King of Hearts - Mit dir vereint - L. H. Cosway - E-Book

King of Hearts - Mit dir vereint E-Book

L. H. Cosway

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Beschreibung

Als die 27-jährige Alexis zum ersten Mal ihrem neuen Chef gegenübersteht, weiß sie, dass sie ein Problem hat: Oliver King ist nicht nur einer der erfolgreichsten Investmentbanker der Londoner City, sondern außerdem unfassbar sexy, und er zieht Alexis mit seinem undurchdringlichen Blick augenblicklich in seinen Bann. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für ein professionelles Arbeitsverhältnis. Bald ist die Anziehung zwischen ihnen zu stark, um sie zu ignorieren. Doch Alexis ahnt nicht, dass King etwas vor ihr verbirgt. Ein dunkles Geheimnis, das ihr Leben für immer verändern wird ... (ca. 450 Seiten)

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Inhalt

TitelZu diesem BuchERSTES BUCH123456789101112131415ZWEITES BUCH161718192021222324EpilogDie AutorinL. H. Cosway bei LYXImpressum

L. H. COSWAY

King of Hearts

Mit dir vereint

Roman

Ins Deutsche übertragenvon Maike Hallmann

Zu diesem Buch

Als die 27-jährige Alexis zum ersten Mal ihrem neuen Chef gegenübersteht, weiß sie, dass sie ein Problem hat: Oliver King ist nicht nur einer der erfolgreichsten Investmentbanker der Londoner City, sondern außerdem unfassbar sexy, und er zieht Alexis mit seinem undurchdringlichen Blick augenblicklich in seinen Bann. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für ein professionelles Arbeitsverhältnis. Bald ist die Anziehung zwischen ihnen zu stark, um sie zu ignorieren. Doch Alexis ahnt nicht, dass King etwas vor ihr verbirgt. Ein dunkles Geheimnis, das ihr Leben für immer verändern wird …

Marie, you’re the wild blue sky

And men do foolish things

You turn kings into beggars

And beggars into kings

– Tom Waits: All the World is Green

ERSTES BUCH

Vorher

1

Johnson-Pearse-Bank, Canary Wharf, London 2009

Ich war nervös.

Außerdem prokrastinierte ich, saß auf einer Bank und schaute zu, wie Männer und Frauen vorbeihasteten, eine endlose Parade von Leuten, die »zu tun hatten«. Bis ich zu meinem Vorstellungstermin hineingehen musste, blieben mir noch zehn Minuten, und ich kostete jedes dieser kleinen Scheißerchen ebenso gierig aus, wie ich immer meinen Kaffee bis zum allerletzten bitteren Tropfen leerte.

Obwohl ich mein ganzes Leben in London verbracht hatte, war ich bisher noch nie in Canary Wharf gewesen. Es hatte irgendwie nie einen Anlass dafür gegeben – bis heute. Es war eine eigenartige Gegend, alles außerordentlich geschäftsmäßig, in der Luft lag der Geruch nach Geld, und der Typ mit dem Zeitungsstand dort drüben, nur wenige Meter von mir entfernt, dealte ganz eindeutig. Dort, wo ich aufgewachsen war, hatte ich ein Auge für so etwas entwickelt. Die Schlipsträger konnten einfach zu ihm gehen und eine Zeitung kaufen, und der Typ steckte ein kleines Extra hinein. Dann konnten die Schlipsträger zu ihren Büros davonschlendern und in den Arbeitstag starten, ganz lässig, als wäre nichts gewesen.

Irgendwie war es deprimierend, dass auch in einer solchen Gegend mit Drogen gehandelt wurde. Der einzige Unterschied war, dass die Leute hier es sich tatsächlich leisten konnten.

Na gut – es war Zeit für meinen Auftritt. Ich stand auf, wischte mir die schweißfeuchten Hände am Kleid ab, atmete tief durch und setzte mein Pokergesicht auf. Ich war entschlossen, mich mit außerordentlicher Kühnheit ins Gespräch zu stürzen, und es gehörte zu meinen natürlichen Begabungen, überzeugend aufzutreten, auch wenn mir in Wirklichkeit ganz anders zumute war. Ich bewarb mich heute bei einer der führenden Investmentbanken des Landes als Assistentin der Geschäftsleitung … und meine kläglichen Referenzen bestanden nur aus einem Diplom in Administration und vielen Jahren Berufserfahrung als Bardame. Ich war immer noch ganz verblüfft, dass ich es überhaupt geschafft hatte, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Zumal die meisten Firmen die Adressen der Bewerber überprüften, und ich hegte den dumpfen Verdacht, dass die Johnson-Pearse-Bank insgesamt ziemlich genau nullkommagarkeinen Angestellten beschäftigte, der aus meiner Ecke stammte.

Ich trat an die Rezeption und lächelte der Dame hinter dem Tresen zu. »Hi, ich komme wegen eines Bewerbungsgesprächs als Assistentin der Geschäftsleitung, ich habe einen Termin mit Mr King.«

Mit abschätzig hochgezogener Augenbraue musterte sie mich rasch von Kopf bis Fuß. Man musste kein Genie sein, um ihre Gedanken zu erraten: Sie hatte meinen Akzent registriert, der mich als jemanden aus dem südlichen Teil Londons auswies, und fragte sich, was zum Teufel ich hier wohl suchte. Mit dieser Frage war sie nicht allein – trotz meines entspannten Auftretens litt ich unter einem akuten Anfall des Hochstapler-Syndroms.

Schließlich nickte sie mit geschürzten Lippen und wies mich an, vor einem großen Büro am Ende des Korridors zu warten, bis man mich aufrief. Dort warteten schon stumm einige andere Leute. Manche von ihnen sahen ebenso nervös aus, wie ich mich fühlte, andere wiederum wirkten vollkommen entspannt. Vielleicht taten sie auch nur so.

Die Minuten schleppten sich dahin. Andere Kandidaten wurden ins Büro gerufen, manche kamen mit einem selbstgefälligen Lächeln auf den Lippen wieder heraus, andere sahen aus, als wollten sie am liebsten nach Hause und sich gründlich ausweinen. Ich konnte mir gut vorstellen, in nicht allzu ferner Zukunft eine von ihnen zu sein.

Die Tür öffnete sich, und ein älterer Mann trat heraus. »Alexis Clark?«, rief er und ließ den Blick über die verbliebenden Wartenden schweifen.

Ich sprang auf, wischte mir noch einmal die schweißfeuchten Hände am Kleid ab und trat vor. Mir war zumute, als spielte sich alles, was außerhalb meines eigenen Körpers geschah, in Zeitlupe ab, während mein Herz rasend schnell schlug. Nachdem ich mich neulich von meinem Freund Stu getrennt und kurz darauf im Pub gekündigt hatte, brauchte ich dringend einen Job.

Als ich eintrat, stellte ich fest, dass mir im Gespräch nicht nur der ältere Herr gegenübersitzen würde, sondern noch zwei weitere Leute, ein Mann und eine Frau. Rasch nahm ich die Frau in Augenschein, sie schien in ihren Sechzigern zu sein und taxierte mich mit klugen Augen. Dann schaute ich zu dem blonden Typen hinüber, der auf der Fensterseite des Tisches saß, ein Handy am Ohr. Leise lächelnd schaute er aus dem Fenster. Er war fit mit einem großen »F«, und, wenn ich ehrlich sein soll, zu attraktiv für einen Bankier. Kein typisches Großstadtbengel-Ekelpaket, und er hatte auch nicht die kalten, geldgierigen Augen älterer Bankiers. Nein, ihm war die unbekümmerte Schönheit eines männlichen Models zu eigen – oder eines Hollywoodstars.

Kurz blieb sein Blick an mir hängen, schweifte ab, dann schaute er mich wieder an, als würde er mich erst jetzt richtig wahrnehmen. Mit einer Mischung aus Belustigung und Faszination ließ er langsam den Blick über meine Erscheinung wandern, ehe er sich wieder seinem Telefonat widmete. Oookay, nein, mir waren kein Stück die Knie weich geworden, nicht im Mindesten!

»Ja, in Ordnung, Greg, natürlich glaube ich dir deinen Stroh-zu-Gold-Schwachsinn – übrigens nehme ich jetzt Bauchtanzunterricht und habe mir beidseitig Ohrlöcher stechen lassen.« Er lachte leise und zynisch in sich hinein, und beim Klang dieses tiefen Lachens bekam ich eine Gänsehaut. »Ich erinnere mich außerordentlich deutlich daran, wie du 2006 etwas Ähnliches abgezogen hast. Von einer Sekunde auf die andere haben alle die Phillips-Gruppe gemieden wie der Teufel das Weihwasser, und in der Woche drauf fährst du in einem brandneuen BMW durch die Gegend.«

Die beiden anderen saßen stumm da und warteten, während er telefonierte, und ich kam zu dem Schluss: Obwohl er der Jüngste von ihnen war, hatte Blondie hier das Sagen. Hm. Kurz darauf beendete er sein Gespräch, legte das Handy auf den Tisch und verschränkte die Hände. Mit einem raschen Blick bedeutete er dem älteren Mann, er könne anfangen.

»Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Alexis. Mein Name ist Daniel James, ich bin Senior-Geschäftsführer der Johnson-Pearse-Bank.« Wir schüttelten einander die Hand. »Die Dame hier ist Eleanor Price, Mr Kings gegenwärtige Assistentin. Sie geht demnächst in Ruhestand, und wir suchen eine Nachfolgerin.«

Jetzt schüttelte ich Eleanors Hand. Sie wirkte sehr korrekt, aber nett, ein bisschen wie eine Schulleiterin. Die Vermutung lag nah, dass es sich bei Blondie um Mr King handelte, und ich dachte mir, dass er vermutlich jemanden wie sie brauchte, der ihn gut im Griff hatte. Wenn ich diesen Job bekommen sollte, dachte ich mir im Stillen, würde Mr Was-für-ein-sexy-Lächeln mich vermutlich ordentlich auf Trab halten.

Als Mr James mich endlich Oliver King vorstellte, seines Zeichens Hauptgeschäftsführer, legte sich in mir ein Schalter um, und plötzlich beseelte mich die vertraute verlässliche Kühnheit. Ich würde unter seinem Blick nicht zusammenschrumpfen und erröten. Nein, ich würde den Kopf hoch tragen und so sein wie Eleanor, hart wie Stahl, keine Faxen.

»Mr King«, sagte ich, als seine warmen Finger meine umfassten und wir uns kurz die Hand schüttelten. Jepp, Ganzkörperkribbeln, aber ich weigerte mich einfach, es zur Kenntnis zu nehmen.

»Alexis«, erwiderte er und betrachtete mich prüfend, ehe er sich wieder setzte. »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind.«

Ich ließ mich den dreien gegenüber nieder und legte die Hände in den Schoß.

»Erzählen Sie uns doch erst einmal ein bisschen über sich«, sagte Mr James.

Okay. Gut. Sie fingen also mit dem Standardkram an. Das konnte ich. Ich räusperte mich und legte los. Erzählte von meinen ausgezeichneten Schulnoten, insbesondere in Informatik und Mathe, umriss meine Erfahrungen in der Zeit als Bardame, bevor ich beschlossen hatte, meine Ausbildung fortzusetzen und zu studieren. Der Hauptgrund dafür, nicht direkt nach der Schule aufs College zu gehen, so legte ich ihnen dar, war meine finanzielle Situation gewesen, und jetzt, da ich meinen Abschluss gemacht hätte, sei ich begierig darauf, Berufserfahrung zu sammeln.

»Ihnen ist sicher bewusst, dass die meisten Angestellten, die hier in unserem Hause anfangen – auch diejenigen in der Verwaltung –, über einen Universitätsabschluss verfügen«, sagte Mr James. »Was qualifiziert Sie Ihrer Meinung nach in besonderer Weise für diese Position – gerade in Anbetracht des Umstands, dass Sie als Collegeabsolventin nicht dieselbe Ausbildung genossen haben?«

»Soziale Kompetenz«, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen. »In einer Bar zu arbeiten mag auf den ersten Blick keine große Herausforderung sein, aber glauben Sie mir, man sammelt reichlich Erfahrung mit Konfliktsituationen jeder Art. Ich halte auch die Ausbildung für sehr wichtig, ja, aber ich bin überzeugt, dass ich für den Posten besser geeignet bin als jemand, der frisch von der Uni kommt und noch keinerlei Erfahrungen vorzuweisen hat.«

»Und was ist, wenn Sie sich mit einem Problem konfrontiert sehen, das eher technische als zwischenmenschliche Fertigkeiten erfordert? Eine Herausforderung, die zu lösen jemand mit einem Universitätsabschluss qualifizierter wäre als Sie?«, erkundigte sich James.

Ich warf Mr King einen raschen Seitenblick zu und stellte fest, dass er mich aufmerksam beobachtete. Urplötzlich wurde mir sehr warm in meinem Kleid. »Dann frage ich jemanden um Rat. Wann immer ich es mit einem Problem zu tun bekomme, das ich allein nicht lösen kann, bitte ich jemanden, es mir beizubringen. Ich lerne ausgesprochen gern und bin der Meinung, wir alle sollten stets danach streben, unsere Kenntnisse zu erweitern und Neues zu lernen.«

King beugte sich vor und bedachte James mit einem Grinsen. Ich mag sie, sagte dieses Grinsen, und heiß wallte Triumph in mir auf. James war sehr viel schwieriger einzuschätzen, und Eleanor schien dem Gespräch nur als stumme Beobachterin beizuwohnen. Vermutlich würde sie ihre Meinung nach dem Gespräch in die Waagschale werfen und den beiden sagen, ob sie mich für eine geeignete Nachfolgerin hielt oder nicht.

»In Ordnung, sehr gut«, sagte Mr James. »Weshalb würden Sie gern für unser Unternehmen arbeiten?«

Erleichterung durchflutete mich. Ich war froh, dass er diese Frage stellte. Ich hatte viele Stunden damit zugebracht, mich über die Bank zu informieren, war also auf sicherem Terrain. Als ich fertig war mit meiner Darlegung all der Gründe, weshalb ich überzeugt davon war, hier genau richtig zu sein, wirkten alle drei beeindruckt.

Mr King faltete die Hände und ergriff als Erster das Wort. »Sie scheinen sich umfassend über das Unternehmen kundig gemacht zu haben, Miss Clark, aber verraten Sie mir doch eines: Wenn Sie eine Änderung umsetzen könnten, um die Abläufe zu optimieren – welche wäre das?«

Seine Frage erwischte mich kalt, mit einem Mal war mein Verstand wie leergefegt. Meine Gedanken rasten wie wild im Kreis auf der Suche nach einer Antwort, irgendeiner Antwort, und ehe ich vernünftig nachdenken konnte, platzte ich heraus: »Nun, für den Anfang würde ich die Polizei über den Dealer dort drüben am Zeitungsstand informieren. Ich schätze mal, zugedröhnte Angestellte sind nicht unbedingt die produktivsten.«

James’ Augenbrauen schossen fast bis zu seinem Haaransatz hoch. Eleanor schürzte die Lippen und betrachtete mich eingehend. King reagierte nicht sichtlich, von dem kaum wahrnehmbaren Heben eines Mundwinkels abgesehen. Er schaute aus dem Fenster, das einen guten Ausblick auf den Zeitungsstand bot, notierte sich etwas und bedeutete James mit einem Blick, das Gespräch fortzusetzen. Wieder fing ich seinen Blick auf, und diesmal sah er mich an, als hätte er etwas Interessantes entdeckt, das er anfangs nicht wahrgenommen hatte. Dass niemand etwas zu meiner Bemerkung sagte, machte mich nervös und verlegen, am liebsten wäre ich einfach hinausgestürmt. Ich und meine blöde große Klappe. James stellte mir einige weitere Fragen und erkundigte sich nach meinen Lösungsideen für einige fiktive Situationen. Leider war ihm nach meiner Bemerkung über den Dealer zunehmend anzumerken, dass er mich nicht leiden konnte, und er fertigte mich ziemlich rasch ab.

»Vielen Dank, Miss Clark. Wie gesagt, diese Positionen sind normalerweise Universitätsabsolventen vorbehalten, aber es freut mich, dass Sie sich dennoch hierherbemüht haben. Haben Sie noch irgendeine Frage?«

Ich musterte ihn und fand ihn ziemlich gönnerhaft. Ich hatte mich tagelang auf dieses Gespräch vorbereitet, und es machte mich wütend, dass er mich so schnell loswerden wollte. Deshalb – statt eine meiner zahlreichen wohlvorbereiteten Fragen zu stellen – erkundigte ich mich scharf: »Wenn ich eine so unpassende Kandidatin für die Stelle bin, weshalb haben Sie mich dann überhaupt erst eingeladen?«

Überraschung durchzuckte seine Züge, und ich stöhnte stumm in mich hinein. Allerdings hatte ich es offenbar sowieso schon versaut, also konnte ich ebenso gut frei heraus sagen, was ich dachte.

Er warf Oliver King einen Blick zu. »Jeder von uns hat einige Bewerber ausgewählt. Ich glaube, es war Mr King, der Ihre Bewerbung … vielversprechend fand.«

Eleanor runzelte die Stirn, und Kings Blick verhieß James, dass sie sich darüber später noch unterhalten würden, dann wandte er sich mir zu. Ich hatte den Eindruck, dass James hier im Raum mein größter Gegner sei, doch dann stellten Kings Worte alles auf den Kopf.

Ruhig betrachtete er mich und sagte schlicht: »Sie haben ein Foto beigelegt, Miss Clark, und mir gefiel Ihr Aussehen.«

Ich schwöre, mir fiel der Unterkiefer zu Boden. Ich hatte schon eine Menge Bewerbungsgespräche hinter mir, aber dieses war mit Abstand das schrägste. Durfte er so etwas überhaupt sagen? Na gut, offenbar war er hier der Häuptling, also war die Antwort wohl: Ja. Na großartig. Ich stand auf, auch wenn mir klar war, dass ich eigentlich darauf hätte warten müssen, dass sie das Gespräch für beendet erklärten, aber ich war so angepisst, dass ich nur noch hier wegwollte. Trotzdem bezähmte ich mein Temperament. Ich musterte ihn und bedachte ihn mit meinem besten Abschiedssatz, meine Stimme klang vollkommen ruhig: »Na dann, Mr King. Falls Sie die offene Stelle mit mir besetzen sollten, werde ich Ihnen wohl beweisen müssen, dass mein Hirn den Vergleich mit meinem Aussehen keineswegs scheuen muss – im Gegenteil.«

King lächelte.

Ich wandte mich um und verließ den Raum.

Am nächsten Morgen rief Eleanor mich an und teilte mir mit, dass ich den Job hatte.

Ich schüttete den letzten Schluck Kaffee in mich hinein, schob mir die Kopfhörer über die Ohren, startete mein Lieblings-Album von M. I. A. und machte mich auf den Weg zur U-Bahn. Ich wohnte im zehnten Stock eines riesigen grauen Klotzes in Bethnal Green, zusammen mit meiner allerbesten Freundin Karla. Die vielen Stufen waren eine Plage, aber ich musste zugeben, dass die ständige Treppensteigerei wahre Wunder an meinem Hintern vollbrachte. Zu dumm, dass meine Vorliebe für Kuchen die ganze Anstrengung wieder ruinierte.

Heute war mein erster Tag bei der Johnson-Pearse-Bank. Nach meinem bizarren Vorstellungsgespräch und der noch bizarreren Tatsache, dass sie tatsächlich ausgerechnet mich eingestellt hatten, war ich fest entschlossen, mich mit ganzem Einsatz in die Arbeit zu stürzen. M. I. A. zu hören versetzte mich zuverlässig in die richtige Stimmung, um Herausforderungen die Stirn zu bieten; es war sozusagen mein Kampfgesang.

Unter dem Dufflecoat trug ich mein bürotauglichstes Etuikleid, außerdem Handschuhe und einen Schal, in dem ich in der Kälte meine Nase vergrub. Es war Januar in London, und das heißt, es war kalt genug, dass einem die Nippel abfrieren konnten.

Als ich in die Bahn stieg, schwelgte ich in der Wärme, stand die ganze Fahrt lang da und nickte im Takt zur Musik – mitten im Berufsverkehr bekam man ums Verrecken keinen Sitzplatz. Endlich kam ich in Canary Wharf an, bahnte mir durch die riesige Station den Weg nach draußen und marschierte zu dem Turm aus Glas und Stahl, in dem die Johnson-Pearse-Bank saß. Diese Ecke nannte man The City, ein Areal von einer knappen Quadratmeile, vollgestopft mit den bedeutendsten Finanzinstituten der gesamten Vereinigten Königreiche. Einige Gebäude trugen witzige Spitznamen. Zum Beispiel The Gherkin – die Gurke –, auch wenn es mich persönlich mehr an ein gewaltiges Fabergé-Ei erinnerte.

Man konnte den Bezirk in drei Bereiche trennen. Das sich hoch auftürmende Canary Wharf war modern und seelenlos, hier fand man die ganzen supermächtigen Investmentbanken. Old City war voller historischer Bauten, schrullig und überwiegend in der Hand von Versicherungsgesellschaften und Börsenmaklern. Und dann war da noch das elegante und kosmopolitische Mayfair, wo sich Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften fanden. Ich wusste erst so genau Bescheid, seit ich mich in die Jobsuche verbissen hatte, vorher war es einfach irgendein Teil Londons für mich gewesen. Aber jetzt, da ich diese Stadt in der Stadt entdeckt hatte, übte sie große Faszination auf mich aus. Man sah auf den allerersten Blick: Hier gab es nur einen Gott, und sein Name war Geld.

Ein Strom professionell aussehender Typen spülte mich ins Gebäude. Weil ich noch keinen Angestelltenausweis besaß, musste ich mich am Empfang in die Besucherliste eintragen. Im überfüllten Fahrstuhl stand ich in einer Ecke und nickte noch immer zu meiner Musik, da spürte ich einen Blick auf mir ruhen.

Rasch sah ich auf und erblickte Oliver King, der ein paar Schritte entfernt stand, einen Anzug am Leib trug und ein Lächeln im Gesicht; unter den Arm hatte er eine Zeitung geklemmt. Ich schob die Kopfhörer von meinen Ohren, ließ sie um meinen Hals hängen und nickte ihm höflich zu. Mein erster Impuls war, mich peinlich berührt zu fühlen, weil er mich beim Zur-Musik-Nicken ertappt hatte, ganz in meine eigene Welt versunken, aber ich kämpfte den Blödsinn nieder. Wenn ich in meiner Kindheit, die ich mit drei tyrannischen Brüdern und wenig Geld in einer kleinen Sozialwohnung verbracht hatte, irgendetwas gelernt hatte, dann, dass man aufrecht durchs Leben gehen muss. Nimm, was dir zusteht, und lass niemals zu, dass jemand dir das Gefühl vermittelt, fehl am Platz oder gar minderwertig zu sein.

Als der Fahrstuhl auf unserer Etage hielt, stiegen Oliver und ich aus und ließen die überfüllte Kabine hinter uns.

»Guten Morgen, Alexis«, sagte er mit seinem eleganten Akzent, der förmlich nach Cambridge schrie und nach Eton und wie sie nicht alle hießen, diese schicken Einrichtungen, wo die Oberklasse studierte und sich fortbildete. Kurz legte er mir eine Hand ins Kreuz, als wollte er mir den Weg weisen.

»Mr King«, antwortete ich und brachte etwas Abstand zwischen uns, um diese Anfasserei zu unterbinden. Ich war nicht ganz sicher, ob das hier zum normalen Umgang gehörte. Langsam zog ich die Handschuhe aus und wickelte mich aus dem Schal.

»Kalt heute«, fuhr er fort, ohne den Blick von mir abzuwenden, und ich nickte. Kurz darauf erreichten wir sein Büro, das über einen großen Atrium-Bereich mit zwei Schreibtischen verfügte – einer gehörte Eleanor, der andere Gillian, der zweiten Assistentin. Eleanor hatte mich am Telefon über sie in Kenntnis gesetzt, aber wir hatten uns noch nicht persönlich getroffen. Eleanor saß bereits an ihrem Platz und bearbeitete ihre Tastatur, ebenso wie Gillian, die schmal gebaut war und das blonde Haar kurz trug. Sie schien etwa in meinem Alter zu sein. Als sie King bemerkte, sprang sie förmlich in die Höhe, raffte einige Aktenmappen zusammen und kam auf ihn zu. Mich würdigte sie kaum eines Blickes.

»Hier sind die Unterlagen für die Meetings heute Morgen, Ihr Kaffee steht schon bereit, und Kenneth Green hat angerufen und um einen Termin für ein Geschäftsessen gebeten, am Mittwoch.« Ihre Stimme verklang, während sie gemeinsam Kings Büro betraten, und ich schaute zu Eleanor hinüber, die mich mit einem warmen Lächeln bedachte.

»Guten Morgen, meine Liebe, setzen Sie sich doch. Sie weichen mir diese Woche nicht von der Seite, und nächste Woche schauen wir dann mal, wie Sie sich allein schlagen. Ich bin den kommenden Monat dann und wann noch hier, damit wir die Übergabe reibungslos hinbekommen.«

Irgendwas hatte Eleanor an sich, durch das ich mich in ihrer Gegenwart ganz ungezwungen fühlte, und mit einem Mal fragte ich mich, ob sie der eigentliche Grund sein mochte, weshalb ich den Job bekommen hatte. Bei unserem Telefonat hatte sie sich für das, was Mr King im Vorstellungsgespräch zu mir gesagt hatte, sehr entschuldigt und frei heraus gesagt, dass solcher Unsinn die Arbeit der feministischen Bewegung glatt um fünfzig Jahre zurückwarf. Unnötig zu sagen, dass ich sie jetzt schon mochte.

Als ich es mir bequem gemacht hatte, ging sie mit mir Mr Kings Morgenroutine durch. Ich war für die Bestellung seines Frühstücks zuständig und dafür, ihm einen Überblick über die Schlagzeilen der wichtigsten Zeitungen des Landes zu verschaffen, während sich Gillian um die morgendlichen und nachmittäglichen Termine kümmerte. Offenbar hatte Mr King ein Talent dafür, sehr rasch die aktuellen Neuigkeiten zu erfassen und Voraussagen darüber zu treffen, wie sich der Markt entwickeln würde. Ich hegte da eine gewisse Skepsis, aber man würde ja sehen.

Die Stunden verrannen, und mein neuer Chef betrat und verließ mehrmals sein Büro. Instinktiv achtete ich darauf, wie er mit den Leuten umging. Obwohl er erst in den frühen Dreißigern sein konnte, hatte er jetzt schon jene besondere Selbstsicherheit an sich, die in anderen den Eifer weckte, ihm zu gefallen, ihm zu imponieren. Es war höchst faszinierend, und ich konnte kaum den Blick abwenden.

Kurz vor der Mittagspause tauchte auf einmal Gillian an meinem Tisch auf und sagte, Mr King wolle mich kurz sprechen. Ich schluckte und stand auf, machte mich zögernd auf den Weg ins Büro. Es war sehr imposant, zwei Seiten bestanden ganz aus Fensterfronten mit Ausblick auf das rege Treiben von Canary Wharf. Kings gesamte Aufmerksamkeit wurde vom Monitor eines seiner Computer beansprucht (auf seinem Schreibtisch standen gleich mehrere), und er tippte blitzschnell vor sich hin. Ich war nicht ganz sicher, ob er sich meiner Gegenwart überhaupt bewusst war, bis er das Wort an mich richtete.

»Wie läuft denn Ihr erster Tag, Alexis?«

Etwas befremdet, dass er mich beim Sprechen nicht ansah, antwortete ich: »Wunderbar. Eleanor arbeitet mich gründlich ein.«

Er lächelte. »Sie ist etwas Besonderes, nicht wahr? Ich bin sehr traurig, dass sie uns verlässt, aber sie und ihr Mann wollen nach Südfrankreich ziehen und dort ihren Ruhestand verbringen, und egal, welche Summen ich ihr geboten habe, ich konnte sie nicht zum Bleiben überreden.«

»Nun ja, wenn man die Wahl hat, in St. Tropez in der Sonne zu baden oder in einem Büro vor sich hinzuschwitzen – ich kann mir schon denken, wie sich die meisten Leute entscheiden würden.«

Ich bereute die Worte, sobald ich sie ausgesprochen hatte. Er hörte auf zu tippen und sah mich endlich an. Ein langer, zäher Moment verging, den ich damit verbrachte, mich zu fragen, ob ich schon wieder die Klappe zu weit aufgerissen hatte. Ich befand mich hier nicht im Pub. Dies hier war ein Büro. Dieser Mann war mein Chef, und ich musste dringend lernen, dass solches Geplänkel alles andere als angemessen war.

»Waren sie schon mal dort?«, fragte er schließlich.

»Hm?«

»In St. Tropez.«

»Oh, nein, war ich nicht«, sagte ich, schaute aus dem Fenster und wieder zu ihm.

»Und woher wollen Sie dann wissen, dass es die bessere Wahl wäre? Wir müssen unsere Thesen durch Belege untermauern, Miss Clark. Daumenpeilungen sind Zeitverschwendung.«

»Das war keine Daumenpeilung«, wiederholte ich seinen Ausdruck, den man ganz sicher in keinem Wörterbuch fand. »Ich habe einfach nur meine Vorstellungskraft benutzt.« Und überhaupt – beruhte etwa nicht seine gesamte Karriere darauf, aufgrund von Schätzungen Risiken einzugehen?

Nachdenklich sah er mich an. »Hat Ihnen jemals jemand gesagt, dass Sie ausgesprochen direkt sind?« Lächelnd tippte er sich mit einem Finger gegen das Kinn, während er mich betrachtete. »Es gefällt mir. Ich bin ebenfalls direkt. Was übrigens, so sagt man, manchmal nicht gut aufgenommen wird. Was mich zu dem Grund bringt, aus dem ich Sie in mein Büro gebeten habe. Mir wurde gesagt, es wäre angemessen, wenn ich Sie für mein Benehmen während des Vorstellungsgesprächs um Verzeihung bitte. Manchmal fehlt es mir an Taktgefühl, und offenbar kann man das, was ich zu Ihnen sagte, als beleidigend empfinden.«

Wow – war das etwa eine Entschuldigung? Ich wollte mir keine Blöße geben, also erwiderte ich seinen Blick ganz direkt und erwiderte ruhig: »Sie müssen um einiges früher aufstehen, um mich zu beleidigen, Mr King.«

Seine Lippen wurden schmal. »Wirklich? Von wie viel früher reden wir?«

Ich verbiss mir ein Lachen und lächelte stattdessen. »Vor der ersten Dämmerung ungefähr.«

Ein gespieltes Seufzen entfuhr ihm. »Zu dumm, dass ich so viel Wert auf meinen Schönheitsschlaf lege.«

Ich verzichtete auf eine Antwort und zog nur eine Braue hoch. In meinen Augen hatte sein Aussehen keinerlei Verbesserung nötig.

»Wie dem auch sei, jedenfalls ist es gut, wenn Sie nicht so leicht beleidigt sind, tränenblinde Assistentinnen sind eine schwere Last.« Er hielt inne, betrachtete mich eingehend und fuhr ernst fort: »Ich schätze Ehrlichkeit, Miss Clark. Viel zu viele Leute verstecken sich hinter Lügen und Doppelzüngigkeit. Es ist wohl nicht nötig, Ihnen zu sagen, dass mich Ihre offenen und unverblümten Antworten im Bewerbungsgespräch wirklich beeindruckt haben.«

Sein Kompliment überraschte mich. Mir fehlten die Worte, und wenn mir keine Antwort einfiel, machte ich normalerweise einen Witz. Und genau das tat ich auch jetzt.

»In diesem Fall sollte ich Ihnen vielleicht gleich sagen, dass ich einen Körper fürs Geschäft habe und ein Gespür für die Sünde«, blödelte ich, indem ich eine Dialogzeile aus dem Film Die Waffen der Frauen verdrehte. Schließlich passte es ja thematisch. »Oder war es andersrum?«

Ruckartig kehrte Kings Aufmerksamkeit, die kurz von seinem Monitor in Anspruch genommen worden war, zu mir zurück, und für einen Moment sah er aus, als schwanke er zwischen Belustigung und Verblüffung. Nicht der Lacher, auf den ich gehofft hatte, aber auch nicht die schlimmste denkbare Reaktion, immerhin.

Ich räusperte mich und hatte es plötzlich eilig, hier zu verschwinden. »Falls es sonst nichts mehr zu besprechen gibt …«

»Das war alles, Alexis. Sie können zu Eleanor zurückgehen.«

Auf halbem Weg zur Tür schnappte ich auf, wie er fast unhörbar murmelte: »Ein Körper fürs Geschäft klingt jedenfalls interessant.«

Ich wandte mich um, und er schaute zu mir auf und warf mir ein rasches Lächeln zu, bei dem mein Herz anfing zu rasen. Ich lächelte zurück, und er widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem Monitor. Schlagartig waren meine Unsicherheit und Verlegenheit wie weggewischt. Ich atmete tief durch, und als ich den Raum verließ, hätte ich schwören mögen, dass ich spürte, wie er mir hinterherschaute.

2

Auf dem Weg nach Hause kaufte ich ein bisschen was fürs Abendessen ein, während meine Gedanken unablässig um meinen neuen Job kreisten, vor allem um meinen neuen Chef. Ja, er sah umwerfend aus, aber das war es nicht allein. Irgendetwas an ihm weckte meine Neugier. Mich befiel so eine Ahnung, dass es über Oliver King weit mehr zu erfahren gab, als der bloße Augenschein vermuten ließ.

Beim Erklimmen der Treppenstufen zu unserer Wohnung zählte ich die Etagen und versuchte, mich zu erinnern, ob Karla diese Woche Tag- oder Nachtschicht hatte. Als Polizistin arbeitete sie nicht Nine-to-five.

Als das Rauschen der Dusche an mein Ohr drang, wusste ich, dass Karla heute tagsüber gearbeitet hatte. Gerade hatte ich den Fernseher eingeschaltet und fing an, das Abendessen vorzubereiten, da verstummte das Rauschen. Wenig später kam Karla in ein Handtuch gewickelt heraus und lächelte mich erschöpft an. Nasse Strähnen ihres hellroten Haars fielen ihr in die Stirn, die klaren blauen Augen wirkten matt vor Müdigkeit. »Hey«, sagte sie leise. »Wie war der erste Tag so?«

»Alles gut. Gut, aber eigenartig. Echt, das ist eine komplett andere Welt da drüben.«

Seufzend ließ sie sich auf einen Stuhl am Küchentresen sinken und sah mir beim Karottenschneiden zu. »Erzähl mir was Neues. Manchmal denke ich darüber nach, alles hinzuwerfen und mir einen reichen Mann zum Heiraten zu suchen. Es würde das Leben so viel einfacher machen.«

Ich schnaubte. »Allerdings.«

Trotz ihres Berufs war Karla manchmal ein ziemlich empfindsamer Mensch. Manche würden sie wohl sogar schüchtern nennen. Sie arbeitete viel und war auf ihre Weise zäh wie Leder, aber zugleich war sie still und freundlich. In den Polizeidienst war sie wie selbstverständlich hineingeflutscht, weil auch ihr Vater Polizist war, und ich fragte mich oft, was sie eigentlich selbst am liebsten gemacht hätte.

»Ist heute irgendwas passiert?«, fragte ich und betrachtete ihr Gesicht, das erschöpfter wirkte als sonst.

Sie rieb sich über die steile Falte zwischen ihren Augenbrauen. »Ich musste zwei Kids trennen, die ganz übel aufeinander losgegangen sind. Einer von ihnen war richtig schwer verletzt und musste ins Krankenhaus. Er ist erst vierzehn. Ich bin immer noch ganz fertig.«

»Liebe Güte«, rief ich, legte das Messer beiseite, ging zu ihr und legte ihr den Arm um die Schultern. »Bist du okay?«

»Ja, alles in Ordnung.« Sie sträubte sich nicht gegen meine Umarmung. »Es ist nur manchmal so schwer. Du gibst dein Bestes, um den Leuten zu helfen und dafür zu sorgen, dass sie sicher sind, und trotzdem sind diese Kinder da draußen, bringen einander um, klauen, ziehen sich alles Mögliche rein. Und irgendwann hast du das Gefühl, dass es einfach nicht funktioniert, dieses System, dass es einfach nicht hinhaut.«

Ich sagte nichts, drückte sie nur fester an mich. Schließlich atmete sie tief durch und entzog sich mir. »Mach dir keinen Kopf wegen mir, ich bin nur gerade schlecht drauf. Ich muss mich einfach nur mal richtig ausschlafen, dann sieht die Welt schon anders aus.«

Ich erwiderte ihren Blick voller Mitgefühl und machte mich wieder über die Karotten her. Um sie abzulenken, schlug ich vor: »Wir sollten am Wochenende ausgehen. Ich weiß, wir sind gerade ziemlich knapp bei Kasse, aber wir müssen mal ein bisschen Dampf ablassen.«

Ihre Augen leuchteten auf. Wir beide tanzten für unser Leben gern, und alle paar Wochen zogen wir los und suchten uns einen Club.

»Am Freitag ist Ska-Nacht im Silver Bullet«, sagte sie. »Ich habe auf dem Weg nach Hause ein Plakat gesehen.«

Ich grinste sie an. »Dann ist die Ska-Nacht beschlossene Sache. Wir lassen so richtig das Ferkel raus – die Sau ist ja leider für Leute bis maximal Mitte zwanzig reserviert.«

Das entlockte ihr ein Kichern, es war schön, sie zum Lachen zu bringen. Sie schnappte sich eine Karotte und biss hinein. »So sei es.«

Am nächsten Morgen war ich ganz früh auf der Arbeit. Diesmal traf ich King nicht im Fahrstuhl, was ich seltsamerweise bedauerte. Okay, schon gut, ich gebe es ja zu: Meine gierigen Stielaugen waren es, die es bedauerten, weil er einfach eine Augenweide war. Und ja, als wir einander gestern angelächelt hatten, da hatte es ganz schön in meinem Bauch gekribbelt.

Ich saß am Computer und vervollständigte einige Daten, mit deren Eingabe Eleanor mich betraut hatte, während sie die Morgenzeitungen durchging. Gillians Finger zuckten wie Blitze über die Tastatur, es erinnerte an ein Schlagzeug-Solo zum Thema Ran an die Arbeit. Ihr Schreibtisch befand sich auf der anderen Seite des Atriums, unserem Arbeitsplatz gegenüber und in der Nähe der Tür zu Kings großem Büro. Als er gegen halb neun erschien und uns zur Begrüßung zunickte, sprang Gillian ebenso eifrig auf wie gestern.

»Morgen, Eleanor, Morgen, Gillian, Morgen, Alexis«, flötete King. Mit funkelnden Augen sah er Eleanor an. »Haben Sie das Neueste schon gehört?«

Sie schaute kurz auf, leckte einen Zeigefinger an und blätterte weiter. »Ich halte nichts von Klatsch und Tratsch, Mr King, das wissen Sie doch.«

Fast hätte ich angesichts ihrer abweisenden Antwort losgeprustet, aber ich riss mich zusammen. Eleanor avancierte in Windeseile zu meiner persönlichen Heldin, denn mir war vollkommen klar, dass außer ihr niemand so mit King umsprang und damit durchkam. Außerdem hatte ich die leise Ahnung, dass ich ihr seine Entschuldigung für seine Bemerkung im Vorstellungsgespräch verdankte. Ich freute mich sehr darauf, irgendwann in ihrem Alter zu sein und diese »Mit Idioten mache ich kurzen Prozess«-Aura zu verbreiten, die mich an Miss Trunchbull aus dem Film Matilda erinnerte.

King schnaubte belustigt und wandte sich an Gillian. »Und Sie, haben Sie es gehört?«

Beflissen räusperte sich Gillian und umklammerte ihre Aktenmappen. »Oh, äh, nein, tut mir leid, ich weiß von nichts.« Sie wirkte selbst ganz betrübt, als wäre es ein großes Versäumnis, dass sie in irgendeiner Weise den großen Oliver King enttäuschte. Am liebsten hätte ich ihr gesagt, sie solle sich zusammenreißen und ihre Frau stehen, statt wie ein kleines Mädchen verzweifelt um das Wohlwollen ihres Vorgesetzten zu buhlen.

Schließlich schaute er mich an. »Na denn – Sie haben offenbar auch von nichts gehört, Sie Frischling. Himmel, ist es denn wirklich zu viel verlangt, wenn ich gern ein paar Frauen zum Tratschen um mich hätte? Ich platze fast!«

Eleanor schüttelte tadelnd den Kopf, aber ich sah, wie ihre Mundwinkel zuckten. Mr King war heute Morgen offenbar ungewöhnlich aufgeräumter Stimmung. Gestern hatte sie mir anvertraut, dass seine Laune ziemlich unberechenbar sein konnte und es besser war, ein wenig Vorsicht walten zu lassen.

»Erzählen Sie uns doch einfach, was los ist, und ich tu Ihnen gern den Gefallen«, sagte ich. »Tratsch ist mein zweiter Vorname.«

»Oh, Gott sei Dank.« Übertrieben dramatisch stieß King die Luft aus, kam zu meinem Schreibtisch und musterte mich schelmisch. »George Bacon, einer der ganz Großen drüben bei der Citibank, ist letzte Nacht verstorben.«

Ich holte Luft. »Das ist schrecklich.«

»A-ha! Aber dabei wissen Sie noch gar nicht das Schlimmste! Der arme Georgie-Boy hat nämlich ins Gras gebissen, während er sehr intensiv mit einer Liebesdienerin zugange war. Seine alte Pumpe war der Herausforderung einfach nicht mehr gewachsen.« Er schüttelte den Kopf, aber ganz offensichtlich empfand er keinerlei Mitgefühl für den Mann. Nun ja … da uns gerade eine Art Schlachtschiff von einer Rezession mit voller Breitseite gerammt hatte, hegten derzeit nur wenige Leute warme Gefühle für Leute, die im Finanzwesen arbeiteten. Aber ich hätte gedacht, dass Mr King, der ja immerhin selbst Bankier war, da einen anderen Standpunkt haben mochte.

Ich starrte ihn an und fand seine Themenwahl für dieses Gespräch reichlich surreal. Oliver King hatte wirklich keinerlei Taktgefühl, aber seltsamerweise machte mir das nichts aus. Um ehrlich zu sein, gefiel es mir sogar irgendwie. Als ich diese Stelle angetreten hatte, war ich darauf vorbereitet gewesen, mich zwischen lauter Leuten mit Stock im Arsch wiederzufinden.

Ich weiß nicht genau, weshalb ich das sagte, was mir dann über die Lippen kam. Es war eine Mischung aus Klugscheißerei und mangelnder Selbstbeherrschung. Ich grinste King an: »Sie wollen also sagen: Er kam und ging?«

Einen Herzschlag lang war es still, dann brach King in schallendes Gelächter aus. Übers ganze Gesicht grinsend beugte er sich vor, stützte die Hände auf den Schreibtisch und zwinkerte mir zu. »Ich ziehe es vor, zu sagen: Er landete kurz vor dem Abflug.«

Ich kicherte. »Na gut, wenn Sie es unbedingt auf die Spitze treiben wollen …«

Wir grinsten uns immer noch an, als Eleanor sich einmischte: »Mr King, ich glaube, Sie haben in zwanzig Minuten ein Meeting, auf das Sie sich vorbereiten sollten.«

Kings Grinsen verblasste, aber er wandte den Blick nicht von mir ab. Dass er mich so unverwandt ansah, bescherte mir eine ziemliche Gänsehaut. Endlich nickte er, drehte sich um und marschierte in sein Büro, gefolgt von Gillian. Ich widmete mich wieder meiner Dateneingabe, und ein oder zwei Minuten verstrichen, ehe Eleanor sagte: »Ich glaube, Sie beide sind einander ein wenig zu ähnlich.« Sie machte eine Pause, und als sie fortfuhr, lag ein Lächeln in ihrer Stimme. »Wenn ich nicht mehr hier bin, lassen Sie vielleicht am besten Gillian Mr King auf Reisen begleiten. Ich mag mir nicht ausmalen, was geschieht, wenn Sie beide auf zukünftige Kunden losgelassen werden.«

Ich schaute sie fragend an. »Reisen?«

»Manchmal ist es notwendig, dass eine von uns ihn auf Geschäftsreisen begleitet. Allerdings nur einmal, höchstens zweimal im Jahr.«

»Ach so«, sagte ich mit leicht gerunzelter Stirn. Das musste ich in der Jobbeschreibung übersehen haben, wahrscheinlich vor lauter Entzücken über das Jahreseinkommen. Oh ja – in diesem Jahr würde ich eine Menge Kuchen kaufen, wenn der Rubel erst einmal rollte.

Der Morgen ging schnell rum. Mittags lehnte ich Eleanors und Gillians Angebot ab, sie zu einer Sushi-Bar in der Nähe zu begleiten, und kaufte mir lieber unterwegs ein Sandwich. Ich brauchte die Kohlenhydrate, nach Sushi war ich nie richtig satt. Und ja, okay, vielleicht sollte ich mehr Sushi essen und dafür weniger Sandwiches, denn ich hatte schon ein klein wenig mehr auf den Hüften als unbedingt nötig, aber es interessierte mich einfach nicht genug, um darauf zu achten. Mein Körper war, wie er war. Ich hatte die großzügigen Kurven meiner griechischen Mutter geerbt, und das Leben war zu kurz, um es damit zu verbringen, kalorienfreien Glibber aus Japan in sich reinzustopfen.

Mit meinem Mittagessen trabte ich zurück ins Büro, wo es ziemlich ruhig war, weil die meisten Leute auswärts oder in der Kantine aßen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, am Schreibtisch zu essen und mich dann an die übrig gebliebene Arbeit zu machen, aber dann wanderte meine Aufmerksamkeit zu Kings Bürotür.

Meine Neugier drängte mich, ich solle hineingehen und mich umschauen, denn laut Terminplan würde er erst gegen drei von seinem Meeting zurück sein. Mein Mittagessen in der Hand, marschierte ich hinein und bestaunte die Aussicht. Kings Schreibtisch war riesig, an der Wand hingen einige Bilderrahmen. In zwei davon befanden sich seine Urkunden von der Uni. Ich pfiff leise: An der London School of Economics hatte er einen erstklassigen Abschluss in Finanz- und Rechnungswesen gemacht, sein Abschluss in Finanzwirtschaft stammte aus Cambridge. Eine solche Ausbildung musste eine hübsche kleine Summe gekostet haben. Aber als ich den nächsten Bilderrahmen betrachtete, wurde mir klar, dass Geld in Kings Familie wohl kein Thema sein dürfte.

Es war ein altes Konzertposter von Elaine King, einer weltbekannten Konzertpianistin, die in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern auf dem Höhepunkt ihres künstlerischen Schaffens gewesen war. Es hieß, dass sie sich ganz und gar zurückgezogen hatte, eine elegantere Version Agnethas von ABBA. Es fiel mir nicht schwer, zwei und zwei zusammenzuzählen – sie war irgendwie mit King verwandt. Ich betrachtete das blonde Haar, die vertraut erscheinenden feinen Gesichtszüge, und hätte darauf gewettet, dass sie seine Mutter war. Wow.

Eine weitere Tür führte in ein ans Büro angeschlossenes Bad, und als ich eintrat, stieß ich angesichts der schieren Größe einige deftige Flüche aus. Der Raum war womöglich größer als die ganze Wohnung, die ich mir mit Karla teilte. Es gab eine große begehbare Dusche und einen Schrank, die Fenster reichten vom Boden bis zur Decke und waren aus diesem Spezialglas, das auf Knopfdruck milchig wird oder wieder klar. Den Vogel schoss jedoch das schicke Designersofa ab, das an einer Wand über die gesamte Länge des Raums reichte. Im Ernst, ein Sofa wie dieses in einem Bad wie diesem, das war himmelschreiende Extravaganz, und ich, die ich nur ein schrottiges, verschlissenes Exemplar von Sofa zu Hause hatte, das seine besten Tage definitiv hinter sich hatte, konnte nicht anders, als mich daraufplumpsen zu lassen und in mein Sandwich zu beißen.

Ja, ich verputzte im ans Büro angeschlossenen Bad meines Chefs mein Mittagessen und erfreute mich dabei an der Aussicht auf die Stadt. Sicher nicht das Klügste, was ich je getan hatte. Und ja, es war ziemlich schräg. Aber ich konnte der Versuchung, in diesem Luxus zu schwelgen, nicht widerstehen. Wer wusste schon, wann sich eine solche Gelegenheit wieder bieten würde?

Kauend nahm ich mein Handy zur Hand und rief Facebook auf, kicherte über witzige Statuszeilen oder schüttelte den Kopf über die üblichen eher misslungenen. Ich stieß auf Fotos einer entfernten Cousine, die auf ihrem Hochzeitsjubiläum aufgenommen worden waren. Hmmm – das Miststück hatte mich nicht eingeladen. Bei Gott, es war wirklich vollkommen übertrieben, 350 Fotos von demselben Ereignis zu posten, aber bescheuert, wie ich war (und, schauen wir den Tatsachen ins Auge, alle anderen auch), konnte ich nicht aufhören, mich durchzuklicken, von zehn und mehr Variationen derselben Szene ebenso besessen wie ein Junkie von seinem nächsten Schuss.

Tief im Strudel von Facebook verloren, zuckte ich beim Klang eines nachdrücklichen Räusperns aus einer Männerkehle so heftig zusammen, dass ich vor lauter Schreck mein Handy fallen ließ. Ich schaute auf und sah King mit verschränkten Armen und interessiertem Gesichtsausdruck in der Tür stehen. Er war früher zurück. Natürlich war er früher zurück.

»Schmeckt’s?« Er hob eine Braue.

Was das eben für ein Geräusch war? Ach, nur mein Herz, das mir aus der Brust gefallen war und zutiefst gedemütigt über den Boden davonzukriechen versuchte.

»Ich, äh, öh …« Hastig versuchte ich mir eine Erklärung auszudenken, aber mein Kopf war vollkommen leer. Endlich brachte ich heraus: »Sie haben ein Sofa in Ihrem Bad.« Japp, Sie dürfen mich gern zitieren.

»Ja, habe ich. Und Sie sind weshalb genau hier?«

Verlegen lachte ich auf und ließ beschämt den Kopf sinken. Es gab wirklich keine gute Erklärung dafür. Wenn man eine Giraffe vorbeispazieren sieht, ist man höchstwahrscheinlich im Zoo, daran gibt es nicht viel zu deuten, ebenso wenig wie daran, dass ich mir gerade ganz schön was herausgenommen hatte. Ich verzog das Gesicht und beschloss, die Wahrheit zu sagen und die Konsequenzen zu tragen. »Es tut mir wirklich leid. Ich habe mich in Ihrem Büro umgeschaut und gesehen, dass Sie ein Sofa im Bad haben und dieses Bad pompöser ist als jedes andere, das ich jemals gesehen habe, und da konnte ich nicht anders.«

Oh Gott, konnte mich nicht jemand knebeln, damit dieser Verbaldurchfall endlich ein Ende fand?

Ich starrte King an. King starrte mich an. Es war unmöglich, seine Miene zu deuten, bis er den Kopf schüttelte und leise lachte. Fast zog es mir vor Überraschung die Socken aus, als er die Tür schloss, auf mich zukam und sich neben mir aufs Sofa fallen ließ. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und streckte die Beine aus.

»Es ist wirklich ziemlich pompös«, gab er zu.

Einen Herzschlag lang herrschte Schweigen. Dann fragte ich: »Bin ich gefeuert?«

Seufzend betrachtete King mich. Offenbar fand er Vergnügen daran, mich ein bisschen schwitzen zu lassen, ehe er endlich antwortete: »Zu Ihrem Glück habe ich heute ausgesprochen gute Laune, also nein, Sie sind nicht gefeuert. Allerdings wüsste ich es zu schätzen, wenn Sie das nächste Mal vorher fragen, wenn Ihnen mal wieder danach ist, in meinem Bad zu Mittag zu essen. Immerhin hätte es sein können, dass ich gerade dusche.« Er grinste mich an und zog dann eine Grimasse reinsten Entsetzens: »Oder, was Gott verhüten möge, mit Nummer zwei beschäftigt bin.«

Nummer zwei hatte er nur geflüstert, und ich kicherte los. Es wäre das Letzte gewesen, was ich zu hören erwartet hätte. Wenn er wollte, war er echt witzig.

Ich kreuzte die Finger über der Brust. »Okay, ich schwöre es: Nächstes Mal sage ich vorher Bescheid. Mit Nummer zwei möchte ich nichts zu tun haben.«

Vielsagend zuckte er mit der Braue und beugte sich ein klein wenig näher, um mich mit der Schulter anzustoßen. »Aha – das mit dem Duschen schreckt Sie also nicht?«

Seine Frage erwischte mich kalt, umso mehr wegen der leisen Erregung in seinem Blick. Vor lauter Überraschung – und weil ich so angespannt war – platzte ich mit einer faustdicken Lüge heraus: »Oh, na ja, da ich lesbisch bin und so, würde es mir nun mal nichts ausmachen, wenn Sie nackt wären.«

Warum, warum, warum, Alexis? Warum hast du das gesagt?

Mit scharfen Augen betrachtete King mich ungläubig. »Sie sind lesbisch … wirklich?«

Ich presste die Lippen zusammen und schluckte. Nachdem diese Lüge draußen war, konnte ich sie nicht einfach zurücknehmen. Dann hätte ich erklären müssen, weshalb ich gelogen hatte, und das hätte bedeutet, zuzugeben, dass die Art, wie er mich angesehen hatte, in mir sehr unprofessionelle Gedanken geweckt hatte. Und nein, das würde ich nicht tun. Auf keinen Fall.

»Japp. So lesbisch, wie man überhaupt nur sein kann.«

Himmel noch mal. Keine Ahnung, wie ich darauf kam, solchen Unsinn rauszublöken.

King betrachtete mich, und ich hatte keine blasse Ahnung, was er als Nächstes sagen mochte. Dann grinste er mich schelmisch an. »Immer oder nur meistens?«

Dieser verflixte … Ich starrte ihm geradewegs ins Gesicht und log einfach weiter: »Immer.«

Ganz sicher war ich mir nicht, aber ich glaubte, Enttäuschung über seine Züge flackern zu sehen. »Na dann … immerhin können wir dann das Quotenkästchen für gleiche Chancen abhaken.« Es war ein Witz, aber ich wollte trotzdem dringend das Thema wechseln. Vielleicht würde er die Lüge ja rasch vergessen. Immerhin war er ein viel beschäftigter Mann und musste sich täglich unzählige Dinge merken. Vielleicht ging die Alexis-ist-lesbisch-Information ja einfach in der Masse unter.

»Sie haben ein Bild von Elaine King in Ihrem Büro«, sagte ich. »Eine Verwandte?«

Seine Stirn umwölkte sich, und er wurde ernst. »Ja«, sagte er nüchtern, »sie ist meine Mutter.«

»Wow. Dann stecken in Ihrem Genpool echt vielversprechende Talente. Spielen Sie auch Klavier?«

Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel. »Ja, das tu ich tatsächlich. Mum hat mich schon als Kind unterrichtet. Allerdings spiele ich nur zur Entspannung. Meine Mutter ist der Star.«

»Sie ist sehr schön«, bemerkte ich.

»Ja«, stimmte er stirnrunzelnd zu. »Das ist sie. Zu schade, dass die Welt davon nichts mehr zu sehen bekommt.«

Ich hätte ihn gern nach dem Grund dafür gefragt, aber ich wollte nicht zu aufdringlich sein. Außerdem hatte ich gerade erfolgreich das Thema gewechselt, mehr konnte ich nicht verlangen. Ich wickelte den Rest meines Sandwiches ein, stand auf und lächelte ihm freundlich zu. »Na dann, Cambridge, ich mache mich besser wieder an die Arbeit. No rest for he wicked.«

Amüsiert kniff er die Augen zusammen, und ich sah erleichtert, dass der Ernst aus seiner Miene verschwand. »Lassen wir Cambridge aus dem Spiel. Mr King für Sie, oder Oliver, wenn es eilig ist.«

»Wie wäre es mit Cambo?«

Eine Braue schob sich in die Höhe, und er witzelte: »Cambo wie in Kambodscha?«

»Nee, Cambo wie in came all over your boobs.«

Das sprengte wahrscheinlich die Grenzen dessen, was noch als Plauderei zwischen Vorgesetztem und Angestellter durchging, aber in unserer kurzen gemeinsamen Zeit im Bad hatte er diese ungeschriebenen Gesetze bereits ebenso überschritten wie ich. Deshalb machte ich mir nicht allzu große Sorgen, wie er darauf reagieren mochte.

Und tatsächlich – King lachte auf und schüttelte den Kopf. »Oh mein Gott, Sie sind wirklich lesbisch.«

3

In der restlichen Arbeitswoche bekam ich King kaum zu Gesicht. Ein wirklich viel beschäftigtes Exemplar von einem Bankier. Am Mittwoch allerdings, einen Tag nach unserem Badezimmerstelldichein, kam ich nach der Mittagspause ins Büro zurück und fand ein Post-it an meiner Tastatur. Die Notiz stammte von meinem Chef. Er hatte eine Sauklaue, aber ich entzifferte trotzdem:

Alexis,

ich werde die ganze Woche mit Geschäftspartnern zu Mittag essen, also steht Ihnen mein pompöses Bad zur freien Verfügung. Fegen Sie einfach kurz die Krümel auf, wenn Sie fertig sind.

Mr. King

Ich war sehr erfreut über die Erlaubnis, sein Bad als persönliches Esszimmer zu nutzen, und machte reichlich Gebrauch davon. Ganz nebenbei war es schön, einen kleinen Rückzugsort zu haben. Ich hatte Eleanor lieb gewonnen, und Gillian war ganz in Ordnung, wenn man von ihrer Angewohnheit absah, mit wirklich jedem Mann zu flirten, der seinen Fuß ins Büro setzte. Trotzdem wusste ich meine Stunde in Kings Bad sehr zu schätzen. Ich konnte ganz in Ruhe nachdenken, essen und ausspannen, ohne ständig mit irgendwem reden zu müssen.

Am Freitagabend ging ich federnden Schrittes nach Hause. Heute war Karlas und meine Ska-Nacht, und ich konnte es kaum erwarten, mich aufzudonnern und ins Getümmel der Stadt zu stürzen. Nach einer ganzen Woche im Büro hatte ich das dringende Bedürfnis, mich auszutoben. Vielleicht lernte ich ja sogar jemanden kennen. Bisher hatte ich nach dem Bruch mit Stu noch nicht daran gedacht, mich wieder auf dem Markt umzuschauen, es war ja auch erst ein paar Monate her. Aber jetzt hatte ich diesen neuen Job, und mein Selbstbewusstsein hatte ordentlich Auftrieb bekommen. Oh ja, ich würde heute Abend auf jeden Fall zum Zug kommen, wenn ich wirklich wollte.

Nach einem raschen Abendessen, das Karla für uns gezaubert hatte, sprang ich unter die Dusche. Frisch und sauber und in ein Handtuch gewickelt machte ich eine Bestandsaufnahme meines Kleiderschranks und versuchte, mich zu entscheiden. Meine Garderobe war ein ziemlicher Mischmasch verschiedener Stile; ich hatte eine Vorliebe für auffällige Muster. Am Ende entschied ich mich für enge Leggins mit Leopardenprint, ein schwarzes Neckholder-Top, das meine Brüste sehr schön zur Geltung brachte, eine klobige goldene Kette, große Kreolen an beiden Ohren und grün-schwarz gestreifte Schuhe mit Keilabsätzen.

Ruhe. Ich sah fabelhaft aus!

Vor dem mannshohen Spiegel machte ich mich daran, mein lockiges Haar zu glätten, während ich mich betrachtete. Die nicht zueinander passenden Muster waren volle Absicht. Für eine Ska-Nacht zieht man sich flippig an, das gehört sich so.

»Tolles Outfit«, sagte Karla und kam herein. »In der Hose sieht dein Hintern einfach großartig aus.«

»Oh, danke«, sagte ich und schaltete den Haarglätter aus. »Du bist aber auch nicht zu verachten.«

Sie trug einen engen roten Bleistiftrock, dazu ein schwarz-weiß gestreiftes Oberteil. Mit ihrer blassen Haut, den roten Haaren und blauen Augen kam man nicht umhin, ihr den einen oder anderen irischen Ahnen zu unterstellen. Ich hingegen hatte mein Aussehen von meiner bereits erwähnten verrückten griechischen Mutter geerbt (verrückt im besten Sinne) und hatte dunkelbraunes Haar, fast schwarze Augen und olivfarbene Haut. Meine Brüste waren ebenso üppig wie mein Hintern.

Ich schminkte mich ein bisschen, wir tranken ein Glas Wein, dann brachen wir auf. Das Silver Bullet war Hipster-Territorium und veranstaltete regelmäßig unterschiedliche Themennächte. Mit siebenundzwanzig (ich) und achtundzwanzig (Karla) waren wir vielleicht ein bisschen zu alt für den Laden. Na und? Der Tag, an dem ich aufhören würde zu tanzen, würde zugleich der sein, an dem man mich begrub.

Die Ska-Nacht war schon in vollem Gang, als wir in den Saxofon-Auftakt von One Step Beyond von Madness eintauchten. Ich hielt mich nicht damit auf, an der Bar erst mal einen Drink zu ordern, stattdessen ergriff ich Karlas Hand und zog sie zur Tanzfläche, wo wir tanzten und herumhüpften wir zwei übermütige Kleinkinder.

Ich schwebte schon ganz im Ska-Himmel, da spürte ich, wie sich Arme um meine Taille legten. Als ich mich umdrehte, sah ich meinen Kumpel Bradley auf mich herabgrinsen, angetan mit Muskelshirt und kanariengelber Jeans. Bradley war mein Bruder im Geiste und stand auf Schwänze. Und ja, er erfüllte alle Klischees. Er war mit Karla und mir zur Schule gegangen und arbeitete inzwischen sehr erfolgreich als Modefotograf.

»Lexie! Dich hab ich ja ewig nicht gesehen!«, schrie er mir ins Ohr. »Was hast du so getrieben?«

Verspielt klimperte ich mit den Wimpern. »Ach, du weißt schon, das Übliche. Leo DiCaprio hat mich zu einem äußerst anrüchigen Wochenende eingeladen und keine Absage akzeptiert.«

Jaulend lachte er auf, nahm meine Hand und zog mich mit zur Bar. Karla folgte uns, und Bradley drehte sich zu ihr um und begrüßte sie mit einer Umarmung und einem Kuss. Er winkte dem Barkeeper zu, bestellte eine Runde Shots für uns alle und wandte sich wieder zu mir um. »Sehr gut, dass wir uns über den Weg laufen«, sagte er. »Ich wollte dich eh demnächst anrufen – ich hätte da ein Angebot.«

Grinsend kippte ich den Shot hinunter, er brannte prächtig in der Kehle. Für Bradleys Angebote war ich immer offen, sie versprachen normalerweise einen Heidenspaß. »Ach ja?«

»Yeah«, sagte er. Das Funkeln seiner Augen verriet mir, dass er mehr als nur ein bisschen angeschickert war. »Ich arbeite seit Kurzem für Baha. Hast du schon mal von denen gehört?«

»Leider nicht«, sagte ich, und Karla stieß mich mit dem Ellbogen an, als sie ihren Shot hinunterstürzte.

»Aaaalso, das ist ein wirklich angesagtes Modelabel, und ich mache die Fotos für die geplante Plus-Size-Kollektion. Sie sind auf der Suche nach neuen Gesichtern, und ich habe sofort an dich gedacht.«

Ich musste lachen. »An mich? Wie jetzt – du willst mich als Model?«

Er boxte mir gegen die Schulter. »Nee, ich will, dass du Tee servierst. Ja, klar will ich dich als Model. Du wärst genau richtig für den Job.«

»Ach ja«, blödelte ich und tat ganz lässig, »und wenn ich Ja sage und dort aufkreuze, dann sagen sie mir wahrscheinlich, ich als Kate-Moss-Double solle mich mal bloß wieder dahin verkrümeln, wo ich hergekommen bin.«

»Ha! Sehr witzig«, sagte Bradley trocken. »Und was sagst du nun dazu, bist du dabei?«

»Äh, ja, ich bin dabei. Wann, wo, und kann ich danach die Klamotten behalten? Und noch viel wichtiger, was zahlen sie?«

Stirnrunzelnd musterte er mich. »Die Aufwandsentschädigung ist ausgesprochen großzügig, das mit den Klamotten müssen wir mal sehen, und ich rufe dich an, wenn ich Näheres in Erfahrung gebracht habe.«

»Coolio«, sagte ich, drehte mich um und versuchte, den Barkeeper auf mich aufmerksam zu machen. Darauf musste ich einen trinken. Dies schien wirklich meine Glückswoche zu sein, die Jobangebote regneten ja förmlich auf mich herab. Im Handumdrehen hatte ich einen Rum und eine Cola intus, und Bradley zog Karla und mich zurück auf die Tanzfläche. Kurz darauf tanzte eine Brünette in hautengem Oberteil ihn an und veranstaltete etwas, das man nur als verführerisches Arschgewackel bezeichnen kann. Er tanzte einfach weiter, und als sie sich zu ihm umdrehte und ihm die wogenden Brüste präsentierte, hob er eine Braue. »Oh, du fischst so dermaßen am falschen Ufer, Süße«, seufzte er und grinste.

Offenbar hatte sie ihn nicht gehört, denn jetzt drängte sie sich an ihn. In mich hineinkichernd, griff ich nach Karlas Händen und schwang sie wild zur Musik herum. Ich war ein verschwitztes, tanzendes Bündel Glückseligkeit, doch da spürte ich auf einmal, wie in meiner Tasche das Handy vibrierte. Hier drinnen war es zu laut, also ging ich rasch nach draußen, schaute aufs Display und stellte fest, dass es King war. Eleanor hatte mir am Montag aufgetragen, alle wichtigen Nummern einzuspeichern, und hatte meine Nummer an King weitergegeben, falls er mich mal erreichen musste. Eigentlich war ich zu angeheitert, um jetzt mit meinem Chef zu telefonieren, aber ich war auch zu neugierig und nahm den Anruf entgegen. »Yo.«

»Alexis?«, hörte ich King fragen. »Sind Sie das?«

Grinsend lehnte ich mich gegen die Hauswand. »Die einzig Wahre. Was kann ich für Sie tun, Chef?«

Er räusperte sich, und kurz herrschte Schweigen in der Leitung, als würde er überlegen, was er als Nächstes sagen sollte. Endlich fuhr er fort: »Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie in Ihrer Freizeit behellige, aber ich brauche dringend einige Ordner von Monty, und Eleanor und Gillian sind beide unabkömmlich.«

»Monty – so wie in Monty Burns?« Jawohl, definitiv angeheitert.

An seiner Stimme hörte ich, dass er lächelte. »Nein, Monty wie in Montgomery Charles. Er arbeitet bei der Bank für mich. Er hat einige Gutachten angefertigt, und ich benötige die Originale. Hätten Sie Zeit, sie für mich abzuholen?«

Innerlich seufzend fand ich mich damit ab, dass mein schöner Abend hiermit zu Ende war. »Eigentlich nicht, aber da Sie gestattet haben, dass ich diese Woche Ihr Bad nutze, bin ich Ihnen wohl was schuldig.«

»Wunderbar.« King ratterte die Adresse herunter, zu der ich gehen sollte, gefolgt von seiner eigenen Privatadresse und der Information, dass er den Schlüssel beim Pförtner hinterlegen würde. Ich sollte alle Belege von unterwegs aufbewahren, damit mir die Kosten später erstattet werden konnten. Ich ging wieder rein, sagte Karla Bescheid, dass ich etwas Geschäftliches zu erledigen hatte, und suchte mir rasch ein Taxi. Monty erwies sich als ein Typ in den Zwanzigern mit einem breiten Lächeln und beseelt von dem dringenden Wunsch, seinem Gegenüber zu imponieren. Er schärfte mir ein, ich solle die Unterlagen direkt zu Mr King bringen, ohne Umwege. Vielleicht war es mein Outfit, das ihn so besorgt stimmte – als wäre ich eventuell eine Irre in Leopardenprint, die nur vorgab, Oliver Kings Assistentin zu sein.

Als ich zurückkehrte, wartete das Taxi am Straßenrand auf mich, und wir fuhren weiter zu King. Es stellte sich heraus, dass er ganz nah an der Themse wohnte, in einem Gebäude, das förmlich nach Geld stank.

Der Pförtner erwartete mich bereits und reichte mir die Schlüsselkarte. Ich betrachtete die moderne Eleganz ringsum. Es gab zehn Stockwerke, und King wohnte ganz oben. Da ich bei mir zu Hause schon genug Treppen steigen musste, nahm ich den Fahrstuhl.

Inzwischen wieder vollkommen nüchtern, lief ich den langen Flur zu seiner Wohnung entlang und schloss die Tür auf. Zuerst kam mir alles ganz still vor, aber dann hörte ich die Musik: Jemand spielte Klavier. Ich umrundete eine breite Säule und betrat ein weitläufiges Wohnzimmer, und da sah ich ihn. Er saß mit dem Rücken zu mir vor einem schwarzen Stutzflügel, seine Finger flogen über die Tasten und entlockten ihnen irgendein klassisches Stück. Es klang zugleich hart und sanft, wunderschön in seiner Komplexität. Ich hatte es schon einmal gehört, wusste aber nicht mehr, wann.

Meine Haut schien mir plötzlich zu eng zu sein, und ich bekam kaum Luft.

Etwas an seinem Anblick war fremd und unerwartet, und schlagartig wurde mir klar, weshalb: Im Büro trat er stets professionell auf, effizient, selbstbewusst, jemand, der alles im Griff hatte. Aber hier und jetzt kam er mir mit einem Mal verletzlich vor, ein Künstler, der sich ganz in der Musik verlor. Und er war gut, zum Verrücktwerden gut, so gut, dass ich nicht begriff, weshalb er Bankier war, wenn er doch mit solcher Musik seinen Lebensunterhalt hätte bestreiten können.

Das Stück wurde leidenschaftlich, seine Finger trafen hart auf die Tasten, da vermeldete mein Handy eine eingehende SMS. Ich hatte keine Ahnung, von wem sie war, und stand reglos da, während King unvermittelt sein Spiel unterbrach und sich zu mir umdrehte. Er wirkte überrascht, mich zu sehen, als hätte er vergessen, dass er mich herbestellt hatte. Es war mehr als offensichtlich, dass er vollkommen in die Musik vertieft gewesen war.

Zwischen uns vibrierte eine tiefe, unerklärliche Spannung.

Dann ließ er einen langsamen, prüfenden Blick über mich wandern, und ich hätte schwören mögen, er verkniff sich ein Grinsen. Urplötzlich war die seltsame Spannung verflogen, jetzt sah er amüsiert aus.

»Ach, kommen Sie schon.« Ich seufzte. »Sprechen Sie es ruhig aus. Ich weiß, dass Sie es wollen.«

King atmete aus, als hätte er die Luft angehalten, und seine Stimme vibrierte vor Belustigung. »Was in Dreiteufelsnamen haben Sie da an?«

»Hey, was ich außerhalb des Büros trage, ist ja wohl meine Privatangelegenheit.« Ich starrte ihn gespielt finster an. »Aber wenn Sie es unbedingt wissen wollen: Als Sie anriefen, war ich gerade mit Freunden in einem Club, deshalb dieser gottverdammt prachtvolle Aufzug.«

Seine Lippen kräuselten sich, weil er versuchte, sein Grinsen zu bezähmen. »Nun, in diesem Fall bitte ich Sie um Verzeihung, dass ich Ihren schönen Abend unterbrochen habe. Bitte, kommen Sie zu mir, setzen Sie sich. Haben Sie die Quittung für Ihre Taxirechnung und die Unterlagen von Monty dabei?«

»Ja und ja.« Ich ging zum Sofa, legte die Ordner auf den Couchtisch und setzte mich. »Sie spielen übrigens wunderbar, Ihre Mutter scheint eine ausgezeichnete Lehrerin zu sein.« Das war nicht das, was ich eigentlich sagen wollte. Am liebsten wäre ich damit herausgeplatzt, wie umwerfend gut er war, dass sein Spiel in mir Gefühle wachgerufen hatte, wie ich sie nie zuvor empfunden hatte, dass ich ihn auf einmal in ganz anderem Licht sah. Und dass er mir in diesem Licht sehr gefiel.

Offenbar verlegen, fuhr sich King mit den Fingern durchs Haar. »Ja, nun, es ist nur eine Art Hobby.« Er hielt inne und betrachtete meine Tasche. »Die Quittung?«

»Oh, stimmt, sorry.« Während er wartete, fing ich an zu wühlen, dann reichte ich ihm die Quittung und sah mich rasch um. Der Steinway stand am Fenster, von dem aus man über den Fluss schaute, und der Boden war bedeckt von tonnenweise säuberlich gestapeltem Papierkram. Er musste den Abend mit Arbeit verbracht haben. Auf dem Couchtisch stand eine geöffnete Flasche Rotwein, daneben ein halb geleertes Glas. Ich entdeckte ein teuer aussehendes Schachbrett, ebenfalls auf dem Couchtisch, und fragte mich, ob er wohl spielte oder es nur Dekoration war.

Ich blieb sitzen, während King in einem anderen Zimmer verschwand und kurz darauf mit seinem Portemonnaie zurückkehrte. Er reichte mir ein paar Scheine, und ich steckte sie in die Tasche.

»Noch einmal vielen Dank, dass Sie so kurzfristig einsatzbereit waren. Normalerweise behellige ich meine Angestellten nicht außerhalb der Bürozeiten.«