Kinder aus verschiedenen Kulturkreisen und ihr Zugang zu Astrid Lindgrens Romanfigur Pippi Langstrumpf - Mareke Dreyer - E-Book

Kinder aus verschiedenen Kulturkreisen und ihr Zugang zu Astrid Lindgrens Romanfigur Pippi Langstrumpf E-Book

Mareke Dreyer

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Beschreibung

Examensarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Didaktik für das Fach Deutsch - Pädagogik, Sprachwissenschaft, Note: 1,0, Europa-Universität Flensburg (ehem. Universität Flensburg), Sprache: Deutsch, Abstract: Am 14.11.2007 wäre Astrid Lindgren 100 Jahre alt geworden. Besonders ihre bekannteste Kinderbuchfigur Pippi Langstrumpf erfährt im Zuge der vielen Jubiläumsfeierlichkeiten, die schon Anfang des Jahres begannen, große Aufmerksamkeit. Ihr zu Ehren wurden (und werden) Ausstellungen gezeigt , alte Verfilmungen wiederholt und unzählige Schulkinder engagierten sich bei Theateraufführungen und Schreibwettbewerben. Der Hamburger Verlag Friedrich Oetinger, der das gesamte Werk Astrid Lindgrens herausgibt, veröffentlichte eine neu illustrierte Sonderausgabe von Pippi Langstrumpf und publizierte im August erstmals den bisher nicht zugänglichen, sozusagen „pränatalen“ Text des ursprünglichen Manuskripts, die sogenannte Ur-Pippi . Diese Ankündigung machte mich neugierig und ich begann, mich mit der „Geburts-“ und Lebensgeschichte dieses ungewöhnlichen Mädchens eingehender zu beschäftigen. Pippi Langstrumpf ist 1949 zum ersten Mal auf Deutsch erschienen und damit so alt wie die Bundesrepublik Deutschland. Seit ihrem Erscheinen wurde dieser Kinderbuchklassiker in mittlerweile fast 60 Sprachen übersetzt, darunter Friesisch (inklusive Föhrfriesisch, Syltfriesisch und Mooringfriesisch), Aserbaidschanisch, Kymisch (Walisisch), Kasachisch und Zulu. Man kann also davon ausgehen, dass Buch und Figur auf der ganzen Welt bekannt sind und von Kindern, aber auch von vielen Erwachsenen geliebt werden. Fast jeder kennt Pippi Langstrumpf und verbindet mit ihr positive Erinnerungen. Sie ist ungeachtet der Kontroversen um ihr Verhalten und dessen Wirkung in vielen Kinderzimmern heimisch, und auf unzähligen Faschingsfesten hat ihr Outfit Kultstatus erreicht.

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Inhaltsverzeichnis
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Schriftliche Hausarbeit zur Ersten Staatsprüfung für die Laufbahn an Grund- und Hauptschulen in Schleswig-Holstein

Kinder aus verschiedenen

Kulturkreisen und ihr Zugang zu

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1 Einleitung 4

2 Pippi Langstrumpf und ihr internationaler Humor 102.1 Humor - Komik - Lachen 10 2.1.1 Antike 11 2.1.2 Mittelalter 12 2.1.3 Renaissance 12

2.1.4 Frühe Neuzeit bis Gegenwart 13

2.1.5 Henrich und seine ursprüngliche Grundform der Komik 14

2.1.6 Lachen bei Kindern und Erwachsenen 16

2.2 Wider die Hierarchisierung von kindlicher und erwachsener Komikkultur in der Kinder- und Jugendliteratur 18

2.3 Komik in der Kinder- und Jugendliteratur - kurzer historischer Abriss 21

2.4 Komik bei Pippi Langstrumpf 24

2.5 Pippi Langstrumpf als komische Figur 25

2.5.1 Komik des Unerwarteten, Überraschenden und Exzentrischen 26

2.5.2 Komik der äußeren Erscheinung 27

2.5.3 Komik des grotesken Leibes 30

2.5.4 Komik des Missverstehens 31

2.6 Anmerkungen zu Pippis Komik im internationalen Vergleich 33

3 Text- und Veröffentlichungsgeschichte von Pippi Langstrumpf 343.1Anfänge derUr-Pippi34

3.2Humor und Komik im Text vonUr-PippiundBuch-Pippi36

3.2.1Komik im Verhalten derUr-Pippi38

3.2.2Komik auf der sprachlichen Ebene derUr-Pippi39

3.2.3Astrid Lindgrens Haltung zuUr-undBuch-Pippi42

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4 Befragung von Schülerinnen und Schülern an ausgewählten Grundschulen in Flensburg zu Pippi Langstrumpf 444.1 Rahmenbedingungen 44 4.2 Aufbau des Fragebogens 45 4.2.1 Allgemeines 45

4.2.2 Differenzierungskriterium Familiensprache 46 4.2.3 Fragen 1 bis 11 48

4.3 Durchführung der Fragebogenaktion 49 4.3.1 Vorbereitung 49

4.3.2 Auswahl der Geschichte 49

4.3.3 Bearbeitung des Fragebogens 50

4.4 Auswertung der Fragebögen 52

4.5 Darstellung der Ergebnisse 53

4.5.1 Frage 1 - Vorkenntnisse 53

4.5.2 Frage 2 - Assoziationen zum Namen „Pippi“ 54

4.5.3 Frage 3 - Körperliche Stärke 54

4.5.4 Frage 4 - Worüber lachen Kinder in der Geschichte „Pippi geht in die Schule“? 55

4.5.5 Frage 5 - Einstellung zu Pippis sprachlichem Verhalten 56

4.5.6 Frage 6 - Pippis Lügengeschichten 57

4.5.7 Frage 7 - Unberechenbarkeit von Pippis Verhalten 58

4.5.8 Frage 8 - Groteskes Verhalten 59

4.5.9 Frage 9 - Wahrnehmung von Pippi als Kasper 62

4.5.10 Frage 10 - Können auch Erwachsene über Pippi lachen? 63

4.5.11 Frage 11 - Warum könnte es für dich lustig sein, mit Pippi befreundet zu sein? 64

4.6 Diskussion der Ergebnisse 65

4.7 Astrid Lindgren und ihr Verhältnis zu Kindern 67

4.8 Astrid Lindgren und ihre schriftstellerische Bedeutung für Kinder 70

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1Einleitung

Am 14.11.2007 wäre Astrid Lindgren 100 Jahre alt geworden. Besonders ihre bekannteste Kinderbuchfigur Pippi Langstrumpf erfährt im Zuge der vielen Jubiläumsfeierlichkeiten, die schon Anfang des Jahres begannen, große Aufmerksamkeit. Ihr zu Ehren wurden (und werden) Ausstellungen gezeigt1, alte Verfilmungen wiederholt und unzählige Schulkinder engagierten sich bei Theateraufführungen und Schreibwettbewerben. Der Hamburger Verlag Friedrich Oetinger, der das gesamte Werk Astrid Lindgrens herausgibt, veröffentlichte eine neu illustrierte Sonderausgabe von Pippi Langstrumpf und publizierte im August erstmals den bisher nicht zugänglichen, sozusagen „pränatalen“ Text des ursprünglichen Manuskripts, die sogenannteUr-Pippi2. Diese Ankündigung machte mich neugierig und ich begann, mich mit der „Geburts-“ und Lebensgeschichte dieses ungewöhnlichen Mädchens eingehender zu beschäftigen.

Pippi Langstrumpf ist 1949 zum ersten Mal auf Deutsch erschienen und damit so alt wie die Bundesrepublik Deutschland. Seit ihrem Erscheinen wurde dieser Kinderbuchklassiker in mittlerweile fast 60 Sprachen übersetzt, darunter Friesisch (inklusive Föhrfriesisch, Syltfriesisch und Mooringfriesisch), Aserbaidschanisch, Kymisch (Walisisch), Kasachisch und Zulu.3Man kann also davon ausgehen, dass Buch und Figur auf der ganzen Welt bekannt sind4und von Kindern, aber auch von vielen Erwachsenen geliebt werden. Fast jeder kennt Pippi Langstrumpf und verbindet mit ihr positive Erinnerungen. Sie ist ungeachtet der Kontroversen um ihr Verhalten und dessen Wirkung in vielen Kinderzimmern heimisch, und auf unzähligen Faschingsfesten hat ihr Outfit Kultstatus erreicht.

bspw. „Hej Pippi Langstrumpf“ in Hameln (13.2. - 1.7.2007), „Zwei mal Drei macht Vier.1

100 Jahre, die Welt der Astrid Lindgren“ in Lübeck (14.11.2007 - 17.2.2008)

Lindgren, Astrid. Ur-Pippi. Hamburg: Verlag Friedrich Oetinger 20072

vgl. Pressemappe des Verlags Friedrich Oetinger (http://www.vgo-3

presse.de/fileadmin/verlagsgruppe-oetinger.de/pdf/autoren/3176.pdf) (Abruf

10.12.2007)

Hurrelmann, Bettina, S. 844

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Neben diesen privaten Zugängen ist Pippi inzwischen als Ikone in die didaktische Literatur eingegangen: Eine Vielzahl von Unterrichtsmaterialien macht sich ihre Bekanntheit zunutze und setzt die Figur für den Literaturunterricht5, für fächerübergreifende Lehrangebote6und sogar als persönliche Begleiterin in Mathematikbüchern7ein. Elektronisch zugängliche Unterrichtsmaterialien für Lehrkräfte bieten mit Pippi Langstrumpf als Leitfigur vielfältige Anregungen auf Arbeitsblättern und für Projekttage.8Bei der Sichtung dieser Materialien stellte sich mir die Frage, inwiefern diese Angebote auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Kindern aus unterschiedlichen Kulturkreisen und entsprechend einer anderen als der deutschen Muttersprache abgestimmt sind. Ist Pippi möglicherweise in den Familien nicht-deutscher Herkunft so wenig verankert, dass sie den Kindern als Identifikationsfigur gar nicht zur Verfügung steht? Können diese Kinder die besonderen Merkmale dieses westeuropäischen Kinderbuchklassikers erfassen? Verstehen sie Pippis ausgeprägten Sprachwitz, wenn sie eine deutsche Fassung des Buches lesen oder eine Bearbeitung sehen bzw. hören? Und wie reagieren Kinder aus unterschiedlichen Kulturkreisen auf die immer noch provozierenden Verhaltensweisen Pippis, auf ihr Verhältnis zu Erwachsenen, besonders gegenüber Autoritätspersonen wie Lehrern, Polizisten und auch Eltern? Amüsieren sie sich genauso über Pippis Auftreten und Verhalten wie deutschsprachige Kinder?

Lachen Kinder aus unterschiedlichen Kulturkreisen über dieselben Scherze und Witze?

vgl. Fischer, Claudia5

vgl. Hormann, Rose/Löss, Cornelia6

vgl. Kurth, Ina/Vernay, Rüdiger .7

bspw. http://www.lehrer-online.de/660677.php?sid=8

59356781444147640119448324832150 (Abruf 6.12.2007),

http://www.lehrerportal.info/news+index.storytopic+0+start+2220.htm (Abruf

6.12.2007) oder http://www.4teachers.de/?action=search&sid=

1d59c2f952d76ef2b3773a2d5268104b&searchstring=pippi+Langstrumpf&searchtype=

materials (Abruf 6.12.2007)

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Dass Erwachsene dies nicht tun, spiegelt sich wohl am deutlichsten im

sogenannten Karikaturenstreit9wider, der im Jahre 2005 weltweit für Aufregung sorgte: In einer dänischen Tageszeitung waren zwölf Karikaturen abgebildet, die den islamischen Propheten Mohammed zum Thema hatten. Viele Muslime fühlten sich durch die bildlichen Darstellungen ihres Religionsstifters in ihren religiösen Gefühlen verletzt. Es kam zu gewalttätigen Ausschreitungen sowie Boykottaufrufen gegen dänische Produkte und Firmen. Neben einer grundsätzlichen Diskussion um Meinungs- und Pressefreiheit wird an diesem Beispiel deutlich, wie sehr der soziokulturelle Hintergrund die Auffassungen von Humor und seinen verschiedenen Ausdrucksformen (Komik, Satire) prägt.

Erwachsene waren es auch, die die Figur Pippi Langstrumpf seit ihrem Erscheinen immer wieder daraufhin überprüften, ob diese ungewöhnliche Kinderbuchfigur der geeignete „Umgang“ für lesende Kinder sei. Diese Frage wurde von einigen Literaturkritikern und Bibliothekaren oft entschieden verneint.10Sie befürchteten, dass Pippis unkonventionelle Verhaltensweisen „ansteckend“ sein könnten und sich aus friedlich lesenden Kindern freche Gören entwickeln würden. Andere sahen die Wirkung der Lektüre von Pippi Langstrumpf gelassener und trauten den jungen Leserinnen und Lesern zu, zwischen Pippis fiktiver und ihrer eigenen realen Welt unbeschadet unterscheiden zu können.

In den Jahrzehnten seit ihrem Erscheinen gab es in Deutschland immer wieder unterschiedliche Debatten um die Bedeutung und Einschätzung dieser literarischen Figur. Diese waren immer auch von jeweils aktuellen gesellschaftlichen Themen geprägt (Feminismus, Rassismus), die sich weltweit in der internationalen Rezeptions- und Übersetzungsgeschichte des Buches widerspiegeln.11

Darstellung und Zusammenfassung der Debatte u.a. unter http://www.lpb-9

bw.de/aktuell/karikaturenstreit.php

10vgl. Gebt uns Bücher, gebt uns Flügel, S. 100 f.

11vgl. Surmatz, Astrid