König Ödipus - Sophokles - E-Book

König Ödipus E-Book

- Sophokles

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Beschreibung

"Dein Sohn wird dich töten und seine Mutter zur Frau nehmen" – diese fürchterliche Prophezeiung bringt den griechischen König Laios dazu, seinem Sohn die Fußsohlen zu durchstechen und ihn in der Wildnis auszusetzen. Doch damit kommt er der Erfüllung der Weissagung nur umso näher... Von der Unentrinnbarkeit des Schicksals und den vergeblichen Menschenmühen handelt der zweite Teil der Thebanischen Trilogie. Das Stück gilt weithin als Meisterwerk der Tragödienkunst und ist bis heute eines der meistgespielten Stücke weltweit.-

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Sophokles

König Ödipus

Tragödie

Übersezt von Hugo von Hofmannsthal

Saga

König Ödipus

 

Übersezt von Hugo von Hofmannsthal

 

Titel der Originalausgabe: Οἰδίπους Τύραννος

 

Originalsprache: Altgriechisch

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1911, 2021 Sophokles und SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788728210840

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

 

www.sagaegmont.com

Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

Personen:

Ödipus,der KönigJokaste,die KöniginKreon,ihr BruderTeiresiasDer PriesterDer Bote aus KorinthDer HirteDie MägdeDie Greise

Vor dem Palast. Links das mächtige Tor, rechts der heilige Hain, die Mitte frei zur Stadt hinab sich senkend. Das Tor geschlossen. Es ist Tag, aber schwerer Dunst, lastend über den ganzen Himmel, macht eine fahle Nacht aus dem Tag.

Dumpfes Getös heraufdringend, stark und stärker. Die Gesichter zuerst am Rande rückwärts; dann unter dem Druck der Nachdrängenden fluten sie herein wie ein Gießbach; auf einmal ist der Platz bis an die Stufen des Palastes überschwemmt mit ihnen. Ihre Augen sind auf die Tür gerichtet, ihre Lippen wiederholen wie eine Litanei: »Ödipus, hilf uns! Hilf uns, König!« Es sind ganz junge Menschen, Knaben und Jünglinge, vereinzelt unter ihnen Greise.

Eine Stimme (lauter als alle)

Ödipus – König – hilf uns!

(Die schwere Tür des Palastes tut sich jäh auf. Eine Stille. – Ödipus tritt hastig heraus. Alle Arme recken sich zu ihm.)

Ödipus Ihr Kinder, was denn soll mir euer Knien

vor meines Hauses Tür? was soll mir denn

dies Strecken eurer Hände gegen mich,

indes die Stadt bei Tag und Nacht dumpf stöhnt,

und singt und jammernd schreit bei Tag und Nacht

herauf zu diesem Haus. Ich will dies nicht

gemeldet haben erst durch fremden Mund.

Ich selber tret' hervor – ich, Ödipus.

So redet, – was treibt euch hierher?

Stimmen (matt, gräßlich)

Die Pest ist auf uns – von Haus zu Haus,

von Leib zu Leib der schwarze gräßliche Tod –

wir sterben dahin – wir sterben alle, sterben!

Wie leere Höhlen starren die Häuser – der Markt ist voll mit Toten –

Sie stauen den Fluß – das Feuer verbrennt sie nicht mehr –

Wir wanken daher, und wo wir wanken, atmen wir den Tod –

Und wir sind jung.! – Hilf uns, König!

Ödipus Der Alte rede. Was ihr wollt von mir,

begehrt, erhofft, erwartet, will ich hören.

Ich will euch helfen, will ja – herzlos wär ich,

wenn euer Knien mich nicht jammerte

vor meiner Tür.

Priester (sein Haar ist verwildert, die Priesterbinde halb gelöst)

Nun denn, du großer König,

einst schon Erlöser dieser Kadmos-Stadt,

gewaltig Haupt du, ragend, Ödipus,

hoch über allen – hilf doch unsrer Not,

erfind' ein Etwas, dring' mit deinem Denken

ins Dunkle, find' uns eine Abwehr, du!

Sag' uns, wir sollen dahin oder dorthin, –

geh', der du größer bist als wir, geh hin,

wie der Hausvater hingeht, fass' die Stadt,

die, in die Knie gebrochen, stöhnend daliegt,

den Kopf am Boden, stoßweis atmend – fass' sie

beim Horn und richte, Ödipus, o richte

die Stadt doch wieder auf – Herr, deine Stadt!

Mit günst'gen Sternen hast du einmal, damals,

dies Glück geschaffen – nun bewähre dich

zum zweitenmal!

Ödipus Ihr armen Kinder, kund

ist mir, nicht unbekannt, um wessen willen

ihr kämet. Und ich weiß – ich weiß die Namen

all eurer Leiden – weiß sie – geh mit ihnen

zu Bett und steh mit ihnen auf und trag sie

im Herzen und im Hirn und hab das Ohr

mit ihrem Atem voll und meine Zunge

schmeckt nichts als sie. Drum habt ihr mich auch nicht

aus Schlummerruh geweckt. Ich saß und wachte

und weinte – weinte um die Stadt – um euch –

um mich. Und dies ist nicht der erste Tag,

der so mich grüßt. Doch nicht wie Weiber weinen,

wein' ich, ich wein' und ringe gegen das,

was ist, und sinne hin und her und schicke

mein Denken hier- und dorthin. Und mein Sinn

fand dieses eine Mittel und nicht heute

wend' ich es an – nein, längst: zum pythischen

Palast und zum geheimnisvollen Thron

des Phoibos sandte ich vor vielen Tagen

den Kreon, meinen Schwager, um zu forschen,

wie ich die Stadt erlöse. Aber Kreon

bleibt mir zu lang und länger als der Weg

und als der Auftrag fordert, und mein Herz

hat diese Sorge zu den frühern und

die Qual des Wartens zehrt an mir. Doch kommt er,

dann wär' ich schlecht und niedrig, tät' ich dann

nicht alles, was der Gott mich heißen wird.

Was rufen diese?

Priester Kreon rufen sie.

Sie sehn ihn kommen.

Stimmen Kreon! Kreon! Kreon!

Ödipus Apollon! Käm' er doch umfunkelt so

mit Glück, wie er dem Aug' entgegenstrahlt.

Priester Er ist gesegnet. Seine Stirn ist schwer

von Glanz, und Lorbeer ist in seinem Haar.

(Es bildet sich eine Gasse. Kreon tritt auf, geschmückt, Gefolge hinter ihm.)

Ödipus O Fürst, mein Bruder, tu' die Lippen auf!

Welch' einen Ausspruch bringst du uns vom Gott?

Kreon Mich dünkt, den besten. Denn wenn schlimme Dinge

zu gutem Ende kommen, dann, so mein' ich,

steht alles gut.

Ödipus Das Wort! Das Wort des Gottes!

Dein Reden da macht weder froh noch bang.

Kreon Meld' ich vor diesen da des Gottes Botschaft

wie? oder wo wir ohne Zeugen sind?

Ödipus Heraus vor allen denen. Denn um diese

trag' ich den schwerern Kummer als um mich.

Kreon So gehe denn des Gottes Wort hervor

aus meinem Mund: uns heißt der Herrscher Phoibos

– und er gebietet's klar und unverhüllt –

aus diesem Land zu treiben einen Mann,

der wohnt in diesem Land und gräulich wohnt –

Pestbeule am gesunden Leib, Verderbnis

im heil'gen Boden haftend, um sich fressend

Fäulnis und Grausen.

Ödipus Und die Reinigung

auf welche Weise? Wie wird dies vollzogen?

Kreon Durch Ächtung, oder so, daß Blut für Blut

vergossen wird. Denn Blutschuld ist die Nacht,

die zäh und gräßlich uns den Tag verhängt.

Ödipus Und welchen Mannes Tod wird hier verlangt?

Kreon Herr, Laios war unser König hier,

eh' du die Zügel nahmest dieser Stadt.

Ödipus Das weiß ich, da ich's hörte. Selber freilich

hab' ich ihn nie gesehn.

Kreon Um seinetwillen,