Kinder essen im Ganztag - Holger Renner - E-Book

Kinder essen im Ganztag E-Book

Holger Renner

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Beschreibung

Eine gesunde Ernährung ist wichtig. Gerade für Grundschulkinder bieten die verschiedenen Essenssituationen einen wichtigen Lern- und Lebensraum. Es geht ums Sattwerden, aber auch um soziale Kontakte und kulturelle Erfahrungen. Wie kann dies im pädagogischen Handlungsfeld aufgenommen werden? Wie gelingt eine gute Kooperation mit Köchen, Caterern, Lehrkräften, Kindern und Eltern? Themen wie diese und viele weitere behandelt dieses Buch.

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Seitenzahl: 136

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Qualität in Hort, Schulkindbetreuung und Ganztagsschule

Herausgegeben von Dr. Manja Plehn

KINDER ESSEN IM GANZTAG

Downloads unter www.herder.de/extras

Reihenkonzept:

Qualität in Hort, Schulkindbetreuung und Ganztagsschule

herausgegeben von Dr. Manja Plehn

Wie steht es mit der Qualität in Hort, Ganztagsschule und Schulkindbetreuung? Wie müssen die Angebote beschaffen sein, damit sie in gutem Ausmaß zumgelingendenAufwachsenvonKindernbeitragen? DieseFachbuchreihe

•beschreibt gute Qualität im Hort, Schulkindbetreuung und außerunterrichtlichen Kontexten der Ganztagsschule,

•gibt Impulse für die professionelle kindheits- bzw. sozialpädagogische Haltung,

•gibt Impulse für das professionelle pädagogische Handeln,

•gibt Impulse, die Qualität der eigenen Einrichtung zu reflektieren.

2. ergänzte und überarbeitete Auflage 2022

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2019

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Coverfoto: © petrograd99 / GettyImages

Fotos im Innenteil: S. 10 © Florian Bolck; S. 28 © Alexandr / #259323042 /stock.adobe.com; S. 30, 110 (M.) © Tommy Hentzel; S. 35, 51, 58, 66, 94, 110 (o.) © Rüdiger Sinn, Sigmaringen; S. 35, 51, 68, 76, 80, 94 © Kerstin Siebenmorgen; S. 82 (o.) © vulkanismus / # 216263121 / stock.adobe.com; S. 82 (u.) © terezqua /#212966692 / stock.adobe.com; S. 86, 110 (u.) © Manja Plehn, Dreieich; S. 40, 76, 84 © Schulkindbetreuung Schlossgespenst, Heusenstamm; S. 61 © Dietrich Bonhoeffer Schule, Dietzenbach; S. 102, 103 © Schülerhaus Dreisamtal, Kirchzarten

E-Book-Konvertierung: Sabine Ufer, Leipzig

ISBN (PDF) 978-3-451-82626-9

ISBN (Print) 978-3-451-39223-8

ISBN (EPUB) 978-3-451-82631-3

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Innentitel

Inhaltsverzeichnis

Informationen zum Buch

Impressum

Inhalt

Einleitung: Was Sie in diesem Buch erwartet (Manja Plehn)

1.Gute Nahrung für Kinder im Grundschulalter (Benjamin Perry)

1.1Gesunde Ernährung – grundlegende Aspekte

Wissen kompakt: DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen

1.2Zucker

Wissen kompakt: Versteckte Zucker

1.3Trinken

Wissen kompakt: Eine trinkfreundliche Umgebung schaffen

1.4Zusatzstoffe

1.5Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Lebensmittelallergien

1.6Gesunde Zwischenmahlzeiten

1.7Jahreszeitliche, regionale und nachhaltige Gestaltung des Speiseplans

1.8Zwischenfazit und Impulse für die Praxis

2.Über den Tellerrand hinaus: Schulverpflegung im Kontext (Manja Plehn)

2.1Ernährungsbildung – Definition und Ziele

2.2Schulverpflegung – jetzt auch nachhaltig

2.3Qualitätszeit gestalten

3.Die Akteure: Wünsche, Aufgaben, Verantwortung und Perspektiven (Holger Renner)

3.1Die Sicht der Kinder

3.2Die Sicht der Eltern

3.3Die Verantwortung des Schulträgers

Wissen kompakt: Verpflegungskonzepte

3.4Die Sicht der pädagogischen Fachkräfte

Wissen kompakt: Formen der Essensausgabe

3.5Die Verantwortung der Schule bzw. des Hortes/ der Schulkindbetreuung

3.6Die Verantwortung des Anbieters/Betreibers

4.Bedürfnisse von Kindern (Holger Renner)

4.1Körpererfahrung

4.2Selbstbestimmte Aktivitäten

4.3Andere Kinder

4.4Selbstwirksamkeit und die Erfahrung, nützlich zu sein

4.5Wissen und Können erwerben

5.Aufgaben pädagogischer Fachkräfte im Kontext der Schulverpflegung (Holger Renner und Manja Plehn)

5.1Interaktionen mit den Kindern gestalten

5.2Selbstwahrnehmung und -regulation der Kinder fördern

5.3Vorbild sein

5.4Zur Ernährungsbildung beitragen

5.5Den Rahmen gestalten

5.6Die Qualität der Schulverpflegung erheben, sichern, weiterentwickeln

Wissen kompakt: Qualitätszirkel Essen

6.Interaktionen rund ums Essen begleiten (Holger Renner, Manja Plehn und Benjamin Perry)

6.1Pädagogisch-professionelle Gestaltung von Interaktionen – ein Überblick

6.2Kinder unterstützen, sich wahrzunehmen und für sich zu sorgen

6.3Ernährungsbildung im Alltag erlebbar machen – Projekte

7.Die Mittagessenssituation: Strukturen und Abläufe (Holger Renner)

7.1Der Raum als pädagogisches Element

7.2Zeitraum – entspanntes Mittagessen ermöglichen

7.3Regeln am Mittagstisch

7.4Übergänge: Rituale vor und nach dem Essen

8.Partizipation rund ums Essen: Impulse (Holger Renner und Manja Plehn)

8.1Den Rahmen gemeinsam gestalten

8.2Kinder kochen und planen

Wissen kompakt: Kinder beurteilen ihr Essen

9.Praxisbeispiel – Schülerhaus Dreisamtal, Kirchzarten

Literatur

Weiterführende Links

Die AutorInnen

Einleitung: Was Sie in diesem Buch erwartet

von Manja Plehn

Rund zwei Drittel der Grundschulkinder in Deutschland besuchen derzeit einen Hort, eine Ganztagsschule oder eine Übermittagbetreuung. 2026 wird es einen gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung geben. Durch die längere und häufigere Teilnahme an ganztägiger Bildung und Betreuung werden diese Institutionen zur täglichen Lebenswelt der Kinder. Dazu gehört auch das gemeinsame Essen. Die Definition der Kultusministerkonferenz für Ganztagsschulen beinhaltet, dass „an allen Tagen des Ganztagsschulbetriebs den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern ein Mittagessen bereitgestellt wird“ (KMK 2018: 4).

Welche Anforderungen müssen erfüllt werden, um eine Essens- und Verpflegungssituation in Schule und Hort zu gewährleisten, die die Kriterien einer gesunden und ernährungsphysiologisch wertvollen Ernährung für Grundschulkinder beachten? Und welche Herausforderungen ergeben sich für eine pädagogische Gestaltung der Mittagessenssituation? Denn das gemeinsame Essen ist weit mehr als Nahrungsaufnahme: Da geht es um soziale Kontakte und Kompetenzen, um Vorlieben und Abneigungen, um kulturelle Erfahrungen und Regeln, aber auch um Ernährungswissen. Es eröffnet sich ein Lern- und Lebensraum, der im Kontext der institutionellen Verpflegung als pädagogisches Handlungsfeld Ernährungsbildung aufgegriffen werden kann (→ Kap. 2).

Für beide Themenkomplexe, die eng miteinander verzahnt sind, möchten wir in diesem Buch Antworten liefern. Ob Sie die Qualität der Essenssituation in Ihrer Einrichtung verbessern möchten oder ob Sie gerade erst auf dem Weg sind zum Ganztagsangebot mit Mittagsmahlzeit: In diesem Buch finden Sie fachlich fundierte Impulse zu ernährungsphysiologischen Grundlagen und Impulse zur Gestaltung des pädagogischen Handlungsfelds „Mittagessen organisieren und begleiten“. Wichtig ist uns, zu verdeutlichen: Das Setting „Mittagessen“ kann die verschiedensten Entwicklungsbereiche von Kindern beeinflussen und ihre gesunde Entwicklung nachhaltig beeinflussen. Für institutionelle Kontexte ist das eine große Herausforderung, bietet aber auch Chancen und Möglichkeiten – die wir aufzeigen wollen.

„Wie sieht sie eigentlich aus, die gesunde Ernährung für Kinder und Jugendliche?“ Benjamin Perry beantwortet im ersten Kapitel des Buches diese Frage. Der Profikoch erklärt die Grundlagen, ausgehend von ernährungsphysiologischen Grundsätzen und auf aktuelle Forschungsergebnisse gestützt. Er präsentiert und erläutert seinen Ernährungskreis, orientiert u. a. an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), der übersichtlich zeigt, was für eine gesunde Entwicklung von Kindern im Grundschulalter zuträglich ist. Darüber hinaus gibt er – als Koch einer Schulküche – Tipps für die Praxis. Vom Umgang mit Allergien bis zum Reizthema Zucker – Perry vermittelt fachlich korrektes Ernährungswissen. Sein engagierter Beitrag macht deutlich: Es reicht nicht, Kindern einfach „nur“ gesundes Essen anzubieten. Ein objektiv „gesundes“ Essen, das die sensorischen und gustatorischen Vorlieben von Kindern völlig außer Acht lässt, wird nicht ankommen bei der Zielgruppe. Auf das kindgerechte Setting kommt es an!

Wie das pädagogische Handlungsfeld „Mittagessen“ qualitätvoll begleitet und organisiert werden kann, ist Thema der folgenden Kapitel. Die Grundhaltung ist – wie in allen Bänden dieser Reihe – eine kindheitspädagogische, das heißt, das individuelle Kind mit seinen Bedürfnissen und Rechten steht im Mittelpunkt. Welche Bedürfnisse haben „große Kinder“ und welche Zusammenhänge ergeben sich für die Gestaltung der Mittagessenssituation (→ Kap. 4)? Es zeigt sich, dass fürKinderBewegung, SelbstbestimmungundSelbstwirksamkeitskeitserfahrungen ebenso wichtig sind wie der Wissenserwerb. Daraus ergeben sich wichtige Hinweise für die Aufgaben pädagogischer Fachkräfte in Hort und Ganztagsschule als non-formale Bildungsorte (vgl. Plehn 2019b): Über das Essen lernen die Kinder vieles bereits in der Grundschule – Ernährungspyramide, Lebensmittelkunde etc. –, was die Kinder tagtäglich beim Essen lernen können, begleitet von pädagogischen Fachkräften, eröffnet ganz andere Aufgabenfelder (→ Kap. 5). Hier steht die Interaktion mit den Kindern im Vordergrund, es geht ums Vorbild-Sein, um Ernährungsbildung, die mehr ist als Wissensvermittlung. Darüber hinaus können pädagogische Fachkräfte zur Qualitätssicherung und -weiterentwicklung der Schulverpflegung beitragen. Weil die Interaktionen rund ums Essen so bedeutsam sind, haben wir diesem Thema ein eigenes Kapitel gewidmet (→ Kap. 6), ebenso wie den Möglichkeiten zur Mitwirkung der Kinder (→ Kap. 8).

Es liegt uns fern, die Mittagessenssituation mit pädagogischen Ambitionen zu sehr zu befrachten. Kinder im Grundschulalter haben das Bedürfnis nach Räumen und Zeiten ohne Erwachsene. Sie brauchen Freiräume. Das Essen soll schmecken und das Miteinander-Essen Spaß machen. Lärm, Raummangel, zu wenig Zeit zum Essen – das sind allerdings Genusskiller – für Kinder und Erwachsene. Wie kann das Mittagessen für alle genussvoll und erfahrungsreich organisiert werden? Räume, Zeitstrukturen, Abläufe – bei der Gestaltung gibt es viele Varianten (→ Kap. 7). Ein Beispiel, wo viele Faktoren für alle Beteiligten positiv erlebbar umgesetzt werden konnten, präsentieren wir zum Abschluss (→ Kap. 9).

Ein erfolgreiches Konzept der Essensverpflegung in Hort und Ganztagsschule ist immer das Ergebnis einer gelingenden Kommunikation zwischen den verschiedenen Beteiligten. Die Wünsche, Aufgaben und Verantwortungsbereiche differieren (→ Kap. 3). Nur miteinander lassen sich tragfähige qualitätvolle Konzepte entwickeln.

Ich wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Manja Plehn

Von der Schulkindbetreuung zur Schulkindbegleitung

Vielerorts wurden Einrichtungen für Grundschulkinder „Schulkindbetreuung“ oder auch schlicht nur „Betreuung“ genannt. Mittlerweile wehrt sich die Praxis dagegen, auf ihren Betreuungsauftrag reduziert zu werden. Sie verstehen sich auch als Bildungseinrichtung und wollen so verstanden und genannt werden. Das zeigen Diskussionen in der AG Kinder zwischen 6 und 12 Jahren der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit e.V. (BAG-BEK). Da auch wir AutorInnen diese Haltung vertreten, verwenden wir in diesem Band ausschließlich den Begriff Schulkindbegleitung. Er drückt aus, dass die pädagogischen Einrichtungen Kinder im Grundschulalter in ihrer Entwicklung und Bildung begleiten. Dass sie auch ihrem Betreuungsauftrag nachkommen, ist dabei mitgedacht.

Arbeitshilfen zum Downloaden

Manja Plehn hat zu diesem Buch Reflexionsimpulse zum pädagogischen Handlungsfeld „Schulverpflegung“ entwickelt. Die Reflexionsimpulse bieten Ihnen eine strukturierte Möglichkeit, einen Eindruck der Qualität als Beschaffenheit des Angebotes „Schulverpflegung“ in Ihrer Einrichtung zu gewinnen. Dazu zählen die organisatorische und strukturelle Gestaltung sowie die sozialen Interaktionen zwischen den pädagogisch tätigen Professionellen mit den Kindern.

Darüber hinaus wurden „Dialogimpulse für Kinder“ entwickelt mit Fragen, die Sie an die Kinder stellen können.

Benjamin Perry hat unter dem Motto „Kinder kochen selbst“ exklusiv für dieses Buch erprobte Rezepte zur Verfügung gestellt.

Downloads unter www.herder.de/extras

1.Gute Nahrung für Kinder im Grundschulalter

von Benjamin Perry

1.1Gesunde Ernährung – grundlegende Aspekte

Grundlage der Herangehensweise an das Thema „gesunde Ernährung“ ist das Wissen über den starken Einfluss der Ernährung auf unser Leben. Kaum ein anderer Aspekt unserer Lebenswelt bestimmt unser Wohlbefinden, unsere gesunde Entwicklung, unseren psychischen Zustand und die Zeit, die wir im Alter noch agil und gesund leben können, so sehr wie unsere Ernährung. Es ist grundlegend wichtig, was wir essen! Diese Entwicklung beginnt schon im Mutterleib: Hier werden durch die Versorgung des wachsenden Kindes mit essenziellen Fettsäuren, Aminosäuren und Mineralien die Grundlagen für ein gut entwickeltes und „leistungsfähiges“ Gehirn gelegt (vgl. McCann & Ames 2005). In dieser Entwicklungsphase kann beispielsweise ein Mangel an Folsäure fatale Folgen haben (vgl. MRC Vitamin Study Research Group 1991).

Was wir als Kleinkinder und Kinder über das Thema Ernährung lernen, also vorgelebt bekommen und selbst erleben und erfahren, legt den Grundstein für unsere spätere Entwicklung, für unseren gesamten Lebensweg.

Man könnte unsere groben, aber auch schädlichsten Ernährungs-Fehlentscheidungen vielleicht so zusammenfassen: Wir essen zu fett, zu süß und zu salzig. Über die Auswirkungen einer solchen Ernährung auf unseren Körper und unser Wohlbefinden werden wir im Folgenden noch genauer eingehen – insbesondere auf das Thema Zucker.

Ich habe mich viele Jahre mit dem Wissen zu optimaler Ernährung auseinandergesetzt und habe mich mit den Empfehlungen großer Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und anderen Ernährungsinstituten beschäftigt. Viele Versuche in der Praxis und die Suche nach der Antwort auf die Frage, was eine grundsätzlich gesunde Ernährungsweise für Kinder im Grundschulalter ist und was logistisch möglich ist, fließen in diese Arbeit ein.

Auf dieser Basis habe ich einen eigenen Ernährungskreis entwickelt:

Abb. 1: Benjamin Perry-Ernährungskreis®

Der Ernährungskreis besteht aus sieben Segmenten:

•Gemüse

•Obst

•Komplexe Kohlenhydrate

•Ungesättigte, gesunde Fette

•Nüsse, Beeren, Samen

•Fleisch, Fisch (Weidehaltung, Wildfang)

•Milchprodukte

Die größte Gruppe setzt sich aus Gemüse und komplexen Kohlenhydraten zusammen.

Gemüse sollte möglichst frisch und mehrmals am Tag verzehrt werden. Hierbei ist ein Drittel Anteil an rohem Gemüse empfehlenswert.

Gemüse enthält viele Mineralien und Vitamine, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, Makronährstoffe, Mineralien sowie Fett- und Aminosäuren, meist rein und in hohem Anteil.

Damit ist es wohl das gesündeste und ernährungsphysiologisch abwechslungsreichste Nahrungsmittel, das uns die Natur zu bieten hat. Es ist nahezu unmöglich, sich mit Gemüse „falsch“ zu ernähren. Je abwechslungsreicher wir Gemüse essen, desto mehr profitieren wir von dieser Vielfalt.

Auch Hülsenfrüchte (Leguminosen) können botanisch dem Gemüse zugeordnet werden. Insbesondere der hohe Eiweißgehalt und die sekundären Pflanzenstoffe machen sie für eine ausgewogene Ernährung attraktiv. In meinem Segment „Gemüse“ sollte der Anteil an Hülsenfrüchten bei etwa 15 Prozent liegen.

Komplexe Kohlenhydrate sind Kohlenhydrate, die aus natürlichen, unverarbeiteten Nahrungsmitteln stammen. Alle Kohlenhydrate werden in unserem Körper wie Zucker verstoffwechselt. Dabei haben die komplexen Kohlenhydrate einen großen Vorteil: Sie schlüsseln den Zucker während der Verdauung langsam auf, was einen positiven Effekt auf unseren Blutzuckerspiegel hat. So stellen diese „langsam aufschließenden“ Kohlenhydrate eine Vielzahl an Ballaststoffen und eine große Menge Vitamine, Mineralstoffe und Mineralien zur Verfügung.

Getreidesorten wie Hafer, Bulgur und Couscous, Mischungen mit hohem Vollkornanteil, Gemüse und Linsen sorgen dafür, dass der Blutzucker langsam und auf einen längeren Zeitraum hin ansteigt und dann wieder langsam abfällt. Dadurch werden wir lange und optimal mit Energie versorgt – denn das Hormon Insulin erfüllt seine vielleicht wichtigste Aufgabe: Es regt wie ein Türöffner die Körperzellen dazu an, Energie aufzunehmen.

Bei „leeren“ Kohlenhydraten wie z. B. Weißmehlprodukten, raffiniertem Zucker und stark verarbeiteten Lebensmitteln (Teig- und Backwaren aus Weißmehl und Zucker, Süßigkeiten, Softdrinks etc.) ist vor allen Dingen ein Effekt negativ zu bewerten: Der Blutzuckerspiegel steigt schnell und stark an, woraufhin der Körper große Mengen Insulin ausschüttet, um dem entgegenzuwirken. Der Blutzuckerspiegel fällt wieder schnell stark ab – und zwar unter die gewünschte Marke. Ist der Blutzucker dann „im Keller“, entsteht der typische Heißhunger und der Körper verlangt nach mehr Energie. Je häufiger diese Achterbahnfahrt startet, je weniger Pausen der Körper bekommt, desto weniger reagieren die Körperzellen auf das Insulin, sodass der Körper immer größere Mengen Insulin braucht – ein Teufelskreis. Gleichzeitig wird während der Insulinausschüttung die Fettverbrennung eingestellt, der Körper hat ja genug Energie zur Verfügung. Langzeitfolge einer solchen Ernährungsweise kann ein Diabetes Typ II sein (vgl. Buyken et al. 2010), der zunehmend bereits bei Kindern diagnostiziert wird (vgl. Urakami et al. 2005).

Obst enthält einen hohen Vitaminanteil, wichtige Antioxidantien und Mineralien. Es ist daher sehr wichtig für den Körper, sollte ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung sein und täglich gegessen werden – gemeint ist hier immer frisches, unverarbeitetes Obst, idealerweise in Bioqualität.

Allerdings gilt es zu beachten, dass Obst von Natur aus einen hohen Fructose-Anteil hat. Diese Zuckerart hat den Nachteil, dass sie, anders als Glucose, schnell über die Leber verstoffwechselt wird. Sind die Speicher voll, bildet sich Körperbzw. Leberfett (vgl. Kast 2018: 129).

Der Fructose-Gehalt von Bananen ist derart hoch, dass tatsächlich abzuraten ist, sie übermäßig zu essen. Gleiches gilt für Trockenobst. Fruchtsäfte werden gerne pur getrunken, was fälschlicherweise als „gesund“ gilt. Doch auch hier ist es ratsam, sie maßvoll zu sich zu nehmen und besser Saftschorlen zu trinken (mehr zu diesem Thema im Kapitel 1.2 Zucker, S. 18 ff.).

Ungesättigte gesunde Fette sind äußerst wichtig für den menschlichen Organismus. Und auch wenn es paradox klingt: Wer konstant eine ausreichende Menge gesunde Fette zu sich nimmt, fördert in erheblichem Maß seine Fettverbrennung (vgl. Micallef et al. 2009). Eine gute Quelle für gesunde Fette sind z. B. Avocados, Nüsse und Fisch.

Auch kaltgepresste Öle wie Leinöl, Rapsöl, Kokosöl und Schwarzkümmelöl liefern viel Energie aus gesunden Fetten und können gut mit Salaten, Quark und anderen kalten Speisen kombiniert werden. Kaltgepresst deshalb, da die empfindlichen Fettsäuren leicht durch Hitze angegriffen bzw. zerstört werden. Nur kaltgepresst können diese Fette ihre positive Wirkung auf unseren Stoffwechsel entfalten, Entzündungsprozesse hemmen und oxidativen Stress verringern.

Nüsse, Beeren und Samen haben einen außerordentlich wichtigen Stellenwert in einer ausgewogenen Ernährung. Gerade bei dem Thema „Snack“ kann man wunderbar Nüsse, Beeren und Samen einbauen (mehr zu diesem Thema: → Kap. 1.6 Gesunde Zwischenmahlzeiten, S. 28 f.).

Nüsse könnten auch in der Kategorie „ungesättigte, gesunde Fette“ aufgeführt werden, denn sie sind voll davon. Eine Handvoll Nüsse am Tag ist ein gutes Maß, um den Bedarf zu decken. Beeren sollten Kinder, zumindest in der Saison, ausreichend naschen, denn sie stecken voller Antioxidantien und sekundärer Pflanzen- und Mikronährstoffe. So werden die freien Radikale und negativer Umweltstress des Körpers gut in Schach gehalten. Ein Snack kann ein Joghurt oder Müsli sein, mit einigen Beeren und z. B. Leinsamen oder Nüssen.

Fleisch (Weidehaltung) und Fisch (Wildfang) haben in einer ausgewogenen ErnährungeinenherausgehobenenStellenwert. BeideenthaltenOmega-3-Fettsäuren, die der menschliche Körper nicht bzw. nur eingeschränkt selbst herstellen kann. Ein sehr guter Omega-3-Lieferant ist Fisch, daher sollte grundsätzlich mehr Fisch als Fleisch gegessen werden. Beim Verzehr sowohl von Fisch als auch von Fleisch gilt: Qualität vor Quantität. Sie sollten Kindern nicht täglich angeboten werden.

Fisch ist einerseits ein gesundes Nahrungsmittel, kann aber mit Schwermetallen belastet sein. Außerdem sind durch Überfischung die Bestände in den Weltmeeren gefährdet (vgl. FAO-Report 2018). Daher ist umweltschonend gewachsener Fisch aus Wildfang zu bevorzugen. Eine gute Alternative ist Fisch aus der Region, z. B. Forelle, Karpfen, Zander etc.