Vertrauen habe, berechneten Pacht bezahlen lasse. Mit diesem auf meinem Gute allgemein zur Anwendung gebrachten System ist es mir, nachdem es anfänglich mit großer Unpopularität zu kämpfen gehabt, endlich gelungen, die öffentliche Meinung dieser Gegend auszusöhnen. Die Leute fingen damit an zu sagen, ich sei hart, jetzt erkennen sie an, daß ich gerecht bin. Wenn ich ein einziges Mal einer menschenfreundlichen Regung oder einem Wunsche der Begünstigung nachgebe, so hebe ich mein ganzes System aus den Angeln. Jeden Tag gelangen rührende Bitten an mich. Lord Zweistern, ein leidenschaftlicher Politiker, quält mich, einen leerstehenden Pachthof einem Pachter zu geben, weil er ein vortrefflicher Wahlagitator ist und immer fest für die Partei gestimmt hat. Frau Vierstern, eine höchst menschenfreundliche Dame, bittet mich flehentlich, einem anderen Pachter nicht zu kündigen, weil er in zerrütteten Verhältnissen ist und eine große Familie hat; vielleicht sehr gute Gründe, um mich zu bestimmen, Nachsicht wegen einer rückständigen Pachtzahlung mit ihm zu haben oder ihm ein Ruhegehalt zu bewilligen, aber die schlechtesten Gründe von der Welt, um ihn noch ferner sich selbst und mein Land ruinieren zu lassen. Nun hat die Frau Bawtrey ein kleines Haus von mir auf eine Reihe von Jahren zu der zu geringen Miete von acht Pfund jährlich. Sie verlangt fünfundvierzig Pfund für die Übertragung; sie kann aber den Mietcontract nicht ohne meine Zustimmung übertragen, und ich habe die Auswahl unter einer großen Anzahl von zuverlässigen Mietern, die mir die immer noch mäßige Summe von zwölf Pfund zu zahlen bereit sind. Es conveniert mir besser, ihr selbst die fünfundvierzig Pfund zu bezahlen, die mir der künftige Mieter ohne Zweifel wenigstens teilweise zurückzahlen wird, und wenn er es nicht täte, so würde die Erhöhung der Miet