Kommunikation und Social Media - Melanie Huber - E-Book

Kommunikation und Social Media E-Book

Melanie Huber

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Beschreibung

Melanie Huber stellt in ihrem Standardwerk die bekannten und weniger bekannten Dienste des Social Web vor und zeigt mögliche Strategien, wie man im Netz überhaupt wahrgenommen wird. Das Buch hilft bei der Entscheidung, ob Aktivitäten im Netz 'etwas bringen' und wie viel Engagement innerhalb sozialer Netze nötig ist, um messbare Erfolge zu verzeichnen. Mit Weblogs komplett neue Märkte und Zielgruppen erobern, mit kleinen Budgets innovative Produktideen entwickeln, immerzu gehört werden von den Kunden – bis vor rund zwei Jahren war dies eine Kleinigkeit; zumindest für die Unternehmen, die den Schritt in die so genannte Social Media Kommunikation wagten und offen waren für das Neue. Heute, bald zehn Jahre nach den ersten Blogs und rund sechs Jahre nach der Gründung von Facebook sieht die digitale Welt völlig anders aus. Es geht nicht nur darum, sich auf Augenhöhe dem Dialog mit dem Endverbraucher 'zu stellen'. Heute besteht der wichtigste Schritt darin, überhaupt aufzufallen, gefunden und gehört zu werden. Wie kann man Aufmerksamkeit erzeugen oder gar Botschaften nachhaltig platzieren, wenn die Kommunikation über das Verbreiten von Links und über Kurzkommentare läuft? Melanie Huber gibt in der dritten überarbeiteten Auflage von 'Kommunikation und Social Media' Antworten auf diese und viele weitere Fragen. Sie stellt darin u. a. Google+ und Cloud Computing neu vor und geht breiter auf Apps und iPad bzw. Tablets ein.

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[1][2]Melanie Huber (geb. Ruprecht) ist Inhaberin der von ihr gegründeten Kommunikationsagentur »Kilroy PR« in Berlin. Zuvor leitete sie das Portal »evangelisch.de« und die Internetagentur »i-public« und war für die Onlineausgaben der »Zeit« und der »Sächsischen Zeitung« verantwortlich.

[3]Melanie Huber

Kommunikation und Social Media

3., überarbeitete Auflage

UVK Verlagsgesellschaft Konstanz · München

[4]PR Praxis Band 13

Mit Liebe für Joël und Michael.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISSN 1863-8988

ISBN 978-3-86496-096-3

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Dieses eBook ist zitierfähig. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass die Seitenangaben der Druckausgabe des Titels in den Text integriert wurden. Sie finden diese in eckigen Klammern dort, wo die jeweilige Druckseite beginnt. Die Position kann in Einzelfällen inmitten eines Wortes liegen, wenn der Seitenumbruch in der gedruckten Ausgabe ebenfalls genau an dieser Stelle liegt. Es handelt sich dabei nicht um einen Fehler.

1. Auflage 2008

2. Auflage 2010

3. Auflage 2013

© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2013

Einband: Susanne Fuellhaas, Konstanz

Einbandfoto: www.digitalstock.de

UVK Verlagsgesellschaft mbH

Schützenstr. 24 . 78462 Konstanz · Deutschland

Tel.: 07531-9053-0 . Fax: 07531-9053-98

www.uvk.de

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de

[5]Inhalt

Vorwort

Einleitung

1    Social Media

Web 2.0 oder Social Media?

Social Media Guidelines

Verändertes Konsumentenverhalten

Konsequenzen für die PR

2    Anwendungen und Chancen für die PR

Vernetzung für jedermann

Weblogs

Audio- und Video-Podcast

Really Simple Marketing: RSS

Social Networking

Social Bookmarking

Virtuelle Welten

Wikis

Google+

Pinterest

Social Commerce

3    Twitter: Wirkungsvolles Gezwitscher

Warum Twitter wichtig ist

Die ersten Schritte

Tweets in andere Seiten integrieren

Twitter und TV

Freunde finden und die Region entdecken

[6]4    Facebook: Kontakte, Kontakte, Kontakte

Freundschaften knüpfen und pflegen

Positionierung über Fanpages

Auffallen im Facebook-Universum

5    Multiplikatoren

Finden der Meinungsmacher

Einordnung der Relevanz

Monitoring

Kontaktaufbau und Reputationsmanagement

6    Evaluation

Wissen einsammeln

Rückfragen

Dialoge führen

7    Issue Management

Einsatzbereiche

Maßnahmen

Bedeutung für die PR

8    Interne Kommunikation

Der Change-Prozess

Basisaufgaben

Fürsprecher motivieren

Corporate Blogging im Intranet

[7]9    Pressearbeit 2.0

Journalismus und das Internet

Multimedia-Pressemitteilung

Versand via RSS

Verteiler aufbauen

10  Umsetzung

Bedarfsanalyse

Ziel- und Zielgruppenbestimmung

Das wünscht sich Ihre Zielgruppe

Überzeugungsarbeit

Ideen finden

Marketing

Virale Kampagnen

Umgangsformen im Web

Rechtliche Aspekte

Erfolgsfaktoren der Kommunikation

Praxisbeispiel: Die Geschichte eines Mode-Blogs

11  Empfehlungsmarketing

Multiplikatoren finden und motivieren

Glaubwürdigkeit

Involvement

Erfolgsmessung

Das Internet der Zukunft

Glossar

Literatur und Links

Index

[8]Vorwort

Eine dritte Auflage, das ist ein Riesenerfolg und eine schwere Geburt zugleich. So vieles hat sich allein in den vergangenen zwei Jahren verändert. Fast die Hälfte aller damals hier vorgestellten Angebote gibt es gar nicht mehr. Manche einst – aus damaliger Sicht – wichtige Websadressen führen heute zu dubiosen Services. Die Firmen sind schlicht pleite gegangen und haben nicht mal die Domains für 30 Euro im Jahr behalten. Dafür gibt es einige neue Dienste, die ich vorstellen werde. Doch es fällt auf, dass die Zeit der nahezu inflationären Neuentwicklung von Anwendungen vorbei ist. Große Netzwerke wie Facebook haben sich etabliert, andere wie StudiVZ wurden verkauft. Da trauen sich Neueinsteiger seltener, ihre Ideen zum Geschäft zu machen. Ich persönlich hoffe dennoch auf den Mut kreativer Köpfe; zu spannend und interessant sind die Möglichkeiten, die das Web noch bieten kann. Facebook allein sollte es nicht sein.

Verändert haben sich nicht nur die Angebote, sondern auch ihre Nutzungsweise. Inhalte scheinen mehr für die Kurzweiligkeit geschaffen, wirken oft flüchtig und dadurch qualitativ weniger bedeutsam. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Nutzer, die neue Form der Kommunikation spricht die Massen an. In diesem Umfeld Aufmerksamkeit zu erzeugen, ist deutlich schwerer geworden als noch vor einigen Jahren. Und dennoch glaube ich fest daran, dass man mit Herz und Leidenschaft, Wissen und Neugier und einem kleinen bisschen Glück erfolgreich auffallen kann. Dieses Buch soll dabei helfen. Ich wünsche Ihnen alles Gute beim Ausprobieren und Ihren Schritten im Social Media-Umfeld, die Ihnen bald so vertraut erscheinen werden wie all die gewohnten Kommunikationswege.

Kronberg / Taunus im Juli 2013

Melanie Huber

[9]Einleitung

Wir sind angekommen, die Kommunikation im und über das Internet wird von den Menschen so praktiziert, wie sie möglich ist: direkt, dialogorientiert, über die verschiedenen Kanäle.

Verbraucher sind heutzutage fast allesamt im Web aktiv und berichten dort über ihre Erfahrungen mit Dienstleistungen oder Produkten, geben Empfehlungen weiter und suchen nach Tipps, dokumentieren Eindrücke und Erlebnisse. Der Unterschied zu früheren Zeiten: Die Anwendungen und Tools sind so einfach und vielfältig geworden, dass sie wirklich jeder nutzen kann, der einen Internetzugang hat. Selbst für das Erstellen einer eigenen Webseite braucht man keine Programmier-Kenntnisse mehr, und ebenso schnell können selbstgedrehte Filme oder ganze Bildergalerien veröffentlicht werden. Es gibt Webseiten mit so unterschiedlichen Themengebieten, dass selbst sehr spezifische Interessen abgedeckt werden. Das hat Konsequenzen für die Recherche von Informationen.

Interessierte können sich in kürzester Zeit die Berichte anderer Konsumenten anzeigen lassen und mal eben schauen, ob die Digitalkamera tatsächlich leistet, was der Hersteller verspricht, oder ob der Wellnessbereich im Urlaubshotel wirklich so gut ist, wie er im Prospekt beschrieben wurde. Diesen Beiträgen von Verbrauchern wird mehr Bedeutung zugesprochen und geglaubt als neutralen Testergebnissen oder Artikeln in Zeitschriften. Nicht mehr allein Journalisten und Unternehmen stellen die Inhalte im Internet zur Verfügung; Nutzer werden zu aktiven Produzenten von Inhalten. Somit ist User generated Content eines der wichtigsten Merkmale des Webs und Grund genug für Unternehmen, ihr Kommunikationsverhalten zu überdenken, die Öffentlichkeitsarbeit anzupassen.

Alles läuft darauf hinaus, miteinander kompatibel und verlinkt zu sein. Das Internet ist ein großer Marktplatz mit den buntesten und unterschiedlichsten Akteuren, die sich hier tummeln. Wer ihn betritt, kann viel entdecken, sich verlaufen, gute Erfahrungen machen und schlechte. Wie im realen Leben.

Doch was genau soll ein Unternehmen tun, um daran teilzuhaben? Welche Maßnahmen sind dringend notwendig, welche weniger zwingend? Gibt [10]es branchenspezifische Unterschiede? Und mit welchem Aufwand ist zu rechnen? All das gilt es zu klären.

Im Folgenden werden diverse Anwendungen und ihre jeweilige Bedeutung für die Öffentlichkeitsarbeit veranschaulicht. Dabei wird Schritt für Schritt erklärt, wie selbst Unternehmen, die bisher eher zurückhaltend in der Online-Kommunikation agiert haben, die neuen Instrumente können. Von den rechtlichen Aspekten über die richtige Ansprache von Multiplikatoren bis hin zum Change-Prozess wird erklärt, wie Web-Projekte erfolgreich umgesetzt werden können.

Ausprobieren und Erfahrungen sammeln

Wer nun befürchtet, bewährte Kommunikationsmaßnahmen komplett umstellen und vielleicht sogar Personal aufstocken zu müssen, kann beruhigt werden. In der Regel geht es einfach darum, Budgets umzuschichten und für wirksamere Maßnahmen einzusetzen oder die Ressourcen anders zu verteilen. Statt eines teuren Advertorials für ein neues Waschmittel lohnt es sich eventuell, einfach mal einen Verbrauchertest über eine bereits bestehende Frauen-Community im Web anzustoßen – zum Beispiel in Kooperation mit www.erdbeerlounge.de oder www.bequeen.de. Und statt aufwendige Marktforschung zu betreiben, können Nutzer gezielt online um beispielsweise ihre Einschätzung einer geplanten Funktionalität eines Telefons gebeten werden. Aber auch bei klassischen Kampagnen lohnt es sich, diese über das Web einer breiteren Zielgruppe zu präsentieren. Selbst die interne Kommunikation oder die Medienarbeit lassen sich intensivieren, personalisieren und erfolgreicher gestalten. Die einzige Voraussetzung: Offenheit. Die Bereitschaft, über den Tellerrand zu blicken und einfach mal etwas Neues auszuprobieren.

Es kommt weniger darauf an, sich per Beschluss an möglichst vielen Stellen im Internet einzubringen als darauf, sich bewusst zu machen, was die Adressaten eines Gesprächs, einer Information erwarten und wie sie reagieren könnten. Besonders wichtig ist dabei:

Keine Lügen: Tatsachen zu verdrehen oder gar zu lügen führt nur selten zum Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung. Dies gilt auch für Aktivitäten in Chats oder Foren. Pseudonyme oder falsche Angaben zur eigenen Person sind tabu.

[11]Kein Halbwissen: Wer sich mit seinen Produkten unzureichend auskennt, sollte auch nicht öffentlich über diese sprechen oder sich als Ansprechpartner anbieten.

Immer fair bleiben: Informationen lassen sich sekundenschnell verbreiten, auch ausgehend von Unternehmen. Bei Anschuldigungen oder schwerwiegender Kritik sollten die Betroffenen die Möglichkeit bekommen, sich zu äußern.

Prüfen vor dem Weitersagen: Viele Dienste laden regelrecht dazu ein, schnell eine Meldung weiterzureichen. Mit unglaublicher Geschwindigkeit verbreitet sie sich im Netz. Doch stimmt das auch, was da beispielsweise über Twitter »retweetet«, also weitergereicht, wird?

Bewusst profilieren: Ob Profilangaben bei Facebook oder Mitgliedschaften in bestimmten Gruppen – all dies lässt Rückschlüsse auf die Autoren bzw. das Unternehmen zu, das von diesen Angaben repräsentiert wird. Kommt es beispielweise zu einem Konflikt oder zu einer Krise, können all diese Informationen von den Kritikern verwendet werden.

Privates und Berufliches trennen: Wer auch privat soziale Netzwerke nutzt, sollte dafür eigene Zugänge anlegen und auf keinen Fall die beruflichen Profile für private Zwecke nutzen. In beruflichem Networking haben private Vorlieben keinen Platz.

In vier Schritten zu adressatengerechter Kommunikation

Viele Unternehmen halten sich bei der Kommunikation über das Internet noch immer zurück. Zu groß ist die Furcht, etwas falsch zu machen und dafür öffentlich kritisiert zu werden. Zahlreiche Berichte über pöbelnde Blogger oder ausgeplauderte Geheimnisse haben dazu beigetragen, dass ein Unternehmen nicht mal guckt, was alles online über die mit viel Mühe entwickelten Werbemaßnahmen geschrieben wird oder wie Nutzer in Verbraucherportalen urteilen. Dabei ist dieses Hinschauen der erste Schritt in Richtung Social Media. Erst wenn man weiß, wie die Zielgruppen denken, welche Worte sie wählen, welche Bedürfnisse sie haben, kann man auf Augenhöhe einen Dialog führen.

[12]Zielgruppenorientierung

•  Schritt 1: Die Zielgruppe im Web finden

Auf welchen Internetseiten diskutieren Ihre Kunden oder avisierte Verbraucher über Ihre Produkte oder Dienstleistungen? Wo sind diese Zielgruppen noch aktiv oder welche Anwendungen werden zumindest passiv von diesen besucht?

•  Schritt 2: Hinschauen und lesen

Beschäftigen Sie sich mit den Inhalten, die auch für Ihre Zielgruppen interessant sind. Lesen Sie regelmäßig, was über Ihr Unternehmen, die Branche, die Wettbewerber geschrieben wird. Gibt es konkrete Wünsche oder gar Kritikpunkte?

•  Schritt 3: Einen Dialog führen

Treten Sie mit möglichen Multiplikatoren in Kontakt. Diskutieren Sie mit Verbrauchern, mit denen, die an Ihren Services interessiert sind. Könnten Sie gemeinsam etwas auf die Beine stellen?

•  Schritt 4: Zielorientierte Maßnahmen definieren

Was wollen Sie erreichen? Welche Bedürfnisse der Zielgruppen decken sich mit Ihren Zielen? Es ist nicht sinnvoll, ein Projekt nur umzusetzen, weil es »Social Media-gemäß« ist.

[13]1    Social Media

Web 2.0 oder Social Media?

Nur noch wenige sprechen vom Web 2.0. Wer zeitgemäß sein möchte, sagt Social Media, wenn es um Interaktion, User generated Content oder einfach nur den Dienst Facebook geht. Das Internet ist, wie es ist, und wird genau so genutzt und von der Mehrheit der sogenannten User akzeptiert. Beeindruckende Bezeichnungen braucht es nicht mehr, um darauf hinzuweisen, dass sich etwas Großartiges vollzogen hat. Social bleibt, als Hinweis auf die Verbindungen, die das Internet rasch und einfach ermöglicht.

Salopp gesagt bezeichnen die Begriffe Web 2.0 und Social Media nichts anderes als das heutige Internet – mit all seinen Ausprägungen, Möglichkeiten und Nutzern. Marketingbegriffe seien es, sagen die einen, eine bedeutsame Zäsur die anderen. Beide haben Recht. Der Zusatz 2.0 zeigt an, dass sich das Web ganz wesentlich verändert, weiterentwickelt hat – und damit wirklich jeder davon erfährt, wurde eine geheimnisvolle Bezeichnung ins Leben gerufen und bekannt gemacht: Web 2.0.

Erstmals verwendet wurde der Begriff von Tim O’Reilly, dem gleichnamigen Verleger O‘Reilly, und Dale Dougherty, Vizepräsident von O’Reilly (O’Reilly 2005). Sie waren im Jahr 2004 auf der Suche nach einem Titel für eine Konferenz über das veränderte Internet nach dem Platzen der Dotcom-Blase im Herbst 2001. Vor diesem wirtschaftlichen Zusammenbruch zahlreicher Internetfirmen wurde über das sogenannte globale Dorf lediglich gesprochen. Ab 2001 wurde es tatsächlich errichtet, langsamer als zuvor, aber dafür mit dem Fokus auf Nutzen, Ziele und Zielgruppen. Doch erst mit den interaktiven Anwendungen des Webs 2.0 zogen die ersten Bewohner ein, lernten ihre Nachbarn, Wege, Plätze und Angebote kennen. Vieles ist noch nicht ganz fertig, befindet sich noch im Rohbau, was gemeinhin als Beta bezeichnet wird, doch die Baulücken und Baustellen verschwinden plötzlich in rasanter Geschwindigkeit. Man erkundet die Umgebung, trifft sich und übernimmt selbst kleine Aufgaben in der Dorfgemeinschaft. Alles ist im Fluss und jeder kann teilhaben.

[14]Social Media

Da es kaum noch Inhalte im Internet gibt, die ausschließlich als virtuelle Visitenkarten eingerichtet wurden, wird es vermutlich nicht lange dauern, bis auch die Bezeichnung Social Media verschwindet und wir wieder einfach nur vom Web, Internet oder Online-Seiten sprechen. Aktuell sprechen auch diejenigen von der Bedeutung der Social Media, welche die Bedeutung des Web 2.0 nicht erkannt haben und nun modern und visionär erscheinen wollen; oder Dienstleistungen in dem Kontext anzubieten haben. Verbunden mit dieser Zuspitzung ist natürlich eine Übertreibung und Vereinfachung. Doch tendenziell entspricht es der Realität. Natürlich sprechen auch echte Experten des Internets von Social Media, sie nutzen den Begriff, um verstanden zu werden und nicht, um zu beeindrucken.

Internet für alle

Ein Web 1.0 hat es dem Begriff nach nie gegeben. Doch die Unterschiede zwischen dem heutigen und dem Web bis vor etwa zehn Jahren sind groß. Wer erinnert sich nicht an die dicken Wälzer zur Erklärung der in HTML programmierten Webseiten, an die blinkenden »Baustellen-Schilder«, an lückenhafte Kataloge mit den »wichtigsten« Adressen zum Thema Musik, an Live-Chats ohne Mit-Chatter, an Meta-Suchmaschinen, die mehrere Minuten benötigten, um die Fundstellen für einen Begriff in fünf Suchmaschinen anzuzeigen? Diese Zeiten sind vorbei. Heute braucht niemand umfangreiche Programmierkenntnisse, um eine schicke Homepage zu erstellen. Lückenhafte, manuell gepflegte Kataloge haben ausgedient und wurden ersetzt durch nahezu alle wichtigen Adressen automatisch auflistende Portale. Die heutige Bedeutung des Internets zeigt anschaulich ein Video von Jesse Thomas.

[15]

Schnelleres Wachstum und größere Vielfalt als im Web gibt es nirgends. (Quelle: vimeo.com/9641036)

Immer wieder wird das Internet auch als Mitmach-Web bezeichnet. In gewisser Weise ist es dies auch. Nutzer schreiben Lexikonbeiträge bei wikipedia.de, geben Ausflugstipps bei qype.de oder zeigen ihre Urlaubsimpressionen bei flickr.de. Doch es soll nicht verschwiegen werden, dass es ebenso Menschen gibt, die dies abschreckt und die verunsichert sind. Gerade Web-Unerfahrene sollten langsam an neue Anwendungen geführt und mit ihnen vertraut gemacht werden. Wer ein soziales Netzwerk aufbaut oder auf andere Weise zum offenen Dialog einlädt, muss mit der Kritik einzelner rechnen. Warum geben Sie Geld für solche Spielereien aus? Was passiert mit meinen Daten? Wollen Sie mich etwa ausspionieren? – Das sind nur einige Fragen, auf die ein Unternehmen Antworten bieten sollte.

Alles wirkt professioneller

Die Kommunikation im Internet ist professioneller geworden – zumindest, was die Darstellung und Aufbereitung der dargebotenen Inhalte betrifft. Welche Inhalte jemand veröffentlicht, hängt jedoch weiter von ihm persönlich[16] und seinem Vermögen, seiner Intention ab. Die sogenannte kollektive Intelligenz ist ausgeprägter, je mehr Menschen dem Kollektiv angehören. Gibt es in einem Forum wenige Nutzer oder hat ein Weblog nur eine geringe Zahl an Lesern, ist die Wahrscheinlichkeit, dass falsche oder unpassende Äußerungen unberichtigt bleiben, größer. Darin liegt die Krux.

Dem Anschein nach sind fast alle Inhalte gleichwertig. Die Berichte, Bilder oder Filme von Laien unterscheiden sich immer weniger von den Berichten der klassischen Medien. Erst bei näherem Hinsehen stellt man manchmal fest, dass eine Buchrezension sehr einseitig, ein politischer Kommentar ohne Fachkenntnisse verfasst wurde. Die Grundmauern wurden mit neuen Diensten errichtet, doch die Innenarchitekten, die breite Nutzerschaft des Internets, haben ganz unterschiedliche Fähigkeiten und Absichten.

Diese einschätzen zu können, darin besteht die große Herausforderung der PR-Verantwortlichen. Doch mit gesundem Menschenverstand und einer gewissen Neugier gelingt auch dies.

Social Media Guidelines

Wer beruflich in sozialen Netzwerken aktiv sein möchte oder muss, sollte unbedingt zuvor sogenannte Guidelines aufstellen. Diese helfen nicht nur, in kritischen Situationen professionell zu agieren und keine Fehler zu machen, sondern geben den Zuständigen Sicherheit. Die Richtlinen werden idealerweise gemeinsam von den Varantwortlichen und operativ Tätigen entwickelt und mit Beispielen hinterlegt. So kann unter anderem geregelt werden, wer am Wochenende auf Fragen reagiert und ob dies zur regulären Arbeitszeit zählt. Es geht aber auch um Tonfall und Inhalt. Und schließlich können in Guidelines Regeln für diejenigen aufgestellt werden, die ein sozials Netzwerk privat nutzen, aber dennoch hin und wieder über Berufliches berichten möchten.

Die Guidelines sollten als Teil der Strategie betrachtet werden, die mit den Aktivitäten in sozialen Netzen verfolgt wird. Somit gehört auch die Definition von Zielen zu den Richtlinien. Jeder sollte verstehen, warum und zu welchem Zweck bei Facebook & Co. mitgemacht wird. Wer sich nicht darüber klar ist und es als »Muss« in modernen Zeiten betrachtet und das Dabeisein als einziges Ziel betrachtet, wird es schwer haben, motivierte Mitstreiter zu finden und mit einem roten Faden erfolgreich Beziehungen aufzubauen.

[17]Zahlreiche Firmen veröffentlichen ihre Guidelines online und demonstrieren dadurch Transparenz und Aufgeschlossenheit. Jedes Unternmehmen muss für sich entscheiden, ob dies zur eigenen Kultur passt oder nicht, ein Erfolgsgarant ist die Veröffentlichung allein nicht, sie kann sich jedoch positiv auswirken und zu vermehrtem Interesse führen.

Tchibo hat Social Media Guidelines nicht nur öffentlich gemacht, sondern zudem ein informatives Video erstellt. (Quelle: http://alturl.com/9a5ci)

Folgende Überlegungen sollten vor der beruflichen Nutzung von sozialen Netzwerken stehen und möglichst in verbindlichen Richtlinien festgehalten werden:

[18]Checkliste: Social Media Guidelines

•  Sind alle Beteiligten ausreichend über Persönlichkeits- und Urheberrechte informiert und wie wird der Datenschutz sichergestellt? Womöglich gibt es im laufenden Betrieb für offene Fragen einen kompetenten Ansprechpartner.

•  Die Geheimhaltung bezogen auf das eigene Unternehmen, Partner und Kollegen ist oberstes Gebot. Innerbetriebliche Informationen, die als vertraulich gelten, dürfen nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Empfehlenswert ist hier ein Letter of intent, den Zuständige unterschreiben. Ebenfalls sollte klar sein, dass öffentliche Kritik am eigenen Unternehmen oder Dienstleistern tabu ist.

•  Gibt es ausreichend kompetente Mitstreiter, um ein kontunuierliches Engagement zu gewährleisten? Ob nach Dienstschluss, am Wochenende oder in Urlaubszeiten – die Kommunikation im Netz geht weiter. Wer sich darauf einlässt, sollte dies berücksichtigen und für Vertretungen und Zuarbeit sorgen. Gerade in der Aufbauphase ist es wichtig, eine kontinuierliche Präsenz zu zeigen.

•  Sind die Zuständigen bereit, ihre wahre Identität preiszugeben? Niemand sollte gezwungen werden, sich namentlich im Netz zu äußern. Doch es darf auf keinen Fall eine falsche Identität angenommen oder über Zugehörigkeit zum Unternehmen gelogen werden. Ehrlichkeit und Transparenz zahlen sich aus. Wichtig ist ferner, dass die Autoren in den Netzwerken darauf hinweisen, dass es sich bei Meinungsäußerungen um persönliche Einschätzungen handelt und sie nicht für das Unternehmen sprechen.

•  Fehler passieren, das ist völlig normal. Doch wie geht man damit um? Auf keinen Fall sollten Beiträge einfach gelöscht werden. Gut ist es, [19]seinen Fehler einzugestehen, sich dafür zu entschuldigen und die Angelegenheit richtig zu stellen. Nur so bleibt die Glaubwürdigkeit erhalten.

•  Ist den Zuständigen bewusst, dass alles, was sie im Netz publizieren, eventuell für Jahre oder womöglich für immer gespeichert und auffindbar ist? Dementsprechend verantwortlich sollten sie sich verhalten und dabei unterstützt werden. Es kommt durchaus hin und wieder zu unflätigen oder beleidigenden Reaktionen. In solchen Fällen gilt es, einen klaren Kopf zu bewahren und sich nicht zu ebensolchen Äußerungen hinreißen zu lassen. Im Idealfall bleibt man stets sachlich, höflich oder reagiert mit Humor. Es ist übrigens keine Lösung, unliebsame Äußerungen von Lesern einfach zu löschen. Auch dies sollte möglichst schriftlich vereinbart werden.

Ein wichtiger Punkt beim Verhalten in sozialen Netzwerken betrifft ebenfalls die Mitarbeiter, die ausschließlich privat aktiv sind. Oftmals sind Kooperationspartner, Kollegen oder womöglich künftige Arbeitgeber mit ihnen vernetzt und sehen somit, was diese veröffentlichen. Das können kleine Sticheleien bezogen auf Dienstleister sein oder nur ein kurzes entspannendes Spiel bei Facebook während der Arbeitszeit. Unterbinden lässt sich dies nur durch Vereinbarungen, ob dies der Motivation dient, sei dahin gestellt. Doch zumindest sollten alle Mitarbeiter darauf hingewiesen und gebeten werden, sehr bewusst in sozialen Netzen zu agieren. Ihr persönliches Image und das des Unternehmens könnte sonst Schaden nehmen.

Guidelines etablieren

In sozialen Netzen geht es vor allem um das Miteinander und die Kommunikation. Es wäre daher verheerend, Guidelines zum Verhalten im Web durch die Leitung oder Außenstehende aufzuoktroyieren. Wer möchte, dass sich die Zuständigen an die Regeln halten und sich im besten Fall mit ihnen identifizieren, sollte sie im Schulterschluss entwickeln. Online stehen zahlreiche Beispiele für Richtlinien zum Einblick bereit, diese können als Inspiration für eigene Gedanken herangezogen werden. In einem Workshop [20]sollten dann auch Beispiele aus der Praxis für die einzelnen Punkte zusammmengestellt werden; nur so kann sich jeder etwas darunter vorstellen, was »humorvoll« auf Kritik zu reagieren bedeutet.

Im Idealfall gibt es für die Beteiligten einen Ansprechpartner für Fragen, die sich im Laufe der Zeit unwillkürlich ergeben: Darf dieses Bild veröffentlicht werden? Haften wir für den eine dritte Person diffamierenden Kommentar eines Lesers auf unserer Fanpage? Wie geht man mit Lügen um, die über das Unternehmen verbreitet werden? – Wer sich auf Social Media einlässt, hat viele Fragen. Nicht alle lassen sich vorab klären. Und so wird inzwischen häufig die Position des Social Medias Managers geschaffen, der den nötigen Ein- und Überblick hat. Mit dieser Person können dann auch beispielsweise folgende Überlegungen diskutiert werden:

•  Gehört es zur Arbeitszeit, am Wochende oder nach Dienstschluss mögliche Fragen zu beanworten oder Diskussionen zu beobachten? Wer regelt den Umfang oder limitiert diesen?

•  Darf ich während der Arbeitszeit privat in sozialen Netzwerken aktiv sein? Vor allem, wenn die berufliche Wochenendarbeit nicht als Überstunde betrachtet wird.

•  Was passiert, wenn Richtlinien verletzt werden? Gibt es Konsequenzen?

•  Sollen die Guidelines veröffentlicht werden?

•  Wer kontrolliert, ob die jeweiligen Ziele der Aktivitäten erreicht wurden? Und was ist, wenn sie nicht erreicht werden? Stellt man die Tätigkeiten dann ein?

Verändertes Konsumentenverhalten

Eine neue Digitalkamera muss her. Doch welche ist die beste für mich? Der Kollege ist von seiner ganz begeistert. Im Test-Magazin hat eine andere mit »sehr gut« abgeschnitten. Gekauft wird sie im Elektromarkt, hier war gerade eine Kamera im Angebot. – Früher haben Verbraucher so oder so ähnlich eingekauft. Heute geht es um mehr. Man will Preise vergleichen, ein Schnäppchen machen, möglichst viele unabhängige Meinungen einholen, Beispielbilder sehen, das passende Zubehör gleich mitbestellen – und das am besten von der Couch aus.

Immer mehr Verbraucher recherchieren im Internet auf Preisvergleich-Seiten wie geizkragen.de oder in Verbraucherportalen wie ciao.de, wo es neben Texten und Bildern anderer Digitalkamera-Besitzer auch Videos mit [21]Anleitungen zur Handhabung gibt. Sie suchen nach Gutscheinen, die von zahlreichen Nutzern in Tauschbörsen angeboten werden, damit der Einkauf noch günstiger wird. Die Möglichkeiten, sich im Web über Produkte oder die Qualität von Dienstleistungen zu informieren, sind schier unendlich. Immer mehr Menschen gehen diesen Weg, so das Beste zum besten Preis zu finden.

Das hängt auch damit zusammen, dass die Internet-Nutzung in Deutschland rasant gestiegen ist. 77 Prozent aller erwachsenen Deutschen, 54,1 Millionen Bundesbürger sind online. Ein jeder verbringt im Schnitt 11,4 Stunden pro Woche im Internt (Quelle: Mediascope Deutschland, 2012).

Gleiches Bedürfnis, neue Möglichkeiten

Die Veränderung des Konsumentenverhaltens ist an sich gar keine so große Neuerung. Schon immer gab es das Bedürfnis, möglichst günstig einzukaufen und viele Meinungen bei einer Anschaffung oder vor einer wichtigen Entscheidung einzuholen. Doch während die Gespräche früher am Stammtisch, auf dem Markt oder im Büro stattgefunden haben, wird heute gezielt nach Tipps und Tricks im Internet gesucht. Dank der Vielzahl der Anwendungen, die blitzschnell das Gesuchte anzeigen, und der breiten Information können hier beispielsweise Freizeitbastler mit einem ausgefallenen Hobby Ratschläge von Gleichgesinnten finden, können Tierliebhaber eine Begleitung für’s Gassigehen suchen.

Ein weiterer Vorteil: Die Informationen stehen kostenlos zur Verfügung. Niemand muss mehr 2,50 Euro für einen drei Monate alten DVD-Player-Test bezahlen.

Was das Web ausmacht, sagt Christian Stöcker, stellvertretender Leiter von Spiegel Online Netzwelt, auf dem Bitkom Forum Kommunikations- und Medienpolitik am 8. Februar 2010 in Berlin, ist Folgendes: »Die Vorteile eines freien Netzes überwiegen seine Nachteile.« In seinem Vortrag stellt der Experte sieben Thesen auf:

1.  Das Internet ist dumm und das ist auch gut so.

2.  An vielem, was das Netz gefährlich macht, sind die Nutzer selbst schuld.

3.  Die Staaten dieser Welt werden sich nicht darüber einigen, wie das Netz sein sollte. Aber ein Minimalkonsens in Sachen Verbrechensbekämpfung lässt sich herstellen.

4.  [22]Wir sollten aufhören, vermeintlichen Exhibitionismus anzuprangern, solange wir den Menschen ins Wohnzimmer starren. Wir brauchen eine neue Definition von Öffentlichkeit.

5.  Jugendschutz ist wichtig, aber nicht wichtiger als alles andere. Mit Providern als Zensor wäre das Ende des freien Netzes gekommen.

6.  Urheberrechte sind wichtig, aber nicht wichtiger als Bürgerrechte.

7.  Die Vorteile des freien Internets überwiegen seine Nachteile. Wer das Internet für überwiegend schädlich hält, muss ein Menschenfeind sein.

Bezahlinhalte haben kaum eine Chance

Informationen lassen sich nur schwer verkaufen, diese Erfahrung mussten vor allem Verlage in den vergangenen Jahren machen. Auf unzähligen Seiten im Web gibt es die nahezu gleichwertige Auskunft frei erhältlich – von Anleitungen bis hin zu umfassenden Testergebnissen. Für den Verbraucher erscheint diese Information teilweise sogar noch wertvoller als die der klassischen Medien. Denn der Alltagsgebrauch und reale Situationen, die der Produktbewertung durch andere Konsumenten zugrunde liegen, unterscheiden sich von sterilen Testverfahren. Hinzu kommen Vorbehalte gegenüber den Verlagen oder Firmen im Allgemeinen. Ihnen wird vorgeworfen, bestechlich und wenig unabhängig von Anzeigenkunden zu agieren und nicht immer im Sinne des Verbrauchers zu berichten. Zwar kann auch im Internet ein von der Firma bezahlter Blogger sein Unwesen treiben, doch durch die Vielzahl der Nutzer und Beiträge relativieren sich einzelne Berichte schnell. Meist baut man zu den schreibenden Autoren auch ein gewisses Vertrauensverhältnis und eine persönliche Beziehung auf. Und einem Freund wird eher Glauben geschenkt als dem fremden Journalisten.

Wer dennoch mit Inhalten Geld verdienen möchte, sollte darauf achten, dass sie wirklich einzigartig und damit wertvoll sind. Die Schulungsunterlagen, der Sprachkurs oder ein nirgendwo anders im Web gebotener Service können für eine klare Zielgruppe interessant und hilfreich sein, sodass diese bereit ist, dafür zu zahlen. Trotzdem gibt es immer wieder seitens der Verlage Versuche, ihre gewöhnlichen Webangebote gegen eine Gebühr anzubieten.

Immer mehr Unternehmen sind zu der Erkenntnis gekommen, dass sich die Uhr nicht zurückdrehen lässt. Inhalte und Dienste, die seit Jahren kostenlos verbreitet werden, können nicht gegen noch so kleine Unkostenbeiträge verkauft werden.

[23]Um dennoch mit Internet-Angeboten rentabel zu werden, kommen zunehmend neue Anwendungen auf den Markt, die oftmals eng mit der Webseite verwoben sind. Dazu zählen seit Jahren Musiktitel oder Klingeltöne, die online erworben werden, und jüngst auch die sogenannten Apps. Gerade mit den neuen Angeboten für mobile Endgeräte und im Tablet-Bereich wird seitens der Anbieter von Anfang an auf die Rentabilität geachtet, Verlage wie Axel Springer oder die Spiegel-Gruppe machen es vor; deren Apps sind gegen eine Gebühr erhältlich.

Ob kostenlos oder kostenpflichtig – die Anzahl der im Web zur Verfügung stehenden Inhalte ist in den vergangenen Jahren exponentiell gewachsen. Das verdanken wir all den fleißigen Anwendern, die unermüdlich im Internet publizieren, Rezensionen schreiben, Tipps geben, auf Fragen antworten und ihr Wissen weitergeben. Lauter Redakteure sind aktiv, die sich dem Bürgerjournalismus verschrieben haben. Viele Experten befinden sich darunter, Menschen, die sich intensiv mit einem Thema beschäftigen und – aus unterschiedlichen Motiven – andere daran teilhaben lassen; aber auch solche, die sich einfach mal Luft verschaffen wollen, weil sie sich geärgert haben – über einen Verkäufer oder den Service in einem Restaurant, eben über das, was uns im Alltag begegnet. Im Web kann jeder zu einer Art Journalist werden. Das Mittel ist die äußerst einfach zu bedienende Technologie. Der Nutzer kann sich dank neuer Software auf das Wesentliche konzentrieren, den Inhalt.

Und weitere Inhalte zum Aufwerten des eigenen Angebots stehen auf unterschiedlichen Seiten zur Verfügung. Sogenannte Mashups ermöglichen die einfache und kostenlose Einbindung von Daten und Diensten auf diversen Webangeboten. Demnach kann ein privates Weblog neben den eigenen Beiträgen auch Karten aus Google Maps oder Veranstaltungstipps aus der Region enthalten, die von einem ganz anderen Portal stammen. Man muss nicht mehr alles selbst erstellen und kann trotzdem eine attraktive und umfassende Webseite aufbauen.

[24]Tipp

Vielleicht fallen Ihnen Anwendungen oder Inhalte ein, die ebenso gut auf anderen Seiten veröffentlicht werden könnten wie auf Ihrer Webseite. Das bedeutet schlussendlich, Anhänger zu gewinnen, ein Mitglied dieser großen Gemeinschaft zu werden. Eine Suche oder ein Tool zur Gestaltung von Postkarten würde eventuell auch von privaten Homepage-Betreibern integriert, wenn sie damit ein paar Euros verdienen oder, noch besser, an Ansehen gewinnen können.

Gesteigerte Erwartungshaltung

Es haben sich jedoch nicht nur die Anwendungen verändert, sondern auch die Nutzung dieser – durch aktive Produzenten von Inhalten und passive Leser. Sie alle erwarten vom Internet:

•  Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen,

•  sich auszutauschen,

•  den Inhalten und Website-Betreibern vertrauen zu können,

•  Empfehlungen von anderen Verbrauchern zu finden,

•  selbst aktiv werden zu können: Tipps geben, abraten, Erfahrungen tauschen,

•  Vergleiche zu finden und alles auf einem Blick geboten zu bekommen,

•  Informationen schnell und strukturiert zu finden,

•  Einblicke in das Private zu geben und zu bekommen,

•  personalisierte Inhalte und auf sie zugeschnittene Inhalte,

•  kostenlose Inhalte, Information und Unterhaltung.

Hinzu kommen all die neuen Endgeräte, die es ermöglichen, Inhalte darzustellen oder sie zu verbreiten. Neben dem Computer mit Breitband-Zugang zum Internet besitzen immer mehr Menschen eine Digitalkamera, ein Navigationsgerät, ein Mobiltelefon oder einen Camcorder. Sie nutzen ihren Organizer unterwegs, haben eine Spielkonsole, einen MP3-Player, iPad und ein Laptop mit UMTS-Karte. Die Geräte werden ständig verbessert und durch Anwendungsmöglichkeiten ergänzt, völlig neue Produkte kommen auf den Markt. Endverbraucher erwarten schlicht, dass Website-Betreiber sich darum [25]bemühen, beispielsweise den Preisvergleich oder die Zugauskunft für all diese Geräte aufbereitet anzubieten.

Konsequenzen für die PR

PR-Profis sind es gewohnt, Informationen zu verbreiten, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, und das sind auch die wesentlichen Tätigkeiten der Kommunikationsabteilungen der Zukunft. Aber: Die Zielgruppen zur Übermittlung von Botschaften sind heute größer, die Ansprache von Journalisten allein reicht nicht mehr aus oder wäre »verschenkt«. Es kommen neue Multiplikatoren ins Spiel, die zunächst gefunden, kontaktiert und anschließend mit Themen versorgt werden müssen.

Die neuen Ansprechpartner können Betreiber von Foren oder Weblogs sein, sogenannte Podcaster oder Menschen, die über ein Pseudonym in virtuellen Welten aktiv sind – oder schlicht die Verbraucher, die sich lediglich informieren möchten. Ziel ist es, diejenigen Multiplikatoren zu finden, auf die andere Konsumenten hören oder hören würden. Wer sich dies bewusst macht, hat einen wesentlichen Aspekt der Kommunikation von heute verstanden.

Verbraucher melden sich zu Wort

Rund um die Uhr veröffentlichen irgendwelche Menschen irgendwo im Web Inhalte – oftmals geht es schlicht um Alltagserlebnisse, aber ebenso häufig um fundierte Kenntnisse zu einem Spezialthema. Bei all der Begeisterung für das schnelle Publizieren ist es nicht immer einfach, ein interessantes Thema zu finden. So viele neue Erkenntnisse und Einsichten kann es gar nicht geben, dass beispielsweise ein privater Blogger mehrmals in der Woche aufmerksamkeitsstarke Nachrichten verbreiten könnte. Aus diesem Grund ist es nur verständlich, dass es häufig um die Themen geht, die ohnehin gerade im Gespräch sind. Oder um das, was wir erleben. Klar, dass gerade Produkte von Unternehmen, Dienstleistungen oder Services immer wieder zur Sprache kommen.

[26]Tipp

Die zusätzlichen Aufgaben der Kommunikationsexperten lassen sich nur schwer in den Berufsalltag integrieren, da dieser bereits ausgefüllt ist mit wichtigen Tätigkeiten. Neue Stellen zu schaffen, ist in der Regel nicht möglich. Aus diesem Grund bleibt meist nur eines: Ineffektive Maßnahmen zu identifizieren und durch effektivere Kommunikationsstrategien zu ersetzen, Finanzquellen dafür aufzudecken. Stellen Sie sich folgende Fragen:

•  Muss es die kostspielige Pressekonferenz zur Produktvorstellung sein?

•  Ist das bezahlte Gewinnspiel eventuell weniger zielführend als eine Online-Verlosung, die einen Bruchteil kostet?

•  Was bringen schlichte Werbebanner und Popups wirklich?

•  Was könnte man mit 20.000 Euro, die eine einzige Printanzeige kostet, alles online umsetzen?

In jedem Augenblick könnte es sein, dass im Internet gerade über Ihr Call Center, Ihre Preispolitik, Wettbewerber, die Branche ganz allgemein oder ganz konkret über Ihren Pressesprecher berichtet, diskutiert und eventuell auch gehetzt wird. Aber auch viele gute Anregungen können sich darunter befinden, zum Beispiel zur Optimierung der Marketingkampagne oder der Geschmacksrichtung bei einer Chips-Sorte. Es muss nichts Spektakuläres sein, was hier verbreitet wird. Doch eventuell ist die eine oder andere Anregung dabei, um den Service oder die Chips zu verbessern. Hier erfährt man das, was sonst nur die Kundenhotline zu hören bekommt. Es lohnt sich auf jeden Fall hinzuschauen. Doch noch effektiver ist es, den aktiven Dialog zu suchen.

[27]Einen Dialog führen

Die Aufgaben der Kommunikationsverantwortlichen verändern sich künftig dahingehend, dass sie mit den potenziellen Multiplikatoren im Web in Kontakt treten. Sie werden beispielweise Moderatoren eines Forums um ihre Meinung, um Rat fragen; auch mal etwas erklären und erörtern, warum beispielsweise ein Claim so und nicht anders ausgefallen ist, warum die Preise nicht rabattiert werden können, es keine Online-Bestellmöglichkeit gibt. Der Vorteil: Die Verantwortlichen in den Firmen übernehmen das Ruder, steuern zumindest in einem gewissen Rahmen das, was vermutlich noch in Jahren über ihr Unternehmen im Internet zu finden sein wird. Das heißt nicht, dass die PR-Profis alles bestimmen oder Kritik verhindern können, doch eine Darstellung der schwierigen Umstände im Kontext mit einem negativen Bericht ist allemal besser als der rein urteilende und womöglich die Tatsachen unvollständig darstellende Text.

Oftmals ist der Dialog mit den Unternehmen seitens der Online-Autoren sogar explizit gewünscht. Natürlich gibt es Menschen, die davon ausgehen, über alles Mögliche ohne jegliche Erklärung der erwähnten Unternehmen oder Personen authentischer berichten zu können, doch oftmals freuen sich Verfasser von Berichten sogar darüber, wenn ihre Texte von den Betroffenen wahrgenommen werden. Diese aktiven Internet-Nutzer sind Internet-Gestalter und können durch eine offene, transparente und ehrliche Ansprache zu Customer-Evangelisten werden. Sie tragen wesentlich zur Verbreitung von Botschaften – nicht nur – von Unternehmen bei und können deren Image entscheidend mitgestalten.

[28]Sackgassen der Kommunikation