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Griffin Matok schlägt sich mehr schlecht als recht als interstellarer Privatdetektiv durch. Die Tatsache, dass sein Partner K’ari ein K‘epo vom Planeten Pan ist, macht die Sache auch nicht leichter. Da er aussieht wie ein Schaf, stößt er immer wieder auf engstirnige Vorurteile. Da kommt das Angebot, eine Party-Location für einen gut zahlenden Kunden zu suchen, gerade recht. Dumm ist nur, dass sich die Location ausgerechnet auf Griffins Heimatplaneten befinden soll, wo er auf der Fahndungsliste steht. Griffin muss schließlich nicht nur versuchen, seinen eigenen Kopf zu retten, sondern auch noch das Nomadenvolk der Zarquu davor bewahren, dass sein größter Schatz, der Kometenstaub, von einem skrupellosen Gangster geraubt wird.
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Seitenzahl: 76
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Griffin betrachtete skeptisch die Visitenkarte, die sein Besucher ihm soeben überreicht hatte. Beim Berühren eines Kontaktpunktes projizierte sie ein transparentes Informationsfeld, auf dem der Geschäftszweck des Unternehmens in 3D-Schrift erklärt wurde. Die Firma, InterSTellevent, präsentierte sich dort als Eventagentur für höchste Ansprüche. Der Mann, der die Karte überreicht hatte, sah aber eher aus wie ein Beamter der höheren Laufbahn in der Oberen Interstellaren Finanzbehörde, fand Griffin. War das etwa eine verdeckte Steuerfahndung? Griffin schluckte – das würde ihm gerade noch fehlen.
„Ja, also, Mr. … äh, Mr. Lamer, was genau kann ich denn für Sie tun?”, fragte Griffin, während er überlegte, wie der grauhaarige Mr. Lamer es wohl schaffte, seinen Scheitel derart exakt zu ziehen, ohne sich die Kopfhaut zu verletzen. Seine eigene Frisur kam eher zufällig zustande.
„Mr. Matok, Ihre Werbung verspricht, dass Sie Recherchen aller Art durchführen und das mit Erfolgsgarantie. Soweit richtig?“
„Richtig“, antwortete Griffin. Geheimdienst oder Militär könnte auch sein, dachte er. „Und was soll ich für Sie recherchieren?“
„Wir suchen für einen sehr prominenten Kunden eine ganz besondere Location für eine Festlichkeit.“
„Aha. Und wie sind Sie auf mich gekommen?“ Griffin wurde die Sache immer suspekter. Sein kleines, chaotisches Büro mit der billigen Einrichtung und einem einzigen, winzigen Fenster zum Hinterhof, war nun bestimmt nicht das, wasein sehr prominenter Kundesich als Verwaltungszentrum seines Dienstleisters vorstellte. Seine bisherigen Recherchen hatten auch mehr mit untreuen Ehepartnern oder zahlungsunwilligen Spielern zu tun. Er nannte sich zwar nicht Privatdetektiv,aber im Grunde war er genau das. Lamer fixierte ihn scharf.
„Sie sind gebürtiger Gileadianer?“
„Das stimmt. Gilead ist als Veranstaltungsort aber nicht besonders geeignet. Außer weiten Steppengebieten, einigen Salzseen und der konzentrierten Zivilisation in der Hauptstadt hat der Planet nichts zu bieten – da gibt es bedeutend schönere Orte für Events, wie zum Beispiel …“
„Mein Kunde möchte unbedingt nach Gilead. Er hat ganz präzise Vorstellungen: Das Fest soll bei den Zarquu stattfinden.“
Griffin schüttelte den Kopf. „Das können Sie vergessen. Die Zarquu sind ein Nomadenvolk, das nach sehr strengen Regeln lebt. Da kann man nicht einfach hingehen und sagen, hallo, wir wollen bei euch ein Fest feiern! Sie lassen keine Fremden in ihre Gemeinschaft.“
„Ist es nicht eine alte Tradition bei gileadianischen Familien der Oberschicht, ihre Kinder für eine bestimmte Zeit zu den Zarquu zu geben?“
Geheimdienst, ganz klar, Geheimdienst, dachte Griffin. Diese Tatsache war nämlich außerhalb von Gilead kaum bekannt. Er nickte.
„Diese Tradition stammt noch aus der Zeit der drei Königreiche. Jahrhundertelang herrschte Krieg zwischen den Nomaden, dem Seevolk und den städtebauenden Siedlern. Als endlich Friede geschlossen wurde, vereinbarte man, die Kinder der jeweiligen Oberschicht für ein Jahr zu einem der anderen beiden Völker zu schicken, damit sie deren Lebensumstände kennenlernen konnten. Man hoffte, damit ein gegenseitiges Verständnis zu fördern. Das Seevolk ging dann aber ziemlich schnell in der Gruppe der Siedler auf, die sich technisch weiterentwickelte. Die Nomaden, also die Zarquu, lehnten jeden technischen Fortschritt ab. Die Siedler hatten durch ihre technischen Errungenschaften die Vormachtstellung auf dem Planeten erreicht, beschlossen aber, zur Wahrung des Friedens die Tradition beizubehalten und die Kinder ihrer Adeligen im Alter von 10 Jahren nach wie vor für ein Jahr zu den Zarquu zu schicken. Die Nomaden waren damit einverstanden, auch wenn sie ihre eigenen Kinder nicht mehr zu den Siedlern schicken wollten. Dieses sogenannte Steppenjahr gibt es heute noch.“
„Und Sie haben dieses Steppenjahr auch absolviert.“ Es war eine Feststellung, keine Frage. Griffin sah Lamer erstaunt an. Über seine Vergangenheit hatte er so gut wie nie gesprochen, seit er seinen Heimatplaneten verlassen hatte. Lamers Gesicht zeigte den Anflug eines Lächelns.
„Ich habe mich gut vorbereitet. Auch bei uns gehören gründliche Recherchen zum Geschäft.“
„Ich fürchte, ich kann Ihnen trotzdem nicht weiterhelfen. Es ist 20 Jahre her, dass ich ein Jahr meiner Kindheit bei den Zarquu verbracht habe. Wahrscheinlich erinnert sich bei denen überhaupt niemand mehr an mich!“
„Sie können sich aber jederzeit bei den Zarquu legitimieren, nicht wahr? Jedem Kind wird nach Ablauf des Steppenjahres ein Stammeszeichen eingebrannt. Damit haben Sie so etwas wie eine lebenslange Eintrittskarte in den Stamm und können bei allen Stämmen der Zarquu Gastrecht beanspruchen.“
„Eine ziemlich schmerzhafte Erfahrung für einen Elfjährigen, auf die ich gern verzichtet hätte. Aber die Tatsache, dass ich dort Gastrecht beanspruchen könnte, heißt nicht, dass ich eine Horde Fremdweltler mitbringen kann, die von den Sitten und Gebräuchen der Zarquu keine Ahnung haben und einfach nur eine Party feiern wollen.“
„Sie könnten ja mal nachfragen.“
Verdammt hartnäckig, der Typ, dachte Griffin.
„Was ist Ihnen die Sache denn wert?“
„Na endlich, ich dachte schon, Sie hätten überhaupt kein Interesse, Geld zu verdienen! Hier, das ist das Angebot unseres Kunden“, antwortete Lamer und schob Griffin sein Com-Board über den Tisch, auf dem er ein Schreiben seines Auftraggebers aufgerufen hatte. Der Name war allerdings ausgeblendet.
Griffin starrte die Summe ungläubig an. Das war mehr, als er normalerweise in einem interstellaren Jahr verdiente.
„Wie gesagt, unser Kunde legt wirklich großen Wert darauf, dass sein Event dort stattfindet – und das lässt er sich auch gern etwas kosten.“
„Hm. Ja, da haben Sie tatsächlich ein starkes Argument, Mr. Lamer. Ich überlege mir die Sache – sagen wir bis Morgen, um diese Zeit?“
Griffin stand auf und streckte seinem Besucher die Hand entgegen.
„Wie viel ist es denn?“, fragte da eine Stimme. Unter einer an der Wand angebrachten Theke lagen ein paar Kissen, auf denen sich ein Wesen bewegte, das große Ähnlichkeit mit einem Lamm hatte. Mr. Lamer blinzelte und sah wieder zu Griffin.
„Ist das etwa ein Schaf? Sind Sie Bauchredner?“
Griffin konnte kaum ein Grinsen verbergen.
„Nein, er istkeinBauchredner, und ich binkeinSchaf, sondern ein K’epo, ein Bewohner des Planeten Pan. Wie Sie hören, bin ich durchaus in der Lage, verständliche Worte zu formen“, schien es aus der Ecke zu kommen.
Lamer runzelte die Stirn und sah Griffin wieder an.
„Ähm, ja, wie auch immer, also dann – Sie haben ja meine Kontaktdaten. Sprechen Sie mich einfach Morgen um diese Zeit an.“
Lamer schien etwas verwirrt zu sein und verabschiedete sich schnell. Beim Hinausgehen warf er noch einen Blick in die Ecke.
Das Wesen mit dem wolligen weißen Fell war inzwischen aufgestanden und starrte ihn verärgert an. Es hatte eine Schulterhöhe von ca. 70 cm und war auf den ersten Blick tatsächlich kaum von einem Lamm zu unterscheiden.
Als Lamer gegangen war, lachte Griffin laut los. Der K’epo stellte sich auf seine Hinterbeine und verschränkte die Vorderbeine auf dem Schreibtisch.
„Haha. Du bist wirklich leicht zu amüsieren, du kannst immer wieder über denselben Witz lachen!“
„Ach, komm schon, K’ari! Du musst doch zugeben, dass die Situation einfach zu komisch ist.“
„Ich möchte mal wissen, wie du dich fühlen würdest, wenn mandichauf einem anderen Planeten für ein Nutztier halten würde!“
Griffin wischte sich die Lachtränen aus den Augen und klopfte dem K’epo auf den Rücken.
„OK, OK. Ich lade dich zum Trost auf eine Fladina in den MORGENSTERN ein, was hältst du davon?“
K’ari brummte noch ein bisschen vor sich hin, ließ sich dann aber überreden.
*
Der MORGENSTERN gehörte zu den kleinen, preiswerten Lokalen im riesigen Raumflughafen von Uq City, wo das Licht immer ein bisschen zu schummrig und die Tische immer ein wenig zu klebrig waren. Das beliebte Gürtel-Bier vom Orion gab es aber in Literkrügen und es war preiswert. Das Beste in dem Laden, da waren sich Griffin und K’ari einig, waren allerdings die Fladinas.
Diese Teigfladen, die mit einer scharfen Hackfleischsoße, Gneergh-Zwiebeln und diversen Salaten belegt wurden, waren das Einzige, das Griffin noch mit seinem Heimatplaneten verband. Natürlich wurden sie hier nicht in der Original-Schärfe angeboten, das würden Nicht-Gileadianer nicht vertragen, aber sie kamen der Sache schon sehr nahe.
Griffin und K‘ari drängelten sich durch die vielen Gäste, die bereits in drei Reihen vor der Bar standen, bis sie einen kleinen Tisch fanden.
Die Kellnerin Pin-Pin, die vom Aquarius stammte und ihre sechs Arme bei ihrem Job wirklich gut gebrauchen konnte, kannte das seltsame Paar seit Langem und rief: „Wie immer?“
Die beiden nickten und hatten schon nach kurzer Zeit zwei große Bierkrüge vor sich stehen. K‘ari ergriff den Krug geschickt mit seinen Klauen und stieß mit Griffin an.
Als er nach einem langen Zug den Krug wieder absetzte, meinte der K’epo: „So, jetzt lass mich mal deine Gedanken hören. Willst du es wirklich riskieren nach Gilead zu fliegen? Du hast zwar nie viel darüber gesprochen, aber ich hatte immer den Eindruck, dass es unangenehm bis gefährlich für dich wäre, dort wieder hinzugehen.“
Griffin nahm noch einen Schluck Bier.
„Na ja, stimmt schon. Aber es ist es tatsächlich viel Geld. Und wir würden auch nicht lang dort sein. Wir landen in der Hauptstadt, nehmen uns einen Leihflieger, starten von dort aus sofort durch zu den großen Steppen, suchen einen Zarquu-Stamm, vermitteln den Kontakt und sind wieder weg, bevor ich jemanden treffe, der mich erkennt.“
„Und der Leihflieger? Willst du den unter einem anderen Namen buchen?“
„Nein, mein Freund, den wirst du mieten. Du bist sowieso der bessere Pilot von uns beiden. Außerdem ist der Flughafen von Manasse ein interstellarer Umschlagplatz. Also keine Sorge, dort kann man mit Fremdweltlern umgehen, niemand wird dich für ein Schaf halten.“
Griffin musste wieder lachen, wofür er von K’ari einen gezielten Klauenstoß in die Rippen bekam.
Da kam auch schon Pin-Pin mit den Fladinas.
„Ist richtig, beide mit Hackfleischsoße, oder?“, fragte sie etwas zweifelnd mit ihrer hohen Piepsstimme und setzte die Teller ab.
„Ja, genau wie immer“, meinte K‘ari und seufzte. Er sah ihr hinterher. „Sie hat ja wunderschöne Arme – und so viele davon – aber dass sie immer noch nicht kapiert hat, dass ich kein Vegetarier bin, regt mich auf!“
Griffin sog genüsslich den Duft seiner Fladina ein.
„Hmm! Aber mal wieder das Original zu essen, das wäre auch schön!“ Das ganze Gerede über Gilead hatte fast so etwas wie Heimweh in ihm ausgelöst.
K’ari rollte den Fladen schnell ein, nahm ihn zwischen seine Klauen und biss herzhaft hinein.
„Aber“, meinte er dann, nachdem er den Bissen mit einem Schluck Bier hinuntergespült hatte, „wie kommen wir denn unbemerkt nach Gilead? Die interstellaren Linientransporte haben strenge Passkontrollen und die ganze Strecke mit Fähren zu bewältigen, würde zu lange dauern – und dann letztendlich auch bei der gileadianischen Einreisebehörde enden.“