Korean Love 2 - Sabrina Georgia - E-Book

Korean Love 2 E-Book

Sabrina Georgia

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Beschreibung

Tae ist wieder da. Vollkommen unverhofft steht er vor der Tür der Kanzlei, in der Mira arbeitet und sogleich stürzt er die Blondine in ein Gefühlschaos: Soll sie genau da mit Tae-Hoon weitermachen, wo sie in Seoul aufgehört haben? Mira bekommt daran so ihre Zweifel, denn Tae scheint Geheimnisse vor ihr zu haben. Was ist in den letzten Monaten nur passiert, worüber er nicht reden will? Und aus welchem Grund wird Tae-Hoon von Männern in schwarzen Anzügen beschattet? ›Bitte lass es dieses Mal kein Drama werden!‹ Diesen Gedanken hat Mira noch, ehe sie dem Werben ihres Südkoreaners nachgibt. Ob tatsächlich alles gut geht oder die beiden erneut ins Chaos abdriften, lest ihr am besten selbst.

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Seitenzahl: 385

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Prolog
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Epilog

Korean Love 2

Neuanfang mit Geheimnissen
Ein Roman von Sabrina Georgia
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Korean Love 2 – Neuanfang mit Geheimnissen
Sabrina Georgia
1. Auflage
Juli 2022
© 2022 DerFuchs-Verlag D-74889 [email protected] DerFuchs-Verlag.de
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk, einschließlich aller Teile, ist urheberrechtlich geschützt.
Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, Verbreitung, Übersetzung und Verfilmung liegen beim Verlag. Eine Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ohne Genehmigung des Verlags ist strafbar.
ISBN 978-3-96713-039-3 (Taschenbuch)
ISBN 978-3-96713-040-9 (ePub)

Ich bibbere noch immer, dass es am Ende ein echtes Happy End für Tae-Hoon und Mira gibt – leider machen die Figuren ja bei mir bekanntlich, was sie wollen. ;) Viel Spaß!

Prolog

Mich von ihr zu trennen, war mir unheimlich schwergefallen, doch spukten mir Park Jong-Juns Worte im Kopf herum:

»Die nächsten Monate werden extrem gefährlich. Du willst sie in Sicherheit wissen wollen, oder? Dann sorg dafür, dass sie in dieses verdammte Flugzeug steigt!«, hatte er geknurrt und ich musste mir eingestehen, dass er der Profi war. Jong-Jun ging es nicht nur darum, Kim Moohyuns Geschäfte zu beenden, sondern auch um das Wohlergehen der Menschen in seinem Umfeld.

»Ich könnte sie begleiten.« Mein Vorschlag wurde ebenfalls mit einem Kopfschütteln beantwortet.

»Meinst du wirklich, man lässt dich in Ruhe, wenn du verschwindest? Mann, wir reden hier von den Yakuza, die Kim Moohyun im Rücken hat. Da bekommst du nicht einmal mit, sollten sie dich im Visier haben.« Leider hatte mein Freund Recht, was mich seufzen ließ. »Hilf mir, den Kerl bei seinen Beschützern unbeliebt zu machen, dann kannst du tun und lassen, was du willst. Bis dahin ist jeder in deinem Umfeld in großer Gefahr.«

Ich beäugte ihn daraufhin prüfend, aber es schien ihm vollkommen ernst zu sein. Mira in Gefahr zu bringen war das Letzte, was ich wollte.

›Du fehlst mir.‹ Diese drei Worte fühlten sich komisch an. Es kam mir vor, als würde ich erst jetzt realisieren, dass sie nicht mehr da war.

Ich vermisste ihre ruhige Art, das schüchterne Lächeln, wenn ich ihr Komplimente machte. Ihre Wärme, wenn ich mich an sie kuschelte. Sogleich dachte ich an unsere letzte Nacht. Es war das einzige Mal gewesen, dass wir Sex miteinander gehabt hatten. Für mein bisheriges Leben als Weiberheld etwas äußerst Ungewöhnliches. Bei Mira fühlte es sich allerdings schon gut an, einfach nur bei ihr zu sein. Als sie den Wunsch äußerte, mit mir schlafen zu wollen, war ich der glücklichste Kerl auf dieser Erde. Ich lächelte bei der Erinnerung daran.

Park Jong-Jun kam herein und ich tippte hastig eine Nachricht, um mich zu verabschieden. Mira sollte nicht meinen, dass ich sie absichtlich ignorierte, aber mein Freund aus Kindertagen hatte mir das Telefonieren mit dem Handy verboten.

»Tae-Hoon, was machst du da?«, keuchte der Polizist und riss mir das Gerät aus den Händen. Panisch schaltete er es ab und nahm sogar den Akku heraus. Was sollte denn das?

»Du sagtest doch, keine Gespräche. Es war eine Nachricht.« Ich runzelte die Stirn, wollte weiter sprechen, was Jong-Jun jedoch unterbrach, indem er mir meine Tasche entgegen warf.

»Pack deine Sachen. Jetzt müssen wir hier weg. Ich will kein Risiko eingehen!«, brummte er und rief auch den anderen beiden zu, sie sollten ihre Klamotten packen.

»Meinst du nicht, du übertreibst etwas?« Ich lief aus dem Raum, als es plötzlich hinter mir einen lauten Knall gab und Glas splitterte.

Es ging alles verdammt schnell und stellte meine Welt auf den Kopf. Jemand schoss auf uns!

»Ich würde sagen, die Sorge war berechtigt, findest du nicht? Beweg deinen Arsch nach draußen«, brüllte Jong-Jun und zückte seine Waffe.

Auf Deckung achtend, rannten Tiffany, Caesar und ich in Richtung Flur. Kaum hatte ich die Tür geöffnet, riss mich mein Freund zurück in die Wohnung. Gerade noch rechtzeitig, wie ich feststellen durfte: Ein Einschussloch im Holz befand sich in der Höhe, in der zuvor mein Kopf gewesen war. Meine Knie zitterten und ich starrte Jong-Jun an, der die Tür verbarrikadierte, während er per Funk Verstärkung anforderte.

»Caesar, Tiffany – ab mit euch in die Badewanne! Tae-Hoon, hilf mir mit der anderen Tür!«, befahl er uns und wir folgten aufs Wort.

»Sollten wir das überleben, hau ich dir eine rein!«, schimpfte mein Freund und ich wollte schon mit einem dummen Spruch antworten, als ich das Blut sah.

Park Jong-Jun war angeschossen worden.

1

Ich rieb mir drei Stunden später das schmerzende Kinn. Jong-Jun hatte seine Drohung wahr gemacht und mir, trotz seiner Verletzung am Arm, eine gedonnert. Angeblich nur ein Streifschuss, den er selbst verbinden wollte, aber geblutet hatte es ziemlich übel.

Caesar und Tiffany sahen sich an, als wagten sie nicht, zu sprechen. Vielleicht hatten sie die Befürchtung, Park Jong-Jun könnte sie sonst ebenfalls verprügeln.

»Ab jetzt ist der Kontakt nach draußen tabu!«

Wir nickten, ehe der Polizist noch ungehaltener werden würde. Der schüttelte allerdings den Kopf, brummte etwas von »Schlimmer als einen Sack Flöhe zu hüten«, und marschierte dann aus dem Raum.

»Sometimes he´s scary«, flüsterte Tiff und Caesar stimmte ihr zu.

Ja, unser Freund hatte sich verändert, doch ich musste zugeben, zum Besseren. Ich erinnerte mich noch genau an den früheren Nichtsnutz, der sich auf Kosten anderer entweder betrunken oder zugedröhnt hatte. Dagegen war der ernste und gewissenhafte Park Jong-Jun zwar gewöhnungsbedürftig, aber sicherer. Kaum waren wir evakuiert worden, hatte man einen neuen Unterschlupf organisiert. Andere Beamte brachten uns weg, dieses Mal wohl ans Ende der Welt, denn selbst wenn wir es gewollt hätten, es gab keinerlei Menschen weit und breit.

»Was würde ich jetzt für einen meiner Stimmungsaufheller geben«, seufzte Caesar und ich warf ihm einen warnenden Seitenblick zu.

»Keine Drogen!«, vernahmen wir aus dem Nebenraum und ich zog automatisch den Kopf ein.

Hastig verschwanden Tiffany und unser Kindskopf in dem Zimmer, das ich mir eigentlich mit ihm teilen sollte. Bedeutete das nun, ich bekam einen Raum für mich? Das wäre nicht schlecht!

Nachdem ich meine Sachen in der neuen Bruchbude verstaut hatte, ging ich auf die Suche nach Jong-Jun. Seine Wunde, mittlerweile unter einem Verband, machte mir weiterhin ein schlechtes Gewissen und ich wollte sichergehen, dass er uns nicht umkippte. Er saß draußen und starrte gedankenverloren zu den Bergen hinauf.

»Ich werde mich bemühen, keinen Ärger mehr zu provozieren«, murmelte ich und mein Gegenüber erwachte offensichtlich aus dem Tagtraum.

»Was?«

Ich nahm kurzentschlossen neben ihm Platz und überreichte die Flasche Wasser, die ich als Alibi mitgenommen hatte. Park Jong-Jun runzelte die Stirn, während er sich einen Schluck gönnte. Geduldig wartete ich ab. Mira hatte mich vor Tagen darum gebeten, die Angelegenheit mit meinem Freund zu klären. Jetzt war vermutlich die beste Gelegenheit dafür, da wir einige Zeit hier festsitzen würden.

***

Park Jong-Jun und ich verstanden uns mit der Zeit immer besser, nachdem wir einige Abende zusammen vor dem Haus verbracht und uns etliche Flaschen Soju gegönnt hatten. Mehr gab es in dieser verlassenen Gegend auch nicht. Caesar und Tiffany waren damit vollkommen unzufrieden. Ihr Pech, denn der Staatsanwalt kam leider nur sehr langsam voran.

Zudem holten mich meine Träume schneller wieder ein, als mir lieb war. Ohne Mira, die mich seltsamerweise zu erden schien, stolperte mein Bewusstsein von einem Albtraum zum nächsten. Entweder da waren die Krallen, die mir das Fleisch von den Knochen schälten, ein sterbender Caesar in meinen Armen oder aber ich befand mich erneut in dem dunklen Loch und lief Gefahr, wie ein Spielzeug verkauft zu werden.

»Du solltest über diese Träume reden.« Ausgerechnet Park Jong-Jun hatte mich eines Nachts erwischt, als ich schweißgebadet in die Küche geeilt war, um mir kaltes Wasser über den Kopf laufen zu lassen.

»Ich fürchte, reden hilft nichts. Mein Leben ist komplett verkorkst«, seufzte ich und bemühte mich, dem kritischen Blick auszuweichen.

»Tae-Hoon«, begann er, doch ich winkte ab.

»Danke, ich komme irgendwie klar. Dein Boss sollte sich nur beeilen.«

Der Polizist lehnte sich daraufhin mit einem Seufzen gegen den Kühlschrank. Tiefe Sorgenfalten bestätigten meine Befürchtung, dass ich noch länger auf ein Ende der Tortur warten musste. Er räusperte sich.

»Kim Moohyun ist verschwunden«, meinte mein Freund und mir stockte der Atem.

»Was? Ich dachte, ihr hättet ihn und seine Geschäftspartner geschnappt.« Ich konnte die Panik in meiner Stimme nicht unterdrücken, denn dazu waren mir die letzten Erlebnisse noch zu frisch im Gedächtnis.

»Jemand hat ihn entwischen lassen. Drei Polizisten sind deshalb schwer verletzt worden. Sie suchen ihn, allerdings ist leider nicht klar, ob und wann er gefunden werden kann.« Jong-Jun rieb sich die Stirn. »Es gibt da noch eine Möglichkeit, um ihn endgültig aus dem Verkehr zu ziehen, doch die wäre recht drastisch. Erinnerst du dich an den Bruder meiner Mutter?«

Ich zog eine Augenbraue nach oben. Park Jong-Juns Familie war dafür bekannt, von einem Tag auf den anderen reich geworden zu sein. Alle hatten gemeint, Jong-Juns Mutter hätte geerbt, dabei war das Geld von ihrem Bruder gekommen, dessen Existenz sie stets leugnete. Im Suff hatte mir Park Jong-Jun einmal davon erzählt und auch, dass sein Onkel nicht legal unterwegs war. Hatte er etwa solche Kontakte, um Kim Moohyun endgültig verschwinden zu lassen?

»Wo genau hat dein Onkel denn die Finger drin?«, erkundigte ich mich, woraufhin der Polizist mit den Schultern zuckte.

»Kann ich nicht sagen, da ich so gut wie keinen Kontakt zu ihm habe. Er ist ein Geist. Aber ich schätze, er macht sich mächtig die Hände schmutzig und ich müsste ihn auf der Stelle verhaften. Ob ich diesen Verrat überleben würde, wäre allerdings fraglich. Ich bin eh das schwarze Schaf der Familie, weil ich ein Bulle geworden bin.« Park Jong-Jun grinste plötzlich breit. »Meine Mutter hat nichts gegen anständige Arbeit, jedoch hat sie Angst, ich könnte eines Tages meine Nase in das falsche Rattennest stecken. Du kennst sie ja.«

Ich nickte. An seine Familie erinnerte ich mich überaus genau. Der einzige Vernünftige war der Vater gewesen, der seiner Frau aber alles hatte durchgehen lassen. Ihm hatte ein Finger gefehlt und mich beschlich damals der starke Verdacht, er war dem Küchenmesser der Gattin zum Opfer gefallen. Kein Wunder, dass die Kinder dieses Hauses alle etwas eigen waren. Park Jong-Jun dürfte da eher nach dem Vater kommen. Wobei, wenn ich an die Gleichgültigkeit dachte, mit der er die Wunde an seinem Arm betrachtet hatte ...

»Ich denke, wir geben der Polizei die nächste Zeit brav die Chance, ihn zu schnappen. Kim Moohyuns Glückssträhne muss ja irgendwann ein Ende haben«, brummte ich und mein Freund stimmte zu.

Also hieß es, abwarten und die Füße still zu halten. Ob Mira sich Sorgen machte? Oder lebte sie einfach ihr normales und ruhiges Leben weiter? Wir hatten nicht darüber gesprochen, wie es mit uns laufen sollte. Nach der gemeinsam verbrachten Nacht voller Leidenschaft, hatte der Abschied geschmerzt, doch noch mehr beschäftigte mich die Ungewissheit:

Würde Mira auf mich warten?

2

Drei Monate später.

Aufgeregt marschierte ich von Terminal zu Terminal und suchte den Flug nach Deutschland. Seo Min Guk und seine Leute folgten mir, wobei sich der CEO das Lächeln nur schwer verkneifen konnte. Er wusste mittlerweile, wie sehr ich zu Mira musste, und hatte keine Einwände mehr übrig. Das hätte sowieso nichts genutzt, denn ich war schließlich der Boss.

»Zwei meiner Männer sind schon vor Ort und haben die Kanzlei kontaktiert, wie du es wolltest. Wieso hast du Mira nicht gleich angeschrieben? Das wäre weniger kompliziert gewesen«, wollte er wissen, nachdem ich den richtigen Schalter entdeckt hatte.

»Das ist etwas ganz Spektakuläres, nennt sich Überraschung. Das kann jemand wie du nicht verstehen. Du musst alles unter Kontrolle haben, Hyeong.« Das sollte keine Beleidigung sein, nur eine Feststellung und zum Glück verstand es Min Guk richtig. Er war eh nicht der Typ, der sich irgendwelche Sprüche zu Herzen nahm. Manchmal schien er mir vor Selbstbewusstsein überzuschäumen. Darin war er dann noch schlimmer als ich und das hatte etwas zu heißen!

»Der Anwalt weiß ebenfalls nichts. Er meint, die Familie Lee hat den Auftrag eingeleitet. Du willst in Deutschland studieren und brauchst Hilfe bei dem Kauf einer Immobilie. Da die Lees reich sind, hat er sich nicht gewundert, dass ein Student eine Wohnung kaufen statt mieten möchte. Deine Studienrichtung ist übrigens Jura«, brummte der CEO und ich ächzte.

Ausgerechnet Jura? Hätte er sich nicht etwas Leichteres aussuchen können? Dieser Mist hatte mir bereits beim letzten Mal nicht gelegen!

»Echt jetzt?«

Der Leiter des Konzerns hob eine Augenbraue. Er erinnerte mich daran, dass ich gesagt hatte, es wäre mir egal, welches Studienfach er möglich machen würde. Das hätte ich mir wohl besser überlegen sollen.

»Es dürfte sich außerdem für deine Position als nützlich erweisen, diesem Studium nachzugehen. Mal ganz abgesehen von anderen Möglichkeiten, die es dir eröffnen könnte ...« Er schob meinen Rucksack auf das Band, um ihn überprüfen zu lassen.

Ich verstand nicht ganz, worauf Seo Min Guk anspielte. Was für Möglichkeiten? Leider ließ mich der CEO in diesem Fall im Regen stehen.

»Du kommst schon noch dahinter«, sagte er grinsend und reichte mir die Hand. »Sei vorsichtig und melde dich regelmäßig. Ich will nicht alles durch meine Leute erfahren müssen. Und falls du etwas brauchst, werde ich es zur Verfügung stellen.«

Ich drückte die Finger und verzog leicht das Gesicht, während er es mir gleich tat. Kleine Machtspielchen. In der Beziehung waren wir wie Kinder.

»Ich werde mir in Deutschland einen Job suchen. Mira soll mich nicht für einen Schmarotzer halten.«

Das brachte meinen Freund zum Lachen. Er schüttelte den Kopf und fragte:

»Ein Schmarotzer mit Millionen auf den Firmenkonten? Ja, das wird sie ganz sicher denken.«

Abermals schüttelte er den Kopf, ehe er sich verabschiedete. Der CEO hatte ein Geschäftsessen, zu dem er nicht zu spät kommen durfte. Dieses Geschäftsessen konnte ich mir gut vorstellen. Vermutlich gab es da mindestens eine Frau und vielleicht auch Alkohol. Es war Freitag – da konnte man es sich ja schon einmal gut gehen lassen.

Nach dem Check-in marschierte ich ins Flugzeug. Natürlich flog ich so bequem wie möglich, da Seo Min Guk alles organisiert hatte. Allein einen Flug mit dem Privatjet hatte ich abgelehnt. Das wäre zu viel des Guten gewesen. Der Pedant hatte mir zudem einen Umschlag in den Rucksack gesteckt, den ich im Flieger sitzend entdeckte.

›Was zum Henker‹, schoss es mir durch den Kopf, als ich diesen öffnete.

Es waren jede Menge Fotos von Mira mit Daten und Berichten. Hatte der verrückte Kerl meine Freundin beobachten lassen?

Ein Zettel befand sich auf einem der Berichte. Nur zu Miras Sicherheit, stand darauf geschrieben. Anscheinend hatte Seo Min Guk weiter gedacht als die Polizei. Ich hoffte, Mira war dadurch nicht behelligt worden. All der Terror musste langsam ein Ende haben.

»Bleib immer auf der Hut! Leider kann ich dich Sturkopf nicht festhalten. Versprich mir wenigstens, dich aus dem System zu halten. Keine Verwicklungen mehr in Sachen Yakuza, verstanden?«, fielen mir Park Jong-Juns Worte zum Abschied ein und ich lächelte.

Die wären bei Caesar zwar angebrachter gewesen, dennoch fühlte es sich gut an. Innerhalb von drei Monaten waren wir erneut wie Pech und Schwefel geworden. Jetzt war es allerdings Zeit, dass ich zu Mira kam und Jong-Jun zu Jomo zurückkehrte. Seine Verlobte war sicherlich ungeduldig und ich hoffte, mein Blondschopf würde sich über mein Erscheinen freuen.

Seo Min Guk gegenüber hatte ich es nicht eingestehen wollen, aber ich war besorgt, es könnte nicht so sein. Was, wenn Mira mittlerweile jemanden kennengelernt und mich vergessen hatte? Im Grunde könnte man unser Abenteuer auch als Urlaubsliebelei abtun.

Eine Seite in anderer Farbe fiel mir im Stapel der Bilder ins Auge und ich zog sie heraus. Darauf standen Miras Eckdaten und Kontakte. Ich musste unwillkürlich schmunzeln. Min Guk, dieser durchtriebene Hund!

»War gestern im Backstage-Bereich von CIFR. Keine besonderen Vorkommnisse. Status weiterhin ledig und ungebunden«, las ich.

Also hatte ich noch Chancen.

***

Okay, ich war extrem nervös, als ich vor dem Gebäude der Kanzlei ankam. Rechtsanwalt Lutz hatte den Termin bestätigt und ich hoffte inständig, Mira war ebenfalls da. Dem Bericht zufolge dürfte sie, falls sie anwesend war, einen mächtigen Kater haben. Der Privatdetektiv hatte sämtliche Getränke aufgelistet. Mein Blondschopf hatte es mit der Band ganz schön krachen lassen.

›Vielleicht habe ich ihr ein bisschen zu viel beigebracht‹, war mir in den Sinn gekommen, hatte es allerdings gleich abgehakt. Mira war erwachsen und definitiv nicht dumm. Womöglich hatte sie die Ablenkungen einfach gebraucht.

Mit mächtig Herzklopfen drückte ich die Tür des Hauses auf und lief einen Flur entlang. Die Kanzlei befand sich im ersten Stock. Schnellen Schrittes ging es also die Stufen nach oben. Ich sammelte mich, ehe ich den Knopf der Klingel betätigte.

Schritte näherten sich der Tür und ich hielt automatisch den Atem an.

Als sie endlich vor mir stand, hätte ich Mira am liebsten in meine Arme gezogen, wusste aber nicht, ob ich es durfte. Mein Herz raste nun wie verrückt und ich stellte fest, dass sie blass wurde, als sie mich erkannte. Mein Blondschopf hatte mit einer Begrüßung begonnen, die einstudiert klang, stockte auf einmal und blieb wie angewurzelt stehen.

»Hi.« Ich grinste sie an. Das half, um die Nervosität in den Griff zu bekommen, dann brach es förmlich aus mir heraus. »Ich habe mich leider etwas verspätet. Sag mal: Gelten gewisse Regeln unserer Abmachung eigentlich noch? Ich hätte nach drei Monaten nichts gegen eine stürmischere Begrüßung.«

Mira schnappte nach Luft, wankte auf einmal. Erschrocken über diese Reaktion, machte ich einen großen Schritt nach vorn und hielt sie fest. Mein Magen verkrampfte sich plötzlich. Was, wenn sie mich nicht hatte wiedersehen wollen? Ich hätte mich vielleicht doch vorher melden sollen!

»Du«, keuchte sie nun und ich nickte.

Eine weitere Person kam zur Tür und ich sah den hochgewachsenen Mann an, der vermutlich Rechtsanwalt Mirko Lutz war, von dem mir Mira erzählt hatte. Er beäugte uns irritiert.

»I’m so sorry«, begann er, doch da legte meine Hübsche die Arme um mich und küsste mich.

Es war eine Geste, die mir die Knie weich werden ließ und ich erwiderte ihn leidenschaftlich.

Ein Räuspern war zu hören und Mira löste sich ruckartig von mir.

»Das ist dafür, dass du noch am Leben bist«, flüsterte sie, woraufhin ich etwas sagen wollte. Ihr Absatz landete allerdings auf meinem Fuß, ehe ich es tun konnte, und ich japste sogleich nach Luft. »Und das ist dafür, dass du Scheißkerl mich im Ungewissen gelassen hast!«, fauchte sie, drehte sich um und marschierte wutentbrannt davon.

›Okay, das könnte ich verdient haben‹, dachte ich, während ich auf meine Hand biss, um den Schmerz umzulenken.

Ich starrte ihr nach, traute mich jedoch nicht, sie aufzuhalten. So sauer, wie sie mir erschien, könnte es ein großer Fehler sein.

Erneut räusperte sich Rechtsanwalt Lutz und ich blickte zu ihm hinüber. Er hatte die Stirn gerunzelt und mich studiert.

»You know her?«, wollte er auf Englisch wissen und ich nickte.

»Ja, ich kenne Mira«, presste ich in Deutsch heraus, was den Mann dazu brachte, die Augenbrauen zu heben. »Ist eine längere Geschichte.«

Glücklicherweise war Rechtsanwalt Lutz kein Mann großer Worte, sondern er deutete nur in Richtung Tür und bat mich herein. Er komplimentierte mich direkt in sein Büro, was ich unmöglich ablehnen konnte, also humpelte ich ihm hinterher. Mira befand sich nicht an ihrem Platz, der sich direkt vor dem Zimmer des Anwalts befand. Ich befürchtete, sie würde mich nicht einmal erklären lassen.

»Hätten Sie gern einen Kaffee?«, erkundigte sich der ältere Mann, doch ich schlug das Angebot ab. Nach dem Flug war das Letzte, was ich wollte etwas, das mich noch mehr aufputschte.

Mein Magen knurrte.

»Entschuldigen Sie bitte. Ich habe im Flugzeug nichts essen können.« Ich neigte den Kopf, was Miras Ziehvater seltsamerweise ein Lächeln entlockte.

Er kam allerdings direkt zum Geschäftlichen, legte mir Papiere der Immobilienfirma vor, die er im Auftrag von Seo Min Guk geprüft und für gut befunden hatte. Die Abwicklung sollte nicht allzu lang dauern, was ich bereits befürchtet hatte. Welche Ausrede sollte ich sonst finden, um Mira wiederzusehen?

»Man hat mir übrigens geschrieben, dass Sie hier Jura studieren wollen. In welche Richtung möchten Sie gehen?«, wechselte der Rechtsanwalt auf einmal das Thema und ich fühlte mich ertappt.

»Ich bin mir noch nicht ganz sicher. Es wäre schön, wenn ich Menschen helfen könnte.« Diese Worte waren keine Lüge, denn ich hatte mir in den vergangenen Monaten einige Dinge vorgenommen, die ich ändern wollte. Mich von sämtlichen Menschen zu distanzieren und lieber allein mit allem klar zu kommen, gehörte dazu. Ich hoffte inständig, Mira half mir dabei, denn es würde mir schwerfallen.

»Das klingt doch schon einmal nach einem Plan.« Mirko Lutz grinste auf einmal und schaute an mir vorbei zur Tür.

In dessen Rahmen stand Mira, ein Tablett in Händen. Sie näherte sich uns und ich wurde erneut unsicher. Was sollte ich sagen?

»Iss etwas«, murmelte sie allerdings und stellte das Tablett vor mir ab. Mein Herz machte einen Sprung, als ich darauf hinab sah. Es waren zwei Tassen Tee und ein großer Teller mit belegten Brötchen und jeder Menge deutscher Leckereien.

»Ich bin an meinem Platz, falls noch etwas sein sollte.« Mira verschwand so schnell, dass ich ihr meinen Dank hinterherrufen musste.

Ihr Ziehvater hatte mich nicht aus den Augen gelassen. Ich fühlte mich wie ein Insekt, das unter der Lupe im Sonnenlicht verbrannte.

Ich musste dringend mit ihr reden.

3

Ich hatte mich aus der Situation retten müssen, bevor ich komplett die Fassung verlor. Tae-Hoon war wohlauf und in Deutschland. Mein Herz wusste plötzlich nicht mehr, was es tun sollte. Einerseits hatte es sich wundervoll angefühlt, ihn zu küssen, auf der anderen Seite bekam ich es mit der Angst zu tun. Was, wenn mit seiner Anwesenheit das Chaos erneut losschlagen würde?

Im Bad schüttete ich mir erst einmal eine Hand voll kaltes Wasser ins Gesicht. Mir waren die Tränen gekommen und ich schluchzte leise ins Handtuch, sodass niemand etwas mitbekam. Ich fühlte mich schäbig. Vielleicht war es der Kater, der mir den Rest gab. Zitternd und würgend saß ich auf der Toilette und rang um Fassung.

›Hör auf, Mira! Du wirst dich nicht wieder zum Narren machen ... Was, wenn Tae nur nach Deutschland gekommen ist, weil es praktisch war und weit weg von allem? Aber falls ja, wieso ausgerechnet hierher? Will er mit mir spielen? Nein, das ist nicht seine Art! Oder doch?‹, schossen mir die Gedanken durch den Kopf und ich rieb mir den Nacken.

Es half nichts, ich musste zurück und mich ihm stellen. Mirko würde bestimmt ebenfalls eine Erklärung erwarten. Er wusste nichts von meinem Abenteuer in Seoul und ich hatte eigentlich auch nicht vorgehabt, ihm etwas davon zu erzählen. Jetzt schien ich allerdings keine andere Wahl mehr zu haben. Ängstlich prüfte ich mein Aussehen im Spiegel. Bis auf die geröteten Augen ging es zum Glück.

Leise schlich ich zurück an meinen Platz. Ich musste noch zwei Mappen anlegen, ehe ich Feierabend machen konnte.

»Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte Mirko Tae-Hoon in seinem Arbeitszimmer und ich lauschte.

»Nein, danke, keinen Kaffee.« Er klang leise und das schlechte Gewissen redete mir ein, dass ich eventuell zu fest zugetreten hatte. Ich näherte mich der Tür, wollte Tae fragen, ob er stattdessen einen Tee haben wollte, als ich lautes Magenknurren vernahm. Ich stoppte in der Bewegung. »Entschuldigen Sie bitte. Ich habe im Flugzeug nichts essen können.«

Sogleich wandte ich mich um und lief zu meiner Handtasche. Mit ihr bewaffnet, rauschte ich aus der Kanzlei. Das Ziel stand fest: Die Bäckerei an der Ecke. Was Tae-Hoon wohl schmeckte? Lebensmittel wie in Südkorea würde ich auf die Schnelle hier nicht finden, weshalb ich mich für typisch deutsches Essen entschied und hoffte, er würde es mögen. Im Endeffekt ließ ich in der Bäckerei die Hälfte meines Bargelds, war jedoch stolz darauf, ihm einiges bieten zu können. Ziemlich kindisch, aber was sollte es!

»Alles in Ordnung, Kindchen? Du wirkst blass um die Nase! Ist wieder viel zu tun in der Kanzlei?«, erkundigte sich Frau Wenen und ich schüttelte lächelnd den Kopf.

»Alles in Ordnung. Ich mache auch gleich Feierabend. Da ist nur noch ein Klient, um den wir uns kümmern müssen. Könnten Sie bitte noch notieren, dass am Montag um zehn vier Stücke Bienenstich zum Abholen vorbereitet sind? Eine Klientin liebt diesen Kuchen und Rechtsanwalt Lutz will sie damit überraschen.« Ich grinste die Verkäuferin an, die ebenfalls lächelte und sich sogleich eine Notiz machte.

»Natürlich, wird gemacht. Dann bis Montag, Mira! Und hab ein schönes Wochenende ...«

»Danke, Frau Wenen, Ihnen auch!«, hob ich die Hand während dieser Worte zum Abschied und eilte, vollbepackt, wie ich war, zurück in Richtung Kanzlei.

***

Während des Auspackens fiel mir auf, dass der Kaufrausch absolut übertrieben gewesen war. Wer sollte das denn alles essen? Tae-Hoon würde platzen und selbst, wenn Mirko und ich ihm dabei halfen, war das sicherlich nicht gut für die Waage. Kurzentschlossen packte ich etliches in die Tüten zurück. Meine Brüder waren in der Wachstumsphase und konnten noch einiges vertragen. Die sollten sich über die Reste hermachen.

Nachdem ich einen großen Teller gerichtet hatte, lief ich in Richtung Arbeitszimmer meines Chefs. Der saß weiterhin gemütlich mit Tae zusammen und unterhielt sich gut.

»Man hat mir übrigens geschrieben, dass Sie hier Jura studieren wollen. In welche Richtung möchten Sie gehen?«, hörte ich Mirko fragen und stockte. Jura? Hatte er das wirklich gesagt? Aber das hatte Tae-Hoon doch abgebrochen, weil es nicht seine Welt gewesen war.

»Ich bin mir noch nicht ganz sicher. Es wäre schön, wenn ich Menschen helfen könnte.« Okay, wer war der Typ? Das konnte unmöglich der Menschen meidende Koreaner sein, den ich in Seoul kennengelernt hatte.

»Das klingt doch schon einmal nach einem Plan.« Rechtsanwalt Lutz grinste auf einmal und blickte zu mir. Ihm war also bewusst gewesen, dass ich mich genähert hatte.

So selbstbewusst, wie ich es fertigbrachte, näherte ich mich ihnen.

»Iss etwas«, murmelte ich und stellte das Tablett vor Tae ab. Am liebsten hätte ich hinzugefügt, er könnte es brauchen. Jetzt, da ich ihn genauer betrachtet hatte, wurde mir bewusst, dass er stark an Gewicht verloren hatte. Er war kein Kaffeetrinker, also hatte ich Mirko und ihm Tee zubereitet. Hoffentlich griff er bei dem Essen zu.

»Ich bin an meinem Platz, falls noch etwas sein sollte.« Ich verschwand hastig, weil ich diese seltsame Unruhe in mir in seiner Abwesenheit nicht aushielt. Sollte sich mein Ziehvater erst einmal seiner annehmen.

»Danke, Mira«, rief er mir nach, aber ich eilte zurück an meinen Platz.

Gott, wieso wurde ich auf einmal so hibbelig? Um mich abzulenken, schaute ich aufs Handy. Eine Nachricht von Isabell, Daniels neuer Freundin, war im Chatfenster aufgetaucht. Sie fragte, ob Sassa und ich Lust auf Kino hätten. Sie wollte ihren Freund in einen Liebesfilm zerren und anscheinend fielen ihr keine anderen Verrückten ein. Kurz darauf schrieb Sassa mir. Sie wollte den Film sehen, war sich jedoch nicht sicher, ob ich Daniel aushalten würde.

›Keine Sorge. Er wird beschäftigt sein und wir machen uns einen Spaß daraus, deinen Schauspieler anzuschmachten‹, antwortete ich und lächelte.

Ein Kinoabend würde mich ablenken und ich hätte eine Ausrede, sollte Tae-Hoon reden wollen. Ich hatte nicht vor, das zu tun. Mir meine Illusionen von ihm zerstören lassen, könnte schließlich noch früh genug kommen.

Vielleicht übertrieb ich, aber in den letzten Wochen hatte ich Tae unbewusst auf eine Art Podest gestellt und jeder Kerl wurde mit diesem Ideal verglichen. Selbst Tae-Hoon dürfte mittlerweile Probleme haben, daran heranzureichen.

Ich sagte Isabell also zu und kümmerte mich danach um meine Arbeit.

***

Mirko und Tae-Hoon verließen etwa eine Stunde später das Arbeitszimmer und mein Boss schüttelte ihm breit lächelnd die Hand.

»Ich denke, wir sollten gut miteinander auskommen. Entschuldige mich nun bitte, denn ich muss gleich die Unterlagen anfordern. Mira begleitet dich hinaus.« Er deutete in meine Richtung und ich stand sogleich auf.

»Können wir reden?«, begann Tae allerdings sofort und mir zog es den Magen zusammen.

›Bitte! Ich möchte nicht hören, dass unsere Zeit zwar ganz nett war, aber du dir etwas anderes für die Zukunft vorstellst‹, dachte ich. ›Wäre es etwas Positives, hättest du dich gleich bei mir gemeldet.‹

»Mira«, klang seine Stimme flehend.

»Ich habe heute keine Zeit, um zu reden. Ich bin gleich noch verabredet. Falls du es echt willst, können wir später schreiben und ein Date ausmachen.« Es war leider schneller heraus, als ich es aufhalten konnte. Wieso hatte ich Date gesagt? Verdammter Mist!

»Ich wohne derzeit noch im Hotel. Die Wohnung, die man mir ausgesucht hat, gefällt mir nicht. Kann ich dich später vielleicht anrufen?«, erkundigte sich Tae unsicher, als ich für ihn die Tür öffnete.

Wir wurden beide unterbrochen, denn es stand jemand vor uns.

»Hi! Ich dachte mir, ich hole dich ab.« Ausgerechnet Daniel grinste mich breit an, ehe sein Blick auf Tae-Hoon fiel. »Oh, ich störe wohl noch. Ich warte, bis du den Klienten verabschiedet hast.«

Damit marschierte er in Richtung meines Schreibtisches. Das Herz schlug mir plötzlich bis zum Hals. Wieso war der Idiot hier? Wir wollten uns doch am Kino treffen! Tae hatte bei Daniels Worten die Stirn gerunzelt und sah mich nun an.

»Das ist Daniel. Wir gehen ins Kino.«

»Der Daniel?« Er schaute nach hinten, doch ich zog ihn aus der Kanzlei. Wenn ich jetzt etwas ganz und gar nicht gebrauchen konnte, war es Streit oder sonst irgendein Blödsinn.

4

Ich kochte innerlich vor Wut. Ausgerechnet der Kerl musste mir in die Quere kommen, während ich mich mit Mira aussprechen wollte. Und sie wollten zusammen ins Kino! Hatte mein Blondschopf etwa nichts gelernt? Der Typ hatte mehrmals mit ihr gespielt, das waren ihre Worte gewesen. Wieso ließ sie sich noch ein weiteres Mal darauf ein?

»Ich bin vermutlich gegen elf Uhr zuhause«, meinte sie leise und ich nickte.

Zumindest würde sie mich nicht komplett ablehnen. Ich musste ihr so viel erklären.

»Gut. Die Nummer hast du noch?« Sie schob mich geradezu nach draußen. »Ich frage nur, weil du dich nicht gemeldet hast.«

Mira war weiterhin sauer deswegen und ich bekam keine Gelegenheit, sie zu besänftigen. Nachdem ich ein »Ja, habe ich«, geantwortet hatte, wurde mir die Tür vor der Nase zugeschlagen. So hatte ich das eigentlich nicht geplant. Frustriert drehte ich mich um und marschierte den Flur entlang. Dann würde ich halt im Hotel einchecken und dort die Zeit abwarten, bis ich Mira anrufen durfte. Da musste sie schließlich mit mir reden!

Vor dem Haus wartete eine schwarze Limousine. Den Mann, der ausstieg, kannte ich gut. Es war einer von Seo Min Guks Männern, der auf mich aufpassen sollte. Ich stapfte auf ihn zu.

»Wieso haben Sie nicht am Flughafen auf uns gewartet? Ein Taxi wäre nicht nötig gewesen«, brummte er missmutig auf Koreanisch, aber ich schüttelte den Kopf.

»Ich möchte mein Leben so normal wie möglich führen. Der CEO ist dagegen, das weiß ich, doch hierbei hat er keinerlei Mitspracherecht.« Ich schob meinen Rucksack zurecht und wollte mich abwenden, als der Bodyguard die Tür öffnete.

Er fixierte mich.

»Wir bringen Sie, wohin Sie auch immer wollen. Es gibt Entwicklungen, die besprochen werden müssen.«

Seufzend stieg ich in den Wagen und sank auf dem Rücksitz zusammen. Noch mehr schlechte Nachrichten wollte ich im Grunde nicht hören. Der Mann am Steuer nickte mir zur Begrüßung zu, als sein Begleiter erneut neben ihm Platz nahm, und wir fuhren los. Ich trommelte ungeduldig auf meinem Bein herum, während der Bodyguard die neusten Neuigkeiten in Sachen Kim Moohyun zum Besten gab. Anscheinend blieb er verschwunden, doch seine Kontakte waren erstaunlich geschäftig unterwegs gewesen. Es hatte einiges an Bewegung in der Rotlichtszene Seouls und anderen Ortes gegeben. Man versuchte wohl, Spuren zu verwischen.

»Aus diesem Grund hat Seo Min Guk aufgetragen, Sie noch genauer im Auge zu behalten. Sie und Mira Hofer.«

Ich starrte ihn nach der letzten Aussage fassungslos an. Das ging nicht! Wie sollte ich meine Pläne in die Tat umsetzen, wenn mir ständig jemand an den Hacken klebte? Und was würde Mira dazu sagen? Sie war sicherlich nicht sonderlich begeistert, allein schon deshalb, weil sie nichts von den Gefahren wusste. Das sollte auch so bleiben, solange es nach mir ging. Mein Blondschopf hatte genug mitmachen müssen!

»Ich werde für heute ins Hotel gehen und das Zimmer nicht verlassen. Die Reise war anstrengend und ich brauche Ruhe. Somit ist es nicht nötig, mir heute auf den Fersen zu bleiben«, verkündete ich und der Bodyguard quittierte es mit einem Nicken.

Wenigstens zeigten sie hier ein Einsehen. Ich musste dringend mit Seo Min Guk reden. Er durfte mir diese Chance nicht vermasseln.

***

Ungeduldig wartete ich darauf, dass es endlich Zeit war, Mira anzurufen. Nachdem ich mit dem CEO meiner Firma gesprochen hatte, war mir irgendwie die Lust am Telefonieren abhandengekommen. Seo Min Guk war es gewohnt, seinen Kopf durchzusetzen, und redete mit Engelszungen auf mich ein, dass ich die Bodyguards gewähren ließ. Ich sagte, ich würde es mir überlegen.

Endlich war es elf Uhr. Ich suchte Miras Nummer aus dem Telefonbuch des Handys heraus und drückte auf wählen. Es klingelte. Und klingelte. Dann sprang die Mailbox an.

›Ist es Absicht? Will sie mich dafür bestrafen, dass ich mich nicht gemeldet habe?‹, ging es mir im ersten Augenblick durch den Kopf, verwarf den Gedanken allerdings sogleich wieder. Das war wirklich nicht Miras Art. Sie hatte solche Spielchen nicht nötig.

Ein weiteres Mal wählte ich ihre Nummer. Erneut die Mailbox. Ich runzelte die Stirn. Was sollte das?

›Du gehst nicht dran?‹, schrieb ich irgendwann eine Nachricht.

Der erste Haken daran zeigte, ich hatte ihn abgeschickt, doch auf den zweiten, der mir die Ankunft des Textes angeben sollte, wartete ich vergebens. Mira schien kein Netz zu haben und wohl auch keinen Empfang. Wo zur Hölle war sie?

›Hoffentlich ist sie nicht bei ihm ...‹

Alle fünf Minuten prüfte ich, ob sich etwas tat. Nach etwa einer halben Stunde tauchte plötzlich der zweite Haken auf, daraufhin färbte er sich blau. Wie gebannt starrte ich ihn an. Erschrocken zuckte ich zusammen, als auf einmal das Handy klingelte. Mira stand auf dem Display.

»Hey«, ging ich ran und wartete.

Statt einer Begrüßung hörte ich ein leises Fluchen. Erneut runzelte ich die Stirn.

»Hallo?«

Es dauerte einen Moment, bis sich der Blondschopf meldete. Sie schien ziemlich neben der Spur zu sein und plapperte sofort darauf los:

»Einfach vor meiner Nase davongefahren!«

»Was?«, fragte ich nach und Mira schnaubte.

»Und der ist abgebrochen. Total dämlich!«

Okay, hier stimmte etwas nicht. Wovon redete sie? War sie etwa betrunken?

Ich sprach sie direkt darauf an, jedoch ging das zusammenhanglose Gefasel weiter.

»Du darfst nicht vom Protest fallen.«

»Ich denke, du meinst Podest. Wo bist du?«, versuchte ich eine andere Option und Mira nannte mir den Namen einer Bar, in der sie wohl nach dem Kinobesuch gewesen war. »Bleib, wo du bist. Ich komme zu dir.«

Ich hatte mich bereits angezogen und suchte während des Telefonats die Adresse der Bar heraus. Zu meiner Überraschung war es gerade einmal zwei Straßen vom Hotel entfernt. Der Zufall war hier zumindest auf meiner Seite.

»Rede weiter mit mir«, forderte ich Mira auf. »In welchem Film wart ihr? War er gut? Worum ging es?«

Im Laufschritt bewegte ich mich auf meinen Blondschopf zu, die mir recht umständlich eine schräge Handlung des Films erzählte. Nach ihrer Beschreibung war es der absolute Reinfall gewesen und der Grund, wieso sie danach noch etwas Trinken gehen mussten.

In größerer Entfernung konnte ich meine Hübsche bereits erspähen. Sie saß am Straßenrand auf dem Bordstein und wirkte, als würde sie gleich seitlich umkippen. Ich rannte los.

»Ich muss aufhören zu telefonieren«, murmelte Mira auf einmal.

»Wieso das?« Ich kam immer näher.

»Ich muss aufhören zu telefonieren – du kommst auf mich zugelaufen. Ich melde mich später, wenn ich zuhause bin.« Sie legte auf.

***

Mira wirkte komplett durch den Wind. Sie betrachtete mich mit großen Augen.

»Du solltest nicht so viel trinken!«, ermahnte ich sie und mein Blondschopf grinste.

»Habe gar nicht so viel getrunken. Nur ein bisschen. Ich war aber müde und Isabell hat mir eine ihrer Tabletten gegeben. Nicht schlimm. Bin gleich wieder fit.« Ihr Nuscheln war zwar süß, die Worte hingegen bedenklich. Was hatte sie genommen? »Was machst du hier? Ich sollte doch gar nicht da sein.«

Ich runzelte die Stirn, was Mira lächeln ließ. Sie rappelte sich auf und strich mir plötzlich darüber. Ihre Finger waren warm und Gesten, wie diese, hatte ich vermisst.

»Ich bringe dich nachhause.« Kurzentschlossen zog ich sie auf den Rücken und meine Hübsche war sogar zu fertig, um sich zu beschweren. Sie hing mir wie eine übergroße Puppe auf den Schultern, legte die Arme um meinen Hals und kuschelte sich an mich.

»Du hast mir gefehlt.« Ihre Stimme wurde zu einem Flüstern und das Herz drohte mir in der Brust zu explodieren. Sie hatte mich vermisst.

»Ich wollte mich melden, durfte es aber nicht«, begann ich, aber Mira schnaubte leise. Sie glaubte mir natürlich kein Wort. »Und vor ein paar Tagen habe ich es endlich geschafft, die Erlaubnis zur Ausreise zu bekommen. Ich weiß, spätestens da hätte ich dir schreiben sollen, doch da hat mich etwas blockiert. Vermutlich war es die Angst, dass du mich einfach abgehakt hast.«

Erneut schnaubte mein Blondschopf. War sie etwa wirklich so sauer auf mich? Wie konnte ich sie nur davon überzeugen, dass ich es ernst mit ihr meinte?

»Ich glaub, mir wird schlecht.« Miras Stöhnen folgte ein Geräusch, das verdächtig nach einem Würgen klang.

Hastig ließ ich sie runter und schob sie in Richtung eines Vorgartens. Meine betrunkene Freundin stützte sich am Zaun ab und atmete tief durch. Sie bemühte sich, dem Verlangen ihres Körpers, den schädlichen Alkohol loszuwerden, nicht nachzugeben.

»Ich will dich gerade nicht hier haben«, ächzte sie und würgte erneut. »So hatte ich mir ein Wiedersehen nicht vorgestellt.«

Mit den Worten brachte sie mich zum Lächeln. Eigentlich war unser Wiedersehen ja so gewesen, dass sie mich erst geküsst und dann angegriffen hatte. Das schien sie in diesem Moment nicht mehr zu wissen – oder sie hatte es verdrängt.

»Entschuldige. Aber brauchtest du gerade nicht einen Helden? Der wäre ich nämlich gern für dich.« Mira beäugte mich kritisch, dann nickte sie auf einmal.

»Batman?« Sie gluckste. »Wobei, nein! Ironman! Der Typ, der ständig Partys feiert und sich daneben benimmt. Ich denke, das passt. Aber wer bin ich?«

»Gerade machst du einen auf Poison Ivy«, brummte ich und runzelte erneut die Stirn. »Und jetzt komm, du betrunkenes Etwas. Du musst nachhause und in dein Bett.«

Plötzlich verdrehte Mira die Augen und kam ins Wanken. Sie klappte vor mir zusammen und ich musste einen Hechtsprung machen, um zu verhindern, dass sie sich verletzte. Ihr Körper hing schwer an meiner Seite und ich zerrte sie schlussendlich über die Schulter, um nach meinem Handy zu fischen. Irgendwo hier musste sie wohnen, die Frage war nur: Wo?

Was für ein Glück, dass ich mir von den wichtigsten Daten des Überwachungsberichts Bilder im Handy abgespeichert hatte. So suchte ich die Adresse heraus, übertrug sie in das Routenprogramm des Geräts und lief weiter. Zum Glück war es nicht weit.

Das Haus, in dem Mira mit ihrer Mutter und den Brüdern wohnte, sah hübsch aus. Irgendjemand im Haushalt hatte ein Händchen für Blumen und einige in großen Töpfen angepflanzt. Leider wurde es allmählich kälter und sie verblühten. Vermutlich würde es ein sehr ungewöhnlicher Winter für mich werden, denn solche, wie sie in Deutschland üblich waren, hatte ich noch nie erlebt. Ich war gespannt, wie gut ich mich an die Gegebenheiten anpassen konnte.

»Mira?« Ich ließ sie herunter, aber meine Hübsche war vollkommen weggetreten. »Wo hast du den Schlüssel?«

Ich seufzte, als erneut keinerlei Reaktion kam, und griff nach ihrer Handtasche. Sie würde wahrscheinlich welche mit sich herumtragen. Hoffentlich war Mira keine typische Frau, denn sonst konnte es ewig dauern, die verdammten Schlüssel zu finden. Zu meiner Überraschung war die Tasche jedoch, bis auf einen Geldbeutel, leer.

»Ottokaji?«, brachte ich frustriert heraus, als sich die Tür des Hauses öffnete und eine blonde Frau auftauchte. Sie hatte einen Hund dabei, der an der Leine zerrte.

»Dummer Hund! Wieso habe ich mich nur bereiterklärt, auf dich aufzupassen?«, schimpfte sie verschlafen mit dem Tier, stockte allerdings, nachdem sie mich entdeckt hatte.

Sofort wirkte sie hellwach, lief auf uns zu und stieß mich von Mira weg. Das war auf jeden Fall ihre Mutter! Dieses Temperament zeigte Mira lustigerweise in ähnlichen Situationen auf gleicher Art.

»Was machen Sie da mit meiner Mira?« Sie taxierte mich mit einem Blick, der Angriffsbereitschaft versprach.

Ich hob sogleich beschwichtigend die Hände.

»Ich habe Ihre Tochter nur nachhause gebracht. Sie hatte mich angerufen und ich wollte sie nicht allein gehen lassen. Wie Sie sehen können, ist sie nicht ganz bei sich.« Nach meiner Erklärung wurde ihre Miene freundlicher.

»Ja, in letzter Zeit erkenne ich meine Tochter kaum wieder. Sie ist irgendwie nicht mehr das Mädchen, das ich großgezogen habe. Entschuldige.« Miras Mutter seufzte. Sie versuchte, ihre Tochter hochzuhieven, scheiterte jedoch, weshalb ich mit anpackte. Nochmal bedankte sie sich und wies mir den Weg zum Zimmer meiner Hübschen.

»Würdest du bitte kurz warten? Ich bin gleich zurück. Sonst gibt es hier vermutlich noch ein weiteres Unglück.« Sie deutete auf den Hund, der nervös hin- und herlief.

Ich nickte und Miras Mutter verschwand.

***

Nachdem ich Mira aufs Bett gelegt hatte, suchte ich einen Eimer und fand ihn in einer Art Kammer für Gerümpel. Ich stellte ihn neben das Bett. Sollte Mira aufwachen und brechen müssen, hatte sie es so zumindest nicht sehr weit. Danach war ich unschlüssig gewesen. Sollte ich bei ihr bleiben? Erwartete Miras Mutter, dass ich das Haus verließ?

Ich entschied mich dazu, mich in die Küche zu setzen und dort zu warten. Etwa eine viertel Stunde später hörte ich Schlüssel in der Haustür.

»Ich bin hier«, verkündete ich, um die Frau nicht zu erschrecken.

»Ah! Entschuldige, aber der Hund wollte einfach nicht fertig werden. Wieso ich mich darauf eingelassen habe, auf ihn aufzupassen, ist mir mittlerweile ein Rätsel.« Miras Mutter lächelte mich an und ich erkannte die Ähnlichkeit zu ihrer Tochter nun deutlich. »Woher kennst du Mira?«

Sie bewegte sich auf den Herd zu und setzte während ihrer Worte Wasser auf. Ich überlegte, ob ich sie daran erinnern sollte, dass wir schon einmal miteinander gesprochen hatten. Vor drei Monaten, als Mira in Seoul gewesen war. Ob mich ihre Mutter dann aus dem Haus werfen würde? Schließlich hatte ich ihrer Tochter dort sehr viel Ärger eingebrockt. Was wusste sie darüber? Hatte Mira alles erzählt?

»Nun?« Die Blondine reichte mir eine Tasse heißes Wasser und stellte ein Tablett mit mehreren Teebeuteln, Zucker, Milch und anderes Zeug, das ich nicht identifizieren konnte, vor die Nase. »Ich bin neugierig.«

»Ich habe Mira eher zufällig kennengelernt«, gab ich an und ihre Mutter grinste. »Sie ist ein ungewöhnlicher Mensch.«

»Ungewöhnlich? Nicht gerade die Beschreibung, die ich wählen würde. Aber sie muss schon Eindruck auf dich gemacht haben, dass du hierher fliegst. Tae-Hoon, wenn ich mich nicht irre, oder?«

Mein Herz setzte einen Schlag aus, als sie meinen Namen aussprach. Sie erinnerte sich also doch an mich?

Ein fröhliches Lachen war auf einmal zu hören und ich hob den Blick. Miras Mutter schüttelte den Kopf, während sie sich über mich zu amüsieren schien.

»Ich habe dich nicht gleich erkannt, aber nachdem du Mira ins Haus getragen hast, kamst du mir bekannt vor. Und deinen Namen habe ich in den letzten Tagen, weiß Gott, oft genug gehört. Meine Tochter neigt dazu, leise vor sich hin zu murmeln, wenn sie etwas beschäftigt.« Sie streckte die Hand über den Tisch. »Ich heiße Carola. Freut mich, dich endlich persönlich kennenzulernen.«

Verdattert schüttelte ich die Hand und wunderte mich über die Herzlichkeit, die mir diese Frau entgegenbrachte.

5

Wieso hatte ich mich von Sassa überreden lassen, nach dem Kinobesuch etwas trinken zu gehen? Mir war unglaublich schlecht und mein Kopf fühlte sich an, als wäre nur noch Suppe darin. Jede Bewegung brachte die Welt dazu, sich unkontrolliert zu drehen. Es gab ein Geschaukel, wie bei starkem Wellengang an Bord eines Schiffes.

»Du solltest das hier nehmen.« Eine dunkle Stimme drang leise an mein Ohr und ich blinzelte nach oben.

Tae! Er stand vor dem Bett und hielt mir ein Glas Wasser hin. Was machte er hier?

»Deine Mutter hat das Frühstück fertig, doch ich schätze mal, dir ist nicht danach, oder?«

Ich nickte ganz langsam, ehe ich mit zitternden Händen das Glas entgegennehmen wollte. Tae-Hoon hielt es allerdings fest.

»Nein, das lässt du schön bleiben. Am Ende verschüttest du es. Ich helfe dir dabei.«

Vorsichtig setzte er sich neben mich und gab mir einen Schluck. Ich schüttelte mich, denn es war kein pures Wasser. Meine Mutter hatte irgendwelche Tropfen mit hinein gegeben. Tae lächelte wissend.

»Das ist gegen die Übelkeit. Dein Magen behält es hoffentlich bei sich.«

Geduldig flößte er mir das ekelhafte Zeug ein, wobei er leise redete. Nach jedem Schluck lobte er mich, was einerseits total kindisch war, andererseits unheimlich süß.

»Was machst du hier?«, schaffte ich es nach einer gefühlten Ewigkeit, die Frage zu stellen, die mich am meisten beschäftigte.

»Also gerade freue ich mich, dass du ein braves Mädchen bist und alles bei dir behältst. Ansonsten werde ich Carola gleich beim Frühstück Gesellschaft leisten. Deine Brüder sind schon unterwegs in Richtung Sportplatz.« Er hatte wohl nicht vor, mir ehrlich zu antworten.

Bevor ich nachhaken konnte, stand er auf und marschierte zur Tür. Eilig schwang ich die Beine aus dem Bett, wollte ihm folgen. Eine dumme Idee, wie sich herausstellte.

»Mira!« Als ich nach vorn kippte, war Tae-Hoon glücklicherweise zur Stelle.

»Mir geht es ganz und gar nicht gut«, ächzte ich, was ihn dazu bewog, meine Mutter zu rufen.

***

»Nicht allzu schlimm. Der Blutdruck ist recht niedrig und Sie sollten mit Ihrer Tochter reden, es zukünftig mit dem Alkohol nicht zu übertreiben«, brummte der Notarzt und packte seine Tasche zusammen. »Die Tropfen sollten helfen. Falls nicht, setzen Sie sie ins Auto und ab mit ihr ins Krankenhaus.«

Er bedachte mich ein letztes Mal mit einem genervten Blick.